Schlagwort-Archive: Heyne

[NEWS] Patricia Briggs – Jäger im Schatten: Mercy Thompsons spannendste Geheimnisse

Wie wurde der Marrok eigentlich zum mächtigsten Werwolf der Vereinigten Staaten? Wie begegneten sich Anna und Charles aus »Alpha & Omega« zum ersten Mal? Und natürlich ein neues aufregendes Geisterabenteuer für Mercy Thompson. Dies sind nur drei der insgesamt zehn, zum Teil auf Deutsch bisher noch unveröffentlichten Stories aus Patricia Briggs’ großartigem Universum, in dem ihre beiden erfolgreichsten Fantasy-Serien – »Mercy Thompson« und »Alpha & Omega« – angesiedelt sind. (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 608 Seiten
Heyne

 

Guy Gavriel Kay – Das Komplott (Die Reise nach Sarantium 1)

Nach Byzanz segeln und überleben

Der vierteilige Doppelroman entführt den Leser in eine spätantike Zeit mit anderen Namen und anderem Geschichtsverlauf, doch es ist deutlich, dass Sarantium dem alten Byzanz (Ost-Rom) entspricht: Den Bänden sind Zitate aus dem Gedicht „Sailing to Byzantium“ des irischen Dichters W. B. Yeats vorangestellt.

Der 2001 bei Heyne veröffentlichte Zyklus „Die Reise nach Sarantium“ besteht aus folgenden Bänden:

1) Das Komplott (06/9141)
2) Das Mosaik (06/9142)
3) Der neunte Wagenlenker (06/9165)
4) Herr aller Herrscher (06/9166)

Der Autor
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[NEWS] Nicholas Sparks – Wenn du zurückkehrst

Trevor ist 32 und an einer Wegscheide in seinem Leben angekommen. Da stirbt sein Großvater und hinterlässt ihm sein heruntergekommenes Cottage in North Carolina – samt riesigem wildwucherndem Garten und zwanzig Bienenstöcken. Trevor beginnt das Haus wieder instand zu setzen und kümmert sich mit Begeisterung um die Bienenvölker. Und er lernt zwei geheimnisvolle Frauen kennen, die ihn beide auf ganz unterschiedliche Weise in ihren Bann ziehen: die Polizistin Natalie, zu der er sich sofort hingezogen fühlt, die seine Gefühle auch zu erwidern scheint – und die sich doch nicht an ihn binden kann. Und die Jugendliche Callie, die sich ganz allein durchs Leben schlägt und offensichtlich mit schwerstwiegenden Problemen kämpft. Kann Trevor Callie retten und Natalie für sich gewinnen? (Verlagsinfo)


Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Heyne

Dan Simmons – Im Auge des Winters (Elm Haven 2)

Ungewöhnlicher, spannender Geister-Thriller

„Im Auge des Winters“ ist die Fortsetzung des preisgekrönten Horror-Romans „Sommer der Nacht“. Dreißig Jahre nach dem mysteriösen Mord, der seine Jugend überschattet hat, kehrt Dale Stewart, Professor an der Universität von Montana, gealtert in die kleine Provinzstadt Elm Haven in Illinois zurück. Vieles hat sich verändert – doch eines ist gleich geblieben: Das Böse ist immer noch dort.

Diesmal ist die Landschaft winterlich und unsicher. Nicht alle Wesen, denen Dale Stewart, begegnet, sind menschlich, auch wenn ihm das nicht sofort auffällt. Und es ist auch nicht immer eindeutig klar, ob Dale Stewart selbst ein Mensch ist. Möglicherweise ist er nach seinem gescheiterten Selbstmordversuch beides: ein Mensch UND ein Geist. Das würde zumindest einiges erklären…
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[NEWS] Kiri Johansson – Das Haus am Ende des Fjords

Mit ihrem Bed & Breakfast und dem kleinen Café in den malerischen Westfjorden Islands hat sich Isving ihren Lebenstraum erfüllt. Doch dann erhält sie eine niederschmetternde Diagnose und weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll. Da steht eines Tages der attraktive Thór vor ihrer Tür. Nach Jahren, in denen er mit seiner Band Konzerte überall auf der Welt gespielt hat, sucht der Komponist in der Abgeschiedenheit und der rauen Natur seiner Heimat nach neuer Inspiration für seine Musik. Die schüchterne Isving, die nichts von seinem internationalen Ruhm ahnt, erobert mit ihrem Gefühl für Melodien und Texte sein Herz im Sturm. Doch wird ihre Liebe auch die Wahrheit über ihre Krankheit verkraften? (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 480 Seiten
Heyne

 

Connelly, Michael – Schwarzes Eis (Harry Bosch 2)

Mit dem Steppenwolf zum Stierkampf

Eigentlich sollte LAPD-Drogenfahnder Cal Moore den neuesten Drogenmord untersuchen. Doch er muss seine Pläne geändert haben, denn man findet ihn eine Woche später in einer Absteige in LA: mit weggeschossenem Kopf. Auch die Abschiedsnotiz in seiner Hosentasche deutet an, dass es sich um einen Freitod handelt.

Doch der geschasste LAPD-Polizeiinspektor Harry Bosch findet bei den Ermittlungen an zwei anderen Morden heraus, dass es sich bei Moores Tod nicht um Selbstmord handelt. Wegen seiner Verbindungen zur mexikanischen Drogenmafia könnte Moore zwischen die Fronten geraten sein – oder lief sogar über. Aber warum will dann die eigentlich damit befasste LAPD-Abteilung die ganze Sache unter den Teppich kehren? Wenn Bosch nicht aufpasst, gerät er selbst zwischen die Fronten und endet wie Moore …
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[NEWS] Stephen Baxter – Artefakt. Sternenpforte

Seit seiner Kindheit wollte Reid Malenfant Astronaut werden, doch die NASA lehnte ihn ab. Seine Frau Emma ist erfolgreicher: Sie bricht 2004 mit einer Expedition zum Marsmond Phobos auf, um eine Anomalie zu erkunden. Doch ein Jahr später reißt der Kontakt ab, und Emma gilt seither als verschollen. Reid bekommt schließlich doch noch einen Platz als Space-Shuttle-Pilot, stürzt 2019 jedoch bei einem tragischen Unfall ab.
Über vierhundert Jahre Jahre später erwacht Reid Malenfant auf dem Mond. Man hat ihn damals schwerverletzt geborgen und in einen Kälteschlaf versetzt. Dank der fortschrittlichen Medizintechnik konnte er geheilt werden, doch das ist nicht der Grund, warum man ihn aufweckte. Die Erde erhielt einen Notruf – von Emma … (Verlagsinfo)


Taschenbuch: 720 Seiten
Heyne

John Brunner – Der Infinitiv von GO. SF-Roman

Philosophisch: Die Öffnung des Universums für Menschen

Als die Wissenschaftler die ersten Menschen durch den Materietransmitter schicken, treten bei den Versuchspersonen seltsame Erinnerungsstörungen auf. Sie haben das Gefühl, in eine Wirklichkeit befördert worden zu sein, die nicht ganz der entspricht, aus der sie kamen. Verändern die elektrischen Felder des Geräts die Gedächtnisinhalte – oder verändert sich bei jedem Transfer die Wirklichkeit selbst?

Der Autor

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John Brunner – Warnung an die Welt

Noch ’ne Alien-Invasion: Wer versteht die Warnsignale?

Sie war die einzige Bewohnerin des isolierten Planetoiden, weit draußen, außerhalb des Systems, der die Beobachtungsstation beherbergte, doch wenn sie in die eisige Unendlichkeit des Raumes hinausblickte, konnte sie eine blaue Sonne erkennen, und sie dachte an die Chidnim, die in ihrer Wärme lebten, und eine orangefarbene Sonne, in deren Schein die Tansiten ihre Spiele spielten, und eine weiße Sonne, direkt über sich, von der sie wusste, dass sie auf die Städte der Tarks herniederschien.

Dies alles war ihr seltsam vertraut – und doch so fremdartig wie der Körper, in dem sie sich befand. Sie betrachtete ihr Spiegelbild in einer polierten Metallscheibe, bewunderte ihre glänzende grüne Haut, die symmetrischen Muster der Schuppen in ihrem Gesicht, die elegante Geschmeidigkeit von Hals und Armen.

Doch alles würde anders sein, wenn sie erwachte, in ihrer Wirklichkeit erwachte – in einem schäbigen Apartment in London, in dem man sie gefangen hielt, nackt und unter Drogen gesetzt. An einem Ort, wo diese Erinnerungen, so klar und lebendig sie erscheinen, einfach unmöglich waren – fsslls sie nicht die unterdrückten Erinnerungen eines fremdartigen Geschöpfes darstellten, das sich verbergen mußte … (Verlagsinfo)
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John Brunner – Bürger der Galaxis

Spannend: Kampf gegen den Sklavenhandel im Universum

Auf der Erde herrschen Wohlstand und Müßiggang, denn Arbeit wird von Computern, Robotern und Androiden verrichtet. Die Menschen vergnügen sich also, genau wie Derry Horn, der Millionenerbe eines Roboterherstellers. Zwei brutale Morde, begangen an Lars Talibrand, einem „Bürger der Galaxis“, und an einem Androiden namens Latchbolt, verändern jedoch sein Leben. Er will die Taten nicht abschütteln und verdrängen wie seine Zeitgenossen, sondern sich damit befassen. Das bringt ihm die Hochachtung der Androiden ein, die ihn mit Informationen versorgen. Derry beschließt, die geheime Mission Talibrands fortzuführen: die Jagd auf Sklavenhändler im Weltall …
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Brunner, John – Geheimagentin der Erde

Freiheitskampf in Carrig: Agentin im Liebeskonflikt

Einst war Carrig berühmt. Aus aller Welt kamen die Menschen in die prächtige Königsstadt, Nachfahren von Flüchtlingen, die einst den Planeten besiedelten. Doch dann kamen Fremde, störten den Frieden, verkauften moderne Waffen an die Bewohner und übernahmen die Macht. Ein junger Mann von Carrig und eine junge Frau von der Erde schmieden den Plan, die Eroberer zu übertölpeln. (Verlagsinfo)
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Gregory Benford – Im Meer der Nacht (Contact-Zyklus, Band 1)

Schnark & Wächter: Blick in ein seltsames Universum

Anno 1997 registrieren die Astronomen auf dem Kleinplaneten Ikarus, den sie seit 1949 kennen, einen rätselhaften Gasausbruch, der ihn auf Kollisionskurs zur Erde bringt. Astronauten sollen ihn mit H-Bomben sprengen, um die Gefahr abzuwenden. Doch sie machen die Entdeckung, dass es sich um ein getarntes, automatisch gesteuertes Raumschiff handelt. Im Augenblick der Sprengung setzt es einen Hilferuf ab – an wen? 15 Jahre später taucht ein Robotspäher im Sonnensystem auf …

Der Autor

Gregory Benford, Jahrgang 1941, ist nicht nur einer der besten Science-Fiction-Autoren, sondern auch renommierter Physikprofessor und einflussreicher Berater der US-Regierung in Sachen Raumfahrt und Energieversorgung. Diese Tätigkeit hat ihm sicherlich wertvolle Erkenntnisse vermittelt, die er in Romanen wie „Eater“ und [„Das Rennen zum Mars“]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?idbook=1223 verarbeitet hat.

Benford forscht und lehrt noch heute an der Uni von Kalifornien in Irvine bei L.A. Sein wichtigster früher Roman war „Zeitschaft“. Darin stellte er erstmals überzeugend die wissenschaftliche Arbeit in der Physik dar (siehe meinen Bericht). Mit seinem sechsbändigen CONTACT-Zyklus, in dem eine Expedition die Tiefen des Alls erforscht, und dem in der nahen Zukunft angesiedelten Roman [„Cosm“]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?idbook=1224 hat er der naturwissenschaftlich ausgerichteten Science Fiction einen höheren Stellenwert verschafft, als ihr in den 70er und frühen 80er Jahren zugestanden wurde.

Der CONTACT-Zyklus:

1) Im Meer der Nacht (1977, dt. 1980 und 2000)
2) Durchs Meer der Sonnen (1984, dt. 1987 und 2000)
3) Himmelsfluss (1987, dt. 1994 und 2001)
4) Lichtgezeiten (1989, dt. 1994 und 2001)
5) Im Herzen der Galaxis (1994, dt. 2000)
6) In leuchtender Unendlichkeit (1995, dt. 2000)

Hinweis

Die deutsche Erstausgabe enthält ein Interview mit dem Autor sowie zahlreiche Illustrationen.

Handlung

1949 wurde durch Walter Baade auf dem Mount-Palomar-Observatorium der Kleinplanet Ikarus entdeckt, der seine exzentrische Bahn zwischen Mars und Merkur zieht und sich der Erde bis auf 6,4 Millionen Kilometer nähern kann.

Im Jahr 1997 registrieren die Astronomen einen rätselhaften Gasausbruch auf dem Himmelskörper, der seine Bahn verändert und ihn auf Kollisionskurs mit der Erde bringt. Ein Astronautenteam wird hinausgeschickt, um ihn mit Wasserstoffbomben zu sprengen. Nigel und Len machen die sensationelle Entdeckung, dass es sich um ein getarntes, automatisches Raumschiff handelt. Nigel Walmsley soll eine Wasserstoffbombe zünden, um das potenziell bedrohliche Schiff zu vernichten.

Doch Nigel zögert, die offensichtlich intelligent gebauten Artefakte zu zerstören, von denen die Menschheit lernen könnte. Als er durchschaut, dass ihn der Mann von der NASA anlügt, weigert er sich offen – und löst auf der Erde einen Sturm der Empörung aus. Doch Nigel hat Recht. Wenn Ikarus völlig hohl ist, können seine Bruchstücke entweder in der Erdatmosphäre verglühen oder beim Aufschlag kaum Schaden anrichten. Erst nachdem er alles Interessante mitgenommen hat, haut er ab und zündet die Bombe.

Sprengung

Im Augenblick seiner Sprengung setzt das fremde Raumschiff einen Hilferuf ab, der gehört wird. Denn 15 Jahre später – Nigel arbeitet immer noch bei der NASA, aber jetzt in Pasadena am JPL – taucht ein Robotspäher im Sonnensystem auf. Der Engländer Nigel Walmsley, der mit Lewis Carrolls Nonsensgedichten aufgewachsen ist, nennt ihn den Schnark. Aus den Bewegungsmustern leitet er ab, dass der Späher erst sämtliche Planeten absucht und sich erst danach auf die Erde konzentriert. Schließlich kommen von dort jede Menge Radiowellen. Aber wie können Schnark und Erde kommunizieren?

Die NASA bildet ein sogenanntes Exekutivkomitee, das von einem Mann namens Evers geleitet wird und dem auch Nigels Boss Lubkin angehört. Nigel, der seit der Ikarus-Sache weltberühmt ist, darf immerhin beraten. Er ist durch die tödlich verlaufende Krankheit seiner Geliebten Alexandria schwer abgelenkt. Um die Kranke besser überwachen und ihr im Notfall sofort helfen zu können, trägt er ein Kontrollgerät, das per Funk mit Alexandrias eigenem Diagnosegerät verbunden ist.

Der Schnark lebt

Als er merkt, dass die Leute um Evers nicht vorhaben, mit dem Schnark Kontakt aufzunehmen, stellt er ihn selbst her. Es kommt zu einer Krise. Der Schnark sendet Daten, die über Nigels Kontrollgerät an Alexandrias Gerät weitergeleitet werden. Da aber Alexandria in diesem Augenblick – von dem Nigel noch nichts ahnt – bereits klinisch tot ist, übernimmt der Schnark den „unbewohnten“ Körper. Wie durch ein Wunder erwacht Alexandria wieder zum Leben. Ihre Religionsbrüder von den allgegenwärtigen „Neuen Jüngern“ sind entzückt und präsentieren sie als Prophetin. Nigel lehnt dies ab, kann aber nichts unternehmen. Aber es gibt ihm gegenüber Evers eine gute Entschuldigung für seine Insubordination.

Evers bittet ihn als den versiertesten Astronauten, den Schnark auf dem Mond persönlich zu treffen. Doch es ist eine von den Militärs um Evers fein ausgetüftelte Falle, um den Robotspäher zu vernichten. Dem Schnark fällt es leicht, die erste Atomrakete unschädlich zu machen und mit Nigel zu kommunizieren. Doch als eine zweite Atomrakete abgefeuert wird, muss auch das Schiff des Spähers verschwinden. Er entkommt in die Tiefen des Alls. Nigel kann Evers bloßstellen und sich selbst retten. Allerdings nicht vor einem kleinen Souvenir, das der Schnark zurückgelassen hat …

Etwas später

2018 entdeckt die Mondforscher Nikka im Marginis-Krater das Wrack eines Fremdraumschiffs. Sie überlebt um Haaresbreite, denn das automatisch gesteuerte Raumschiff verteidigt sich wirkungsvoll. Untersuchungen ergeben, dass es mindestens eine halbe Million Jahre alt sein muss. Nachdem sie die Verteidigungsanlagen umgangen haben, untersucht Nigel zusammen mit Nikka die Datenbanken dieses Schiffes. Der Einfluss der „Neuen Jünger“ im Forschungsteam und auf der Erde ist inzwischen massiv. Nigel wird daran gehindert, seine Funde zu veröffentlichen. Wieder handelt er auf eigene Faust und sendet sie mit Hilfe seiner Geliebten Nikka. Doch da macht sich die Computeranlage des Schiffes selbständig und nimmt Kontakt mit Nigels Gehirn auf. Er verändert sich …

Mein Eindruck

„Im Meer der Nacht“ ist das Vorspiel zur Kontaktaufnahme mit einem Universum, in dem ein beständiges Ringen zwischen organischem und anorganischem Leben bzw. den entsprechenden Lebensformen stattfindet. Und es sieht so aus, als behielten selbstreproduzierende Maschinenwesen, die Mechanos aus dem Sternbild Adler, die Oberhand. Aber das Raumschiff auf dem Mond gehört einer Wächterrasse an, die das organische Leben im Universum vor den Mechanos schützen will und zukunftsträchtigen Spezies zu höherer Intelligenz verhilft.

Gefahren

Das CONTACT-Universum ist kein leeres und erst recht kein freundliches Universum, das auf die Eroberung durch den Menschen wartet. Vielmehr sieht sich die Erdexpedition im zweiten Band schon bald in höchster Lebensgefahr. Die Abenteuer sind von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen stets spannend und geben dem Leser auch in philosophischer Hinsicht eine Reihe bemerkenswerter Einsichten.

Da Benford Physiker ist, habe ich erwartet, dass er wissenschaftliche Kenntnisse bei der Leserschaft voraussetzt, um physikalisches Wissen in seiner Erzählung anbringen zu können. Damit hatte ich überhaupt kein Problem, zumal uns viele der Konzepte, die er präsentiert, mittlerweile völlig geläufig sind: Datenbanken, Funkübertragung, die Mensch-Maschine-Schnittstelle und vieles mehr. Schließlich wurde der Roman in Etappen zwischen 1972, als Clarkes schöner Roman „Rendezvous mit Rama“ erschien, und 1977 geschrieben. (Dies erklärt auch die harten Brüche zwischen den Buchteilen.)

Liebesgeschichten

Ich erwartete, dass der Schwerpunkt der Handlung weniger auf Romanze und Abenteuer läge als vielmehr auf den technischen Abläufen und dem kognitiven Neuland, das sich dem Menschen durch den (vorerst vermasselten) Erstkontakt erschließt. Aber der Anfang des Romans ist eine wunderbare und traurige Liebesgeschichte zwischen Nigel, Alexandria und ihrer beider Geliebten Shirley. In diesem ersten Drittel verändert sich Nigel von einem neutralen Rädchen im Getriebe zu einem aufmüpfigen Burschen, der selbständig handelt. Und zwar ausdrücklich auch gegen die Befehle seiner sogenannten Vorgesetzten. Sie hintergehen ihn nämlich regelmäßig.

Auch im letzten Drittel des Romans erlebt Nigel eine wunderbare Liebe, denn Nikka ist ein sehr kluge und mutige Japanerin, die ihm gegen die religiös verbrämten Verwaltungsaffen hilft. Mit ihr gelangt er zu bahnbrechenden Erkenntnissen, die er aus den Daten des Raumschiffwracks bezieht. Demzufolge haben die Wächter vor mindestens einer halben Million Jahren versucht, Hominiden zu Intelligenz zu verhelfen. Die Wächter wurden von den Mechanos abgeschossen. Die letzten Hominiden sind in Oregon anzutreffen. Sie sind als Sasquatch oder Bigfoot bekannt (es gibt sogar einen Amateurfilm davon). Nigels Freund Mr. Ichino macht mit ihnen nähere Bekanntschaft.

Experimentell

Die letzten Seiten, die von den Szenen in Oregon erzählen, stellen den traditionellen Erzählstil einem völlig andersartigen gegenüber. In diesem experimentellen Stil sind die gewohnten Einheiten von Subjekt und Objekt aufgehoben. Dies entspricht nun Nigels Weltsicht und -empfinden. Das Lesen ist zwar mühselig, aber die Anstrengung lohnt sich, um herauszufinden, wie Nigel nun „tickt“. Ich fand dies eine unvertraute, aber keine unangenehme Erfahrung, im Gegenteil.

Unterm Strich

An manchen Stellen im ersten Drittel fragte ich mich, ob dies überhaupt ein Science-Fiction-Roman sei. Er ist nur im letzten Drittel mit Clarkes oben erwähntem Roman „Rendezvous mit Rama“ zu vergleichen. Am Anfang scheint Benford ein Gesellschaftsporträt im Sinn gehabt zu haben. Das erweist sich erst im späteren Verlauf als sinnvoll, denn nur so wird deutlich, welche wichtige Rolle die Neuen Jünger auf der Erde für Politik und Wissenschaft spielen. Heute würde man vielleicht Kreationisten oder Fundamentalisten zu ihnen sagen.

Die Konstruktion des Romans ist noch sehr uneben, mit harten Brüchen zwischen manchen Teilen. Der Leser muss eben die fehlenden Übergänge selbst leisten. Die späteren Buchteile sind wesentlich besser geschrieben als die ersten, die dafür mehr Spontaneität und Unmittelbarkeit an den Tag legen. Aber anders als in „Zeitschaft“ konzentriert sich der Autor selten auf den Wissenschaftsbetrieb, denn Nigel Walmsley ist ja in erster Linie Astronaut, also Ausführender. Erst im letzten Teil spielt er die Rolle des Wissenschaftlers, der eine Botschaft weiterzugeben hat. Die Botschaft, so erfahren wir allmählich, hat ihn bereits massiv, aber zum Guten hin verändert. Es ist klar, dass er auch in der Fortsetzung eine wichtige Rolle zu spielen haben wird.

Ich fand den Roman spannend, denn ich wurde mit immer neuen Rätseln konfrontiert, die mich neugierig machten. Ihre Lösung führt stets zu Konflikt und Konfrontation innerhalb der Handlung, aber zu einem Informationssprung für mich. Der größte solche Sprung erfolgt im Epilog, denn hier erst fallen die vielen verschiedenen Puzzlesteine an ihren Platz. Man sollte also unbedingt bis zum Schluss durchhalten. Es lohnt sich.

Taschenbuch: 382 Seiten
Originaltitel: In the Ocean of Night, 1972-77
Besprochene Auflage: Juni 2000
Aus dem US-Englischen übertragen von Gerd Hallenberger, das Interview von Denis Scheck
Illustriert von Giuseppe Festino

Koontz, Dean – Meer der Nacht

_Frank Sinatra und die Atombomben_

Eine übermenschliche Kraft zerrt am Grillkoch Odd Thomas, der die Toten sehen kann, und führt ihn an die Küste, in eine scheinbar beschauliche kleine Stadt. Bald nach der Ankunft quält ihn ein Albtraum: Das Meer erhebt sich in einer blutroten, apokalyptischen Flut, der Himmel brennt orange wie Feuer. Bei einem Abendspaziergang auf dem Pier überkommt ihn eine ähnliche Vision – und schon kurz darauf bricht das reale Grauen aus. Drei finstere Gestalten beginnen, ihn gnadenlos zu jagen. Doch nicht nur ihn: Sie haben unzählige Opfer im Visier … (abgewandelte Verlagsinfo)

_Der Autor_

Dean Koontz wurde 1945 in Pennsylvania geboren, musste in seiner Jugend hungern, schrieb Schundromane für einen Hungerlohn, lernte seine Frau Gerda kennen und konnte schließlich mit ihr nach Kalifornien ziehen, wo das Ehepaar seither stets mit einem Golden Retriever zusammenlebt. Es gibt kein einziges Koontz-Buch der letzten Jahre – etwa seit „Geschöpfe der Nacht“ -, in dem nicht mindestens ein Loblied auf diese Hunderasse angestimmt wird.

Die zahlreichen Thriller und Horror-Romane des schärfsten Konkurrenten von Stephen King wurden sämtlich zu Bestsellern und in über 30 Sprachen übersetzt. Weltweit hat Koontz laut Verlag über 300 Mio. Exemplare verkauft. Leider wurden bislang nur wenige von Koontz‘ Büchern verfilmt, so etwa „Watchers“. Die beste Verfilmung ist meiner Meinung nach „Intensity“, aber der Film strapaziert die Nerven derart, dass er höchst selten gezeigt wird.

Der |Odd|-Zyklus bislang:

1) Odd Thomas (Die Anbetung)
2) Forever Odd (Seelenlos)
3) Brother Odd (Schattennacht)
4) In Odd We Trust (Graphic novel)
5) Odd hours (Meer der Finsternis)

_Handlung_

Odd Thomas, der Garkoch mit den besten Omelettes der Welt, hat Pico Mundo und das Kloster auf dem Berg verlassen, um, gezogen von einer magnetischen Anziehungskraft, in Magic Beach sein Glück zu versuchen. Hier bekocht er einen alten Ex-Schauspieler namens Hutch Hutchison, der mehr in der Vergangenheit als in der Gegenwart lebt, und hat ein Auskommen. Odd wird verfolgt von einem Albtraum, in dem unter einem roten Himmel eine große rote Welle über das Küstenstädtchen Magic Beach hereinbricht. Aber auch eine geheimnisvolle Frau kommt in dem Traum vor.

Regelmäßig spaziert er mit einem zutraulichen Geisterhund namens Boo auf die Pier, setzt sich auf eine Bank und harrt der Dinge, die da kommen sollen, wie er aus Erfahrung weiß. Und eines Tages sitzt sie da, die Frau aus dem Traum. Sie heißt Annamaria und ist hochschwanger, außerdem trägt sie ein silbernes Glöckchen an einem Band um den Hals. Hat sie ihn erwartet? Beide schauen den drei Männern zu, die sich auf der Pier getroffen haben. Zwei Rotschöpfe mit von Meth geschädigten Zähnen in Daunenjacken begrüßen einen Muskelberg, der sicher zwei Meter groß ist und gelbe Augen hat. Das Trio beäugt Odd und Annamaria wie ein Rudel Wölfe seine Beute.

Vorsichtshalber schickt Odd die Frau weg und geht auf das Trio zu. Er drückt dem Muskelberg die Hand – und erlebt erstmals, dass dieser erstaunt die gleiche Schreckensvision wie Odd selbst erblickt. Klar, dass Odd jetzt ihre volle Aufmerksamkeit hat. Doch die drei Typen tun nichts – noch nicht. Odd versteckt sich im Balkenwerk, das die Pier stützt, bis die Typen mit einem Motorboot hier nach ihm suchen.

Er schlägt ihnen ein Schnippchen, klaut das Boot und geht an Land – und gerät genau in die Arme eines vierten Mannes. Nach einem Kampf geht der Kerl K. o. und Odd kann sich genau ansehen, was das für ein Typ ist: jemand von der Hafenmeisterei. Er lässt ihm sein Geld und nimmt nur die Ausweise mit. Zu Hause bemerkt Hutch nichts von Odds schwer lädiertem Zustand.

Annamarias Heim kann er leicht per Magnetismus aufspüren. Sie hat ihn schon erwartet. Aber die Zeit wird knapp, denn auf das Trio kommt – mit einem Wagen der Hafenmeisterei – um Annamaria zu besuchen. Sie verstecken sich, bis die Kerle wieder weg sind, die sicher nichts Gutes im Schilde führen. Aber was wollen sie eigentlich von der Frau, fragt sich Odd – denn sie selbst sagt immer nur: „Alles zu seiner Zeit.“ Zusammen gehen sie los, um eine Freundin zu besuchen, bei der Annamaria sich verstecken kann. Unterwegs verscheucht die geheimnisvolle Annamaria ein Rudel hungriger Coyoten: „Ihr gehört hier nicht her!“ Das magische Glöckchen aus Silber gibt sie Odd ebenso mitgegeben wie zahlreiche Rätsel und Ratschläge.

Odd zieht seinerseits los, um das Haus von Sam Whittle, dem Schläger von der Hafenmeisterei, zu durchsuchen. Aus Erfahrung weiß er, dass man über seinen potentiellen Gegner nie genug wissen kann. In der Tat stößt er auf ein paar aufschlussreiche Funde: eine erschossene Leiche in der Badewanne (Whittle himself), den sprachlos gewordenen Geist des unglücklichen Mordopfers sowie einen finsteren Dämon aus dem Badspiegel, der selbigen Geist zu sich holt. Und das ist noch längst nicht alles …

_Mein Eindruck_

Die Odd-Thomas-Romane sind eine Kombination aus übernatürlichem Horror, weltlicher Action und Odds ureigener Zutat: schräge Philosophie über die Welt und seine Mitmenschen. Alle diese Bauteile finden sich auch in der vierten Romankonstruktion wieder. Der Bauplan war vielleicht gut, doch mit der Ausführung haperte es diesmal. Das Ergebnis ist an vielen Stellen gähnende Langeweile.

Keine Bodachs künden das Unheil an, jene unheimliche schwarzen Geister, die als Zuschauer einer Katastrophe quasi als übernatürliche Touristen von Unglücksort zu Unglücksort vagabundieren. Das sollte Odd eigentlich in Alarmzustand versetzen. Denn er weiß ja, dass ihm der Traum eine Warnung geschickt hat: roter Himmel, rotes Meer, Riesenwelle – kein gutes Omen. Die Abwesenheit der Bodachs kann nur bedeuten, dass die Katastrophe bereits geschieht und Magic Beach dem Untergang geweiht ist.

Was für Odd, wie in allen Abenteuern zuvor, herauszufinden ist: Worin besteht das Unheil und wie kann er es verhindern? Denn die Macht, die ihn per psychischem Magnetismus hierher gezogen hat (die „Vorsehung“?), muss sich wohl etwas dabei gedacht haben. Die drei schrägen Typen, die Odd auf der Pier trifft, sind nur die Vorhut der Schurken, die Nummer vier ist der „Lampenmann“, der Odd eins mit der Taschenlampe über den Schädel zieht. Steckt die Hafenmeisterei dahinter? Der Fall ist so nebulös wie der dichte Dunst, der ganz Magic Beach wie in eine Art übernatürliche Watte packt.

|Das „Verhör“|

Ein großer Teil der Rätel findet seine Antwort, als die Cops ihn wegen eines verräterischen Reverends erwischen und auf die Polizeistation schaffen. Dort findet sich Odd bald in einer fensterlosen Zelle an einen Blechtisch gekettet – nicht gerade seine Auffassung von bürgerlicher Freiheit. Sheriff Shackett setzt sich ihm und starrt ihn erstmal eine Minute lang an. Odd starrt zurück. Und wie Odd erleichtert bemerkt, schaut der Geist von Frankie Sinatra ihrem Blickduell zu. Da kommt Odd eine fiese Idee.

Odd nennt sich im Verhör Harry Lime. Diesen Namen kennt der Sheriff offenbar nicht, aber jedem Krimi- und Filmfreund ist Harry Lime als der Agent in Graham Greenes Thriller „Der dritte Mann“ bestens bekannt. Und natürlich auch der im Nachkriegs-Wien herrschende Nebel, der die Undurchsichtigkeit aller Identitäten symbolisiert. Shackett nimmt Odds Hand und erlebt die gleiche Schreckensvision, die schon sein Handlanger, der Muskelberg Utgard auf der Pier erfahren hat. Dieser Harry Lime ist ein ungewöhnlicher Bursche, so viel ist mal klar, aber was will er in Shacketts schönem Städtchen – und zwar ausgerechnet jetzt?

Der Verlauf des Verhörs ist relativ außergewöhnlich, um es vorsichtig auszudrücken, denn Frank Sinatra betätigt sich mit Odds kräftiger Anstachelung als effektiver Poltergeist. Shackett und der hinzugekommene Riese Utgard werden in dem kleinen Vernehmungsraum mächtig vermöbelt, nachdem sich Odd, alias Harry Lime, bereits daraus verkrümelt hat. Aber Odd hat nun die meisten Antworten, die er suchte: Es geht um den Schmuggel von Atomwaffen in die USA und deren Zündung in amerikanischen Großstädten. Aber wozu? Ein Senator scheint dahinterzustecken …

|Der Showdown|

Nun muss sich Odd etwas einfallen lassen, um die Einfuhr illegaler thermonuklearer Sprengköpfe im Hafen von Magic Beach zu verhindern. Doch der Showdown findet auf hoher See statt, auf einem kleinen Schlepper. Odd bedauert es sehr, Waffen einsetzen zu müssen. Sein ungewöhnlichster Gegner ist indessen nicht der Muskelprotz Utgard, sondern eine zierliche Blondine mit dem klangvollen Namen Valonia Fontenelle. Sie trägt Fuchspelz und langes Haar, das wie gesponnenes Gold glänzt, ein Luxusgeschöpf voller Privilegien. Leider kennt sie weder Shakespeares „Hamlet“ noch „Harry Lime“, was ein Fehler ist.

„Du siehst nicht aus wie eine Frau, die ganze Großstädte in die Luft sprengen will“, findet Odd und trifft den Nagel auf den Kopf. Valonia ist das Töchterlein des Senators, der die Strippen zieht. Sie erwartet, dass er die Welt neu ordnen wird, denn die Welt ist so alt und müde geworden, dass sich etwas ändern muss. Allerdings hat sie auch etwas gegen ungebetene Zeugen, die bei der Übergabe thermonuklearer Sprengköpfe zuschauen …

Dieser ersten Action folgt ein zweiter Showdown, der noch wesentlich mehr Bluttaten mit sich bringt. Aber irgendwer muss ja auch Chief Shackett und seinen Verbündeten das Handwerk legen, oder?

|Philosophisches Beiwerk|

Nach Mystery und Action bleibt noch die Odd-Philosophie übrig, die es zu würdigen gilt. Der „Oddismus“ ist eine typisch amerikanische Mischung aus lebensnaher Erfahrung, schrägen Ansichten über das Leben, besonders das nach dem Ableben des Körpers, und schließlich über den Sinn und Zweck des menschlichen Lebens an sich. Odd gibt an keiner Stelle vor, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Er hat sie auch nicht mit der Muttermilch eingesogen, denn seine Mutter war eine verrückte Schreckschraube (sie tritt im zweiten Band auf).

Viel wichtiger für den „Oddismus“ ist Stormy Llewellyn, Odds interessante Freundin, die bereits im ersten Band ihr junges Leben lassen musste. Sie hat nicht nur ganz eigene Ansichten über ihre Aufgabe im Diesseits, sondern begreift sich auch als Wanderin auf dem Weg zum endgültigen Jenseits. Die Stationen auf diesem Weg zur Endstation erklären auch die Anwesenheit von Geistern in Odds Leben. Als Geister treten Hunde und Coyoten, aber auch Bodachs und andere Monster auf, nicht zu vergessen auch Elvis the King und Frank Sinatra.

|Sinatra und Shakespeare|

Odd weiß praktisch alles über Frankie Boy, der sich aus dem Italiener-Ghetto von Little Italy hinauf zum Olymp der Gesangsbühnen kämpfte und als Idol für Millionen endete. Nach ein wenig Vorgeplänkel kommt es zu dem extrem aufschlussreichen Verhör in Chief Shacketts Gefängniskeller. Odd drückt sämtliche Knöpfe in Sinatras Psyche, um ihn auf die Palme zu bringen. Das klappt ganz hervorragend. Aber abgesehen vom Unmittelbaren der Aktivierung eines Poltergeists geht es Odd auch um Sinatras Erlösung. Warum hängt Sinatra hier noch herum, statt sich auf den Weg ins Jenseits zu machen? Es scheint ihm ähnlich zu gehen wie Hutch, dem alten Schauspieler, der seiner längst vergangenen Glanzzeit nachhängt und sich täglich seine eigenen alten Filme reinzieht: Ist es Nostalgie oder Stolz?

Auch Shakespeare spielt eine zentrale Rolle. „Macbeths Hexen“ werden laufend zitiert, aber auch „Hamlet“ und diverse andere Stücke. Offenbar ist „etwas faul im Staate Dänemark“, nur dass diesmal die USA gemeint sind. Feinde aus dem Inneren wie der Senator machen sich daran, die legitimierte Ordnung umzustürzen und eine faschistische Diktatur zu errichten. Das riecht schon stark nach dem Königsmörder Macbeth, der sich zum verruchten Tyrannen aufschwingt. Valonia Fontenelle spielt Lady Macbeth, bis Odd auftaucht, um den Macduff zu geben, der beiden die nukleare Suppe versalzt.

|Annamaria|

Die rätselhafte Frau vom Strand, eine hochschwangere Verbündete, gibt nicht nur Odd eine Menge Rätsel auf. Sie hat eine eindeutige Verbindung zum Jenseits, denn das silberne Glöckchen bannt dessen Geister. Auch die Weisheiten und Kenntnisse, die sie wie selbstverständlich preisgibt, verraten einen Kontakt zu jemandem, der schon längst aus Odds Leben verschwunden ist: Stormy Llewellyn. Doch wie sagt Annamaria so schön? „Alles zu seiner Zeit.“ Im nächsten Band werden wir hoffentlich mehr über die neue Begleiterin des Helden erfahren – und über ihr Kind.

_Die Übersetzung_

99,9% des Textes sind fehlerfrei und daher sehr flüssig zu lesen, aber es haben mich doch ein paar Fehlerchen gestört. Die üblichen Flüchtigkeitsfehler will ich gar nicht aufzählen. Aber auf Seite 97 musste ich doch stutzen. Da heißt es: „Hätte mich jemand hinter (dem Fenster) beobachtet, so hätte ich eine Gestalt gewesen, die sich matt von der Schwärze der lichtlosen Zimmer abhob.“ Was will uns der Autor damit sagen? Zuerst dachte ich, es müsse korrekt „gesehen“ statt „gewesen“ heißen, aber das ergibt auch keinen logischen Sinn. Vielmehr sollte es wohl „wäre“ statt „hätte“ heißen – Odd höbe sich als Gestalt „matt von der Schwärze der lichtlosen Zimmer“ ab. Das ergibt einen Sinn.

Auf Seite 118 heißt es in der ersten Zeilen „wandten sich die Finger um den Türstock“. Aber die Finger wenden sich nicht, sondern sie winden sich. Und dann muss es „wanden“ heißen statt „wandten“.

Auf Seite 124 heißt es in der letzten Zeile: „Ja, aber mir müssen uns hier in der Nähe der Zäune halten.“ Okay, „mir“ kann man in Schwaben und sogar in Bayern sagen („mir san mir“), aber nicht im Hochdeutschen. Dort muss es „wir“ heißen. Auch die übrigen Fehler sind lauter solche Druck- und Flüchtigkeitsfehlerchen.

_Unterm Strich_

Bevor es zu den beiden actionreichen Showdowns kommen kann, verabreicht uns Odd Thomas eine gehörige Dosis seiner privaten Philosophie. Verschlüsselt in zahlreichen Szenen macht der Autor eine Bestandsaufnahme des amerikanischen Lebens in einem Küstenort, der ein wenig an die Truman-Show erinnert: ein Scheinleben, in dem nur noch Rollen gespielt werden, aber von echten Menschen.

Abgehalfterte Schauspieler (Hutch) und Geist gewordene Sänger (Sinatra) trauern einer Vergangenheit nach, von der sie in ihrem Stolz nicht lassen mögen. Kein Wunder also, dass das Senatorentöchterlein Valonia Fontenelle die Welt alt und müde findet. Folglich betreibt sie den Umsturz. Das beste Mittel dazu scheinen ihr ein paar Atomschläge zu sein.

Es dauert lange, bis sich dieses Szenario herausschält, ungefähr bis zur Hälfte des Buches. Hier bildet die Vernehmung durch Sheriff Shackett den Wendepunkt. Von hier ab ist klar, was Odd zu tun hat. Es gibt danach eine Menge Action, allerdings auch dunkle Andeutungen, dass sich im Untergrund von Magic Beach Unheilvolles tue. Aber das kennen wir bereits aus Koontz‘ Romanen „Geschöpfe der Nacht“ und „Im Bann der Dunkelheit“. Auch dort tritt mit Christopher Snow ein Außenseiterheld auf, der von einem Hund begleitet wird und die Welt vor der Katastrophe bewahrt.

An vielen Stellen findet sich die feine Ironie, die Odd kennzeichnet. Anspielungen auf Literatur, Philosophie und Film sorgen für assoziative Untertöne und ermöglichen dem Leser, sich seinen eigenen Reim auf das Geschehen zu machen. Alle diese Anspielungen sind jedoch an die ungebildeten Landsleute Odds völlig verloren. Stattdessen tragen sie Revolver in Damenhandtäschchen herum und schippern thermonukleare Sprengköpfe auf Hafenschleppern durch die Gegend.

Wer sich intensiver mit diesem und den anderen Odd-Romanen befasst, dürfte Koontz‘ eigene Sicht auf Amerika herausschälen können, doch in dieser Rezension ist nicht der geeignete Ort dafür. Dieses Amerika macht Angst – und genau das will Koontz ja. Diese Absicht zu erkennen, macht die Lage aber auch nicht besser.

|Für wen sich das Buch eignet|

Ich habe mich nur im zweiten Teil des Romans gut unterhalten gefühlt. Die erste Häfte plätschert so vor sich hin. Da hätte der Autor mehr draus machen können, fühlte ich und las nur weiter, weil ich die ganze „Odd Thomas“-Reihe lesenswert finde. Aber wer eine kriminalistische Ermittlung erwartet, ist hier an der völlig falschen Adresse. Dann schon lieber den neuen Mo Hayder oder Michael Connelly lesen.

|Taschenbuch: 382 Seiten
Originaltitel: Odd hours
Aus dem US-Englischen von Bernhard Kleinschmidt
ISBN-13: 978-3453266131|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de
[oddthomas.deankoontz.com]http://oddthomas.deankoontz.com/

_Dean Koontz bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Anbetung“ 3066
[„Seelenlos“ 4825
[„Schattennacht“ 5476
[„Meer der Nacht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5942
[„Meer der Finsternis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6119
[„Todeszeit“ 5423
[„Todesregen“ 3840
[„Irrsinn“ 4317
[„Frankenstein: Das Gesicht“ 3303
[„Kalt“ 1443
[„Der Wächter“ 1145
[„Der Geblendete“ 1629
[„Nacht der Zaubertiere“ 4145
[„Stimmen der Angst“ 1639
[„Phantom – »Unheil über der Stadt«“ 455
[„Nackte Angst / Phantom“ 728
[„Schattenfeuer“ 67
[„Eiszeit“ 1674
[„Geisterbahn“ 2125
[„Die zweite Haut“ 2648

[NEWS] James Delargy – 55. Jedes Opfer zählt

Eine Kleinstadt im australischen Outback. Glühende Hitze. Wildnis. Police Sergeant Chandler ist stolz darauf, für Ruhe und Sicherheit zu sorgen. Bis ein Mann im Revier auftaucht. Außer Atem. Blutüberströmt. Er erzählt von einem Serienmörder namens Heath, dem er entkommen sei. Chandler bringt den Fremden in Sicherheit. Doch bevor er sich auf die Suche nach dem Mörder machen kann, wird Chandler ins Revier gerufen: Ein Mann ist dort aufgetaucht, der sich Heath nennt. Außer Atem. Blutüberströmt. Er erzählt von einem Serienmörder, dem er entkommen sei … (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 416 Seiten
Heyne

 

Buzz Aldrin / John Barnes – Begegnung mit Tiber

Mit Buzz Aldrin wagte sich wieder einmal ein Fachmann der bemannten Raumfahrt an einen SF-Roman – das kann ein Vor- oder ein Nachteil sein. Aldrin betrat nach Neil Armstrong als zweiter Mensch den Mond. Nach dieser Apollo-11-Mission promovierte er über Astronautik und gilt auch als Experte für Raumfahrtpolitik. Bereits auf den ersten Seiten merkt der Leser, dass hier jedes einzelne Detail, jeder Handgriff im Umgang mit einem Raumfahrzeug bekannt und belegbar ist. Man kann sich beruhigt zurücklehnen und genießen, wenn man ein Technikfan ist. Andere Leser dürfte eher anöden, wenn sich der Experte seitenlang über eine Unzahl von Raumfahrzeugen und Flugmanöver auslässt.

Buzz Aldrin / John Barnes – Begegnung mit Tiber weiterlesen

[NEWS] Ellen Alpsten – Die Zarin

Sankt Petersburg, 1725. Es ist eine stürmische Nacht, in der Peter I. stirbt. Für seine Frau Katharina I. steht alles auf dem Spiel: Wird sie durch die korrupte Hand ihrer Gegner ihr Leben verlieren oder zur ersten Zarin in der Geschichte Russlands erklärt? Sie hält Totenwache und reist in Gedanken zurück. Zu den zwölf Kindern, die sie Peter schenkte, und von denen die meisten starben. Zur Ehe mit dem Zaren, den sie geliebt und verachtet, gefürchtet und umworben hat. Zu dieser Stadt, Sankt Petersburg, Peters Stadt, die sie zusammen gebaut haben. Und in die Zeit, als sie noch Marta hieß und die uneheliche Tochter eines Leibeigenen war – bevor ihr unaufhaltsamer Aufstieg an die Spitze der russischen Gesellschaft begann. (Verlagsinfo)

E-Book
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 736 Seiten
Heyne

Dean Koontz – Die Anbetung (Odd Thomas 1)


Die schwarze Kammer des Bösen

Odd Thomas, ein Koch in einer Frittenbude in Südkalifornien, hat eine einzigartige Fähigkeit: Er kann die Toten sehen. Nur sehr wenige Mitmenschen wissen davon, darunter seine Freundin Stormy, eine Eisverkäuferin, und Sheriff Porter. Ein merkwürdiger Fremder taucht in Pico Mundo auf, und wegen seines Aussehens nennt Odd ihn den Pilzmann.

Den Pilzmann umgeben hyänenartige Schattenwesen, die Odd als Vorboten und Zuschauer eines fürchterlichen Todes kennt. Odd muss nicht nur seinen übernatürlichen Spürsinn einsetzen, sondern auch sein Köpfchen, denn er hat Angst vor Waffen. Kann er die sich anbahnende Katastrophe verhindern?

_Der Autor_

Dean Koontz wurde 1945 in Pennsylvania geboren, musste in seiner Jugend hungern, schrieb Schundromane für einen Hungerlohn, lernte seine Frau Gerda kennen und konnte schließlich mit ihr nach Kalifornien ziehen, wo das Ehepaar seither stets mit einem Golden Retriever zusammenlebt. Es gibt kein einziges Koontz-Buch der letzten Jahre – etwa seit „Geschöpfe der Nacht“ -, in dem nicht mindestens ein Loblied auf diese Hunderasse angestimmt wird.

Die zahlreichen Thriller und Horror-Romane des schärfsten Konkurrenten von Stephen King wurden sämtlich zu Bestsellern und in über 30 Sprachen übersetzt. Weltweit hat Koontz laut Verlag über 325 Millionen Exemplare verkauft. Leider wurden bislang nur wenige von Koontz‘ Büchern verfilmt. Die beste Verfilmung ist meiner Meinung nach „Intensity“, aber der Film strapaziert die Nerven derart, dass er höchst selten gezeigt wird.

Der |Odd|-Zyklus bislang:

1) Odd Thomas (2004, deutsch 2006 als „Die Anbetung“)
2) Forever Odd (2005, deutsch 2008 als „Seelenlos“)
3) Brother Odd (2006)
4) Odd Hours (Mai 2008)
5) Odd Passenger: mehrere Web-Episoden (Webisoden) online (auf YouTube)
6) In Odd We Trust (Juli 2008, Graphic Novel)

|Dean Koontz auf Buchwurm.info:|

[„Seelenlos“ 4825
[„Irrsinn“ 4317
[„Todesregen“ 3840
[„Frankenstein: Das Gesicht“ 3303
[„Die Anbetung“ 3066
[„Kalt“ 1443
[„Der Wächter“ 1145
[„Der Geblendete“ 1629
[„Nacht der Zaubertiere“ 4145
[„Stimmen der Angst“ 1639
[„Phantom – »Unheil über der Stadt«“ 455
[„Nackte Angst / Phantom“ 728
[„Schattenfeuer“ 67
[„Eiszeit“ 1674
[„Geisterbahn“ 2125
[„Die zweite Haut“ 2648

_Handlung_

Odd Thomas lebt in Pico Mundo, einer 40.000-Seelen-Stadt irgendwo in Südkalifornien unweit einer Luftwaffenbasis, und arbeitet hier in einer besseren Frittenbude als Garkoch. Eines Tages musste er sehr zu seinem Leidwesen feststellen, dass er die Fähigkeit besitzt, die Toten zu sehen. Jedenfalls diejenigen, die sich noch an irdische Dinge klammern, so etwa Elvis Presley, der ständig flennt. Aber er sieht auch hyänenartige Schattenwesen, die nach einem englischen Ausdruck „Bodachs“ nennt. Sie erscheinen dort, wo der Tod bald seine Arbeit verrichten wird.

Er sieht sie wieder, als sie eines Morgens in das Grillrestaurant eindringen, in dem er arbeitet, und sich die Gäste ansehen. Besonders einen umschwärmen sie: einen Weißen mit einem käsigen, schwammigen Gesicht. Odd nennt ihn bei sich den „Pilzmann“. Er spürt, dass von ihm Unheil droht. Er sieht ihn wieder, als Odd seine Freundin Stormy Llewellyn besucht, die in der Einkaufspassage Eis verkauft. Daraufhin folgt er ihm, nachdem er Chief Porter Bescheid gegeben hat. Der Sheriff ist wie ein Vater für ihn.

Vor dem Haus des Pilzmannes wartet er, bis dieser das Haus wieder verlässt. Das Eindringen ist kinderleicht. Seltsamerweise scheint die Wohnung zwei gegensätzliche Persönlichkeiten widerzuspiegeln, die eine schlampig, die andere pedantisch. Letztere zeigt sich im Büro des Pilzmannes: ein penibel geführtes Archiv von Massen- und Serienmördern. An der Wand hängen Poster von Charles Manson und Mohammed Atta, dem Anführer der Al-Kaida-Attentäter vom 11. September.

Das Allerseltsamste ist jedoch ein Raum, in dem schwarzes Nichts jedes Licht verschluckt. Nur ganz hinten scheinen zwei rote Lichter böse zu brennen. Mutig begibt sich Odd hinein und stellt fest, dass es sich nicht nur um eine andere Dimension handelt, sondern auch um eine Zeitmaschine. Er kehrt ein paar Minuten vor dem Zeitpunkt zurück, zu dem er sie betreten hat und kann sein früheres Ich sehen, wie es die Kammer betritt. Äußerst merkwürdig. Indem er ein zweites Mal hineingeht, schließt er die Kammer. Sie wird zu einem ganz normalen Raum: dem Archiv des Bösen. Und Odds Kopie verschwindet ebenfalls. Stattdessen dringen aus der Kammer weitere Bodachs hervor …

Jetzt ist Odd klar, dass seiner Stadt und all den geliebten Menschen darin schlimmstes Unheil droht. Ein prophetischer Albtraum, den er Stormy und Porter erzählt, zeigt ihm ermordete Menschen, doch wo das ist, kann er nicht erkennen. Er weiß nur, wann es passiert: Im Tageskalender des Pilzmannes ist der 15. August angestrichen, und das ist bereits am nächsten Tag.

Odd ist sicher, dass ihm weniger als 24 Stunden bleiben, um Pico Mundos Menschen vor der bevorstehenden Katastrophe zu bewahren. Doch der Gegner, mit dem er es zu tun hat, hat erkannt, dass er erkannt worden ist, und bereitet einen Gegenschlag vor …

_Mein Eindruck_

„Odd“ bedeutet im Englischen „ungleich, schräg, sonderbar“. Doch das ist das Letzte, das Odd Thomas sein will. Denn es bedeutet, einsam zu sein und jede Hoffnung zu verlieren. Er ist auf seine Freunde angewiesen, und seine Freundin Stormy liebt er innig, auch wenn sie ihn ständig triezt. Aber wie sich im Laufe der Handlung herausstellt, ist Odd um einiges normaler und menschlicher als so mancher seiner Zeitgenossen.

Das gilt natürlich für die durchgeknallten Typen, die den Anschlag vorbereiten, sowieso. Aber auch Odds Besuche bei seinem Vater, einem sorglos lebenden Sexprotz mit jungen Gespielinnen, und seiner Mutter, die partout keine Verantwortung übernehmen will und ihn mit einem Revolver verjagt, machen deutlich, dass es Schlimmeres gibt als mit Odds Gabe versehen zu sein.

|Die Gabe|

Odd selbst kann sich nicht entscheiden, ob die Gabe, Totengeister und Bodachs – sie erinnern an die „Besucher“ in „The Gathering“ – sehen zu können, ein Segen oder ein Fluch ist. Doch mit dem Helden in der Christopher-Snow-Trilogie hat Odd gemein, dass er zwar außerhalb der Gesellschaft der Normalos steht, ihr aber zu Hilfe und Beistand verpflichtet ist. Denn nur dort findet er jene menschliche Wärme, die ihm Vater und Mutter verweigerten. Dass ihn dies zu einer Art Samariter oder klassischem |Marvel|-Comics-Supermenschen macht, ist klar, ihm aber nicht bewusst. Und wenn man Odds Weg ein paar Stunden lang gefolgt ist, dann will man garantiert nicht mehr mit ihm tauschen.

|No guns!|

Wird es einmal so spannend, dass der Leser an den Nägeln zu kauen beginnt, dann legt der Ich-Erzähler wieder einmal eine seiner Denkpausen ein – und macht als nächstes etwas ganz anderes als das, was man erwartet hat. Weil seine Mutter ihn regelmäßig mit einer Pistole bedrohte, hat Odd Angst vor Waffen aller Art und benutzt Schusswaffen nur im äußersten Notfall. Er muss sich häufig mit einer alternativen Strategie aus der Patsche helfen.

Das fand ich sehr sympathisch, denn es zeigt Waffenfetischisten (von denen es in Koontz‘ Heimat jede Menge gibt), dass man sich auch auf andere Weise verteidigen kann. Überhaupt ist Odd bzw. Koontz in der Lage, die Amerikaner auch von außen in ihren Eigenarten anzusehen, was bei einem amerikanischen Unterhaltungsschriftsteller ein seltenes Phänomen ist. Vielleicht hat ja seine deutsche Frau Gerda dazu beigetragen.

|Selbstironie|

Odd ist ein Ausbund an Selbstironie. So entschuldigt er sich einmal, dass er nicht der Ritter sei, den den schrecklichen Jabberwock erlegt. Das ist ein Hinweis auf das gleichnamige Nonsensgedicht „Jabberwocky“ von Lewis Carroll, dem Schöpfer von Alice im Wunderland (es steht im zweiten Band). Warum sollte sich ein junger Mann mit einem Ritter vergleichen, den sowieso niemand ernst nehmen kann? Das ist ja gerade der Witz.

|Elvis|

Auch die Begegnungen mit Elvis „The King“ sind einerseits ironisch, andererseits von echtem Mitgefühl geprägt. Odd hat wie der King seine Mutter verloren und kann nachfühlen, wie es Elvis geht. Wie jeder, der Elvis‘ Biografie gelesen hat, liebte dieser seine Mutter Gladys über alles, doch sie starb, bevor er noch den Gipfel seines Ruhm erklommen hatte, und er geriet – wie sie gesagt hätte – auf Abwege, indem er Drogen missbrauchte und von Medikamenten abhängig wurde. Daher starb er bereits mit 42 Jahren. Der Geist des toten Elvis kann nicht von der Erde lassen, weil er hofft, durch Odd noch einmal seine Mutter sehen zu können – oder weil er fürchtet, was seine Mutter zu ihm als Tadel sagen würde, würde er ihr in die jenseitige Welt folgen. Dem Lesepublikum des Autors dürfte diese Geschichte ganz besonders nahegehen.

|Der Auftrag|

Wie in vielen von Koontz‘ Romanen kommt auch hier ein Schriftsteller vor. Zu allem Überfluss ist der fettleibige Ozzie Boone auch noch ein Autor von Krimis (die im Englischen „Mystery“ heißen, aber nichts mit Mysterien zu tun haben). Mit Odd versteht sich Ozzie ausgezeichnet, und die Unterhaltung, die sie an Ozzies Tisch führen, ist eine der vergnüglichsten, schrägsten Lektüren, die ich in den letzten Jahren genießen durfte. Nur Ozzies Kater „Terrible Chester“ bereitet Odd wirklich Sorgen, weil er ihn unverwandt anstarrt und ihm hin und wieder auf die Schuhe pinkelt. Es ist Ozzie, der Odd den Auftrag gegeben hat, über seine ungewöhnlichen Erlebnisse vor der Katastrophe am 15. August zu ein Buch zu schreiben.

|Spannung der Diskrepanz|

Dieses Buch ist durchaus spannend zu lesen, und zwar nicht bloß wegen des Attentats auf Chief Porter oder der drohenden Katastrophe, sondern weil es der Autor/Erzähler versteht, eine Art psychologische Dauerspannung zu erzeugen, indem er durch den Kontrast „Normalleben“ und „Odd-Leben“ eine Diskrepanz aufzeigt, die einen ständigen Widerspruch erzeugt, der niemals aufzulösen ist.

Und selbst dann, als Odd, der Ich-Erzähler – und mit ihm der Leser – meint, jetzt sei alles überstanden und in Butter, kann dieser Widerspruch doch nicht aufgelöst werden, ohne dass Odd verrückt wird. Daher gibt es am Schluss noch einen überraschenden Schlenker, der den Leser unvorbereitet trifft und ihn deshalb umso treffsicherer schockieren wird.

|Die Übersetzung|

Bernhard Kleinschmidt hat sehr gut übersetzt, und zwar häufig genau so, wie man sich in Deutschland ausdrücken würde, also beispielsweise mit „Denkste!“ und dergleichen. Die meisten Fehler, die ich fand, sind banale Druckfehler, so etwa auf Seite 383 „Bewohnter“ statt „Bewohner“. Auf Seite 465 fragte ich mich aber, ob das Wort „Entzückung“ nicht besser durch das geläufigere „Entzücken“ ersetzt werden sollte. Gemeint ist ja das Gleiche, aber „Entzücken“ scheint mir korrekt zu sein.

_Unterm Strich_

Wie danach in [„Seelenlos“ 4825 geht es auch in „Die Anbetung“ um das, was eine teuflische Sekte in einer (mehr oder weniger) friedlichen Stadt anstellen kann. Diesmal sind die Satanisten am Werk, im Folgeband ist es eine Sektenführerin. Die Satanisten scheinen aber sehr viel destruktiveres Potenzial zu besitzen. Sie sind geradezu eine Kombination aus Charles Manson, Timothy McVeigh (der das Verwaltungsgebäude von Oklahoma City in die Luft jagte) und Mohammed Atta.

Die Spannung rührt vor allem von der Frage her, ob es Odd, diesem seltsamen Garkoch, gelingt, die Stadt binnen 24 Stunden vor der schlimmsten Katastrophe ihrer Geschichte zu bewahren. Aber auch die Kluft zwischen Odds Leben und dem seiner Mitmenschen erzeugt eine psychologische Spannung. Es ist eine weitere Dimension der Wahrnehmung, eine Weltsicht, die so manchem Angst einjagen würde.

Odds Freundin Stormy sieht die Welt anders: Das erste Leben ist das Ausbildungslager für das nächste, das dem „Dienst“ gewidmet ist. Doch der Lohn für den Dienst erfolgt erst im dritten Leben. Nicht nur Odd zweifelt daran, ob dieser Belohnungsaufschub inklusive Sublimierung die richtige Einstellung ist, aber hey: Stormy ist damit zufrieden. Und diese Religion ist wesentlich weniger schädlich als die Teufels-Anbetung, wie sie Pico Mundo hinwegzufegen droht. Merke: Die Welt ist das, was wir aus ihr machen – Himmel oder Hölle.

Dieses fast schon philosophische Konzept zieht sich durch alle Odd-Thomas-Romane und viele andere Werke Koontz‘. Es ist erstaunlich, auf welch vielfältige Weise es ihm gelingt, das Gute oder was man landläufig dafür ausgibt, auf die Probe zu stellen. [„Irrsinn“ 4317 ist beispielsweise solch ein Roman. Und wie immer ist das sehr spannend zu lesen.

|479 Seiten (Taschenbuchausgabe)
Aus dem US-Englischen von Bernhard Kleinschmidt
ISBN der Taschenbuchausgabe August 2007: [978-3-453-43244-4]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3453432444/powermetalde-21 |
http://www.heyne.de

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