Nicholas Sparks – Du bist nie allein

Spätestens durch seinen Roman „Weit wie das Meer“, der unter dem Titel „Message in a bottle“ mit Kevin Costner verfilmt worden ist, hat Nicholas Sparks sich einen Namen gemacht durch seine unvergleichlichen Liebesromane. Seine Bücher zeichnen sich durch blumige Sprache und eine meist tragische Liebesgeschichte aus, doch in seinem neuen Buch „Du bist nie allein“ (auf Englisch: „The Guardian“) wagt Sparks einen Spagat zwischen zwei Genres. Seine Intention war dabei die Verbindung einer großen Liebe mit der Gefahr, wobei der Schwerpunkt allerdings für Sparks auf der Liebesbeziehung liegen sollte.

Die vierundzwanzigjährige Julie Barenson ist verzweifelt und einsam, denn ihr Mann Jim ist früh an Krebs erkrankt und gestorben. Jim war es, mit dem sie in dem kleinen Städtchen Swansboro eine neue Existenz aufgebaut hat, nachdem die Probleme mit ihrer Mutter zu groß geworden waren und Julie diese verlassen musste. Durch Jim hat Julie einige Freunde in ihrer neuen Heimat gefunden, dennoch feiert sie Weihnachten lieber alleine. Am Heiligabend wird an der Tür ein Paket für sie abgegeben, in welchem sich der Welpe einer dänischen Dogge befindet. Diesen Hund hatte Jim für seine Frau ausgesucht, damit diese nach seinem Tod nicht einsam sein muss. Die Dogge Singer wird daraufhin Julies ständiger Begleiter.

Vier Jahre später ist Julie endlich so weit, wieder auf andere Menschen zuzugehen und sich mit einem Mann zu verabreden. Sie hat bereits einige Dates hinter sich, doch bisher war nie der Richtige für sie dabei, bis sie Richard kennen lernt und sich blendend mit ihm versteht. Jims ehemals bester Freund Mike, der schon lange in Julie verliebt ist, sieht das allerdings gar nicht gerne und wird von seiner Eifersucht geplagt. Richard schenkt Julie schon bald eine Halskette mit einem Amulett und ist auffallend enttäuscht, als er sie bei der Arbeit im Friseursalon ohne die Kette sieht. Julie versteht wiederum nicht, warum Richard so merkwürdig reagiert und wird misstrauisch. Auch Singer bellt Richard auffällig aggressiv an, um seine Antipathie ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Als Julie Mike eines abends zu einer dringenden Reparatur zu sich bittet, bemerkt sie plötzlich, dass Mike mehr für sie sein kann als ein guter Freund. Die beiden verbringen einen wunderschönen Abend zusammen und verabreden sich sogleich zu einem weiteren Rendevouz. Julie trennt sich daraufhin von Richard, muss aber schnell einsehen, dass dieser sich nicht so leicht abservieren lässt …

Zunächst beginnt das Buch in typischer Sparks-Manier mit einem großen Unglück in Julies Leben, nämlich dem frühen Tod ihres geliebten Mannes Jim, den sie nur schwer verkraften kann. Jahre später entdeckt sie schließlich ihre Liebe zu Mike und alles scheint perfekt. Mike vergöttert sie und Julie ist glücklich wie lange nicht mehr. Dann allerdings bricht Richard wie eine Bedrohung über sie hinein. Die erste Hälfte des Buches schleppt sich schwerfällig dahin und ist mit nichts weiter gefüllt als der langsamen Annäherung zwischen Julie und Mike, die ihr Glück kaum fassen können. Sparks nimmt sich für seine Erzählung viel Zeit und deutet nur ganz zaghaft an, dass bald dunkle Wolken am Beziehungshimmel in Form eines eifersüchtigen Nebenbuhlers aufziehen werden. Die ersten 250 Seiten ziehen sich daher wie Kaugummi, ohne dass etwas Entscheidendes passiert. Als Leser hat man bereits nach fünfzig Seiten verstanden, dass Mike eine gute und treue Seele ist und er alles für seine große Liebe tun würde. Es kommen kaum neue Aspekte hinzu, sodass man beim Lesen doch etwas gelangweilt ist und nervös auf den großen Knall wartet. Ich hatte zuvor bereits gelesen, dass es in diesem Roman um einen Stalker gehen würde, hatte aber bald meine Zweifel, ob diese Information überhaupt richtig sei, weil gar nichts passierte.

Leider nutzt Sparks diese Zeit auch nicht, um seine Charaktere besser vorzustellen, denn es kommen kaum neue Facetten ins Spiel, Julie und Mike nähern sich einander an wie ein schüchternes Teenagerpärchen, das noch keine Erfahrungen gesammelt hat, was leicht unrealistisch wirkt in Anbetracht der Tatsache, dass beide um die 30 Jahre alt sind. Die Charakterzeichnung der Hauptpersonen ist ganz ordentlich gelungen, so gewinnen Julie und Mike, aber auch Richard etwas an Farbe, die Geschichte in „Du bist nie allein“ entwickelt sich aufbauend auf diesem Dreiergespann, bei dem offensichtlich eine Person zu viel ist. Interessant fand ich, dass sogar der Hund Singer präsentiert wird, als wäre er ein weiterer handelnder Charakter in diesem Buch. So spricht Julie mit ihrem Hund wie mit einem Menschen und auch der Leser lernt Singer als Hund mit empathischen Fähigkeiten kennen, der von Anfang an bemerkt, dass Richard etwas zu verbergen hat. Sparks sagt in seinem Nachwort, dass es schon immer sein Traum gewesen sei, einen Hund in eine Geschichte einzubeziehen. Meiner Meinung nach ist ihm das recht gut gelungen, wobei einige Aspekte doch recht unwahrscheinlich anmuten, wobei ich auf das Ende des Romans anspiele, ohne dieses nun verraten zu wollen. Auffällig sind wieder einmal die klischeebesetzten Charaktere, denn selbstverständlich sind alle gebrandmarkt durch ihre schwierige Vergangenheit, so hatten sowohl Richard wie auch Julie eine komplizierte Kindheit, Julie hat den Kontakt zu ihrer Mutter abgebrochen und in Swansboro ein neues Leben begonnen. Mike hat schlechte Erfahrungen mit Frauen gemacht, seine Exfreundin hat ihn betrogen, sodass er nun das Vertrauen in die Liebe verloren hat. Die Figuren erscheinen oftmals zu tragisch, um authentisch zu wirken, es ist doch schade, dass man mit „normalen Menschen“ keinen Roman mehr füllen kann. Sparks dramatisiert seine Chaktere für meine Begriffe hier etwas zu sehr.

Das Buch ist aus der Sicht eines neutralen Erzählers geschrieben, der nicht nur über Julies und Mikes Leben und Gefühle Bescheid weiß, sondern auch Richard früh näher beleuchtet. Als Leser begleitet man den fragwürdigen Stalker also recht bald nach Hause und erfährt ein wenig mehr über ihn als Julie und Mike. Als Leser hat man dadurch einen entscheidenden Wissensvorsprung, der einen sogleich in die Lage versetzt, Richard als Psychopaten zu erkennen. Durch die spartanisch eingestreuten Abschnitte über Richard und seine Gedanken baut sich im Buch auch langsam Spannung auf, da man gierig darauf wartet, mehr aus der windigen Vergangenheit Richards zu erfahren. Man ahnt schnell, dass er einiges zu verbergen hat, ohne dies allerdings zu durchschauen. Erst nach und nach bekommt man wohldosiert weitere Informationshäppchen zugeworfen. In der zweiten Hälfte legt das Buch schließlich deutlich an Tempo zu, weil Julie sich massiv bedroht fühlt und man beim Lesen spürt, dass sie sich in unmittelbarer Gefahr befindet. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass der Spannungsaufbau früher einsetzt und nicht erst in der Mitte der Geschichte.

Sparks Intention war es, die beiden Genres Liebesroman und Thriller miteinander zu verknüpfen, wobei der Thriller allerdings das geringere Gewicht erhalten sollte. Meiner Meinung nach ist diese Kombination nicht sonderlich gut gelungen, da die spannenden Elemente in diesem Buch zu kurz kommen. Die Gefahr, die von dem Psychopaten ausgehen, steht so weit im Hintergrund, dass das Buch einen nicht so recht fesseln will. In einem guten Thriller sollte ein Nebenplot mit einer Liebesgeschichte nebensächlich sein, und selbst wenn die beginnende Beziehung zweier Menschen Auslöser ist für den ausbrechenden Wahnsinn eines Dritten, so sollte der Autor sich mit diesen Beschreibungen nicht zu sehr aufhalten. Vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich von Hilary Norman „Gefährliche Nähe“ gelesen, das thematisch ähnlich angelegt war, da ebenfalls ein glückliches Paar von einer eifersüchtigen dritten Person bedroht wurde. Allerdings war die Gefahr dort omnipräsent und auf jeder einzelnen Seite spürbar, hier ist das leider nicht der Fall. Man kann eigentlich nur hoffen, dass sich Nicholas Sparks in Zukunft wieder seinem angestammten Genre widmen wird, denn Liebesromane scheinen ihm eher zu liegen.

Mit diesem Roman hat Sparks sich selbst keinen großen Gefallen getan, da er den Brückenschlag zu einem neuen Genre nicht überzeugend geschafft hat. Der Thriller bleibt zu sehr auf der Strecke, es wird zu wenig Spannung aufgebaut und der Leser kann somit nicht gut genug an die Handlung gefesselt werden. So ist Sparks nicht mehr gelungen als ein etwas langatmiger Roman, der Vergleichen mit Thomas Harris oder Jonathan Nasaw nicht gewachsen ist. Ich kann das Buch daher nicht weiterempfehlen, rate Fans von Liebesromanen zu Sparks anderen Büchern und Lesern mit Thrillerneigung lege ich Bücher von Nasaw, Harris oder auch Hayder ans Herz. „Du bist nie allein“ ist erneut der Beweis dafür, dass die Kombination aus zwei verschiedenen Genres in einem Buch schnell zum Scheitern verurteilt ist.

Taschenbuch: 416 Seiten
www.nicholassparks.com
www.heyne.de