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James Patterson / Andrew Gross – Die 2. Chance (Women’s Murder Club 02)

Ein mysteriöser Scharfschütze tötet in San Francisco vor einer Kirche ein kleines Chormädchen: ein gezielter Todesschuss. Weitere kaltblütige Morde versetzen die Polizeiführung in Angst und Schrecken: Der Schütze, der den Beinamen „Schimäre“ verliehen bekommt, hat es auf die Polizisten und ihre Angehörigen abgesehen. Die Begleichung einer alten Rechnung?

Der Autor
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Patterson, James / Gross, Andrew – Lifeguard

_Spannender Palm-Beach-Thriller_

In der Nacht, als sich Rettungsschwimmer Ned Kelly eine Million Dollar verdienen will, als er bei einem Kunstraub mithilft, sterben seine Freundin und seine vier besten Freunde einen grausamen Tod. Aus der Hoffnung, endlich auf eine Glückssträhne gestoßen zu sein, wird für Ned im Handumdrehen ein Albtraum. Doch wer sind die Hintermänner, die Ned und Co. hereingelegt haben?

_Die Autoren_

James Patterson, ehemaliger Besitzer einer Werbeagentur, ist der Autor von zahlreichen Nummer-1-Bestsellern. Allerdings sind es vor allem seine Alex-Cross-Thriller, die den Leser berühren. Folglich war Alex Cross bereits zweimal im Film zu sehen: „Im Netz der Spinne“ und „… denn zum Küssen sind sie da“ wurden beide erfolgreich mit Morgan Freeman in der Hauptrolle verfilmt. Für Einsteiger sei gesagt, dass Alex Cross ein sympathischer schwarzer Polizeipsychologe ist, der mit seiner Familie in Washington, D.C., lebt.

Patterson ist extrem fleißig. Seine letzten Romane vor „Lifeguard“ waren „3rd Degree“, „Sam’s Letters to Jennifer“, „London Bridges“, „Honeymoon“, „Maximum Ride“ und „4th of July“. Nähere Infos finden sich unter http://www.twbookmark.com und http://www.jamespatterson.com. Patterson lebt mit seiner Familie in Florida.

Andrew Gross war Pattersons Ko-Autor an „2nd Chance“, „3rd degree“ sowie „The Jester“ und lebt in New York City.

_Handlung_

Eigentlich stammt der junge Ned Kelly aus der schlechtesten Gegend von Boston, Massachusetts, aber das Schicksal hat ihn an den mondänsten Flecken von ganz Florida verschlagen: Palm Beach. Hier schlägt sich der ehemalige Schullehrer, der nach einer Verleumdung durch eine Schülerin gehen musste, mehr schlecht als recht als Lifeguard und Kellner durch.

Eines Tages beobachtet er eine wunderhübsche junge Frau am Strand, die ihm den Eindruck macht, als wolle sie sich gleich auf Nimmerwiedersehen in die Wellen stürzen. Als Rettungsschwimmer eilt er sofort, um sie an dem zu hindern, was er für die Vorbereitung zum Selbstmord hält. Zum Glück ist Tess McAuliffe nicht derart trübsinnig drauf, als dass sie nicht eine Einladung zum Essen annehmen würde. Die Blondine ist wunderschön und erobert Neds Herz im Nu, so dass er endlich einen Silberstreif am Horizont sieht. Er ahnt nicht, dass sie ein falscher Fuffziger ist.

Um seinem Glück – vor allem im Hinblick auf ein Leben an Tess‘ Seite – ein wenig nachzuhelfen, willigt Ned ein, mit seinen alten Freunden aus Boston ein Ding zu drehen. Das ist ein wenig riskant für ihn, denn bislang ist er nicht vorbestraft, doch reicher Lohn winkt: rund eine Million. Und er hat zum Glück kaum etwas zu tun. Er soll bloß in drei Villen von Palm Beach den Einbruchsalarm auslösen, um die Polizei abzulenken. Der eigentliche Coup wird währenddessen von drei Kumpels in der Villa des Internetmillionärs Dennis Stratton ausgeführt: ein Kunstraub.

Ned weiß nur, dass ein gewisser „Gachet“ die Informationen geliefert hat, welche wertvollen Gemälde zu klauen sind, wo sie genau hängen und mit welchem Code man die Alarmanlage deaktiviert. Alle diese Infos kommen also von einem Insider. Doch als die drei Jungs in Strattons Villa eindringen, ist keines der Bilder an seinem Platz! Jemand hat sie reingelegt.

Ned, per Handy benachrichtigt, taucht sofort unter. Als er am Hotel vorbeikommt, in dem Tess wohnt, wundert er sich über die Ambulanz und die Polizeiautos. Ein Schock fürs Leben trifft ihn: Sanitäter tragen die Leiche von Tess aus dem Gebäude. Nachdem seine Zukunft zerstört ist, sucht Ned natürlich Hilfe bei seinen Freunden. Als er in der Nähe ihres Hauses eintrifft, warten schon wieder Polizei und Ambulanz: Dort wurde offenbar ein Blutbad angerichtet, alle sind tot.

Nachdem – nach der Zukunft – auch seine Gegenwart zerstört ist, sieht Ned überhaupt kein Land mehr. Er bricht alle Zelte in Palm Beach ab und macht sich zum einzigen Ort auf, den er noch kennt: seine Vergangenheit, sprich: sein Elternhaus. Natürlich wird er dort bereits erwartet.

Denn die kleine, drahtige FBI-Agentin Ellie Shurtleff, die sich eigentlich mit Kunstraub und -betrug zu befassen hat, stellt eine Verbindung zwischen den Aktivitäten dieser Katastrophennacht und dem Verschwinden von Ned Kelly her. Als sie ihn gemeinsam mit zwei Kollegen in seinem Elternhaus festnehmen will, kidnappt er sie und macht sich aus dem Staub. Er versucht, sie von seiner völligen Unschuld zu überzeugen, und beinahe glaubt sie ihm auch. Hätte er ihr bloß nicht verschwiegen, dass er die ermordete Tess McAuliffe kannte. Sie muss erneut an seiner Version zweifeln.

Aber das ist erst der Anfang von Neds verzweifeltem Kampf um Freiheit und Überleben. Denn Stratton und seine Handlanger wollen unbedingt die Beute aus dem angeblichen Kunstraub wiederhaben. Von der Ned natürlich keinen Schimmer hat. Aber das stört Stratton nicht, dem es nur um ein bestimmtes Bild geht. Er hat bereits einen Killer auf Ned angesetzt, der ihm das Geheimnis der verschwundenen Bilder schon entlocken wird. Es wird ganz schön eng für Ned Kelly, der genauso heißt wie jener berühmte australische Outlaw. Und genau wie ein Outlaw kommt sich Ned auch vor.

_Mein Eindruck_

Und wieder ein fesselnder „pageturner“ aus der Schreibfabrik von James Patterson. Das Buch habe ich in drei Tagen fertig gelesen – ungewöhnlich lange für die 300 Seiten. Das liegt aber zum Teil auch daran, dass die Story vom hoffnungsvollen jungen Loser schon einmal von Patterson erzählt wurde: in „The Beach House“. Dort musste Peter Rabbit ins Gras beißen, und seine Freunde brauchten lange, bis sie seinen Tod gerächt hatten.

Wieder einmal wird ein junger Mann um seine – nicht ganz ehrlich erworbene – Zukunft betrogen. Doch unbekannte Hintermänner wollen ihm ans Leder, während das FBI eine landesweite Menschenjagd organisiert. Dabei ist Ned keineswegs ein Verbrecher, der um sich schießt, sondern vielmehr ein blutiger Amateur, wenn’s ums Schießen geht.

Es ist schon sehr romantisch, dass ausgerechnet FBI-Agentin Ellie Shurtleff sich als Neds Rettung in der Not erweist – neben einigen anderen Helfern. Da ist zum Beispiel Geoff the Champ, der verrückte Neuseeländer mit der Vorliebe für riskante Motorradfahrten – eine der glorreichen Actionszenen des Romans. Und da ist Sol Roth, Neds rätselhafter Arbeitgeber, der von sich behauptet, er sei Neds „höchster“ Freund. Sol sorgt für eine Menge Überraschungen – bis zum Schluss.

Bei all diesen schrägen Zutaten und einem skrupellosen Schurken wundert es kaum, dass die Handlung Haken schlägt wie ein Hase auf der Flucht. Nach einigem Hin und her gibt es jedoch einen recht ordentlichen Showdown. Und wie sich das im Film gehört, findet er auf einem der höchsten Gebäude von Palm Beach statt. Und wie sich das gehört, tut der Bösewicht einen tiefen Fall. Das hat ja schon bei Altmeister Hitchcock recht gut und eindrucksvoll funktioniert – man denke etwa an den Sturz von der Freiheitsstatue in „Sabotage“ oder vom Mount Rushmore in „Der unsichtbare Dritte“.

|Neds Hintergrund|

Dennoch ist dies kein Thriller nach Schema F geworden. Verantwortlich dafür ist hauptsächlich das – vermutlich von Andrew Gross beigesteuerte – Bostoner Lokalkolorit, welches in krassen Kontrast zu der Welt der Reichen und Schönen in Palm Beach gesetzt wird. Der Bostoner Vorort Brockton ist das Heim von Neds Familie und verantwortlich für seinen Werdegang und seine starken Gefühle der Loyalität gegenüber seinen Freunden und seinen Brüdern.

Einzige Ausnahme: Sein Vater ist ein Krimineller, der sein halbes Leben hinter Gittern verbracht und sich möglicherweise auch diesmal eingemischt hat – woher sonst hatten Neds Freunde den Tipp mit dem Kunst-Coup? Es ist ein langer Weg für Ned zu gehen, bis er sich mit dem todkranken alten Mann ausgesöhnt hat. Es ist eine Station im Erwachsenwerden Neds, die zu bewältigen ist, bevor er seine künftige Frau in die Arme schließen darf. Ellie ist nicht ganz so umfassend geschildert wie Ned, aber doch auch sehr sympathisch. Sie erinnert mich an Detective Jane Rizzoli in Tess Gerritsens Thrillern.

|Insiderwissen oder bloß gut recherchiert?|

Es ist das erste Mal, dass ein Patterson-Roman sich mit der Welt der Kunst befasst. Dennoch vermittelt der Text den Eindruck, als habe hier jemand entweder ziemlich viel Ahnung von Kunst und ihren Preisdimensionen, oder er hat sehr gut bei Fachleuten recherchiert. Außerdem hat hier jemand viel Ahnung von dem, was in Palm Beach los ist. (Da Patterson in Florida lebt, tippe ich mal auf ihn.) Da werden die einzelnen Restaurants, Bars, Clubhäuser, Bootshäfen und Landhäuser sowie Hotels nacheinander ganz genau und auf prägnante Weise charakterisiert, dass man sich gleich vor Ort zurechtfindet, obwohl es sich um eine recht exotische Gegend handelt. Und sie wird nicht zu ernst genommen.

In einer Szene beweist Geoff the Champ eine Menge Kiwi-Humor, als er Rod Stewart im Vorübergehen für dessen neuestes Album lobt. Und natürlich ist Geoff auf die „Aussies“ vom sechsten Kontinent nicht besonders gut zu sprechen. Das sorgt für ironsiche Zwischentöne.

|Die Sprache: alles comprende?|

Eine Sache, über die der ungeübte Leser allerdings öfters stolpern könnte, sind die zahlreichen Abkürzungen, die dem amerikanischen Leser natürlich geläufig sind. Was ein S.O.B. ist, kann man sich ja noch erklären („sonovabitch“), aber was ein A.P.B. sein könnte, ist nicht annähernd so klar: Es ist eine Fahndungsmeldung für Streifenwagen. Dass ein S.U.V. („sports utility vehicle“) mittlerweile auch bei uns die Straßen unsicher macht, hat sich herumgesprochen, doch was ein M.F.A. sein könnte, ergibt sich nur aus dem Kontext: „Master of Fine Arts“, also ein Abschluss im Kunststudium.

_Unterm Strich_

„Lifeguard“ ist die ebenso ironische wie romantische Fabel vom Rettungsschwimmer, der sich selbst retten muss. Von einem Patterson-Thriller muss man keinen großen Tieffgang erwarten, aber man darf Einblicke in die Welt der Schönen und Reichen wie auch in die der Verbrecher und Skrupellosen erwarten. Geschickt stellt Patterson zwei Welten gegenüber und lässt seinem jungen Helden eine ganze Menge Schlupflöcher, die ihn aus seiner schier aussichtlosen Lage entkommen lassen – natürlich erst nach einem Kampf auf Leben und Tod. Wobei es diesmal das Mädchen ist, das den Jungen rettet. Gelobt sei die Gleichberechtigung.

Durchweg bietet „Lifeguard“ Kurzweil nach typischer Patterson-Art: mit superkurzen Kapiteln, die stets mit einer Pointe oder einem Rätsel enden. Man kann nichts falsch machen, wenn man das Buch kauft, sich schnell unterhalten lässt. Aber es bleibt auch nicht viel davon im Gedächtnis hängen (aber vielleicht sollte ich doch eine Laufbahn im Kunsthandel anstreben: die Gewinnspannen sind offenbar enorm). Eine typische Urlaubslektüre für zwischendurch; nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Patterson, James / Gross, Andrew – 3. Grad, Der

Eine Reihe von Mordanschlägen gegen betrügerische Industrielle erschüttert San Francisco. Doch dann stellen die Urheber ein ungewöhnliches Ultimatum: „Entweder ihr sagt den G-8-Gipfel ab oder es wird alle drei Tage weitere Tote geben!“ Lt. Lindsay Boxer von San Francisco Police Department hat nun alle Hände voll zu tun – buchstäblich.

_Die Autoren_

James Patterson, ehemaliger Besitzer einer Werbeagentur, ist der Autor von zahlreichen Nummer-1-Bestsellern. Allerdings sind es vor allem seine Alex-Cross-Thriller, die den Leser berühren. Folglich war Alex Cross bereits zweimal im Film zu sehen: „Im Netz der Spinne“ und „… denn zum Küssen sind sie da“ wurden beide erfolgreich mit Morgan Freeman in der Hauptrolle verfilmt. Für Einsteiger sei gesagt, dass Alex Cross ein sympathischer schwarzer Polizeipsychologe ist, der mit seiner Familie in Washington, D.C., lebt.

Patterson ist extrem fleißig. Seine letzten Romane nach „3rd Degree“ waren „Sam’s Letters to Jennifer“, „London Bridges“, „Honeymoon“, „Maximum Ride“ und „4th of July“ (die Fortsetzung dieser Reihe). Im Juli erscheint „Lifeguard“. Nähere Infos finden sich unter http://www.twbookmark.com und http://www.jamespatterson.com. Patterson lebt mit seiner Familie in Florida.

Andrew Gross war bereits Pattersons Ko-Autor bei „2nd Chance“ sowie „The Jester“ und lebt in New York City.

_Handlung_

Police Lieutenant Lindsay Boxer ist die Ich-Erzählerin des dritten Falles des |Women’s Murder Club| von San Francisco. Dem inoffiziellen Klub gehören die Reporterin Cindy, die Gerichtsmedizinerin Claire und die stellvertretende Staatsanwältin Jill an.

Beim harmlosen Joggen am Wochenende erlebt Lindsay gleich zwei Schocks hintereinander. Ihre Freundin Jill weist am Arm blaue Flecken auf, als ob ihr Mann Steve sie zu hart angefasst habe (was auch stimmt). Der weitaus größere Schock erfolgt wenig später: Eine hübsche zweistöckige Villa, die sie gerade mit ihrem Hund passieren will, fliegt mit einem Donnerschlag in die Luft!

Sobald sie sich wieder aufgerappelt hat, stürzt sich Lindsay todesmutig in das brennende Gebäude. Sie kann einen elfjährigen Jungen retten und taumelt den Feuerwehrmännern mehr tot als lebendig in die Arme. Die anderen fünf Bewohner des Hauses sind entweder tot oder verschwunden. Vor allem fehlen, wie sich zeigt, das Au-pair-Mädchen Wendy und dessen Schützling, das Baby Caitlin.

Noch etwas wird gefunden: ein Bekennerschreiben von einem gewissen „August Spies“. Die Explosion war eine Hinrichtung. Der Ermordete hatte mit seinen windigen Internetfirmenaktien Tausende von Anteilseignern betrogen und sich selbst bereichert. Deswegen hatte ihm „August Spies“ schon Erpresser-Mails geschickt, doch er hatte nicht reagiert.

Als wenig später der betrügerische Krankenversicherungsunternehmer Bengosian mit dem Gift Rizin ermordet und das Bekennerschreiben von „August Spies“ gefunden wird, weiß Lindsay: Dies ist der Beginn eines terroristischen Krieges. In ihrer Stadt! Und in dieser Stadt soll in zehn Tagen der G-8-Gipfel der Finanzminister stattfinden. Auch der Vizepräsident hat sich angesagt.

Stecken also radikalisierte Globalisierungsgegner hinter dem Pseudonym „August Spies“? Oder die alte, totgeglaubte „Volksrepublik von Berkeley“, die in den Sechzigern die Uni Berkeley notorisch machte? Ende der sechziger Jahre gab es jede Menge Radikale in San Francisco, die ihren Unterschlupf in Berkeley und Umgebung hatten. Sie protestierten und bombten gegen den Vietnamkrieg und alles mögliche andere.

Die heraufziehende Gefahr ist so offenkundig real, dass sogar der Stellvertretende Leiter des neuen Heimatschutzministeriums, Joe Molinari, hier arbeiten will, um zusammen mit Lindsay Boxer das Schlimmste zu verhindern. Und Joe sieht wirklich gut aus.

Zur gleichen Zeit spitzt sich Jills Ehekrise mit Steve zu. Sie hat sich mit ihren Freundinnen ausgesprochen und wirft Steve hinaus, lässt die Türschlösser austauschen. Ob er sich das bieten lassen wird?

„August Spies“ bereitet unterdessen seinen schwersten Anschlag vor: vermutlich mit einem Aktenkoffer voll Plastiksprengstoff, den er auf der Etage der Staatsanwaltschaft und der Mordkommission deponieren wird. Oder ist das nur eine Finte? Da taucht „Wendy“, das Au-pair-Mädchen wieder auf. Sie übergibt Cindy, der Reporterin, eine Adresse in Berkeley …

Eine der vier Freundinnen wird sterben. (So viel ist sicher, wenn der Klappentext Recht hat.) Wir bangen mit ihnen.

_Mein Eindruck_

Ich habe diesen packenden Terroristenthriller an einem Abend und einem Vormittag ausgelesen. Wieder einmal machte sich Pattersons patentierte Cliffhanger-Methode mit den kurzen Kapiteln bemerkbar, so dass ich praktisch gezwungen war, zum nächsten Minikapitel zu blättern, um das neueste Rätsel zu lösen, die allerneueste überraschende Wendung mitzubekommen. Ich kenne keinen anderen Krimiautor, der diese Technik so virtuos handhabt wie Patterson.

Diesmal führt die Spur des Oberschurken, der sich hinter dem Codenamen „August Spies“ verbirgt, über dreißig Jahre zurück zu den FBI-Einsätzen gegen die Radikalen in Berkeley. Was besonders fies ist: „August Spies“ verknüpft seinen platten Rachefeldzug mit dem Anspruch der Globalisierungsgegner und anderer radikalisierter Dissidenten. Dabei weiß er nicht nur kleine Studenten auf seiner Seite, die nur darauf brennen, sich wie „Wendy“ als Soldaten der guten Sache zu bewähren, sondern auch intellektuelle Vordenker der Kapitalismuskritik, vor allem natürlich von links. Die Parallelen zu Al-Kaida sind offensichtlich.

Ebenso wie radikalisierte fundamentalistische Islamisten bilden sie die Front in einer neuen Art von Weltkrieg, der nicht nur an den Grenzen der USA ausgefochten wird, sondern auch in jeder Stadt. Besonders erbittern muss dabei die Feststellung, dass „August Spies“ diese Bewegung für seine eigenen niederen Racheglüste missbraucht. Dies wiederum führt zum Mord an einer der vier Freundinnen des Women’s Murder Club. Und dieser Fehler bringt die Ermittler endlich auf die richtige Spur.

Lt. Lindsay Boxer kämpft sozusagen an drei Fronten: Sie will die Bürger der Stadt schützen, doch dazu muss sie alles geben, um in den wenigen Tagen bis zum G-8-Gipfel den Drahtzieher der Anschläge dingfest zu machen. Dass eine ihrer Freundinnen den Tod findet, scheint die tapfere Lindsay zunächst zu brechen, doch das Verbrechen erweist sich als Lichtblick für ihre Ermittlungen.

Es ist gerade diese menschliche Seite an der Ermittlerin und ihren Kollegen auf allen Seiten, die dem Leser das Geschehen, so unwahrscheinlich es auch erscheinen mag, so anrührend und realistisch nahe bringen. Lindsay macht sich Vorwürfe, dass sie nicht da war, um ihre Freundin zu schützen. Doch die Schuldgefühle drohen sie zu lähmen, und ihre verbliebenen Freundinnen müssen sie ihr ausreden, damit Lindsay wieder ihre Arbeit tun kann.

Das erscheint vielleicht aus größerer Distanz betrachtet als Banalität, ist aber, im Verlauf der spannenden Handlung erlebt, doch recht bewegend. Zusammen mit Joe Molinari, der mindestens ebenso hart arbeitet wie Lindsay, mag es gelingen, das Schlimmste zu verhindern.

_Unterm Strich_

Die bekanntesten Helden des Autors Patterson verändern sich rasch: Dr. Alex Cross wechselt von der Washingtoner Polizei zum FBI, wo es ihm aber auch nicht gefällt, so dass er das nächste Milieu sucht, in dem sich verwirklichen kann. Auch Lindsay Boxer verändert sich nach ihrem Verlust und angesichts der Chancen, die Molinari ihr bietet, zum Positiven: Sie könnte im Department for Homeland Security landen. Und vielleicht ist dies auch Alex Cross‘ künftige Wirkungsstätte. Wer weiß? Jedenfalls bleibt es spannend.

Mindestens so spannend wie „Der 3. Grad“, ein Thriller, in dem die zwei Autoren das Thema Terrorismus nach dem 11. September 2001 aufgreifen und Parallelen zu jener radikalen Zeit Ende der sechziger Jahre ziehen, auf die man nicht ohne Weiteres kommen würde.

Vielleicht hat der eine oder andere schon einmal von den terroristischen „Weathermen“ in Kalifornien gehört? Es gibt zumindest einen Song von Bob Dylan, in dem der Sänger darauf Bezug nimmt, nämlich „Subterranean Homesick Blues“: „You don’t need a weatherman to know which way the wind blows“. Und das war schon anno 1965. Die Frage ist also: Lassen sich sinnvoll Parallelen zu Al-Kaida ziehen? Falls ja, würde das andeuten, dass auch die Sache Osama bin Laden möglicherweise ein persönlicher Rachefeldzug ist. Und wer sich mit bin Laden beschäftigt hat, weiß, dass dem so sein könnte: Die Saudis hatten ca. 1990 bin Laden, ebenfalls ein reicher Saudi, aus dem Land gejagt, um die Amis hereinzulassen, die dann gegen Saddam den 2. Golfkrieg führten. (Der 1. Golfkrieg fand zwischen Irak und Iran statt.)

Und so erweist sich dieser unterhaltsame Thriller letzten Endes als eine aktuelle Analyse der terroristischen Bedrohung und ihrer vielfältigen Konsequenzen innerhalb der USA. Ist es Zufall oder Absicht, dass der Vordenker von „August Spies“, sozusagen der Lenker der Terrorzelle, ein Franzose ist? Ich tippe eher auf Absicht. Da wird den Europäern wieder mal eins ausgewischt. Ist es Absicht oder Zufall, dass der US-Vizepräsident ein Schwarzer ist? Wohl kaum ein Zufall.

„Der 3. Grad“ ist ein Roman, der in der Lage ist, zu provozieren, zu polarisieren und Diskussionen zu entfachen. Man muss nur genau hinsehen.

|Originaltitel: 3rd Degree (Women´s Murder Club, 03), 2004
Aus dem Amerikanischen von Andreas Jäger|

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