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Holdstock, Robert – Gate of Ivory (Ryhope Wood Zyklus 7)

_Liebe und Tod im Mythenwald_

In den achtziger Jahren schrieb der englische Autor Robert Holdstock mit „Mythenwald“ (Bastei-Lübbe; O-Titel: „Mythago Wood“) einen Klassiker der modernen Fantasy-Literatur. Er kehrte immer wieder zu diesem mythen- und bildergebärenden Kessel der Ideen, dem Ryhope Forest, zurück – so in „The Hollowing“ und „Lavondyss“ (dt. bei Bastei-Lübbe als „Tallis im Mythenwald“). „Gate of Ivory“ ist ein Prequel zu „Mythago Wood“.

_Handlung_

In „Gate of Ivory“ kehrt der Autor wieder zum Ursprung der Geschichte von „Mythenwald“ zurück. Der Gelehrte George Huxley, der mit seiner Frau Jennifer und den zwei Söhnen Stephen und Christian auf seiner Farm lebt, erforscht die Tiefen des nahe gelegenen Ryhope Forest. Aus dessen scheinbar unendlichen Tiefen erscheinen ihm immer wieder Gestalten aus der Frühzeit der Menschheit, vor allem aus den Mythen.

Aus dem Artus-Mythos ist ihm Guinevere, eine junge unbändige Frau von großer Schönheit, begegnet, und er verliebte sich in sie. Seitdem sucht er immer wieder im Wald nach ihr. Dies zerstört seine eigene Ehe und die Beziehungen zu seinen Söhnen, denen er sich entzieht.

Christian, sein jüngerer Sohn, erzählt die Geschichte von „Gate of Ivory“. Die Geschichte beginnt mit den Abwesenheiten des Vaters und den wiederholten Besuchen von wilden Gestalten aus dem Forst. Eine junge Frau schlägt ihn in ihren Bann. Ihr Häuptling zeichnet ihn mit einem Messer als „slathan“. Die Bedeutung dieses Wortes und der Rolle, die es ihm zuweist, wird ihm erst gegen Schluss seines folgenden Abenteuers klar. Nach der Verwüstung der Farm verschwindet die Horde.

Christians Mutter tötet sich. Sie erhängt sich, offenbar umnachtet, in den Ästen einer sturmgebeugten Eiche unweit des Waldes. Ihr Sohn, der sie davon abzuhalten suchte, ist untröstlich. Er zieht in den Zweiten Weltkrieg, um erst Jahre später, gereift und in den Kampfkünsten erfahren, zurückzukehren.

Er macht sich auf in den Forst und stößt schließlich auf eine kleine Gruppe von zum Tode verdammten Personen. Die junge Frau Guiwenneth, die ihn an seine einstige Gespielin erinnert, hat es ihm besonders angetan. Eine innige Beziehung entsteht. Eine weitere interessante Gestalt in der Gruppe ist Someone Son of Somebody, der als Baby unbenannt geblieben war. Eine enge Beziehung baut diese Artusgestalt zur Zauberin Issabeau auf, deren Name aus frühmittelalterlichen Legenden stammt. Christian kann sich dank der Übersetzungskünste von Gwyr – man spricht Keltisch – mit den anderen, die Englisch lernen, verständigen.

Die Gruppe stößt auf eine große Armee – die „Legion“ – aus Söldnern, Zauberern und Sehern, die von Kylhuk angeführt wird und auf der Suche nach der „Langen Person“ ist. Kylhuk wird Christians Mentor, eine verhängnisvolle Beziehung, wie sich zeigen soll: Es war Kylhuks Hauptmann Mannandoun, der Christian zum „slathan“ gemacht hatte. Mannadoun fällt unter den Schwertstreichen der Legion-Verfolger, den Söhnen Kyrdus.

Kylhuk ist eine Gestalt aus den walisischen Legenden, die im „Mabinogion“ gesammelt sind. Im Auftrag des Königs der Riesen und seiner Tochter Olwen befindet er sich auf der Queste, um mehrere sagenumwobene Gegenstände für seine Hochzeit mit Olwen zu finden. Kylhuk reist mit der Legion durch Lande und Zeiten, die sich ständig verändern.

Als sich die „Lange Person“ als langer Fluss mit zwei Armen herausstellt, befährt die Legion diesen Styx-artigen Fluss in die Totenwelt. Deren Zugang hat zwei Tore: das Tor von Horn und das Tor von Elfenbein. Letzteres steht für die Lüge, Ersteres für die Wahrheit. Die Legion wird bei einem Unglück zerschlagen, nur wenige der Ursprungsgruppe überleben – doch Guiwenneth ist verschwunden.

Als Christian durch das Tor aus Horn geht, trifft er zunächst seine Mutter wieder. Sie weist ihn zurück, als er ihr die Chance bietet, sie in die Welt der Lebenden zu bringen. Er solle lieber seine Geliebte Guiwenneth retten – sie biete ihm eine Zukunft. Doch auch sie weist ihn an, sie in der schönen (keltischen!) Totenwelt zurückzulassen.

Christian kehrt jedoch in anderer Begleitung zu Someone Son of Somebody zurück – sehr zu dessen Freude. Someone erinnert sich nun wieder an seinen wahren Namen. In Freundschaft trennen sie sich, und Christian kehrt nach Hause zurück – nur um die schreckliche Wahrheit über den Tod seiner Mutter zu erfahren!

_Mein Eindruck_

Robert Holdstock ist ein Meister in der einfühlsamen Behandlung tiefer menschlicher Befindlichkeiten: die Jagd nach der verschwundenen Geliebten, nach der toten Mutter. Dies sind jedoch ewige Konstanten: die Suche nach Liebe, das Verfolgen der Wahrheit.

Nur allzu oft münden seine Geschichten in tragische Situationen, in denen der Helden sich in der Bewertung von wahr und unwahr, gut und falsch, Täuschung und Lüge bewähren muss. Christian Huxley muss sich in der Unterwelt fast wie weiland Orpheus zwischen der Geliebten und der Mutter entscheiden und die Gewählte, ohne sich umzuwenden oder sie anzusprechen, zurück in die Oberwelt führen. Diese Neu- und Umdeutung der alten Mythen für die Gegenwart stellt den größten Wert in Holdstocks Werk dar.

Aber es gibt noch andere Werte. Da ist zum einen die unterhaltsame Art und Weise, wie er alte Geschichten aus dem kollektiven Unbewussten der Menschheit lebendig werden lässt. Ihm mangelt es nie an Action und einem trockenen Humor, wie er einem Engländer aus Kent gut zu Gesicht steht.

Schade, dass bislang nur die zwei oben genannten Fantasy-Romane den Weg zu uns gefunden haben.

|Hinweis|

Wer mehr von Holdstock lesen will, muss zu den Originalausgaben greifen – von „Ancient Echoes“, „The Fetch“ und „The Bone Forest“, zusätzlich zu den oben genannten Titeln aus dem Mythenwald-Zyklus. Übrigens: Holdstock hat auch Science-Fiction geschrieben. „Erdwind“ ist 1981 bei Moewig veröffentlicht worden.

Robert Holdstock – The Iron Grail (Merlin Codex 2)

Faszinierende Begegnung mit der Anderwelt

Band 1: Das legendäre Abenteuer Jasons und seiner Argonauten endete in einer Tragödie, als Jason seine Gattin Medea betrog und sie sich bitter dafür rächte. Jason hat nur noch sein magisches Schiff Argo, das vom Geist der Göttin Hera erfüllt ist. 700 Jahre später kommt der potenziell unsterbliche Zauberer Merlin in den Norden Finnlands, um dort die Argo und ihren darin eingeschlossenen Kapitän Jason aus einem vereisten See zu heben.

Das magische Unternehmen gelingt mit Hilfe einer Schamanin namens Niiv und ihrer Verwandten. Als Merlin Jason berichtet, dass dessen zwei Söhne nicht, wie Jason glaubte, tot seien, sondern im Land der Geister, Alba (Britannien), am Leben, sammelt Jason erneut Argonauten um sich, um die verloren Geglaubten zu finden. Es wird ein magisches Abenteuer.

Band 2: Im ersten Band hat Jason seinen ersten Sohn Thesokuros gefunden, doch mit unerwarteten Folgen. Nun kehrt Merlin nach Alba, das Land der Schatten von Helden, zurück und stößt auf Kinos, Jasons zweiten Sohn. Auch dieses Zusammentreffen zeitigt schreckliche und tragische Konsequenzen.
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