Sullivan, Mark T. – Toxic

„Toxic“ hatte eigentlich schon gewonnen, da hatte ich noch nicht einmal die erste Seite des Buches aufgeschlagen. Die positiven Rezensionen, die das Buch überall zuvor bekommen hat und die Auszeichnungen, mit denen sich Autor Mark T. Sullivan schmücken darf, waren vorab bereits ein Garant für einen packenden Thriller. „Der Thriller des Jahres“, so steht es auf dem Cover, genau das soll „Toxic“ sein. Aber man weiß ja, wie so etwas dann meistens endet. Die hohe Erwartungshaltung schlägt in blanke Enttäuschung um, der Sticker auf der Vorderseite stellt sich als schlechter Witz heraus, und selber ärgert man sich erneut darüber, dass man so einfach auf die Ankündigungen aus dem Vorfeld der Veröffentlichung hereingefallen ist.

_Story_

Mary Aboubacar, ein Zimmermädchen in einer kalifornischen Kleinstadt macht beim Antritt ihres alltäglichen Dienstes eine schreckliche Entdeckung. Inmitten eines blank geputzten Schlafzimmers findet sie die Leiche eines Mannes, dessen Erscheinungsbild die afro-amerikanische Bürgerin darauf schließen lässt, dass der Mann an Ebola erkrankt ist. Zum Glück für die dunkelhäutige Dame hat sie sich jedoch in ihrem Urteil geirrt, denn der junge Mann, der brutal ans Bett gefesselt und gefoltert wurde, ist am Biss einer giftigen Schlange gestorben und hatte keine ansteckende Krankheit.

Sergeant Shay Moynihan wird beauftragt, sich um den mysteriösen Fall zu kümmern, ist aber gleichzeitig auch sehr intensiv mit seinem Privatleben beschäftigt. Seine Ex-Frau kritisiert sein mangelndes Verantwortungsgefühl und macht ihn dafür verantwortlich, dass ihr gemeinsamer Sohn Jimmy gegen alle guten Ratschläge rebelliert. Doch Shay bleibt wegen seines pikanten Jobs nichts anderes übrig als die Prioritäten zugunsten der Polizeiarbeit zu verschieben, was zwangsläufig dazu führt, dass sein Sohn und er sich von Tag zu Tag weiter auseinander leben.

Mitten in diese persönliche Misere stößt nun dieser seltsame Mordfall. Nicht nur, dass die ‚Mordwaffe‘ höchst ungewöhnlich ist; auch die Bibelzitate, die der Attentäter am Spiegel seines Opfers hinterlassen hat, geben dem Sergeant Rätsel auf. Die Ermittlungen kommen kaum voran, und während Moynihan einen Schlangenexperten aufsucht, taucht auch schon das zweite, übel zugerichtete Opfer auf. Wohl wissend, dass hier eine ganze Serie von brutalen Sexualmorden ins Rollen kommt, begibt sich Shay daran, den gerissenen Mörder in die Hände zu bekommen, doch der ist ihm wiederum voraus und hat auch schon ein weiteres Opfer in Sicht …

_Meine Meinung_

So, so, das ist also der „beste Thriller des Jahres“. Sind denn sonst keine anderen Bücher mehr erschienen? Oder denke ich einfach zu kompliziert, so dass mich diese leichtfüßige und weitestgehend zu simpel gestrickte Story nicht aus den Socken hauen kann? Nun, die Geschichte ist wirklich nicht der Renner und gerade mal dazu geeignet, als kurze Zwischenmahlzeit zwischen den tatsächlich gewichtigen Hauptgängen serviert zu werden – wenn überhaupt …

Sullivan macht es sich eigentlich ziemlich leicht. Er sucht einfach ein paar mysteriöse wirkende Themenschwerpunkts aus, kombiniert diese halbwegs schlüssig und glaubt, nun den perfekten Thriller erschaffen zu haben. Liest sich ja auch auf dem Backcover toll, wenn da von bizarren Sexualverbrechen, tödlichen Schlangenbissen und einer geheimnisvollen Botschaft des Täters die Rede ist. Doch bei all den Klischees vergisst der Autor offensichtlich, dass einzelne Elemente noch nicht die Bürgschaft für eine mitreißende Story liefern. Und genau das bekommt der Leser dann auch zu spüren. Die Geschichte geht nämlich fortlaufend so schleppend voran, dass man oftmals einfach die Motivation zum Weiterlesen verliert.

Das beste Beispiel sind die ersten hundert Seiten: Dort wird vom familiären Chaos des Sergeants Moynihan erzählt, ohne dass in irgendeiner Weise Tiefgang vorläge. Dann kommt natürlich der erste Mord ins Visier, doch auch der wird so oberflächlich beschrieben, dass man sich bereits hier fragt, wie denn überhaupt Spannung in die Angelegenheit hineinkommen soll. Als Letztes wird dann nach den Motiven gesucht, das allerdings auch so plump, dass man nur mit dem Kopf schütteln kann. Nach dem ersten Viertel ist man schließlich genauso schlau wie vorher, und das kann ja wohl nicht die Intention des Autors sein.

Mit fortlaufender Handlung kann Mark T. Sullivan zumindest an diesem Manko etwas ändern. Es gibt so zur Mitte des Buches hin einen Knackpunkt, von welchem an die Story endlich mal in die Gänge kommt, wobei man aber auch von diesem Zeitpunkt an kaum Versatzstücke eines spannenden Romans findet. Klar, wenn man einmal so weit gekommen ist, will man natürlich auch wissen, was hinter der rätselhaften Mordserie steckt bzw. wer der Mörder ist, aber die dringende Lust, schnellstmöglich Ergebnisse zu bekommen, verspürt man dennoch nicht.
Das Familiendrama hingegen kommt nie so richtig in Fahrt und wirkt letztendlich auch ziemlich aufgesetzt. Wenn Sullivan hierbei bezweckt hat, der Geschichte einen dramatischen Beigeschmack zu verleihen, ist er jedenfalls gescheitert.

Gescheitert ist er insgesamt auch an der hohen Vorgabe, mit welcher der Roman beworben wird. „Toxic“ ist alles andere als Weltklasse. Sowohl die Charaktere als auch die Handlung sind bestenfalls mäßig, und die hohen Erwartungen können innerhalb der Geschichte nie befriedigt werden. Genre-Freunde werden deshalb auch nur dann Freude an diesem Roman gewinnen, wenn sie auf Tiefgang, durchgängige Spannung und Obskures gerne verzichten. Wem hingegen altbekannte Klischees und langweilige Akteure völlig ausreichen, der kann das Buch mal testen. Aber wer gehört schon zu dieser Kategorie …?