Schlagwort-Archive: Cyberpunk

Richard Kadrey – Metrophage. Cyberpunk-SF-Roman

Der Action-Thriller und die Poesie des Verfalls

Ein junger Mann namens Jonny schlägt sich am Rande der Legalität in einem Los Angeles der nahen Zukunft durch. Zu seinem wachsenden Ärger scheint man hinter ihm her zu sein, während in der Stadt ein seltsamer Virus wütet, der „Metrophage“ genannt wird. Als daran seine Freundin erkrankt, steckt er in der Klemme. Warum bloß sind alle hinter ihm her?

Der Autor
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Walter Jon Williams – Hardware. Cyberpunk-Roman

Ganz schön bunte Action!

„Leben Sie in der Todeszone? Wir garantieren Ihnen einen Bonus!“ So lautet einer der makabren Werbesprüche der Wirtschaftsunternehmen, die, angesiedelt in einer Orbitalwelt in der Erdumlaufbahn, eine brutale, alles bestimmende Macht darstellen, nur etwa 50 Jahre in der Zukunft des Jahres 1986, also schon 2036.

Der Autor

Walter Jon Williams (* 15. Oktober 1953 in Minnesota) gehörte Anfang der 80er Jahre zu den Hauptvertretern des Cyberpunk. „Hardwired“ (1986, dt. als „Hardware“ bei Heyne) brachte ihm frühen Ruhm ein: eine Art Neuromancer für Trucker und Cowboys. Leider ist dessen Plot, obwohl ein Videospiel danach kreiert wurde, wenig wahrscheinlich. „Die Stimme des Wirbelwinds“ spielt zwar im gleichen Cyberpunk-Universum, ist aber stilistisch ausgereifter.

Privateers and Gentlemen(als Jon Williams)

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William Gibson – Neuromancer (Lesung)

„Case ist 24 und seine Karriere am Ende. Das Nervensystem des abgehalfterten Daten-Cowboys ist zerstört, er hat keinen Zugang mehr zur Matrix des Cyberspace. Bis er Molly kennen lernt, eine durch Implantate getunte Kämpferin. Ein unerwarteter Auftrag führt sie in die gefährliche Auseinandersetzung zwischen den künstlichen Zwillings-Intelligenzen Neuromancer und Wintermute …“ (Klappentext)

Der Autor

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Bruce Sterling (Hrsg.) – Spiegelschatten. Cyberpunk-Erzählungen

Urknall 2.0 für das Cyberpunk-Genre

Der Urknall 1.0 für das Cyberpunk-Genre erfolgte 1983/1984 mit der Veröffentlichung der zwei Romane „Stadt geht los“ von John Shirley und „Neuromancer“ von William Gibson (nach sieben Jahren des Publizierens von Kurgeschichten). Wortführer des neuen SF-Stils war jedoch keiner von beiden, sondern der Texaner Bruce Sterling.

Mit „Spiegelschatten / Mirrorshades“ (das bezeichnet eine verspiegelte Sonnenbrille) hat Bruce Sterling 1986 die wichtigste Sammlung von Cyberpunk-orientierten Erzählungen überhaupt herausgegeben. Diese Anthologie etablierte als Urknall 2.0 die darin vertretenen AutorInnen. Viele von ihnen arbeiten bis heute. Ironischerweise bezeichnete diese Blütenlese bereits den Endpunkt der Mirrorshades-Bewegung. Danach folgten vor allem Epigonen, die aber auch nicht von Pappe waren – siehe dazu das Nachwort von Michael Nagula.
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K. W. Jeter – Dr. Adder. Zukunftsroman

Gruß vom Blade Runner: Endzeit in Los Angeles

Los Angeles in naher Zukunft: Als Anführer der Moralpolizei lullt der reaktionäre Fernsehprediger John Mox die verarmten Massen mit seinen Predigten ein, doch der wahre Herrscher der Stadt ist der charismatische Dr. Adder, der jeden Wunsch erfüllt: einen neuen Körper, durch plastische Chirurgie modifizierte Geschlechtsorgane, halluzinogene Drogen – und das macht ihn zum Todfeind von Mox, der einen gnadenlosen Feldzug gegen ihn beginnt.

Der Autor
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Michael Swanwick – Vakuumblumen. Cyberpunk-Roman

Abenteuer in einem seltsamen Sonnensystem

Dies ist die Geschichte von Rebel Elisabeth Mudlark, der geklonten „Tochter“ einer biogenetischen „Zauberkünstlerin“. Sie kommt im Auftrag ihrer „Mutter“ von den Kometenwelten der Oortschen Wolke ins Innere Sonnensystem, wo sich sehr viel verändert hat. „Vakuumblumen“ ist ein farbenprächtiger, tempo- und einfallsreicher Abenteuerroman, der die raumfahrende Menschheit in einem ganz anderen Blickwinkel zeigt als die Hochglanzprospekte der NASA und der Lagrange-Gesellschaft. (Verlagsinfo)

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Walter Jon Williams – Die Stimme des Wirbelwinds. Cyberpunk-Roman

Jagd über die Oberfläche der Dinge

Steward ist ein Beta, der Klon eines Eisfalken, wie die Angehörigen eines Elitekorps des Sicherheitsdienstes genannt werden, und er ist ein ausgebildeter Einzelkämpfer. Steward forscht nach dem Verbleib seines Alpha, der bei einem Spezialauftrag in dem Asteroiden Vesta auf mysteriöse Weise verschwunden ist. (Verlagsinfo)

Der Autor
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Desirée und Frank Hoese – Die Zyanid-Connection

In diesem Roman teilen sich mehrere längere Kapitel den Platz, wobei jedes einzelne eine Geschichte aus dem Leben und den Problemen der ausgestoßenen Hauptpersonen erzählt und sie insgesamt das Bild eines umfassenden Konflikts malen. Ein Konflikt, der in dieser zukünftigen Gesellschaft schwelt und durch einen zufälligen Fokus auf die Protagonisten zu eskalieren droht. Ein Konflikt, auf dem diese Gesellschaft errichtet ist, die ohne ihn so nicht funktioniert.

Abhängigkeiten zwischen Privilegierten und Gesetzeslosen.

Die Hoeses traten mit diesen Geschichten über das Computermagazin c’t an die Öffentlichkeit und fanden ein fasziniertes Publikum. Für den Wurdackverlag erweiterten, überarbeiteten, schrieben neu und verknüpften sie die Abenteuer ihrer Helden zu einem Roman. Das Ergebnis spricht für sich.

Auf der Welt entwickelten sich Megastädte, in denen das gesetzlich geregelte Leben kondensierte und sich konzentriert, während sich außen herum weitgestreckte Slums anlagerten, in denen all jene leben, für die es keinen Platz in der legalen Gesellschaft gibt. Aber nicht nur Drogen und Amusement sind die Ware dieser so genannten Outskirts, sondern es lebt hier auch allerlei fähiges Volk wie ausgestoßene Programmierer, Polizisten, Köche, Händler, Ingenieure, Bänker. Geregelt werden die Interessen von Gangs, die die Skirts in Bereiche aufteilen und in einem wackligen Gleichgewicht halten.

Instant Auger und Wren Ironside sind fähige, ganglose Bewohner der Outskirts von New Athens. Instant ist eine begnadete Programmiererin, Wren ein Ex-Bulle. Sie landeten hier, weil ihnen die kriminellen Arbeitsweisen der legalen, noch dazu weltgrößten Herstellerfirma von Biochips nicht mehr gefallen. Und vor allem gegen diese Firma richten sich ihre neuen Tätigkeiten: die Skirts auf dem neuesten Stand der Implantatetechnik halten und damit die Abhängigkeiten zwischen Skirts und Gesetz erhalten. Die Cyberfirma reagiert kompromisslos, und so steigert sich diese Folge von Actio und Reactio bis an die Grenze zum Chaos, zur Eskalation.

Dieser Roman ist ein dicker Fang für den Wurdackverlag. Die Geschichten, die aus der Ichperspektive des Bullen Wren Ironside erzählt werden, bieten das Höchstmaß an Unterhaltung. Interessante Wortschöpfungen, vor allem im cybertechnischen Bereich, gepaart mit der harten, geraden Linie der protagonistischen Erzählsprache, ergeben einen attraktiven Stil. Schnell wird das Protagonistenpaar sympathisch, kommt völlig ohne Sex aus und erzeugt doch die Gewissheit von enger Beziehung und gegenseitiger Wichtigkeit. Schubladentechnisch bietet der Roman mindestens Thriller, Cyberpunk und Krimi. Es wird ganzzeitlich eine straffe Handlung gewebt, die Gefühle lesen mit und das Herz schlägt schneller, bis zur letzten Seite – Suchtgefahr gegeben!

Was es nicht gibt, sind allzu detaillierte Hintergründe zu den Protagonisten. Trotzdem wächst ihr Profil mit jedem Gedanken, den der Icherzähler formuliert, zu einem sympathischen und glaubwürdigen Gerüst. Über Wren Ironside erfährt man noch am wenigsten, er denkt lieber über seine Partnerin und andere Charaktere nach als über sich selbst. Aus seiner Sprache und seinen sarkastischen Bemerkungen zum Beispiel zum Ableben einiger Personen lernt man ihn aber kennen und schätzen.

Gerade das Fehlen weitschweifiger Erklärungen und Rückblenden erzeugt im Roman das Flair von Geschwindigkeit und Entdeckerdrang. Man will alles erfahren und wird von der Handlung vorangetrieben, bis man die letzte Seite umschlägt und ein eindrückliches Bild der Outskirts hat – Slums, in denen man eigentlich nicht leben will, aber bieten die Megacitys nicht noch weniger? Totale Kontrolle und Bevormundung durch irgendwelche mächtigen Interessengruppen, die sich andererseits mit billigen Arbeitskräften aus den Slums versorgen. Desirée und Frank Hoese extrapolieren ein Zukunftsbild mit strikten Klassentrennungen und staatlicher Allgegenwart als Grundgerüst für ihre Geschichten voller Leben und Gefühle. Ein sehr empfehlenswertes Buch, das Aufmerksamkeit über die Grenzen des Genres hinaus verdient.

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)