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Interview mit Falko Löffler, Schriftsteller und Podcaster

Interview mit Falko Löffler, Schriftsteller und Podcaster

Löffler stellt sich selbst vor: „Hallo, mein Name ist Falko, ich bin 48 Jahre alt und meine Hobbys sind Lesen, Schreiben, Filme und Telespiele. Dummerweise habe ich die alle zu meinem Beruf gemacht, weswegen ich ohne finanzielle Interessen und rein zum Spaß nur noch durch den Wald schlurfen und es joggen nennen kann.“

Falko Löffler (c) Maria Manneck, 2019

Vita:
Jahrgang 1974, geboren in Lauterbach/Hessen, Studium der Germanistik, Anglistik und Medienwissenschaft in Marburg, Abschluss mit einer Magistarbeit über narrative Strukturen in Computerspielen. Über ein Praktikum beim Spiele-Distributor Bomico in die Gamesbranche eingestiegen und von 1996 bis 1999 als studentischer Freiberufler im Marketing mitgearbeitet. Von 1999 bis 2003 Autor und Leveldesigner beim Spieleentwickler Neon Studios (heute keen games) in Frankfurt/Main. Freier Autor und Übersetzer seit 2003. Seit 2018 auch Podcaster.

Bislang hat Löffler eine ganze Reihe Bücher veröffentlicht und übersetzt:

Romane

Drachenwächter. Die Prophezeiung. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2007. ISBN 978-3-939994-02-2 (auch als Hörbuch, gesprochen von David Nathan, ISBN 978-3-939994-03-9)
Cademar. Günstling der Magie. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2008. ISBN 978-3-939994-04-6 (auch als Hörbuch, gesprochen von Thomas Nero Wolff, ISBN 978-3-939994-05-3)
Drachenwächter. Die Jagd. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2009. ISBN 978-3-939994-38-1 (auch als Hörbuch, gesprochen von David Nathan, ISBN 978-3-939994-39-8)
Im Funkloch. Roman, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2010. ISBN 978-3-423-78244-9
Tiefe Saat. Roman, Spreeside Verlag, Berlin 2017. ISBN 978-3-939994-40-4

Humoristische Sachbücher

Bin ich blöd und fahr in Urlaub? Zuhausebleiben ist der beste Trip. Humor, Goldmann Verlag, München 2014. ISBN 978-3-442-15819-5
Ich kann da nicht nüchtern hin: Familienfeiern und wie man sie überlebt. Humor, Goldmann Verlag, München 2014. ISBN 978-3-442-15843-0

Kurzgeschichtensammlung

Ausgewählt. Fantastische Geschichten. Kurzgeschichtensammlung, kindle direct publishing / Createspace, 2013. ISBN 978-1492133087

Übersetzungen

D.M. Pulley: Das verlassene Haus, amazon crossing, 2019
D.M. Pulley: Das vierzehnte Opfer, amazon crossing, 2018
Tom Bale: Listige Brut, amazon crossing, 2018
Tom Bale: Sieh, wie sie fliehen, amazon crossing, 2017
Jen Williams: Das Kupferversprechen, beBEYOND by Bastei, 2017
D.M. Pulley: Das begrabene Buch, amazon crossing, 2017
D.M. Pulley: Der tote Schlüssel, amazon crossing, 2016
Bryan James: LZR-1143: Kontamination, amazon crossing, 2014

Was machst du gerade, Falko?

Jetzt gerade im Frühsommer 2022 bin ich mit Story und Texten eines größeren Computerspiels beschäftigt. Es ist noch nicht offiziell angekündigt, daher kann ich nicht viel dazu sagen, zumal ich nur eine von vielen Personen bin, die da mitwirkt und nicht – anders als bei einem eigenen Buch – der alleinige Entscheider. Wegen dieses umfangreichen Jobs liegt mein nächstes Buch beim Stand von 2/3 fertig auf Eis. Ansonsten bin ich an einem Podcast beteiligt, für den vier Folgen pro Monat produziert werden wollen.

Jetzt GERADE sitze ich im Dahliengarten des Kunstvereins Fulda, wo meine Frau Mona an einer Gemeinschaftsausstellung beteiligt ist und gerade aufbaut, und schwitze.

Ich habe dich auf einer Jahrestagung der Inklings Gesellschaft kennengelernt. Auf deiner Visitenkarte stand „Schriftsteller“. Bist du das geworden und wenn ja, was hast du alles veröffentlicht?

Zu diesem Zeitpunkt – ist ja schon ein paar Jahre her – hatte ich gerade meine ersten paar Romane veröffentlicht. Ich habe diese schreckliche Angewohnheit, dass meine Visitenkarten möglichst meinen aktuellen Schwerpunkt widerspiegeln müssen, weswegen ich immer neue Karten drucken lasse und einen Stapel alter Karten wegschmeiße. Als ich meinen Magister-Abschluss in der Tasche hatte, musste sofort eine neue Karte her, auf der „M.A.“ hinter dem Namen stand. Ein Jahr später war mir das schon wieder zu prätentiös, also habe ich neue drucken lassen, auf denen schlicht „Autor“ stand. Und als die ersten Romane draußen waren … nun ja … die hast du.

Zuletzt hatte ich eine Visitenkarte, die extrem beliebt war, denn sie war gleichzeitig ein Bonusheft, auf dem ich Treffen mit den Leuten abgezeichnet habe, und wer mich fünf Mal getroffen hat, bekam von mir eine individuelle Kurzgeschichte. Das ist dann etwas ausgeufert, daher verteile ich die nicht weiter.

Meine aktuelle Visitenkarte zeigt dann auch meine derzeitige berufliche Gewichtung. Darauf steht als Jobtitel: „Autor, Übersetzer, Podcaster“.

Worum geht es meist in deinen Geschichten?

Eigentlich mache ich es strategisch völlig falsch. Die erfolgreichen Autor*innen da draußen haben ein klares Profil und eine eindeutige Nische, in der sie sich etablieren. Bei mir hat sich das noch nicht ergeben, aber ich veröffentliche ja erst seit 30 Jahren.

Meine eigene Arbeit spiegelt oft meinen Konsum wider, und der geht in allen Medien querbeet durch die Genres. Ich kann mich für alle Spielarten der Fantastik begeistern, für anarchischen Blödsinn, für kleine und menschliche Geschichten. In meinen eigenen sind die besten Geschichten diejenigen, die mehr als nur ein Flair bieten, die versuchen, einen neuen Blick auf etwas zu werfen. Aber sie sind dann uneindeutig, also schlecht zu platzieren und zu verkaufen.

Daher kann ich es bei mir gar nicht so klar quantifizieren, worum es in den meisten Geschichten geht. Objektiv sind die meisten meiner Bücher Fantasy, aber das heißt nicht, dass ich mich dort am ehesten selbst verorte.

Du hast geschrieben, dass du Computer-Games mit Texten versiehst. Was darf ich mir darunter vorstellen?

Die Textarbeit an Computerspielen ist teilweise deckungsgleich mit der Arbeit an Romanen oder Drehbüchern, manchmal völlig anders. Das Berufsbild „Autor*in von Computerspielen“ ist nicht klar umrissen, nicht mal bei der Begrifflichkeit, wo mal von „Game Writer“, mal von „Narrative Designer“, mal von „Game Designer“ gesprochen wird. Manchmal geht es wirklich um den Entwurf einer Welt oder Dramaturgie wie bei einem linearen Medium.

Aber in den meisten Fällen führt Interaktivität dazu, dass eine Menge Text für eine Menge Situationen und Umstände gebraucht wird. Spielefirmen haben oft versucht, bekannte Autor*innen für ihre Games anzuheuern, und das funktioniert in den wenigsten Fällen, denn nur, wenn diese Leute einen Bezug zum Medium haben. Wer nicht zockt, kann kein Game Writer werden, sondern nur den eigenen Namen vermieten.

Verdienst du daran besser als an Romanen und Geschichten?

Solange man keinen Bestseller schreibt, verdient man mit ALLEM besser als mit Romanen. Nur der kleinste Teil der Veröffentlichungen da draußen rechnet sich, sowohl im Hinblick auf die Gesamtbilanz, wie auch umgerechnet auf die Arbeitszeit, die ich als Autor in ein Buch stecken muss. Ein Roman ist ein Lottoschein mit etwas besseren Gewinnchancen als ein normaler Lottoschein.

Natürlich kann ein Roman auch Abstrahleffekte haben, aber Lesungen, Verfilmungen, Übersetzungen in andere Sprachen – all das ist nur gefragt, wenn das Buch AN SICH schon erfolgreich ist. Der gleiche Fall mit den Vorschüssen. Die meisten Autor*innen können froh sein, wenn die reine Arbeitszeit auf Mindestlohnniveau bezahlt ist.

Bei den Computerspielen bin ich in einer anderen Rolle. Niemand klopft bei mir an, damit ich eine Story aus der Schublade zaubere, aus der ein Spiel gemacht wird. Nein, da bin ich ein Zahnrad im ganzen Team, und ich bin da eher Dienstleister als der kreative Oberhoschi. Entsprechend habe ich in den nun fast 20 Jahren als Freelancer in der Regel von Story- und Textarbeit an Spielen gelebt, und die Bücher kamen immer dann in den Mix, wenn ich entweder eine gute Verkaufschance oder einfach Bock darauf hatte.

Inzwischen bietest du auch Podcasts an. Was ist der Inhalt bzw. die Inhalte dieser Podcasts?

Jochen Gebauer und ich betreiben seit Sommer 2018 den Buchpodcast „Kapitel Eins“. Jochen ist erfahrener Journalist in der Gamesbranche und schon länger professionell im Podcast-Geschäft mit dem Gamespodcast „Auf ein Bier“, den er mit André Peschke betreibt.

Wir veröffentlichen meist alle 14 Tage eine Folge, in der wir ein neues oder altes Buch besprechen oder allgemeine Bücherthemen beackern. Wir führen seit 2020 auch ergänzend eine Crowdfunding-Kampagne durch. Leute, die uns fünf Euro im Monat geben, erhalten exklusiv zwei Bonusfolgen pro Monat – eine weitere Buchbesprechung und ein Interview, das ich führe. Aktuell tun das 300 Leute, und das erlaubt es uns auch, eine professionelle Aufnahme und Nachproduktion zu finanzieren. Unsere Domain ist www.buchpodcast.de

Für mich selbst ist das eine lustige Entwicklung, weil ich Zeit meines Lebens kein großes Interesse am Audio-Medium hatte. Mal eine Drei-Fragezeichen-Kassette als Kind, okay, aber Hörbücher waren nie meins und Radio brauchte ich nur für Musik. Glücklicherweise hatte ich gerade Zugang zum Medium Podcast gefunden, als Jochen bei mir angeklopft hat, sonst hätte ich wahrscheinlich lachend abgewunken.

Bestimmt das Medium den Inhalt bzw. dessen Form (Länge usw.)?

Ich habe für meine Bücher schon einige Radio-Interviews gegeben, und es war immer sehr anstrengend, in ein paar Minuten gepresst zu werden, kurz und prägnant sein zu müssen. Beim Podcast ist das Schöne, dass man höchstens sich selbst eine Längenvorgabe geben kann, aber nicht muss, und natürlich lässt sich in der Nachbearbeitung auch noch etwas ändern.

Podcasts werden in allen möglichen Alltagssituationen gehört, mal ganz intensiv, mal nebenbei. Aber daran denke ich während der Aufnahme nicht. Wir versuchen, eine grobe Struktur einzuhalten, aber erlauben uns auch, in unterschiedliche Richtungen zu galoppieren. Wir können mit Form und Länge auch experimentieren, und das finde ich toll.

Wie groß ist die mögliche Nachfrage im Netz bzw. auf den Smartphones?

Die Nachfrage auf unser Crowdfunding habe ich oben schon erwähnt. Was freie Folgen angeht: Eine öffentlich einsehbare Zahl ist beispielsweise in der populären App „Podcast Addict“ zu sehen, in der die Abo-Zahl jedes Kanals angezeigt wird. Allein dort haben wir im freien Kanal aktuell über 5000 Abonnent*innen.

Nimmt die Nachfrage zu?

Es fluktuiert immer etwas, scheint mir sogar saisonal abhängig zu sein, aber im Schnitt haben wir immer noch leichtes Wachstum. Natürlich haben wir es etwas schwerer, auf uns aufmerksam zu machen, als Kulturkanäle von Öffentliche-Rechtlichen Sendern oder rein kommerzielle Anbieter, die ein Marketingbudget haben.

Wie lässt sich damit Geld verdienen – durch Abos?

Ja, und da ist auch viel in Bewegung. Es gibt Crowdfunding-Seiten wie „Steady“ (dort sind wir mit unserem Buchpodcast), aber auch internationale Anbieter wie Patreon oder Ko-Fi, die sich in ihren konkreten Ausprägungen etwas unterscheiden, aber alle im Prinzip eine Paywall und ein Bezahlsystem als Infrastruktur bieten. Das zu nutzen, heißt natürlich auch, dass zwar einige Gebühren fällig werden, aber der Aufwand, diese Infrastruktur aufzubauen, hält sich für uns sehr in Grenzen.

Was hast du noch so für Pläne?

Wenn ich mit dem Schwitzen im Dahliengarten zu Fulda fertig bin, werde ich mich dem Spiel widmen, das mich weiter auf Trab hält. Dann werde ich ausschlafen. Dann den Roman fertigschreiben. Und der Podcast läuft sowieso.

Darüber hinaus: keine Ahnung. Ich sage schon seit langem, dass ich als Freiberufler nicht weit im voraus plane. Nur immer die nächsten drei Monate. Die sind verplant, also ist alles gut.

Wenn die Frage im ganz großen Bogen gemeint ist: Ich wäre glücklich, einfach weiter mein Zeug querbeet in den Medien zu machen. Um Buzz Lightyear halb zu zitieren: to Ruhestand and beyond!

Das schriftliche Interview führte Michael Matzer.