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[NEWS] Brigitte Riebe – Die Schwestern vom Ku’damm. Wunderbare Zeiten

Berlin, 1953: Während für Rike – die älteste Schwester – das Kaufhaus an erster Stelle steht, interessiert die mittlere Schwester Silvie nur das Vergnügen. Das Kaufhaus läuft bestens. Rike bemüht sich, nur das Neueste vom Neuen anzubieten: Petticoats, Nylonstrümpfe und Waren, die sie nach dem Vorbild italienischer Mode fertigen lässt. Doch die Dynamik in der Familie hat sich verändert. Die Wunden des Krieges sind verheilt und die Männer weigern sich, die Geschäfte allein den Frauen zu überlassen. Erst als Florentine, die Jüngste, gegen alles und jeden rebelliert und die Familie zu entzweien droht, wird Silvie klar, dass auch sie Verantwortung übernehmen muss … (Verlagsinfo)

Lesung
2 mp3-CDs, Laufzeit: ca. 8h 20
Sprecherin: Stefanie Stappenbeck
Random House Audio

 

Riebe, Brigitte – Liebe ist ein Kleid aus Feuer

_Die Autorin_

Die Autorin Brigitte Riebe, privat Brigitte Bögle, wurde 1953 in München geboren, wo sie auch heute noch als freie Schriftstellerin lebt. Sie ist promovierte Historikerin, war zunächst als Museumspädagogin tätig und hat später lange Jahre als Verlagslektorin gearbeitet, bevor sie selbst begann, Romane zu schreiben. Unter ihrem Pseudonym Lara Stern veröffentliche sie u. a. die Sina-Teufel-Romane, mit denen sie auch bekannt wurde. Bereits im Handel erhältlich ist ihr neuester Roman „Auge des Mondes“, eine Katzengeschichte, die im alten Ägypten spielt.

_Story_

Im Harz 946 n. Chr.: Auf der Burg des Grafen Raymond von Scharzfels wartet dessen Tochter Eila sehnsüchtig auf seine Rückkehr, um mit ihm zusammen auf die Falkenjagd zu gehen. Derweil vertreibt sie sich die Zeit mit ihren Tauben, die sie züchtet, und mit Träumen von ihrem neuen Geschwisterchen, das im Bauch ihrer Mutter Oda gerade heranwächst. Wenn es nur überleben würde, denn das Schicksal ließ bisher nur Eila am Leben, während vier tote Brüder bereits begraben werden mussten.

Raymond lauscht währenddessen den Trauerausbrüchen des Königs Otto I., dessen Frau im Kindbett das Leben verlor. Seine Gedanken sind ebenfalls bei seinem ungeborenen Kind – voller Angst und Grauen, was ihn erwartet, sollte er endlich wieder nach Hause zurückkehren dürfen. Doch danach sieht es erstmal nicht aus, denn der König schickt ihn in eine seiner Provinzen, wo eine Seuche wütet und er nach dem Rechten sehen soll. Dort angekommen, macht er die Bekanntschaft des außergewöhnlich begabten Schmieds Algin und dessen Familie. Kurz entschlossen, den Schmied in seinen Dienst zu nehmen, lässt er den König die Familie zum Umzug nach Scharzfels zwingen.

Auf der Burg ist inzwischen Besuch eingetroffen: Der „Strick“ – der irgendwann einmal dem Strick tatsächlich entkommen ist und der hässlichen Narbe am Hals seinen Namen verdankt – macht der Burgherrin seine Aufwartung und bietet ihr Hilfe für die Geburt an, sodass das Kind überleben kann. Die verzweifelte Oda lässt sich darauf ein, nicht ahnend, dass der Strick nichts anderes im Sinn hat, als sich an Raymond für vergangenes Übel zu rächen. Aber für Eila bringt der unsympathische Mann eine neue Freundin mit: Die kleine Roswitha wurde von ihrem Vater, ein Schwertbruder des Grafen, nach Scharzfels geschickt. Doch Rose, wie Eila sie nennt, hat eine mysteriöse Krankheit: Ohne Grund verliert sie das Bewusstsein und wird von Krämpfen geschüttelt. Und nicht nur das macht sie außergewöhnlich, Rose kann Wolken und Bäume sprechen hören, trägt ein heidnisches Symbol als Kette von ihrer verstorbenen Mutter und besitzt Wissen, das einem 12-jährigen Mädchen weit voraus ist.

Kurz darauf trifft Raymond mit der Schmiedfamilie ein. Das Baby ist tot, seine Frau Oda noch kälter und hasserfüllter als vorher. Verzweifelt stürzt er sich auf Rose, die er als sein neues Kind annimmt und die ihn mit ihrer Klugheit in Bann schlägt. Er lässt die beiden Mädchen von einem Priester unterrichten, und während Eila ihren Drang zur Freiheit unterdrücken muss, erwacht in Rose das Feuer der Poesie. Das Schicksal schlägt zu, als sich Eila in den Schmiedejungen Lando verliebt und Raymond die beiden ertappt. Der Graf verbannt Lando in die Minen des Berges, wo er lebenslang nach den Schätzen der Erde graben muss, und seine Tochter ins Kloster zu Gandersheim, wohin ihr ihre Freundin Rose folgt. Wie kann Eila ihren Lando wiedersehen, ohne Rose aufgeben zu müssen, die sich im Kloster wie zu Hause fühlt?

_Meine Meinung_

Zu viele Handlungsstränge ziehen sich durch das 633-seitige Buch, um sie alle in der Inhaltswiedergabe berücksichtigen zu können. Die beiden Hauptstränge stellen die Freundschaft zwischen Rose und Eila und die Liebe zwischen Lando und Eila dar. Die zwei so unterschiedlichen Mädchen – Rose eher still und bescheiden, Eila wild und zielbewusst – verbindet eine Freundschaft, die selbst Trennung und Schicksalsschläge überstehen kann. Rose wächst über sich hinaus, als Lando in Lebensgefahr schwebt, während Eila immer zur Stelle ist, um die schmächtige Dichterin zu beschützen und aufzumuntern. Während Rose in ihrem Glauben an die Jungfrau Maria ihr Seelenheil findet, verzweifelt Eila an der Trennung von Lando, dessen Verbleib sie nicht kennt. Die Liebe zwischen den beiden entwickelt sich aus der sexuellen Neugier zweier Teenager, die vom anderen Geschlecht fasziniert sind. Doch schnell ist klar, dass die Gefühle der beiden tiefer gehen, und trotz Trennung sind sie in Gedanken immer beieinander. Lando bleibt dem Leser am Anfang sehr fremd, weil er als oberflächlich ausgearbeiteter Charakter in Erscheinung tritt. Aber mit seiner Verbannung beginnt sein eigentlicher Reifeprozess, er gewinnt an Substanz und damit auch an Identifizierungspotential. Während Eila und Rose den Leser von Beginn an für sich einnehmen, gelingt das Lando erst als Mann. Durch seinen Unfall im Berg liegt er lange Zeit im Koma, und mir erschien es so, dass er danach erst richtig zum Leben erweckt wurde.

Die Beziehungen zwischen den einzelnen Charakteren sorgen für aufregende Spannung. Ähnlich wie in „Straße der Sterne“ verzichtet Riebe auch hier auf allzu viele Action, und auch hier ist diese nicht nötig. Die Dialoge zwischen Raymond und Oda zum Beispiel lassen von Anfang an Ungutes erahnen. Der „Strick“ sät Zwietracht und Hinterlist, wo er auch auftaucht – eine Gestalt, der man die intelligente Bösartigkeit gut abkauft und deren Motive bis zum Ende gut verschleiert bleiben. Hinzu kommen noch Auseinandersetzungen zwischen Otto I. und dessen Sohn Luidolf, der sich schließlich gegen seinen Vater stellt und die Ritter in zwei Lager spaltet. Und auch Oda geht ihren eigenen Weg – als Mätresse des Königs, der sie doch für eine neue Braut fallen lässt. Oda selbst ist übrigens ein sehr interessanter Charakter: Aus Liebe mit Raymond verheiratet, hat sie nun nur noch Verachtung und Abscheu für ihn übrig, glaubt selbst an eine Bestrafung, weil sie immer ihre Babys verliert, ist zu ihrer Tochter – ihrem einzigen Kind! – eiskalt, ja empfindet sie sogar als Ballast. Kein Wunder, dass Eila sie die „Eiskönigin“ getauft hat.

Was mir immer wieder an den Romanen von Brigitte Riebe gefällt, ist ihre Liebe zum Detail und den Kleinigkeiten, die entweder ihre Charaktere oder ihre Schauplätze ausmachen, die sie im Übrigen gerne öfter vorher besichtigt. In diesem Fall sind es die Narben im Gesicht der Schmiedfrau Gunna. Als Raymond in die Stadt der Schmiedfamilie kommt, ist das „Antoniusfeuer“ gerade am Abklingen und hat unzählige Tote hinterlassen. Gunna selbst hatte die Krankheit, die durch verderbtes Getreide hervorgerufen wird, als Kind bekommen und überlebt, doch die Narben bleiben ihr. Gunna versuchte, den Menschen den Grund für die Krankheit klarzumachen, blieb jedoch unerhört – wie so oft in der damaligen Zeit, wo die Menschen eher an Gottes Strafe oder Hexenwerk glaubten als an rationale Erklärungen.

Ebenfalls ausführlich recherchiert hat die Autorin das Thema des Bergwerks zur damaligen Zeit. Gut beschrieben wird die Arbeit der „Montani“, der Männer, die direkt im Stollen nach Erzen und Silber schürfen, und ihr Leben am Rammelsberg mit zu viel schwerer Arbeit und zu wenig Tageslicht, mit zu wenig Frauen, um Kämpfe unter den Männern zu verhindern. Ein trostloses, verlassenes Leben entweder in der ewigen Nacht des Berges oder in der Glut der Schmelzöfen. Und mittendrin ein Charakter, der sich durch einen Unfall daraus befreien kann und nicht komplett verrückt wird.

Der Geschichte folgt ein 13-seitiges Nachwort. In diesem erläutert die Autorin kurz die politische Situation der damaligen Zeit. Außerdem gibt sie Informationen zu der jungen Dichterin Roswitha von Gandersheim, der die Figur der Rose nachempfunden ist. Mehr Informationen über die Dichterin des Frühmittelalters finden interessierte Leser [hier.]http://de.wikipedia.org/wiki/Roswitha__von__Gandersheim Und schlussendlich darf der Leser erfahren, was Wahrheit und was Fiktion in „Liebe ist ein Kleid aus Feuer“ ist.

_Fazit_

Eine gute Story und sehr schöne Charaktere mit Hauptaugenmerk auf deren Beziehungen lassen „Liebe ist ein Kleid aus Feuer“ zur kurzweiligen, spannenden Lektüre werden. Riebe hat an ihren letzten historischen Roman [„Die Hüterin der Quelle“ 2190 problemlos anknüpfen können und bietet mit diesem Buch wieder einen empfehlenswerten Ausflug ins Mittelalter.

Homepage der Autorin: http://www.brigitteriebe.com/

http://www.randomhouse.de/diana/

Riebe, Brigitte – Hüterin der Quelle, Die

Die Autorin Brigitte Riebe, vollständig Dr. Brigitte Leierseder-Riebe, wurde 1953 in München geboren, wo sie auch heute noch als freie Schriftstellerin lebt. Sie ist promovierte Historikerin, war zunächst als Museumspädagogin tätig und hat später lange Jahre als Verlagslektorin gearbeitet, bevor sie selbst begann, Romane zu schreiben. Unter ihrem Pseudonym Lara Stern veröffentliche sie u.a. die Sina-Teufel-Romane, mit denen sie auch bekannt wurde.

„Die Hüterin der Quelle“ erschien im März 2005 und entführt den Leser ins Bamberg des Jahres 1626, in das Jahr, in dem die zweite große Hexenprozesswelle begann. Im Mittelpunkt des Geschehens steht die Familie des Krippenschnitzers Veit Sternen, der nach dem Tod seiner ersten Frau zusammen mit Sohn Simon und Tochter Selina aus Italien zurückgekehrt ist und Marie, die Tochter des Braumeisters und Ratsherrn Pankraz Haller, geehelicht hat. Doch so sehr sich Marie eine traute Zweisamkeit mit ihrem Mann und glückliche Stunden mit der ganzen Familie gewünscht hat, so bleibt ihr doch die Untreue Veits und die Ablehnung der tauben Selina nicht erspart – genauso wenig wie das Unverständnis ihres Vaters für diese Ehe. Einzig mit Simon gelingt ihr ein recht harmonisches Zusammenleben.

Veit hingegen widmet sich lieber anderen Frauen und seiner Arbeit, denn der Fürstbischof Fuchs von Dornheim persönlich hat ihm und seinem Sohn den Auftrag gegeben, für seine Kirche die schönste und prächtigste Krippe zu schnitzen. Doch ist dieser Herr sehr launisch, und so flüchtet sich der smarte Veit in die Arme der geheimnisvollen Otterfrau Ava, die mit einem Otter, Reka getauft, abseits der Stadt wohnt und sich mit Fischverkäufen übers Wasser hält. Was er dabei vergisst, ist seine abgeschobene Geliebte Agnes Pacher, die Frau des Holzhändlers, die alles andere als geneigt ist, ihren leidenschaftlichen Geliebten gehen zu lassen.

In der Stadt Bamberg beginnt es zu brodeln, und nicht nur familiäre Streitigkeiten oder persönlicher Groll sind die Auslöser. Der Weihbischof Friedrich Förner ist geübt darin, Zweifel zu säen. Zweifel an der Christlichkeit der Bürger, Zweifel an der Sicherheit der rechtschaffenen Einwohner. Hexen, Druten, Teufelspack sind seine auserkorenen Lieblingsthemen und die Menschen hören ihm zu; immer mehr strömen in seine Kirche und Unruhe und Angst beginnen sich auszubreiten. Die Otterfrau und die alte Hümlin stehen auf der Liste. Ava, weil sie geheimes Wissen über Kräuter und Tränke besitzt, die Hümlin, weil ihre Mutter schon als Hexe verbrannt wurde.

Doch dem Weihbischof gegenüber steht fest der Kanzler Kilian Haag und etwas wackliger der Fürstbischof selbst, der allerdings befürchtet, das Wohl des Volkes zu verlieren, wenn er Förner nicht gibt, was dieser verlangt. Doch sieht er die Rettung in dem Jesuitenmönch Adam Thies, der bereits seit Jahren recht erfolgreich gegen den Hexenwahn ankämpft. Aber leider weiß nur sein alter Lehrer Grün, wo der Mönch verweilt, und dieser hat geschworen, es nicht zu verraten. Und auch Marie denkt oft an den Jungen des Nachbarn Thies, der einst ihre große und erste Liebe war.

Während Simon sich auf den Weg in das ferne Italien begibt, um Stoffe für die Krippenfiguren zu besorgen, findet Selina zu einer Bande Straßenkinder, die ebenfalls engere Verbindung zu der Otterfrau hegt. Als sie beobachtet, dass ihr Vater und Ava ein Verhältnis haben, glaubt sie, in dem kleinen Straßenkind Lenchen ihre Halbschwester zu sehen. Wut und Hass bestürmen sie.

Und Förner wettert immer heftiger gegen das Drutenvolk, bis die Wogen überschäumen und Bamberg in den Hexenwahn fällt. Förner will Flammen sehen, die reinigen Kräfte des Feuers sollen die Stadt wieder befreien.

Brigitte Riebe ist mit „Die Hüterin der Quelle“ einmal mehr ein großartiger Roman über die Zeit im Mittelalter gelungen. Nicht die Folter oder die Hinrichtungen selber stellt sie in den Mittelpunkt, stattdessen verfolgt sie die Entwicklung von dem ersten Säen des Aberglaubens bis zum Eskalieren des Horrors. Anhand der Familie Sternen zeichnet sie das wahrscheinlich ganz normale Leben in einer Stadt der damaligen Zeit, lässt den Leser die Hoffnungen und Ängste, Glücksmomente und Albträume erleben, bis das Normale nicht mehr zu halten ist und das Kartenhäuschen mit lautem Getöse einkracht.

Das Band zwischen den Charakteren ist fest und gekonnt gespannt. Jeder hat seine Aufgabe in diesem Schauspiel der Grausamkeit und Tragödie zu leisten, und jeder erfüllt sie mit einer Glaubhaftigkeit, welche die Figuren dem Leser ans Herz wachsen lassen. Marie, die sich verzweifelt ein Kind wünscht, deren Bauch aber flach und hart bleibt. Veit, der seine Frau zwar liebt, aber trotzdem immer wissen möchte, wie die andere denn riecht und wie sich ihre Haut anfühlt. Simon, der es satt hat, im Schatten des Vaters zu stehen und mit Adam endlich seine Freiheit erreicht. Selina, das taube Mädchen, das sich so sehr in einen der Straßenjungen verliebt hat, dass es so gut wie alles für ihn tun würde. Das Mädchen, das ihrem Vater den Betrug mit der Otterfrau und mit Lenchen nicht verzeihen kann, denn noch eine Tochter braucht der Vater doch nicht. Ava, die ihre Freiheit nicht aufgeben möchte, sich aber selbst in ihrem Leben einsperrt. Hin- und hergerissen zwischen ihren Gefühlen für Veit und ihren Gefühlen für den zweiten Geliebten Mathis, dem Wilderer. Die Otterfrau genannt, von den Frauen der Stadt gefürchtet, aber immer befragt, wenn es schmerzt oder um die Verhinderung oder das Einsetzen einer Schwangerschaft geht. Und nicht zuletzt Förner, den seine eigenen Dämonen hetzen, die ihn jagen und ihn so wild machen, dass nur Hexen als Ursache des Übels in Frage kommen.

Nachvollziehbar und fast schon verständnisvoll erzählt die Autorin vom Beginn des Desasters, und der Leser empfindet Trauer und Melancholie, als wäre sowieso nichts zu ändern gewesen. Es bedarf keiner ausschweifenden Folterbeschreibungen oder letzten Schwüre auf dem Scheiterhaufen, um das Grauen jener Epoche zu erwecken. Riebe hat gezeigt, dass die Entfaltung des Wahnsinns ein spannendes und ergiebiges Thema für einen Roman erster Güte darstellt. Fazit: Allemal lesenwert!

Homepage der Autorin: http://www.brigitteriebe.de

Riebe, Brigitte – Straße der Sterne

Regensburg, 1245: Die 17-jährige Kaufmannstochter Pilar Weltenburger ist blind, lebt aber wohlbehütet im Hause ihres Vaters Heinrich, der seine Tochter über alles liebt. Die Mutter Rena hatte die Familie zehn Jahre zuvor ohne Erklärungen verlassen – ein Verlust, den sowohl Pilar als auch der Kaufmann nie verkraftet hatten.

Als aufgrund von Intrigen das Familiengrundstück in Flammen aufgeht und Heinrich stirbt, beschließt Pilar, der „Straße der Sterne“ zu folgen – der Straße, die den Pilgern den Weg zum Grab des heiligen Jakobus weist. Zusammen mit ihrem maurischen Diener Tariq, den ihre Mutter aus dem fernen Frankreich mitgebracht hatte, verlässt Pilar Regensburg, um im spanischen Santiago de Compostela den Heiligen zu bitten, ihr das Augenlicht wiederzugeben.

Tariq selbst trägt seit jenem Morgen, an dem seine Herrin die Stadt verließ, Renas Aufzeichnungen mit sich. Die Bitte, ihr Vermächtnis der Tochter zu geben, sobald diese alt genug sein würde, konnte er nicht mehr erfüllen, da Pilars Krankheit ihm zuvor gekommen war. Selbst unfähig, die Erinnerungen zu ertragen, die ihn dann überrollen würden, brachte er es nicht über sich, dem Mädchen die Seiten vorzulesen.

Der Weg der Pilger war seit jeher gefährlich, aber eine blinde junge Frau in Begleitung eines Nicht-Christen stellt eine allzu leichte Beute dar und so beschließen die beiden, die Hauptstraßen zu meiden. Trotzdem treffen sie nach und nach auf andere Pilger, die alle eins gemeinsam haben: dunkle Geheimnisse, die niemand außer dem heiligen Jakobus erfahren soll. Der Tempelritter Camoni, der seiner großen Liebe nachtrauert und Pilar zu kennen scheint; die Reisende Moira, die nie über ihre Familie redet und sich in Camoni verliebt; der Mönch Armando, der den Heiligen Gral sucht und an seiner Berufung zu zweifeln beginnt; und schließlich das Mädchen Estrella, das Tarot-Karten legt, um an Geld zu kommen, und als Einzige dem Heiligen uninteressiert gegenübersteht. Eine mächtigere Hand als der Zufall hat diese Menschen zusammengeführt und ihr Schicksal liegt sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Auf dem Weg nach Spanien erfüllt es sich unbarmherzig Stück für Stück.

Brigitte Riebe ist hier ein etwas anderer historischer Roman gelungen, der nichts von dem allseits beliebten „Gut-und-Böse-Schema“ beinhaltet. Die Geschichte lebt von den großartig ausgearbeiteten Charakteren, die ganz natürlich aus ihrem Leben erzählen und den Leser in ihre persönlichen Tragödien einblicken lassen. Hier gibt es keine Superhelden-Action, die den Leser am Wahrheitsgehalt der Geschichte zweifeln lassen, es handelt sich vielmehr um einen faszinierenden Reisebericht.

Jeder Charakter ist nachvollziehbar, verletzlich und ergreifend geschildert, und der Leser wartet ungeduldig auf die Auflösung all dieser Rätsel. Sieben Menschen ergeben sieben einzelne und eine gemeinsame große Geschichte – Brigitte Riebe versteht es, einen vielschichtigen Plot zu entwickeln und diesen dann großartig umzusetzen! Abwechselnd gerät der Leser in die Wirren der Pilgerreise und in die Wirren der Vergangenheit, die die Autorin geschickt Stück für Stück – dem Weg der Reisenden angepasst – aufdeckt. Und auch wenn dem aufmerksamen Leser die Lösungen der kleinen und großen Rätsel schnell klar werden, klingt der Roman nicht langweilig aus. Das Ende passt sich, einer logischen Konsequenz folgend, dem Rhythmus der vorangegangenen Seiten an und lässt im Leser das Gefühl nachhallen, das er von Beginn an hatte: ein ruhiges, aber ergreifendes Buch!

Im Anhang findet der Leser historische Daten über die „Straße der Sterne“ und Pilger, aber auch Anmerkungen zu dem damaligen Stand der Papierherstellung. Sehr interessant!

Brigitte Riebe, vollständig Dr. Brigitte Leierseder-Riebe, wurde 1953 in München geboren, wo sie auch heute noch als freie Schriftstellerin lebt. Sie ist promovierte Historikerin, war zunächst als Museumspädagogin tätig und hat später lange Jahre als Verlagslektorin gearbeitet, bevor sie selbst begann, Romane zu schreiben. Unter ihrem Pseudonym Lara Stern veröffentliche sie u. a. die Sina-Teufel-Romane, mit denen sie auch bekannt wurde. Seit März 2005 ist der Roman [„Die Hüterin der Quelle“]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=2190 im Handel erhältlich.

Homepage der Autorin: http://www.brigitteriebe.de