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[NEWS] A. Lee Martinez – Diner des Grauens

Die beiden Kumpel Earl und Duke tingeln Bier trinkend und nichtsahnend durch Amerika … und wollen eigentlich nur kurz Pause in einem Imbiss machen. Doch dort trifft es sie hammerhart: Sie landen im Diner des Grauens, wo Zombie-Angriffe an der Tagesordnung sind und du niemals weißt, was im Kühlschrank lauert! Zombie-Kühe, eine monströse Bardame und singende Yuccapalmen sind hier erst der Anfang. Aber Earl und Duke sind nicht umsonst der coolste Vampir und der fetteste Werwolf der Welt … Mit seinem Debütroman landete A. Lee Martinez einen gigantischen Erfolg. Fans und Neueinsteiger dürfen sich auf die Neuauflage in moderner Ausstattung freuen – Zähneklappern und Lachmuskelkater garantiert! (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 352 Seiten
Originaltitel: Gil’s All Fright Diner
Piper

Martinez, A. Lee – Kompanie der Oger, Die

_Ein Leben nach dem Diner des Grauens._

Erst letztes Jahr durften wir uns an einem flockigen Horrorspaß erfreuen, als A. Lee Martinez eben jenes Genre durch den Kakao zog. Aber Martinez ist ein umtriebiger Bursche, der schon bei der Veröffentlichung vom [„Diner des Grauens“ 2614 ankündigte, dass „The Nameless Witch“ schon so gut wie fertig sei, „Nessys Castle“ ebenfalls, dass der Autor an einer Noir-Verhohnepipelung mit dem Titel „Automatic Detective“ bastle und dass „Die Kompanie der Oger“ schon längst vollendet wäre. Was bleibt, ist die bange Frage: Wie sieht es mit Qualität aus in diesem schaffenstechnischen Sturzbach? Die Werbemaschinerie ist jedenfalls voll des Lobes:

_Schneller, bunter, besser …_

So wird sie nämlich angekündigt, die Geschichte um „Never Dead Ned“, einen Angestellten in der Buchhaltung der „Unmenschlichen Legion“. Ganz seinem Namen entsprechend tut sich Ned nämlich ziemlich schwer mit dem Sterben – oder besser ausgedrückt: Mit dem Totbleiben, denn über den Jordan hopst er relativ häufig. Es ist nachzuvollziehen, dass ständiges Ableben keine sehr angenehme Sache ist, und deswegen fühlt sich Ned in seiner recht ungefährlichen Buchhaltung ziemlich wohl. Das ändert sich allerdings, als er versetzt wird: Fortan soll er die Kompanie der Oger befehligen, einen himmelschreiend verkommenen Haufen, der sich derart an die Vorzüge fehlender Vorgesetzter gewöhnt hat, dass jedem Neuankömmling im Offiziersgewand rasch ein unglückliches Unglück widerfährt …

Nun ja, aber selbst die dümmsten Oger bemerken irgendwann, wie sinnlos die Anstrengung ist, jemanden töten zu wollen, der einfach nicht tot bleibt. Ned darf sich also fortan darum bemühen, seiner Truppe etwas Disziplin beizubiegen und bekommt es dabei mit allerlei schräger Fabelbevölkerung zu tun: Da gibt es einen Gestaltwandler, eine Amazone, eine Sirene, ein Baumwesen, eine fette Elfe, ein blindes Orakel und außerdem Oger, Orks und Kobolde.

Der erste Konfliktstoff zeichnet sich ab, als sich die sonst männermordende Amazone Regina in Ned verguckt, denn ihre Rivalin Miriam hat einen sehr eindrucksvollen Vorteil: Sie ist eine Sirene.

Zwischen deren Kabbeleien versucht sich Ned mit dem Kämpfen vertraut zu machen und wird dabei wiederum versehentlich ins Jenseits befördert, aus dem ihn, wie immer, die geheimnisvolle rote Frau zurückholt. Das ist dann auch der Punkt, an dem der Leser erfährt, dass es einen Grund dafür gibt, warum Ned stets von den Toten zurückgeholt wird. Dieser Grund zitiert dann auch einen mächtigen Zauberer herbei und, was noch viel schlimmer ist, einen herrschsüchtigen Dämonen, der (mal wieder) die Macht über alles und jeden erringen will. In einem gigantischen Schlachtengetümmel darf die Kompanie der Oger schließlich zeigen, was sie wert ist.

_Zu früh geschossen, mein Herr!_

Schon das „Diner des Grauens“ hatte in der Ehrenloge der Fun-Fantasten nichts verloren. Ein weiter qualitativer Abstand musste da attestiert werden, zu Asprins Dämonenzyklus, zu Pratchetts Scheibenwelt und natürlich zum „Per Anhalter durch die Galaxis“-Zyklus von Adams. Es war zwar nicht zu erwarten, dass sich „Die Kompanie der Oger“ plötzlich in die Riege der Meister einreihen dürfen würde, aber ein wenig mehr hatte ich mir vom „Diner …“-Nachfolger schon erhofft.

Die Story hat ein entscheidendes Problem: Sie kann sich nicht entscheiden. Herumalbern? Oder dem Leser etwas Spannendes erzählen? Zwar punktet der Anfang durchaus mit amüsanten Betrachtungsweisen der Eigenarten bestimmter Spezies, aber über ein paar müde Schmunzler kommt man selten heraus: Wenn es etwa um die „musikalischen Fähigkeiten“ von Orks geht, oder um gynäkologische Andeutungen, die den Erregungszustand von Trollfrauen betreffen. Von einer Story ist da weit und breit noch nichts zu bemerken. Na gut, man kann der Amazonenkriegerin und der Sirene dabei zusehen, wie sie sich um Ned kabbeln, und jede der Figuren darf in amüsanten kleinen Szenen ihre Eigenarten zur Schau stellen, aber ohne eine gescheite Handlung fängt man irgendwann an, unruhig auf dem Buchrücken herumzutippen: Alles klar! Lustig. Wie sieht’s mit Story aus? Die kommt spät. Und sie donnert dem Leser den Fantasy-Standard-Holzhammer vor den Schädel. Aber dazu später.

Vorher noch ein paar Worte zum Humor, denn der sitzt diesmal alles andere als sicher. Viel zu oft scheint Martinez aus der Hüfte zu schießen und viel zu oft landet er dabei nur halbherzige Treffer. Am schlimmsten daran: Es klingt alles wie eine missglückte Huldigung des Scheibenwelt-Humors.

Beim „Diner des Grauens“ hat auch nicht jede Pointe gesessen, aber alles war ausgewogener und liebevoller: An schrägen Fabelfiguren gab es eigentlich nur Earl, den weinerlichen Vampir, und Duke, den jähzornigen Werwolf; das schräge Potenzial beider Figuren wurde da viel besser ausgenutzt! In der „Kompanie der Oger“ gibt es viel mehr Schräges, aber Martinez hat sich keine Mühe gegeben, auszuschöpfen, was die Ideen hergegeben hätten – abgesehen vielleicht von einem toll choreographierten Gefecht zwischen Amazone Regina und dem Gestaltwandler Seamus.

Im letzten Drittel des Buches geht der Humor dann in einem Action-Feuerwerk fast vollkommen unter. Natürlich versucht sich Martinez noch in amüsanten Vergleichen und unterhaltsamen Bildern, aber die Story selbst ist ein bierernster Showdown um Neds Schicksal. Das ist wie gesagt auch das Dilemma der „Kompanie der Oger“. Es ist zu wenig amüsant für einen echten Schenkelklopfer und viel zu klischeehaft und vorhersehbar für einen ernst zu nehmenden Fantasyroman. Martinez hat, man muss es leider sagen, eine lieblose Geschichte zusammengezimmert und dann versucht, sie mit seiner Situationskomik zu „beleben“. Hat nicht funktioniert.

Okay, auch spätere Werke aus der Fließbandproduktion eines Terry Pratchett hatten ihre Längen, aber selbst seine schwächsten Scheibenwelt-Bücher haben den Leser nie mit seitenlangen Schlachtenszenen gelangweilt. Pratchetts Glanzleistungen zeichneten sich außerdem nicht nur durch amüsante Szenen aus, sondern konnten vor allen Dingen immer mit scharfsinnigen und pointierten Spannungsbögen punkten, mit einer Grundidee, über die man meist noch Wochen nach Lesegenuss gelacht hat, vollkommen unkontrolliert, mitten im Schulbus manchmal, wofür man sich dann den einen oder anderen verwunderten Blick eingefangen hat. Und so etwas fehlt der „Kompanie der Oger“ vollkommen: Die Idee um die Unsterblichkeit von Never Dead Ned kann es nicht ansatzweise mit den schreiend absurden Gedankenspielereien aufnehmen, die es etwa im unvergesslichen „Schweinsgalopp“ zu lesen gibt. Die Idee hinter Neds Unsterblichkeit ist einfach derart unsensibel an den Haaren herbeigezogen, dass sie eigentlich schreien müsste. Schade! Da kann man nur hoffen, dass Martinez von seinem Fließband-Trip herunterkommt und seine Geschichten künftig mit Ruhe und Liebe ausfeilt.

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Martinez, A. Lee – Diner des Grauens

_Umtriebiger Nachwuchs …_

… hat das Licht der Bücherwelt erblickt in den Reihen zwerchfellkitzelnder Phantasten: A. Lee Martinez, ein 33-jähriger Bursche aus Texas, verbeugt sich vor der Komikergilde um Asprin, Pratchett, Rankin, Adams und Co. und hat mit „Diner des Grauens“ einen locker-flockigen Horrorspaß aus seiner Feder gewrungen. Ob er die Eminenzen von ihrem Gelächter-Thron stoßen wird, bleibt fraglich, der Unterhaltungswert dieses Debüts ist es nicht:

_Willkommen im |Gil´s all Fright Diner|!_

Zunächst: Man möge dem Klappentext der deutschen Ausgabe nicht allzu großen Wert beimessen, spricht er doch von Earl als dem „coolsten Vampir“ und von Duke als dem „fettesten Werwolf“ aller Zeiten. Nun, Earl wäre darüber sicherlich sehr geschmeichelt. Er würde sich durch die vampirischen Geheimratsecken fahren und sich freuen, dass er einmal nicht als weinerliche, hochneurotische Vampirnervensäge bezeichnet wurde. Duke allerdings würde dem Verfasser via eingeschlagenem Schädel klarmachen, dass sich eine riesenhafte, jähzornige Kampfmaschine mit unmenschlichen Kräften eben ungern als „fettester Werwolf“ bezeichnen lässt.

Besagtes Pärchen jedenfalls schaukelt mit einem rostigen Pickup durch die Wüsten von Amerika, um schließlich im |Gil´s all Fright Diner| abzusteigen. Wie das Schicksal so will, kommt eine Meute Zombies zur gleichen Zeit auf die gleiche Idee, und ein paar beschäftigungsreiche Augenblicke später bekommen die beiden von Bardame Loretta einen Job, gleich nachdem sie diverse Zombieüberreste vor die Tür gefegt hat.

Das Städtchen Rockwood hat nämlich schon seit längerem unter derartigen Heimsuchungen zu leiden, nicht erst, seit Gil, der ursprüngliche Besitzer des Diners, spurlos verschwunden ist. Also greifen Earl und Duke der beleibten Loretta unter die Arme und stellen fest, dass Rockwood ein wahrer Magnet für übernatürliche Unbilden zu sein scheint. Bald schon finden sie den Grund dafür heraus …

_Zwerchfell- und Nervenkitzel in einem._

Wie das immer so ist, mit „Sensationsromanen“ und mit Werken, denen man „den größten Spaß seit Douglas Adams“ attestiert; die heraufbeschworenen Erwartungen bleiben auf der Strecke. So auch beim „Diner des Grauens“. Aber auch wenn das kein „Sensationsroman“ ist, ist es doch ein wunderbar unterhaltsamer Zeitvertreib, bei dem man mal an den Nägeln kaut, sich mal den Bauch hält, und dann plötzlich erschrocken feststellt, dass man schon am Ende angelangt ist.

Es macht einfach Spaß, die beiden Protagonisten bei ihrem skurrilen Abenteuer zu begleiten: Earl ist ein weinerlicher, empfindlicher Feigling, der sich den ganzen Tag mit Duke in den Haaren liegt. Duke hingegen hat für alles, wenn er denn mal spricht, nur staubtrockene Kommentare übrig und legt ansonsten einen äußerst werwölfigen Aktionismus an den Tag. Kompliziert (und hoch amüsant) wird es, als sich Earl in eine Geisterdame verliebt (und diese Peinlichkeit unbedingt vor Duke verbergen möchte), und als Duke sich gegen die Annäherungen einer attraktiven Teenagerin wehren muss, obwohl ihm das Tier im Manne ganz Anderes schmackhaft macht. Als ob sie mit dem Geheimnis um den verschwundenen Gil und seinen Horror-Diner nicht schon genug um die Ohren hätten …

Die Story an sich gießt ganze Kellen an Spott über die Konventionen des Horror-Genres aus: Da beklagt Earl sich bitterlich, dass ihm den ganzen Tag pubertäre Mädels an die Wäsche wollten, weil das die Ausstrahlung von Vampiren nun mal so mit sich bringe, und er leidet unter riesigen Minderwertigkeitskomplexen, da die Medien unerfüllbare Erwartungen an untote Liebhaber stellen. Es gibt Protoplasma-pinkelnde Geisterhunde, einen sturen Magic-Eight-Ball, der sich nur mit Bonanza zu einer Antwort bestechen lässt, Ghouls, die sich Komplimente machen, während sie auf den tödlichen Sonnenaufgang warten, Beschwörungen in pubertärer Silben-Geheimsprache, und dergleichen mehr, das der Leser wohl besser selbst entdecken sollte.

_Wildwasserfahrt im Comicpark._

Die Figuren sind Comic-Figuren mit Leib und Seele. Keine ihrer Anwandlungen hat etwas Natürliches an sich, alles ist überspitzt und überdreht, aber Tiefe besitzen sie trotzdem. Earl und Duke beispielsweise; es gibt eine Geschichte, wie sie sich getroffen haben, warum sie zusammenhalten und wie sie mit ihrem Schicksal allgemein klarkommen. Aber auch die Nebenfiguren aus Rockwood haben, für ein Comic-Universum, glaubwürdige Motive.

Und diese Motive verknüpfen sich überhaupt erst zu der gesamten Story: Durch den Klappentext erwartet man eigentlich eine Ansammlung unsinniger Skurrilitäten, die mit einem losen Handlungsfaden aneinandergeknüpft wurden, aber das ist im „Diner des Grauens“ überhaupt nicht der Fall. Alles hat seinen Grund: Warum der alte Gil aus seinem Diner verschwunden ist, warum plötzlich Zombie-Kühe auftauchen, warum es ausgerechnet einen Vampir und einen Werwolf an diesen Ort verschlägt. All das steigert sich zu einem Showdown, der nicht nur in sich schlüssig ist, sondern auch spannend, und der an seinem Ende keine offenen Fragen hinterlässt.

Pluspunkte gibt es außerdem für Tammy: Die Antagonistin ist eine hübsche Achtzehnjährige, ein typischer Vamp, die jeden Typen genau in die Richtung manipuliert, in die sie ihn haben möchte, obwohl der Verhexte genau weiß, dass er damit in das offene Messer rennt. Standard eigentlich, so sehr, dass man fast schon von archetypisch sprechen könnte, aber Martinez hat die Verführkünste seiner Gegenspielerin derart lebensecht und spürbar in Szene gesetzt, dass der Verfasser dieser Zeilen zugegebenermaßen recht kribblig geworden ist, das eine oder andere Mal …

_Schmackhaftes Desert nach schweren Gängen._

Nein, es bleiben kaum Wünsche offen nach dem Besuch von Gil’s Diner. Natürlich, um Hochliteratur handelt es sich dabei nicht, aber für einen luftigen Snack nach allzu schwerer Kost taugt es allemal. Zwar erreicht Martinez keinesfalls den Ideenreichtum eines Douglas Adams oder eines jungen Terry Pratchett, und auch ist „Diner des Grauens“ nicht so ausgeklügelt und augenzwinkernd wendungsreich wie die Dämonen-Abenteuer von Robert Asprin. Aber für einen Einstand in das Genre hat sich der junge Texaner hervorragend geschlagen.

Und, um den Brückenschlag zur einleitend erwähnten Umtriebigkeit zu vollführen: Martinez ruht sich auf diesen Lorbeeren keineswegs aus. Im August dieses Jahres wird sich „In the Company of Ogres“ zur Aufgabe machen, das Fantasy-Genre zu verhöhnen, „The Nameless Witch“ ist schon fertig verfasst und befindet sich in der Korrekturphase, während sich Agent und Verleger von Martinez schon über „Nessys Castle“ beugen, und über „Automatic Detective“, eine Verballhornung des Noir-Krimis mit „Robotern, Mutanten und anderem coolen Zeug“. Ob Martinez seinen Horizont erweitern wird? Oder ob er in Pratchett’sches Gag-Recycling verfallen wird? Ob er sein Pulver schon verschossen hat, oder ob er gerade mal anfängt, warm zu werden? Keine Ahnung. Seine Chance hat er sich jedenfalls mit dem „Diner des Grauens“ verdient!

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