Schlagwort-Archive: Lian Hearne

Lian Hearn – Der Pfad im Schnee (Der Clan der Otori 2) (Lesung)

Japan, Ende des 15. Jahrhunderts: Eines Morgens wird Takeos Dorf überfallen, und er überlebt als Einziger. Lord Shigeru vom Clan der Otori rettet ihn und nimmt ihn in seine Familie auf. Von ihm, einem Helden wie aus versunkenen Zeiten, lernt Takeo die Bräuche des Clans. Er lehrt ihn Schwertkampf und Etikette. Die Liebe zu Kaede entdeckt Takeo allein.

Als er herausfindet, dass er dunkle Kräfte besitzt – die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeitig zu sein und sich unsichtbar zu machen, und dass er so gut „hören kann wie ein Hund“ -, gerät er immer tiefer in die Wirrungen der Lügen und Geheimnisse, aus denen die Welt der Clan-Auseinandersetzungen besteht. Trotz seines Widerwillens ist es ihm bestimmt zu rächen. Takeo verbindet sein Schicksal mit dem der Otori. (Verlagsinfo, modifiziert)
Lian Hearn – Der Pfad im Schnee (Der Clan der Otori 2) (Lesung) weiterlesen

Hearn, Lian – Pfad im Schnee, Der (Der Clan der Otori – Band 2)

Japan, Ende des 15. Jahrhunderts: Eines Morgens wird Takeos Dorf überfallen, und er überlebt als Einziger. Lord Shigeru vom Clan der Otori rettet ihn und nimmt ihn in seine Familie auf. Von ihm, einem Helden wie aus versunkenen Zeiten, lernt Takeo die Bräuche des Clans. Er lehrt ihn Schwertkampf und Etikette. Die Liebe zu Kaede entdeckt Takeo allein.

Als er herausfindet, dass er dunkle Kräfte besitzt – die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeitig zu sein und sich unsichtbar zu machen, und dass er so gut „hören kann wie ein Hund“ -, gerät er immer tiefer in die Wirrungen der Lügen und Geheimnisse, aus denen die Welt der Clan-Auseinandersetzungen besteht. Trotz seines Widerwillens ist es ihm bestimmt zu rächen. Takeo verbindet sein Schicksal mit dem der Otori. (Verlagsinfo, modifiziert)

_Die Autorin_

Lian Hearn, die eigentlich Gillian Rubinstein heißt und vor etwa 60 Jahren geboren wurde, lebte als Journalistin in London, bevor sie sich 1973 mit ihrer Familie in Australien niederließ. Ihr Leben lang interessierte sie sich für Japan, lernte dessen Sprache und bereiste das Land.

[„Das Schwert in der Stille“ 950 ist der erste Band der Trilogie „Der Clan der Otori“. Der zweite Band „Der Pfad im Schnee“ ist im Herbst 2004 im |Carlsen|-Verlag erschienen und wurde im Februar 2005 bei |Hörbuch Hamburg| veröffentlicht. Der dritte Band „Der Glanz des Mondes“ soll im Mai 2005 erscheinen.

„Das Schwert in der Stille“, der mittlerweile in 26 Sprachen übersetzt wurde, ist für den |Deutschen Jugendbuchpreis| nominiert. Gillian Rubinstein wurde in Göteborg mit dem „Peter Pan Award“ geehrt, denn die Trilogie „Der Clan der Otori“ ist beileibe nicht ihr erstes Werk, sondern sie hat bereits zahlreiche Kinder- und Jugendbücher verfasst. Mehr Infos unter http://www.otori.de.

_Handlung_

Die Vorgeschichte habe ich bereits in der Einleitung wiedergegeben. Es wäre überflüssig, sie zu wiederholen. Meine Inhaltszusammenfassung erwähnt natürlich einige Ergebnisse der Ereignisse von Band 1, „Das Schwert in der Stille“. Wer das Buch noch nicht gelesen hat, sollte daher diesen Abschnitt überspringen.

Am Schluss von Band 1 ließ Lord Shigeru sein Leben, nachdem auch Lord Iida getötet worden war. Als Folge dieser beiden einschneidenden Ereignisse kam es in der Hauptstadt Inuyama zu einem Aufstand, den sich die Armee unter Lord Arai zunutze machte, um die Macht zu übernehmen und die Tohan zu stürzen.

|Takeo|

Im Strudel dieser Gewalt werden Takeo und seine Geliebte Kaede getrennt. Während Kaede zu ihrem Elternhaus in Shirakawa zurückkehrt, will sich Takeo eigentlich für die Otori entscheiden, um sein Erbe anzutreten und Lord Shigeru, seinen Adoptivvater, zu rächen. Doch der „Stamm“, mit dessen Hilfe er Iida besiegt und Shigeru erlöst hat, besteht darauf, dass Takeo als einer der Ihren gehorcht und sich in eine Ausbildung begibt.

Takeos Vater war ein Angehöriger des Stammes, der abtrünnig wurde. Da er als Attentäter um zu viele Geheimnisse wusste, musste er sterben. Wenige Jahre, nachdem Takeo und seine Schwestern gezeugt wurden, töteten ihn Stammesangehörige. Doch selbst als Takeo herausfindet, wer dafür verantwortlich war, kann er nichts deswegen unternehmen. Nun haben sich seine Ausbilder als ebensolche Heuchler herausgestellt wie Shigerus Onkel, die immer so wohlwollend taten.

Als sie ihn losschicken, um Shirgerus geheime Aufzeichnungen über den „Stamm“ zu stehlen, weiß er, dass ihn sein begleitender Ausbilder Akio Kikuta nach der Ausführung töten soll. Daher flieht er mit Unterstützung von Shigerus Haushofmeister Ichiro so schnell er kann zum Kloster Terayama. Erstens ist dort Lord Shigeru begraben, und zweitens befinden sich dort, gut versteckt, die Dokumente mit den Geheimnissen des Stammes.

Doch der Weg über die Berge ist weit und beschwerlich. Zweimal wird Takeo von Stammensleuten angegriffen. Zweimal erhält er unerwartete Hilfe. Ein totgeglaubter Gerber, der zu den ausgestoßenen Verborgenen gehört, begleitet ihn zu einem Orakel, das Takeo prophezeit, er werde das Land einen, aber zu einem hohen Preis. Der zweite Helfer ist der Mönch Makoto, und er berichtet schreckliche Dinge, die Takeos Geliebter Kaede zugestoßen seien. Und er Unglückseliger sei schuld daran.

|Kaede|

Lady Shirakawa Kaede sieht den Gutshof ihres Elternhauses verwüstet und heruntergekommen. Ihr Vater, der zu Iida gehalten hatte, ist von Arai geächtet worden und sollte sich eigentlich selbst töten, um seine Ehre zu bewahren. Da er dies nicht getan hat, haben die Schuldgefühle zunehmend seinen Verstand verwirrt. Um ihn nicht zu schocken, sagt ihm seine Tochter Kaede, dass sie die Witwe von Lord Otori Shigeru sei und dessen ungeborenes Kind trage.

Dass dies deftig geflunkert ist, fliegt erst auf, als sie bei einem ihrer Besuche des Nachbars, des Edelmanns Fujiwara, den Mönch Makoto aus Terayama antrifft. Diesem rutscht leider die Wahrheit heraus, die für Kaedes Vater noch mehr Schande bedeutet: Sie ist weder Shigerus Witwe noch ist Shigeru Vater ihres ungeborenen Kindes (das ist vielmehr Takeo). Ihr Vater will sie töten, bevor sie noch mehr Männern als ohnehin schon den Tod bringt. Allerdings hat er die Rechnung ohne die Stammesangehörigen gemacht, die Kaede schützen.

Nach dem Tod ihres Vaters und dem Verlust ihres Ungeborenen ist Kaede dem Tode nahe, doch Fujiwaras erfahrener Arzt kümmert sich um die Todkranke (wie auch um deren ziemlich lebendige Zofe Shizuka).

Und diesen Stand der Dinge erzählt Makoto seinem Freund Takeo. Zusammen machen sie sich eiligst auf ins Kloster, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Doch der Winter ist mit Schneesturm und Eis übers Land hereingebrochen, und an Fußreisen ist nicht zu denken. Das bietet Takeo viel Gelegenheit, die Geheimnisse des Stammes zu erforschen und seine Schwertkampfkunst zu vervollkommnen. Denn wenn der Frühling kommt, naht die Zeit des Krieges und des Wiedersehens mit Kaede.

_Mein Eindruck_

„Der Pfad im Schnee“ ist der typische Mittelband einer Trilogie. Der wirkliche Action findet in Band 1 und 3 statt, weil dort Auftakt und Finale erfolgen. Doch in Band 2 werden die Folgen der ersten Auseinandersetzungen und der ersten Begegnung der Liebenden geschildert. Natürlich finden auch hier einige dramatische Szenen statt und wichtige Entscheidungen werden gefällt, so dass man durchaus von einer Wende im Verlauf der Gesamthandlung reden kann. Doch Zweikämpfe findet man hier nur am Rande und eine Schlacht schon gleich gar nicht.

|Entscheidungen|

Vielleicht liegt es auch an der Jahreszeit. Der Herbst geht seinem Ende zu, und alle Bewohner des Landes wissen, dass die Ernte nicht einmal halb so gut ausgefallen ist, wie sie es sein müsste, um alle durch den langen Winter zu bringen, der gut und gerne ein Vierteljahr dauert. Diese bedrückende Aussicht zwingt zu harten Entscheidungen, so etwa die, dass Kaede im Gegenzug für Lebensmittel dem Edelmann Fujiwara ihre wahre Geschichte erzählt. Natürlich unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit, aber wer weiß, ob sich der verschlagene Edelmann und Sammler, der sich bei Hofe auskennt, an dieses Versprechen halten wird?

|Takeo|

Takeo wiederum wählt das Erbe der Otori statt einer Zukunft als Ninja im „Stamm“. Als Folge sieht er sich ständiger Verfolgung und Angriffen ausgesetzt. Er kann froh sein, lebendig in Terayama anzukommen. Und ohne die Hilfe der einfachen Leuten und der Christen, den „Verborgenen“, hätte er es nie geschafft.

Takeo ist deshalb etwas Besonderes, weil er als dritten Anteil an seinem Charakter auch ein Christ ist und das sinnlose Töten, das die Lords praktizieren, ablehnt. Er, der als Einziger Frieden statt Gewaltherrschaft anstrebt, ist daher die große Hoffnung der Bauern, Ausgestoßenen und aller Kastenlosen. Da sein Adoptivvater Shigeru bereits als Gott verehrt wird und Takeo sich den Beinamen „Engel von Yamagata“ erworben hat, ist er für sie bereits zu Lebzeiten eine Legende, ein höheres Wesen. Obwohl er an ihren Kampffähigkeiten zweifelt, weiß Takeo auch, dass er mit den herrenlosen Söldnern und abtrünnigen Otori-Leuten, die sich ihm in Terayama anschließen, noch nicht gegen Lord Arai und das Haus Otori antreten kann. Vielleicht ist es eine Frage der Ausbildung.

|Psychologie und Lyrik|

Als Mittelband legt „Der Pfad im Schnee“ großes Gewicht auf psychologische Charakterisierung. Denn wie schon angedeutet, sind es vor allem Motive und Entscheidungen, die zu weiteren Aktionen führen – und diese Entscheidungen werden in diesem Band gefällt. Die Befindlichkeit der Figuren spiegelt sich oft in der sie umgebenden Natur wieder. Dieser literarische Kunstgriff, der an Poesie gemahnt, ist der Autorin sehr gut gelungen.

|Übermensch|

Wieder einmal konnte ich nicht umhin, Takeo wegen seiner übermenschlichen Fähigkeiten zu bewundern. Er hört und sieht schärfer als selbst seine Stammesgenossen, kann sich unsichtbar und ein zweites Ich erschaffen, während er sich selbst weiterbewegt. Auf diese Weise gewinnt er einige der Zweikämpfe, so etwa gegen seinen Ausbilder Akio.

Durch sein scharfes Gehör erfährt er auch, dass er einen Sohn gezeugt hat. Und er hatte geglaubt, die Stammesangehörige hätte ihn um seiner selbst willen geliebt. Ein weiterer Beweis für die Skrupellosigkeit, mit der der Meister des Stamms seine Untergebenen missbraucht.

|Die Übersetzung|

Irmela Brender ist eine der profiliertesten Übersetzerinnen von Kinder- und Jugendbüchern hierzulande. Auch diesmal gelingt ihr ein makelloses Kunst-Werk bei der Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche. Die Sprachebene, die sie verwendet, ist natürlich nicht die des modernen Alltags, sondern die der klassischen Erzählung, also ein überhöhender Tonfall. Er passt ausgezeichnet zu dem Sujet der Liebe, der Ehre und des Kampfes.

Leider fehlt ein Glossar ebenso wie ein Personenverzeichnis, aber immerhin gewährt eine Landkarte Aufschluss und Orientierung. Ich habe darauf zwar nicht gefunden, wo die dargestellte Gegend liegt – im Westen der japanischen Hauptinsel, 100 km westlich von Hiroshima -, aber wenigstens kenne ich nun die Schreibweise der Namen. Und wenn im Text vom „Festland“ die Rede ist, kann es sich ja wohl nur um die Mandschurei oder das Reich der Mitte handeln.

_Unterm Strich_

Ich habe das Buch in weniger als zwölf Stunden gelesen, was doch für den flüssigen Stil und eine spannende, bewegende Geschichte spricht. Allerdings kannte ich bereits den Vorgängerband „Das Schwert in der Stille“, ohne den man nur wenig von der Handlung verstehen dürfte. Das Schicksal Takeos und Kaedes ist bewegend und auch für westliche Leser interessant.

Wer ein wenig über die altjapanische Kultur und ihre Werte – so etwa den Begriff der Ehre – weiß, wird mehr Gewinn aus vielen Szenen ziehen können. Sonst könnte es vielleicht doch ein wenig verwundern, warum zum Geier sich die Leute ständig selber umbringen wollen. Andererseits versteht man als heutiger Wessi Lady Kaede sehr gut, wenn sie selbst herrschen will und dies auch durchsetzt. Dadurch wirkt sie für traditonsbewusste – männliche – Japaner unnatürlich und sogar dämonisch. Diese Powerfrau erscheint als Killerfrau, denn in ihrer Umgebung sterben die Männer wie die Fliegen (siehe Band 1). Das wiederum lässt uns – vor allem die Frauen – lächeln. Das Buch bietet also beiden Geschlechtern etwas.

Im nächsten Band, der den Titel „Der Glanz des Mondes“ (eine Gedichtzeile) trägt, geht’s dann richtig zur Sache, und das Schicksal von Takeo und Kaede entscheidet sich ebenso wie das West-Japans.

|Originaltitel: Tales of the Otori: Book two: Grass for his Pillow, 2003
Aus dem Englischen übersetzt von Irmela Brender
Empfohlen ab 14 Jahren|