Nach dem großen Erfolg der Saga „Düsterer Ruhm“ legt der amerikanische Bestsellerautor Michael Stackpole mit „Das verlorene Land“ den furiosen Auftakt zu einem neuen phantastischen Abenteuer vor: Die alte Welt ist in der Dunkelheit versunken und ein neues Zeitalter bricht an. Eine Gruppe tapferer Gefährten stellt sich den Gefahren dieser unerforschten Welt, und macht eine unglaubliche Entdeckung. Vor siebenhundert Jahren erschütterte ein gewaltiger Kataklysmus die Welt – wilde Magie brach sich Bahn und veränderte das Angesicht des Globus.
Nur langsam erholen sich die Neun Dynastien des alten Imperiums von den Folgen, und eine Schlüsselrolle spielt dabei das Haus Anturasi, die Kartografen des Dynasten von Nalenyr. Unter dem Zwang, sein Handelsreich auszuweiten, um sich gegen die Bedrohungen kriegerischer Nachbarn und Neider im eigenen Lager zu schützen, treibt Prinzdynast Cyron die Familie Anturasi an, die Welt neu zu vermessen. Und so schickt Qiro Anturasi, der tyrannische Patriarch der Sippe, seine Enkel – den Abenteurer Jorim und den Gelehrten Keles – auf eine Reise ins Unbekannte. Ein einmaliges Lesevergnügen insbesondere für alle Fans der „Warhammer“-Serie. (Verlagsinfo)
Handlung
Die Familie Anturasi verdankt ihre Macht und Bedeutung der Meisterschaft in einer ganz besonderen Disziplin: der Kartografie.
Denn vor über siebenhundert Jahren löste Kaiserin Cyrsa bei dem Versuch, die barbarischen Horden der Turasynd zu stoppen, eine magische Katastrophe aus, einen Kataklysmus, der die Welt verwüstete und neu schuf. Nicht nur neue Länder und Meere, sondern auch fremdartige Wesen und Mutationen.
Vor allem aber wurde die politische Landkarte der Welt ordentlich durcheinander gebracht: Virukadeen, die Heimat der nichtmenschlichen Viruk, wurde nahezu vollständig zerstört, ihre Vormachtstellung gebrochen. Während der Legende nach Kaiserin Cyrsa fremdartige Eindringlinge und durch die wilde Magie entstandene Kreaturen zurückschlug, entbrannte unter ihren Reichsverwaltern der Kampf um die Herrschaft. Die Prinzdynasten von Deseirion, Helosunde, Nalenyr und kleinerer Dynastien bekriegen sich seitdem beständig.
Der alte Qiro Anturasi gibt sich als Patriarch und Tyrann, sehr zum Verdruss seiner Enkel und des Dynasten Cyron von Nalenyr, dessen großer Trumpf er ist. An seinem Geburtstag verkündet er die Entscheidung, seinen kartografisch begabten Enkel Keles zur Erkundung der lange verloren geglaubten Gewürzstraße im Westen zu schicken – die Entdeckung des Ostmeeres mit dem Schiff |Sturmwolf| vertraut er dessen eher draufgängerisch veranlagten Bruder Jorim an.
Eine für Cyron überraschende und bestürzende Entwicklung, da Qiro seine beiden möglichen Nachfolger zugleich auf eine Reise ins Unbekannte und in die tödliche Wüste von Ixyll schickt. Will Qiro die beiden, um seine einzigarte Position zu wahren, in den Tod schicken, wie man es schon bei dem tödlich verunglückten Vater der beiden vermutet?
Für die Agenten des eroberungslustigen Pyrust bietet sich eine einzigartige Chance, sich das Wissen der Anturasi zu sichern … der besorgte Cyron beauftragt seine besten Männer mit dem Schutz der beiden.
Mein Eindruck
Michael Stackpole, der abseits seiner SciFi-Romane im Star-Wars- und Battletech-Universum im Fantasybereich neben einigen Einzelromanen vor allem mit der Serie „Düsterer Ruhm“ viele Fans gewann, startet mit „Das verlorene Land“ eine neue Trilogie, die durch ihre Fülle und Vielfalt besticht.
Zentraler Aspekt der Handlung ist die Wiederentdeckung einer verloren gegangenen Welt, die voll von absonderlichen Kreaturen und geheimnisvoller Magie ist. So wird Jorim einer Art fliegenden Holländer voller mörderischer Kreaturen begegnen, einen neuen Kontinent entdecken und dort als Gott Tetcomchoa verehrt werden, was leider auch einige Pflichten mit sich bringt …
Jorim stellt eine Art Mix aus dem Konquistador Cortez und dem Entdecker Kolumbus dar, seinen Onkel Qiro könnte man als eine Fantasyadaption des portugiesischen Prinzen Heinrich der Seefahrer ansehen. Auch andere Figuren sind stark an Mythen und Historie angelehnt, Kaiserin Cyrsa kehrt zum Beispiel der Legende nach in Zeiten der Not wieder, König Artus lässt grüßen. Dem Schwertkämpfer Moraven Tolo und seinem Schüler Ciras Dejote begegnet man im Kino als Obi-Wan und Anakin Skywalker, hier waren die Parallelen so stark, dass ich fast schon Darth Vaders Atem rasseln hörte, wenn Ciras, trotzig vor Wut und Stolz, sich nur widerwillig seinem besonneneren Meister fügt.
Interessante Wege geht Stackpole in Sachen Magie: So gibt es mit den Gyanri eine Art Technomagier, die Maschinen bauen, die mit den Thaumsten genannten Überbleibseln der Stürme wilder Magie betrieben werden. Diese werden oft von Anhängern des Jaecundo verachtet, da jedermann sich dieser Magie bedienen kann, während ihre selten ist und hohe Meisterschaft erfordert: So können herausragende Schwertkämpfer wie Moraven Tolo den Status eines Jaecaiserr erreichen, der ihre Lebensspanne um Jahrhunderte verlängert und ihre Fähigkeiten über das Maß normaler Sterblicher hinaushebt. Aber nicht nur auf Kampf ist Jaecundo beschränkt, ein Schuster könnte ihn ebenso erreichen, aber auch eine Kurtisane wie die legendäre „Dame von Jett und Jade“.
Die Handlung ist dreigeteilt; während die Entdeckung eines neuen Kontinents in Jorims Bereich fällt, wird Keles von schillernden Figuren wie dem an einen Troll erinnernden Viruk-Krieger Rekarafi begleitet, der ihn fast getötet hätte und nun eine Ehrenschuld bei ihm hat, neben Tolo, Ciras, der Keru-Kriegerin Tyressa und dem Gyanridin Borosan Gryst. Aber auch in der Heimat brodelt es, Prinzdynast Pyrust ist auf dem Schlachtfeld erfolgreich, seine Agenten fädeln geschickt Intrigen ein und begehen brutale Morde in Cyrons Hauptstadt Moriande.
Unterm Strich
Der neue Zyklus bietet ein hohes Unterhaltungspotenzial, die Handlung ist komplexer, als man es von Stackpole gewohnt ist, selbst verglichen mit dem umfangreichen Zyklus „Düsterer Ruhm“. Nach wie vor zeichnet er sich auch durch schamlose Ideenplagiate aus, die gelegentlich abstoßend offensichtlich sind, seine Kunst ist es jedoch, alles zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen. Die Charaktere selbst haben nur bedingt Tiefe, es überwiegt der jeweiligen Rolle entsprechendes klischeehaftes Verhalten, das nicht immer nachvollziehbar und gelegentlich unglaubwürdig wirkt. Die zahllosen Archetypen bieten jedoch Vielfalt und bedienen viele Vorlieben, vom Intriganten bis hin zum gradlinigen, ehrenhaften Krieger oder klugen Gelehrten.
Zwei große Schwächen hat das Buch: Der Start der Handlung ist schleppend und verwirrend, häufige Wechsel der Person und des Ortes sorgen dafür. Die exotischen Namensgebungen tragen ihren Teil dazu bei. Zum Beispiel ist ein des „Gyanri“ Kundiger ein „Gyanridin“, ein von ihm hergestelltes Konstrukt ein „Gyanrigot“. Die feinen Unterschiede zwischen den Jaecundo-Meisterarten „Jaecai“ (Meister einer Kunst oder Wissenschaft), „Jaecaiserr“ (Schwertmeister), „Jaecaixar“ (Meister des Schmerzes) und „Jaecaixingna“ (Meistermagier) schreien geradezu nach einem Glossar, ebenso wie die zahlreichen exotischen Ortsnamen und Namen nach einem Register. Leider wird keines von beidem geboten, dafür eine schön gezeichnete Teilkarte der Welt. Der Übersetzer Reinhold H. Mai liefert wie gewohnt sehr gute Arbeit ab, er hat einige Namen an die deutsche Aussprache sinnvoll angepasst und vereinfacht, was man ihm hoch anrechnen muss. Einige wenige Setzfehler haben sich leider dennoch eingeschlichen, was angesichts des gewaltigen Umfangs von 736 Seiten zu verschmerzen ist.
Leider bricht das Buch genau dann ab, wenn es richtig spannend wird, mit einem Cliffhanger. Der Folgeband „Der Kampf um die alte Welt“ verspricht daher einen furiosen Auftakt, etwas, das der Einstiegsband leider vermissen lässt.
Der schwache Anfang der Saga ist das Problem dieses Buches, das frische und vielversprechende Szenario wird umständlich, verwirrend und langwierig eingeführt. Hat man diese Hürde aber überwunden, wird man belohnt – leider ist das Buch dann schon fast an seinem Ende angelangt. Nach der anfänglichen Enttäuschung entfaltet sich die Welt dann allmählich, kann überzeugen und begeistern, macht Lust auf mehr – ich freue mich schon auf die Fortsetzung. Trotz genannter Startschwierigkeiten gestehe ich dieser Saga das Potenzial zu, Stackpoles vorherige „Düsterer Ruhm“-Reihe zu übertreffen. Der lahme Start legt das Fundament für eine Welt, die weit komplexer ist als Stackpoles bisherige Fantasywelten – und interessanter dazu.
Taschenbuch: 736 Seiten.
ISBN-13: 9783453530188
Michael Stackpoles Homepage (inklusive dem in der Buchausgabe fehlenden Glossar und Aussprachebeispielen): http://www.stormwolf.com
Der Autor vergibt: