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Philip K. Dick – Blade Runner (Hörspiel)

Typisch Dick: Humor, Philosophie und Action

Los Angeles um das Jahr 2030: Blade Runner, Sondereinheiten der Polizei, jagen in den dunklen Straßenschluchten der Mega-Städte nach entflohenen Androiden. Rick Deckard ist einer dieser speziell ausgebildeten Prämienjäger. Mit allen Mitteln versucht er, die Unterwanderung der Menschheit durch die Androiden zu stoppen. Aber ist Deckard selbst ein Mensch? (Verlagsinfo)

Der Autor
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Gaiman, Neil – Graveyard-Buch, Das

_Abenteuer auf dem Friedhof: Oliver Twist und die Toten_

Nobody Owens ist noch ein Baby, als seine ganze Familie von einem brutalen Mörder getötet wird. Nur Nobody entkommt und findet ausgerechnet auf einem Friedhof Zuflucht. Die Geister und Untoten nehmen ihn bei sich auf, nennen ihn fortan nur kurz „Bod“ und lehren ihn alles, was ein Lebender von den Toten lernen kann.

Doch der Feind ruht nicht. Er wartet auf den Tag, an dem Bod zu den Lebenden zurückkehren wird. Wer wird ihn dann noch beschützen?

_Der Autor_

Der Engländer Neil Gaiman, geboren 1960, arbeitete zunächst als Journalist in London und wurde durch seine innovative Comicbook-Serie „Der Sandmann“ bekannt. Neben den Romanen „Niemalsland“ und „Der Sternwanderer“ schrieb er zusammen mit Terry Pratchett den phantastischen Roman „Ein gutes Omen“ (der womöglich verfilmt wird) und verfasste über seinen verstorbenen Freund und Kollegen Douglas Adams die wirklich empfehlenswerte Biografie „Keine Panik!“.

Seine Erzählungen und Gedichte sind in der Kollektion „Die Messerkönigin“ zusammengefasst. Was für Ansichten Gaiman zu Amerika hat, könnte sich möglicherweise in seinem dicken Schmöker „American Gods“ aufspüren lassen. Er lebt mit seiner Familie in Minneapolis, USA.

Neil Gaiman auf |Buchwurm.info|:

[„Mr. Punch“ 3976
[„Sandman: Ewige Nächte“ 3498
[„Sandman 1 – Präludien & Notturni“ 3852
[„Stardust – Der Sternwanderer“ 4336
[„Sternwanderer“ 3495
[„American Gods“ 1396
[„Anansi Boys“ 3754
[„Coraline – Gefangen hinter dem Spiegel“ 1581
[„Die Bücher der Magie 5 – Verlassene Stätten“ 2522
[„Die Bücher der Magie 6″ – Abrechnungen“ 2607
[„Die Messerkönigin“ 1146
[„Die Messerkönigin“ 5514 (Hörbuch)
[„Die Wölfe in den Wänden“ 1756
[„Keine Panik! – Mit Douglas Adams per Anhalter durch die Galaxis“ 1363

_Sprecher & Produktion_

Jens Wawrczeck wurde 1963 in Nyköbing, Dänemark, geboren. Er absolvierte eine Schauspielausbildung am Hamburger Schauspielstudio Hildburg Frese, am Max-Reinhardt-Seminar in Wien und am Lee Strasberg Theatre Institute in New York City. Seit er elf Jahre alt ist, steht er hinter dem Mikrofon oder auf der Theaterbühne. Neben seiner Dauerrolle in „Die drei ???“ ist er in zahlreichen Hörspielen zu hören, z. B. in Umberto Ecos „Baudolino“.

Regie führte Kai Lüftner, die Lesefassung erstellte Tanja Weimer. Die Technik steuerte Ahmed Chouraqui im |On Air Studio|, Berlin, die Soundeffekte trug Andreas Manhardt bei.

_Handlung_

Der Mörder hat ein scharfes Messer. Jack hat damit einen Mann, eine Frau und ein Kind getötet. Bleibt noch eines übrig. Wo ist es? Doch im Kinderzimmer findet er nur eine Windel und im Bettchen einen Plüschbär. Keine Spur von einem Kind. Jack verlässt das Haus und begibt sich auf den Weg zum Hügel, auf dem der Friedhof liegt.

|Die Totenstadt|

Am Tor des Friedhofs ruft unterdessen eine Frau aus Mondschein und Nebel mit einem Kind auf dem Arm: „Owens!“ Ein Mann aus Schatten erscheint. Mr Owens fragt: „Was machen wir mit ihm?“ Das Kind lebt, ist aber ganz anders Mr. und Mrs. Owens: Es lebt. Da erscheinen drei Gestalten von Toten am Rande des Friedhofs, von denen eine ruft: „Beschützt meinen Sohn! Er will meinem Sohn etwas tun!“ Mrs Owens bittet Mr Owens, das Kind zu adoptieren, und die Mutter des Kindes verschwindet.

Jack ist in den Friedhof eingedrungen, sieht das Kind in den Nebeln der Nacht und zückt sein Messer, um seine Arbeit zu Ende zu bringen. Da sagt eine Stimme: „Kann ich Ihnen helfen?“ Der Fremde ist wesentlich größer als er und scheint Schlüssel zu tragen, als gehöre er hierher. Jack wird unsicher. Ob er der Friedhofswärter sei, will er wissen. „Gewissermaßen“, antwortet der Fremde und lässt Jack wieder zum Tor hinaus. Jack vergisst die Sache mit dem Kind. Er erinnert sich nur an einen Fuchs und einen Wärter, als er zurück in die Stadt geht.

|Bleiberecht|

Der Gründer der Stadt und des Friedhofs stellt Mrs Owens zu Rede, was mit dem Kind werden soll, denn hier sei schließlich keine Kinderkrippe. Da bietet sich der Wärter Silas als Vormund für das Kind an, immerhin ist er der erste Ehrenbürger gewesen. Doch welchen Namen soll das Kind tragen? Es ist ein Niemand, ein Nobody – genau, Nobody Owens soll es heißen. Es schaut ernst auf Mrs Owens, die ihm ein Wiegenlied singt.

Da eine Abstimmung unter den 300 Bewohnern des Friedhofs keine Einigung über das Bleiberecht des Kleinen erbringt, wird die Entscheidung anderweitig herbeigeführt. Eine Frau auf einem weißen Pferd, die jedem wohlbekannt ist, ermahnt die Toten, Barmherzigkeit zu üben. Sie verschwindet, und Nobody Owens wird zum Ehrenbürger des Friedhofs ernannt. Silas, der um das Schicksal von Bods Eltern weiß, ermahnt ihn, die Totenstadt nie zu verlassen.

|Das Mädchen|

So wächst Bod als ernster und schweigsamer Junge heran, und das Lesen lernt er anhand der englischen und lateinischen Grabinschriften. Eines Tages lernt er ein Mädchen kennen. Sie nennt sich Sarah Amber Perkins und fragt ihn frech, wie alt er sei. Er weiß es nicht, aber sie nimmt ihn trotzdem zu ihrem Freund, und zusammen lernen sie, was Sarah in der Schule lernen sollte. Ihre Eltern halten Bod für eine Ausgeburt ihrer Phantasie. Als er ihr verweigert, in der ältesten der Grüfte zu spielen, geht sie beleidigt heim.

Bod fragt seinen Vormund Silas nach der alten Gruft der Frobisher und wer sich darin befinde. Silas sagt ihm, dass vor langer Zeit ein anderes Volk hier lebte, noch vor den Römern wie Caius Pompeius, der Älteste. Tief unten in der Gruft liege ein Toter mit einem schauerlichen Geheimnis. Er warte auf etwas. Aber worauf, das wisse keiner.

|Der Sleer|

Als Sarah zurückkehrt, nimmt Bod sie mit in die Frobisher-Gruft. Sie finden den Zugang zum Stollen dahinter, gehen die Stufen hinab, bis zu einer kalten Kammer gelangen, in der ein Toter in einem Mantel liegt. Ein Mann mit indigofarbenen Tattoos kommt aus dem Fels in die Kammer: „Ich bin der Herr über dieses Reich. Ich bewahre das Grab vor allen, die es schänden wollen. Verlasst diesen Ort!“ Sarah Amber Perkins bekommt Angst, denn sie kann ihn auch sehen. Bod protestiert: „Hör auf!“ Und der Mann geht, doch ein anderes Wesen zischt: „Wir sind der Sleer! Wir bewachen und beschützen … die Ruhestätte unseres Meisters … hier ist sein Allerheiligstes.“ Aber da sind keine Schätze, nur eine Brosche, ein Kelch und ein Messer. „Der Meister wird wiederkommen …“

Bod und Sarah gehen zurück ans Tageslicht, doch weil sie vermisst wird und eine Polizistin sie fragt, wo sie war, aber keiner Bod sehen kann, erscheint sie als Lügnerin. „Das gibt ein Donnerwetter, na warte!“ Drei Wochen später zieht Sarah mit ihren Eltern nach Schottland, doch Bod bleibt traurig zurück. Wenn er wüsste, auf wen der Sleer wartet, hätte er jedoch allen Grund zur Hoffnung …

_Mein Eindruck_

Das Leben ist eine gefährliche Sache. Das erfahren wir bereits in der ersten Szene, als Bod nur um Haaresbreite dem Messer des Mörders entgeht. Aber der Tod ist auch nicht viel besser, wie Bod beim Besuch der Gruft, in der der Sleer haust, feststellen muss. Nun, dann kommt es eben darauf an, sich optimal an die jeweiligen Umstände anzupassen. Zum Glück ist Bod noch ziemlich jung, als er auf dem Friedhof in die Gemeinschaft der Toten aufgenommen wird, und noch recht lernfähig. Er merkt sich alle Namen, und Silas, der Wärter bringt ihm Latein bei, um die Inschriften lesen zu können.

Merkwürdig, dass ein Friedhof überhaupt einen Wärter wie Silas benötigt, doch diese Notwendigkeit stellt sich als durchaus berechtigt heraus. Der Mörder vom Anfang war nur ein Abgesandter, und hinter ihm steht eine Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende alte Bruderschaft, die gerne die Herrschaft über alle Toten antreten würde.

Immer wenn Silas mal auf „Urlaub“ geht, trifft er sich mit seinen Schicksalsgenossen, um gegen diese Bruderschaft zu kämpfen. Es kann nicht ausbleiben, dass Bod diese Tätigkeit mit der Zeit spitzkriegt. Es bleibt Silas nichts anderes übrig, als den enthusiastischen Jungen anzulernen und mit ihm den Showdown gegen die Bruderschaft vorzubereiten. Dieser Showdown findet, wie könnte es anders sein, natürlich auf Bods eigenem Friedhof statt, wo er alle Schliche kennt.

Doch da ist noch die Sache mit der netten, aber verschreckten Sarah. Ihre nichts ahnenden Eltern haben sie mit fortgenommen, ins ferne Schottland. Bod ist traurig. Doch Sarah kehrt Jahre später zurück. Gereifter, wie sie nun beide sind, können sie vorsichtig einen neuen Versuch der Annäherung wagen. Glaubt sie immer noch nicht an Geister? Eins ist sicher: Das Paar muss sich erneut dem Sleer stellen. Diesmal müssen wir ihnen sämtliche Daumen drücken!

|Der Sprecher|

Der Sprecher legt sich ordentlich ins Zeug, um die Figuren zum Leben zu erwecken. Dies gelingt ihm nicht nur durch eine jeweils charakteristische Sprechweise und Stimmlage, sondern auch durch Rufen, Zischen, Flüstern usw. Auch Spezialeffekte wie etwa Hall oder Echo werden nicht ungenutzt gelassen. So werden die Besuche im Hünengrab hinter der Gruft, wo der Sleer haust, zu den eindrücklichsten Szenen überhaupt. Der Sleer zischt, Bod spricht mit Hall, und die ganze Atmosphäre ist ziemlich unheimlich.

Eine besondere Leistung sind die zahlreichen, aber stets verschiedenen Stimmen der geisterhaften Bewohner des Friedhofs. Sie reichen von alten, pompösen, langsamen Stimmen bis zu jungen, unzufriedenen. Silas, der Friedhofswärter, weist meist eine sehr ruhige Sprechweise auf, die Bod ungemein beruhigt. Aber man weiß lange nicht, ob Silas nun ein Totengeist, ein Lebender oder etwas Drittes ist. Auch dieses Rätsel trägt zur Spannung bei.

|Die Musik|

Die Musik erklingt am Anfang jeder neuen CD, wobei meist ein neues der insgesamt acht Kapitel aufgeschlagen wird. Sie hat einen dem Thema angemessenen, unheimlichen Klang.

_Unterm Strich_

Wie eigentlich von einem Autor wie Neil Gaiman nicht anders zu erwarten, kombiniert „Das Graveyard-Buch“ auf seine individuelle Weise die Geschichte des Erwachsenwerdens eines Jungen, der noch stark an Oliver Twist erinnert, und die unheimliche Atmosphäre eines Friedhofs. Anders als etwa Clive Barker gibt es aber hier keine Splatterszenen, sondern Szenen von andersartiger Schönheit, die häufig nicht einer gewissen leisen Ironie entbehren. Schließlich sind die meisten Leute, mit denen Bod zu hat, alles andere als lebendig.

Aber auch der Tod hat sein Schicksal, und dies zeigt sich an Bods und Silas‘ Kampf gegen die finstere Bruderschaft, die Bods Familie umgebracht hat (aus Gründen, die hier nicht verraten werden dürfen). Schließlich ist der Tod nur die andere Seite des Lebens und ebenso mit Konfrontationen erfüllt wie dieses. Auch das Problem des Sleer muss gelöst werden. Es ist eine knifflige Aufgabe, doch Bod löst sie brillant und wird auf einzigartige Weise belohnt. Endlich alles im Reinen, kann er schließlich wieder zurück in seine Heimatstadt. Sicher wartet dort schon eine quicklebendige Prinzessin auf ihn.

Dies ist weder Fantasy noch Märchen, sondern eine weiterentwickelte Spielart der Phantastik. Der Autor befolgt zwar viele Genreregeln dieser Disziplinen (Einheit des Ortes und der Zeit, Kontinuität des begrenzten Personals usw.), doch inhaltlich überschreitet er diese Grenzen beträchtlich. Aber er läuft nicht Gefahr, den jugendlichen Leser durch Sprünge in Zeit oder Logik zu verlieren oder gar durch Gewaltakte zu verprellen. Vielmehr scheint hier alles recht sachte seinen Weg zu gehen. Was sonst würde man von einem Friedhof erwarten? (Clive Barker hätte hierzu einiges zu sagen.) Und das ist vielleicht auch die Schwäche des Buches: Es ist etwas ZU wenig los am Schauplatz.

|Das Hörbuch|

Der Sprecher Jens Wawrczeck erweckt die Figuren zu Leben, indem er ihnen eine jeweils eigene Sprechweise verleiht und sie wie richtige Figuren emotional reagieren und Sprechen lässt. Auf einem Friedhof ergibt sich allerdings ein denkbar ungewöhnliches Personal, so dass leider wenig von Action zu spüren ist. Dieses Manko wird allerdings durch emotionale Dialoge wettgemacht. Sehr schön fand ich seine Gestaltung der Begegnungen Bods mit Sarah und eindrucksvoll die Begegnungen mit dem Sleer. Dessen kalt hauchendes Zischen ist mir immer noch schauerlich im Gedächtnis.

|Originaltitel: The Graveyard Book, 2008
Aus dem Englischen übersetzt von Reinhard Tiffert
280 Minuten auf 5 CDs|
http://www.hoerverlag.de

Hennen, Bernhard – Elfenkönigin, Die (Hörbuch)

_Die Königin im Exil zwischen Liebe, Orakel und Tod_

Die Elfenkönigin Emerelle hat den Thron von Albenmark an die Trolle und Kobolde verloren. An Emerelles Seite ist der Körper ihres geliebten Feldherrn Ollowein, in dem jedoch die Seele des alten Elfenhelden Falrach wiedererwacht ist. Vor Jahrhunderten liebte Emerelle Falrach, doch nun gehört ihr Herz dem verlorenen Ollowein.

Emerelle muss sich entscheiden, ob sie sich auf die Suche nach den verschollenen Alben macht, den einzigen, die Ollowein vielleicht heilen können, oder ob sie ihre eigene Rückkehr auf den Thron vorbereiten soll. Sie schickt dem Trollusurpator Gilamarak und seiner Hexe Skanga eine blutige Herausforderung und verbündet sich mit wilden Kobolden. Skanga schickt zwei Killer aus … (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Bernhard Hennen, 1966 geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Asiatische Altertumskunde. Mit dem Auftakt zu seiner atemberaubenden Elfensaga, Die Elfen, stürmte der Autor zahlreicher phantastischer und historischer Romane in kürzester Zeit die Bestsellerlisten und schrieb sich an die Spitze der deutschen Fantasy-Autoren. Bernhard Hennen lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Krefeld.

Zum Elfen-Zyklus gehören die Romane:

|Die Elfen|
Band 1: [Die Elfen 2169
Band 2: [Elfenwinter 2185
Band 3: [Elfenlicht 3505

|Elfenritter|
Band 1: [Die Ordensburg 4578
Band 2: [Die Albenmark 4693
Band 3: Das Fjordland

_Der Sprecher_

Hans Peter Hallwachs, Jahrgang 1938, studierte an der Fritz-Kirchhoff-Schauspielschule in Berlin. Von 1963 bis 1967 arbeitete er in Bremen bei Kurt Hübner und spielte Rollen in zahlreichen Inszenierungen von Peter Zadek. Unter der Regie von Hans Hollmann spielte er die Titelrolle in Peter Weiss‘ „Hölderlin“ und an den Münchener Kammerspielen in der Inszenierung von Dieter Dorns „Faust“. Hans Peter Hallwachs spielte große Rollen auch bei den Salzburger Festspielen, den Luisenburg-Festspielen und wirkte in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen mit.

In Andrew Taylors „Die vier letzten Dinge“ ist er als Erzähler zu hören. In J. R. R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“ spricht er den Aragorn, in Per Olov Enquists „Der Besuch des Leibarztes“ den Erzähler.

Hallwachs liest eine von Katia Semprich gekürzte und von den Autoren genehmigte Lesefassung. Regie führte Marie-Luise Goerke, für die Aufnahmetechnik war Ahmed Chouraqui vom |On Air Studio|, Berlin, zuständig. Das Booklet (s. u.) umfasst 16 Seiten. Mehr Details dazu weiter unten.

_Handlung_

|PROLOG|

Der Hofmeister des Thronräubers Gilmarak, der Emerelle immer noch ergeben ist, bereitet sich darauf vor, seinen Trollherrscher zu erdolchen. Denn seine eigene Treue gilt der Elfenkönigin Emerelle, die vor zwölf Jahren lieber ihre Krone ablegte, als ihren geliebten Feldherrn Ollowein, den die Trolle gefangen hatten und in ihren Dienst zwangen, zu töten. Doch elfische Seelen sind bekanntlich unsterblich, und so hofft der Hofmeister auf eine Wiederkehr Emerelles und Olloweins.

|Haupthandlung|

Emerelle nennt sich inzwischen Nandalee und reitet entgegen dem Rat eines Kentauren in die von Trollen und Kobolden beherrschte Stadt Feylan Viek. An ihrer Seite reitet der wiederauferstandene Elfenheld Falrach, jedoch im Körper des Feldherrn Ollowein. Auch Falrach hat schwere Bedenken gegen den Kurs, den Emerelle einschlägt. Was will sie in der Stadt ihrer Feinde?

Kaum in der Stadt, kommt es zu einem Zwischenfall, in dessen Verlauf Emerelles Pferd getötet und sie selbst gefangen genommen wird. Der Kobold Dalmak, der Vogt des Statthalters Gharub, stellt sie vor Gericht. Erst will Gharub nichts davon wissen und schickt den tölpelhaften Troll Madra zur Strafe in die Hauptstadt, dann verurteilt Dalmak die Elfin für das Verbrechen, dass sie Gharub Zeit gestohlen hat, zum Verlust ihrer rechten Hand. Dafür dass Falrach Widerstand leistet, soll auch er schwer bestraft werden.

Falrach ist bestürzt, dass Emerelle es ohne Widerstand geschehen lässt, dass ein Schmiedehammer ihre rechte Hand zertrümmert. Er selbst muss sie ihr mit seinem Schwert abtrennen, doch Emerelle schreit nicht auf, sie wankt nur. In der Kerkerzelle staunt er nicht schlecht, als er zusieht, wie sie sich per Magie die Hand nachwachsen lässt. Sie erklärt, sie habe erfahren müssen, ob es die Trolle und Kobolde mit ihrer Terrorherrschaft wirklich ernst meinen. Da dies ja wohl der Fall ist, wird sie ihnen ihre eigene Medizin zu schmecken geben: 17 Trolle und über 40 Kobolde metzelt Emerelle mit ihrem Zauber, den keine Türen aufzuhalten vermögen, hin. An die Wände des Schlachthauses schreibt sie: „Wer durch das Schwert herrscht, wird das Schwert umkommen.“ Eine klare Botschaft an den Thronräuber.

Dann verschwindet sie mit Falrach über die Albenpfade in das Verbrannte Land. In dieser Wüstenei hofft sie Frieden zu finden, doch sie täuscht sich. Hier herrschen die wilden Kobolde Oblons. Und der Krieger und Schamane ist nicht davon angetan, dass sie seine Opfergaben an die Trolle gefuttert haben. Für diesen Frevel sollen Emerelle und Falrach in einer Schlucht sterben. Felsen fallen auf sie herab …

|In Elfenlicht|

Skanga, die Beraterschamanin des Trollkönigs Gilmarak, versteht die Herausforderung, die ihr Madra von Gharubs Hof bringt, sehr wohl, ebenso der andere Berater, der Lutin-Kobold Elija Glops und dessen Bruder Nikodemus. Skanga würde die Elfenkönigin liebend gerne selbst verfolgen, doch sie ist blind und alt. Das Orakel der Knochen warnt sie zudem, Emerelle niemals vor sich bringen zu lassen, denn das würde ihren Tod bedeuten. Also muss die Elfenkönigin fern von der Hauptstadt getötet werden. Sie überredet den Troll Madra, nicht gerade der Hellste, und Nikodemus Glops, der die Mission für eine Auszeichnung hält, Emerelle und ihren Begleiter aufzuspüren – nichts weiter – und ihr mittels eines Amuletts Bescheid zu geben.

|Im Verbrannten Land|

Nikodemus gelingt es tatsächlich, Emerelle auf den Goldenen Pfaden der Alben zu folgen und ins Verbrannte Land zu gelangen. In Falkengestalt spürt er die beiden Gesuchten unter den Kobolden auf. Doch da wird Madra störrisch. Statt wie geheißen Skanga zu benachrichtigen, entscheidet er sich, Ruhm und Ehre zu ernten, um seine Chancen auf dem Troll-Heiratsmarkt zu erhöhen. Und er überredet Nikodemus, ihm zu folgen …

|Im Fjordland|

Die Menschen und Elfen sind in der Schlacht an der Nachtzinne von den Trollen vernichtend geschlagen worden. König Alfadas ist gefallen und hinterließ drei Kinder: Ulric, der in der Schlacht fiel; Kadlin, die im Winterkrieg mit ihrer Mutter in die Berge fliehen musste, aber zurückkehrte und nun Königin wird; und ihr Halbbruder Melvyn, der unter Wölfen aufwuchs, aber Sohn einer Elfin ist. Björn Lambison, ein junger Krieger aus dem Gefolge des Prinzen Ulric, hat Kadlin vor seinem Tod ein Kind gemacht. Sein Vater Lambi will verhindern, dass Kadlin in die Berge geht, um am Grab des Königs zu trauern – und das in ihrem Zustand, mitten im Winter.

Kadlin braucht nicht lange, um Lambi zu entwischen und auf ihren Bruder Melvyn zu stoßen, der über Tiermagie verfügt. Leider ist sie zu dickköpfig, um auf seine Warnung vor dem Königsgrab zu hören – prompt läuft sie in die Falle des Trollherzogs Orgrim. Als sie von ihm besiegt wird, trägt ein Adler, den Melvyn schickt, sie an einen sicheren Ort zu ihrem Halbbruder.

Stur, wie sie nun mal ist, weist sie den kostenlosen Triumph zurück und stellt sich Orgrim erneut. Doch der betrügt sie, denn es gelüstet ihn nach Melvyns delikatem Halbelfenfleisch. Erneut besiegt, muss sie einen Eid leisten, die Trolle künftig in Ruhe zu lassen. Ein Eidbruch würde zur Invasion der Menschenlande durch die Trolle führen. Nur unter dieser Bedingung darf sie zusammen mit Melvyn wieder gehen. Und Kadlin denkt an ihr Ungeborenes, das sich in ihrem Bauch regt, sowie an ihr Volk. Aber wird der Friede halten?

_Mein Eindruck_

Die Albenmark ist ein richtiges Multikultiland, doch die Aktien stehen für Menschen und Elfen sind sonderlich gut. Die dämlichen und grausamen Trolle herrschen zusammen mit den schlaueren Kobolden über das einstige Reich Königin Emerelles. Der Dritte Trollkrieg hat das Reich dem Untergang geweiht, nur hier und da halten sich Enklaven von Kentauren, Menschenkönigen und Wolfselfen (Maurawan).

|Zug durch die Wüste|

Aber kann eine so mächtige Zauberin wie Emerelle, deren Vorbild eindeutig Galadriel ist (bis hin zum wässrigen Zauberspiegel), auf Dauer im Nichts verschwinden? Natürlich nicht, und schon bald macht sie sich für die Kobolde Oblons nützlich, die sie doch nicht umbringen konnten. Sie führt Oblons Stamm durch einen Wüstensturm, der stark an [DUNE 5643 gemahnt, in eine Oase, wo jedoch Gefahren lauern: ein Orakel, das Opfer verlangt: Die Gazala hasst Emerelle und ihresgleichen …

|Zwei Spannungsbögen|

Der Roman weist zahlreiche Haupt- und Nebenstränge auf, doch hinsichtlich Emerelle lässt er sich leicht in zwei Spannungsbögen einteilen. Der erste besteht in Skangas Verfolgung der Königin im Exil bis hin zu dem Zeitpunkt, als Skangas Ungeheuer die Königin finden und stellen. Hoffnungsmäßig ist dies der Tiefpunkt des Romans. Der zweite Spannungsbogen erstreckt sich von Emerelles Rettung bis zu ihrer Rückkehr auf den Thron der Albenmark. Das Finale beendet die V-förmige Emotionskurve.

|Ironische Love Story|

In einer anrührenden Nebengeschichte läuft eine tragische Liebesgeschichte zwischen einer Attentäterin namens Elodia und einem edlen tjuridischen (lies: christlichen) Ritter namens Adrien ab, die ihren Höhepunkt im gerechtfertigten Tod von Elodias Auftraggeber, dem bösen König Cabezan, findet. Zugleich bedeutet dies den Tod Adriens, denn Elodias hat ihm zuvor in Cabezans Auftrag ein Gift verabreicht, das binnen drei Tagen zum Tode führt. Doch selbst in Adriens Ableben findet noch ein kleines Wunder statt, das Elodias Liebe in ironisches Licht hüllt.

|Der Kronrat|

Bevor Emerelle den Thron erneut besteigen kann, müssen zahlreiche weitere Bedingungen erfüllt sein. Die wichtigste besteht im Zeitpunkt: Eine Königswahl kann nur alle 28 Jahre zum Fest der Lichter stattfinden. Deshalb beleuchtet der Roman ganze zwölf Jahre in Emerelles Leben. Die Wahl wird vom Kronrat getätigt, um dessen Zusammensetzung es ganz erhebliches Gerangel gibt. Der zweite Berater des Königs, Elija Glops, hat eine Kobold-Untergrundbewegung ins Leben gerufen, die Rotmützen, die am Tag X losschlagen soll.

|Die Rache|

Doch das launische Schicksal will es anders. Elija, der Königsmacher, hat sich als Gilmaraks Nachfolger den Holden-Kobold Alderan auserkoren. Doch dieser alte und erfahrene Mann befindet sich jahrelang auf einer verzweifelten Suche nach dem Mörder seines Sohnes Baldan. Baldan fiel in einer Schlacht, die der Verteidigung der Karawane Herzog Orgrims diente. Der Pfeil, der Baldan tötete, trägt das Zeichen eines bestimmten Schmiede, und dieser Spur folgt der alte Mann bis zu ihrem Ursprung: dem Auftraggeber der Pfeilschmiede. Dreimal darf man raten, um wen es sich dabei handelt und wie Alderans Rache an ihm aussieht. Die Abstimmung im Kronrat verläuft jedenfalls ganz anders, als Skanga dies erwartet hat.

|Begegnung mit den Alben|

Wie schon im Vorspann dieser Rezension erwähnt, versucht Emerelle Kontakt zu den emigrierten Alben herzustellen. Dies ist denkbar schwierig, denn sonst hätten sich die Alben, übernatürliche Wesen, schon längst wieder bemerkbar gemacht. Viele sind ausgezogen, doch keiner kam vom magisch beschützten Berg Albenhaupt zurück. Eine Prophezeiung hilft Emerelle weiter: der Sohn einer Elfe und eines Menschen könne zum Gipfel gelangen.

Dieser Steckbrief passt haargenau auf Melvyn, den Halbbruder Königin Kadlins. Nachdem sie Kadlins Reich vor der Pest gerettet hat, fliegt Emerelle mit Melvyns Adlern zum Albenhaupt. Sie schafft es tatsächlich zum Gipfel. Ein Schiff, das Earendils würdig wäre, des über den Himmel schwebenden Sängers der Elben Tolkiens, steht dort. Doch eine Berührung wirft die Besucher wieder zurück. Nur im Traum erreicht eine Botschaft des Albensängers Emerelles Geist – und entscheidet über ihr weiteres Vorgehen …

|Zeitraffer|

Da diese Geschichte sich über zwölf Jahre erstreckt, kann man wohl schwerlich erwarten, dass jede Tat im Buch verzeichnet wird – das wäre ein Konvolut von mehreren tausend Seiten. Ein Hörbuch von nur 455 Minuten muss sogar noch viel radikaler kürzen und nur besonders entscheidende Szenen wiedergeben, die für den Ausgang der Gesamthandlung von Belang sind. Hier wurde, um es kurz und bündig zu sagen, massiv gekürzt.

Um die Jahre überbrücken zu können, schuf der Bearbeiter der Hörbuchfassung Überleitungen, die als Zeitraffer fungieren. Sie sind durch die Wahl des Präsens als Tempus eindeutig gekennzeichnet. Auf diese Weise lassen sich ganze Entwicklungen, wie etwa Adriens Ausbildung zum Ritter, in nur einem Satz erzählen.

|Der Sprecher|

Meine Vorbehalte gegenüber dem Sprecher Hans Peter Hallwachs haben sich leider bestätigt. Er mag ein ausgezeichneter und kraftvoller Darsteller von Männerstimmen sein, doch bei Frauenfiguren ist er ein Totalausfall. Es ist einfach lachhaft, die ebenso liebliche wie hinterlistige Elodia wie einen Kerl klingen zu lassen.

Die Tatsache, dass Hallwachs durchaus in der Lage ist, seine Stimme zu Rufen, Zetern und sogar Brüllen zu erheben, verwunderte mich nicht. Er kann auch Enttäuschung, Hinterlist und geflüsterte Verwünschungen ohne Weiteres flexibel darstellen. Am authentischsten fand ich noch die grummeligen Stimmen der Trolle, so etwa die von Orgrim und Madra. Sie entsprechen genau Hallwachs‘ tiefer Stimmlage.

Es gibt weder Musik noch Hintergrundgeräusche, so dass ich darüber keine Worte zu verlieren brauche.

|Das Booklet|

Das Booklet von 16 Seiten Umfang listet zunächst die sechs CDs und ihre Lauflänge auf, was nicht so wahnsinnig informativ ist, da die CDs keine Kapitelüberschriften aufweisen und somit nichts über den Inhalt verraten. Diese Information liefert erst der kurze Artikel, der auf der nächsten Seite folgt und eine geraffte Zusammenfassung der bisherigen Handlung bildet. Der erweist sich aber lediglich als Appetizer, denn nur die ersten Kapitel werden berücksichtigt. Bis zur finalen Schlacht gegen die Vertreter des Bösen ist es noch ein sehr langer Weg.

Das Personenverzeichnis umfasst mehr als sechs Seiten, das Verzeichnis der Schauplätze ebenfalls zweieinhalb Seiten, und das abschließende dreiseitige Glossar bildet quasi die Legende zur inzwischen gestrichenen Landkarte. Hier sind die meisten Orte, Titel und Völkerschaften bezeichnet und erklärt.

So gibt es zum Beispiel die drei Welten Albenmark, die Andere Welt und daneben noch die Verbrannte Welt. In Albenmark leben alle Albenkinder, das heißt jene Völker, die von den entschwundenen Alben (Licht- und Dunkelalben) geschaffen wurden, also Elfen, Kentauren, Trolle usw.

Für die Infrastruktur und Geografie sind die Albenpfade wichtig, magische Pfade, die die drei Welten verbinden. An so genannten Albensternen kreuzen sich zwei bis sieben Albenpfade, und hier kann ein Tor zu einer der beiden anderen Welten geöffnet werden. Wer ein elfischer oder gleichwertiger Zauberer ist und einen der mächtigen Albensteine besitzt, kann dies leicht bewerkstelligen. Die Elfenkönigin kann Tore schaffen und unwiderruflich wieder schließen, so etwa im Falle einer Trollarmee oder um die Elfe Noroelle ins ewige Exil zu verbannen.

Die 16. Seite ist mit Informationen über die beiden Autoren und den Sprecher (s. o.) gefüllt.

_Unterm Strich_

Tolkiens Vorlagen wie Galadriel oder Earendil sind unverkennbar in Hennens Romane eingegangen, doch hat er Völkerschaften, die bei Tolkien getrennt sind, wie etwa Trolle, mitten ins Zentrum des Geschehens gestellt. Aus den Orks, tumben Bösewichten, sind schlaue Kobolde geworden, die mitunter sogar die Albenpfade beschreiten können. Antike Wesen der Mythen wie die Kentauren haben Eingang gefunden, und wo dieser Mythenkreis erschlossen wird, ist kein Ende abzusehen. Deshalb kann jeder Leser der bislang vier Elfenromane und der Elfenritter-Trilogie erwarten, mit zahlreichen aufregenden Wesen Bekanntschaft schließen zu dürfen.

Der vorliegende Roman sieht Emerelle sozusagen im Exil und auf Wanderschaft. Nicht nur einmal hat sie mich an Paul Muad’dib im zweiten Band des DUNE-Zyklus erinnert. Sie erobert fremde Stämme als natürliche Führerin, wirkt heilende Magie und begegnet doch schließlich, am Ende des ersten Spannungsbogen, ihrem Tod. Der zweite Spannungsbogen führt die Handlung wieder empor zur Wiederherstellung des vorherigen Status quo, setzt also Emerelle wieder auf den Thron der Albenmark.

Der Weg dorthin ist verschlungen und mit dem Schicksal mehrerer anderer Figuren verflochten. Deren Nebenschauplätze sind mitunter gar nicht direkt mit Emerelle verknüpft, so etwa die Liebesgeschichte um Elodia und Adrien. Man kann sich fragen, was das soll, aber was wäre ein Fantasyroman ohne eine Love Story? Denn die von Emerelle will nicht so recht hinhauen, vor allem nicht, sobald Emerelle ihren Lover Falrach mit dem Namen eines Anderen angeredet hat. Dumm gelaufen.

|Das Hörbuch|

Meine Vorbehalte gegenüber Hallwachs habe ich schon in meinem Bericht über das Hörbuch zu „Die Elfen“ geäußert; sie haben sich nicht geändert, da mag der Autor Hennen den Sprecher noch so sehr loben. Hallwachs kann tiefe männliche Stimmen gut darstellen und ist auch zu Emotionalität in der Lage, aber sonst ist sein stimmlicher Spielraum einfach zu begrenzt. Viele Figuren erscheinen völlig austauschbar, was wirklich schade ist.

Wenn von einem Roman-Umfang von rund 900 Seiten nur noch sechs CDs mit 455 Minuten übrig bleiben, sollte es eigentlich nicht verwundern, wenn an der Story massiv gekürzt wurde. Dennoch regt sich ein „Rezensent“ bei Amazon.de genau darüber tierisch auf. Hätte er bloß mal die Finger vom Hörbuch gelassen! Der Vorteil der Kürzung liegt darin, dass der Zuhörer, der sich nicht durch 900 Seiten wühlen will, eine Show der Best-of-Szenen geboten kommt. Dadurch ist stets für gute Unterhaltung gesorgt, weil ständig etwas von Belang passiert, das später wieder wichtig wird. Im Rückblick ist die Kohärenz in dieser gerafften Darstellung wirklich erstaunlich. Und wer das Hörbuch zweimal anhört, wird dies ohne Weiteres feststellen können.

|455 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 978-3867171700|
http://www.hoerverlag.de
http://www.bernhard-hennen.de
http://www.heyne.de

Josh Bazell – Schneller als der Tod (Lesung)

Mit seinem Romandebüt mischt sich Josh Bazell in den überquellenden Markt der Mafia-Thriller ein. Was langweilig klingt, da man meint, zu diesem Thema schon jegliche Nuance gehört zu haben, entpuppt sich als ein Roman nach dem Humor eines Quentin Tarantino, böse und zugleich aufs Äußerste komisch. Dabei vergleicht Bazell den Profikiller mit einem Klinikarzt und es fällt schwer, Sympathie für einen der beiden Berufe zu entwickeln. Bazells Protagonist jedoch, der Ich-Erzähler Peter Brown alias Piedro Brnwa, vereint beide Aspekte der Brutalität in sich und wird dadurch zu einem perfekten Sympathieträger …

Ein Arbeitstag für den Arzt Peter Brown beginnt mit einer brutalen Konfrontation mit seiner Vergangenheit: Ein armseliger Penner bedroht ihn mit einer billigen Pistole. Brown erledigt ihn medizinisch exakt und als perfekt ausgebildeter Profikiller, wobei er (wie er in seiner trockenen Erzählweise mitteilt) seinen tödlichen Hieb im letzten Moment von der Kehle weg zur Nase richtet und den Angreifer so nur K. o. schlägt.

In seinem vom Drogenentzug verwirrten Zustand nimmt er die Waffe an sich und sucht dann im Krankenhaus fieberhaft nach einem Versteck, das so schnell niemand außer ihm finden soll. Im Aufzug trifft er eine junge, unerfahrene Vertreterin pharmazeutischer Produkte, die sich treu nach dem Motto richtet: Sex sells! Von ihr bekommt er einen kleinen Schub der richtigen Drogen, ehe er sich reichlich unkonzentriert, aber trotzdem offenbar mit gehörigem Sachverstand, ins unerbittliche Tagesgeschäft der Ärzte wirft.

Seine Vergangenheit holt ihn endgültig ein, als ihn ein todkranker Patient erkennt und als „Bärentatze“ anspricht, ein Kosename seiner alten Verbindung in der Mafia, aus der er sich über ein Zeugenschutzprogramm freigekauft hat. Und während Brown noch mit der krankenhausinternen Bürokratie kämpft, informiert der schmierige Mafiosi die Bande über den Aufenthaltsort des Ehemaligen …

Christoph Maria Herbst liest und erzählt diese Geschichte mit einer typisch rauen Gangster-Stimme, die ähnlich eindrucksvoll ist wie Robert de Niros deutscher Synchronisator Christian Brückner. An manchen Stellen stöhnt er sich durch einen Absatz, um dann wieder trocken und leidenschaftslos über die medizinischen Aspekte des Tötens zu sprechen. Übrigens ist dies eine interessante und lehrreiche Verbindung, der Killer und der Arzt. Man lernt einiges über den menschlichen Körper, auch wenn es schließlich im Showdown etwas zu weit führt, aber dazu weiter unten.

Die Geschichte spielt sich auf zwei Ebenen ab. Peter Brown erzählt neben seinem Bericht über seinen erneuten Mafiakontakt im Krankenhaus (den er dem Stil seiner Erzählung nach in einer Anhörung wieder gibt), wie er überhaupt zur Mafia kam und was er dort erlebte, was ihn schließlich umkrempelte und zu einem ackernden Arbeitstier im Zeugenschutzprogramm machte. Das sind gleich zwei spannende Geschichten parallel, die jede für sich spannend und echt fesselnd erzählt werden. Zwischen ihnen gibt es eigentlich lange keine weiteren Berührungspunkte, bis sich die persönlichen Reibereien der Vergangenheit explosiv entladen und zu einem gewissenlosen Mordanschlag führen, der in letzter Konsequenz für Piedros endgültigen Wandel ausschlaggebend ist. Hier schlägt Bazell dann die Brücke in die erzählte Gegenwart, wo sich die Kontrahenten unter anderen Vorzeichen erneut begegnen und ihren Zwist zu einem Ende bringen.

Was lässt sich über die Charaktere sagen: Der Ich-Erzähler ist Piedro Brnwa, der eigentlich über seine Zeit als Peter Brown berichtet. Man erfährt über den engen Kontakt zu ihm (und wahrscheinlich gelingt das im Hörbuch noch besser als im Roman, da man scheinbar ihm direkt zuhört und seine Regungen in der Stimme erfährt), wie er denkt und fühlt und wie er sich zu dem entwickelte, was er zu seiner Zeit als Killer war. Dabei rückt er seine Motive in ein zwiespältiges Licht von Moralität, da er sich nie ohne eingehende Information über seine Opfer zu einem Mord kaufen ließ, sondern immer erst von ihrer Schuld überzeugt sein wollte. Außerdem zeigt der intensive Tag, den man mit Brown im Krankenhaus erlebt, wie er nach seiner Zeit als Killer zu einem Arzt wurde, der zwischen den Mühlsteinen der Bürokratie versucht, Menschenleben zu retten, Leiden zu lindern und sich zum Teil von seiner Schuld als Mörder frei zu arbeiten. Dabei klingt sowohl in Herbsts Stimme als auch durch den Text selbst immer die Müdigkeit des täglichen Kampfes, die Resignation und der Wille, sich gegen die tumbe Geistlosigkeit der Mitmenschen und des Systems durch zu setzen, an und gibt dem Menschen Brnwa/Brown weitaus mehr Rückgrat und Sympathie, als es ein bloßer Profikiller der einschlägigen Literatur sonst erreichen kann.

Durch den Blickwinkel bleiben die anderen Figuren fremder, doch die Ereignisse und Browns Erzählung entwickeln zumindest seinen Jugendfreund und späteren unerbittlichen, geistlosen und brutalen Gegner Skinflick auf glaubhafte Art, wenn sie auch nicht sehr kreativ ist: Unfähiger Sohn eines erfolgreichen Mafiosos hängt sich an einen gleichaltrigen Freund des Vaters, der der perfekte Sohn sein könnte, um Zugang zu den Kreisen des Vaters und dessen Respekt zu ergattern. Schließlich wird er enttäuscht und gedemütigt und startet einen Rachefeldzug, an dessen Ende es höchstens einen Überlebenden geben kann.

Die Sprecherleistung ist weitgehend überzeugend, mehr noch, fesselnd, denn Herbst versetzt sich hervorragend in Brnwa hinein und intoniert auch die anderen männlichen Protagonisten gekonnt. Schwachpunkt sind nur die Frauen. Hier zeigt sich, dass wirklich nicht jeder Mann die hohen Stimmen von Frauen nachahmen kann. Dadurch verliert Brnwas einzige Liebe, der Herbst zwar mit besten Möglichkeiten versucht, eine angenehme Stimme zu verleihen, die überzeugende Darstellung als eben diese einzigartige Frau, die sie dem Text nach ist.

Wie oben gesagt, entwickelt sich die Geschichte auf faszinierende Weise realistisch und trotz aller Brutalität sympathisch, bis Skinflick und Brown sich zu ihrem finalen Zweikampf treffen. Die Inszenierung ist sehr gut gemacht, und wieder überzeugt Brown mit fundiertem medizinischen Wissen, doch der Knackpunkt, die Selbstverstümmlung, ist der einzige Schwachpunkt der Geschichte. Hier wird ein absoluter Höhepunkt angestrebt, der dieser Geschichte gerecht wird, und damit schießt Bazell übers Ziel hinaus.

Insgesamt ist das Hörbuch uneingeschränkt empfehlenswert. Ein Romandebüt der Extraklasse, von dem sich einige etablierte Autoren getrost eine Scheibe Überzeugungskraft abschneiden können.

6 Audio CDs
Originaltitel:
Beat the Reaper
Gelesen von Christoph Maria Herbst
Deutsch von Malte Krutzsch
ISBN-13: 978-3867175401

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