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Markus Heitz – Ritus (Lesung)

Pulp Fiction für Werwolf-Lover

Im südfranzösischen Gévaudan treiben 1764 jahrelang Werwölfe ihr Unwesen und die Wildhüter suchen Wege, um sie nicht nur zu töten, sondern auch von ihrem Übel zu heilen. Im Jahr 2004 hat ein Nachfahre dieser Wildhüter mehrere blutige Begegnungen mit den Werwölfen. In St. Petersburg stößt er sogar auf einen „Orden des Lykaon“, dessen Mitglieder sich liebend gerne zum göttlichen Werwolf machen lassen. Doch den wichtigsten Werwolf überhaupt findet Eric von Kastell nicht in St. Petersburg, wo er sich verliebt hat, sondern in Kroatien, wo seine Liebe vom Werwolf gebissen wird …

Der Autor

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Heitz, Markus – Sanctum (Lesung)

Werwolfhatz: Vernichten oder heilen?

RITUS: Im südfranzösischen Gévaudan treiben 1764 jahrelang Werwölfe ihr Unwesen und die Wildhüter suchen Wege, um sie nicht nur zu töten, sondern auch von ihrem Übel zu heilen. Im Jahr 2004 hat ein Nachfahre dieser Wildhüter mehrere blutige Begegnungen mit den Werwölfen. In St. Petersburg stößt er sogar auf einen „Orden des Lykaon“, dessen Mitglieder sich liebend gerne zum göttlichen Werwolf machen lassen. Doch den wichtigsten Werwolf überhaupt findet Eric von Kastell nicht in St. Petersburg, wo er sich verliebt hat, sondern in Kroatien, wo seine Liebe vom Werwolf gebissen wird …

Fortsetzung SANCTUM: Nach Rom führen im Jahr 2004 die Spuren einer Verschwörung, in deren Mittelpunkt Eric von Kastell steht, der Werwolfjäger. Immer wieder stößt er auf das Vermächtnis einer Frau, die im 18. Jahrhundert um ihr Leben kämpfte: Gregoria, die Äbtissin eines entweihten Klosters. Eric und Gregoria sind untrennbar verbunden durch die heiligste Substanz, die sich auf Erden findet: das Sanctum. Es kann Wunder wirken – oder den Tod bewirken …

Der Autor

Markus Heitz, geboren 1971 im saarländischen Homburg, studierte und unterrichtete Germanistik und Geschichte und arbeitete als Journalist bei der Saarbrücker Zeitung. Sein Aufsehen erregender Debütroman „Schatten über Ulldart“ wurde mit dem |Deutschen Phantastik-Preis| ausgezeichnet. Seit dem Bestseller „Die Zwerge“ gehört Heitz zu den erfolgreichsten deutschen Fantasy-Autoren. Er lebt in Zweibrücken in Rheinland-Pfalz. „Die Zwerge“ hat er ebenso fortgesetzt wie das inzwischen mehrbändige Ulldart-Epos.

|Markus Heitz auf Buchwurm.info:|

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[„Schatten über Ulldart“ 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[„Trügerischer Friede“ 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[„05:58“ 1056 (Shadowrun)
[„Die Zwerge“ 2823
[„Die Zwerge“ 2941 (Hörbuch)
[„Die Rache der Zwerge“ 1958
[„Der Krieg der Zwerge“ 3074
[„Die dritte Expedition“ 2098
[„Ritus“ 2351 (Buch)
[„Ritus“ 3245 (Hörbuch)
[„Sanctum“ 2875 (Buch)
[„Die Mächte des Feuers“ 2997

Der Sprecher

Johannes Steck, geboren 1966 in Würzburg, ist Absolvent der Schauspielschule Wien. Von 1990 bis 1996 hatte er Engagements an verschiedenen Theatern. Dem breiten Publikum ist er vor allem aus dem TV bekannt. Er spielte in zahlreichen TV-Serien. Steck arbeitet zudem als Radio-, Fernseh- und Synchronsprecher. Er hat schon diverse Hörbücher gelesen.

Die Aufnahme erfolgte im Tonstudio Steck in Hechendorf/Oberbayern. Schnitt und Mastering erledigte das MajorSoundStudio in München. Toningenieur war Tom Klenner unter der Tonregie von Hardy Meiser.

Es wird zwar nirgends angegeben, aber vermutlich handelt es sich um eine gekürzte Textfassung, die Steck vorträgt.

Vorgeschichte

„Ritus“ besteht aus zwei Handlungssträngen, die einander abwechseln.

Im Jahr 2004 erfährt der Werwolfjäger Eric von Kastell, dass sein Vater Johann von den langjährigen Feinden seiner Familie entführt worden sei. Der Obermotz sei diesmal ein Typ, der sich den Namen des ägyptischen Kriegsgottes Upuaut zugelegt habe. Eric eilt sofort zum Tatort und macht aus der Villa des Gegners Kleinholz, allerdings kann er das Leben seines Vaters nicht retten.

In einem verborgenen Raum der elterlichen Villa hat Erics Vater ein Labor eingerichtet, um das Heilmittel für den Wahnsinn des Werwolfs zu entwickeln. Eric benötigt das Medikament selbst, denn die Bestie schlummert auch in ihm und will rausgelassen werden. Die Rezeptur basiert auf einem Dokument der Familie, das sie aus dem 18. Jahrhundert geerbt hat. In Erics Abwesenheit zerstört ein anderer Werwolf das Archiv ebenso wie das Labor. Dieser Werwolf nennt sich Fauve (frz. für „der Wilde“). Wer verbirgt sich dahinter?

In St. Petersburg ereignet sich eine Werwolfmordserie, und Eric fliegt sofort hin. Am Tatort fällt ihm der Wolfsgeruch einer jungen Frau auf und er folgt ihr in ein Viertel der Einheimischen. Vor einem bestimmten Haus ruft sie nach einem Mann namens Nadolny: Der Gerufene kommt aus einem Fenster des zweiten Stocks heruntergesegelt und knallt auf aufs Pflaster. Wurde er gestoßen? Der Verdacht liegt nahe, denn ein Maskierter beschießt die Frau. Eric greift ein und bringt sie in Sicherheit. Sie stellt sich als Lena vor, eine Wolfsforscherin. Doch sein Wissen und seine bemerkenswerten Verteidigungskünste machen sie stutzig. Nach einem kurzen Intermezzo in dem Landhaus entwischt sie wieder.

Sein Hausmeister und Faktotum Anatol identifiziert die Silberkette, die Eric einem der überwältigten Gegner abgenommen hat. Das Medaillon stellt Symbole dar, die sich auf den antiken König Lykaon beziehen, der von Zeus zur Strafe für einen Frevel in einen Wolf verwandelt wurde. Die Träger dieses Medaillons nennen sich „Der Orden des Lykaon“ und verehren Werwölfe so sehr, dass sie selbst zu diesem göttlichen Wesen werden wollen. Na, toll, denkt Eric. Und wo ein Orden ist, gibt es bestimmt auch eine Konkurrenzveranstaltung. Da hat er ganz Recht, und er merkt es spätestens dann, als er zwischen die Fronten gerät. Aber zunächst muss er Lena, die Wolfsforscherin, wiederfinden.

Südfrankreich, Gévaudan, 1764 bis 1767

Es hat schon immer Wölfe in der waldreichen Gebirgslandschaft des südfranzösischen Gévaudan gegeben, doch unter den neuesten Opfern dieser Tiere sind auch Menschen. Der Wildhüter Jean Chastel ist für diese Sache zuständig, und er nimmt seine beiden Söhne Antoine, 20, und Pierre, 26, mit auf die Jagd. Die beiden Halbwaisen sind wie Sonne und Mond, völlig verschieden: Pierre ist besonnen, fromm und freundlich, doch Antoine ist ein Bruder Leichtfuß und Schürzenjäger, der auch Kinder nicht verschmäht.

Nun hängt da ein sehr merkwürdiger Wolf in ihrer Falle. Er hat abnorm große Reißzähne und statt einer normalen Pfote sind Katzenkrallen zu sehen. Als Antoine ihn vorwitzig abschneiden will, warnt ihn sein Vater. Doch dieser Wolf öffnet wieder die Augen. Und als eine zweite Bestie angreift, um sich auf die Wildhüter zu stürzen, wird auch Pierre verwundet. In dem folgenden wütenden Kampf verjagt Jean die Bestie, doch seine beiden Söhne sind bewusstlos und bluten aus vielen Wunden. Der erste Wolf hat sich in einen 60-jährigen Mann rückverwandelt, den Jean in den nahen Bach wirft. Die Wunden seiner Söhne desinfiziert Jean durch Ausbrennen, doch es ist bereits zu spät. Die Seuche der Wandelwesen verrichtet in ihnen bereits ihr teuflisches Werk.

Drei Jahre vergehen. Zu seinem Entsetzen muss Jean Chastel feststellen, dass sein Antoine definitiv zum Werwolf geworden ist. Und auch sein Sohn Pierre zeigt alle Merkmale eines solchen Wahnsinns. Leider können sie sich nicht erinnern, was sie in ihrer anderen Gestalt getan haben, und ihre Wolfskräfte reichen aus, die Ketten zu sprengen, in die Jean sie legt. Antoine hat zudem die Fähigkeit, mit seinen roten Werwolfaugen jeden Menschen hypnotisieren und willenlos machen zu können.

Verzweifelt sucht Jean nach einem Heilmittel, denn er bringt es – noch – nicht übers Herz, seine Söhne zu töten. Er wendet sich an einen Kurpfuscher, der ihm eine Rezeptur für gutes Geld verkauft, aber um die Tinktur herzustellen, braucht er eine Art Apotheker. Die Äbtissin des Klosters St. Gregoire, Gregoria, ist solch eine Kräuterkundige. Zwischen ihr und Jean erblüht im Laufe der Jahre eine heftige Liebe. Und Pierre Chastel verliebt sich in Gregorias Mündel Florence Taupin, die Tochter einer unehelichen Liebschaft einer Adligen. Dadurch bringt er sie in Gefahr, denn auch sein Bruder Antoine ist scharf auf die Braut.

Äbtissin Gregoria macht einen verhängnisvollen Fehler. Sie schreibt einen Brief an den Heiligen Vater in Rom und bittet um Hilfe gegen die Werwolfplage. Als Antwort erscheint ein päpstlicher Legatus: Giacomo Francesco jagt nicht nur Werwölfe, sondern auch Ketzer. Und da er üble Gerüchte über die Familie Chastel hört, geraten die drei Männer schon bald in sein Visier. Als Köder für die Bestie hat sich Francesco etwas ganz Besonderes ausgedacht. Nachdem er sein blutiges Werk verrichtet hat, entführt er die schwangere Florence nach Rom, um sie für seine eigenen Pläne einzusetzen.

Handlung von „Sanctum“

Jean Chastel vermutet, dass der Sohn Francois seines Dienstherrn, des Marquis de Morangier, ein Werwolf ist. Der Marquis dementiert, doch Chastel insistiert, und schließlich gibt der Marquis es zu. Francois sei ein Wandelwesen, doch inzwischen vor der Verfolgung durch Chastel geflohen – nach Rom vermutlich. Chastel soll Francois schnell töten, bevor noch mehr Menschen zu Schaden kommen. Ausgestattet mit Geld und nach einem gefühlvollen Abschied von seiner geliebten Gregoria macht sich Chastel auf den Weg in die Ewige Stadt. Doch Gregoria bricht ihr Versprechen, sich von Rom und den Werwölfen dort fernzuhalten. Sie will dort ihr Mündel Florence suchen, das der Legatus entführt hat.

Deshalb sehen sie sich ein Vierteljahr später in Rom wieder. Gregoria hat inzwischen vergeblich versucht, beim Papst vorzusprechen, aber durch den Kontakt ist eine klerikale Gruppe auf sie aufmerksam geworden, die gegen den aktuellen Papst, eine Marionette der Jesuiten, intrigiert. Diese Gruppe unter einem Kardinal, der sich „Impegnio“ nennen lässt und sich hinter einer Maske versteckt, versucht einen Orden von Frauen aufzubauen, die überall an den Fürstenhöfen Europas den Einfluss der Jesuiten zurückdrängen sollen. Impegnio hat sich Gregoria, eine im Organisieren erfahrene Äbtissin, auserkoren, den Orden zu leiten. Schon vierzig Novizinnen und fünf Seraphim, Kriegerinnen, stünden bereit. Nach einem halben Jahr Ausbildung wolle Impegnio sie aussenden.

Doch wer soll diese Frauen ausbilden, beispielsweise in Kampf- und Spionagetechniken? Da kommt Jean Chastel wie gerufen. Er trainiert die fünf Seraphim und trägt dabei so manche Blessur davon, denn sie haben wirklich etwas auf dem Kasten. Damit sie die Kenntnisse, die er ihnen vermittelt, in die Praxis umsetzen können, bevor er sie nach dem edlen Wild Francois de Morangier suchen lässt, pirscht er mit ihnen im Armeleuteviertel Trastevere.

Trastevere ist das Revier einer seltsamen Bestie. Das huschende Wandelwesen ist wegen der Geschwindigkeit, mit der es sich bewegt, kaum je zu sehen, doch für Chastel scheint es die Gestalt eines schwarzen Panthers zu besitzen. Das ist definitiv nicht der gesuchte Francois, doch um wen handelt es sich dann? Bei der Verfolgung des Panthers legt sich eine der Seraphim besonders ins Zeug, als sie einen Verdächtigen über die Dächer verfolgt, doch als der Panther auftaucht und den Verdächtigen, einen Kontaktmann von Francois, für sich beansprucht, hat die Seraphim keine Chance. Chastel kann sie gerade noch vor dem Absturz vom Dach bewahren.

Es gelingt ihm, den Panther auf der Straße zu stellen, doch auch hier zieht er den Kürzeren. Erst sehr viel später findet er heraus, dass der Panther selbst ein Feind von Francois ist. Das ist aber die einzige Gemeinsamkeit, die sie zu Verbündeten werden lässt. Unterdessen bricht Gregoria in das Büro des feindlich gesonnenen Kardinals Rotonda ein und entdeckt dort einen sorgsam verborgenen Schatz: Adressen, Namenslisten, Berichte – sogar sie selbst ist darin verzeichnet. Endlich hat sie eine echte Chance, Florence zu finden. Die Spur führt in die labyrinthartig verzweigten Katakomben von Rom. Wer weiß, wohin sie sie führen mögen.

Im Jahr 2004

Erik von Kastell hat nur zwei Ziele im Leben: Seine geliebte Lena wiederzubekommen und die letzten verbliebenen Werwölfe zu jagen, wo er sie findet. Beide Ziele miteinander zu vereinen, stellt sich als gar nicht so einfach heraus.

Gregorias im 18. Jahrhundert gegründeter Orden wird inzwischen von Schwester Faustitia geführt. Sie hält Lena in einer Zelle gefangen – gefesselt, denn auch Lena ist ein Wandelwesen geworden. Faustitia hat vor, wie es ihr Orden verschreibt, Lena zu heilen statt sie zu vernichten. Dazu verfügt der Orden seit den Tagen von Kardinal Impegnios Geschenk über ein Quantum an heiligster und rarer Flüssigkeit: das Sanctum. Das Blut Christi treibt nicht nur den Werwolfsdämon aus, sondern kann gewisse Personen sogar unverwundbar machen. Doch manchmal geht die Behandlung auch daneben, dann stirbt der Patient. Erik betet, dass Lena überlebt, und droht Faustitia mit schrecklichen Konsequenzen, falls nicht.

Im kroatischen Nationalpark Plitvice, dort, wo er schon zuvor auf Werwölfe in freier Natur gestoßen ist, findet er ein Medaillon, das, wie seine Recherche ergibt, das Familienwappen der römischen Rotondas trägt. Die Rotondas waren gespalten, einerseits in eine weltliche, kaufmännische Linie – hier herrscht heute Maria Magdalena über einen Konzern. Doch der anderen Linie gehörten seit der Seeschlacht von Lepanto im Jahr 1571 streitbare Gefolgsleute des Vatikans an, die den christlichen Glauben gegen Andersgläubige – bei Lepanto gegen die Türken – verteidigen. Gregoria könnte Erik einiges über den ihr persönlich bekannten Kardinal Rotonda erzählen.

Erik fordert den Nachfahren Rotondas, einen Padre, unerschrocken heraus. Dabei erschnuppert er an dessen Soutane den unverkennbaren Geruch eines Werwolfswelpen. Was haben die Rotondas mit den Wandelwesen zu schaffen? Kaum ist Erik wieder in seinem römischen Quartier, als nicht nur seine Schwester Justine, sondern auch seine One-Night-Stand-Geliebte Severina auftaucht. Herrje, weiß denn hier jeder über sein Versteck Bescheid?

Doch gleich darauf dringt eine schwer bewaffnete Truppe von Söldnern in die Villa ein und nimmt alles aufs Korn, was nach Erik von Kastell aussieht. Sie werfen sogar Handgranaten! Offenbar mangelt es Padre Rotonda weder an Reaktionsfähigkeit noch an Rücksichtslosigkeit, wenn er einen Schnüffler wie Erik ausschalten will. Doch Erik bietet ihm in jeder Hinsicht Paroli …

Mein Eindruck

Wie schon der Vorgängerband „Ritus“ ist auch „Sanctum“ vollgepackt mit atemloser Action, die nur hin und wieder mit romantischen Szenen abwechselt. Statt mich wie „Ritus“ anzuwidern, bietet „Sanctum“ aber genügend Szenen zwischen vernünftigen (halbwegs) menschlichen Wesen, dass man sich in die Lage dieser Akteure versetzen kann und mit ihnen fühlt.

Der Roman wird seinem Titel vollauf gerecht, denn das „Sanctum“ genannte Blut Christi, das er angeblich am Kreuz vergoss, spielt eine große Rolle in Gregorias und Faustitias Versuchen, Menschen, die von der Bestie besessen sind, zu heilen, so etwa Lena und Erik. Man muss schon eine Menge mystischen Glauben mitbringen, um an die Heilkraft dieser Substanz – die sich mitunter als Fake entpuppt – zu glauben. Allerdings trifft diese Anforderung an die Gutgläubigkeit des Lesers für die Mehrzahl aller Fantasyromane zu.

Weibliche Kreuzritter

Interessant finde ich die Idee eines weiblichen Kreuzritterordens – denn nichts anderes sind die Seraphim. Einen solchen Orden streitbarer Nonnen habe ich bereits in Eric Van Lustbaders Roman „Schwarzer Clan“ (O-Titel: „Second Skin“) gefunden, wo bestimmte Frauen nicht nur Unterschlupf vor ihren Feinden (z. B. der Mafia) finden, sondern sogar den Spieß umdrehen, um dem Werk ihrer Feinde entgegenzuwirken, meist auf diplomatischem Wege, mit den Waffen einer Frau.

Aber die Seraphim in „Sanctum“ sind lediglich keusche Ritterinnen, die meines Wissens kein Gegenstück in historischen Zeiten haben, außer in Jeanne d’Arc. Man würde sie ansonsten als „Amazonen“ bezeichnen, doch die eigentlichen Amazonen waren bekanntlich Sagengestalten aus den Schriften griechischer Schreiber. Wie auch immer: Die Seraphim spielen eine aktive und dynamische Rolle für den Plot um Jean Chastel und seinen Nachfahren Erik von Kastell.

Terrorismus

Sie engagieren sich in der Bekämpfung sowohl der Wandelwesen und ihrer Heilung als auch im Kampf gegen diejenigen kirchlichen Kräfte, welche die Wandelwesen zum Zweck der Stärkung des Glaubens missbrauchen wollen. Dieses Motiv mutet recht modern und aktuell an, denn die Wandelwesen dienen dem Terrorismus. Schüchtert man die Gläubigen nur genügend mit Terror ein, so werden sie sich schon wieder den entsprechenden Autoritäten zuwenden, die ihnen Heil und Erlösung versprechen. Im 18. Jahrhundert, so Kardinal Impegnio, seien dies die Jesuiten gewesen, doch im 21. Jahrhundert sind es skrupellose Kirchenleute, denen leider nicht weiter auf den Grund gegangen wird. Das Medaillon des Padre Rotonda legt den Verdacht nahe, dass er dem „Orden des Lykaon“ angehört.

Werwolf-Lover

Etwas kurios mag dem Hörer die Sekte dieser Lycaoniten anmuten. Sie beziehen sich auf den antiken König Lykaon, der von Zeus zur Strafe für einen Frevel in einen Wolf verwandelt wurde. Die Träger solcher Medaillons nennen sich „Der Orden des Lykaon“ und verehren Werwölfe so sehr, dass sie selbst zu diesem göttlichen Wesen werden wollen. Alles, was es dazu braucht, ist ein Biss vom Werwolf – oder eines anderen Wandelwesens.

Das Auftreten der Lycaoniten führt zu einer der zahlreichen bizarren Szenen in „Sanctum“. Die Seraphim haben Francois, den fiesen Entführer Florences, gestellt und mit Kugeln durchsiebt. Das hilft aber nichts, denn erst muss ihn das Silber vergiften, bevor er draufgeht. Bevor es so weit ist, tauchen jedoch die Lycaoniten auf und verdrängen die Seraphim. Chastel und Sarai verstecken sich und beobachten das Geschehen fassungslos. Die Sektenanhänger operieren Francois die Silberkugeln heraus, so dass er mit Hilfe seiner Werwolfkräfte genest. Dann soll er sie mit seinem Biss segnen. Er hat jedoch kaum Zeit, ihnen diesen Gefallen zu tun, da rückt auch schon die Stadtwache an und vertreibt die Ordensmitglieder – und mit ihnen geht Jean Chastel auch Francois durch die Lappen.

Vampirismus

Diese Szene erinnert so stark an Vampirismus, dass sich zahlreiche Parallelen ziehen lassen. Vampirismus muss wohl nicht näher beschrieben werden: Es ist ebenfalls eine Seuche, die durch Biss etc. übertragen wird. Die Legende will es, dass Vampire über diverse übermenschliche Kräfte und Eigenschaften verfügen, so etwa Unsterblichkeit, große physische (Selbstheilungs-)Kraft, Hypnose, Gestaltwandlung usw. Verknüpft man die Merkmale der Krankheit mit denen eines übermenschlichen Wesens, erhält man ein verehrungswürdiges Wesen, dessen Kräfte man erben kann. Dummerweise sind diese Wesen allesamt von Dämonen besessen und nicht von Engeln. Das macht auch die Verehrer wie die Lycaoniten zu Dämonen.

Engel und Dämonen

Was nun ein Dämon ist und was ein Engel, darüber entscheiden die Experten. Und diese sind allesamt Kirchenleute, versteht sich, beispielsweise die Äbtissin Gregoria und ihre Ordensfrauen. Das macht die Bekämpfung der Wandelwesen zu einer heiklen Angelegenheit, wie man sieht: Denn wo Gregoria bekämpfen und heilen will, da wollen andere Kirchendiener missbrauchen. Entscheidend ist der Zweck, der die Mittel heiligen soll.

Was will Gott?

Auffallend ist jedoch, dass sich die Angehörigen der christlichen Kirche nie die Frage stellen, ob die Lykanthropie – also das Phänomen der Wandelwesen – ein Geschenk Gottes sein könnte. Die Lycaoniten beantworten diese Frage bedenkenlos mit ja. Wenn sie aber ein Gottesgeschenk wäre, würfe dies jede Menge moralische Fragen nach der Berechtigung des Kampfes gegen die Werwölfe auf.

Es ist die alte Frage: Wenn die Christenheit mit der Pest (ersetze: Vampirismus, Lykanthropie usw.) gegeißelt wird, die sicherlich in den Plan Gottes gehört, dann muss es sich um eine Strafe für die Sünden ebendieser Christenheit handeln, denn sonst wäre Gott ein Verbrecher (oder ein skrupelloser Spieler, wie manche meinen). Indem der Autor diese Frage ausklammert, erspart er seinen Figuren eine moralische Selbstquälerei, und auf die verzichtet der Leser bzw. Hörer gerne dankend.

Agententhriller

Der Umstand, dass sich die Werwölfe usw. ständig verwandeln, macht es dem Helden nicht gerade einfach, sie zur Strecke zu bringen. Das haben die Werwölfe mit den Agenten à la Bond und Bourne und ganz besonders mit unserem Mann auf der „Mission impossible“ gemeinsam. Die Kammerjäger in Sachen Wandelwesen, also Chastel und Erik, sind auf ihren Instinkt angewiesen, um den Übeltäter zu fassen, sowie auf ihre Kombinationsgabe. Natürlich gelingt es dennoch einem Wandelwesen, Erik zu überlisten. Hinzu kommt, dass Erik in sich gespalten ist und die Bestie in sich im Zaum halten muss. (Es sei denn, er will buchstäblich „die Sau rauslassen“.) Und so kommt es wie in jedem ordentlichen Agenthriller zu einem unvorhergesehenen Showdown mit einer Nemesis aus der Vergangenheit. Namen dürfen nicht genannt werden.

Der Sprecher

Johannes Steck gelingt es, die Figuren sehr gut zum Leben zu erwecken. Er schafft es nämlich, durch die Modulation seiner Stimme jeder Figur ihre passende Charakteristik zu verleihen. So sind die „Beamten“ des Papstes stets hochnäsig und Kardinal Rotonda sogar hinterlistig. Auch Kardinal „Impegnio“ ist solch ein zwielichtiger Charakter – man hört förmlich sein falsches Lächeln. Ganz besonders arrogant ist der Comte Francois, seines Zeichens skrupelloser Werwolf, doch bei ihm kommt auch noch Hass auf Chastel hinzu.

Die beiden Hauptfiguren der Handlung im 18. Jahrhundert, Gregoria und Jean Chastel, setzen den Standard für Normalität, von dem sich andere Figuren abheben. Chastel hat eine tiefe Tonlage und spricht stets energisch, außer natürlich, wenn er verwundet ist. Gregoria spricht ihn stets sehr sanft an, außer wenn es um ihr Kind geht (huch, das wollte ich jetzt nicht verraten!). Da wird sie sehr entschlossen. Erik hat interessanter- und passenderweise die gleiche Stimmlage wie Chastel und drückt sich auch so aus: mal aggressiv und drohend, dann wieder (scheinbar) schwach und verwirrt.

Alle Stimmlagen und Ausdrucksweisen sind situationsabhängig, denn nur so kann ein einigermaßen realistischer wie auch dramatischer Eindruck von den Gefühlen der Figuren vermittelt werden. In den zahlreichen Kämpfen, in die Chastel und Erik verwickelt werden, herrschen also aggressive Töne vor, während in erotischen Situationen sanfte und verführerische Klänge den Ton angeben. Steck schreckt auch nicht vor lauten Rufen oder einem gelegentlichen Fluch wie „Fuck!“ nicht zurück.

Johannes Steck hat insgesamt ein sicheres Gespür dafür, welcher Ausdruck in welcher Lage angebracht ist. Schon bald kann sich der Hörer diesem akustischen Drama nicht mehr verschließen und lauscht gebannt, was als nächstes passiert.

Für den realistischen Eindruck sind auch der richtige Akzent und die korrekte Aussprache von Bedeutung. Hier erreicht Steck hundert Punkte und ich ziehe meinen Hut. Dass jemand Italienisch und Französisch derart einwandfrei beherrscht, habe ich bislang selten gehört. Und einen russischen oder kroatischen Akzent schafft er mit links, indem er einfach das R ein wenig tiefer rollen lässt. Warum er aber „Lycaoniten“ mit S ausspricht, also „lüsaoniten“, kann ich nicht nachvollziehen.

Geräusche und Musik gibt es keine, also brauche ich kein Wort darüber zu verlieren.

Der einzige Punkt an dieser Hörbuchproduktion, der mich etwas frustrierte, waren die elend langen Laufzeiten der CDs. 85 Minuten sind 6-10 Minuten mehr als die durchschnittliche Laufzeit von Hörbuch-CDs (von Hörspielen ganz zu schweigen, die im Schnitt zwischen 55 und 70 Minuten lang sind).

Unterm Strich

Man sollte es kaum für möglich halten, aber dieser Band ist sogar noch actionreicher als sein Vorgänger, und diese Action kann es ohne weiteres mit James Bond oder Jason Bourne aufnehmen. Denn hier kämpfen ja nicht menschliche Männer und Frauen, sondern Wandelwesen mit übermenschlichen Kräften, die sich unversehens in ihre Tiergestalt verwandeln und umgekehrt.

Drängte sich „Ritus“ noch der Sex aufdringlich in den Vordergrund, so muss dieses Element nun zugunsten der Romantik zurücktreten, nicht selten sogar zugunsten der Tragik oder Melodramatik, so etwa wenn der sichtlich angeschlagene Werwolfbekämpfer Erik über seiner schlummernden Lena Besserung gelobt (hach!). Oder wenn Chastel seiner Gregoria ein letztes Mal in die Augen blickt, bevor seine eigenen brechen (schnüff!).

Das Hörbuch wird von Johannes Steck sehr lebendig und engagiert gestaltet. Er erweckt besonders gut in den jeweiligen Situationen zum Leben, und auch in der Charakterisierung ist er meist erfolgreich, besonders bei den Bösewichten. Die Damen hingegen sind mir relativ blass und farblos in Erinnerung, denn es gibt nur wenige Frauenfiguren wie Faustitia oder Gregoria die den Mund aufmachen dürfen, um ihr männliches Gegenüber zurechtzuweisen. Die sanfte Tonart ist eher die Stimmlage der Frauen, und ganz besonders dann, wenn sie den Helden zu verführen versuchen …

Einziger Wermutstropfen ist die Überlänge der CD-Laufzeiten. Das wird aber dadurch kompensiert, dass der Verkaufspreis mit knapp 22 Euro für sechs CDs außergewöhnlich günstig ausgefallen ist.

506 Minuten auf 6 CDs
http://www.ame-hoeren.de/