Stephan Orth – Couchsurfing in China

Urlaub im Überwachungsstaat

Er reist mit Vorliebe durch Länder mit einem schlechten Ruf: Drei Monate lang erkundet Bestsellerautor Stephan Orth China, um herauszufinden, wie die neue Weltmacht tickt. Er besucht Metropolen, die mit totaler Überwachung experimentieren, und abgeschiedene Dörfer, in denen fürs Wilkommensessen der Hund geschlachtet wird. Auf seiner Reise von Couch zu Couch versucht er sich als Wettkampf-Korbflechter, tanzender Englischlehrer und Casino-Glücksritter – und lernt, welche Träume und Ängste die Menschen bewegen. (Verlagsinfo)

Inhalt und Eindrücke

Drei Monate dauerte der Trip des Autors durch das riesige Land China. In gewohnter Manier erzählt Orth auch im dritten Band „Couchsurfing in …“ die Geschichte seiner Reise, indem er jeder Station in einer Stadt ein eigenes Kapitel widmet.

Insgesamt 16 Abschnitte sind es geworden, wobei die Erzählung in seiner Heimat Hamburg mit den Reisevorbereitungen beginnt. Mit der Chinesin Yang stimmt sich Orth auf die bevorstehende Tour ein und holt sich vorab einige nützliche Insidertipps von der Einheimischen.
Als er vier Wochen später aufbricht, ist die südchinesische Stadt Macau seine allererste Station. Die Stadt wird eine der kleinsten im Verlaufe der Reise sein – denn in kaum einem Land der Welt gibt es so viele Millionenstädte wie in China.

Die Stadt Shenzhen mit 12,5 Millionen Einwohnern in der Provinz Guangdong ist das nächste Ziel: die dortigen Couchsurfing-Gastgeber Simone und Diego teilen ihre Wohnung mit ihren fünf (!) Katzen. Auch für den erfahrenen Couchsurfer Stephan Orth eine ganz neue Erfahrung, die Nacht auf einer Pritsche im Wohnzimmer des Paares mit den Vierbeinern zu verbringen.

Weitere Ziele wie Foshan, Yangshuo und Wenshi sind jemandem, der China noch nicht bereist hat, zwar nicht unbedingt bekannt. Auch die Namen und geographische Lage der Provinzen sind sicher nicht jedem geläufig. Umso schöner, dass Orth auch in diesem Band im Umschlag eine ausklappbare Karte als zusätzliches Gimmick geliefert hat, auf der der Leser seine Reise auch noch visuell nachvollziehen kann.
Beeindruckend sind auch die Zahlen dieser Reise: insgesamt mehr als 15 000 zurückgelegte Km, ein Großteil davon auch in einem der fünf Inlandsflüge, um dieses schier riesige Land zu bereisen.
Zu Beginn eines jeden Kapitels ist auf einem kleinen Kartenausschnitt jeweils angezeigt, wo sich der Ort befindet und wie viele Einwohner dort leben.

Orth gerät auch in China dank der Couchsurfing-Plattform an interessierte Einheimische, die ganz unterschiedliche Menschen sind, aber ihren Gast für wenige Tage jeweils mitnehmen in ihren Alltag und ihm ihre Perspektive vermitteln.
Das Bild, das dabei von dem riesigen Land China entsteht, könnte vielschichtiger und abwechslungsreicher gar nicht sein: von Schnapsbrennern, Korbflechtern und Bauern, die auf dem Land vom Reisanbau zu leben versuchen bis hin zur digitalisierten Welt mit totaler Überwachung in den Millionenstädten, in der ohne bestimmte „Apps“ fast nichts mehr geht. Offenbar ein Land im Umbruch und voller Gegensätze. Auch einige kuriose Details verrät uns dieser Reisebericht: Der Autor ist unterwegs in modernen Hochgeschwindigkeitszügen, die in China grundsätzlich eine Minute eher abfahren als es im Plan steht.

In der Hauptstadt Peking wohnt Stephan Orth bei der Künstlerin Lin und wieder einmal schafft er einfach eine unglaublich interessante Geschichte durch bloße Schilderungen dessen, was er vor Ort erlebt. Die Wohnsituationen der Menschen, ihre Wünsche, Ziele und Meinungen gibt er auf unnachahmliche Weise und mit einem besonderen Blick für Details in seinem Buch weiter. Einige Gastgeber trifft der kontaktfreudige Autor auch mehrfach wieder – so etwa die Polizistin Quing, die, nachdem sie Orth bei sich beherbergt hat, später noch eine weitere Station mit ihm gemeinsam bereist.

Die teilweise abgedruckten WeChat-Nachrichten, die Orth mit potenziellen Gastgebern schreibt, machen das Buch lebendig – fast kommt es einem vor, als begleite man den Autor direkt auf seiner Reise. Einige Farbfotos im Buch zeigen unterschiedliche Stationen der Reise sowie einige lustige Schnappschüsse vom Autor selbst.
Auch die (Umschlag)Gestaltung hat einen hohen Wiedererkennungswert und erinnert sehr an die ersten beiden Couchsurfing-Reisebände von Stephan Orth – lediglich die satte gelbe Farbe ist anders.

Fazit:

Stephan Orth war also mal wieder unterwegs. Und nachdem die beiden ersten Teile von „Couchsurfing in …“ ihn in so ungewöhnliche Reiseländer wie den Iran und Russland geführt hatten, war ich äußerst gespannt, wohin er für den dritten Band reisen würde.
China, offenbar (noch so) ein Land voller Gegensätze!

Orth räumt mit einigen Vorurteilen auf, während er andere in seinem lebendigen Reisebericht voll bestätigt. Von so mancher Skurrilität in China wie etwa der Blitzanlage für Fußgänger, über detailreiche Schilderungen von Gegebenheiten, bis hin zu beispielsweise Gerüchen – hier wird (fast) nichts ausgelassen.

Wieder einmal macht es großen Spaß, den authentischen Autor auf seiner ungewöhnlichen Reise zu begleiten und diese spannende Momentaufnahme zu teilen.
Kurzum: Ein absolut tolles Buch, für alle, die gerne einen Blick über den Tellerrand werfen.

Broschiert: 256 Seiten
ISBN-13: 978-3890294902

www.malik.de

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