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Charles Eric Maine – Zwei … eins … null

maine-zwei-eins-null-cover-kleinAuf einer einsamen Pazifik-Insel laufen die Vorbereitungen für den Start des ersten per Antischwerkraft ins All beförderten Raumschiffs. Plötzlich beginnen die beteiligten Wissenschaftler wie die Fliegen zu sterben, denn eine fremde Macht womöglich nicht von dieser Welt wünscht keinen Besuch von streitsüchtigen Erdlingen … – Wenig innovativer aber solider, durchweg spannender Science Fiction-Krimi mit Botschaft: „Watch the Skies!“ (besonders gen Osten).

Das geschieht:

Kaluiki, eine öde Insel irgendwo im tropischen Pazifik. Heiß ist es hier und einsam – gerade der richtige Ort für ein Experiment, das Geschichte machen wird: Abseits allzu neugieriger Sowjets, Chinesen und anderer Kommunisten-Strolche erproben Amerikaner und Briten das erste durch Antischwerkraft ins All zu hievende Raumschiff. „Projekt Agnes“ ist top secret, Kaluiki hermetisch vom Militär abgeriegelt. Nur fünf Wissenschaftler blieben unter der Leitung des genialen Professors Guy Strang auf der Insel zurück, zu ihnen gesellen sich der Sicherheitsoffizier George Earl und der Journalist Russ Farrant, der im Auftrag der beteiligten Regierungen Countdown und Start dokumentieren soll.

Die hochkomplexen Vorbereitungen werden sich über 72 Stunden hinziehen, während derer die sechs Männer und zwei Frauen völlig auf sich gestellt bleiben. Farrant langweilt sich und lässt sich daher gern von Earl rekrutieren, der per Radar eine mysteriöse Metallmasse irgendwo auf der Insel geortet zu haben glaubt. Die beiden Männer finden ein merkwürdiges Flugobjekt, doch bevor sie es näher untersuchen können, werden sie geistig von einer unbekannten Macht unterjocht. Earl attackiert Farrant, der seinen Gegner in Notwehr tötet und sogleich die Erinnerung an diese Tat verliert.

Ahnungslos kehrt Farrant ins Lager zurück, wo bald die Hölle losbricht. Auf brutale Weise wird ein Forscher nach dem anderen umgebracht. Jeder verdächtigt und belauert jeden, aber besonders argwöhnisch wird Farrant betrachtet, der für keine Tatzeit ein überzeugendes Alibi vorweisen kann. Der so Bedrängte kämpft gleich an mehreren Fronten: um seine Unschuld, die geliebte Kay Kinley, die misstrauischen Gefährten und den unsichtbaren, mörderischen Feind, der sich nicht unbedingt als außerirdisch erweisen wird …

Großes Drama auf kleiner Insel

Ganz und gar keine große Literatur, aber ein wunderbares, nostalgisches SF-Abenteuer mit ausgeprägten filmischen Qualitäten legt Verfasser Charles Eric Maine hier vor. Die Geschichte ist wahrlich nicht neu; wir kennen sie aus zahlreichen B-Movies der Jahrzehnte nach dem II. Weltkrieg. Das heißt aber nicht, dass wir sie über haben, wenn sie so gut erzählt wird wie hier!

Maine unterhält überaus ökonomisch: Die Kulisse ist überschaubar, die Grenzen sind abgesteckt. Das Personal beschränkt sich auf acht Personen, die sich nach Gestalt, Charakter und Verhalten klar unterscheiden lassen. Der Plot ist simpel, aber bewährt: eine Invasionsgeschichte, die über weite Strecken dem uralten Prinzip der „Zehn kleinen Negerlein“ (die man heute politisch korrekt sicher nicht mehr so nennen darf) huldigt.

So lange unklar bleibt, wer oder was hinter den Morden & Hirnverbiegungen steckt, funktioniert „Zwei … eins … null“ prächtig. Die finale Auflösung enttäuscht ein bisschen, aber das liegt in der Natur von Mysterien. Sie sind gemeinhin interessanter als die Wahrheit, die hinter ihnen steckt. Viele ‚logische‘ Lösungen gäbe es ohnehin nicht. Maine sei aber dafür gelobt, dass er sich trotzdem bemüht, einen Überraschungseffekt einzubauen.

Vorsicht ist besser als Neugier!

Ansonsten lernen wir, dass Misstrauen stets der beste Begleiter des freien Menschen ist. Lange argwöhnen die in Bedrängnis geratenen Wissenschaftler, dass hinter dem üblen Treiben die bösen Roten stecken, die in dieser Zeit des Kalten Krieges – „Zwei … eins … null“ spielt in der unmittelbaren Zukunft des Jahres 1959 – immer und überall darauf lauern, die Weltherrschaft zu übernehmen.

Der ursprüngliche Titel „The Big Countdown“ ist übrigens eine mit britisch schwarzem Humor aufgeladene Zweideutigkeit. Er beschreibt nicht nur die endlosen letzten 72 Stunden des Projektes „Agnes“, sondern auch die Besorgnis erregende Verminderung der Darstellerriege.

Figuren mit klaren Konturen

Russ Farrant ist der Junge, Kay Kinley das Mädchen, womit wir bereits knapp in Worte gefasst haben, dass „Zwei … eins … null“ auch eine Liebesgeschichte der züchtig-korrekten Art erzählt. Den zeitgenössischen Leser mag Kays wissenschaftliche Bildung und ihre Selbstständigkeit verstört haben, aber keine Sorge: Wenn’s richtig gefährlich wird, muss doch wieder ein echter Kerl ‚ran, und ansonsten träumt auch eine gestandene Forscherfrau eigentlich nur davon, endlich geheiratet zu werden.

Wenn er nicht gerade balzt, ist Russ kein besonders schlauer, aber wackerer Streiter für die Dinge, die wirklich zählen im Leben (Vaterland, Job, Kumpels, die Rettung der Welt). Wie es sich für einen echten Helden gehört, steht er sogleich wieder auf, wenn ihn das Schicksal niederwirft (was hier recht häufig geschieht), und setzt den Kampf fort, bis er endlich – natürlich – den Sieg (und das Mädchen) davonträgt.

Die übrigen Darsteller bilden die typische Riege des vordergründig belebten Kanonenfutters, das über einige kräftige Konturen verfügt, damit sie der Leser auseinander halten kann, aber ansonsten ziemlich gesichtslos bleibt. Sie müssen auch gar nicht so markant sein, denn sie werden ohnehin umgebracht und bescheren dann als Leiche den eigentlichen Hauptfiguren schockierende Momente: Auch das belegt das Niveau, auf dem sich dieser Roman bewegt und dabei sehr unterhaltsam bleibt.

Autor

Charles Eric Maine wurde als David McIlwain am 21. Januar 1921 im britischen Liverpool geboren, verbrachte seine Jugendjahre aber in Indien. Nach der Rückkehr wurde er in den späten 1930er Jahren im Science Fiction-Fandom aktiv und gab u. a. gemeinsam mit den späteren Autorenkollegen John Burke ein Fanzine namens „The Satellite“ (1938) heraus. Außerdem schrieb das Duo SF-Geschichten unter dem Pseudonym Charles Eric Maine, das McIlwain später allein übernahm.

Im II. Weltkrieg diente McIlwain als Signaloffizier in der Royal Air Force. 1943 verschlug es ihn nach Nordafrika. Ins Zivilleben zurückgekehrt, wurde er Fernsehtechniker, freier Journalist mit dem Spezialgebiet Elektronik und später Herausgeber einer Zeitschrift für Radio und Fernsehen.

1952 begann McIlwain seine eigentliche SF-Karriere. Er schrieb Hörspiele als Charles Eric Maine, die er, wie gesagt ein ökonomisch arbeitender Autor, zu Romanen und Filmdrehbüchern umarbeitete. In der Filmwelt kreierte Maine solide Durchschnittsware, darunter den gar nicht uninteressanten „Time Slip“ (1955, dt. „Sieben Sekunden zu spät“) über einen zeitversetzten Unglückswurm oder den unterhaltsam-schundigen „Escapement“ (GB 1957, dt. „Mit 1000 Volt in den Tod“).

David McIlwain blieb als Autor aktiv bis zu seinem frühen Tod am 30. November 1981. Zu den wirklich Großen des SF-Genres kann man ihn nicht zählen, aber er hinterließ eine Reihe gut erzählter, spannender Geschichten, was nicht die schlechteste Grabinschrift für einen Schriftsteller ist.

Taschenbuch: 170 Seiten
Originaltitel: The Big Countdown/Fire Past the Future (New York : Ballantine Books 1959)
Übersetzung: Tony Westermayr
http://www.randomhouse.de/goldmann

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