Schlagwort-Archive: Lian Hearn

Hearn, Lian – Glanz des Mondes, Der (Der Clan der Otori 3)

_Der dornige Weg der fünf Schlachten_

Endlich sind Takeo Otori und Kaede Shirakawa als Mann und Frau vereint. Heimlich und gegen den Willen der anderen mächtigen Clans haben sie sich im Kloster Terayama trauen lassen. Doch ihnen bleibt nicht viel Zeit, ihr gemeinsames Glück zu genießen. Denn eine Prophezeiung, die ihm eine heilige Frau in den Bergen gab, bestimmt Takeos Schicksal. Kaum hat er die geerbte Domäne Maruyama in Besitz genommen, hört er schon von den anrückenden Truppen seiner Gegner Arai und Fujiwara. Fünf Schlachten werde Takeo schlagen, viermal siegen und einmal verlieren – die Prophezeiung wird Wahrheit, bis zur letzten Konsequenz.

_Die Autorin_

Lian Hearn, die eigentlich Gillian Rubinstein heißt und vor etwa 60 Jahren geboren wurde, lebte als Journalistin in London, bevor sie sich 1973 mit ihrer Familie in Australien niederließ. Ihr Leben lang interessierte sie sich für Japan, lernte dessen Sprache und bereiste das Land.

„Das Schwert in der Stille“ ist der erste Band der Trilogie „Der Clan der Otori“. Der zweite Band „Der Pfad im Schnee“ ist im Herbst 2004 im |Carlsen|-Verlag erschienen und wurde im Februar 2005 bei |Hörbuch Hamburg| veröffentlicht. Der dritte Band „Der Glanz des Mondes“ erschien im Mai 2005.

„Das Schwert in der Stille“, der mittlerweile in 26 Sprachen übersetzt wurde, wurde mit dem Deutschen Jugendbuchpreis 2004 ausgezeichnet. Die HR2-Jury hat das Hörbuch dazu im Dezember 2004 auf die Bestenliste gewählt. Mehr Infos unter http://www.otori.de.

_Die Sprecher_

Marlen Diekhoff, vielseitige Bühnen- und Filmschauspielerin, gehört nach Verlagsangaben seit vielen Jahren zum Ensemble des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. Für |Hörbuch Hamburg| hat sie bereits Texte von A. Baricco, Amélie Nothomb, Colette, Sándor Márai und „Tausendundeine Nacht“ gelesen.

August Diehl ist einer der angesehensten deutschen Schauspieler der jüngeren Generation. Er wurde für den Film „23“ mit dem Deutschen Filmpreis und dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. Seitdem war er in „Kalt ist der Abendhauch“, „Tattoo“, „Was nützt die Liebe in Gedanken“ (neben Daniel Brühl) und in Schlöndorffs „Die neunte Stunde“ zu sehen.

Regie führte bei diesem Hörbuch Gabriele Kreis. Auch diese Lesung ist gekürzt. Das Titelbild zeigt die Schlacht- und Schwert-Abbildung der Buchausgabe.

_Vorgeschichte_

Das Booklet unterrichtet den Hörer darüber, was in den vorhergehenden zwei Bänden grob gefasst passiert ist. Japan, Ende des 15. Jahrhunderts: Eines Morgens wird Takeos Dorf überfallen, und er überlebt als einziger. Lord Shigeru vom Clan der Otori rettet ihn und nimmt ihn in seine Familie auf. Von ihm, einem Helden wie aus versunkenen Zeiten, lernt Takeo die Bräuche des Clans. Er lehrt ihn Schwertkampf und Etikette. Die Liebe zu Kaede entdeckt Takeo allein.

Als er herausfindet, dass er dunkle Kräfte besitzt – die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeitig zu sein und sich unsichtbar zu machen, und dass er so gut „hören kann wie ein Hund“ – gerät er immer tiefer in die Verstrickungen der Lügen und Geheimnisse, aus denen die Welt der Clan-Auseinandersetzungen besteht. Trotz seines Widerwillens ist es ihm bestimmt, sich an den Mördern seiner Familie zu rächen. Takeo verbindet sein Schicksal mit dem der Otori.

Am Schluss von Band 1 ließ Lord Shigeru sein Leben, nachdem auch Lord Iida getötet worden war. Als Folge dieser beiden einschneidenden Ereignisse kam es in der Hauptstadt Inuyama zu einem Aufstand, den sich die Armee unter Lord Arai Daiichi zunutze machte, um die Macht zu übernehmen und die tyrannischen Tohan zu stürzen. Er bringt die Drei Länder in seine Gewalt.

Man glaubt, Takeo sei Iidas Mörder, doch in Wirklichkeit war es Lady Kaede. Takeo ist verschwunden, was Arai, der auf ein Bündnis mit dem Krieger hoffte, erzürnt. Er beschließt, gegen den „Stamm“, der ihm Takeo entrissen hat, vorzugehen. Es ist abzusehen, dass Takeo und Kaede im Machtspiel zwischen den Otoris, Lord Arai und dem „Stamm“ eine Schlüsselrolle zufällt. Wenn sie nicht aufpassen, könnte dies ihren Untergang bedeuten.

Doch inzwischen hat sich Takeo dem „Stamm“, aus dem sein leiblicher Vater Isamu stammte, unterwerfen müssen. Mit der Kikuta Yuki zeugte er ein Kind, doch Yuki, die ihm einst in Inuyama Shigerus Schwert brachte, wurde Takeo entrissen und musste einen Stammesangehörigen heiraten. Takeo kann sich nicht mit den opportunistischen Zielen des Stammes anfreunden, er flieht über die Berge. Mehrere Anschläge überlebt er und begegnet einer heiligen Frau, die ihm sein Schicksal prophezeit (s.o.).

Außerdem lernt er die „Verborgenen“ kennen, die verfolgten und ausgestoßenen Christen. Seine Eltern hingen selbst diesem Glauben an, der alle Werte, die die Japaner hochhalten, für ungültig erklärt und sie unterminiert. Der Christ Jo-an hilft ihm, ins Kloster Terayama zu entkommen. Dort kann er endlich Kaede heiraten und die Übernahme ihres Erbes vorbereiten: der Domänen Shirakawa und Maruyama. Dann wäre er als Clanherr eine beachtliche Macht im Westen.

In den Begleittexten ist die Rede davon, dass Kaede Takeos Kind erwarte. Das ist im 3. Band nicht mehr zutreffend. Vielmehr verhält es sich so, dass sie sich Vorwürfe macht, dass sie ihm nicht schon längst einen Erben geschenkt hat. Vielleicht ist das aber auch ganz gut so. Die heilige Frau hat nämlich geweissagt, Takeo werde einst von der Hand seines eigenen Sohnes fallen …

_Handlung_

Takeo braucht dringend eine Machtbasis, deshalb reitet er mit einer Bauernarmee und wenigen Otori-Kriegern gen Westen Richtung Maruyama. Diese Domäne hat Kaede von ihrer Mutter geerbt. Ihr Vater kam auf unglaublich dramatische Weise in ihrer Heimatstadt Shirakawa ums Leben (Band 2). Die erste von fünf Schlachten, die Takeo bestehen muss, ereignet sich gleich am Grenzfluss. Banditen haben auf der anderen Seite eine Schreckensherrschaft errichtet, und nachdem Takeo den Übergang mit Schwimmflößen geschafft und einen Riesen namens Jin-emon besiegt hat, greifen die Banditen an. Takeos fähige Krieger machen sie nieder. Er gewinnt zwei fähige Gefolgsleute namens Hiroshi und Jiro.

|Schlacht Nr. 2|

Auf halbem Wege zwischen diesem Fluss und der Hauptstadt Maruyama melden Späher eine feindliche Streitmacht im Anmarsch. Als Takeos kleine 1000-Mann-Armee durch ein Tal vorstößt und auf eine Ebene tritt, befinden sich die Feinde – es sind Seishuu und Tohan – bereits in vollem Gefecht mit Truppen aus der Hauptstadt. Takeos Eingreifen entscheidet die Schlacht. Er besiegt den gegnerischen Befehlshaber, Iida Noriaki, der noch einpersönliches Hühnchen mit Takeo zu rupfen hat. Kurzer Prozess: Kopf ab!

|Zu den Piraten|

Nach einer gewissen Restaurationszeit in Maruyama und schönen Tagen mit seiner Frau treibt Takeos Unrast ihn zu einer Expedition an die nördliche Küste. Er hat nämlich vor, die Otoris aus Hagi vertreiben und so Shigerus Tod zu rächen. Das geht aber nicht von Land her, sondern nur von der Seeseite. Der einzige Freund, den er an der Nordküste, auf der Insel Oshima, hat, ist Terada Fumio. Es gelingt ihm, ein Bündnis mit den Teradas zu schließen, damit ihre Piraten die Festung Hagi angreifen, sobald er sie ruft.

|Lady Kaedes Irrwege|

Doch ein Taifun verhindert seine zeitige Rückkehr. Da sie das Warten leid ist, unternimmt die ungeduldige Kaede gegen heftigen Protest eine eigene Expedition. Diese hat drei Ziele. Erstens will sie ihre zwei Schwestern aus Shirakawa nach Maruyama holen. Zweitens versteckt sie die kopierten Aufzeichnungen Lord Shigerus über den „Stamm“ in den heiligen Höhlen vor Shirakawa. In diesen Höhlen, die nur Frauen betreten dürfen, betet sie drittens zur Göttin um Fruchtbarkeit.

Als sie endlich in Shirakawa auf ihrem Gut eintrifft, erlebt sie eine böse Überraschung. Lord Fujiwara (den sie schon aus Band 2 zur Genüge kennt) hat ihre Schwestern abgeholt und hält sie als Geiseln fest. Wozu? Er lädt Kaede ein, um sie zu seiner Frau zu machen! Die Ehe mit Takeo sei annulliert worden, argumentiert er. Wütend reitet Kaede mit wenigen Getreuen zu Lord Fujiwaras prächtiger Residenz. Das ist sehr unvorsichtig, denn unversehens findet sie sich in der Gewalt des Lords. Nur ihr Begleiter Hiroshi (s.o.) kann entkommen und Takeo benachrichtigen.

|Die Falle wird gestellt|

Es ist klar, dass Takeo mit so vielen Männern wie möglich aufbrechen wird, um Kaede zu befreien. Doch sie ist nur der Köder in einer großen Falle, die Fujiwara mit Lord Arai aufgestellt hat und in die Takeo blindlings hineinzutappen droht. Können ihn seine übermenschlichen Sinne auch hier retten? Ist dies eine Schlacht, die er gewinnen, oder eine, die er verlieren wird?

_Mein Eindruck_

Der dritte und abschließende Band der Trilogie um den Otori-Clan ist auch der actionreichste und – für Actionfreunde wie mich – spannendste Teil. Fünf Schlachten hintereinander, da ist man fast schon froh, wenn es eine Verschnaufpause gibt. Und die liefert in der Tat Lady Kaede. Obwohl erst 16 Lenze alt, ist sie doch eine ausgebildete Kriegerin und Attentäterin. Und diese Frau sperrt Lord Fujiwara in einen goldenen Käfig. Es ist eine seelische Folter von erlesener Bosheit. Er hält seine Frau nämlich gar nicht, um sich an ihr zu verlustieren, sondern lediglich, um sie zu betrachten wie eine seiner zahlreichen Kostbarkeiten, ähnlich wie ein Kunstobjekt.

|Es wird kompliziert|

Während Kaedes Gefangenschaft bereiten sich wichtige andere Entwicklungen vor. Die Piraten schließen ein Bündnis mit Takeo, und Takeo muss sich mit Arai arrangieren. Beide wollen sowohl gegen die Otori-Verräter als auch gegen den „Stamm“ vorgehen. Nun wird es kompliziert: Der „Stamm“ ist gespalten. Auf der einen Seite beherrschen die Kikuta das Vorgehen des „Stamms“ nach außen und schicken Attentäter und Spione aus.

Auf der anderen Seite steht die bislang loyale Familie der Muto. Zu diesen gehört Takeos Lehrer Kenji und seine Nichte, Kaedes Freundin Shizuka. Shizuka wiederum war die Mätresse von Lord Arai und gebar ihm zwei Söhne, die mittlerweile über zehn Jahre alt sind und sich bereits als Spione einsetzen lassen: Auch sie können sich, wie Takeo, unsichtbar machen und sind so äußerst nützlich – für den, der sie anzuheuern versteht.

|Finale|

Doch der Mord an Kenjis Tochter Yuki, den die Kikuta zu verantworten haben, geht Kenji eindeutig zu weit. Er läuft auf Takeos Seite über und wendet das Blatt zu dessen Gunsten. Doch noch ist Hagi nicht erobert, und der Weg zum Frieden, den Takeo laut Prophezeiung bringen soll, ist noch lang. Das Finale muss alles entscheiden. Es ist von langer Hand vorbereitet und fulminant inszeniert. Dieser Höhepunkt der dramatischen Entwicklungen setzt eine weitere Weissagung in die Tat um, die die wenigsten beachtet haben: Es zeigt sich der Willen von Erde und Himmel …

Das mag zwar schon relativ mystisch klingen, aber es handelt sich in den meisten Szenen um Zitate der Weissagung – und die sollte man schon aus Band 2 kennen (außerdem steht sie zur Sicherheit auch auf der Rückseite des Buchumschlags). Echte Religion findet sich noch am ehesten in Gebeten Kaedes und Takeos zu ihren jeweiligen Göttern. Ich hätte mir noch ein wenig mehr davon gewünscht.

|Köpfe werden rollen|

Für meinen Geschmack rollen ein wenig zu viele Köpfe in dieser Geschichte. Alle Naslang muss ein armer Tropf dran glauben, manchmal auch ein Lord. Dieses Köpfen erinnert an den Film „Highlander“, und dort hat es bekanntlich seine Berechtigung: Kopf ab, Kraft frei, Sieger stärker. Ob das Köpfen einen abergläubischen Hintergrund hat, wie etwa das Verhindern von Wiedergängern und Dämonen, erfahren wir leider nicht. Daher wirkt es doch etwas aufgesetzt und brutal.

|Barbaren|

Übrigens tauchen diesmal auch am Rande Barbaren auf, das heißt: Leute aus dem Abendland. Sie haben das Fernrohr eingeführt und etwas, das der Pirat Terada Fumio eine Feuerwaffe nennt: ein Luntenschlossgewehr. Wird eine Kugel daraus abgefeuert, ist diese, anders als ein Pfeil, in der Lage, eine traditionelle japanische Ritterrüstung zu durchschlagen. Und das ist ein überraschender Spezialeffekt, den sich die Autorin selbstverständlich für das Finale aufhebt.

_Die Sprecher_

August Diehl spricht den Ich-Erzähler Otori Takeo. Takeo erscheint als kräftiger, selbstsicherer junger Mann, der schon früh größtes Leid erfahren und bewältigen muss. Doch Grübelei und Melancholie sind seine Sache nicht. Ironie und Zynismus sind Takeo ebenso fremd, doch aufrichtigen Humor bekommen wir von ihm fast nie zu hören. In „Der Glanz des Mondes“ erscheint der 17- oder 18-jährige Takeo ebenso als energischer Kämpfer und Befehlshaber wie auch als einfühlsamer Menschenbeobachter. Diehl gelingt es, beide Aspekte eindrucksvoll darzustellen.

Marlen Diekhoff spricht Lady Kaede in der dritten Person. Dieser Wechsel der Erzählperspektive ist leicht zu bewältigen und sorgt für Abwechslung. Diekhoff verfügt über eine sanfte, honigweiche Stimme, die ich stellenweise ein wenig zu leise finde. In „Das Schwert in der Stille“ monierte ich Diekhoffs brüchige Stimme. Auf „Pfad im Schnee“ und „Der Glanz des Mondes“ klingt diese Stimme jedoch hörbar erholt und kräftig. Sie moduliert die Tonhöhe und die Satzintonation besser und abwechslungsreicher. Es fällt ihr keineswegs schwer, auch mal einen Ausruf und ein Flüstern einzuflechten. Ihr Vortrag ist wesentlich emotionaler als jener von Diehls.

|Aussprache und Schreibweise|

Beide Sprecher bewältigen die sprachlichen Schwierigkeiten, die das Japanische bietet, mit großer Bravour. Sie haben sich offenbar kundig gemacht. Ganz besonders August Diehl muss mit vielen Namen zurechtkommen, die stets ein wenig von der Schreibweise abweichen. Ein paar Beispiele:

Otori: Die Betonung liegt im Japanischen eine Silbe VOR derjenigen, die im Indogermanischen betont wird. Hier würde man „Otori“ auf der zweiten Silbe betonen: otóri. Doch im Japanischen liegt die Betonung auf der ersten: Es klingt wie [ottori]. Analog dazu wird „Shirakawa“ auf der zweiten statt der dritten Silbe betont: [shirà kawa]. Analog dazu die Städtenamen Inúyama, Yamágata und Teráyama. Der Name der Lady Kaede wird in nur zwei Silben ausgesprochen, denn [ae] ist ein Doppellaut und klingt wie [ei], nicht wie [ä].

Allerdings scheinen sich die beiden Sprecher nicht hinsichtlich der Aussprache abgesprochen zu haben. Diehl spricht zum Beispiel den Namen Kahei wie „ka’hej“ aus, doch Diekhoff sagt „kachei“. Auch die Betonung bestimmter Namen kann variieren. Aber das kann „im Eifer des Gefechts“ passieren.

_Personenliste_

Weil das Personal recht umfangreich ist, enthält das Hörbuch eine Liste der auftretenden Figuren, die auch schon im Buch unschätzbare Dienste leistet. Dennoch bleibt eine Quelle der Verwirrung. Ständig tauchen Angehörige des Stammes auf, die als „Skuta“ bezeichnet werden. Manchmal steht diese Bezeichnung für den Stamm im Allgemeinen, dann aber wieder nur für eine bestimmte Familie (Akio usw.), die sich Takeo zum Feind gemacht hat – im Unterschied zu der Stammesfamilie der Muto. Um die Verwirrung vollständig zu machen, tauchen die Skuta überhaupt nicht im Personenregister des Buches auf, aber nur die Stammesfamilie Kikuta hat die entsprechenden Vornamen. Das ist auch keine Ausspracheabweichung, denn es werden durchaus im gesprochenen Text auch Kikuta genannt.

Lediglich im Buch kann sich der Interessierte anhand einer Landkarte orientieren, wie die Ortsnamen und die Namen der Clan-Domänen geschrieben werden. Meine Schreibweise ist der im Buch angeglichen.

_Die Übersetzung_

Nicht Irmela Brender arbeitete hier als Übersetzerin, sondern Salah Naoura, die mir unbekannt ist. Die Sprachebene, die verwendet wird, ist natürlich nicht die des modernen Alltags, sondern die der klassischen Erzählung, also ein überhöhender Tonfall, wie er etwa einem Heldenepos wohlansteht. Er passt ausgezeichnet zu dem Sujet der Liebe, der Ehre und des Kampfes.

Leider fehlt ein Glossar, aber immerhin gibt es jetzt – im Buch wie auch im Hörbuch-Booklet – das lang ersehnte Personenverzeichnis. Im Buch gewährt eine Landkarte Aufschluss über Namen sowie Orientierung. Ich habe darauf zwar nicht gefunden, wo die dargestellte Gegend liegt – im Westen der japanischen Hauptinsel Honshu, 100 km westlich von Hiroshima –, aber wenigstens kenne ich nun die Schreibweise der Namen. Und wenn im Text vom „Festland“ die Rede ist, kann es sich ja wohl nur um die Mandschurei oder das Reich der Mitte handeln.

_Unterm Strich_

Der Abschlussband der Otori-Trilogie ist auf weiten Strecken auf Action und das Ränkespiel der Lords ausgerichtet, was in der Schlacht um Hagi gipfelt. Das Ränkespiel der „Stammes“-Familien bleibt weiterhin kompliziert. Lady Kaede wird schon in der Mitte der Handlung auf einen Nebenschauplatz abgestellt, der Takeo in eine Falle locken soll. Als Takeo seine Frau endlich wiedersieht, bietet sie einen schockierenden Anblick …

Das Schicksal Takeos und Kaedes ist bewegend und auch für westliche Leser bzw. Hörer interessant. Die gesamte Trilogie „Der Clan der Otori“ richtet sich an Jugendliche um 16 bis 17 Jahre. Sowohl Lady Kaede (16) als auch Otori Takeo (17 oder 18) sind in diesem Alter, als das dritte Buch „Der Glanz des Mondes“ beginnt. Beide wachsen in einer Erwachsenenwelt auf, die ebenso von Geheimnissen wie von Gefahren erfüllt ist. Und die Gefahr gilt immer dem Leben. Hier rollen die Köpfe reihenweise.

Das Hörbuch finde ich diesmal rundum gelungen. Sowohl Diehl als auch Diekhoff hauchen ihren Figuren Takeo und Kaede auf glaubwürdige und einnehmende Weise Leben ein, so dass man sich lebhaft für ihr weiteres Wohlergehen interessiert. Immer noch halte ich Diehl für den besseren Sprecher, aber Diekhoff hat aufgeholt.

|Originaltitel: Tales of the Otori, Book 3: Brilliance of the Moon, 2004
Aus dem US-Englischen übersetzt von Salah Naoura
570 Minuten auf 8 CDs|

[NEWS] Lian Hearn – Waisenkrieger (Die Kinder der Otori 1)

Der Clan der Otori ist nach der verlorenen Schlacht in alle Winde zerstreut, tausende Clan-Mitglieder sind gefallen. Und wie viele Waisen der Otori wächst auch Kasho im Verborgenen auf.

Im Tempel von Tereyama wird er zu Gewaltlosigkeit und Demut erzogen. Doch als seine magische Fähigkeit erwacht, erwacht auch das Interesse an Kasho. Er kann Tote zum Leben erwecken, und wer hat nicht einen Sohn, einen Vater oder einen Freund, den er aus dem Reich der Toten zurückrufen möchte? Die Männer des Widerstands, die Kämpfer in den Bergdörfern, sogar der brutale neue Herrscher Saga Hideki – sie alle versuchen, Kasho auf ihre Seite zu ziehen.
Doch am lautesten erkli (Verlagsinfo)


Gebundene Ausgabe : 400 Seiten
Sauerländer

Hearn, Lian – Der Ruf des Reihers (Der Clan der Otori, Band 4)

Das Ende des Traumes vom Friedensreich

Japan Ende des 15. Jahrhunderts: Seit 16 Jahren herrschen Takeo und Kaede Otori gemeinsam über die Drei Länders des Westens Japans. Ihre Liebe und Harmonie, aber auch die perfekte Balance zwischen männlicher und weiblicher Kraft haben ihrem Land dauerhaften Frieden und großen Reichtum beschert.

Das bleibt auch dem Kaiser im fernen Miyako und seinem obersten General, Saga Hideki, nicht verborgen. Der General fordert Takeo zu einem Wettkampf in Miyako heraus. Wenn Takeo verliert, muss er nicht nur abdanken und das Land verlassen, sondern auch in eine Heirat seiner Thronerbin Shigeko mit Saga einwilligen. Mit seinen treuesten Gefolgsleuten reist Takeo in die Hauptstadt. Und schon bald überschlagen sich die Ereignisse, denn ein schwerer Verrat durch Kaedes Schwester und ihren Mann Zenko droht alles zu zerstören, was Takeo und Kaede in langen Kämpfen aufgebaut haben. (abgewandelte Verlagsinfo)
Hearn, Lian – Der Ruf des Reihers (Der Clan der Otori, Band 4) weiterlesen

[NEWS] Lian Hearn – Die Legende von Shikanoko. Herrscher der acht Inseln

Shikanoko ist eigentlich nur der Sohn eines einfachen Vasallen. Doch als er von einem Magier eine übernatürliche Maske vermacht bekommt, wird aus ihm das Kind des Hirsches, und er verfügt fortan über magische Fähigkeiten und besonderes Kampfgeschick. Als der alte Kaiser stirbt, gerät Shikanoko in die Fänge des Fürstabts, der alles daransetzt, die höchste Macht im Land – den Lotusthron – an sich zu reißen. Shikanoko muss fliehen und entkommt dabei mehr als einmal nur knapp dem Tod. Doch er muss unbedingt Aki finden, die Herbstprinzessin, die er liebt, und die ein großes Geheimnis verbirgt. Denn in ihrer Obhut befindet sich niemand anderes als der rechtmäßige Nachfolger für den legendären Lotusthron. (Verlagsinfo)


Broschiert: 592 Seiten
Fischer

Hearn, Lian – Schwert in der Stille, Das (Der Clan der Otori 1)

Ende des 15. Jahrhunderts: Eines Morgens wird Takeos Dorf überfallen, und er überlebt als einziger. Lord Shigeru vom Clan der Otori rettet ihn und nimmt ihn in seine Familie auf. Von ihm, einem Helden wie aus versunkenen Zeiten, lernt Takeo die Bräuche des Clans. Er lehrt ihn Schwertkampf und Etikette. Die Liebe zu Kaede entdeckt Takeo allein.

Als er herausfindet, dass er dunkle Kräfte besitzt – die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeitig zu sein und sich unsichtbar zu machen, und dass er so gut „hören kann wie ein Hund“ – gerät er immer tiefer in die Verwirrungen der Lügen und Geheimnisse, aus denen die Welt der Clan-Auseinandersetzungen besteht. Trotz seines Widerwillens ist es ihm bestimmt zu rächen. Takeo verbindet sein Schicksal mit dem der Otori.

_Die Autorin_

Lian Hearn, die eigentlich Gillian Rubinstein heißt und vor etwa 60 Jahren geboren wurde, lebte als Journalistin in London, bevor sie sich 1973 mit ihrer Familie in Australien niederließ. Ihr Leben lang interessierte sie sich für Japan, lernte dessen Sprache und bereiste das Land.

„Das Schwert in der Stille“ ist der erste Band der Trilogie „Der Clan der Otori“. Der zweite Band „Der Pfad im Schnee“ ist im Herbst 2004 im |Carlsen|-Verlag erschienen und wird im Februar 2005 bei |Hörbuch Hamburg| veröffentlicht werden. Der dritte Band „Der Glanz des Mondes“ ist bereits in England und den USA erschienen und wird bei |Carlsen| im Mai 2005 veröffentlicht.

„Das Schwert in der Stille“, der mittlerweile in 26 Sprachen übersetzt wurde, ist für den Deutschen Jugendbuchpreis nominiert. Gillian Rubinstein wurde in Göteborg mit dem „Peter Pan Award“ geehrt, denn die Trilogie „Der Clan der Otori“ ist beileibe nicht ihr erstes Werk, sondern sie hat bereits zahlreiche Kinder- und Jugendbücher verfasst. Mehr Infos unter http://www.otori.de.

_Die Sprecher_

Marlen Diekhoff, vielseitige Bühnen- und Filmschauspielerin, gehört nach Verlagsangaben seit rund 20 Jahren zum Ensemble des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. Für |Hörbuch Hamburg| hat sie bereits Texte von A. Baricco, Amélie Nothomb, Colette, Sándor Márai und „Tausendundeine Nacht“ gelesen.

August Diehl ist einer der angesehensten deutschen Schauspieler der jüngeren Generation. Er wurde für den Film „23“ mit dem Deutschen Filmpreis und dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. Seitdem war er in „Kalt ist der Abendhauch“, „Tattoo“, „Was nützt die Liebe in Gedanken“ (neben Daniel Brühl) und in Schlöndorffs „Die neunte Stunde“ zu sehen.

Regie führte bei diesem Hörbuch Gabriele Kreis. Das Titelbild zeigt die Schwert-Abbildung der Buchausgabe.

_Handlung_

|Takeo und Shigeru|

Im abgelegenenen Bergdorf Mino wächst der Junge auf, der später den Namen Takeo erhält. Vorerst ist er Tomasu, 15 Jahre alt und soll bald heiraten. Sein Dorf ist deshalb so abgelegen, weil sich seine Bewohner verstecken. Sie sind die „Verborgenen“, die nicht an die Herrschaft der Clan-Lords glauben, sondern an den obersten und einzigen Gott, der über alle herrscht, so dass vor ihm alle gleich sind. Deshalb haben sie unter einigen Clans Feinde, vor denen sie sich verbergen, besonders vor den Tohan.

Als er eines Tages dem „Ruf des Berges“ folgt und im Wald Pilze sammelt, findet er bei seiner Rückkehr von seinem Zuhause und seinem Dorf nur noch rauchende Trümmer vor. Sein Stiefvater liegt tot auf der Straße, seine Eltern und Schwestern sind verschwunden. Es beginnt zu regnen. Aus dem Tempelschrein dringen Schreie.

Es ist Tomasu, als betrete er die Traumwelt. Er sieht die Überreste des Oberhaupts der Verborgenen Isao in Stücke zerrissen. Die Täter sind Gefolgsleute des Tohan-Clans aus Inuyama, der befestigten Hauptstadt des Gebietes. Hufgetrappel nähert sich. Da hat Tomasu eine weitere besondere Erfahrung: Er sieht voraus, wer da kommt. Es ist Iida Sadamu, der Oberlord der Tohan.

Erst jetzt wird Tomasus Anwesenheit entdeckt. Tomasu beleidigt Iida tödlich, als er dessen Pferd angreift und ihn so zu Fall bringt. Er flüchtet, verfolgt von drei Soldaten, in den nahen Wald. Auf halber Höhe springt ein Mann hinter einem Baum hervor, packt Tomasu und stellt ihn hinter sich in Sicherheit. Er übergibt den Jungen den Verfolgern keineswegs, sondern schlägt einem von ihnen den Kopf ab, einem anderen den Arm. Dieser Akt wird üble Folgen haben. Der dritte Verfolger gibt Fersengeld.

Der Kämpfer stellt sich als Otori Shigeru vor (Familien- immer vor Vornamen!). Sein Clan sind die Otori, die in Hagi am Meer, auf der anderen Seite des Gebirges, residieren. Lord Shigeru selbst hat vor kurzem von Lord Iida eine schwere Niederlage einstecken müssen. In der Schlacht von Yaegahara fiel – neben zehntausend anderen – auch Shigerus geliebter Bruder Takeshi. Seitdem haben die Otori schwere Gebietsverluste erlitten. Man braucht kein Wahrsager zu sein, um sich auszurechnen, dass Iida auch den Rest des Otori-Landes unterwerfen will.

Shigeru und der Junge, der sich von nun an Takeo nennen soll, um nicht als Verborgener erkennbar zu sein, eilen durchs Gebirge. Iidas Männer sind ihnen bestimmt auf den Fersen. Takeo hat sowohl Ehrfurcht als auch Respekt vor Lord Shigeru, besonders aber vor dessen Schwert Jato.

Immer wieder bemerkt Takeo, dass er viel schärfer hören kann als Shigeru. Und so belauscht er eines Nachts in einer Herberge Shigerus Stelldichein mit einer edlen Dame. Es ist Lady Maruyama, die etwas wirklich Besonderes ist. Nicht nur, dass ihr psychologischer Scharfblick, was Menschen angeht, geradezu an Zauberei grenzt. Auch ihr Haus ist das einzige, dessen Erbfolge in weiblicher Linie erfolgt. Sie spielt in Shigerus Racheplänen gegen Fürst Iida eine zentrale Rolle, und so verlobt er sich mit ihr: nicht nur im Wort, sondern im Fleisch.

|Hagi|

Hagi ist die erste größere Stadt, die Takeo in seinem Leben zu Gesicht bekommt. Der Fischerhafen wird beherrscht vom Schloss der Otori. Doch nicht Shigeru, wiewohl der rechtmäßige Erbe, wohnt dort, sondern seine zwei Onkel, die ihre eigenen Pläne mit ihm haben. Shigeru wohnt in einem wunderschönen Holzhaus inmitten eines großen Gartens am Fluss. Sofort nimmt man im Haushalt Takeos Ähnlichkeit mit dem verstorbenen Takeshi wahr. Doch Shigerus Plan, Takeo zu adoptieren, wird von Ichiro, seinem Berater und Haushofmeister, abgelehnt. Zuerst müsse der Bengel vom Lande, der weder schreiben noch lesen kann, ausgebildet werden. Shigeru willigt gerne ein.

In einer Nacht nimmt Takeos außergewöhnlich scharfes Gehör eine Bewegung wahr, wo keine sein sollte. Es handelt sich um einen Attentäter, der es entweder auf Shigeru oder Takeo abgesehen hat. Der Angriff wird abgewehrt, doch bevor es Shigeru gelingt, den Mann zu fragen, wer ihn geschickt habe, nimmt dieser sich mit einer Giftkapsel das Leben. Takeo lebt gefährlich, doch er findet einen Freund in der Stadt.

|Kikuta|

Sein außergewöhnliches Verhalten erweckt das Interesse eines Freundes von Shigeru: Muto Kenji. Dieser eröffnet Takeo, dass er „vom Stamm“ sei – genau wie der Attentäter. Der Stamm sei einmal ein Volk gewesen, das es bereits vor den Clans gab und das Magie beherrschte. Die Stammesangehörigen verbargen sich vor den Clansleuten und wurden Gaukler oder, wie Kenji, Kaufleute. Auch Takeo ist offenbar ein Angehöriger des Stammes und zwar aus der Familie Kikuta. Wie Kenji kann er sich unsichtbar machen und an zwei Orten zugleich erscheinen, zugleich außergewöhnlich scharf hören und sehen.

Takeo gerät in einen Konflikt, der sein ganzes späteres Leben bestimmen wird: Er besitzt die von Kenji ausgebildeten Fähigkeiten eines Attentäters und Spions, doch sein christlicher Glaube gebietet ihm Mitleid, wo er es gefahrlos geben kann. Während Kenji ihn ob seiner Weichheit verachtet, steigt Takeo deshalb in Shigerus Achtung. Nun will er Takeo erst recht adoptieren. Doch die Onkel stellen dafür eine fiese Bedingung …

|Lady Kaede|

Das komplizierte Clan-System sieht vor, Geiseln auszutauschen, um Loyalität sicherzustellen. Die 15-jährige Kaede ist eine solche Geisel. Obwohl sie dem Clan Shiràkawa angehört, muss sie bei Lord Noguchi leben, einem Gefolgsmann Fürst Iidas. Zu ihrer Schmach muss sie zunächst beim einfachen Gesinde leben und wird ständig von den Wachleuten angemacht, jedes Jahr heftiger, je fraulicher ihre Erscheinung wirkt.

Eines Tages geht ein Wachmann zu weit, doch sie hat – zufällig? – ein Messer dabei, das eigentlich Hauptmann Arai gehört. Arai ist der einzige Mann weit und breit, der sie mit Respekt behandelt. Vielleicht hat er eigene Pläne mit ihr. Sie stößt dem zudringlichen Wachmann das Messer in den Hals, Arai kommt hinzu und tötet ihn, bevor er Kaede etwas antun kann.

Der Vorfall wird als Unfall vertuscht und die beiden Beteiligten decken einander. Doch nun hat Kaede ein schlechtes Image. Das ist überhaupt nicht gut, findet Lord Noguchi, der sie endlich in einem anständigen Zimmer unterbringen lässt. Nicht gut, weil Kaede bald heiraten soll. Doch wer würde eine Frau nehmen, die sich ihrer Haut zu wehren weiß? Und als der einzige Anwärter, der bereit wäre, sie zu heiraten, nach einem Zechgelage tot umfällt, gilt Kaede als von den Göttern verflucht. Wehe dem Mann, der ihr zu nahe kommt!

Dies passt allerdings ganz hervorragend in die Pläne von Fürst Iida und den beiden Otori-Onkeln Shigerus. Wenn sie ihre Zustimmung zu Takeos Adoption – mit entsprechendem Erbrecht – geben sollen, muss Shigeru Kaede heiraten. Doch wie sich zeigt, hat auch Lady Maruyama, Shigerus verbündete Verlobte, weit reichende Pläne.

Während also Kaede mit der Lady sowie Shigeru mit Takeo auf getrennten Wegen zu Lord Iidas wehrhaftem Hauptquartier Inuyama reisen, soll sich dort ihrer aller Schicksal erfüllen.

_Mein Eindruck_

„Das Schwert in der Stille“ bietet Gelegenheit, sich in der geheimnisvollen Welt der japanischen Clans zu verlieren. Doch die Zeit ist nicht die des Captain Blackthorn aus James Clavells Roman „Shogun“. Das 15. Jahrhundert liegt vor der Epoche des Shogunats, in der der Engländer Blackthorn gegen die Portugiesen auftritt (16./17. Jahrhundert). Entsprechend unsicher sind die Machtverhältnisse, die Clans bekämpfen einander. Und es sieht so aus, als würde Fürst Iida die Oberhand gewinnen.

Wenn es Takeo und Kaede nicht gäbe. Erzogen und ausgebildet von ihren Mentoren, dem Liebespaar Shigeru und Maruyama, spielen sie die Rolle des Züngleins an der Waage, ohne es zu ahnen. Doch eben weil das Gleichgewicht der Macht unter Iida so labil ist, kann jede kleine Aktion weit reichende Konsequenzen nach sich ziehen.

So erlöst Takeo beispielsweise eines Nachts vier „Verborgene“ von ihren Todesqualen. Als er im Vorüberhuschen von einem Bürger Yamagatas erspäht wird, hält ihn dieser für den Todesengel. Das nachfolgende Gerücht von Geistern und Engeln bringt die Stadt binnen kürzester Zeit an die Grenze des Aufruhrs, der von Iidas Truppen brutal niedergeschlagen werden muss. Dies ruft wiederum den „Stamm“ auf den Plan, der sich Takeo, den Unruhestifter, greift. Denn der „Stamm“ ist auf Stabilität angewiesen.

|Finale|

Der spannende Höhepunkt der Geschichte ist die schon lange von Takeo und Shigeru geplante Eroberung von Fürst Iidas Festung. Dass diese Festung ihre Tücken hat (vgl. den O-Titel), erhöht den Kitzel der Gefahr nur noch. Da erweist es sich als hilfreich, dass Takeo auf die Unterstützung von Angehörigen des „Stammes“ zählen kann. Und zu seinem Erstaunen spielt auch Lady Kaede, in die er sich auf den ersten Blick verliebt hat, eine entscheidende Rolle. Ihr Aufeinandertreffen in dieser Nacht der Entscheidung bleibt nicht ohne Folgen und bestimmt Kaedes Existenz in den Folgebänden.

|Außen und innen|

Der besondere Reiz der Erzählung liegt aber in der Beschreibung der Menschen und ihres Verhaltens. Hier erweist sich die Autorin als besonders einfühlsam und ausdrucksstark. Das Verhalten der meisten Hauptfiguren, insbesondere von Takeo und Kaede, ist stets verständlich, denn es wird sohl in seinen Motiven als auch in den Bedingungen seines Umfeldes geschildert. Wir können die Hauptfiguren praktisch von außen wie auch von innen sehen. Das verleiht der Geschichte – ebenso wie die zahlreichen Naturbeschreibungen – eine anrührende Dimension, die mich besonders bezaubert hat. Vor allem natürlich auch, weil mich Japan und seine alte Kultur seit jeher fasziniert haben.

|Die Sprecher|

August Diehl spricht den Ich-Erzähler Otori Takeo. Takeo erscheint als kräftiger, selbstsicherer junger Mann, der schon früh größtes Leid erfahren und bewältigen muss. Doch Grübelei und Melancholie sind seine Sache nicht. Ironie und Zynismus sind ebenso Takeo fremd, doch aufrichtigen Humor bekommen wir von ihm fast nie zu hören. Dafür ist unüberhörbar, wie sehr er seinen Mentor Shigeru achtet und liebt, so dass er sein eigenes Leben in die Waagschale wirft, um Shigerus zu retten.

Marlen Diekhoff spricht Lady Kaede in der dritten Person. Dieser Wechsel der Erzählperspektive ist leicht zu bewältigen und sorgt für Abwechslung. Diekhoff verfügt über eine sanfte, honigweiche Stimme, die ich ein wenig zu leise finde. Die größte Schwäche ist jedoch eine hörbare Brüchigkeit im Ausdruck, die wohl auf ihr Alter zurückzuführen ist. Als Folge erscheint uns Kaede als ein zerbrechliches Ding ohne eigenen Willen.

Nichts könnte falscher sein. Sie ist zwar die meiste Zeit eine Schachfigur im großen Spiel der Fürsten, doch unter der Obhut ihrer Stammes-Zofe Shizuka lernt sie schnell, sich zu verstellen und Gefahr abzuwenden. Und Gefahren gibt es in einem japanischen Frauenleben offenbar reichlich. Unter Shizukas Anleitung erlernt sie das Führen von Messer, Schwert und anderer Ding, die sich als Waffe einsetzen lassen. Was sich im richtigen Augenblick als sehr notwendig erweist. Diekhoffs Vortrag führt den Hörer in die Irre.

|Aussprache und Schreibweise|

Beide Sprecher bewältigen die sprachlichen Schwierigkeiten, die das Japanische bietet, mit großer Bravour. Sie haben sich offenbar kundig gemacht. Ganz besonders August Diehl muss mit vielen Namen zurechtkommen, die stets ein wenig von der Schreibweise abweichen. Ein paar Beispiele:

Otori: Die Betonung liegt im Japanischen eine Silbe VOR derjenigen, die im Indogermanischen betont wird. Hier würde man Otori auf der zweiten Silbe betonen. Doch im Japanischen liegt die Betonung auf der ersten: Es klingt wie [ottori]. Analog dazu wird Shirakawa auf der zweiten statt der dritten Silbe betont: [shirà kawa]. Analog dazu die Städtenamen Inúyama, Yamágata und Teráyama. Der name der Lady Kaede wird in zwei Silben ausgesprochen, denn [ae] ist ein Doppellaut und klingt wie [ei], nicht wie [ä].

Obwohl das Personal recht umfangreich ist, enthalten weder Buch noch Hörbuch eine Liste der dramatis personae. Lediglich im Buch (und auf der Webseite) kann sich der Interessierte anhand einer Landkarte orientieren, wie die Ortsnamen und die Namen der Clan-Domänen geschrieben werden. Meine Schreibweise ist der im Buch angeglichen.

_Unterm Strich_

Die gesamte Trilogie „Der Clan der Otori“ richtet sich an Jugendliche um 15 Jahre. Sowohl Lady Kaede als auch Otori Takeo sind in diesem Alter, als das erste Buch „Das Schwert in der Stille“ schließt. Beide wachsen in einer Erwachsenenwelt auf, die ebenso von Geheimnissen wie von Gefahren erfüllt ist. Und die Gefahr gilt immer dem Leben.

Gleichzeitig ist diese Initiation in die Welt eine Erkundung der eigenen Fähigkeiten, Gefühle und Gedanken. Da Takeo über nahezu magische Fähigkeiten verfügt, ist dieser lange Prozess umso faszinierender. Doch auch die grazile Kaede weiß eine Klinge tödlich zu führen, wenn’s drauf ankommt. Das Finale stellt alle Erwartungen an Action und Drama mehr als zufrieden. Der Epilog deutet jedoch an, dass sowohl Takeo als auch der gesamte „Stamm“ und obendrein Kaede in Gefahr sind.

Das Hörbuch halte ich nicht für hundertprozentig gelungen. Während August Diehls Passagen mich beeindrucken konnten, ertappte ich mich bei Marlen Diekhoffs Passagen dabei, leicht genervt zu sein. Mein Verdacht, dass ihre Darstellung Kaedes nicht mit der im Buch übereinstimmt, bestätigte sich bei der Lektüre der Fortsetzung „Der Pfad im Schnee“. Kaede ist eine ungewöhnlich intelligente junge Frau, die sich durchaus ihrer Haut zu wehren weiß.

_VORSICHT SPOILER_
Und seit ihrer Liebesbegegnung mit Takeo hat sie einen besonders guten Grund dafür: Sie ist schwanger. Ihr Kind wäre der Erbe der Domänen Otori, Maruyama und Shirakawa – eine eindrucksvolle Kombination geballter Macht. Falls die Mutter überlebt.
_ENDE SPOILER_

Mit gespannter Erwartung freue ich mich auf die Fortsetzung des Hörbuchs. Sie kommt am 21. Februar 2005 auf den Markt.

|Originaltitel: The Otori Clan vol. 1: Across the Nightingale Floor, 2002
Aus dem Englischen von Irmela Brender
510 Minuten auf 7 CDs|

[NEWS] Lian Hearn – Der Glanz des Mondes (Der Clan der Otori)

Takeo zieht in die entscheidende Schlacht!

Endlich ist Takeo wieder mit Kaede vereint. Heimlich und gegen den Willen der Clans haben sie geheiratet. Doch die beiden können ihr gemeinsames Glück nicht lange genießen. Denn die Otorilords, die Takeos seine Herrschaft streitig machen wollen, rüsten bereits zum Kampf gegen ihn. Mit seinen Verbündeten zieht Takeo in die Schlacht. Und Kaede bleibt zurück, voller unguter Vorahnungen. Nun wird sich zeigen, ob die Prophezeiung, die Takeo einst gemacht wurde, sich erfüllt. (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 464 Seiten
Fischer

[NEWS] Lian Hearn – Die Legende von Shikanoko. Herrscher der acht Inseln

Shikanoko ist eigentlich nur der Sohn eines einfachen Vasallen. Doch als er von einem Magier eine übernatürliche Maske vermacht bekommt, wird aus ihm das Kind des Hirsches, und er verfügt fortan über magische Fähigkeiten und besonderes Kampfgeschick. Als der alte Kaiser stirbt, gerät Shikanoko in die Fänge des Fürstabts, der alles daransetzt, die höchste Macht im Land – den Lotusthron – an sich zu reißen. (Verlagsinfo)

Gebundene Ausgabe: 592 Seiten
Sauerländer