Schlagwort-Archive: Der Hörverlag

Lester Powell – Die Dame im Nebel (Hörspiel)

Dieses Hörspiel bietet den ersten Fall in der legendären „Damen-Krimi“-Reihe aus den 1950er Jahren. Philip Odell, Privatschnüffler und ehemaliger Mitarbeiter des Secret Service, wird von der charmanten Heather McMara gebeten, den Tod ihres Bruders Ricky zu untersuchen. Der war zwar auch ihrer Meinung nach „ein Lump oder Schlimmeres“, an Selbstmord kann sie jedoch nicht glauben.

Bald schon bekommen Heather und Philip eine Ahnung davon, dass Ricky vielleicht nur der Strohmann in einem gefährlichen Netz aus Intrigen, Eifersucht und schmutzigen Geschäften war. Und auch für die beiden Ermittler wird der Fall immer bedrohlicher … (Verlagsinfo) Diese Lady-Krimi wurde verfilmt.

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Lester Powell – Die Dame ist blond (Hörspiel)

Wenn eine Romanfigur zum Leben erwacht

Dies ist der zweite Fall der legendären „Damen-Krimi“-Reihe aus den 1950er Jahren. Philip Odell, Privatschnüffler und ehemaliger Mitarbeiter des Secret Service, sucht mal wieder Arbeit …

„Junger Mann mit bewegtem Vorleben gesucht“ – klar, dass sich Odell auf diese Annonce meldet. Und prompt mit seiner Freundin Heather MacMara in einen neuen Fall verwickelt wird, der sich als reichlich turbulent herausstellt und Heather viel Anlass gibt, eifersüchtig zu werden.

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Julia Franck – Bauchlandung – Geschichten zum Anfassen (Lesung)

Erotik im Affekt: sinnlicher Strom der Partikel

Die Story-Sammlung „Bauchlandung“ erschien im Herbst 2000, nachdem die Autorin mit ihrer daraus entnommenen Erzählung „Mir nicht, dir nichts“, einer kleinen ironischen Dreiecksgeschichte, zu den Gewinnern des Ingeborg-Bachmann-Preises zählte. Das Hörbuch wird von der Autorin selbst gelesen.

Hinweis

Diese Besprechung beruht auf dem Hörbuch, das seinerzeit noch auf Music-Cassette geliefert wurde. Dieses Format hat unerfreuliche Folgen – von seiner heutigen Nichtverfügbarkeit mal ganz abgesehen.

Die Autorin
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J.R.R. Tolkien – Bauer Giles von Ham (Lesung)

Seit 2005 ist eine der besten Geschichten John R. R. Tolkiens auch auf CD als Hörbuch zu haben, und das zu einem günstigen Preis und in guter Qualität.

Die Geschichte ist voll Humor, wenn nicht sogar voll Ironie, und beschreibt den Einbruch des Fantastischen in die ländliche Gesellschaft des englischen Mittelalters – bei „Bauer Giles“ in Gestalt eines Drachen. Ungewöhnlich für Fantasygeschichten: In „Farmer Giles“ findet eine Revolution von unten statt! Gewöhnlich wird in Fantasy der Zustand der Harmonie wiederhergestellt, was sie häufig so schrecklich konservativ erscheinen lässt. Nicht so bei Tolkien!

Geeignet ab 7 Jahren.

Handlung
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Becker, Rolf & Alexandra / Preissler, Peter M. – Gestatten, mein Name ist Cox: Eben war die Leiche noch da (Hörspiel)

Verbrecherjagd zum Takt der Discomusik

Moment – war da nicht eben noch eine Leiche? Na egal, denn wer Paul Cox kennt, wundert sich sowieso über gar nichts mehr. In diesem neuen verzwickten Fall liegt der Londoner Gelegenheitsdetektiv kaum in der Badewanne, als er auch schon unfreiwillig in einem Mordfall und Aktienraub verwickelt wird. Und wer ist wieder mal der Hauptverdächtige? Natürlich Cox himself.

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Philip Roth – Der menschliche Makel (Hörspiel)

Große Literatur, klug und bewegend umgesetzt

Die inzwischen erfolgte Verfilmung des Romans von Philip Roth wird von der Kritik hoch gelobt. Auch die Hörspielfassung des Romans vermittelt die Tragik und Komik des Falles Coleman Silk: Ein Literaturprofessor wird des Rassismus angeklagt und verliert Job, Gattin und Kinder. Parallelen zum Fall des US-Präsidenten Bill Clinton werden sichtbar, als Silk eine Affäre mit einer Putzfrau anfängt und dafür ebenfalls an den Pranger gestellt wird.

„Der menschliche Makel“ ist Band 3 der „Amerikanischen Trilogie“. Band 1 ist „Amerikanisches Idyll“, Band 2 „Mein Mann, der Kommunist“.

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Leon, Donna – Drei Hörspiele: Scharade / Vendetta / Nobilta

_Professionell inszenierte Ermittlungen zu hohem Preis_

Drei Fälle gilt es für Brunetti zu lösen, drei Fälle, bei denen nichts so ist, wie es scheint: Adlige entpuppen sich als wenig edelmütige Wesen, in Mestre findet man die Leiche eines Mannes in Frauenkleidern und scheinbar sinnlose Morde an drei angesehenen Männern erschüttern Venedig. Brunetti gerät in einen Strudel aus dubiosen Geschäftsbeziehungen, Prostitution und Mord. Wie er es trotzdem schafft, einigermaßen pünktlich zum Essen zu Paola nach Hause zu kommen, bleibt ein Rätsel.

_Die Autorin_

Donna Leon, geboren 1942 in New Jersey, ging mit 23 Jahren nach Italien, um in Perugia und Siena zu studieren (wunderschöne Städte!). Sie arbeitete im Anschluss daran als Reisebegleiterin in Rom, als Werbetexterin in London und als Lehrerin in an amerikanischen Schulen in Europa und Asien. Gegenwärtig lehrt sie laut Verlagsinfo englische und amerikanische Literatur an einer Uni in der Nähe von Venedig, wo sie seit 1981 lebt. Ihre Krimis mit Commissario Brunetti sind weltweit Bestseller. Sie werden in Deutschland exklusiv vom ZDF verfilmt, u. a. mit Joachim Król in der Titelrolle („Nobiltà“).

_Die 3 Inszenierungen_

Hannelore Hoger (Erzählerin), Michael König (Brunetti), Hille Darjes (Paola Brunetti) u. a.
Hörspielbearbeitung: Daniel Grünberg
Regie: Hans Gerd Krogmann, Leonhard Koppelmann
Musik: Henrik Albrecht
Produktion: Deutschlandradio / SWR / WDR Köln 1998 und 2000

_Handlung von „Venezianische Scharade“_

Der Schlachter Bettino Cola stößt in Mestre auf die Leiche eines Mannes in Frauenkleidern. Sein Gesicht ist so zertrümmert, dass es unkenntlich ist. Die örtliche Polizei glaubt, es mit einem Transvestiten zu tun zu haben. Vice-Questore Patta bittet Brunetti, sich mangels anderen Personals um diesen Fall zu kümmern – und das kurz vor Brunettis Familienurlaub! Aber Befehl ist Befehl, und da Patta gerade die eigene Frau weggelaufen ist, lässt er nicht mit sich reden.

Brunetti fährt nach Mestre, begutachtet den Tatort und trinkt ein Glas mit Sergente Gallo, der vor Ort zuständig ist. Gallo gibt ihm eine Liste mit 30 registrierten Transvestiten, die der Prostitution nachgehen. Am nächsten Tag entpuppt sich die Leiche als recht ungewöhnlicher Transvestit: Der Täter hat dem Mann die Beine nach dessen Tod rasiert, wie sich an den Schnittwunden ablesen lässt. Das legt den Verdacht nahe, dass auch die Verkleidung nachträglich vorgenommen wurde. Brunetti lässt nach der Herkunft der teuren roten Satinschuhe Größe 41 fahnden.

Unter den Transen von Mestre besuchen Brunetti und Gallo als erstes Francesco Crespo, der beim Anblick des Leichenfotos und der Phantomzeichnung einen Panikanfall erleidet. Aus einem Nebenzimmer tritt der Anwalt Santomauro auf, der Präsident der Lega della Moralità, eines Sittenwächtervereins. Brunetti fragt sich, was ein solcher Saubermann bei einer männlichen Prostituierten zu suchen hat. Kein Wunder, dass Paola Santomauro einen „scheinheiligen Wichtigtuer“ nennt. Weil Pattas Frau Mitglied in diesem Verein ist, gibt sein Chef Brunetti freie Hand, gegen diese Saubermänner vorzugehen. Brunetti lässt die Steuerunterlagen prüfen.

Signora Mascari identifiziert den Toten als ihren Mann Leonardo, den Bankdirektor der Banca di Verona. Sie bestreitet aufs heftigste, dass er schwul gewesen sein könnte, so wie sein Kollege Santomauro schwul ist, wie Brunetti von einem Journalisten erfahren hat. Brunetti glaubt der Signora nicht. Der Dritte im Bunde ist Mascaris Nachfolger Ravanello, ebenfalls ein Homosexueller. Die Finanzen dieser feinen Herrschaften scheinen in Ordnung zu sein, doch vielleicht diente ihre Lega della Moralità der Geldwäsche? Sie agiert steuerfrei, doch von ihren angeblichen Wohltaten ist nichts zu sehen.

Als Francesco Crespo ihm anbietet, ihm Fotos von Mascari zu zeigen, fährt Brunetti mit zwei Streifenpolizisten nach Mestre. Seltsamerweise zeigt sich Crespo nicht und sie fahren über die Autobahn wieder zurück. Da passiert es. Der Anruf war nur ein Lockruf, um die Polizei in eine Falle zu locken. Ein Wagen verfolgt und rammt Brunettis Auto, der Fahrer kann nicht mehr ausreichend reagieren und landet in der Leitplanke. Der Angreifer braust davon, während sich Brunetti und der Fahrer sich von ihrem Schrecken erholen. Doch es gibt durchaus ein Opfer. Die Streifenpolizistin Maria Nardi, 23, seit sechs Monaten verheiratet, hat die Kollision nicht überlebt. Ihr Genick ist gebrochen.

Nun ist Brunetti aber wirklich sauer …

_Mein Eindruck_

Donna Leon erzählt einen beinharten Thriller, der die Machenschaften einiger Saubermänner im Banken-, Immobilien- und Homosexuellenmilieu aufs Korn nimmt. An Santomauro, den Drahtzieher, kommt Brunetti zwar schwer heran, doch er tut sein Bestes und bringt den selbsternannten Sittenwächter gehörig ins Schwitzen. Eins ist klar: Die Tage Santomauros als Präsident der Lega sind gezählt. Und den Mörder Mascaris wird Brunetti ebenfalls noch dingfest machen.

Ganz nebenbei erfahren wir noch von der florierenden Pornoindustrie Italiens, die alle Geschmacksrichtungen bedient. Dass sich die Frau eines Polizeipräfekten ausgerechnet mit einem Pornozaren einlässt, ist schon ein starkes Stück. Das findet Patta ebenfalls. Es ist ihm folglich ein Hochgenuss, den Pornozaren hochzunehmen, wegen Steuerhinterziehung. Hoffentlich kommt Pattas Frau reumütig wieder zu ihm zurück. Geschäfte haben eben immer zwei Seiten.

Die familiäre Seite Brunetti kommt ebenfalls nicht zu kurz. Paola ist zwar sauer, dass ihr Mann nicht mit ins Urlaubsdomizil in Bozen kommen kann, doch letzten Endes erweist sich dies sogar als Segen. Sie und Chiara fangen sich nämlich die Masern ein und werden rausgeworfen. Nun kann er sie umsorgen, während sie das Bett hüten. Nach einem reinigenden Gewitter ist es in Venedig auch nicht mehr so brütend heiß, sondern geradezu kühl. Und wie immer läuten die Kirchenglocken.

_Handlung von „Vendetta“_

Der Anwalt Trevisan, verheiratet mit einer Bankierstochter, fährt mit dem Zug von Padua nach Venedig, doch dort kommt er nie an, jedenfalls nicht lebend. Vice-Questore Patta überträgt Brunetti diesen heiklen Fall. Trevisan war ein Freund des Bürgermeisters – um Himmels willen bloß kein Aufsehen! Und Pattas schöne und schlaue Sekretärin Elettra Zorzi warnt Brunetti vor Trevisans Witwe; diese war Patin bei Elettras Schwester Barbara – eine „Tigerin“! Na, prost, Mahlzeit, Herr Kommissar!

Das Tatmotiv ist unklar, doch Trevisans Bruder Ubaldo Lotto glaubt dennoch an einen Raubmord. Barbara Zorzi erzählt von Signora Trevisan und deren Tochter Francesca. Diese hatte sich eine Geschlechtskrankheit eingefangen, von wem, weiß man (noch) nicht. Beim Abendessen erzählt Brunettis Tochter Chiara, sie habe Francesca Tervisan kennengelernt. Diese trauere keineswegs um ihren Vater, was doch seltsam sei. In der Tat, und Signora Trevisan trauert ebenfalls nicht. Immerhin erfährt Brunetti, dass ihr Bruder Ubaldo Lotto Trevisans Steuerberater war.

Chiara Brunetti, 14, ermittelt auf eigene Faust, dass Francesca ihre Mutter und ihren Onkel hasse und mit ihrem Lover durchbrennen wolle. Wie interessant. Aber nicht so interessant wie die zwei Selbstmorde, die sich unterdessen ereignen. Die Polizei von Padua bittet Brunetti um Amtshilfe. Dort vermutet man, dass einer der Selbstmörder, der Steuerberater Favero, etwas mit Trevisan zu tun hatte. Brunetti solle eine gewisse Bar in Mestre überwachen lasse, von der sich herausstellt, dass sie ziemlich verrufen ist. Dort bekommt ein Polizist in Zivil sehr junge Mädchen angeboten!

Brunetti trifft den Kollegen Delacorte in dieser Bar, um die Lage zu peilen. Es stellt sich heraus, dass die jungen Prostituierten zum Teil aus Brasilien kommen. Er lässt die Nutte Mara und ihren Zuhälter festnehmen und verhören. Aus Unterlagen über Trevisan erfährt er, dass ein gewisser Martucci vor zwei Jahren Teilhaber Trevisans wurde – und Signora Trevisans Liebhaber. Mafiosi aus Sizilien erpressten ihn. Brunetti zieht daraufhin seine Tochter Chiara von ihren Ermittlungen ab. Es ist einfach zu gefährlich. Am nächsten Tag findet man Ubaldo Lotto tot auf.

Als Brunetti die Nutte Mara vernimmt, erzählt sie, dass sie wie ein Leibeigene schuften musste und alles Geld ihrem Zuhälter ablieferte. Der wiederum habe einer Frau ihren Anteil ausgezahlt, die stets mit einem silberfarbenen Mercedes vorfuhr. Diese Aussage bestätigt der Zuhälter, der von der Frau Mädchen geliefert bekam, für die er Ablöse zahlte. Paola Brunetti berichtet von einem LKW-Unfall in den Alpen, bei dem acht Frauen ums Leben kamen. Was hatten sie dort zu suchen? Offenbar geht es um organisierten Frauenhandel. Aus anderen Quellen erfährt Brunetti, dass in Europa eine halbe Million Frauen gehandelt werden. Ihm wird schlecht.

Als er nach Hause kommt, findet er seine kleine Chiara völlig verstört vor und Paola zu Recht aufs Äußerste empört. Francesca Tervisan hat Chiara ein Pornovideo gegeben, auf dem eine Live-Vergewaltigung gezeigt wird. Die Frau wurde anschließend getötet. Brunetti ist erschüttert. Er geht sofort zu Francescas Mutter, der sauberen Signora Trevisan. Sie gibt alles über die Videos zu, als er sie mit Chiaras Schock konfrontiert. Ihr getöteter Mann vertrieb die Pornos, sein Teilhaber war Favero. Doch wer ist die Frau im silberfarbenen Mercedes?

_Mein Eindruck_

Die Autorin packte in ihrem Roman schon 1995 ein heißes Eisen, das erst Jahre später auch bei uns „hochkochte“: der Menschenhandel, insbesondere der mit jungen Frauen, die von ihren Ausbeutern in die Prostitution gezwungen werden. Commissario Brunetti und seine Familie werfen auch einen Blick auf die mediale Seite dieses Geschäfts: auf die Produktion illegaler und megabrutaler Pornovideos. Dass die Schuldigen bestraft werden, glückt ihm nur zum Teil. Die andere Schuldige begeht Selbstmord.

Was die Autorin verschweigt, ist, dass es fast unmöglich ist, die ausgebeuteten Frauen selbst zu einer Aussage zu bewegen, die ihre Ausbeuter belastet. Denn diese drohen ihnen damit, den Rest ihrer Familie zur Rechenschaft zu ziehen. Was Brunetti gelingt, grenzt an deshalb ein Wunder: dass die Nutte Mara „singt“ und eine „legale Hure“ namens Pia ihm Auskunft über den Frauenhandel in Europa gibt. Hier scheint sich die Autorin einige dichterische Freiheiten herauszunehmen, um ihre Quellen zu schützen.

Am Schluss wagt sie noch einen pikanten Schlenker. Die „Frau im Mercedes“ sollte nach Padua gebracht werden, erfährt Brunetti, doch sie kam dort gar nicht an. Vielmehr holten Staatsschutzbeamte sie ab, anstelle von normalen Polizisten. Und als man sie fand, hatte sie sich in einer Zelle des Staatsschutzes erhängt. Natürlich nach einem „Geständnis“, das niemanden belastete außer solchen, die eh schon tot waren.

Dieser Selbstmord ist offensichtlich getürkt, erkennt Brunetti, und zwar vom Staatsschutz. Was ist das für eine Behörde, fragt sich der an die Stasi erinnerte deutsche Hörer. Es ist ziemlich beunruhigend zu erfahren, dass auch die Italiener solch eine Behörde haben sollen.

_Handlung von „Nobiltà“_

Während sich die Familie Brunetti noch mit den Kochkünsten der Tochter Chiara anzufreunden versucht, wird auf einer Baustelle in der Nähe Venedigs ein Schädel nebst ein paar Knochen gefunden. Wie der glücklicherweise beiliegende Siegelring belegt, handelt es sich um einen Angehörigen des venezianischen Adelsgeschlechts der Lorenzoni, dessen Aktivität bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann.

Zwei Jahre zuvor wurde Roberto Lorenzoni entführt, doch man zahlte kein Lösegeld, und so wurde er getötet, vermutlich von den Entführern. Aber ist das die ganze Wahrheit? Als Commissario Guido Brunetti das feudale Anwesen der Familie aufsucht, wird er beschossen. Maurizio Lorenzoni, der Cousin Robertos und aufstrebender Geschäftsführer des Unternehmens, hat eindeutig etwas gegen ungebetene Besucher. Robertos Verlobte, Francesca, hatte ein Verhältnis mit Maurizio, schweigt aber beharrlich. Auch die restliche Familie zeigt sich nicht sonderlich für neue Ermittlungen aufgeschlossen, und sein Chef Patta sagt Brunetti, die Recherchen könne man wohl getrost einstellen.

Doch die Laboruntersuchung der Knochen Robertos beweisen, dass der Tote an der Strahlenkrankheit litt, und wie sollte er sich die zugezogen haben? Brunetti findet im Pass des Toten, den ihm dessen Vater aushändigte, eine Reihe von Stempeln in kyrillischer Schrift. Seine Frau Paola, die Uni-Professorin, kann sie ihm übersetzen: Roberto war in Brest-Litovsk an der weißrussisch-polnischen Grenze. Er holte auf seiner letzten Reise dorthin radioaktives Material ab und zog sich wohl aus Neugier eine schwere Verstrahlung zu.

Doch wer hat ihn überhaupt auf diesen gefährlichen Auftrag geschickt? War es Maurizio – oder sein Vater, der sich sehr merkwürdig verhält? Aufklärung liefert letzten Endes nur die Contessa Lorenzoni.

_Mein Eindruck_

In „Nobiltà“ geht es in der Tat um eben diese: den Adel. Doch die Nobilität der Seele und des Mitgefühls ist dem Geschlecht der Lorenzonis schon längst abhanden gekommen. Korruption, in der Welt der Wirtschaft Italiens offenbar gang und gäbe, haben auch im Firmenimperium der Lorenzonis Einzug gehalten und ihre Opfer gefunden, darunter Roberto.

Commissario Brunetti kämpft stets gegen solche Machenschaften und verhält sich dabei nicht nur diplomatisch, sondern durchaus mit Rückgrat und Hartnäckigkeit. Götz Schubert ist die ideale Verkörperung der moralischen Integrität und menschlichen Verletzlichkeit Brunettis. Seine Frau Paola erscheint da schon weitaus zwielichtiger: Brunetti verdächtigt sie auf Veranlassung seines Schwiegervaters Conte Falier, eine Affäre an der Uni zu haben. Hans Michael Rehberg spielt den besorgten, souveränen, aber leider auch sehr autoritären Familienvater, Grafen und Unternehmer Lodovico Lorenzoni, Christoph Eichhorn den ehrgeizigen und schießwütigen Nachfolger Mauricio in der Firma.

La Serenissima, wie Venedig in Italiens Poesie genannt wird, ist in Leonhard Koppelmanns Hörspiel hervorragend in Szene gesetzt. Nicht nur die Vögel sind zu hören, sondern wir dürfen auch den Klang diverser Kirchen bewundern. Dieser siebte Brunetti-Fall von Donna Leon wartet mit einigen falschen Fährten und einer Nebenhandlung auf, die die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Sachverhalt ablenken sollen.

„Nobiltà“ ist eine gediegene deutsche Hörspielproduktion und stammt wie alle „Brunettis“ aus dem Hause WDR/SWR. Die Lösung des Falls erfolgt zügig und ohne Durchhänger, ohne jedoch die private Seite des Ermittlers zu vernachlässigen. Brunetti ist schließlich kein Philip Marlowe.

_Die 3 Inszenierungen_

|Venezianische Scharade & Vendetta|

Mit Hannelore Hoger (Erzählerin), Michael König (Brunetti) und Hille Darjes (Paola Brunetti) verfügt die Regie von Hans Gerd Krogmann über erstklassige Könner ihres Fachs. Michael König verleiht seinem Commissario eine tiefe, feste Stimme. Man kann ihn sich gut als erfahrenen Ermittler vorstellen. Francesco Crespo hat als schwuler Transvestit eine sanfte, feminine Stimme. Die Nebenrollen werden ebenfalls von achtbaren Sprechern ausgefüllt. Die Palette der zahlreichen Geräusche reicht von den Kirchenglücken über Donner und Regen bis zu Vogelstimmen und Autogeräuschen. Gegen Schluss fallen sogar zwei Schüsse.

|Nobiltà|

Uta Hallant (Erzählerin), Götz Schubert (Brunetti), Krista Posch (Paola Brunetti), Hans Michael Rehberg (Graf Lorenzoni), Christoph Eichhorn (Mauricio Lorenzoni), Ellen Schulz (Elettra Zorzi, Sekretärin des Vice-Questore Patta) stehen unter der Regie von Leonhard Koppelmann den früheren Produktionen in nichts nach.

|Musik|

Einziger Streitpunkt könnte – wie so oft – die musikalische Untermalung des Hörspiels darstellen. Zwar ist es diesmal keine Caféhausmusik, die meine Nerven strapazierte, aber auch mit Henrik Albrechts Jazztrompetern, Streichern und Tasteninstrumenten wollte ich mich nicht so recht anfreunden. Aber das ist sicherlich von Hörer zu Hörer verschieden.

_Unterm Strich_

In dieser Sammelbox erhält der Donna-Leon-Freund drei Hörspiele, die zwar vielleicht schon ziemlich bekannt sind, aber dennoch immer wieder gut und vor allem spannend unterhalten können. Mit knapp 30 Euronen ist die Box allerdings immer noch nicht preisgünstig zu nennen, denn dies ist bereits die dritte Verwertung der Hörspiele durch den Hörverlag (die ersten beiden erfolgten anno 1998-2000 und 2004). Da hätte man den Preis doch locker auf 20 Euro heruntersetzen können, oder nicht?

|280 Minuten auf 5 CDs
Aus dem US-Englischen übersetzt von Monika Elwenspoek|
http://www.hoerverlag.de

Jo Nesbø (Nesbö) – Doktor Proktors Zeitbadewanne (Lesung)

Doktor Proktor:

1) „Doktor Proktors Pupspulver“ (2008)
2) _“Doktor Proktors Zeitbadewanne“_ (2009)
3) „Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang. Oder auch nicht …“ (2010)

Lehrreiche Zeitscherze: Wie „Napoleon“ die Schlacht von Waterloo verhinderte

Doktor Proktor ist ein verrückter Professor. Na ja, beinahe vielleicht – eigentlich ist er ja ein genialer Erfinder! Doch nun ist etwas mit ihm geschehen. Eines Tages erhalten seine Freunde Lise und Bulle eine Postkarte von ihm, in der er behauptet, in der Zeit gefangen zu sein. Dabei ist er eigentlich nach Paris zurückgegangen, um die Liebe seines Lebens wiederzusehen. Als die beiden Kinder nach Paris reisen, ahnen sie nicht, was auf sie zukommt: eine unglaubliche Abenteuerreise durch die Zeit! (abgewandelte Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 8-10 Jahren.
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Douglas Adams – Per Anhalter ins All (Hörspiel)

Die Antwort lautet „42“

Dieses Hörbuch bietet die Handlung der ersten zwei Romane „Per Anhalter durch die Galaxis“ und „Das Restaurant am Ende des Universums“. Das sind nach allgemeiner Ansicht sowieso die besten Teile der fünfteiligen Trilogie.

Der Autor

„Douglas Adams hasste das Schreiben“, wie uns sein Freund Ken Follett verriet. Dennoch wurde er ausgerechnet mit den fünf Romanen seiner Anhalter-Trilogie weltbekannter Kultautor. Aus der Trilogie wurden nicht nur die anfänglichen BBC-Hörspiele von anno 1978, sondern auch Schallplatten, Filme und Handtücher (die Kausalität ist wie immer arbiträr und rein zufällig).

Er starb viel zu früh im Jahr 2001 vor der Fertigstellung eines neuen Romans, der posthum in dem Sammelband „Lachs im Zweifel“ (|Heyne|) abgedruckt wurde.
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Tolkien, J. R. R. – Lord of the Rings, The

_Musikalisch-poetische Version, mit Ecken und Kanten_

Der Herrscher der Dunkelheit, Sauron, ist im Dritten Zeitalter Mittelerdes wieder erstarkt und sucht angestrengt nach dem Einen Ring, den ihm am Ende des Zweiten Zeitalters die Fürsten der Menschen abgenommen haben. Dieses Instrument totaler Macht, genannt „Isildurs Fluch“, ist inzwischen in der Obhut eines unwahrscheinlichen Hüters, eines Hobbits. Von hier muss der Ring der Macht dorthin zurückgebracht werden, wo er geschmiedet wurde: Im Schicksalsberg muss er zerstört werden, um ihn Saurons Zugriff endgültig zu entziehen und dessen Herrschaft über Mordor zu beenden. Dies ist die Geschichte, wie diese Heldentat unternommen wurde. Ob sie wohl gelang?

Das englische Hörspiel, das Brian Sibley 1981 für die BBC inszenierte, wurde persönlich von Tolkiens Sohn Christopher überwacht und ist die der Vorlage am engsten folgende Version in englischer Sprache. Ganz gleich, welche deutsche Übersetzung man bevorzugt – hier ist eine Fassung, die dem Original, wie es gedacht war, so nah wie nur möglich kommt: knapp zwölf Stunden lang.

Die Titelillustration stammt von John Howe und zeigt einen der Nazgûl auf seiner geflügelten Bestie im Anflug auf Barad-dûr, den Schwarzen Turm. Die Zeichnung entstammt einem der tollen Tolkien-Kalender und der englischen Jubiläums-Ausgabe des Buches.

_Der Autor_

Professor John R.R. Tolkien (1892-1973) hat das „wichtigste Buch des 20. Jahrhunderts“, so die Umfrageergebnisse, geschrieben: „Der Herr der Ringe“ (1954/55). Nicht allzu viele Menschen hingegen wissen, dass die Ereignisse, die in HdR geschildert werden, nur die Spitze des Eisbergs dessen darstellen, was Tolkien zeit seines Lebens geschaffen hat. Dieses imaginäre Universum findet sich zu großen Teilen (aber nicht vollständig) im [„Silmarillion“ 408 wieder, das erst vier Jahre nach dem Tod des Oxford-Professors erscheinen konnte, so kompliziert war die Arbeit daran.

_Die Inszenierung der BBC 1981_

Brian Sibley und Michael Bakewell schufen die dramaturgische Fassung für das Hörspiel. Sibley hat bereits das erste Buch über die filmhistorischen Hintergründe von Peter Jacksons „Herr der Ringe: Die Gefährten“ geschrieben. Das Buch wurde verdientermaßen ein internationaler Bestseller.

Die feine, sinfonische Musik komponierte und dirigierte Stephen Oliver, wobei er auf die Originaltexte zurückgriff. Das merkt der Hörer an den zahlreichen Liedern, die verschiedenen Traditionen angehören. Diese Lieder und diverse Hintergrundgesänge wurden von den Mitgliedern des New Chamber Soloists Ensembles, mit den Ambrosian Singers und mit manchen Sprechern unter der Leitung von Barry Rose aufgeführt.

Der Radio-Sound wurde von Elizabeth Parker ausgesteuert. Produziert haben das Ganze die Regisseurinnen Jane Morgan und Penny Leicester.

_Die Sprecher_

Es sind hier einige bekannte Schauspieler versammelt, die als Sprecher der weltbekannten Figuren arbeiteten. Ich nenne nur die wichtigsten Figuren.

Sir Ian Holm: Frodo Baggins
William Bighy: Samwise Gamgee
John le Mesurier: Bilbo Baggins
Michael Hordern: Gandalf
Robert Stephens: Aragorn
Peter Woodthorpe: Gollum / Sméagol
Richard O’Callaghan: Merry (Meriadoc Brandybuck)
John McAndrew: Pippin (Peregrine Took)
David Collins: Legolas
Douglas Livingstone: Gimli Gloin’s son
Michael Graham Cox: Boromir of Gondor
Peter Vaughan: Denethor
Andrew Seear: Faramir
Jack May: King Théoden of Rohan
Peter Howell: Saruman
Hugh Dickson: Elrond
Marian Diamond: Galadriel
Stephen Thorne: Treebeard
Philip Voss: Lord of the Nazgûl, Witchking of Angmar
Gerard Murphy: the narrator

_Handlung_

Der Zauberer Gandalf, ein alter Freund der Hobbits im Auenland, trifft rechtzeitig zum Geburtstag des Hobbits Bilbo Beutlin in ein. Bilbo übergibt beim lange geplanten Abschied von der Heimat einen goldenen Ring an seinen Neffen Frodo. Diesen Ring hatte er einst einem Wesen namens Gollum abgenommen. Bilbo geht nach Bruchtal, einem Refugium der Elben. Gandalf findet durch Recherchen in der Stadt Gondor heraus, dass Frodos goldener Ring der beherrschende Ring der Macht ist, den der dunkle Herrscher Sauron schmiedete, um alle anderen Ringe der Macht – die der Elben, der Zwerge und der Menschen – zu beherrschen.

Gandalf findet auch heraus, dass Sauron bereits seine Ringgeister in Gestalt schwarzer Reiter ausgesandt hat, um den Ringträger zu töten und den Einen Ring zu ihm zu bringen. Auf Gandalfs Geheiß muss Frodo mit seinem Freund Sam Gamdschie schleunigst das Auenland verlassen und sich nach Bruchtal durchschlagen. Zwei Freunde, Merry und Pippin, schließen sich ihnen an. (Auch in dieser Fassung fällt die Begegnung mit Tom Bombadil und dem Dämon in den Hügelgräberhöhen aus.) In der Grenzstadt Bree nimmt ein zwielichtiger Waldläufer sie unter seine Fittiche. Ein erster Angriff im Gasthaus schlägt durch eine List Streichers fehl.

|Der Kampf auf der Wetterspitze|

Dieser „Streicher“, wie er genannt wird, kann aber einen zweiten Angriff der Ringgeister auf dem Berg Wetterspitze nicht verhindern, bei dem Frodo durch eine vergiftete Klinge schwer verwundet wird. Der plötzlich auftauchende Elb Glorfindel bringt Frodo auf seinem schnellen Pferd mit knapper Not vor den Schwarzen Reitern in Sicherheit. An der Furt des Bruinen beschwört er die Flussgeister herauf, die Reiter des Feindes zu verschlingen. Dies gelingt, und Frodo erlebt es nebulös noch mit, bevor sein Geist in Bewusstlosigkeit versinkt.

Frodo erwacht genesen in Bruchtal, im Haus des Halbelben Elrond, Arwens Vater. Er trifft seinen Onkel Bilbo wieder, der in nur wenigen Monaten beträchtlich gealtert ist, aber inzwischen sein Buch fertiggestellt hat, in dem er seine Abenteuer mit den Zwergen und dem Drachen unter dem Einsamen Berg erzählt („The Hobbit or There and Back Again“).

|Elronds Rat|

Ein Rat der Freien Völker Mittelerdes beschließt unter Elronds Vorsitz, den Einen Ring nicht zu benutzen, sondern in den Feuern des Schicksalsberg zu zerstören. Allerdings muss man sich dazu ins schreckliche Land Mordor unter die Augen Saurons wagen. Frodo nimmt die Aufgabe freiwillig auf sich, denn alle anderen zerstreiten sich in dieser Frage. Aragorn, der einstige „Streicher“ und König im Exil, verabschiedet sich von seiner Verlobten Arwen, Elronds Tochter.

Der Ring geht nach Süden, zuerst Richtung Rohan, dann über das Nebelgebirge, doch als durch Saruman auch dieser Weg blockiert wird, in die düsteren Minen von Moria, einem einstigen Zwergenreich. So will es der verräterische Zauberer Saruman, der Boss der Zauberer. Doch Gandalf ahnt, welcher Schrecken in Moria auf ihn wartet. Dennoch hat er keine Furcht und stellt sich seiner Aufgabe.

|In die Tiefen Morias|

In der Grabkammer eines Zwergenfürsten werden die neun Gefährten von Orks überrascht und Frodo stirbt fast an dem Speerstich eines Höhlentrolls. An der Brücke von Khazad-dûm jedoch lauert größerer Schrecken: Ein Feuerdämon aus der Alten Welt stellt sich Gandalf in den Weg und reißt ihn mit in den Abgrund. Die übrigen acht Gefährten sind am Boden zerstört. Im Waldreich der Hochelbin Galadriel (sie ist Arwens Oma) und Celeborn erholen sich die Gefährten und Frodo wird auf eine schwere Probe gestellt.

|In Lórien|

Nach der Weiterreise auf dem großen Strom Anduin kommt es zur Entscheidung, wohin sich die Gemeinschaft wenden soll: nach Westen gen Rohan oder nach Osten Richtung Mordor. Eine Auseinandersetzung zwischen Frodo und dem Gondorkrieger Boromir zwingt Frodo zum Verlassen seiner Freunde. Nur Sam begleitet ihn auf seinem einsamen Weg ins Reich des Bösen.

Doch die anderen Gefährten müssen sich ihres Lebens erwehren, weil ein Trupp von Uruk-hai-Kriegern Sarumans hinter dem Ring her ist und droht, alle abzuschlachten. Boromir fällt, doch kann er nicht verhindern, dass die Uruk-hai die Hobbits Merry und Pippin entführen. Irrtümlich nehmen sie an, dass dies die Ringträger sind. Aragorn, Gimli und Legolas verfolgen die Uruk-hai.

(Mit dieser Zusammenfassung des ersten Teils möchte ich die Inhaltsangabe bewenden lassen. Der Rest der Geschichte ist eh schon ziemlich bekannt.)

_Mein Eindruck_

Die Geschichte Mittelerdes reicht ins Tolkiens Roman zunächst rund 3000 Jahre zurück, bis zu jener Entscheidungsschlacht, als die verbündeten Heere der Menschen (unter Isildur) und der Elben (unter Gil-galad) die Armeen des Dunklen Herrschers Sauron besiegten. Im Zweikampf verlor Sauron nicht nur seine Hand, sondern auch seinen Meisterring und damit auch seine leibliche Existenzform. Sein Geist bestand im Ring fort, der dann später im Strom Anduin verloren ging.

Nun, 3000 Jahre danach, muss der Ring seine Reise wieder nach Osten antreten und dorthin zurückkehren, wo er geschmiedet wurde: im Vulkan des Schicksalsbergs, mitten in Mordor selbst. Mit der Erfüllung von Frodos Mission, den Einen Ring zu zerstören, schließt sich der Kreis – und das Dritte Zeitalter findet seinen Abschluss, die Ära der Herrschaft der Menschen beginnt. Die alten Götter sind tot: der halbgöttliche Maia Sauron und sein Verbündeter Saruman. Aber auch die Unsterblichen verlassen Mittelerde: die Elben. Und die Hauptstadt der Zwerge, Khazad-dum, später Moria genannt, ist längst untergegangen. Bleiben also noch die Menschen – und die Hobbits in ihrem von Gandalf geschützten Reservat.

|Ein Schöpfungsmythos|

Unter diesem größeren Blickwinkel ist „Der Herr der Ringe“ ein alternativer Schöpfungsmythos für eine Vorgängerwelt zu unserer Welt: Mittelerde. Dieses Charakteristikum hat Tolkiens Roman mit den großen Schöpfungsmythen der Erde gemeinsam: mit dem „Kalevala“ der Finnen oder dem Gilgamesch-Epos Mesopotamiens, mit dem Osiris-Mythos der alten Ägypter oder der Artus-Legende der keltischen Völker Britanniens. Denn wie es im Vorspann der Verfilmung heißt: „Aus der historischen Wahrheit wurde Erzählung, aus der Erzählung Legende, und aus der Legende Mythos“. Das Spektrum dieser Geschichten ist fließend, ein Kontinuum.

Deshalb kann nicht nur Tolkien einen Roman darüber schreiben, sondern auch das Hörspiel vorgeben, eine historische Begebenheit zu erzählen – denn beide erzählen den Stoff, aus dem der Mythos ist. Und dem ist die vierte Dimension der messbaren Zeit gleichgültig, denn er birgt eine überzeitliche Wahrheit: die Story davon, dass und wie es möglich ist, dass das Gute das Böse besiegt – in jedem einzelnen Lebewesen, wie der Kampf um den Ring zeigt.

|Frodos Machtprobe|

Nicht umsonst bietet Frodo jedem der Mächtigen den Besitz des Ringes an. Dies ist eine Probe, wie man es mit der Macht hält. Nacheinander lehnen Gandalf, Galadriel und Aragorn den Besitz des Ringes ab, doch Boromir, ein edler Kämpfer der Menschen von Gondor, nicht. Man kann sich fragen, worin er sich von Aragorn unterscheidet, der doch ebenso ein edler Krieger der Menschen ist und ein künftiger König obendrein. Doch während Boromir den Ring als Instrument der Machterweiterung betrachtet, ist er für Aragorn etwas anderes: Der Ring ist selbst eine Macht, denn in ihm wohnt der Geist des Maia Sauron. Und den kann man weder für die eigenen Zwecke einsetzen noch bezwingen.

Doch besseres Wissen reicht nicht, wie Boromir kurz vor seinem Tod zeigt, als er den Ringträger angreift. Es muss bei Aragorn offenbar noch ein weiterer Faktor hinzukommen, um ihn immun gegen die Verlockung des Rings zu machen. Ich denke, es ist die Liebe Arwens, der Elbin, die ihrer Unsterblichkeit entsagt, um einen Sterblichen lieben und heiraten zu können (dies ist erst der zweite oder dritte derartige Fall in den drei Zeitaltern Mittelerdes, von dem uns Tolkien berichtet), die es Aragorn ermöglicht, materielle Macht, das Versprechen des Rings, abzulehnen.

|Die Rolle von Freiheit und Liebe|

Arwens Liebe ist aus freien Stücken gegeben, nicht erzwungen. An zahlreichen Stellen betont der Autor, wie wichtig es ist, dass Frodo das Tragen des Rings freiwillig auf sich nimmt: nicht um das Ding und seine Macht für sich zu besitzen (Bilbo erzählt, wozu dies führt), sondern um die Aufgabe für seine Freunde, die ja die Weltbevölkerung repräsentieren, zu erfüllen. Nachdem er diese Aufgabe bei Elronds Rat freiwillig auf sich genommen hat, ist es ihm möglich, sie bis zum Ende auszuführen, und sei die Bürde noch so schwer. (Der Ring verändert sich ja, je mehr Frodo sich Mordor nähert und so dem Herrn der Ringe. Der Ring erscheint Frodos Geist am Schluss wie ein feuriger Mühlstein, den er um den Hals trägt und der ihn zu Boden zieht.)

Es gäbe zu den zwei weiteren Romanteilen in diesem Zusammenhang sicher noch einiges zu sagen, aber ich möchte euch die Spannung und Freude an diesen beiden Teilen nicht nehmen, indem ich schon alles verrate. Und das müsste ich, um weiterzuerzählen. Also lasse ich es bei diesen Zeilen bewenden.

_Die Inszenierung der BBC 1981_

Wie Sibley in dem ausgezeichneten (englischen) Booklet verrät, galt es für eine Aufbereitung des gewaltigen Textes kleine Stücke von jeweils 30 Minuten zu produzieren. Dies war die Länge einer Episode. Und insgesamt sollten 26 Episoden erstellt werden – nicht ganz zufällig genau die Hälfte der Anzahl der Wochen in einem Jahr.

Wie sich zeigte, mussten die Ereignisse, die besonders in der Mitte der Handlung parallel laufen, umverteilt werden, damit in jeder Episode wenigstens beide Handlungsstränge vorkamen. Tolkiens eigene Chronologie in „War of the Ring“, einem der von Christopher Tolkien herausgegebenen Bände mit dem kompletten Material, lieferte einen ausgezeichneten Ausgangspunkt.

Natürlich blieb es nicht aus, dass bestimmte Figuren gestrichen und vielen Szenen gekürzt werden mussten. Das war ja bei Peter Jacksons Verfilmung nicht anders. Hier wie dort fiel die Figur des Tom Bombadil den Kürzungen zum Opfer. Er hat nämlich nichts mit dem Ring zu schaffen, im Gegensatz zu vielen anderen Figuren. Das mag schade sein, doch dafür bekamen die übrigen Figuren mehr Platz, was natürlich schön und wichtig ist.

Ian Holm sprach Frodo, die Hauptfigur – zumindest in meinen Augen – so wie er später Bilbo spielen sollte. In diesem Hörspiel klingt er dementsprechend auch 20 Jahre jünger. Keine Debatte gab es über die Wahl des Sprechers von Gollum. Peter Woodthorpe hatte bereits in Ralph Bakshis Zeichentrickversion die Figur des verstoßenen Hobbits synchronisiert und lieferte für das BBC-Hörspiel eine fabelhafte Vorstellung: eine schleimerische, zischelnde Sprechweise, die ganz genau dem hinterlistigen und dann wieder jammervollen Wesen dieses schizophrenen Charakters entspricht.

Die fertig geschriebenen Episodenskripte schickten die beiden Ko-Autoren nach Frankreich, damit Christopher Tolkien sie prüfen konnte. Hier erfolgte ein wichtiger Arbeitsschritt: Er korrigierte die Aussprache. Und zwar dergestalt, dass er eine Tonkassette aufnahm, auf der die akzeptable Aussprache mittelirdischer Wörter und Namen zu hören war. (Jackson hätte sicher einiges dafür gegeben, um diese Kassette zu bekommen, aber er hatte ja andere Experten.)

In den folgenden zwei Monaten wurden die Episoden gemäß einem strengen Terminplan geprobt und aufgenommen. Sibley berichtet von der Aufregung, wenn das Team dem Weg Frodos vom idyllischen Auenland zu den Schrecken des Schicksalsberges folgte. Eine erhöhte Authentizität erhielt die Handlung durch die vielfältigen Soundeffekte, zu denen auch das Tappen von Gollums Füßen gehört. Eine Technikerin klatschte sich dafür einfach auf die entblößten Schenkel …

Nach viel Lachen, Weinen und vielen zerrütteten Nerven wurden die Episoden gemischt und geschnitten, so dass die erste Episode am 8. März 1981 über den Äther gehen konnte. Sibley und sein Ensemble sind erstaunt über das große positive Echo, das ihre Produktion in 25 Jahren hervorgerufen hat.

_Mein Hörerlebnis_

Aus Peter Jacksons Kommentaren zum ersten Teil seiner „Herr der Ringe“-Trilogie weiß ich, dass er sich stark an dem Handlungsaufbau und der sprachlichen Ausdrucksweise der BBC-Hörspielfassung orientierte. In visueller Hinsicht nahm er gleich John Howe und Alan Lee ins Boot, deren Illustrationen für die Tolkien-Kalender und die illustrierte LOTR-Ausgabe er bewunderte – sie wurden seine Art Directors.

Die BBC-Fassung zeigte Ian Holm als Frodo Beutlin – bei Jackson spielte er, rund 20 Jahre älter, den Bilbo. Und in beiden Fällen ausgezeichnet. Die anderen Sprecher sind leider hierzulande völlig unbekannt geblieben, was ich recht schade finde, denn sie mache ihre Sache ebenfalls gut. Wer sich einen edlen britischen Akzent zulegen möchte, der braucht ihnen nur genau zuhören.

Der unter dieser Restgruppe herausragende Sprecher ist zweifelsohne Peter Woodthorpe, der Sprecher des Gollum. Nun ist Gollum bekanntlich nicht nur ein zwielichtig Charakter, sondern bei Jackson auch noch schizophren. So weit treibt es Woodthorpe nicht in seiner Darstellung, aber sein Gollum wirkt dennoch sehr glaubhaft in seiner Gespaltenheit: mal Frodos schlimmster Feind, dann wieder eine Jammergestallt oder sein ergebener Diener. Folglich ist Woodthorpes Ausdrucksweise sehr wandlungsfähig, und wie der brave Sam fragen wir uns früher oder später, ob man diesem zwielichtigen Gesellen über den Weg trauen kann.

Auf der Seite der weiblichen Rollen ist das Hörspiel sehr spärlich ausgestattet. Arwen tritt nur am Rande auf, wird aber nicht einmal in den Credits genannt. Einzig Eowyn und die unerlässliche Galadriel treten mit halbwegs beachtlichen Szenen auf, aber leider nur recht kurz. Wieder einmal spielen die Jungs fast ganz allein für sich. Interessant ist vielleicht noch, dass sowohl der Herr der Nazgûl, gesprochen von Philip Voss, und der Mund Saurons, gesprochen von John Rye, einen Auftritt haben. Sie sind bei Jackson bekanntlich recht vernachlässigt, und Saurons Mund kommt nur in der Extended Edition vor.

Die Handlung erinnert ansonsten an die Entscheidungen, die auch Jacksons Drehbuchautoren gemacht haben. Tom Bombadil fiel komplett weg, ebenso die Hügelgräberhöhen. Das wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass nur 13 Stunden zur Verfügung standen. Durch diese Einsparung konnten daher andere Szenen besser präsentiert werden, und dafür ist der Zuhörer natürlich dankbar. So wird beispielsweise die Schlacht um Hobbingen dargestellt, die bei Jackson bekanntlich fehlt.

Am Schluss werden die Besitzer der drei Elbenringe enthüllt: An Elronds Hand blitzt Vilya, der Ring des Wassers, an Galadriels funkelt Nenya, der Ring der Luft, und dreimal dürfen wir raten, wer Narya, den Ring des Feuers, trägt: Gandalf. Den Ring gab ihm der Schiffbauer Círdan von den Grauen Anfurten. Frodo trägt das Sternenglas, das ihm Galadriel gab und das Licht des Abendsterns Earendil enthält. Sam kann es sehen, während das letzte Elbenschiff in den Westen segelt.

|Geräusche und Musik|

Im Vergleich zu den heutigen raffinierten Profiproduktionen ist das BBC-Hörspiel nur sparsam mit Geräuschen ausgestattet worden: hier mal ein Hufgetrappel, dort mal ein Schrei – das war’s auch schon. Besonders gefiel mir das Erdbeben, als der Eine Ring in den Schicksalsklüften zerstört wird. Viel mehr Wert scheinen die Macher (s.o.) auf die Präsentation von Gedichten und Liedern gelegt zu haben, die ja im Roman zu Dutzenden vorkommen.

Das Lied „The road goes ever on / Die Straße gleitet fort und fort“, das Bilbo im Film singt, wird hier als Gedicht vorgetragen. Dann wieder taucht ein Gedicht als neues Lied auf: „Upon the hearth / Auf dem Herd“, das im Film nicht vorkommt. Auf der Wetterspitze singt jemand das Lied über Gil-galad, den letzten Elbenkönig, der die Allianz gegen Sauron vor rund 3000 Jahren anführte. Damals fiel der Eine Ring Isildur in die Hände.

Auch Boromir singt ein Lied, und zwar jenes mit der im Traum empfangenen Prophezeiung, dass die Rettung Gondors durch den Ringträger aus dem Norden kommen werde. Aber er hält Gollum für den Ringträger. Und was ist überhaupt der Eine Ring? — Auch Gimli hat ein Lied zum Besten zu geben: über den Zwergenkönig von Moria, Dûrin. In L´roien singen die Elben ein Klagelied für den in den Abgrund gestürzten Gandalf. Dass im Fangornwald der Baumhirte Baumbart singt, versteht sich fast von selbst, aber er tut es gleich zweimal.

Nun ja, diese Aufzählung könnte noch seitenweise weitergehen. Das Gesagte soll genügen. Anzumerken ist noch, dass die Musik und die Lieder durchweg kein Selbstzweck sind, sondern dazu dienen, erstens den Sänger als Vertreter seines Volkes (Elb, Zwerg, Hobbit usw.) zu charakterisieren und zweitens eine Geschichte zu erzählen. Alle Lieder sind auch Balladen. Die über Gil-galad berichtet vom Schicksal des Einen Rings und wie er den Menschen in die Hände fiel und wieder verschwand. Dass er sich nun in Händen Bilbos und Frodos befindet, wird tunlichst geheim gehalten. Schließlich suchen die Schwarzen Reiter überall nach dem Schmuckstück ihres Herrn und Meisters.

Man braucht sich diese Lieder nicht immer als Soli vorzustellen. Gerade in der Phase nach der Rettung Gondors durch Aragorn und Co. schwingt sich der Gesang zu hymnischer Pracht auf: Solisten, Chöre und ein Orchester – das komplette Paket – vermitteln eine Vorstellung von höfischer Prachtentfaltung. Das können die monarchistischen Briten seit jeher recht gut.

_Unterm Strich_

Ich fand dieses Hörspiel recht interessant und mitunter geradezu kurios. Als Variante zum Roman, mit dem ich es vielfach verglich, und zur Jackson-Verfilmung geht es einen Mittelweg: nicht ganz so drastisch gekürzt wie der Film, aber lange nicht so ausführlich wie der Roman. Es enthält jede Menge Lieder, dass man meinen könnte, man befinde sich auf einer aufs Poetische versessenen Welt. Dabei ist es lediglich so, dass in den mythischen Vorzeiten – als „Beowulf“ und die isländischen Eddas geschrieben wurden – die mündliche Überlieferung die vorherrschende Form darstellte, genau wie einst bei Homer.

Dass man für das Verständnis dieses Hörspiels sehr gut Englisch können muss, versteht sich von selbst. Dieses Englisch ist kein modernes à la BBC oder Oxford, sondern ein mitunter dem Englisch des 17. und 18. Jahrhunderts angenähertes Englisch. Das passt zwar zu den alten, mythischen Zeiten, in denen die Handlung spielt, frustriert den heutigen Zeitgenossen aber etwas, der kein Mittel- oder Frühneuenglisch gelernt hat.

Die Ausstattung durch den |Hörverlag| ist in Ordnung. Das Booklet (s.o.) ist nicht weitschweifend, erklärt aber eine ganze Menge hinsichtlich der Zielsetzung und den Produktionsbedingungen. Die Soundqualität entspricht etwa DD 2.0, also Stereoton, aber mehr darf man nicht erwarten (es sei denn auf einer besseren HiFi-Anlage als meiner). Die CDs sind einzeln in Karton verpackt und allesamt in einem aufklappbaren Schuber untergebracht – eine stabile und kompakte Sache.

_Hinweis_

Nach dem großen Erfolg seines Sprechers Achim Höppner, der Synchronstimme Gandalfs, mit dem ungekürzten „Silmarillion“ und der Novelle „Der Elbenstern“ bereitet der Münchner |Hörverlag| eine ungekürzte Lesung des „Herrn der Ringe“ vor. Sprecher ist wieder Achim Höppner, versteht sich. Diese Lesung dürfte das bestehende deutsche Hörspiel endlich ablösen. Und wer weiß – vielleicht gibt es dereinst auch eine vollständige Lesung des „Hobbits“.

|713 Minuten auf 10 CDs|
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Mankell, Henning – Mann, der lächelte; Der

_Kurt Wallander, der James Bond von Ystad?_

Im ZDF lief die TV-Verfilmung dieses frühen Mankell-Krimis von 1994. Ein Vergleich mit der vorliegenden Hörspielfassung fördert einige Abweichungen zutage. Dabei kommt das Hörspiel aber keineswegs schlecht weg.

_Der Autor_

Henning Mankell, 1948 in Stockholm geboren und jetzt in Mosambique lebend, sieht sich selbst weniger als Krimiautor denn als Gesellschaftskritiker. Bereits mit 20 arbeitete er in Stockholm als Autor und Regisseur an einem Theater. In den siebziger Jahren veröffentlichte er mehrere Werke, die sich den Klassenkampf und die Arbeiterbewegung zum Thema machten.

Seit 1990 widmet er sich seinem Hauptwerk: den neun Fällen des Kommissars Wallander. Sie wurden Weltbestseller und alle im |Hörverlag| in Hörspielfassungen veröffentlicht. „Der Mann, der lächelte“ erschien 1994 in Schweden und wurde 2001 von Erik Gloßmann ins Deutsche übersetzt.

_Handlung_

Kurt Wallander, Schwedens bekanntester Kommissar, ist ausgebrannt und bereits fest entschlossen, den Polizeidienst zu quittieren. Die Papiere liegen schon bereit, sein Chef hat extra eine Pressekonferenz einberufen.

Selbst als sein Freund Sten Torstensson, ein Anwalt, ihn bittet, den mysteriösen Unfalltod seines Vaters Ole, ebenfalls Anwalt, zu untersuchen, ändert Wallander seine Entscheidung nicht.

Erst als er am Tag seiner vorgesehenen Entlassung die Todesanzeige Stens entdeckt, erwacht sein kriminalistischer Spürsinn aufs Neue. Er tritt wieder seinen Dienst an, gräbt nach Spuren und wird fündig. Sten Torstensson wurde mit drei tödlichen Schüssen von Profis kaltgemacht.

Ole und Sten Torstensson waren Anwälte, die nur einen Klienten hatten: Alfred Harderberg. Der ist einer der bedeutendsten und angesehensten Unternehmer Schwedens. Allerdings gehörte ihm über Umwege auch eine Firma, über die vier Millionen Kronen Steuern hinterzogen wurden.

Nun scheint Wallander auf einmal gefährlich zu leben: Bei der Sekretärin der beiden Torstenssons stößt er auf eine Landmine, die denn auch prompt detoniert. Später wird er von einem Wagen verfolgt, als er mit seiner neuen Kollegin Ann Britt Höglund unterwegs ist. Nur durch einen winzigen Verdachtsmoment denkt Wallander an eine Autobombe, steigt mit Ann Britt aus – und schon fliegt die Kiste in die Luft!

Wer Wallander kennt, weiß, dass ihn nun nichts mehr aufhalten kann, bis er den Drahtzieher dieser Anschläge gestellt hat. Kandidat Nr. 1 auf seiner Liste: Alfred Harderberg.

_Mein Eindruck_

Der Dramaturg des Hörspiels der Produktionsgesellschaft STIL, Moritz Wulf Lange, hat den Stoff des Romans vor allem auf Aktion getrimmt: Ständig passiert etwas, das die Ermittlungen Wallanders und seiner Kollegen weiterbringt. Das ist für dieses Medium auch völlig in Ordnung. Es ist eine Todsünde, den Zuhörer zu langweilen. Dabei geht allerdings die angeblich „subtil gesponnene Gesellschaftskritik“ (|Der Spiegel|) völlig flöten.

Gegenüber dem Film fehlt auch die Figur der Maja, zu der Wallander so etwas wie eine Liebesbeziehung aufzubauen versucht – was natürlich nicht besonders gut klappt. Die Kollegin Ann Britt des Hörspiels steht jedoch nicht für Bettszenen zur Verfügung – so viel wird deutlich.

[SPOILER]

Was nun das Anliegen betrifft, das Mankell am Herzen liegt, wenn er einen Krimi schreibt: Es geht um Organhandel, den Harderberg organisiert. Nicht ganz die feine englische Art, die man einem Wohltäter Schwedens zuschreiben würde.

[SPOILER Ende]

Die Spannung ist durchweg gewährleistet, und manche Szenen erreichen beinahe schon Gruselqualität, so etwa dann, wenn Wallanders nachts um drei durch den Wald vor Schloss Farnholm kraucht und am Schloss auf eine Leiche stößt …

|Die Sprecher & die Inszenierung|

Alle Sprecher sind professionelle Sprecher, wie deutlich zu hören ist. Am wichtigsten ist natürlich die Figur des Kurt Wallander: Heinz Kloss verleiht dem ebenso beliebten wie beleibten Kommissar eine imposante Statur: einmal voller Energie, dann wieder lethargisch-verpennt, schließlich wieder gegen die Windmühlen der Bürokratie ankämpfend. Dann wird Wallander zum James Bond von Ystad. So kommt es zum Showdown auf der Flughafenpiste.

Die kühl-jazzige Musik erzeugt genügend Spannung, dass man weiterhören möchte, ist aber mehrmals ziemlich einfach gehalten. Zu einfache Tonfolgen – so etwa Arpeggios – können jedoch nerven, zumal dann, wenn sie minutenlang ohne Variation wiederholt werden.

Die Geräusche sind in der Mehrzahl ebenfalls passend eingesetzt, sei es nun eine Kuckucksuhr oder ein startenden Automotor. Insbesondere die Explosionen sind gelungen. Schade, dass diese CD keinen DD-5.1-Sound hat! Am Schluss sind jedoch Luftschutzsirenen zu hören, und das ist nun völlig daneben. Es müssten die Martinshörner eines Krankenwagens sein.

_Unterm Strich_

Aufgrund der spannenden Handlung würde ich dem Hörspiel gerne eine Höchstwertung verleihen, aber die merkwürdigen Schwächen in der Sounduntermalung bringen dem Produkt einen Punktabzug ein.

|Originaltitel: Mannen som log, 1994
ca. 107 Minuten auf 2 CDs|
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Becker, Rolf & Alexandra / Stamm, Heinz-Günter – Gestatten, mein Name ist Cox: Heißen Dank fürs kalte Buffet (Hörspiel)

Mordermittlung als Freizeit-„Vergnügen“

Ein seltsamer Zufall, dass etliche Leute an rätselhaften Herzattacken sterben, mit denen Privatdetektiv Paul Cox kurz zuvor noch ein Gläschen trank. Dieser Ansicht ist auch der ermittelnde Polizeiinspektor Carter. Um den schlimmen Verdacht Carters von sich abzuwenden, bleibt Cox nur die Möglichkeit, den wahren Täter zu finden, und er macht sich mit seinem Freund Thomas Richardson auf die Socken. Ob es wohl etwas zu bedeuten hat, dass die Verstorbenen alle irgendwelche Erbansprüche an den Textil- und Chemieunternehmer Antoine Lefèvre besaßen?
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Burroughs, Augusten – Krass!

_Krasser als „American Beauty“_

Als Augusten Burroughs‘ psychisch kranke Mutter den alkoholkranken Vater verlässt, nimmt sie ihren Sohn zwar mit, schiebt ihn aber bald in die Obhut ihres Psychiaters ab. Dr. Finch ist nicht nur ein sehr unkonventioneller Psychologe, auch die neue Familie in der völlig vermüllten Villa hat es in sich …

_Der Autor_

Chris Robison alias Augusten Burroughs wurde 1965 in Pittsburgh als Sohn eines Mathematikers und einer Lyrikerin geboren. Nach der Scheidung gab ihn seine Mutter in die Familie ihres Psychiaters Dr. Finch nach Massachusetts, in dessen Haus er als Ziehsohn, gemeinsam mit den Kindern und Patienten des Doktors, aufwuchs.

Burroughs arbeitete u. a. als Hundetrainer, Süßwarenverkäufer, Kellner und Ladendetektiv, bevor er mit 19 Jahren als Werbetexter Karriere machte. Mit seinem Roman „Sellervision“ erregte er bereits 2000 großes Aufsehen, und seine Memoiren „Running with Scissors“ (2002; „Krass“) hielten sich über mehrere Monate in den Top Ten. Burroughs lebt heute in Manhattan.

Die Hollywood-Verfilmung (Sony) mit Gwyneth Paltrow und Joseph Fiennes (beide in „Shakespeare in Love“) lief bei uns am 18. Januar in den Kinos an, wurde jedoch kaum registriert.

_Der Sprecher_

August Diehl, geboren 1976 in Berlin, ist einer der angesehensten deutschen Schauspieler der jüngeren Generation. Er wurde für seine Rolle in dem Film „23“ mit dem Deutschen Filmpreis und dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. Seitdem war er in „Kalt ist der Abendhauch“, „Tattoo“, „Was nützt die Liebe in Gedanken“ (neben Daniel Brühl) und in Schlöndorffs „Die neunte Stunde“ zu sehen.

Den Text hat Bettina Brömme bearbeitet und gekürzt, Regie führte Marie-Luise Goerke, die Technik bediente Ahmed Chouraqui vom |OnAir|-Studio.

_Handlung_

Ein Name wie „Augusten“ gehört eigentlich verboten, zumal er im Englischen in allzu großer Nähe zu „disgusting“ (= widerlich) steht. Und dann ist dieser Junge auch noch anderweitig doppelt gestraft. Sein Vater ist ein alkoholsüchtiger Mathematiker, seine Mutter eine nikotinsüchtige Möchtegerndichterin. Nichtsdestoweniger eifert Augusten ihr nach, will stets gut aussehen, ausgezeichnete Manieren an den Tag legen und stets wissen, wie man sich kleidet. Er träumt davon, mal Steward bei einer Airline zu werden. Selbstredend ist die beste Zeitschrift, die er kennt, „The New Yorker“, das Intellektuellenblatt der Ostküste. Schließlich konnte Mutter dort eines ihrer Gedichte veröffentlichen. Ohne Zweifel wird er eines Tages ebenso berühmt sein wie sie und mit einer Stretch-Limousine durch die Städte kursiert werden.

Doch die Realität ist etwas anderes als Hoffnungen und Träume.

Sein Vater ist das genaue Gegenteil seiner Mutter, und daher streiten sich die beiden Elternteile ständig. Eines Tages beleidigt Deirdre Norman, und dieser reagiert damit, dass er sie würgt. Augusten schreit, sie sollen aufhören. Es folgt ein Stoß, ein Sturz: Vater liegt am Boden. Kein Wunder, denn er ist mal wieder betrunken. Deirdre hofft, er werde sich umbringen.

Als Psychiater und Eheberater, der die Lage retten soll, tritt Dr. Finch auf. Augusten stellt sich vor, Finch wäre der Weihnachtsmann, und mag ihn auf Anhieb. Augusten ist erst elf Jahre alt. Als er Finchs Praxis besucht, entdeckt er dort Hope, Finchs 28-jährige Tochter, die für ihn als Sprechstundenhilfe arbeitet. Sie ist so nett, dass sie Augusten einen Ring gibt, den er bewundert. Finch hat ein Zimmer in der Praxis, den er als „Masturbatorium“ bezeichnet. Darin stapeln sich Ausgaben von „Penthouse“. Hope schläft hier manchmal in der Mittagspause. Sie fragt Augusten, ob er manchmal auch masturbiert. Klar, aber er braucht dafür kein Extrazimmer.

|Die Finchs|

Als die Ehe seiner Eltern in die Brüche geht – das war abzusehen -, lebt Augusten noch eine Zeit lang bei seiner Mutter, doch irgendwann sieht sie ihn eher als Hemmschuh für ihre Kreativität. Da er sowieso schon sehr häufig die Familie von Dr. Finch besucht hat, übergibt sie ihn Finch als dessen Mündel. Nun ist Finch also sein Vater, neben sieben weiteren Kindern, von denen einige schon ausgeflogen und einige adoptiert sind. Darunter ist auch der 32-jährige Neil Bookman, der später eine wichtige Rolle spielt.

Der Haushalt der Finchs ist das genaue Gegenteil dessen, was unser junger Held bislang gewöhnt war. Die Kids laufen schlampig herum wie Hippies, die Wohnung ist ein Saustall, der Kleinste kackt unters Piano, und wenn man mit einem Elektroschockgerät spielen kann, dann ist das eine gute Gelegenheit, Doktor und Patient zu spielen. Aber endlich ist immer jemand da, mit dem Augusten sprechen kann. Er schreibt die Nacht hindurch an seinem Tagebuch, in das er einträgt, was die Finch-Kids heute wieder angestellt haben.

|Schwul|

Dass sie tolerant gegenüber Schwulen sind, findet er eines Tages von Hope heraus. „Du bist schwul? Na und?“ Ihr adoptierter Bruder Neil Bookman sei es ja auch und lebe trotzdem mit einer geschiedenen Frau zusammen. Augusten ist bereit, neue Sachen auszuprobieren, z. B. Hundefutter zu essen – schmeckt gut. Und als Neil zu Besuch ist, geht er mit ihm spazieren. Sie gestehen einander, dass sie schwul sind, Neil gibt sich offen und hilfsbereit.

Es ist der Beginn einer wunderbaren, intensiven Freundschaft. Doch für Neil ist es mehr: Es ist der Beginn einer leidenschaftlichen Liebe zu Augusten. Aber der Geliebte ist nicht sicher, ob er so viel Verantwortung ertragen kann. Er hat nämlich den Verdacht, dass er die Geisteskrankheit seiner Mutter geerbt haben könnte …

_Mein Eindruck_

Die Story gehört eigentlich ins Kuriositätenkabinett. Die zwei Familien Augustens sind ordentlich verkorkst bzw. verschroben und würden sogar den „Royal Tenenbaums“ zum Vorbild gereichen. Doch wie schon die Tenenbaums sind auch die Burroughs‘ und Finchs nur von begrenztem Komikpotenzial – es ist alles so traurig, dass es schon wieder komisch ist und umgekehrt. Kaum möchte man loslachen, bleibt einem das Lachen schon wieder im Halse stecken.

Dass Augustens Mutter lesbische Neigungen auslebt, erwartet man heute schon automatisch, sobald eine Frau von einem Mann enttäuscht worden ist. Sie setzt noch einen drauf, indem sie sich mit einer Pfarrersfrau und dann mit einer Schwarzen einlässt! Dass auch Augusten homosexuell ist, leuchtet einem schon in der ersten Szene ein, in der er seiner Mutter nacheifert und sich todschick ausstaffiert. Die Finch-Kinder wundern sich denn auch, warum er so „aufgebrezelt“ herumläuft, wohingegen er entsetzt registriert, in welchem Slum er gelandet ist. Diese Kontraste sind alle ganz nett, aber sie vergehen wieder. Augustens Homosexualität bleibt.

Einer der zahlreichen Schockmomente, die der Autor eingebaut hat, besteht in einer völlig unvermittelt einsetzenden Szene, in der Augusten einen Penis in seiner Kehle stecken hat. So etwas liest man in einem biographischen Roman nicht alle Tage, und die Szene verfehlt denn auch ihre Wirkung nicht, so dass sie in Erinnerung bleibt. Eine weitere Szene mit Analverkehr wird ebenso minutiös geschildert und dürfte nur für Schwule von erotischem Schauwert sein.

Aber es gibt auch langweilige Szenen wie etwa die finale Konversation zwischen Augusten und seiner „Schwester“ Natalie, von der nie ganz klar wird, ob er mit ihr ebenfalls schläft. Vertraut genug wären sie ja miteinander. Auch dass eine Kellnerin mit Haaren auf den Zähnen Dr. Finch bei der Behandlung von Mrs. Burroughs in den Arm fällt, ist zunächst ganz amüsant, doch sobald Mom mal wieder von ihrer Geisteskrankheit kuriert aussieht, ist die Luft auch aus dieser Episode raus.

Man könnte dem Buch allenfalls zugute halten, dass es die späten siebziger und frühen achtziger Jahre in Neuenglands Universitätsstädten recht gut einfängt. Zahlreiche Kulturphänomene aus der Musik, dem Fernsehen und aus dem Kino (Burroughs schaut sich vor allem europäische Filme an) werden zitiert. Natürlich kommen sie uns heute entsprechend seltsam und antiquiert vor, aber daran kann man ablesen, wie stockkonservativ das alte Neuengland gewesen sein muss, in dem Augusten aufwächst. In New Hampshire beispielsweise wird stets stramm republikanisch gewählt.

Über Dr. Finch erfahren wir seltsamerweise nur indirekt etwas, nämlich über seine Familie, seine Frauen (zu denen auch Frau Burroughs gehört) und natürlich seine Familie. Ein liberaler Freigeist mit recht unorthodoxen Vorstellungen einer psychotherapeutischen Behandlung. Um es gelinde auszudrücken. Was er mit Mrs. Burroughs im Motel macht, sieht verdächtig nach einer Vergewaltigung aus. Er wird bestraft, natürlich, aber ironischerweise nicht für sein Verhalten als Mediziner, sondern für – Versicherungsbetrug. Das ist ungefähr so, als würde man Al Capone nicht für Alkoholschmuggel etc. einbuchten, sondern für Steuerhinterziehung – was ja auch der Fall war.

|Der Sprecher|

August (man beachte die Namensähnlichkeit!) Diehl liest den Text mit ruhiger Stimme, die sich nur selten zu etwas Energie aufrafft. Die vielen Stellen, die zum Schmunzeln Anlass geben, spricht er beispielsweise mit ganz lässiger Betonung, so dass man sich nichts Böses dabei denkt. Er bevormundet den Hörer nicht.

Allerdings bringt es diese ruhige Art des Vortrags mit sich, dass die einzelnen Figuren kaum voneinander zu unterscheiden sind. Mr. Burroughs hat zwar eine wesentlich tiefere Stimmlage als Mrs. Burroughs, aber die restlichen Figuren sprechen fast alle gleich (die Frauen ein wenig sanfter). Die Situationen geben da schon mehr her. Wenn Augusten wieder einmal, wie so häufig, Anlass hat, entsetzt oder bestürzt zu sein, so hört man ihm dies auch dem Vortrag an. Wenn seine Mom intensiv auf ihn einredet (= doziert), so hört man auch dem Sprecher genau zu. Und wenn gehaucht oder geflüstert wird, so ist auch dies willkommener Anlass für Abwechslung im langen Einerlei des ruhigen Vortrags.

Ich könnte mir eine Menge bessere Sprecher als Diehl vorstellen, aber es ist nicht unbedingt gesagt, dass ein anderer auch die mitunter sehr drastischen Stellen (s. o.) mit so stoischer Ruhe vorgelesen hätte.

_Unterm Strich_

„The Royal Tenenbaums“, „American Beauty“ und „Thirteen“ lassen schön grüßen. Die Familien, in die der Held vom Schicksal geworfen wird, sind schon ganz schön schlimm. Aber nur weil die Verhältnisse im stockkonservativen Neuengland sie so aussehen lassen. Eine lesbische Geliebte, die schwarz ist – ungeheuerlich! Ein schwuler Geliebter, der zwanzig Jahre älter ist – ist es zu fassen! Hinzu kommen die üblichen drogengestützten Psychotherapien; man kennt dies schon aus „Einer flog übers Kuckucksnest“.

Verwunderlich ist eher, dass sich Augusten Burroughs, der Held, freischwimmt statt im Drogensumpf unterzugehen. Und diese Fähigkeit als Überlebenskünstler wundert ihn selbst am meisten. Aber er ist kein Superman, denn seine beste Freundin, seine „Schwester“ Natalie, schafft es ja auch, nicht kaputtzugehen, sondern einen erfüllenden Beruf zu erlangen: Von der McDonalds-Verkäuferin zur Medizinerin ist ein toller Aufstieg. Warum liegt Augusten nichts daran? Es bleibt ein Rätsel. Vielleicht hat er schon immer Schriftsteller werden wollen: seine Bestimmung, seine Erfüllung. Zahlreiche gefüllte Notizhefte, die in der Geschichte erwähnt werden, zeugen davon. Jetzt haben wir den Salat.

|Originaltitel: Running with Scissors, 2002
298 Minuten auf 4 CDs
Aus dem US-Englischen übersetzt von Volker Oldenburg|
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Marklund, Lisa – Holzdieb, Der

_Showdown hinterm Holzstapel_

In Schweden herrscht eiskalter Winter an Weihnachten. Dem alten Waldarbeiter Gustav, der nur mit seiner Katze zusammen in einem kleinen Häuschen am Waldrand wohnt, wird in letzter Zeit regelmäßig aus seinem Schuppen Holz gestohlen. Als seine Nichte Annika Bengtzon dem Holzdieb auflauert, erlebt sie eine große Überraschung. Eine „anrührende Geschichte über Armut, Einsamkeit und Liebe“, schreibt der Verlag.

_Die Autorin_

Liza Marklund, geboren 1962, studierte Journalismus und arbeitete bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Mehrere Jahre war sie Nachrichtenchefin des schwedischen Privatsenders „TV 4“. Diesen Traumjob kündigte sie, um Romane zu schreiben. Für ihren Debütroman „Olympisches Feuer“ (dt. 2000) erhielt sie bedeutende Literaturpreise. Auch die Nachfolgeromane „Studio 6“ und „Paradies“ wurden erfolgreiche Krimis. Die Romane wurden laut Verlag fürs Kino verfilmt. Marklund lebt mit ihrer Familie in Stockholm und arbeitet wieder als Journalistin. (Verlagsinfo)

Mehr Info: http://www.lizamarklund.net und http://www.hoffmann-und-campe.de.

_Die Sprecherin_

Susanne Schröder, geboren in München, absolvierte ihre Ausbildung an der Schauspielakademie in Zürich. Sie spielte an den Kammerspielen und am Residenztheater in München. Bekannt ist sie darüber hinaus durch ihre Auftritte in TV-Serien und Fernsehspielen. Für den Hörverlag hat Schröder bereits „Die kleine Meerjungfrau“ von H.C. Andersen gelesen.

Die Regie führte Toni Nirschl und den Ton steuerte Ron Behrendt.

_Handlung_

Der alte Gustav erwacht in der Kälte seiner Hütte, in der nur ein Kater – ein ausgezeichneter Mäusejäger – ihm Gesellschaft leistet. Früher war Gustav mal Waldarbeiter, und er kennt sich aus mit Holz. Es ist noch Nacht, aber er muss sich erleichtern und frisches Feuerholz holen. Da bemerkt er, dass sich schon wieder jemand an einem seiner umfangreichen Holzstapel bedient hat. Diesmal hat es die Birke erwischt. Gustav ist von Wut und Schmerz über den Verlust erfüllt. Der Winter ist saukalt, und wie soll er das ohne genügend Holz überleben?

Gustav ist Annika Bengtzons Onkel. Und seit ihrer Kindheit bei der Oma in Mittelschweden besucht sie ihn zu Weihnachten, um einen Kuchen und andere Leckereien zu bringen. Er hat ihr alles beigebracht, was sie über Bäume, Holz und Holzeinschlagen weiß, und das ist eine ganze Menge. Seit zwei Monaten arbeitet sie allerdings in der Hauptstadt, beim „Abendblatt“. Als Annika dieses Jahr in Gustavs Hütte treten will, starrt sie in den Doppellauf einer Schrotflinte.

Als sie wütend gegen diese Behandlung protestiert, erklärt er ihr den Grund. Wer ist der Holzdieb? Da er oder sie immer zu Fuß kommt, muss er – oder sie – aus dem Dorf Hedberga stammen. Annika gibt ihm das Weihnachtsessen und geht ins Dorf, wo Kirchenlieder erklingen. Dessen Bewohner kennt sie aus ihrer Kindheit und Jugend. Hier hatte sie ihren ersten Freund, den sie an eine Schlampe namens Ingela Jönsson verlor, die von allen nur verächtlich „Spermatopf“ genannt wurde, weil sie so leicht herumzukriegen war.

Nach dem Neuschnee folgt Annika den Spuren des Holzdiebs, die zum Schuppen mit den Holzstapeln führen. Der Dieb ist noch da! Sie geht hinein und erlebt eine Überraschung: eine alte Bekanntschaft. Plötzlich fallen Schüsse: Gustav hat beide ins Visier genommen! Nur der Schuppen bietet Deckung – und eine Gelegenheit, mal herauszubekommen, was den Holzdieb zu seinem Verbrechen veranlasst hat.

_Mein Eindruck_

In „Der Holzdieb“ greift Liza Marklund das Thema der Armut in den einkommensschwachen Schichten auf und beleuchtet, was es für die Betroffenen bedeutet. Der Grund für die Armut ist meistens entweder Ruhestand (Gustav) oder Arbeitslosigkeit (Holzdieb) – oder beides. Da die Stilllegung alter Industrien wie etwa der Holz- oder Erzindustrie viele Beschäftige in die Arbeitslosigkeit entlässt, erleben diese Menschen ein ziemlich trauriges Weihnachtsfest – so etwa auch Gustav.

Doch wie hilft der Wohlfahrtsstaat Schweden den betroffenen Bürgern? Durch die so genannte „Sozialstation“. Deren lokale Leiterin taucht denn auch auf, doch ihr Vorschlag besteht lediglich darin, Gustav ins Pflegeheim zu stecken. Als ob der Mann nicht für sich selbst sorgen könnte! Und sein Holz soll man dem Dieb wohl schenken? Aber Annika, die immer praktisch und unkonventionell denkt, hat einen konstruktiven Vorschlag parat.

Die Autorin setzt wieder ihr patentiertes Handlungselement ein: den intensiven Dialog. Denn man muss die Menschen erst einmal verstehen, bevor man sie verurteilt, ist ihre unausgesprochene Ansicht. Ihre Serienheldin Annika Bengtzon hat diese Haltung schon in mehreren gelungenen Romanen in die Tat umgesetzt. Und auch diesmal gelingt ihr die angestrebte Erkenntnis – ebenso im Zuhörer. Mitgefühl entsteht gerade, da fallen die Schüsse Gustavs wie Hammerschläge auf die zarten Bande zwischen Annika und dem Holzdieb.

Aber es ist nicht so, als würde Annika aus Gefühlsduselei Mitgefühl (nicht zu verwechseln mit Mitleid) entwickeln, denn sie hat ihre eigenen Gründe, dem Holzdieb nicht helfen zu wollen. Sie könnte sich ja auch rächen wollen. Die Gelegenheit dazu bietet sich ihr, denn sie braucht bloß ihrem Onkel den Holzdieb vor die Flinte zu schubsen – Problem erledigt. Oder doch nicht? Denn da kommt auch schon die Polizei angerückt. Und Annika hat sowieso nicht das Zeug zu einer Mörderin.

_Die Sprecherin_

Nicht mehr Judy Winter spricht wie bisher die Hörbücher von Liza Marklund, sondern die wesentlich jüngere Susanne Schröder. (Winter wurde 1944 geboren, ist also schon über 60.) Statt einer tiefen Altstimme verfügt Schröder wohl eher über so etwas wie einen Sopran. Das weckt Zweifel, ob sie die wesentlich „härteren“ Romane auf eine glaubwürdige Weise bewältigen könnte.

Doch darauf kommt es in „Der Holzdieb“ nicht an. Da Gustav kaum spricht, hat sie lediglich Frauenfiguren zu sprechen, und diese Aufgabe bietet keine unüberwindbaren Schwierigkeiten.

Es gibt weder Musik noch Geräusche, denn bei allen Single-CDs der „Smart-Edition“ des Hörverlags fehlen diese Zutaten. Ein niedriger Preis zieht eben auch eine geringere Ausstattung nach sich.

_Unterm Strich_

„Der Holzdieb“ ist eine typische Weihnachtsgeschichte, wie sie von den Zeitungen und Herausgebern weltweit immer wieder bestellt wird. Man denke etwa an David Baldaccis Roman „Das Geschenk“ (The Christmas Train). Alle diese Geschichten blicken auf eine lange Tradition zurück, die bis ins 19. Jahrhundert reicht, bis zu der berühmtesten aller Weihnachtsgeschichten: „A Christmas Carol“ von Charles Dickens. Schon damals spielte Armut eine wichtige Rolle für die Handlung; man denke nur an den armen „Scratchit“, dessen Name andeutet, dass er alles zusammenkratzen muss, was er noch kriegen kann.

Der Holzdieb in Marklunds Geschichte ist im Gegensatz dazu jedoch keineswegs ein Anlass, Mitleidstränen zu zerdrücken, sondern wie schon von jeher ein faules, opportunistisches Miststück. Sie verdient vielleicht unser Mitgefühl, aber nicht unser Mitleid. Mit ihrer Patentlösung schlägt Annika zwei Fliegen mit einer Klappe: eine große Hilfe und eine kleine Rache. Das entbehrt nicht eines gewissen ironischen Humors.

Die Sprecherin Susanne Schröder ist ein beinahe vollwertiger Ersatz für Judy Winter. Sie spricht deutlich und akzentuiert, so dass man den Sätzen ohne Mühe folgen kann. Ihre Annika-Figur ist ebenso als energische Person erkennbar wie in den von Judy Winter gesprochenen Romanen.

Insgesamt bietet das Hörbuch eine Ergänzung im Werk von Liza Marklund, auf die man ohne weiteres verzichten könnte. Wer allerdings eine etwas untypische Weihnachtsgeschichte mit aktuellem Zeitbezug verschenken möchte (es muss ja nicht immer der olle Charles Dickens sein), sollte diese CD durchaus in Betracht ziehen.

|45 Minuten auf 1 CD|
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[NEWS] Ragnar Jónasson – Schneetod (Dark Iceland 5)

Ein verlassenes Haus am Ortsrand von Siglufjörður: Einer der beiden örtlichen Polizisten wird mitten in der Nacht kaltblütig ermordet. Warum war er um diese Uhrzeit dort draußen? Seinen Kollegen Ari trifft dieser Fall besonders. Und mit seinen Ermittlungen scheint er schlafende Hunde zu wecken, haben in diesem kleinen Ort doch mehr Leute etwas zu verbergen, als Ari geahnt hat. Nach und nach eröffnet sich ihm die ganze Tragödie eines menschlichen Lebens… (Verlagsinfo)

Ungekürzte Lesung: 6:52 Std.
Sprecher: Steffen Groth
der Hörverlag

Lester Powell – Die Dame mit den grauen Löckchen (Hörspiel)

Ein Detektiv zwischen Engel und Teufel

Dies ist der dritte Fall der legendären „Damen-Krimi“-Reihe aus den 1950er Jahren. Philip Odell, Privatschnüffler und ehemaliger Mitarbeiter des Secret Service und des FBI, sitzt im Büro, als es zaghaft an seine Tür klopft. Eine kleine ältere Dame schluchzt: „Meine Tochter ist verschwunden. Finden Sie sie!“ Und schon ist der weichherzige Odell in einen Fall verwickelt, der viel Aufregung, aber wenig Bares verspricht. Und wie immer hat seine scharfsinnige Freundin Heather bei einem Glas in der Mondscheinbar eine rettende Idee …

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Rolf & Alexandra Becker / Peter M. Preissler – Gestatten, mein Name ist Cox: Mord ist strafbar (Hörspiel)

Na, fein: Verbrecherjagd mit Verwirrspiel

Rechtsanwalt Herbert Wallings liegt sehr tot in seinem Büro, und diesmal sitzt Detektiv Paul Cox tief in der Patsche: Erstens steht er zufällig in der Duschkabine des Toten, und zweitens gehört ihm auch noch das Messer, das aus Wallings‘ Rücken ragt. Und da könnte doch der eine oder andere Polizist auf den dummen Gedanken kommen, er habe etwas mit dem Mord zu tun … Was natürlich mitnichten der Fall ist!

Dies ist Paul Cox‘ erster Fall. Die Fortsetzung trägt den Titel „Eben war die Leiche noch da„.
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Mankell, Henning – Mann mit der Maske, Der

_Süd trifft Nord: Wallander in der Klemme_

Polizeipräsidium Malmö am Weihnachtsabend. Kommissar Kurt Wallander soll noch bei einer alten Dame vorbeisehen, die sich über einen verdächtigen Mann beschwert hat. Er findet die Frau tot vor und wird selbst niedergeschlagen. Gelingt es Wallander, den Mann mit der Maske zu überführen?

_Der Autor_

Henning Mankell wurde 1948 in Schweden geboren. Heute verbringt der Schriftsteller, Drehbuchautor und Intendant die eine Jahreshälfte in Mocambique, wo er seit 1996 das Teatro Avenida in der Hauptstadt Maputo leitet. Die andere Jahreshälfte verbringt er in Schweden. Für sein vielseitiges Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, so etwa mit dem Deutschen Krimi-Preis und mit dem Deutschen Bücherpreis.

_Der Sprecher_

Axel Milberg, geborten 1956, ist einer der vielseitigsten Schauspieler in Deutschland. Nach Absolvierung seiner Ausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München ist er seit 1981 Mitglied des Ensembles der Münchner Kammerspiele. Dort arbeitete er u. a. unter Dieter Dorn, Peter Zadek und Alexander Lang, so etwa in Dorns „Faust“-Inszenierung. Milberg spielte außerdem in zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen mit, so etwa in „Rossini“ (1996), „Jahrestage“ (2000) und „Stauffenberg“ (2004), aber leider auch in „Harte Jungs“.

_Handlung_

Es ist Heiligabend 1975, als Kriminalassistent Kurt Wallander im Polizeipräsidium Malmo einen letzten Auftrag vor Weihnachten erhält. Bevor Wallander zu Frau und Kind nach Ystad fährt, möchte Kommissar Hemberg, dass er dem Anruf einer alten Dame namens Elma Hågmann nachgeht und bei ihr nach dem Rechten schaut. Sie mache sich Sorgen wegen einer „sonderbaren Person“. Und es würde ja bloß zehn Minuten kosten. Wallander nickt.

Als er vor dem Lebensmittelladen eintrifft, lässt er den Schlüssel stecken und die Tür offen, denn er denkt, es dauert ja eh nicht lange. Er soll sich getäuscht haben. Der Laden ist leer, doch im Hinterzimmer sieht er eine alte Frau auf dem Boden liegen, in ihrem Blut. Wo aber ist der Täter? Als er sich wegen eines Geräusches umdreht, wird er niedergeschlagen.

Wallander erwacht auf dem Boden des Ladens, gefesselt mit seinem eigenen Abschleppseil. Es ist zehn nach 18 Uhr. Hoffentlich ruft seine Frau Mona bald Hemberg an, um zu fragen, wo er nur bleibt. Ein großer Mann mit schwarzer Maske und Handschuhen bedroht Wallander mit einem Eisenrohr, sagt aber kein Wort. Als er wieder weggeht, streift der Polizist das Seil ab und stürzt sich auf den Zurückkehrenden. Doch dieser zieht eine Pistole und zielt auf Wallanders Stirn.

Wallander verlegt sich aufs Verhandeln, doch der Mann sagt weiterhin kein Wort. Auch auf das mehrmalige Klingeln des Telefons reagiert er nicht. Noch weiß der Mann nicht, dass er es mit einem Polizisten zu tun hat. Da gibt er sich zu erkennen und bittet den Maskierten, die Waffe wegzulegen. Erst da gibt es eine Reaktion. Unter der Maske kommt ein Afrikaner zum Vorschein. Deshalb also konnte er Wallander nicht verstehen. Der Polizist verlegt sich auf Englisch und erhält eine Antwort: Er heiße Oliver und komme aus Südafrika, sei geflohen.

Da wird Wallander einiges klar. In Südafrika herrscht die Apartheid und die weiße Minderheit unterdrückt die protestierende schwarze Mehrheit mit wachsender Brutalität. Er kann sich das Elend, in dem Oliver seit seiner Flucht gelebt hat, vorstellen. Und nun wollte er den Laden einer alten Dame ausrauben, um an ein wenig Geld zu kommen. Das ging schief.

Es ist inzwischen nach 18:35 Uhr. Die Situation eskaliert, als Kommissar Hemberg eintrifft und an die Tür des Ladens klopft …

_Mein Eindruck_

Wallander philosophiert über den Riss nach, den er in der Gesellschaft wahrzunehmen glaubt, erst in der schwedischen, dann in der weltweiten. Als der Mann noch maskiert ist, wundert er sich über die zunehmende Gewalt und Brutalität, die so völlig unmotiviert und sinnlos erscheint. Aber als der Mann seine Maske abnimmt und seine Geschichte von Tod, Verfolgung und Tod erzählt, erhält der Riss ein Gesicht und einen Hintergrund.

Danach verteidigt Wallander den Schwarzen, was Hemberg leider nicht verstehen kann. Der Unterschied ist der, dass Hemberg nur die „Flut von Ausländern“ sieht und deren Gewalt, Wallander aber keine „Flut von Ausländern“ wahrnimmt und im Gegensatz zu Hemberg das Kommen von Leuten wie Oliver versteht. Vertrieben aus einem Gewaltstaat, geflohen in einen Rechtsstaat, glaubte Oliver, sich in Schweden mit Gewalt behaupten zu können. Doch eine einfache Frage Wallanders entwaffnet ihn: „Was würde dein Vater über das denken, was du getan hast und was du immer noch tust?“ Olivers Vater war Mitglied des African National Congress (ANC), der um die Rechte der schwarzen Mehrheit in Südafrika kämpfte. Oliver schämt sich seiner Taten und handelt entsprechend.

Aber die Komplexität dieser Situation scheint Wallander seinem Chef nicht klarmachen zu können. Und wie soll er seiner Frau Mona erklären, was passiert ist – dass er beinahe getötet worden wäre? Sie macht sich eh schon zu viele Sorgen um ihn. Es ist 20:10 Uhr. Er befolgt den Rat Hembergs und sagt Mona nichts davon. So können beide mit Tochter Linda einen schönen Heiligabend verbringen.

|Der Sprecher|

Ich verstehe nicht, warum Axel Milberg vom Verlag so gelobt wird. Seine Leistung ist nicht gerade überragend zu nennen. Er trägt zwar deutlich und gut betont vor, doch alle seine Figuren sind nicht voneinander zu unterscheiden. Für jeden der drei Männer hat er die gleiche Tonlage und Sprechweise. (Oliver kommt eh nicht zu Wort.) Weder Musik noch Geräusche unterstützen seinen Vortrag. Die akustische Umsetzung begeistert mich also überhaupt nicht.

_Unterm Strich_

Das Hörbuch entspricht in jeder Weise dem, was man thematisch von Mankell erwartet. Der Gesetzeshüter der schwedischen Gesellschaft trifft auf einen politischen Flüchtling aus dem südlichen Afrika – ich habe sofort erwartet, er komme aus Mosambik, wo Mankell zeitweilig lebt. Dass Wallander mit einem Opfer der Apartheidspolitik der weißen Regierung in Pretoria konfrontiert wird, ist für die Zeit um 1975 äußerst aktuell. Es ist die Zeit von Steve Biko und des ANC, als sich auch zunehmend westliche Künstler des Problems bewusst werden. (Peter Gabriel komponierte ein Lied über Steve Biko, allerdings erst in den Achtzigern.)

Die Story wird schnörkellos, aber spannend geschildert. Wallanders Verhandlungsversuche werden von Kämpfen abgelöst, ohne zu einem Ergebnis zu führen. Erst als er sein Gegenüber ernst nimmt und sich in dessen Geschichte hineinversetzt, führt er die entscheidende Wende herbei. Wallander handelt hierin stellvertretend für alle westlichen Gesetzeshüter. Das ist vielleicht ein wenig idealistisch von Mankell dargestellt.

Milbergs Vortrag hat mich nicht beeindruckt, sondern eher durch mittelmäßige Kompetenz beruhigt. So konnte ich mich auf das konzentrieren, was im Text gesagt wird. Das ist zwar nicht viel, was sich für Milbergs Vortrag sagen lässt, aber es ist für den Hörer jedenfalls ein Vorteil.

|55 Minuten auf 1 CD|
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Frank Schätzing – Der Schwarm (Inszenierte Lesung)

Vor Kanadas Küste greifen Wale Touristenschiffe an. Merkwürdige, gefräßige Organismen nehmen den norwegischen Meeresboden in Besitz. Etwas scheint das Leben im Meer unter Kontrolle gebracht zu haben und gegen den Menschen zu wenden.

Sigur Johanson, norwegischer Biologe und Schöngeist, sieht eine Katastrophe heraufdämmern. Gemeinsam mit dem kanadischen Walforscher Leon Anawak und der britischen Journalistin Karen Weaver nimmt er den Kampf auf – gegen eine Macht tief unten im Meer … (Verlagsinfo) Zum 20-jährigen Jubiläum erscheint eine CD-lose Deluxe-Edition des Hörbuchs.

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Michael Robotham – Der Erstgeborene

Inhalt

Der Psychologe Cyrus Haven berät die Polizei bei der Aufklärung von Straftaten. Dabei wurde er als Jugendlicher selbst Opfer eines Verbrechens: Sein geistig verwirrter Bruder Elias schlachtete ihre gesamte Familie ab, nur Cyrus überlebte das Massaker. Nun, 20 Jahre später, soll der angeblich geheilte Elias in Cyrus‘ Obhut entlassen werden – und konfrontiert diesen auf brutale Art mit seiner Vergangenheit. (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

“Der Erstgeborene” ist Teil 3 der Cyrus Haven-Reihe, kann jedoch unabhängig von Band 1 (“Schweige still”) und 2 (“Fürchte die Schatten) gelesen werden, da wichtige Informationen gut verständlich eingebaut sind. Michael Robotham – Der Erstgeborene weiterlesen