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Joe Haldeman – Der ewige Krieg (Neufassung)

Sarkastische Satire über den Vietnamkrieg

Ein Krieg in ferner Zukunft läuft anders ab als heute. Mit der Verfügbarkeit von lichtschnellen Raumschiffen wird er durch das Phänomen der Zeitdehnung über Jahrhunderte hinweg ausgetragen. Es ist – schon aus nachrichtentechnischen Gründen – keine Verständigung mehr möglich. Der Konflikt gerät außer Kontrolle, weitet sich aus wie ein Flächenbrand, gewinnt immer mehr Eigengesetzlichkeit und bläht sich schließlich auf ins Absurde. Mitten drin stecken Soldat William Mandella und seine Kampfgenossen. (Verlagsinfo)

Der Roman wurde 1976 mit den beiden wichtigsten Preisen des Science-Fiction-Genres ausgezeichnet, dem Nebula Award der Kritiker und dem Hugo Gernsback Award der Leserschaft.
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Joe Haldeman – Der Herr der Zeit

Intelligente Wells-Parodie: Zeitreise per Zufall

Hochschulabbrecher Matt Fuller schlägt sich als einfacher Forschungsassistent am Massachusetts Institute of Technology durch. Als er sich gerade mit den Quantenbeziehungen zwischen Gravitation und Licht beschäftigt, verschwindet plötzlich sein Kalibrator – und taucht eine Sekunde später wieder auf. Und jedes Mal, wenn Matt den Reset-Knopf drückt, verschwindet die Maschine zwölfmal länger. Nachdem er mit dem Kalibrator herumexperimentiert hat, kommt Matt zu dem Schluss, dass er nun in Besitz einer Zeitmaschine ist, mit der er Dinge in die Zukunft schicken kann…

Nichts scheint dagegen zu sprechen, dass Matt selbst eine kleine Zeitreise unternimmt. Also landet er in der nahen Zukunft – wo er wegen Mordes am Besitzer des Autos verhaftet wird, welcher tot umgefallen ist, als Matt direkt vor seinen Augen verschwunden ist. Die einzige Möglichkeit, der Mordanklage zu entgehen, besteht darin, weiter in die Zukunft zu reisen, bis er einen Ort in der Zeit findet, an dem er sich in Ruhe niederlassen kann. Doch was ist, wenn solch ein Ort gar nicht existiert? (gekürzte Verlagsinfo)
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Joe Haldeman – Voyagers

Die unerwünschten Veteranen eines nunmehr abgehakten kosmischen Krieges wollen der verhassten Gegenwart in die Zukunft entfliehen, doch ihre Probleme begleiten sie und erhalten während der Reise unerwarteten Zuwachs … – Die zweite Fortsetzung des Klassikers „Der ewige Krieg“ lässt Brisanz und Vielschichtigkeit des ersten Bandes vermissen und bietet stattdessen abenteuerliche, gut geschriebene Science Fiction.
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Joe Haldeman – Die Denkbrücke

_Spannender Erstkontakt: Nur die Denkbrücke wird uns retten!_

Jacque LeFavre, ein Pionier der interstellaren Kolonisierung, entdeckt auf einem der Planeten ein molluskenartiges Wesen, das als psychisches Bindeglied, als Denkbrücke für telepathie verwendet werden kann. Aber der Preis dafür ist hoch. LeFavre erfährt ihn, als sein Freund und Partner eines unerklärlichen Todes stirbt …

_Der Autor_

Der US-Autor Joe Haldeman, geboren am 9. Juni 1943 in Oklahoma City, studierte Physik, Astronomie, Mathematik und Informatik an der Universität von Maryland. 1967 wurde er zum Militärdienst nach Vietnam eingezogen. Durch seine Erlebnisse in Vietnam wurde er zu seinem wohl bekanntesten Roman „Der Ewige Krieg“ („The Forever War“) inspiriert, für den er den Hugo-Award sowie den Nebula-Award erhielt.

„Der Ewige Krieg“ arbeitete er später zu einer Trilogie aus („Der ewige Friede“, „Am Ende des Krieges“), deren zweiter Band erhielt ebenfalls sowohl den Hugo- als auch den Nebula-Award. Bekannt ist auch seine Worlds Trilogie, die „Kreisende Welten“, „Isolierte Welten“ (beide bei Moewig) und „Worlds Enough and Time“ umfasst.

Zu seinen Romanen kommen zahlreiche Kurzgeschichtensammlungen, darunter „Unendliche Träume“ (dt. bei Heyne). Seit den 1990er Jahren erscheinen seine Romane nicht mehr auf deutsch, obwohl Haldeman in den USA und in Großbritannien nach wie vor hoch im Kurs steht. Beispielsweise erhielt er für den 1993 erschienen Roman „Graves“ den World Fantasy Award, und 2004 für Roman „Camouflage“ den Nebula-Award sowie den James Tiptree, Jr. Award.

Zurzeit lehrt Haldeman am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Schriftstellerei und Science-Fiction. Sein 2002 verstorbener älterer Bruder Jack C. Haldeman II war ebenfalls Science-Fiction-Autor. (Quelle: Wikipedia)

Romane (korrigierte Angaben):
* 1972 War Year
* 1975 The Forever War (dt. Der Ewige Krieg 1978)
* 1976 Mindbridge (dt. Die Denkbrücke 1978)
* 1977 Planet of Judgment (dt. Grenze zur Unendlichkeit / Duell der Mächtigen 1980; STAR TREK)
* 1977 All My Sins Remembered (dt. Der befleckte Engel 1978)
* 1979 World Without End (dt. Welt ohne Sterne, 1979 / Welt ohne Ende, 1980, STAR TREK)
* 1981 Worlds (dt. Die kreisenden Welten 1982 / Kreisende Welten 1984, bei Moewig)
* 1983 There Is No Darkness (dt. Und fürchtet keine Finsternis 1985) mit Jack C. Haldeman II
* 1983 Worlds Apart (dt. Isolierte Welten, bei Moewig)
* 1987 Tool of the Trade
* 1989 Buying Time (dt. Gekauftes Leben 1992, bei Heyne)
* 1990 The Hemingway Hoax (dt. Der Schwindel um Hemingway 1992, im Heyne SF-Jahresband 1992)
* 1992 Worlds Enough and Time
* 1994 1968
* 1997 Forever Peace (dt. Der ewige Friede 2000, bei Heyne)
* 1998 Forever Free (dt. Am Ende Des Krieges 2002, bei Heyne)
* 2000 The Coming
* 2002 Guardian
* 2004 Camouflage
* 2005 Old Twentieth
* 2007 The Accidental Time Machine (dt. als „Herr der Zeit“ bei Mantikore, 6/12)
* 2008 Marsbound
* 2010 Starbound
* 2011 Earthbound

_Handlung_

Um das Jahr 2034 wird per Blitzeinschlag die augenblickliche Übertragung von Materie zu fernen Orten entdeckt. Diese Levant-Meyer-Transition, kurz LMT, ermöglicht es dem Amt für außerirdische Erkundung (AAE), Leute zu Lichtjahre entfernten Welten zu schicken, um diese dahingehend zu erforschen, ob sie sich für eine Kolonisierung eignen. Auf der Erde leben immerhin elf Milliarden Menschen, die sich gegenseitig auf die Füße treten – man braucht mehr Platz.

Jacque LeFavre, von Schweizer Herkunft, aber in den USA aufgewachsen, ist einer von diesen Erforschern. Zusammen mit seinem kleinen Team erkundet er die Welt Groombridge 1618. Es steckt in seinem Allzweckanzug, in der er durch das vom LMT geformten Wurmloch geschickt wurde, und kann in praktisch jeder Art von Umgebung überleben. Diese hier lässt sich gut als „Schlammloch“ charakterisieren. Zwar ist die Gravitation erfreulich erdähnlich, aber Sauerstoff gibt es kaum und von Kohlendioxid viel zu viel.

Da findet sein chinesischer Kollege Ch’ing in dem trüben Fluss, der das „Schlammloch“ durchströmt ein molluskenartiges Lebewesen. Als Jacque es ebenfalls berührt, kann er die Gedanken Ch’ings hören. Na so was! Das Ding steht eine Gedankenbrücke her. Wie sich zeigt, hat derjenige, der den ersten Kontakt herstellt, den reinsten telepathischen Empfang, danach nimmt die Qualität kontinuierlich ab. Das Team beschließt, mehr von diesen Mollusken zu suchen und ist schon weiter gegangen, als plötzlich ein Alarm ausgelöst wird: Ch’ing ist tot! Sein Anzug meldet Hirntod und anschließenden Herzstillstand. Wie konnte es nur dazu kommen?

Durch den sogenannten „Katapulteffekt“ – was hochgeschickt wurde, muss auch wieder runterkommen – wird die Gruppe mitsamt Ch’ing wieder zur Erde geholt. Allerdings bleibt Ch’ings Todesursache ein Rätsel: Er war gesund, und ein Defekt des AFK-Anzugs wird ausgeschlossen. Zur Untersuchung des „Denkbrücke“-Lebewesens gehört auch sexuelle Aktivität unter dessen Einfluss. Als er mit Carol aus seinem Team schläft, fühlt sich Jaque jedoch quasi durch sich selbst beobachtet. Uralte Erinnerungen an seinen ersten Sex schleichen sich ein, wovon sich Carol aber nicht stören lässt.

Als das Lebewesen seziert werden soll, kommt es erst zu einem Herzinfarkt, dann zu einem Selbstmordversuch. Weiß es sich zu schützen? Dr. Jameson, das zweite Opfer, ist fest davon überzeugt, dass in dem Wesen viel mehr steckt, als bislang entdeckt worden ist.

Zwei Jahre später stößt das Expeditionsteam von Katherine O’Brien auf eine intelligente Spezies von geklonten Gestaltwandlern mit überlegener Technologie. Die Begegnung verläuft für O’Brien und ihre Kollegen tödlich, doch ihre Videoaufnahme findet durch den Katapulteffekt ihren Weg zurück zur Erde und löst dort eine gelinde Panik in der AAE aus.

Keine Frage, dass ein Freiwilliger den nächsten Vorstoß wagen muss, um eine Kommunikation mit den Aliens zustande zu bringen, und zwar mit Hilfe der Denkbrücke. Auf wen wird das Los für dieses Himmelfahrtskommando fallen?

_Mein Eindruck_

Schon nach kurzer Zeit stoßen die überlegenen Aliens zum Sirius vor, der gar nicht so weit entfernt liegt, nämlich nur wenige Lichtjahre. Zum Glück kann man jetzt schon mit ihnen kommunizieren, und Jacque und seiner Carol bleibt auch gar nichts anderes übrig, als sie in Gefangenschaft geraten.

Ich konnte das Buch am Schluss gar nicht mehr aus der Hand legen, denn das Finale ist ungemein spannend. Was oder wer sind diese gestaltwandelnden L’vrai? Die schwarzhäutigen Rasseangehörigen besitzen ein Schwarmbewusstsein, so dass sie ihre Gedanken mit der Gemeinschaft teilen. Die Idee eines Schwarmbewusstseins ist keineswegs neu, sondern wurde schon von Theodore Sturgeon in „To Marry Medusa“ 1958 ausgiebig untersucht. Auch dass sie Schwerkraft und dergleichen manipulieren, wirkt nicht umwerfend, sondern wird sogar erwartet.

In ihrer Schwarzhäutigkeit wirken die L’vrai so unheimlich wie H.R. Gigers Aliens in Ridley Scotts Film. Doch den entscheidenden Fortschritt erlaubt diesmal die Denkbrücke. Das kleine molluskenartige Biest ist doch nicht so bösartig wie behauptet, sondern erlaubt, mit Vorsicht behandelt, Verständigung mit jeder Art von intelligenter Spezies, insbesondere den L’vrai.

Das Schwarmbewusstsein droht mit der Vernichtung der Erde, denn es verfügt ebenfalls über die LMT-Technologie – dies es bereits wieder als veraltet und beschränkt verworfen hat. Wird es Jacque, der mit dem L’vrai verbunden ist, gelingen, die Vernichtung der Erde zu verhindern? Carol hat da aber noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

|Andere Textsorten|

Eine packende Szene, die in Prosaform erzählt ist, wie es sich gehört. Doch Prosa ist in diesem Roman eher die Ausnahme, so scheint es. Vielmehr sind, ähnlich wie bei John Brunners „Morgenwelt“ und „Schafe blicken auf“, auch ganz andere Textsorten vertreten. Sie stammen aus der Bürokratie, der Wissenschaft, den Medien, und es findet sich sogar Jacques Autobiografie. Da gibt es Statements, Meldungen, Anweisungen, Tabellen, Expeditionsaufträge (komplett mit Finanzierungszuweisung wie beim Militär) und sogar Diagramme.

In der Taschenbuchausgabe sind alle diese Textsorten getreulich nachgebildet, auch in andersartigen Schrifttypen usw., und die simultane Denkbrückenkommunikation ist sogar in Zwei-Spalten-Druck realisiert. Man muss aber aufpassen: Was A sagt, ist das, was B denkt – und umgekehrt!

|Gefühle verboten|

Die Handlung ist trotz dieser Ergänzungen straff und zielstrebig erzählt. Ja, würde man sich dieses Brimborium wegdenken, könnte sogar der Verdacht aufkommen, dass es ein zu wenig an Handlung gibt. Aber dieser Eindruck ist nicht belegbar und liegt wohl nur daran, dass herzlich wenig über Gefühle gesprochen wird, geschweige denn diese demonstriert werden.

Die AAE ist ein Zwitter aus Bürokratie, Wissenschaft und Militär – eine der schlimmsten Kombinationen, die es gibt, um ein Individuum fertigzumachen. Infolgedessen bemühen sich die „Zähmer“, wie die Erforscher genannt werden, um mögliche wenige Gefühlsäußerungen, die gegen sie verwendet werden könnten. Man muss es mitgemacht haben, um diesen Aspekt der Geschichte und des Romans würdigen zu können.

Weibliche Leser könnten deshalb von dieser Art, die Geschichte zu erzählen, abgestoßen sein. Sie sollten jedoch bedenken, dass uns Jacque v.a. durch seine Autobiografie als ein Charakter vorgestellt wird, der über die einzigartige Fähigkeit verfügt, NICHT durch die Denkbrücke wahnsinnig zu werden, wenn der L’vrai mit ihm kommuniziert. Es hat also seinen guten Grund, warum Jacque so häufig im Mittelpunkt der Prosa-Handlung steht, und dementsprechend sollte man ihn würdigen.

_Unterm Strich_

Durch seinen Bestseller „Der ewige Krieg“ hat sich Joe Haldeman als eingefleischter Pazifist geoutet. Er sieht militärische Auseinandersetzungen nicht nur als Gewaltanwendung, sondern auch durch die Art ihrer Begründung und Ausführung als absurde und menschenfeindliche Tätigkeit an. Diesen Pazifismus demonstriert er in „Die Denkbrücke“ anhand der Frage: Wenn Frieden nicht mit Waffen geschaffen werden kann, dann vielleicht mit Verständigung?

Diese Antwort auf diese – zugegeben naheliegende – Frage fällt positiv aus, aber anders als erwartet. Denn nicht die Aliens sind es, die sich Richtung Friedfertigkeit ändern müssen (wie es uns Hollywood gerne suggeriert), sondern die Menschheit. Diese ist nämlich aufgrund ihrer Genetik aggressiv, wegen ihrer Religionen rechthaberisch, Männer mit Territorialinstinkt und Frauen mit einem enormen Beschützerinstinkt (wie Carol eindrucksvoll demonstriert). All dies spricht gegen einen friedlichen Erstkontakt.

Die Vernichtung der Menschen wäre also vielleicht ganz gut für den Rest des Universums. Es sei denn, man stellt sie unter Quarantäne. Irgendwann müssen sie sich ja mal auf eine fortschrittliche und friedliche Stufe weiterentwickeln. In der Tat lässt die Aufhebung der Quarantäne, die die L’vrai verhängt haben, eine ganze Weile auf sich warten. Neue Generationen von Menschen, darunter die Urenkel von Jacque und Carol aus dem Geogestaltungs-Programm der AAE, sind endlich soweit, auf den Rest des Universums losgelassen zu werden.

Insgesamt also eine pessimistische, aber vorsichtig hoffende Aussage, die der Autor in seinem spannenden und zielstrebig inszenierten Erstkontakt-Roman zu äußern wagt. Ich habe den Roman in nur zwei Tagen verschlungen, aber ich bin sicher, es geht auch schneller. Die Lektüre lohnt sich auf jeden Fall, wenn man mehr über Aggression, Erstkontakt und Schwarmbewusstsein erfahren möchte.

Originaltitel: Mindbridge (1976)
Taschenbuch: 188 Seiten
Aus dem US-Englischen von Tony Westermayr
ISBN-13: 978-3442232833
http://www.randomhouse.de/goldmann