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Lloyd Alexander – Taran – Der Fürst des Todes

Dies ist der fünfte Roman eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

Der Autor

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen zu sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

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Alexander, Lloyd – Taran – Die Reise zum Drachenberg

_Tarans Abenteuer im Sammelband, Folge Nr. 2_

Dieser Sammelband umfasst die letzten zwei Romane des fünfbändigen Fantasy-Zyklus um Taran. Der junge Streiter für das Recht will endlich mehr über seine Herkunft erfahren. Dazu reist er mit seinen Freunden durch ganz Prydain (= Britannien). Doch noch bevor ihm dieses Vorhaben gelingt, wird das Land erneut von dem finsteren König Arawn und seiner Armee bedroht. Gemeinsam mit Fürst Gwydion zieht Taran nun gegen sie in den Krieg. Und auf dem Drachenberg erfüllt sich schließlich Tarans Schicksal: Hier muss er sich seinen Erzfeinden, der Zauberin Achren und dem Todesfürsten Arawn, stellen – und das Geheimnis seiner Herkunft wird endlich offenbart.

_Der Autor_

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Er arbeitete in den USA als Cartoonzeichner, Werbetexter, Grafiker, Übersetzer und Herausgeber einer Zeitung, bevor er begann, Bücher zu schreiben. Seine Bücher wurden vielfach preisgekrönt, die Romane um Taran u. a. mit der Newbery Medal.

Ähnlich wie bei Tolkien, der mit [„The Hobbit“ 481 (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexanders Prydain-Zyklus mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

|Der Taran-Zyklus|

1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen

Sammelband 1: [„Taran – Die dunkle Seite der Macht“ 2804

_Vorbemerkung_

Der erfundene Schauplatz ähnelt jenem mythischen Wales, das dem Fantasykenner aus der Geschichtensammlung des „Mabinogion“ aus dem 14. Jahrhundert bekannt ist. Doch die Legenden beruhen auf mündlich überlieferten Erzählungen, die weit älter sind und noch aus der keltischen Kultur kommen.

Insbesondere der vierte Zweig des Mabinogi mit dem Titel „Math Son of Mathonwy“ bietet zahlreiche Referenzen, die der Autor verwendet. Dazu gehört der gesamte Komplex, der mit dem Recken Gwydion und seinem Onkel Math in Caer Dathyl zu tun hat. Math herrscht über einen Großteil von Wales. Sein Widersacher ist Arawn, der Fürst der Unterwelt Annuvis. Leider macht der Autor aus den vielschichtigen Vorlagen zu den Figuren Gwydion und Arawn nur ein schwarz-weißes Paar aus Gut und Böse. Alexander vereinfacht, vielleicht zu Gunsten der kindlichen Verständnismöglichkeiten.

_Handlung von „Der Spiegel von Llunet“_

Endlich will sich Taran auf die Socken machen, um herauszufinden, wer seine Eltern sind. Auf dieser Wanderung begleitet ihn lediglich der Tiermensch Gurgi, der sein treuster Begleiter geworden ist. Zunächst zieht Taran zu Gurgis Entsetzen zu den drei weisen Frauen, die in den Marschen von Morva leben. Orddu rät ihm, sich selbst im „Spiegel von Llunet“ zu erkennen, der im östlichen Gebirge zu finden sei.

Sodann lernen sie den Bauer Aeddan kennen und erfahren, dass es allen Bauern und dem Land allgemein schlecht geht, denn der Todesfürst Arawn hat alle Geheimnisse darüber, wie man das Land am besten bebaut, geraubt, so dass die heutigen Bauern nur noch die einfachsten Methoden anzuwenden wissen. Entsprechend gering ist ihr Ertrag; er bewahrt sie gerade mal so vor dem Verhungern.

Auch das Land selbst ist alles andere als sicher. Bewaffnete Ritter glauben nicht, dass ein Sauhirte ein so edles Pferd wie Melynlas besitzen sollte, und schnappen es ihm unterm Hintern weg. Auf der Burg der Ritter treffen Taran und Gurgi ihren Herrn, Fürst Goryon den Kühnen, der so ehrpusselig ist, dass es Taran ein Leichtes ist, ihm den störrischen Melynlas wieder abzuschwatzen.

Wenig später gelangen sie zur Burg von Goryons Feind, Fürst Gast dem Großmütigen. Er ist aber nur großmütig und freigebig gegen sich selbst, und alle anderen müssen an seiner Tafel hungern. Hier trifft Taran auch Fflewdur Fflam wieder, den Barden mit der wahrheitsliebenden Harfe und der Riesenmiezekatze Llyan. Ein freudiges Wiedersehen, denn Fflam hat nichts zu Lachen.

Zusammen gelangen sie an König Smoits Burg, den wir schon aus Band 2, „Der schwarze Kessel“, kennen: ein Bär von einem Mann, aber nicht gerade einer der hellsten Köpfe. Als die Kunde vom Krieg zwischen Goryon und Gast eintrifft, weiß als Einziger Taran den Konflikt zu aller Zufriedenheit zu schlichten. Dass er Smoit das Leben rettet, trägt nicht wenig zur Autorität des Sauhirten bei.

Als nächstes verliert Taran sein gutes Schwert an einen Banditen namens Dorath. Doch das ist gar nichts gegen das, was eine Kreatur namens Morda anrichtet. Dieser Möchtegern-Weltbeherrscher hat den Zwergen ein magisches Kleinod aus dem Haus der Zauberer von Llyr gestohlen und Tarans Ex-Gefährten Doli in einen Frosch verwandelt. Beim Versuch, dem durchgeknallten Morda das Handwerk zu legen, werden Fflewdur und Gurgi verwandelt, doch an Taran scheitert der Irre. Warum nur? Das sei hier nicht verraten.

In einer Bergschlucht stoßen Taran und Gurgi auf einen verkrüppelten Schafhirten namens Craddoc, der behauptet, Tarans Vater zu sein. Das kann Taran nicht widerlegen, und so hilft er dem Alten, seine verfallene Hütte, seine Herde und seine Weiden wieder auf Vordermann zu bringen. Auch Craddoc stöhnt über die Verluste, die Fürst Arawn verursacht hat. Doch als Craddoc schwer stürzt, ertappt sich Taran bei dem Wunsch, der Alte, der ihn hier ein halbes Jahr festgehalten hat, möge sterben, damit Taran wieder frei sein und weiter wandern könne. Ein magisches Geschenk Eilonwys, ein Horn der Zwerge, ruft Hilfe herbei …

Als wichtigste Station erweist sich jedoch das Land der „Freien Commots“. Diese Menschen regieren sich selbst und helfen einander. Taran lernt, Glück zu erkennen, ein neues Schwert zu schmieden, einen neuen Mantel zu weben und eine Schale zu töpfern. Es sind Wege, die Welt zu erkennen, aber auch sich selbst. Doch dann scheint alles aus, als sich ihm der Bandit Dorath abermals in den Weg stellt. Nun wird Taran erkennen, aus welchem Holz er geschnitzt ist – oder ob sein Schwert brechen wird.

_Mein Eindruck zu Band IV_

Das Buch hat eine ganz andere Struktur als die vorhergehende Trilogie: Es besteht aus Episoden. Die Kämpfe sind in der Mehrzahl nicht heroischer Natur, sondern dienen dazu, Taran mehr über sein Inneres mitzuteilen. Der Hilfsschweinehirt erfährt nun, wo sein Platz in der Gesellschaft ist und wozu er alles fähig oder nicht fähig ist. Der Zweck der Wanderung ist also ein zweifacher: Selbsterfahrung und Er-fahr-ung der Welt.

Und um diese Welt ist es nicht gut bestellt. Es ist eine Welt unter dem Schatten des Todesfürsten Arawn, der ihr Wissen und Kraft aussaugt und diese Beute für sich selbst hortet. Arawn ist der negative Pol der Schöpfung, und es sieht so aus, als stünde seinem Ent-Wirken keine positive Kraft entgegen. Die menschlichen Herrscher sind untereinander zerstritten oder pervertieren Werte. Taran weiß es noch nicht, doch das |Heilen| der Welt ist seine Aufgabe. Diese wird er im nächsten, dem letzten Band der Chroniken von Prydain, erfüllen. Und wie immer ist der Preis für den Erfolg sehr hoch. Darin gleicht Taran Frodo Beutlin bei Tolkien sowie Alvin Maker bei Orson Scott Card.

Die Geschichte ist in diesem Band wieder Erwarten nicht weniger spannend als in den Vorgängerbänden. Der Schwerpunkt scheint nun allerdings auf die innere Entwicklung der Hauptfigur verlagert zu sein. Das aber geht nicht ohne dramatische Szenen vor sich, die die Lektüre wirklich lohnenswert machen. Wie in Band 3 gibt es auch hier wieder Auflockerung in Form von heiteren Szenen.

_Handlung von „Der Fürst des Todes“_

Der Zyklus geht nun in die Zielgerade. Aber es sieht gar nicht gut aus für Taran und seine Gefährten. Denn die Existenz Prydains selbst ist gefährdet. Fürst Gwydion wurde überfallen und seines magischen Schwertes Dyrnwyn beraubt. Dieses bereichert nun sicher bereits den Schatz des Todesfürsten Arawn, denn es hat die Macht, die unverletzbaren Kesselkrieger Arawns vom Scheinleben zum Tode zu befördern. Mit anderen Worten: Prydain ist Arawns Angriff wehrlos ausgeliefert.

Wirklich wehrlos? Als Erstes suchen Gwydion und Tarans Gefährten Hilfe bei König Smoit, der sich schon ein oder zweimal als Helfer in der Not erwiesen hat. Doch diesmal bildet dessen Burg eine Falle: Der (in Band 3) von der Insel Mona verjagte Haushofmeister Magg, ein Diener Arawns, hat die Burg mit einer List eingenommen. Nun nimmt er auch noch Gwydion & Co. gefangen. Nur eine List kann sie befreien …

Als nächste Station peilen Gwydion & Co. das prächtige Schloss des Hochkönig Math an, Caer Dathyl. Die erste Schlacht gegen Arawns Kesselkrieger und ihre Generäle verläuft nicht schlecht, zumal es Taran gelungen ist, aus den Dörfern der Freien Commots Kämpfer auszuheben.

Doch als Pryderi, der König des Westens, die Unterwerfung des Hochkönigs fordert, anstatt sich den Verteidigern anzuschließen, ahnen die Gefährten schon, dass sie ganz schlechte Karten haben. Die zweite Schlacht verläuft nicht gut …

Bei der Verfolgung der nach Annwyn zurückkehrenden Kesselkrieger teilen sich Gwydion und Taran die Aufgabe und ihre Truppen: Gwydion nimmt den Seeweg, Taran zieht über die Roten Brachlande und die angrenzenden Berge, ständig in Scharmützel mit den Kesselkriegern verstrickt. Er verliert sogar Eilonwy und Gurgi aus den Augen, nur um dafür die Hilfe der Zwerge zu erhalten, allen voran die des alten Gefährten Doli.

Zwei glückliche Zufälle ereignen sich, als zunächst Ex-Königin Achren vor Räubern gerettet werden kann und als zweitens der in Band 1 von Taran gerettete Gwythaint-Vogel ihm das Leben rettet – und ihn direkt vor den Toren Annwyns, Arawns schwarzem Schloss, absetzt.

Dort tobt bereits die Schlacht, und die Kesselkrieger werden auf den wehrlosen Taran aufmerksam. Nun kann ihm nur noch ein Wunder helfen …

_Mein Eindruck zu Band V_

Dieser Roman hat 1968 den wichtigsten Preis der USA für Kinder- und Jugendbuchliteratur errungen, und man merkt auch schnell, warum. Anders als die vorhergehenden Bücher ist diese Geschichte von einem ernsten Unterton, den die vielen humorvollen und ironischen Kabbeleien zwischen den Gefährten Tarans nur unzulänglich übertünchen können. Schon im ersten Drittel verliert Taran einen lieben Gefährten, und im zweiten Drittel einen Freund, der von Anfang im Zyklus dabei war.

Als wäre dies noch nicht genug, ist Pryderis Verrat eine harte Prüfung für die rechtschaffenen Verteidiger Prydains, und er führt direkt zu einem katastrophalen Ergebnis. Aus Rücksicht auf die Spannung darf ich hierzu nicht mehr verraten. Die Hoffnung der Verteidiger wird nun, ähnlich wie im zweiten und dritten Band des „Herrn der Ringe“, auf eine harte Belastungsprobe gestellt, und mehrmals steht Taran, der seine Truppe anführt, kurz davor zu verzweifeln.

Selbst dann noch, als alles vorüber ist, gönnt der Autor seinem Helden keine Ruhe. Taran könnte à la Frodo mit den anderen Fürsten und dem Zauberer Dallben in die Sommerlande segeln und dort ein unsterbliches und sorgenfreies Leben genießen. Und er könnte sogar Eilonwy, die sogar mitfahren muss, weil sie eine Zauberin ist, mitnehmen. Doch er müsste dafür alles aufgeben, was er in Prydain in Band 4, „Der Spiegel von Llunet“, erreicht hatte: die Gefolgschaft der Freien Commots. Das Land ist von Arawns Treiben immer noch verheert und krank. Soll er einfach abdüsen und sich einen faulen Lenz machen, während Prydain vor die Hunde geht? Da erscheinen ihm im Traum die drei Parzen Orddu, Orgoch und Orwen wieder – die er schon zweimal besucht hat. Sie bieten eine Lösung, doch wählen muss er selbst.

Da hält der Autor also auf den letzten Seiten seines Buches noch einen bunten Strauß hübscher Überraschungen bereit. Also nicht vorzeitig aufatmen!

Es ist eine müßige Frage, was wohl Tolkien aus diesem Stoff gemacht hätte. Denn wir wissen ja, was er daraus gemacht hat: den „Herrn der Ringe“! Und das weiß natürlich auch Lloyd Alexander, dem die Parallelen sicher nicht verborgen geblieben sind. Aber selbst dieser düstere und dichte Abschluss seines Taran-Zyklus ist an vielen Stellen noch heiterer und witziger als so manche Seite in Tolkiens bekannterem Heldenepos.

_Unterm Strich_

Die heiteren Stellen machen die beiden Bücher besser für Kinder und Jugendliche geeignet als Tolkiens „Herr der Ringe“. Man kann auf jeder Verbraucherplattform lesen, wie schwierig die jungen Leser den „Herrn der Ringe“ zu verstehen finden – er wurde ja auch gar nicht für sie geschrieben, sondern für Professoren vom Kaliber eines C.S. Lewis und Tolkien! Dagegen hätten sie keinerlei Probleme, den „Fürsten des Todes“ zu verstehen.

Nur Tolkien-Junkies finden natürlich an diesem Roman wieder etwas auszusetzen. So etwa das abrupte Ende von Helden und Schurken, das doch wohl eine bessere Ausarbeitung verdient gehabt hätte. Und überhaupt: Erfährt man vielleicht etwas über die detaillierte Geschichte Prydains? Mitnichten. Nur die groben Grundzüge, das war’s dann auch schon.

Man sieht also: Vor allem Kinder und Jugendliche werden vollauf mit dem Buch zufrieden gestellt, Erwachsene werden sich stets ein wenig mehr von diesem oder jenem wünschen.

|Zur Übersetzung|

Ko-Übersetzer von Band 4 ist neben Roland Vocke (Band 3) nun Ulrike Killer, die etliche Jahre bei |Klett-Cotta| die Hobbitpresse als Lektorin betreute (bis 2003). Sie führt sich schlecht ein, indem sie beispielsweise das Wort „mannighaft“ statt des vertrauten und richtigen „mannigfach“ verwendet. Der DUDEN kennt das Wort „mannighaft“ nicht. Handelt es sich um eine Verwechslung mit „mannhaft“? Das kann auch nicht sein, denn die Sprecherin Orddu redet von sich selbst – und sie ist keineswegs ein Mann. „Mannighaft“ ist also ebenso falsch wie „mannhaft“. (Dieser Missgriff könnte natürlich auf das Konto von Vocke gehen.)

Ulrike Killer kann in Band 5 ihr Stiltalent voll ausspielen und verleiht der Sprache Alexanders in der deutschen Version einen richtig schön altmodischen Tonfall, wie man ihn noch von der ersten „Herr der Ringe“-Übersetzung im Ohr hat.

Diese Ausgabe löst die ältere deutsche Ausgabe aus den achtziger Jahren ab, die der |Arena|-Verlag Würzburg veranstaltete. Eine Aussprachehilfe für die walisischen Namen wäre aber hilfreich gewesen. So etwa wird das „w“ als „u“ ausgesprochen und ein Doppel-L als „chl“, ein „ch“ aber als „k“. Das könnte etwas verwirren. Der Sammelband von |cbj| lässt mich die schönen Illustrationen, die Johann Peterka für die |Bastei-Lübbe|-Ausgabe anfertigte, stark vermissen.

|Das Titelbild|

Ist das nun Taran auf dem Titelbild oder handelt es sich nicht vielmehr um Roland, den bekannten Sagenhelden, der in der Entscheidungsschlacht bei Roncevalles das Schlachthorn Olifant blies? Oder ist es gar Boromir, der in der Schlacht am Rauros vergeblich Hilfe gegen die angreifenden Orks herbeirief? Wie auch immer: Beim Horn der Zwerge handelt es um ein magisches Geschenk Prinzession Eilonwys, und Taran ruft damit Hilfe herbei. Das Titelbild passt also zum Inhalt von Band 4.

|Taran 4+5, 1967+1968
510 Seiten
Aus dem US-Englischen von Roland Vocke (4) und Ulrike Killer|

Lloyd, Alexander – Taran – Der schwarze Kessel

Dieses Hörspiel beruht auf dem zweiten Roman eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

|Der Autor|

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen sprechen zu kommen. Der erste Band sowie Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

Der |Taran|-Zyklus

1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen

|Die Sprecher|

„Der schwarze Kessel“ ist eine Produktion des Südwestrundfunks Baden-Baden aus dem Jahr 2004. Die Hörspielbearbeitung besorgte Andrea Otte, die Dramaturgie Klaus Schmitz, die Regie führte Robert Schoen. Die stilechte Musik trug „der deutung und das ro“ bei, die auch schon woanders in Erscheinung traten.

Die Namen der Sprecher sind mir leider nicht vertraut, eine Ausnahme bieten lediglich Tommi Piper und Christian Redl. Doch die eine oder andere Stimme habe ich bereits in Fernsehproduktionen gehört, so etwa Rolf Schult als deutsche Stimme von Anthony Hopkins. Er spricht den Zauberer Dallben.

Erzähler: Jürgen Hentsch

Taran: Tim Sander

Eilonwy: Natalie Spinell (Aussprache: e’lónwi)

Dallben: Rolf Schult ( da[stimmloses th]ben)

Fflewdur Fflam: Jens Harzer ( flodjir flam)

Fürst Gwydion: Tommi Piper

Gurgi: Joachim Kaps

Doli: Michael Habeck ( dolí)

Adaon: Oliver Stokowski ( a’daun)

Ellidyr: André Szymanski ( echi:dir)

Gwystyl: Carl Heinz Choynski (gwistil)

König Morgant: Christian Redl

Orddu / Orwen / Orgoch: Eva Weißenborn (or[stimmhaftes th]i:, orwen, orgoch)

_Handlung_

Der Waisenjunge Taran lebt als Hilfsschweinehirt beim Schmied Coll und einem Magier namens Dallben. Der Magier hütet das magische „Buch der Drei“, das Taran nicht anfassen darf, selbst wenn der Zauberer, wie so oft, mal wieder schlafend meditiert.

Doch die friedlichen Jahre, die auf das Ende seines ersten Abenteuers folgten, haben jäh ein Ende, als sich verschiedene hohe Herrschaften auf dem Gehöft von Dallben und Taran einfinden. Fürst Gwydion hat eine Ratsversammlung beim Zauberer Dallben einberufen. Der Feldherr von Hochkönig Math fordert die anderen Fürst auf, auf eine gefährliche Mission ins Reich Annuvin des Todesfürsten Arawn zu ziehen. Solange Arawn mit Hilfe des magischen schwarzen Kessels weiterhin Zombiekrieger erzeugen könne, werde Prydain nicht sicher sein vor seinem Angriff. Und in letzter Zeit sei Arawn sogar dazu übergegangen, nicht nur Tote zu Kesselkriegern zu machen, sondern auch Lebende, die er einfangen und töten lasse.

Auf dem Feldzug gerät Taran ständig mit dem hochmütigen Prinzen Ellidyr aneinander, der es wirklich auf den „Schweinejungen“ abgsehen hat. Nur Adaon, der Sohn des obersten Barden Taliessin, hilft den Gefährten. Und auch um den Feldzug ist es nicht gut bestellt, denn als Doli, der Zwerg, der sich unsichtbar machen kann, vom Dunklen Tor, dem Eingang zu Annuvins, zurückkehrt, berichtet er, der schwarze Kessel sei gar nicht dort, wo man ihn erwartet habe. Er ist weg!

Doch ein weiterer Zwerg namens Gwystyl beziehungsweise dessen Rabe Kaw wissen, wo sich der Kessel jetzt befindet: in den Marschen von Morva. Und wer wohnt dort? Drei alte Hexen namens Orddu, Orgoch und Orwen, die über Zauberkräfte verfügen. Tarans Gefährten und er selbst entgehen erst dann dem traurigen Schicksal, gefressen oder als Kröten zertreten zu werden, als Taran erwähnt, dass er in der Obhut des Zauberers Dallben lebt. Die drei Hexen erinnern sich sehr gut an das Knäblein Dallben: Sie haben es selbst aufgezogen.

Zwar entdecken die Gefährten den schwarzen Kessel tatsächlich auf dem Grund und Boden der Hexen, doch das nützt ihnen gar nichts. Sie bekommen ihn nur gegen einen hohen Kaufpreis: Taran muss die Spange des Wissens hergeben, die ihm der Barde Adaon in Verwahrung gegeben hatte, als er nach der Schlacht starb.

Doch das ist noch gar nichts gegen den Preis, den der schwarze Kessel für seine Zerstörung fordert: Ein lebendiger Mensch muss freiwillig in den Kessel springen, dieser werde daraufhin zerbersten. Tatsächlich: Hämmer und Stangen richten gegen das magische Monstrum nichts aus, und so müssen ihn die Gefährten durch die Lande zu Fürst Gwydion schleppen, denn der werde schon Rat wissen.

Allerdings haben sie die Rechnung ohne den Ehrgeiz des Prinzen Ellidyr gemacht.

_Mein Eindruck_

Das Hörbuch lässt sich knapp einer Stunde anhören, und doch hat man das Gefühl, eine ausgewachsene, tief gehende Geschichte erfahren zu haben. Das liegt daran, dass es hier nicht mehr darum geht, Wissen und Gefährten zu erwerben, um schließlich damit den eindeutig erkennbaren Gegner von der Gegenseite zu überwinden.

Diesmal sind die Gegner in den eigenen Reihen zu finden: falscher Ehrgeiz, Ruhmsucht und mehrfacher Verrat vereiteln um ein Haar den Erfolg der Guten, die auf der Seite von Recht und Gesetz stehen. Fürst Arawn tritt überhaupt nicht in Erscheinung, allenfalls seine Häscher, die Kesselkrieger. Und so müssen schon bald die Besten dafür büßen, unter ihnen der kluge, seherisch begabte Adaon. Und obwohl er die nahe Zukunft kennt, überlässt er Taran die Entscheidung, wie man weitermachen will: zurück zu Fürst Gwydion oder doch in die Marschen von Morva?

Dieses Taran-Abenteuer ist sowohl sehr spannend als auch anrührend. Das Fazit, das Gwydion und Taran am Schluss ziehen, ist relativ niederschmetternd: Dies ist also die Welt eines Mannes, eine Welt aus Verrat, Blut, Niedertracht und falschem Ehrgeiz. Kann dies alles sein? Nicht wenn man dem Pfad der Ehre und der Wahrheit und der Liebe folgt, sagt Gwydion.

Doch Liebe hat Taran noch nicht kennen gelernt, allenfalls indirekt durch Adaon. Der war nämlich mit Prinzessin Arian Llyn verlobt, und das Unterpfand ihrer Liebe war eben jene Spange, die Taran für den Zauberkessel hergeben musste und die ihrem Träger seherische Kraft verleiht.

So erwirbt ein Symbol der Liebe ein Werk des Bösen, um dieses der Vernichtung zuführen zu können. Nur ein weiteres Opfer kann die Vernichtung dann auch tatsächlich vollbringen. Doch die Wahl des Freiwilligen fällt ganz anders aus als erwartet.

_Das Hörspiel_

Zur Einstimmung beginnt das Hörspiel mit einem keltisch anmutenden, möglicherweise walisischen Volkslied. Es wird noch des Öfteren im Hintergrund angespielt und stammt von einem Duo mit einem bemerkenswerten Namen: „der deutung und das ro“. Dabei handelt es sich um Tobias Unterberg und Robert Beckmann, die bereits die Hörspielproduktion „Schloss Draußendrin“ unterstützten und bei alternativen Bands wie |The Inchtabokatables|, |Milar Mar| oder |Deine Lakaien| mitmischen. Der Zuhörer mit ein wenig Erfahrung in keltisch inspirierter Folk-Musik fühlt sich sofort in selige Zeiten von |Clannad|-Konzerten zurückversetzt. Wo immer man in Irland, Schottland oder Wales als Tourist hingelangt, kann man diese Art von Musik finden. Denn diese Musik ist nicht einfach Touristenattraktion, sondern ein integraler Teil der Identität der keltischen Völker.

Wir sind also schon mal auf der richtigen Baustelle. Sodann entspinnt sich der erste Dialog zwischen Taran, dem hochmütigen Prinzen Ellidyr und Eilonwy. Wenig später tragen die Abenteuer Taran hinfort, bis zum glücklichen Ausgang. Doch bei den walisischen Namen sollte man die Ohren spitzen. Sie sind für unsere Hörgewohnheiten doch recht ungewöhnlich. Siehe dazu meine Aussprachehinweise oben.

Die Stimmen der Sprecher finde ich sehr passend und angemessen. Es gibt kein Zögern, keine falschen Töne, so dass die Sätze ganz natürlich klingen und nicht, als hätte man sie ein Dutzend Mal geübt. Ich war erstaunt, dass Tommi Piper eine derart tiefe und raue Stimme hat, dass er ohne weiteres die Autorität ausstrahlt, die einem Fürsten wie Gwydion gebührt. Bemerkenswert finde ich, dass ein bekannter Schauspieler wie Christian Redl auch einmal Zeit findet, an einem Hörspiel mitzuwirken. Am lustigsten ist sicher die Stimme der quicklebendigen Prinzessin Eilonwy, die Taran in Grund und Boden plappert.

Zu meinem großen Vergnügen gibt es auch ein komödienhaftes Zwischenspiel: der Aufenthalt bei den drei Hexen. Man kann hier durchaus an Shakespeares „wyrd sisters“ am Beginn von „Macbeth“ denken. Tatsächlich spielen die drei Schwestern die Rolle der |parzen| (Schicksalsgöttinnen). Die stimmliche Umsetzung ist sehr gelungen. Orddu verfügt über ein piepsiges Stimmchen, als wäre sie ein Kind. Orwen hat eine relativ normale, mittel-alte Stimmlage, rollt aber das R ganz vorrrtrrefflich. Orgoch als die Älteste hat eine tiefe und heisere Stimme. Zusammen spiegeln die drei Schwestern die Dreifaltigkeit der keltischen Göttin Morrigan wider: die Jungfrau, die Mutter und die Greisin.

Da dies ein Hörspiel ist, gibt es nicht nur Stimmen, sondern – neben der Musikuntermalung – auch Geräusche. Dazu gehören grunzende, quiekende Schweine ebenso wie reißende Harfensaiten. Ständig ist auch das Krächzen des Raben Kaw (sprich: ka’u) zu hören, der sich Taran anschließt. Ein Hang bricht zusammen, und ein Fluss rauscht. Am Schluss erklingen Schlachtgeräusche, Pferdegetrappel und eine mittlere Explosion – das volle Programm.

_Unterm Strich_

„Der schwarze Kessel“ ist ein spannendes Abenteuer, das bereits mehrere unerwartete Wendungen in Tarans Entwicklung enthält und den Helden reifen lässt. Wir wissen immer noch nicht, wer er in Wahrheit ist: ein Findling, aufgezogen von einem anderen Findling, nämlich Dallben. Angesichts der Weisheit und Gerissenheit des Erzählers ist nun mit allem zu rechnen, wenn es in die nächsten drei Abenteuer geht (siehe oben).

Auch diese Hörspiel-Folge besticht wieder durch Professionalität, spannende Unterhaltung und sehr gute Audio-Ausstattung. Das bezieht sich allerdings nicht auf die Ausstattung der CD: Lediglich ein dünnes Faltblatt liegt bei, das uns mit Informationen versorgt. Wahrscheinlich hat der Verlag zugunsten eines niedrigen Verkaufspreises gespart. Das Titelbild ist aber ebenso schön wie das des Buches (es stammt von Geoff Taylor).

|Umfang: 55 Minuten auf 1 CD|

Alexander, Lloyd – Taran – Der Findling

_Neues aus Prydain, aber wo ist Taran?_

Dies ist der sechste Band eines Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

Diese Geschichten erscheinen zum ersten Mal in deutscher Sprache, wie uns der Verlag versichert. Sie wurden vom Herausgeber der Fantasyreihe, Helmut W. Pesch, übersetzt, der auch eine erhellende Biografie und Bibliografie beigefügt hat.

|Der Autor|

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

Der |Taran|-Zyklus:

1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen

_Die Geschichten aus TARANs Welt_

In der ersten Geschichte „Der Findling“ erfahren wir, wie aus einem Findling in den Marschen von Morva der Zauberer Dallben wurde. Er wuchs bei den drei Hexen/Parzen/Nornen/Schicksalsgöttinnen Orgoch, Orwen und Orddu auf. Weil er von ihrem Zaubertrank kostete, erkannte er die Wahrheit ihrer Existenz: das Schicksal der Menschen zu weben und zu bestimmen. Angesichts seines neuen Wissens konnte er nicht mehr bleiben, doch beim Abschied bekam er „Das Buch der Drei“, ein Buch der Weisheit und mit allen Informationen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Doch auch dieses Geschenk hat einen Preis.

Der Bauer, der Dallben auf der Straße begegnet war, beklagt sich über das Älterwerden, bis er eines Tages von einem der Zwerge – es ist wieder einmal Doli – einen magischen Stein als Ausgleich für einen Hilfsdienst erhält. Der Stein soll Bauer Mabion ewige Jugend verleihen. Das funktioniert auch, doch leider auch bei allem anderen, das auf dem Gehöft wächst: Die Saat geht nicht auf, die Kuh kalbt nicht und aus den Eiern schlüpfen keine Küken. Nur auf die harte Tour erkennt Bauer Mabion das Geheimnis des Lebens. Und dass ein Stein nicht wachsen kann.

Ganz andere Sorgen hat das königliche Haus Llyr unter Königin Regat. Sie muss ihre Tochter Angharad verheiraten, doch die Tradition verlangt, dass der Künftige ebenfalls über Magie herrscht. Prinzessin Angharad, Eilonwys Mutter, ist ziemlich skeptisch und prüft jeden Bewerber genau. Der erste ist ihr zu dürftig in seiner Kunst, der zweite zu egoistisch, und der dritte, der junge Geraint, vermag ihr Herz zu gewinnen, erweist sich aber als kein Zauberer: Er ist Dichter und holt ihr auf diese Weise die Sterne vom Himmel.

Die vierte Geschichte liest sich wie eine Tierfabel: „Die übermütige Krähe“. Der Hüter des Waldes warnt seine Schützlinge, die Tiere, dass der Todesfürst Arawn seine Jäger ausgesandt habe, um Tiere zu fangen und in seinen Dienst zu zwingen. So habe er es schon mit den einst sanften Gwythaint-Vögeln gemacht, die nun zu furchterregenden Spähern geworden seien. Alle Tiere schwören Medwyn, dem Hüter, Treue, alle bis auf die Krähe Kadwyr. Sie verspottet die Tiere, doch als der Jäger Arawns auftaucht, erleidet sie ein Missgeschick, das sie in höchste Bedrängnis bringt: Sie bricht sich einen Flügel. Doch wider Erwarten erweisen sich die verspotteten Tiere als solidarische Helfer in der Not.

In der nächsten Erzählung erfahren wir mehr über „Das Schwert“ des rechtmäßigen Königs: Dyrnwyn. Ein Tabu liegt auf ihm, dass nämlich nur ein Mann von königlichem Geblüt es führen dürfe. Doch was ist ein richtiger König? Der aktuelle Herrscher Rhitta muss erkennen, dass nur derjenige von könglichem Geblüt ist, der selbst das Anliegen des Geringsten seiner Untertanen achtet. Diese Lektion macht ihm das magische Schwert unmissverständlich klar: Der König ist nur so viel wert, wie seine Herrschaft zum Wohle seiner Untertanen bewirkt.

„Der Schmied, der Weber und der Harfner“ werden alle vom dunklen Fürsten Arawn in Versuchung geführt, doch was er anbietet, ist eitel Blendwerk, das dem Verführten mehr schadet als nützt. Nicht so beim Harfner. Der verfügt über seine eigene Art der Magie, die eng mit der Kraft des Lebens verknüpft ist. Mag auch die Harfe zerstört sein, so spielt die Musik doch weiter: im Leben. Fürst Arawn wendet sich mit Grausen.

In der vorletzten Geschichte erfahren wir endlich, wie Fflewdur Fflam zu seiner „wahrhaftigen Harfe“ kam. Als ausgebildeter König denkt er, als Barde müsse man die Wahrheit ein wenig ausschmücken. Die Harfe, die ihm der Oberbarde (er hat hier keinen Namen, doch in den Romanen ist es Taliesin) zur Probe seiner Kunst überlässt, verhält sich recht merkwürdig. Bei jeder lobenswerten Tat, die Fflam vollbringt, etwa die Rettung eines ertrinkenden Kindes, erdichtet Fflam genau das Gegenteil der Wahrheit. Unverzüglich reißen die Saiten der Harfe, und das sind nicht wenige. Am Schluss muss Fflam dem Oberbarden sein Missgeschick eingestehen und erkennen, was die wahre Aufgabe eines Barden ist.

Die vielleicht schönste Geschichte folgt zum Schluss. Sie handelt von „Coll und seinem weißen Schwein“ Hen Wen. Da es die Zukunft kennt, möchte ihm Fürst Arawn seine Geheimnisse entreißen, um besser Prydain beherrschen zu können, und lässt es rauben. Coll ist entsetzt: Nicht nur über den Verlust, sondern auch über die Tatsache, dass er nun seinen Hof verlottern lassen muss. Wer weiß, wie lange die Jagd dauert?

Zunächst erwirbt der gute Mann per Magie die Gabe, die Sprache der Tiere zu verstehen. Eine freundliche Eule klärt ihn auf, was Sache ist. Dann hilft er einem Hirsch aus einer Dornenhecke; der trägt ihn zu den Toren der Unterwelt Annuvis, wo Hen Wen vermutet wird. Auch einem Maulwurf hilft Coll, was sich später als äußerst nützlich erweist. Ohne die Pointe zu verraten: Als Coll inklusive Zauberschwein wieder nach Hause kommt, wartet dort ein neuer Bewohner auf ihn: Es ist Dallben. Nun können die Abenteuer Tarans wirklich beginnen.

|Biografie|

Den Abschluss des Buches bildet eine Notiz des Übersetzers Helmut W. Pesch, in der er auf acht Seiten Leben und Werk Lloyd Alexanders beschreibt. Er tut dies wirklich sehr anschaulich, so als ob er den Autor in Pennsylvania besucht hätte. Alexander veröffentlichte bis Ende der neunziger Jahre Kinder- und Jugendbücher, hielt Vorträge sowie Lesungen und schrieb Artikel über dieses Genre. Der Achtzigjährige lebt immer noch in seiner Geburtsstadt Drexel Hill.

_Mein Eindruck_

Jede Geschichte ist auf eine bestimmte Pointe hin geschrieben. Das macht sie einerseits spannend und unterhaltsam, andererseits auch lehrreich. Jedes Mal wird ein Problem gelöst, was mit einer kleinen Erkenntnis verbunden ist. Sei es die Erkenntnis, dass keiner ohne Freunde überlebt oder dass man kein Zauberer sein muss, um eine Prinzessin bezaubern zu können. Jede Geschichte gibt dem jungen Leser etwas, das er für sich nutzen kann.

Innerhalb des Taran-Zyklus bieten drei Geschichten zusätzliche Hintergrundinformationen: die jeweiligen Erzählungen zu Coll dem Schweinehirten, Dallben dem Zauberer und Fflewdur Fflam, dem Barden. Man muss diese Informationen aber nicht haben, um die restlichen Bücher genießen zu können.

Eine Illustration, die Johann Peterka angefertigt hat, leitet jede Erzählung ein. Peterka hat auch den restlichen Zyklus illustriert, von daher ist diese Fortführung sehr passend. Die Übersetzung ist Helmut W. Pesch gut gelungen. Sie hebt sich deutlich von den Erzeugnissen ab, die Vocke und Killer in Band 3 und 4 abgeliefert hatten und kehrt zu der altertümelnden Diktion von Band 1 und 2 zurück. Nun klingen diese Fabeln aus alten Tagen auch wieder so, als kämen wirklich aus alten Tagen zu uns und nicht mehr aus dem Unterricht an der Gesamtschule.

Die Illustrationen und die große Schrifttype führen dazu, dass eine Menge Platz „verschwendet“ wird, um es mal ökonomisch auszudrücken. Ein anderer Verlag hätte wahrscheinlich nur halb so viel Seiten verwendet, um die Texte unterzubringen. Und das wäre wahrlich ein Jammer gewesen: Die Geschichten sind zum Vorlesen gedacht, die schönen Zeichnungen zum Anschauen. Und bei kleinerer Schrifttype würden sich die Kinder – ich denke an Kinder ab 6 bis 8 Jahren – die Augen verderben. Das geht also in Ordnung. Zumal der Preis der niedrigste in der gesamten Taschenbuchkategorie ist.

_Unterm Strich_

„Der Findling“ ist ein schönes Geschichtenbuch für sehr junge Leser ab 6 bis 8 Jahren, illustriert mit detailreichen Zeichnungen von Johann Peterka. Alles Weitere habe ich schon oben gesagt. Das Buch zu kennen, ist keine Voraussetzung für das Lesen der fünf Romane, aber es lohnt sich besonders, wenn man die Romane schon kennt. Einziges Manko: keine einzige neue Geschichte um Taran selbst.

Die Biografie klärt den Leser über den Autor des Taran-Zyklus auf, die hiermit erstmals komplett in deutscher Sprache vorliegt, und weist ihn auf weitere Werke von Lloyd Alexander hin, von denen viele noch nicht in unsere Sprache übertragen worden sind. Diesem Missstand sollte schleunigst abgeholfen werden.

Alexander, Lloyd – Taran – Der Spiegel von Llunet

Dies ist der vierte Roman eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

|Der Autor|

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen zu sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

Der |Taran|-Zyklus

1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen

_Handlung_

Endlich will sich Taran auf die Socken machen, um herauszufinden, wer seine Eltern sind. Auf dieser Wanderung begleitet ihn lediglich der Tiermensch Gurgi, der sein treuster Begleiter geworden ist. Zunächst zieht Taran zu Gurgis Entsetzen zu den drei weisen Frauen, die in den Marschen von Morva leben. Orddu rät ihm, sich selbst im „Spiegel von Llunet“ zu erkennen, der im östlichen Gebirge zu finden sei.

Sodann lernen sie den Bauern Aeddan kennen und erfahren, dass es allen Bauern und dem Land allgemein schlecht geht, denn der Todesfürst Arawn hat alle Geheimnisse darüber, wie man das Land am besten bebaut, geraubt, so dass die heutigen Bauern nur noch die einfachsten Methoden anzuwenden wissen. Entsprechend gering ist ihr Ertrag; er bewahrt sie gerade mal so vor dem Verhungern.

Auch das Land selbst ist alles andere als sicher. Bewaffnete Ritter glauben nicht, dass ein Sauhirte ein so edles Pferd wie Melynlas besitzen kann und schnappen es ihm unterm Hintern weg. Auf der Burg der Ritter treffen sie ihren Herrn, Fürst Goryon den Kühnen, der so ehrpusselig ist, dass es Taran ein Leichtes ist, ihm den störrischen Melynlas wieder abzuschwatzen. Wenig später gelangen sie zur Burg von Goryons Feind, Fürst Gast dem Großmütigen. Er ist aber nur großmütig und freigebig gegen sich selbst, und alle anderen müssen an seiner Tafel hungern. Hier trifft Taran auch Fflewdur Fflam wieder, den Barden mit der wahrheitsliebenden Harfe und der Riesenmiezekatze Llyan.

Zusammen gelangen sie an König Smoits Burg, den wir schon aus Band 2, „Der schwarze Kessel“, kennen: ein Bär von einem Mann, aber nicht gerade einer der hellsten Köpfe. Als die Kunde vom Krieg zwischen Goryon und Gast eintrifft, weiß Taran als Einziger den Konflikt zu aller Zufriedenheit zu schlichten. Dass er Smoit das Leben rettet, trägt nicht wenig zur Autorität des Sauhirten bei.

Als nächstes verliert Taran sein gutes Schwert an einen Banditen namens Dorath. Doch das ist gar nichts gegen das, was eine Kreatur namens Morda anrichtet. Dieser Möchtegern-Weltbeherrscher hat den Zwergen ein magisches Kleinod aus dem Haus der Zauberer von Llyr gestohlen und den Gefährten Doli in einen Frosch verwandelt. Beim Versuch, dem durchgeknallten Morda das Handwerk zu legen, werden Fflewdur und Gurgi verwandelt, doch an Taran scheitert der Irre. Warum nur? Das sei hier nicht verraten.

In einer Bergschlucht stoßen Taran und Gurgi auf einen verkrüppelten Schafhirten namens Craddoc, der behauptet, Tarans Vater zu sein. Das kann Taran nicht widerlegen, und so hilft er dem Alten, seine verfallene Hütte, seine Herde und seine Weiden wieder auf Vordermann zu bringen. Auch Craddoc stöhnt über die Verluste, die Fürst Arawn verursacht hat. Doch als Craddoc schwer stürzt, ertappt sich Taran bei dem Wunsch, der Alte, der ihn hier ein halbes Jahr festgehalten hat, möge sterben, damit er wieder frei sein und weiter wandern könne. Ein magisches Geschenk Eilonwys, ein Horn der Zwerge, ruft Hilfe herbei …

Als wichtigste Station erweist sich jedoch das Land der „Freien Commots“. Diese Menschen regieren sich selbst und helfen einander. Taran lernt, Glück zu erkennen, ein neues Schwert zu schmieden, einen neuen Mantel zu weben und eine Schale zu töpfern. Es sind Wege, die Welt zu erkennen, aber auch sich selbst. Doch dann scheint alles aus, als sich ihm der Bandit Dorath abermals in den Weg stellt. Nun wird Taran erkennen, aus welchem Holz er geschnitzt ist – oder ob sein Schwert brechen wird.

_Mein Eindruck_

Das Buch hat eine ganz andere Struktur als die vorhergehende Trilogie: Es besteht aus Episoden. Die Kämpfe sind in der Mehrzahl nicht heroischer Natur, sondern dienen dazu, Taran mehr über sein Inneres mitzuteilen. Der Hilfsschweinehirt erfährt nun, wo sein Platz in der Gesellschaft ist und wozu er alles fähig oder nicht fähig ist. Der Zweck der Wanderung ist also ein zweifacher: Selbsterfahrung und Erfahrung der Welt.

Und um diese Welt ist es nicht gut bestellt. Es ist eine Welt unter dem Schatten des Todesfürsten Arawn, der ihr Wissen und Kraft aussaugt und diese Beute für sich selbst hortet. Arawn ist der negative Pol der Schöpfung, und es sieht so aus, als stünde seinem Ent-Wirken keine positive Kraft entgegen. Die menschlichen Herrscher sind untereinander zerstritten oder pervertieren Werte. Taran weiß es noch nicht, doch das HEILEN der Welt ist seine Aufgabe. Diese wird er im nächsten, dem letzten Band der Chroniken von Prydain erfüllen. Und wie immer ist der Preis für den Erfolg sehr hoch. Darin gleicht Taran Frodo Beutlin bei Tolkien sowie Alvin Maker bei Orson Scott Card.

_Unterm Strich_

Die Geschichte ist in diesem Band wider Erwarten nicht weniger spannend als in den Vorgängerbänden. Der Schwerpunkt scheint nun allerdings auf die innere Entwicklung der Hauptfigur verlagert zu sein. Das aber geht nicht ohne dramatische Szenen vor sich, die die Lektüre wirklich lohnenswert machen. Wie in Band 3 gibt es auch hier wieder Auflockerung in Form von heiteren Szenen.

_Die Übersetzung_

… stammt nun vom dritten Übersetzer, der sich an dem Zyklus versucht. Machte zu Anfang Otfried Preußler einen ausgezeichneten Job, so schrieb Roland Vocke den 3. Band zu einem zeitgenössischen Kindermärchen um, was an sich schon recht fragwürdig war. Aus einem literarischen Meisterwerk wurde eine 08/15-Story.

Obendrein wurde in Band 3 die neue deutsche Rechtschreibung umgesetzt, so dass von da ab der erweiterte Infinitiv mit „zu“ nicht mehr durch Komma abgetrennt wird {was von der neuen Rechtschreibung so durchaus nicht vorgesehen war; Anm. d. Lekt.}. Das erweist sich an etlichen Stellen nun als Stolperstein beim Lesen. Der Leser muss sich erst klarmachen, wo denn der Hauptsatz aufhört und der Nebensatz anfängt. Inzwischen wurde diese Regelung wieder aufgegeben, aber im vorliegenden Band 4 setzt sich diese Malaise anderweitig fort. Übersetzer ist nun Ulrike Killer, die etliche Jahre bei |Klett-Cotta| die Hobbitpresse als Lektorin betreute (bis 2003). Sie führt sich schlecht ein, indem sie auf Seite 31 das Wort „mannighaft“ statt des vertrauten und richtigen „mannigfach“ verwendet. Der DUDEN kennt das Wort „mannighaft“ nicht. Handelt es sich um eine Verwechslung mit „mannhaft“? Das kann auch nicht sein, denn die Sprecherin Orddu redet von sich selbst – und sie ist keineswegs ein Mann. „Mannighaft“ ist also ebenso falsch wie „mannhaft“.

Im weiteren Text treten noch etliche Druckfehler wie etwa vergessene Punkte und Ausrufezeichen auf. Gegenüber den ersten beiden Bänden ist unterm Strich ein starker Abfall der Qualität der Textform und der Übersetzung an sich festzustellen. Hoffentlich setzt sich dieser negative Trend nicht bis in Band 5 fort.

Alexander, Lloyd – Setzerjunge, Der (Westmark-Trilogie 1)

Die Westmark-Trilogie ist nach den „Prydain-Chroniken“ um Taran ein weiterer interessanter Zyklus von Lloyd Alexander. Die Neuausgabe erscheint bei |Bastei Lübbe| in einer schönen Aufmachung im Taschenbuchformat. Der Schauplatz ist diesmal nicht ein Fantasy-Wales aus grauer Vorzeit, sondern eher das 17. oder 18. Jahrhundert irgendwo in Europa.

|Der Autor|

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“, des Taran-Zyklus. Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen sprechen zu kommen.

Die Westmark-Trilogie, die der Bastei-Lübbe-Verlag mit „Der Setzerjunge“ beginnt, ist ebenso abenteuerlich, hat aber weitaus mehr politische Untertöne: Sie spielt in einem Phantasieland, das auf dem technischen Stand des 17. bis 18. Jahrhunderts ist und über ein Feudalsystem beherrscht wird. Der erste Band wurde laut Verlag mit dem |American Book Award| ausgezeichnet.

Die Westmark-Trilogie:
1. Der Setzerjunge (09/2004)
2. Der Turmfalke (01/2005)
3. Die Bettlerkönigin (02/2005)

_Handlung_

Theo ist als Waisenjunge aufgewachsen. Eines Tages hat sich der Drucker Anton seiner erbarmt und ihn als Gehilfen und Diener aufgenommen, unbezahlt natürlich. So erlernt Theo das Handwerk des Druckens und Setzens, nebenbei natürlich auch das Lesen und Schreiben, was keineswegs selbstverständlich ist. Denn es gibt Leute, die haben etwas gegen gebildete Menschen. Menschen, die lesen, haben so häufig eine andere Meinung als von den Herrschenden gewünscht.

Der wichtigste unter diesen Herrschenden ist Cabbarus, der frischernannte Premierminister von Westmark. König Augustin ist über das Verschwinden seiner Tochter Augusta betrübt und neigt zur Melancholie, so dass er sich kaum noch um Staatsgeschäfte kümmert, und das nutzt der skrupellose Cabbarus rücksichtslos aus – ja, er will sogar als Adoptivsohn anerkannt werden, um den König später zu beerben. (Für dessen willkommenes Ableben würde er schon sorgen …)

Früher konnte Setzermeister Anton gut von den Schriften der Gelehrten der Uni Freyborg leben, doch seitdem der absolutistische Premierminister Cabbarus an der Macht ist, müssen alle Druckerzeugnisse genehmigt werden. Und dieses Glück widerfährt nur den wenigsten Schriften, eigentlich nur den harmlosesten und dümmsten. Die Zeiten sind wahrlich mager geworden.

Daher übernimmt Theo, als Anton einmal außer Haus ist, mit größtem Vergnügen einen neuen, supereiligen Druckauftrag, den ihm ein Zwerg im Auftrag eines gewissen Dr. Absalom erteilt: eine Flugschrift, die die heilenden Dienste des Dokotors anpreist. Die ganze Nacht hindurch rackert Theo mit Lettern und Setzmaschine, bis er endlich ein paar Prüfbögen produzieren kann. Der inzwischen zurückgekehrte und ebenso erfreute Anton hilft ihm dabei.

Doch da taucht kurz vor Abholung der Flugschrift die Feldmiliz unter dem Kommando eines Offiziers in der Druckerei auf. Als Theo und Anton Widerstand gegen die Beschlagnahmung ihres Werkstattinventars leisten, kommt es zum Kampf, in dessen Verlauf Theo den Offizier schwer verletzt. Theo und Anton müssen fliehen. Da taucht der Zwerg auf, der über das Ergebnis des Zwischenfalls nicht erbaut ist und wieder verschwindet. Auf der Flucht opfert Anton sein Leben für Theo, der aus der Stadt flieht.

Als sich Theo vor den Toren der Stadt dem Zwerg und dessen Herrn, Doktor Absalom, anschließt, ahnt er noch nicht, dass er sich mit Leuten eingelassen hat, die es weder mit der Wahrheit noch mit der Wirklichkeit besonders genau nehmen. Tatsächlich können sie in Verkleidung sogar eine Milizpatrouille täuschen, die nach einem entflohenen Setzerlehrling sucht. Aber auch Theo ist bestens verkleidet.

Auf einer der Jahrmarktsveranstaltungen der beiden Schwindler schließt sich ihnen ein ungepflegt erscheinendes Mädchen an, das sich „Bohnenstange“ nennt. Sie ist Bauchrednerin und soll daher als Orakel auftreten. Theo bringt ihr das Lesen und Schreiben bei, wofür sie sich revanchiert, indem sie ihn die Zeichensprache der Taubstummen lehrt. Diese hat sie als Gehilfin eines Diebes erlernt. Fortan können sie sich stumm unterhalten. Es dauert nicht lange, und die beiden empfinden mehr als Kameradschaft füreinander.

Leider ist Theo der Ansicht, dass er Bohnenstange nicht der Gefahr aussetzen kann, mit einem gesuchten Verbrecher zusammenzusein. Und außerdem fordern der Zwerg und Dr. Absalom mit ihren Betrügereien wirklich das Schicksal heraus. Bevor das ein böses Ende nimmt, setzt er sich mitten in der Nacht ab.

In der Universitätsstadt Freyborg schließt sich er sich jungen Männern an, die gar aufrührerische Reden wider den König führen. Ihr Wortführer ist ein gebildeter Ex-Adliger, der sich Florian nennt. Florian ist noch radikaler als die anderen: Er will sogar die Monarchie abschaffen. Dennoch verehrt ihn Theo ebenso wie alle anderen: Für ihn übersetzt und schreibt Theo gerne, so zum Beispiel Bittbriefe an den Premierminister Cabbarus und seine Gefängnisverwaltung, die viele brave Bürger Freyborgs gefangenhält.

Theo ahnt nicht, dass er vom Regen in die Traufe geraten ist: Bei diesem Freyborg-Zirkel um den verehrten Florian handelt es sich um Revoluzzer. Und ihr Ziel ist ausgerechnet die Hauptstadt, in der man Theo steckbrieflich sucht.

_Mein Eindruck_

Ich habe diesen unterhaltsamen Roman auf meinem letzten kurzen Madrid-Trip gelesen. Er hat mir vor allem während der langweiligen Wartezeiten auf der Rollbahn prächtig die Zeit vertrieben. Damit meine ich nicht etwa, dass dieses Buch voller schmutziger Witze steckt. Das halte ich in einem Jugendbuch für eher unwahrscheinlich (aber wer weiß, wie weit es mit der Jugend von heute noch kommt?). Vielmehr wollte ich die Figuren näher kennen lernen und wissen, wie es ihnen ergeht.

|Kein Taugenichts|

Theo ist nämlich, obwohl eine Vollwaise, ein aufgeweckter Bursche, der trotz seiner Jugend schon über ein ausgebildetes moralisches Gewissen verfügt. Diese Ansichten, die immer wieder auf die Probe gestellt werden, hat er sich einerseits aus den gelehrten Büchern in Meisters Antons Bibliothek angelesen, andererseits auch immer wieder mit seinem Lehrmeister und Mentor diskutiert.

Dazu gehören Grundsätze, die für uns seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert selbstverständlich geworden sind. Doch zu Theos Zeiten ist das herrschende Gesellschafts- und Regierungsystem der absolutistische Feudalismus: Alles muss nach der Pfeife des Königs tanzen – oder zumindest nach der seines Premierministers. Die Königin hat leider nichts zu melden, und der Leibarzt des Königs, ein rechtschaffener Freidenker, wird vom Hofe verbannt, woraufhin er von Cabbarus sogar noch einen Attentäter hinterhergeschickt bekommt.

Dies alles erinnert doch stark an die französischen Verhältnisse unter Kardinal Richelieu – in populärer Form nachzulesen in Alexandre Dumas‘ Mantel-und-Degen-Abenteuer „Die drei Musketiere“. Natürlich versucht der Autor in seinem Jugendroman keine Gesellschaftsanalyse, geschweige die Schilderung einer Revolution. Vielmehr dürften sich die jungen amerikanischen Leser, an die sich dieses Buch zunächst richtete, an die Zeiten vor dem Unabhängigkeitskrieg erinnert fühlen, also an die Kolonien vor 1776. Die Leser dürften wie ihre Vorväter die Abschaffung des unterdrückenden Systems herbeigesehnt haben.

|Aus Märchenlanden|

Auch dem deutschen Leser ist diese Epoche nicht so wahnsinnig fern, kommt sie doch in zahlreichen Märchen der Brüder Grimm noch in recht lebendiger Form vor, weil nämlich deren erste Sammlung Anfang des 19. Jahrhunderts entstand. Davor sammelten sie fleißig Geschichten, die mündlich überliefert wurden und selbst damals schon recht alt waren.

Doch wer nun erwartet, dass sich Theo den Revoluzzern anschließt, sieht sich enttäuscht. Es würde auch gar nicht zu dieser Figur passen, legt er doch eher ein Verhalten an den Tag, das auf Unauffälligkeit abzielt: Er möchte nicht von der Miliz gefunden und am nächsten Baum aufgeknüpft werden. Vielmehr lebt er in Freyborg quasi im Untergrund.

|Etwas mehr Action, bitte!|

Was nun die Handlung voranbringt, ist zur gelinden Enttäuschung des Lesers nicht Theos oder Florians Eigeninitiative, sondern ein Komplott des Premierministers, der seinem König eine besondere „Freude“ machen möchte. Augustus hat nämlich die Nase voll von all den Totenbeschwörern, die Cabbarus anschleppt, damit sie dem König die Rückkehr der verschwundenen Prinzessin Augusta prophezeien. Diese Scharlatane schmeißt Augustus raus, so dass Cabbarus auf reellen Ersatz sinnt. Einer seiner Spione präsentiert ihm diesen Ersatz auf dem Silbertablett (gegen ein bescheidenes Entgelt, versteht sich): Es ist Bohnenstange in ihrer Eigenschaft als Orakelpriesterin …

Nun ist es natürlich Theos Aufgabe, die gefangene Freundin wieder zu befreien. Leider gerät er dabei selbst in die Bredouille. Also ist der Offenbarungen und Fährnisse noch lange kein Ende. Deshalb konnte ich das Buch erst weglegen, als das letzte Kapitel begann. Dieses Kapitel ist der Epilog und bereitet den Leser auf den Folgeband vor.

|Fantasy? Welche Fantasy?|

Nun darf sich der Leser zu Recht fragen, warum dieses Buch in einer Fantasyreihe erscheint. Bislang sind nämlich weder Zauberer noch Ritter noch irgendwelche Wunderwesen aufgetreten – und das ändert sich auch nicht. Immerhin gibt es einen – nicht ganz genau definierten – kulturellen und geschichtlichen Hintergrund, der wie für ein Märchen geschaffen ist.

Tatsächlich ist dies auch der passendere Rahmen für diese Geschichte. Es gibt wirklich zauberhafte Szenen, aber „zauberhaft“ insofern, als sie die Vorstellungskraft des Lesers fesseln und anregen: Orakelvorstellungen, Totenbeschwörungen und ganz besonders das Grande Finale am Hofe des Königs, als es zu besagten Offenbarungen kommt (und die keinesfalls verraten werden dürfen).

_Unterm Strich_

In den „Chroniken von Prydain“ siedelte der Autor seine humorvollen Helden-Geschichten noch im mythisch-überzeitlichen Raum an. In der Westmark-Trilogie verlegt er den Schauplatz der Story in den geschichtlichen Raum, obwohl weder Zeit noch Ort ganz genau festzumachen sind.

Spannung, Humor, Romantik und eine gehörige Portion Action und Fantasie, die dieser Roman mitbringt, haben mich genügend gut unterhalten, um den Auftaktband der Westmark-Trilogie weiterzuempfehlen. Ich bin schon gespannt, wie es mit Theos Abenteuern weitergeht. Im Auftrag des Hofes soll er „die Verhältnisse im Königreich“ erkunden. Vielleicht lässt sich da ja noch einiges beheben, was Cabbarus einst angerichtet hat.

Alexander, Lloyd – Taran – Die Prinzessin von Llyr

Dies ist der dritte Roman eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

_Der Autor_

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen zu sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

Der |Taran|-Zyklus

1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen

_Handlung_

Diesmal dreht sich alles um Prinzessin Eilonwy, Tochter von Angharad aus dem Hause Llyr, einer Sippe von Zauberinnen. Seit dem ersten Abenteuer in „Das Buch der Drei“ wissen wir, dass Eilonwy ein besonderes Spielzeug hat: eine goldene Kugel, die in ihrer Hand leuchten kann. Welche Bewandtnis es damit hat, wird uns in diesem Band nun enthüllt.

Aber warum sollte Eilonwy überhaupt das heimelige Caer Dallben verlassen? Nun ja, sie kann ja nicht ewig eine schwertschwingende Küchenmagd bleiben, sondern muss auch mal mit den Feinheiten der Kultur vertraut gemacht werden, findet Magier Dallben. Taran und Gurgi eskortieren das widerwillig an die Küste ziehende Frauenzimmer. Dort empfängt sie ein Schiff, das von einem tolpatschigen Prinzen namens Rhun kommandiert wird. Eigentlich ignoriert die Besatzung seine Befehle, aber den Prinzen ficht das nicht an. Er hat ein gesundes Selbstvertrauen. Er ist Taran auf Anhieb unsympathisch.

Nach einer stürmischen Überfahrt zur Insel Mona, dem heutigen Anglesey, kommen sie endlich im Schloss Dinas Rhydnant an, wo man sie sogleich neu einkleidet. Auch der Barde Flewdur Fflam ist hier, worüber sich zumindest Taran freut, denn der Sänger ist aus dem Haupthaus wegen schlechten Gesangs verbannt worden.

Der Schumacher stellt sich zu Tarans höchstem Erstaunen als der verkleidete Fürst Gwydion heraus. Er warnt Taran, dass das Leben der Prinzessin in Gefahr sei und seines, Tarans, wohl auch. Der Haushofmeister des Schlosses stehe in Diensten der vertriebenen Zauberin Achren (siehe „Buch der Drei“) und habe sicher üble Pläne.

Tatsächlich beobachten Taran und Gwydion den Haushofmeister Magg beim Geben eines Signals – mitten in der Nacht. Ein Schiff auf hoher See antwortet. Am nächsten Morgen sind Magg und Eilonwy wie vom Erdboden verschluckt, nachdem Taran auf seiner Wache kurz eingenickt war. Die Verfolgungsjagd der Gefährten, die in Begleitung Prinz Rhuns aufbrechen, ist zunächst erfolglos.

Nachdem sie einer Riesenkatze mit dem hübschen Namen Llyan ebenso wie einem Höhlenriesen namens Glew entkommen sind, setzen sie zum verfallenen Stammsitz des Hauses Llyn über. Dort wartet schon die Zauberin Achren auf sie, die Eilonwy in ihrer Gewalt hat. Gelingt es Achren, die Zaubermacht der Llyns in die Hand zu bekommen, würde das den Untergang Prydains bedeuten.

_Mein Eindruck_

Auch diesen 200-Seiten-Roman habe ich in nur wenigen Stunden lesen können, denn die Schrift ist groß, der Bilder sind viele und die Handlung ist flott erzählt. Zunächst erscheint das Buch wie ein Fliegengewicht gegenüber dem düsteren Band „Der schwarze Kessel“. Diesmal haben die Abenteuer mit Llyan und Glew einen grotesk-humorvollen Charakter. Zunächst sieht es nicht so aus, als hätten sie etwas mit der Entführung von Prinzessin Eilonwy zu tun, die dem Buch den Titel gibt.

|Nützliche Umwege|

Doch im Finale erweist sich, dass die bei der Verfolgungsjagd gemachten Erfahrungen und erworbenen Erkenntnisse über die Zaubermacht des Hauses Llyr von zentraler Bedeutung sind. Manchmal muss man eben einen Umweg machen, um zum Ziel zu gelangen. Und Prinz Rhun erweist sich bei dieser Gelegenheit als doch kein so großer Vollidiot, wie Taran zunächst angenommen hatte. Er und Eilonwy sollen heiraten, um über die Insel Mona zu herrschen. Das macht Taran natürlich eifersüchtig, denn er ist selbst der heißeste Verehrer der blonden Schönheit mit dem schnellen Mundwerk. Aber alles renkt sich wieder ein, wenn auch etwas anders als erwartet.

|Noch nützlichere Tiere|

Es ist immer wieder verblüffend, welch bedeutende Rolle Tiere in diesen Romanen haben. Diesmal ist es der Rabe Kaw, den Taran vom Zwerg Gwystyl („Der schwarze Kessel“) geschenkt bekommen hat, der sich als nützlicher Späher und eloquenter Auskunftgeber erweist. Dieser Vogel, der eine tiefe Zuneigung zu Taran gefasst hat, weist alle positiven Eigenschaften auf, die ihm die Legenden der Menschen zuschreiben.

Ganz anders dagegen die Riesenkatze Llyan. Sie ist das Ergebnis eines magischen Experiments, das der Riese Glew, ein echter Amateur in Sachen Wissenschaft, mit seinen Zaubertränken geschaffen hat. Leider fehlte es ihm dabei an Voraussicht, um die Folgen abzusehen. Jedenfalls musste er vor seinem Frankenstein-Geschöpf unter die Erde flüchten. Die Gefährten Tarans haben einen Heidenrespekt vor dem Riesenkater, doch der Zufall kommt ihnen zu Hilfe: Die Mieze reagiert auf Fflams Harfenklänge äußerst positiv und fängt schon bald zu schnurren an wie ein braves Kätzchen – Fflam, der moderne Orpheus. Später zeigt, wie nützlich anhängliche Tiere sein können.

_Unterm Strich_

Dieser dritte Band beginnt wie ein ganz gewöhnlicher Entführungsfall, doch die zahlreichen heiteren und erheiternden Zwischenfälle auf der Jagd nach der Gekidnappten stellen sich als durchaus hilfreich und keineswegs als vergeudete Zeit heraus. Das Finale lässt an Dramatik nichts zu wünschen übrig.

So, nun wissen wir zwar, von welch edler und magischer Abkunft die werte Prinzessin Eilonwy ist, aber Taran ist immer noch der Meinung, dass er ihr als Hilfsschweinehirt nicht das Wasser reichen kann. Das findet Eilonwy allerdings auch. Und deshalb ist es nun allerhöchste Eisenbahn, mehr über Tarans Herkunft herauszufinden. Das passiert im nächsten Band, der den Titel „Der Spiegel von Llunet“ trägt. Hoffentlich finden die beiden bald zueinander.

Alexander, Lloyd – Taran – Der schwarze Kessel

Dies ist der zweite Roman eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

_Der Autor_

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der US-amerikanische Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy-Geschichte für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen zu sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

Der |Taran|-Zyklus:

1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen

_Handlung_

Der Junge Taran lebt als Hilfsschweinehirt beim Schmied Coll und einem Magier namens Dallben. Der Magier hütet das magische „Buch der Drei“, das Taran nicht anfassen darf, selbst wenn der Zauberer, wie so oft, mal wieder schlafend meditiert.

Doch die friedliche Zeit, die auf das Ende seines ersten Abenteuers folgt, hat jäh ein Ende, als sich verschiedene hohe Herrschaften auf dem Gehöft von Dallben und Taran einfinden. Fürst Gwydion hat eine Ratsversammlung einberufen. Der Feldherr von Hochkönig Math fordert die anderen Fürsten auf, auf eine gefährliche Mission ins Reich Annuvin des Todesfürsten Arawn zu ziehen. Solange Arawn mit Hilfe des magischen schwarzen Kessels weiterhin Zombiekrieger erzeugen könne, werde Prydain nicht sicher sein vor seinem Angriff. Und in letzter Zeit sei Arawn dazu übergegangen, nicht nur Tote zu Kesselkriegern zu machen, sondern auch Lebende.

Auf dem Feldzug gerät Taran ständig mit dem hochmütigen Prinzen Ellidyr aneinander, der es wirklich auf den „Schweinejungen“ abgesehen hat. Und auch um den Feldzug ist es nicht gut bestellt, denn als Doli, der Zwerg, der sich unsichtbar machen kann, vom Dunklen Tor, dem Eingang zu Annuvis, zurückkehrt, erzählt er, dass der schwarze Kessel gar nicht dort sei, wo man ihn erwartet habe. Er ist weg!

Doch ein weiterer Zwerg namens Gwystyl beziehungsweise dessen Rabe Kaw wissen, wo der Kessel jetzt ist: in den Marschen von Morva. Und wer wohnt dort? Drei alte Weiber namens Orddur, Orgoch und Orwen, die über Zauberkräfte verfügen. Tarans Gefährten und er selbst entgehen nur dem traurigen Schicksal, gefressen oder als Kröten zertreten zu werden, da Taran erwähnt, dass er in der Obhut des Zauberers Dallben lebt. Die drei Hexen erinnern sich sehr gut an das Knäblein Dallben: Sie haben es selbst aufgezogen.

Zwar entdecken die Gefährten den schwarzen Kessel tatsächlich auf dem Grund und Boden der Hexen, doch das nützt ihnen gar nichts. Sie bekommen ihn nur gegen einen hohen Kaufpreis: Taran muss die Spange des Wissens hergeben, die ihm der Barde Adaon, der Sohn des Oberbarden Taliesin, in Verwahrung gegeben hatte.

Doch das ist noch gar nichts gegen den Preis, den der schwarze Kessel für seine Zerstörung fordert: Ein lebendiger Mensch muss freiwillig in den Kessel springen, dieser werde daraufhin zerbersten. Tatsächlich: Hämmer und Stangen richten gegen das magische Monstrum nichts aus, und so müssen ihn die Gefährten durch die Lande zu Fürst Gwydion schleppen, denn der werde schon Rat wissen.

Allerdings haben sie die Rechnung ohne den Ehrgeiz des Prinzen Ellidyr gemacht.

_Mein Eindruck_

Das Buch lässt sich ohne weiteres in nur fünf Stunden lesen, und doch hat der Leser das Gefühl, eine ausgewachsene, tiefgehende Geschichte erfahren zu haben. Das liegt daran, dass es hier nicht mehr darum geht, Wissen und Gefährten zu erwerben, um schließlich damit den eindeutig erkennbaren Gegner von der Gegenseite zu überwinden.

Diesmal sind die Gegner in den eigenen Reihen zu finden: falscher Ehrgeiz und mehrfacher Verrat vereiteln um ein Haar den Erfolg der Guten, die auf der Seite von Recht und Gesetz stehen; Fürst Arawn tritt überhaupt nicht in Erscheinung, allenfalls seine Häscher, die Kesselkrieger. Und so müssen schon bald die Besten dafür büßen, unter ihnen der kluge, seherisch begabte Adaon. Und obwohl er die nahe Zukunft kennt, überlässt er Taran die Entscheidung, wie man weitermachen will: zurück zu Fürst Gwydion oder doch in die Marschen von Morva?

Dieses Taran-Abenteuer ist sowohl sehr spannend als auch anrührend. Das Fazit, das Gwydion und Taran am Schluss ziehen, ist relativ niederschmetternd: Dies ist also die Welt eines Mannes, eine Welt aus Verrat, Blut, Niedertracht und falschem Ehrgeiz. Kann dies alles sein? Nicht wenn man dem Pfad der Ehre und der Wahrheit und der Liebe folgt.

Doch Liebe hat Taran noch nicht kennengelernt, allenfalls indirekt durch Adaon. Der war nämlich mit Prinzessin Arian Llyn verlobt, und das Unterpfand ihrer Liebe war eben jene Spange, die Taran für den Zauberkessel hergeben musste.

So erwirbt ein Symbol der Liebe ein Werk des Bösen, um dieses der Vernichtung zuführen zu können. Nur ein weiteres Opfer kann die Vernichtung vollbringen. Doch die Wahl des Freiwilligen fällt ganz anders aus als erwartet.

_Unterm Strich_

„Der schwarze Kessel“ ist ein spanenndes Abenteuer, das bereits mehrere unerwartete Wendungen in Tarans Entwicklung enthält und den Helden reifen lässt. Wir wissen immer noch nicht, wer er in Wahrheit ist: ein Findling, aufgezogen von einem anderen Findling, nämlich Dallben. Angesichts der Weisheit und Gerissenheit des Erzählers ist nun mit allem zu rechnen, wenn es in die nächsten drei Abenteuer geht (siehe oben).

Alexander, Lloyd – Taran – Die dunkle Seite der Macht

_Tarans Abenteuer im preiswerten Sammelband_

Dieser Sammelband umfasst die ersten drei Romane des fünfbändigen Fantasy-Zyklus um Taran, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

_Der Autor_

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Er arbeitete in den USA als Cartoonzeichner, Werbetexter, Grafiker, Übersetzer und Herausgeber einer Zeitung, bevor er begann, Bücher zu schreiben. Seine Bücher wurden vielfach preisgekrönt, die Romane um Taran unter anderem mit der Newbery Medal.

Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexanders Prydain-Zyklus mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

|Der Taran-Zyklus|

1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen

_Vorbemerkung_

Der erfundene Schauplatz ähnelt jenem mythischen Wales, das dem Fantasykenner aus der Geschichtensammlung des „Mabinogion“ aus dem 14. Jahrhundert bekannt ist. Doch die Legenden beruhen auf mündlich überlieferten Erzählungen, die weit älter sind und noch aus der keltischen Kultur kommen.

Insbesondere der vierte Zweig des Mabinogi mit dem Titel „Math Son of Mathonwy“ bietet zahlreiche Referenzen, die der Autor verwendet. Dazu gehört der gesamte Komplex, der mit dem Recken Gwydion und seinem Onkel Math in Caer Dathyl zu tun hat. Math herrscht über einen Großteil von Wales. Sein Widersacher ist Arawn, der Fürst der Unterwelt Annuvis. Leider macht der Autor aus den vielschichtigen Vorlagen zu den Figuren Gwydion und Arawn nur ein schwarz-weißes Paar aus Gut und Böse. Alexander vereinfacht, vielleicht zu Gunsten der kindlichen Verständnismöglichkeiten.

_Handlung von „Das Buch der Drei“_

Der Waisenjunge Taran lebt als Hilfsschweinehirt beim Schmied Coll und einem Magier namens Dallben. Der Magier hütet das titelgebende „Buch der Drei“, das Taran nicht anfassen darf, selbst wenn der Zauberer, wie so oft, mal wieder schlafend meditiert.

Der Findling Taran kennt seine Eltern nicht, was schon mal ein gutes Zeichen ist: So fangen Heldengeschichten an. Er denkt sich aber nichts dabei. Doch seine Aufgabe als Hirt der Schweine stellt sich plötzlich als ziemlich wichtig heraus, denn Hen Wen, das weiße Hauptschwein, ist ein Orakel, wie er zu seiner größten Verblüffung erfährt. Auf seiner Jagd hinter dem ausgebrochenen Schwein her gerät er tief in den Wald, stößt auf den bösen gehörnten König, wird aber von einem unscheinbaren Waldläufer vor dem Tod bewahrt.

Der Waldläufer entpuppt sich als Fürst Gwydion, der mindestens so berühmt ist wie der Hochkönig und der böse König der Anderswelt Anuvis, Arawn. Und der freundliche Gwydion klärt Taran auf, was es mit dem Orakelschwein Hen Wen auf sich hat und was er selbst, so fern von seiner heimatlichen Burg, im Wald zu suchen hat. Im schönen Prydain (= Britannien) sind die Zeiten rau geworden und es braut sich etwas zusammen.

Ein kleines Waldwesen namens Gurgi weist ihnen den weiteren Weg. Sie stoßen zwar nicht auf das Schwein, doch auch der Anblick des Heerlagers des Gehörnten Königs verschlägt ihnen den Atem: Hier sammelt sich eine Armee, um Prydain zu überfallen und alle zu unterjochen. Sogar untote Krieger sind zu sehen, und von denen werden die beiden Neugierigen gefangen genommen.

Wider Erwarten landen sie nicht bei dem beobachteten Heer, sondern im Schloss der Zauberin Achren, deren verführerische Schönheit Taran zunächst betört. Wenig später findet er sich eingesperrt in einer Kerkerzelle wieder. Er hat schon mit dem Leben abgeschlossen, als ihm eine goldene Kugel durchs Fenster vor die Füße fällt und eine Mädchenstimme ihn auffordert, ihr den leuchtenden Ball zurückzugeben. Es ist die geschwätzige und aufgeweckte Eilonwy, die ehrliche Nichte der bösen Zauberin. Sie kennt nicht nur den Weg aus Tarans Gefängnis, sondern auch den zu seinem Herzen.

Aber das ahnen beide noch nicht, doch es wird ihnen rechtzeitig auffallen, dass sie füreinander bestimmt sind. Doch was wird aus Prydain, das von der Bedrohung nichts ahnt?

_Mein Eindruck_

Insgesamt bietet dieser erste Band von Tarans Abenteuern ein enorm hohes Maß an kuriosen Einfällen und sehr viel Kurzweil für junge Leser. Die Action ist nicht zu brutal und keiner der Gefährten Tarans muss sterben oder ein größeres Opfer bringen. Das ändert sich in den Folgebänden. Vielmehr scheint Taran hier auf einer Art Einkaufstour für nette Gefährten zu sein, mit denen er sämtliche Fährnisse überwinden und den gehörnten König besiegen kann.

_Handlung von „Der schwarze Kessel“_

Doch die friedliche Zeit, die auf das Ende seines ersten Abenteuers folgt, hat jäh ein Ende, als sich verschiedene hohe Herrschaften auf dem Gehöft von Dallben und Taran einfinden. Fürst Gwydion hat eine Ratsversammlung einberufen. Der Feldherr von Hochkönig Math fordert die anderen Fürsten auf, auf eine gefährliche Mission ins Reich Annuvin des Todesfürsten Arawn zu ziehen. Solange Arawn mit Hilfe des magischen schwarzen Kessels weiterhin Zombiekrieger erzeugen könne, werde Prydain nicht sicher sein vor seinem Angriff. Und in letzter Zeit sei Arawn dazu übergegangen, nicht nur Tote zu Kesselkriegern zu machen, sondern auch Lebende.

Auf dem Feldzug gerät Taran ständig mit dem hochmütigen Prinzen Ellidyr aneinander, der es wirklich auf den „Schweinejungen“ abgesehen hat. Und auch um den Feldzug ist es nicht gut bestellt, denn als Doli, der Zwerg, der sich unsichtbar machen kann, vom Dunklen Tor, dem Eingang zu Annuvis, zurückkehrt, erzählt er, dass der schwarze Kessel gar nicht dort sei, wo man ihn erwartet habe. Er ist weg!

Doch ein weiterer Zwerg namens Gwystyl beziehungsweise dessen Rabe Kaw wissen, wo der Kessel jetzt ist: in den Marschen von Morva. Und wer wohnt dort? Drei alte Weiber namens Orddur, Orgoch und Orwen, die über Zauberkräfte verfügen. Tarans Gefährten und er selbst entgehen nur dem traurigen Schicksal, gefressen oder als Kröten zertreten zu werden, als Taran erwähnt, dass er in der Obhut des Zauberers Dallben lebt. Die drei Hexen erinnern sich sehr gut an das Knäblein Dallben: Sie haben es selbst aufgezogen.

Zwar entdecken die Gefährten den schwarzen Kessel tatsächlich auf dem Grund und Boden der Hexen, doch das nützt ihnen gar nichts. Sie bekommen ihn nur gegen einen hohen Kaufpreis: Taran muss die Spange des Wissens hergeben, die ihm der Barde Adaon, der Sohn des Oberbarden Taliesin, in Verwahrung gegeben hatte.

Doch das ist noch gar nichts gegen den Preis, den der schwarze Kessel für seine Zerstörung fordert: Ein lebendiger Mensch muss freiwillig in den Kessel springen, dieser werde daraufhin zerbersten. Tatsächlich: Hämmer und Stangen richten gegen das magische Monstrum nichts aus, und so müssen ihn die Gefährten durch die Lande zu Fürst Gwydion schleppen, denn der werde schon Rat wissen.

Allerdings haben sie die Rechnung ohne den Ehrgeiz des Prinzen Ellidyr gemacht.

_Mein Eindruck_

Diesmal sind die Gegner Tarans und Fürst Gwydions in den eigenen Reihen zu finden: falscher Ehrgeiz und mehrfacher Verrat vereiteln um ein Haar den Erfolg der Guten, die auf der Seite von Recht und Gesetz stehen, Fürst Arawn tritt überhaupt nicht in Erscheinung, allenfalls seine Häscher, die Kesselkrieger. Und so müssen schon bald die Besten dafür büßen, unter ihnen der kluge, seherisch begabte Adaon. Und obwohl er die nahe Zukunft kennt, überlässt er Taran die Entscheidung, wie man weitermachen will: zurück zu Fürst Gwydion oder doch in die Marschen von Morva?

Dieses Taran-Abenteuer ist sowohl sehr spannend als auch anrührend. Das Fazit, das Gwydion und Taran am Schluss ziehen, ist relativ niederschmetternd: Dies ist also die Welt eines Mannes, eine Welt aus Verrat, Blut, Niedertracht und falschem Ehrgeiz. Kann dies alles sein? Nicht wenn man dem Pfad der Ehre und der Wahrheit und der Liebe folgt.

Doch Liebe hat Taran noch nicht kennen gelernt, allenfalls indirekt durch Adaon. Der war nämlich mit Prinzessin Arian Llyn verlobt, und das Unterpfand ihrer Liebe war eben jene Spange, die Taran für den Zauberkessel hergeben musste.

So erwirbt ein Symbol der Liebe ein Werk des Bösen, um dieses der Vernichtung zuführen zu können. Nur ein weiteres Opfer kann die Vernichtung vollbringen. Doch die Wahl des Freiwilligen fällt ganz anders aus als erwartet.

„Der schwarze Kessel“ ist ein spannendes Abenteuer, das bereits mehrere unerwartete Wendungen in Tarans Entwicklung enthält und den Helden reifen lässt. Wir wissen immer noch nicht, wer er in Wahrheit ist: ein Findling, aufgezogen von einem anderen Findling, nämlich Dallben.

_Handlung von „Die Prinzessin von Llyr“_

Diesmal dreht sich alles um Prinzessin Eilonwy, Tochter von Angharad aus dem Hause Llyr, einer Sippe von Zauberinnen. Seit dem ersten Abenteuer in „Das Buch der Drei“ wissen wir, dass Eilonwy ein besonderes Spielzeug hat: eine goldene Kugel, die in ihrer Hand leuchten kann. Welche Bewandtnis es damit auf sich hat, wird uns in diesem Band nun enthüllt.

Aber warum sollte Eilonwy überhaupt das heimelige Caer Dallben verlassen? Nun ja, sie kann ja nicht ewig eine schwertschwingende Küchenmagd bleiben, sondern muss auch mal mit den Feinheiten der Kultur vertraut gemacht werden, findet Magier Dallben. Taran und Gurgi eskortieren das widerwillig an die Küste ziehende Frauenzimmer. Dort empfängt sie ein Schiff, das von einem tolpatschigen Prinzen namens Rhun kommandiert wird. Eigentlich ignoriert die Besatzung seine Befehle, aber den Prinzen ficht das nicht an. Er hat ein gesundes Selbstvertrauen. Er ist Taran auf Anhieb unsympathisch.

Nach einer stürmischen Überfahrt zur Insel Mona, dem heutigen Anglesey, kommen sie endlich im Schloss Dinas Rhydnant an, wo man sie sogleich neu einkleidet. Auch der Barde Flewdur Fflam ist hier, worüber sich zumindest Taran freut, denn der Sänger ist aus dem Haupthaus wegen schlechten Gesangs verbannt worden.

Der Schumacher stellt sich zu Tarans höchstem Erstaunen als der verkleidete Fürst Gwydion heraus. Er warnt Taran, dass das Leben der Prinzessin in Gefahr sei und seines, Tarans, wohl auch. Der Haushofmeister des Schlosses stehe in Diensten der vertriebenen Zauberin Achren (siehe „Buch der Drei“) und habe sicher üble Pläne.

Tatsächlich beobachten Taran und Gwydion den Haushofmeister Magg beim Geben eines Signals – mitten in der Nacht. Ein Schiff auf hoher See antwortet. Am nächsten Morgen sind Magg und Eilonwy wie vom Erdboden verschluckt, nachdem Taran auf seiner Wache kurz eingenickt war. Die Verfolgungsjagd der Gefährten, die in Begleitung Prinz Rhuns aufbrechen, ist zunächst erfolglos.

Nachdem sie einer Riesenkatze mit dem hübschen Namen Llyan ebenso wie einem Höhlenriesen namens Glew entkommen sind, setzen sie zum verfallenen Stammsitz des Hauses Llyn über. Dort wartet schon die Zauberin Achren auf sie, die Eilonwy in ihrer Gewalt hat. Gelingt es Achren, die Zaubermacht der Llyns in die Hand zu bekommen, würde das den Untergang Prydains bedeuten.

_Mein Eindruck_

Die Handlung ist flott erzählt. Dieser dritte Band beginnt wie ein ganz gewöhnlicher Entführungsfall, doch die zahlreichen heiteren und erheiternden Zwischenfälle auf der Jagd nach der Gekidnappten stellen sich als durchaus hilfreich und keineswegs als vergeudete Zeit heraus. Das Finale lässt an Dramatik nichts zu wünschen übrig.

Zunächst erscheint das Buch wie ein Fliegengewicht gegenüber dem düsteren Band „Der schwarze Kessel“. Diesmal haben die Abenteuer mit Llyan und Glew einen grotesk-humorvollen Charakter. Zunächst sieht es nicht so aus, als hätten sie etwas mit der Entführung von Prinzessin Eilonwy zu tun, die dem Buch den Titel gibt.

|Nützliche Umwege|

Doch im Finale erweist sich, dass die bei der Verfolgungsjagd gemachten Erfahrungen und erworbenen Erkenntnisse über die Zaubermacht des Hauses Llyr von zentraler Bedeutung sind. Manchmal muss man eben einen Umweg machen, um zum Ziel zu gelangen. Und Prinz Rhun erweist sich bei dieser Gelegenheit als doch kein so großer Vollidiot, wie Taran zunächst angenommen hatte. Er und Eilonwy sollen heiraten, um über die Insel Mona zu herrschen. Das macht Taran natürlich eifersüchtig, denn er ist selbst der heißeste Verehrer der blonden Schönheit mit dem schnellen Mundwerk. Aber alles renkt sich wieder ein, wenn auch etwas anders als erwartet.

|Noch nützlichere Tiere|

Es ist immer wieder verblüffend, welch bedeutende Rolle Tiere in diesen Romanen haben. Diesmal ist es der Rabe Kaw, den Taran vom Zwerg Gwystyl („Der schwarze Kessel“) geschenkt bekommen hat, der sich als nützlicher Späher und eloquenter Auskunftgeber erweist. Dieser Vogel, der eine tiefe Zuneigung zu Taran gefasst hat, weist alle positiven Eigenschaften auf, die ihm die Legenden der Menschen zuschreiben.

Ganz anders dagegen die Riesenkatze Llyan. Sie ist das Ergebnis eines magischen Experiments, das der Riese Glew, ein echter Amateur in Sachen Wissenschaft, mit seinen Zaubertränken geschaffen hat. Leider fehlte es ihm dabei an Voraussicht, um die Folgen abzusehen. Jedenfalls musste er vor seinem Frankenstein-Geschöpf unter die Erde flüchten. Die Gefährten Tarans haben einen Heidenrespekt vor dem Riesenkater, doch der Zufall kommt ihnen zu Hilfe: Die Mieze reagiert auf Fflams Harfenklänge äußerst positiv und fängt schon bald zu schnurren an wie ein braves Kätzchen – Fflam, der moderne Orpheus. Später zeigt sich, wie nützlich anhängliche Tiere sein können.

_Unterm Strich_

So, nun wissen wir zwar, von welch edler und magischer Abkunft die werte Prinzessin Eilonwy ist, aber Taran ist immer noch der Meinung, dass er ihr als Hilfsschweinehirt nicht das Wasser reichen kann. Das findet Eilonwy allerdings auch. Und deshalb ist es nun allerhöchste Eisenbahn, mehr über Tarans Herkunft herauszufinden. Das passiert im nächsten Band, der den Titel „Der Spiegel von Llunet“ trägt. Hoffentlich finden die beiden bald zueinander.

Kinder und Erwachsene erwarten sich von diesem Fantasybuch sicher ganz unterschiedliche Dinge. Ein Erwachsener würde zum Beispiel fragen: Erfährt man vielleicht etwas über die detaillierte Geschichte Prydains? Mitnichten. Nur die groben Grundzüge, das war’s dann auch schon. Dieses Britannien muss man also bereits aus den Geschichtsbüchern kennen. Man sieht also: Vor allem Kinder ab 10 Jahren und Jugendliche werden vollauf mit dem Buch zufrieden gestellt, Erwachsene werden sich stets ein wenig mehr von diesem oder jenem wünschen.

Ich finde die Titelillustration dieses Bandes viel zu düster. Der bedrohlich aussehende Krieger mit dem blöden Hirschgeweih am Helm soll wohl den Dunklen Herrscher von Annwyn darstellen. Nun ja, er tritt in den ersten drei Bänden nicht allzu häufig auf, im dritten überhaupt nicht. Das Bild dürfte Kinder und Jugendliche, an die sich das Buch wendet, abschrecken, und das finde ich sehr schade.

|Zur Übersetzung|

Machte in den ersten beiden Bänden Otfried Preußler einen ausgezeichneten Job, so schrieb Roland Vocke den 3. Band zu einem zeitgenössischen Kindermärchen um, was an sich schon recht fragwürdig war. Aus einem literarischen Meisterwerk wurde eine 08/15-Story.

Diese Ausgabe löst die ältere deutsche Ausgabe aus den achtziger Jahren ab. Eine Aussprachehilfe für die walisischen Namen wäre aber hilfreich gewesen. So etwa wird das „w“ als „u“ ausgesprochen und ein Doppel-L als „chl“, ein „ch“ aber als „k“. Das könnte etwas verwirren.

|Hinweis zur Fortsetzung|

Der Sammelband, der die zwei Fortsetzungen enthält, trägt den Titel „Taran – Die Reise zum Drachenberg“ und hat die ISBN 3-570-13197-1.

|Taran 1-3, 1964-66
542 Seiten
Aus dem US-Englischen von Otfried Preußler (1+2) und Roland Vocke (3)|

Alexander, Lloyd – Bettlerkönigin, Die (Westmark-Trilogie 3)

_Spannend: Der Aufstand einer Stadt_

Die Westmark-Trilogie in nach den „Prydain-Chroniken“ um Taran ein weiterer interessanter Zyklus von Lloyd Alexander. Die Neuausgabe erscheint bei |Bastei Lübbe| in einer schönen Aufmachung im Taschenbuchformat. Der Schauplatz ist diesmal nicht ein Fantasy-Wales aus grauer Vorzeit, sondern eher das 17. oder 18. Jahrhundert irgendwo in Europa. „Die Bettlerkönigin“ setzt das Geschehen aus „Der Turmfalke“ direkt fort.

Die Invasion von Westmark beginnt zwei Jahre nach der Niederlage Regias – und hat einen vollen Erfolg zu verzeichnen. Cabbarus, der Ex-Tyrann, errichtet mit seinem „Direktorat“ erneut ein Unrechts-Regime, und die bisherigen Politiker müssen in den Untergrund gehen.

_Der Autor_

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“, des Taran-Zyklus‘. Ähnlich wie bei Tolkien, der mit [„The Hobbit“ 481 (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen sprechen zu kommen.

Die Westmark-Trilogie, die der |Bastei-Lübbe|-Verlag mit „Der Setzerjunge“ beginnt, ist ebenso abenteuerlich, hat aber weitaus mehr politische Untertöne: Sie spielt in einem Phantasieland, das auf dem technischen Stand des 17. bis 18. Jahrhunderts ist und über ein Feudalsystem beherrscht wird. Der erste Band wurde laut Verlag mit dem |American Book Award| ausgezeichnet.

Die Westmark-Trilogie:
1. Der Setzerjunge (09/2004)
2. Der Turmfalke (01/2005)
3. Die Bettlerkönigin (02/2005)

_Vorgeschichte_

Im Band „Der Setzerjunge“ gelang dem Freundespaar Theo, dem Setzerjunge, und Bohnenstange, der verloren gegangenen Prinzessin Augusta, die Palastrevolution. Sie ist mittlerweile die Thronfolgerin und er der designierte Prinzgemahl. Sobald Augustas Vater, der König, gestorben ist, werden sie zusammen das Königreich Westmark regieren. Die Prinzessin gibt Theo den Auftrag, das Land erkunden, um herauszufinden, wie die Dinge dort stehen. Sie will nämlich das Land reformieren.

Bekanntlich stieß Theo dabei auf eine Invasionsarmee aus dem Nachbarkönigreich Regia. Er schloss sich den Rebellen unter Florian und Justin an. Nach Monaten des Kampfes stieg er zum grausamen Oberst Turmfalke auf und beging dabei sogar den Fehler, seiner Geliebten, die sich verkleidet hatte, eine Kugel in den Leib zu jagen. Er hatte sie nicht erkannt. Als er seinen Fehler realisierte, hasste er sich selbst dafür. Man machte ihn dennoch, mit Bohnenstanges Einwilligung, zu einem der drei Konsuln, die von nun an Westmark regieren würden: Theo, Florian und Justin bilden ein Triumvirat wie zu Zeiten der römischen Republik.

Doch der alte Gegenspieler Cabbarus, einst der Oberste Minister am Hofe König Augustins, ist keineswegs tot, sondern vielmehr quicklebendig. Und er will „sein“ Land zurück.

_Handlung_

Alles beginnt sehr langsam in diesem Band. Nach ihrem Sieg über Regia vor zwei Jahren freuen sich die Bewohner von Westmark über ihre Freiheit. Doch Theo, dem ehemaligen Setzerjungen und nachmaligen Oberst Turmfalke, ist nun einer von drei Konsuln, die das Land im Namen von Königin Augusta regieren. Augusta ist Theo länger und besser bekannt als seine Verlobte Bohnenstange („Mickle“ im Original, s.o.). Doch wie schon beim altrömischen Vorbild des republikanischen Triumvirats (Cäsar, Pompeius und Marcus Crassus) ist es mit der Einigkeit der Konsuln nicht weit her. Justin hat sich mit seinen Männern abgesetzt und führt irgendetwas im Schilde. Nur Theo und Florian vertragen sich noch.

Doch eines Tages bemerkt Theo zu seiner Beunruhigung, dass Cabbarus’ Spion Skeit in Marianstat, der Hauptstadt Westmarks, sein Unwesen treibt. Cabbarus ist der nach Regia vertriebene ehemalige Oberste Minister König Augustins. Theo hatte ihn beim Sturz seiner Schreckensherrschaft (in „Der Setzerjunge“) am Leben gelassen, so dass der Tyrann fliehen konnte. Bedeutet die Präsenz Skeits, dass Cabbarus zurückkehren will? Theo schickt Wiesel, einen Waisenjungen mit großen Verdiensten, aus, um Neuigkeiten darüber zu sammeln.

Unterdessen bereitet Fürst Konrad, der Onkel des gegenwärtigen Königs von Regia, Konstantins IX., die Rückkehr Cabbarus’ nach Westmark vor. Unterstützung erhält Cabbarus’ Invasionsflotte von Söldnern des Sultans von Ankar. Fürst Konrad will zudem verhindern, dass sich der 18-jährige König seiner Sympathien für die Königin von Westmark erinnert und der erneuten Invasion Widerstand entgegensetzt. Solche Sentimentalitäten können wirklich hinderlich sein. Fürst Konrad beauftragt einen treuen Wildhüter namens Pankratz mit der Ermorderung der lästigen Majestät …

Marianstat. Wiesel hat etwas herausgefunden. Er ist Skeit gefolgt – durch die Gassen zum Hafen, weiter ins Schilf des Flusses Vespera, und dann noch weiter zu einer Insel mit einem alten verlassenen Leuchtturm darauf. Was hat der Spion dort verloren? Wiesel schleicht ihm nach. Er bemerkt Signale …

Plötzlich bemerkt man in der Stadt ein großes Feuer auf der Spitze des Leuchtturms. Ein unbekanntes Segelschiff, nein zwei, steuern die Vespera herauf. Sie öffnen ihre Kanonenluken und feuern eine Breitseite nach der anderen in die Lagerhäuser und Docks des Hafens. Dann auch in die Stadt selbst. Die Invasion hat begonnen.

Dann kommt die Nachricht, im Palast Juliana habe die Wache gemeutert. Theo ist entsetzt: Man will offenbar die Königin verhaften! Er eilt hin, um ihr beizustehen. Doch Bohnenstange, die Bettlerkönigin, weiß sich durchaus selbst zu helfen.

_Mein Eindruck_

Dies ist der angeblich krönende, „phänomenale Höhepunkt“ der Trilogie um Theo, den Setzerjungen, und das Königreich Westmark. Ich fand den Band nicht so berauschend, doch es muss wohl daran gelegen haben, dass ich zurzeit mehr für handfeste Science-Fiction-Themen zu haben bin als für historische Fantasy.

Es gibt aber ein paar Faktoren im Aufbau des Romans selbst, die für wenig Lesefreude sorgen. Da sind zum einen die innenpolitischen Querelen unter den Konsuln, die nur Leser interessieren, die ein Gespür für Politik haben. Die Schilderungen sind sicherlich realistisch, aber leider auch wenig interessant. Und unser sympathischer Theo findet kein Mittel, um diese Querelen für sich zu entscheiden. Es gibt weder Harmonie – wie sie in der Fantasy immer angestrebt wird – noch einen Sieg für Theo. Das ist relativ frustrierend und zieht sich obendrein auch noch bis zum Ende des zweiten Drittels hin.

|Der Plan|

Stattdessen kommt alles ganz anders, und das hat dann schon wieder eine Art von Ironie für sich. Westmark ist von Cabbarus’ Ankari-Söldnern besetzt und einer Terrorherrschaft unterworfen worden. Die Untergrundkämpfer, die Theo mit Bohnenstange in Marianstat befehligt, scheinen aber nichts ausrichten zu können. Erst in der Stunde der Entscheidung wollen Justins Truppen ebenso wie der aus dem Exil zurückkehrende Rebell Florian gemeinsam den Angriff unternehmen, der die Besatzungstruppen hinwegfegen soll.

|Aufstand einer Stadt|

So weit der Plan. Leider wird nichts daraus. Denn plötzlich entwickelt die Stadtbevölkerung eine gewisse Initiative, um sich gegen die Repressalien zur Wehr zu setzen. Bürger Wiesel, wie man den Journalistenlehrling nun nennt, errichtet nach allen Regeln der Kunst eine Barrikade. So etwas hat es in Marianstat noch nie gegeben. Dennoch erkennen die anderen Bürger die Vorteile einer solchen Konstruktion auf Anhieb. Man kann sich dahinter verschanzen und gleichzeitig auf den anrückenden Gegner feuern – oder Steine werfen – oder mit Schießpulver gefüllte Flaschen werfen …

Der nun folgende Straßenkampf hat sein Vorbild in zahllosen historisch verbürgten Aufständen. Die bekanntesten davon dürften im Jahr 1848 überall in Westeuropa zu finden sein, sei es in Paris, in Baden oder sonstwo. Leider wurden alle Aufstände der bürgerlichen Revolutionäre niedergeschlagen. Im Gegensatz dazu gelingt der Aufstand von Marianstat, allerdings auch nur durch ein paar glückliche Zufälle. Gegen Kanonen richten nämlich Barrikaden reichlich wenig aus.

|Showdown|

Man kann sich leicht vorstellen, dass es in diesem bürgerlichen Aufstand wirklich drunter und drüber geht. Die Anführer des Aufstandes, Theo und Bohnenstange, werden zudem ein- oder zweimal gefangen genommen. Wie in jedem anständigen Fantasyroman findet nämlich die finale Konfrontation, vulgo „Showdown“ genannt, stets Aug in Aug mit dem Bösewicht statt. Und dafür müssen die beiden Helden erst einmal in den Palast gebracht werden. Am besten als Gefangene. Allerdings gibt es in dieser entscheidenden Szene für den schon triumphierenden und sich generös gebenden Tyrannen gleich zwei unangenehme Überraschungen. Eine betrifft sein Überleben …

Das letzte Drittel rettet die Geschichte vor dem Versanden in Streitigkeiten und Belanglosigkeiten. Wahrscheinlich hat der Autor das Buch überhaupt geschrieben, um diese Szenen erzählen zu können. Aus dem politischen Blickwinkel betrachtet, hat er absolut Recht. Es sind nicht die Rebellenführer und auch nicht die Königin, die über Westmark herrschen sollen, sondern die Marianstat-Bürger nehmen ihr politisches Schicksal selbst in die Hand. Wenn sie die demokratische Republik haben wollen, müssen sie diese erkämpfen und die Vertreter der Monarchie vertreiben. Was sogleich erfolgt. Bohnenstange hielt sowieso nicht viel von dem Job als Landesfürstin. Viel lieber ist sie mit ihrem nunmehr Ehegatten genannten Theo zusammen und auf Reisen in fernen Ländern.

|Fantasy? Welche Fantasy?|

Der Leser darf sich zu Recht fragen, warum dieser Jugendroman in einer Fantasyreihe erscheint. Es sind nämlich weder Zauberer noch Ritter noch irgendwelche Wunderwesen aufgetreten. Aber wenigstens gibt es einen – nicht ganz genau definierten – kulturellen und geschichtlichen Hintergrund, der wie für ein Märchen geschaffen ist. Der Schauplatz könnte irgendwo in den USA oder in Westeuropa liegen. Die Namen sind englisch, französisch, sogar deutsch und italienisch. Es ist eine Schnittmenge, die sich der Autor aus dem 18. Jahrhundert zusammengesucht hat. Der Vorteil für den jungen amerikanischen Leser: Er braucht sich nicht in der verworrenen Geschichte Europas auszukennen, um das Buch verstehen zu können, bekommt aber dennoch einen zutreffenden Eindruck davon, wie es damals zuging.

|Humor|

In dem Mittelband „Der Turmfalke“ konnten wir noch über die beiden Wasserratten Spatz (weiblich) und Wiesel (ihr Bruder) lächeln. Ihre Naivität war einfach goldig und warf ein ironisch-kritisches Licht auf so manche Sache, die man in Krieg und Politik als gegeben und notwendig hinnimmt.

Diese Naivität haben sie nun verloren und der Humor ist nicht mehr goldig. Wiesel organisiert eine Widerstandsgruppe, die als „die Irregulären“ bezeichnet werden. Darüber kann man noch schmunzeln, doch Theo, der ihnen in die Hände fällt, überlegt sich das Lächeln sicher zweimal. So eine Mistgabel als Waffe kann ziemlich gesundheitsschädliche Löcher in den Leib stanzen.

Mit den Figuren Musketen, dem Zwerg, Las Bombas, dem Dokumente fälschenden Fettwanst, dem dandyhaften Revolutionär „Verkündigung“ und dem alternden Journalisten Keller, dem Verfasser eines aufrüherischen Blattes namens „Der alte Kasperl“, trägt der Autor einige erheiternde Elemente zu seinem Geschichtengewebe bei. Sie sorgen für Abwechslung, Lebhaftigkeit, lustige Szenen und ein wenig Glaubwürdigkeit – warum soll ein Aufstand immer nur von den Rädelsführern geleitet werden? Andere Leute sind ja genauso wichtig, und die Rädelsführer – Theo, Bohnenstange und Konsorten – erweisen sich als keineswegs allwissend. Sonst hätte man sie nicht so leicht geschnappt, oder?

|Das Titelbild|

… zeigt ein Boot mit Pilgern, von denen der vorderste einen Stab emporhält, der mit einem blumenförmigen Kreuz geschmückt ist. Leider ist nicht zu erkennen, was denn hiermit gegrüßt oder geehrt werden soll. Es könnte sich aber in den Höhlen zwischen den Wurzeln der gigantischen Bäume verbergen.

Überhaupt ist die ganze Szene totale Fantasy. Die Vegetation ist anscheinend tropisch bis subtropisch, mit Palmen im Hintergrund und üppiger Vegetation im Vordergrund, wo sogar zwei Libellen durch die Szene flattern. Trotzdem tragen die vier Männer derart schwere Umhänge, als ginge es auf eine Kreuzfahrt zu den Äußeren Hebriden westlich von Schottland. Deshalb dürften sie kräftig ins Schwitzen kommen.

|Die Übersetzung|

… ist einwandfrei, denn nun ist Rainer Schumacher, der bisherige Trilogie-Übersetzer, ins Lektorat gewechselt. Axel Franken, sein Nachfolger, macht einen guten Job, und die paar Flüchtigkeitsfehler kann man leicht verschmerzen.

|Hinweis|

Im Klappentext ist den Marketingtextern ein Fehler unterlaufen, der beim Leser Verwirrung stiftet. Da ist auf einmal die Rede von einer Königin namens „Mickle“. Der Leser der Trilogie dürfte sich fragen, woher die denn kommt. Nach ein wenig Überlegen kommt man darauf, dass dies die Originalform der Übersetzung „Bohnenstange“ sein muss.

_Unterm Strich_

In den „Chroniken von Prydain“ siedelte der Autor seine humorvollen Helden-Geschichten noch im mythisch-überzeitlichen Raum an. In der Westmark-Trilogie verlegt er den Schauplatz der Story in den geschichtlichen Raum, obwohl weder Zeit noch Ort ganz genau festzumachen sind. Wozu andere Kriegsbuchautoren sechshundert oder noch mehr Seiten brauchen, das schafft Alexander mit nur jeweils 270 bis 290 Seiten: eine spannende Handlung mit interessanten, sich entwickelnden Figuren zu erzählen und dabei jede Menge kluger, wenn auch bitterer Erkenntnisse über Krieg, Rebellen, Politik und Wahrheit einfließen zu lassen.

Diese Kombination hat mich überzeugt, die Westmark-Trilogie weiterzuempfehlen. Die Leser sollten mindestens 14 Jahre alt sein, denn es geht mitunter doch recht blutig zu. Im letzten Band stellt der Autor eine Revolution vor, die in einer Stadt konzentriert ist. Die historischen Vorbilder findet man am ehesten im Jahr 1848 sowie in diversen Aufständen gegen Invasionstruppen. Mir fällt dazu das berühmte Gemälde ein, auf dem die spanischen Widerstandskämpfer von Truppen Napoleons exekutiert werden. Das war so um 1808.

Dem Autor gelingt es, diese doch ernsten Ereignisse lebhaft und menschlich anrührend zu schildern. Ganz davon abgesehen, kommen einige spannende Momente hinzu, so etwa, wenn die Rädelsführer gefangen genommen werden. Die Folter selbst zu zeigen, davor schreckt der Autor allerdings zurück. Es reicht dem Leser völlig, die Folgen der Tortur an Theos Körper zu zeigen. Wenn dies Fantasy ist, so ist sie stellenweise verdammt realistisch. Ich wundere mich, dass Lloyd Alexander nicht dafür bekannt ist, historische Romane zu schreiben. Man kennt ihn nur für seine Taran-Romane.

|Originaltitel: The beggar queen, 1984
286 Seiten
Aus dem US-Englischen von Axel Franken|

Alexander, Lloyd – Turmfalke, Der (Westmark-Trilogie 2)

_Krieg ist wie Picknick, nur länger_

Die Westmark-Trilogie in nach den „Prydain-Chroniken“ um Taran ein weiterer interessanter Zyklus von Lloyd Alexander. Die Neuausgabe erscheint bei |Bastei Lübbe| in einer schönen Aufmachung im Taschenbuchformat. Der Schauplatz ist diesmal nicht ein Fantasy-Wales aus grauer Vorzeit, sondern eher das 17. oder 18. Jahrhundert irgendwo in Europa. „Der Turmfalke“ setzt das Geschehen aus „Der Setzerjunge“ direkt fort.

Theo reist im Auftrag der neuen Königin Augusta durch das Königreich Westmark und lernt viel Neues über das Land. Die Armen werden von den Adligen ausgebeutet. Zwei Dinge überraschen ihn: ein Pistolenschuss, der seine Brust trifft – und der Ausbruch des Krieges mit dem Nachbarkönigreich Regia.

_Der Autor_

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“, des Taran-Zyklus‘. Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen sprechen zu kommen.

Die Westmark-Trilogie, die der |Bastei-Lübbe|-Verlag mit „Der Setzerjunge“ beginnt, ist ebenso abenteuerlich, hat aber weitaus mehr politische Untertöne: Sie spielt in einem Phantasieland, das auf dem technischen Stand des 17. bis 18. Jahrhunderts ist und über ein Feudalsystem beherrscht wird. Der erste Band wurde laut Verlag mit dem |American Book Award| ausgezeichnet.

Die Westmark-Trilogie:
1. [Der Setzerjunge 760 (09/2004)
2. Der Turmfalke (01/2005)
3. Die Bettlerkönigin (02/2005)

_Handlung_

Im Vorgängerband gelang dem Freundespaar Theo, dem Setzerjungen, und Bohnenstange, der verloren gegangenen Prinzessin Augusta, die Palastrevolution. Sie ist mittlerweile die Thronfolgerin und er der designierte Prinzgemahl. Sobald Augustas Vater, der König, gestorben ist, werden sie zusammen das Königreich Westmark regieren. Die Prinzessin gibt Theo den Auftrag, das Land erkunden, um herauszufinden, wie die Dinge dort stehen. Sie will nämlich das Land reformieren.

Nun hat sich Theo umgesehen, und sein Fazit fällt ziemlich negativ aus. Die korrupten und moralisch verkommenen Adligen nutzen ihre in Generationen erworbenen oder geraubten Privilegien dazu aus, die eh schon arme Landbevölkerung noch weiter auszubeuten. Was Theo nicht ahnt: Augusta will diese Privilegien in Rechte auf gesetzlicher Grundlage umwandeln, aber das hat Adlige wie den Baron Montmollin in das feindliche Lager getrieben.

Montmollin und der Oberbefehlshaber des Heeres haben sich mit dem Königreich Regia verbündet, um Westmark zu erobern und ihre Machtstellung dort auszubauen. Herzog Konrad von Regia ist nur zu gern dazu bereit. Sobald er Westmark in der Hand hat, wird er die Verräter aufknüpfen lassen. Schließlich kann man ihnen nicht vertrauen, oder? Der junge König von Regia, Konstantin, wird nicht nach seiner Meinung gefragt. Er findet Krieg einfach nur aufregend. Deshalb spielt er so gern mit Zinnsoldaten. Der Krieg in Westmark dürfte höchstens ein paar Wochen dauern, denken die Regianer.

Als Theo, der gerade in einem Landgasthaus in der Provinz logiert, die Nachricht erreicht, dass der König gestorben sei, bricht er sogleich auf, um seiner „Bohnenstange“ beizustehen. Im Gasthaus hat er einen der Untergrundkämpfer aus Freyborg wiedergetroffen, doch mit den Leuten des Rebellenführers Florian will Theo vorerst nichts zu tun haben. Er will mit der Prinzessin das Land auf friedlichem Wege reformieren. Doch ein unerwarteter Schuss aus der Pistole eines Schergen der Verräter setzt seinem Weg ein jähes Ende. Die Rebellen retten ihn aus der Lebensgefahr und bringen ihn in die Hügel, wo sie ihr Lager aufgeschlagen haben. Theo fragt sie, was sie hier wollen. Ihr Anführer Justin sagt, dass etwas im Busch sei.

Was da im Busch ist, ist die regianische Invasion. Doch sie verläuft ganz anders als geplant. Denn Bohnenstange hat sich aus dem Palast geschlichen, um ihren Freund Theo zu suchen. Und als sie an der wichtigsten Brücke über den Fluss Carla angekommen ist, da sieht sie die geschlagenen Fußtruppen über die Straße und die Brücke strömen. Es sind hauptsächliche Deserteure. Aber ehrenhafte Deserteure, denn nicht sie haben ihre Offiziere verraten, sondern die Offiziere sind zum Feind übergelaufen, und bei diesem Hochverrat wollten die Soldaten nicht mitmachen.

Bohnenstange gibt sich als die neue Königin zu erkennen und übernimmt das Kommando über den führungslosen Haufen. Verfolgt von der Vorhut der Regianer, fliehen die Westmarker über die Brücke. Bohnenstange lässt die Brücke in einem tollkühnen Manöver in die Luft jagen. Der Weg nach Karlsbruch ist den Regianern nun versperrt. Schon bald müssen sie feststellen, dass sie sich zwischen zwei Fronten befinden: Bohnenstanges Truppen auf der einen Seite und die Rebellen in den Hügeln auf der anderen.

Dieser Krieg scheint kein Picknick zu werden, sondern könnte im Gegenteil ziemlich lange dauern.

_Mein Eindruck_

Nach dem eher heiter-ironischen Geplänkel im ersten Band geht es in der Fortsetzung richtig heftig zur Sache. Obwohl sich Theo und Bohnenstange einen friedlichen Wandel gewünscht hätten, so haben sich doch die politischen Kräfte in Westmark gegen sie verschworen. Es gibt Krieg, und zwar nicht den Krieg der Schlachten, in denen Armeen aufeinander eindreschen, sondern den Krieg der Partisanen, die die regianischen Invasionstruppen vom Nachschub abschneiden und sich so mit Proviant und Munition versorgen.

Doch schon bald wendet sich der Krieg gegen die Zivilbevölkerung. Die Regianer besorgen sich ihren Proviant bei den Einheimischen und wer aufmuckt, wird aufgeknüpft. Das hat zur Folge, dass die Partisanen ständig neuen Zulauf bekommen, aber es reicht nicht für die offene Feldschlacht. Die Ernte fällt aus, weil keiner mehr sät und pflügt. Der Krieg wird für die Regianer immer teurer, doch es gibt lange keinen Durchbruch, denn auch die Truppen der Königin liefern keine Feldschlacht, sondern räumen eine Stadt nach der anderen. Bohnenstange sind lebende Soldaten lieber als heldenhafte, aber tote.

|Kein Taugenichts|

Theo steckt bei den Rebellen mittendrin und er steigt bis zum Truppenkommandeur auf: Er gibt sich den Decknamen „Turmfalke“, daher der Buchtitel. Theo ist, obwohl eine Vollwaise, ein aufgeweckter Bursche, der trotz seiner Jugend schon über ein ausgebildetes moralisches Gewissen verfügt. Diese Ansichten, die im 1. Band immer wieder auf die Probe gestellt wurden, hat er sich einerseits aus den gelehrten Büchern von Lehrmeister Antons Bibliothek angelesen, andererseits auch immer wieder mit seinem Lehrmeister und Mentor diskutiert.

|Absolutismus|

Dazu gehören Grundsätze, die für uns seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert selbstverständlich geworden sind. Doch zu Theos Zeiten ist das herrschende Gesellschafts- und Regierungsystem der absolutistische Feudalismus: Alles muss nach der Pfeife des Königs tanzen – oder zumindest nach der seines Premierministers. Die Königin hat leider nichts zu melden, und der Leibarzt des Königs, ein rechtschaffener Freidenker, wurde vom Hofe verbannt. Nun muss Dr. Torrens als neuer Premierminister zu seinem Bedauern die Freiheit von Presse und Buchdruckern einschränken, um die Moral im Lande aufrechtzuerhalten. Wie stets gilt auch hier: Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst.

Die Zustände in Westmark und Regia erinnern stark an die französischen Verhältnisse im 17. und 18. Jahrhundert. Natürlich versucht der Autor in seinem Jugendroman keine Gesellschaftsanalyse, geschweige die Schilderung einer Revolution. Vielmehr dürften sich die jungen amerikanischen Leser, an die sich dieses Buch zunächst richtete, an die Zeiten vor dem Unabhängigkeitskrieg erinnert fühlen, also an die Kolonien vor 1776. Die Leser dürften wie ihre Vorväter die Abschaffung des unterdrückenden Systems herbeigesehnt haben.

|Etwas Neues|

In „Der Turmfalke“ sitzen sich schließlich die siegreichen Anführer gegenüber: die Königlichen einerseits, Florian mit seinen Partisanen andererseits. Theo sitzt irgendwie zwischen den Stühlen. Sie baldowern aus, welche Staatsform Westmark künftig haben soll. Florian kassiert alte Schulden bei Theo, Bohnenstange macht wie immer unkonventionelle Vorschläge. Die Revolution findet im Sitzungssaal statt. So könnte es auch seinerzeit 1783 nach dem Sieg der amerikanischen Rebellen über die englischen Kolonialherren in Philadelphia ausgesehen haben. Man hatte sich eine Regierungsform zu geben. Und man gab sich etwas, das es seit über 2000 Jahren nicht mehr gegeben hatte: eine Demokratie.

|Fantasy? Welche Fantasy?|

Der Leser darf sich zu Recht fragen, warum dieser Jugendroman in einer Fantasyreihe erscheint. Bislang sind nämlich weder Zauberer noch Ritter noch irgendwelchen Wunderwesen aufgetreten – und das ändert sich auch in Band 2 nicht. Aber wenigstens gibt es einen – nicht ganz genau definierten – kulturellen und geschichtlichen Hintergrund, der wie für ein Märchen geschaffen ist. Der Schauplatz könnte irgendwo in den USA oder in Westeuropa liegen. Die Namen sind englisch, französisch, sogar deutsch und italienisch. Es ist eine Schnittmenge, die sich der Autor aus dem 18. Jahrhundert zusammengesucht hat. Der Vorteil für den jungen amerikanischen Leser: Er braucht sich nicht in der verworrenen Geschichte Europas auszukennen, um das Buch verstehen zu können, bekommt aber dennoch einen zutreffenden Eindruck davon, wie es damals zuging.

|Humor|

Da viele dieser kriegerischen Vorgänge ziemlich ernster Natur, gibt es einen auffallenden Mangel an Humor. Doch wie Shakespeare selbst in „Hamlet“ und „King Lear“ komische Elemente durch Nebenfiguren eingeführt hat, so lässt auch der Autor Lloyd Alexander bislang eher unscheinbar gewesene Figuren auftreten. Spatz und ihr Bruder Wiesel sind Wasserratten, die als Waisenkinder am Hafen aufwuchsen und nun von dem Journalisten Keller in seine Obhut genommen werden. Sie lieben ihn dafür. Sie sind unbedarft und naiv, völlig ohne Ausbildung. Deshalb bringt er ihnen Lesen und Schreiben bei.

Doch eines Tages schickt der Premierminister Dr. Torrens Keller mit einem geheimen Auftrag zum Anführer der Rebellen, Florian. Nun sind Spatz und Wiesel plötzlich allein, aber das lässt sich ja leicht wieder ändern. Sie müssen bloß herausfinden, in welchen Krieg Keller gezogen ist. (Wiesel weiß nicht mal, was ein Krieg ist. Spatz erklärt es ihm. Aha, denkt Wiesel: Krieg ist wie Picknick, nur länger.) Am besten fragen sie mal den Torwächter, welcher Krieg wohl in Frage käme. Doch der Torwächter nimmt sie auf den Arm. Wütend zieht Spatz mit ihrem Bruder allein los. Die beiden werden noch eine wichtige Rolle spielen. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass ein König von zwei kleinen Wasserratten gefangen genommen wird.

_Unterm Strich_

In den „Chroniken von Prydain“ siedelte der Autor seine humorvollen Helden-Geschichten noch im mythisch-überzeitlichen Raum an. In der Westmark-Trilogie verlegt er den Schauplatz der Story in den geschichtlichen Raum, obwohl weder Zeit noch Ort ganz genau festzumachen sind. Wozu andere Kriegsbuchautoren sechshundert oder noch mehr Seiten brauchen, das schafft Alexander mit nur 270 Seiten: eine spannende Handlung mit interessanten, sich entwickelnden Figuren zu erzählen und dabei jede Menge kluger , wenn auch bitterer Erkenntnisse über Krieg, Rebellen, Politik und Wahrheit einfließen zu lassen.

Diese Kombination hat mich überzeugt, die Westmark-Trilogie weiterzuempfehlen. Die Leser sollten mindestens 14 Jahre alt sein, denn es geht mitunter doch recht blutig zu.

|Die Übersetzung|

… ist Rainer Schumacher gut gelungen, doch der Korrektor, sofern vorhanden, hat ihm einige Streiche gespielt. Immer wieder finden sich Druckfehler. Auf Seite 47 heißt es zum Beispiel „Man spuckt ich aus“ statt „man spuckt ihn aus“. Auf Seite 124 heißt es „die Gefangen“ statt „die Gefangenen“. Auf Seite 92 findet sich eine Konstruktion, die so verdreht ist, dass ich mir nicht mal vorstellen kann, wie sie richtig lauten könnte. Aber das sind nur die offensichtlichsten Fälle. Es gibt noch eine Reihe weiterer, aber die aufgezählten sollen genügen, um klar zu machen, dass sich das Niveau der Textqualität noch steigern ließe.

|Originaltitel: The Kestrel, 1982
270 Seiten
Aus dem US-Englischen von Rainer Schumacher|

Lloyd Alexander – Taran – Der Spiegel von Llunet (Taran 4) (Hörspiel)

Taran in Not: das Horn der Zwerge erklingt

„Der Spiegel von Llunet“ (auch: „Der Zauberspiegel“ bzw. „Taran und der Zauberspiegel“) ist das vierte Hörspiel eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm. Diesmal sucht Taran nach den Wurzeln seiner Herkunft – er ist nämlich Vollwaise.
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Alexander, Lloyd – Drei Leben für Lukas Kasha

_Ausgezeichnetes Jugendabenteuer im Orient_

Lukas ist ein Faulenzer und Tagedieb, da kommt eines Tages ein Gaukler in seine Stadt. Lukas wagt es, den Kopf in den Wassereimer des Gauklers zu stecken, und als er ihn wieder herauszieht, schwimmt er im Meer – von seiner Welt ist keine Spur mehr zu sehen!

In dem orientalischen Land Abadan, in dem er nun gelandet ist, wird er, gemäß einer Prophezeiung, als König begrüßt. Aber bald schon merkt er, dass sein neues Leben auch seine Schattenseiten hat. Gemeinsam mit einem Reimeschmied und dem rätselhaften und aufmüpfigen Mädchen Nur-Jehan muss er fliehen – und eine Welt voller Gefahren und Überraschungen erwartet ihn.

_Der Autor_

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der sechsbändigen „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“. Alexander schrieb mit der „Westmark“-Trilogie eine historische Fantasy, die in einem Fantasieland spielt, das viel Ähnlichkeit mit dem frühen 19. Jahrhundert, aber keinerlei Magie vorzuweisen hat.

_Handlung_

Lukas Kasha ist ein junger Tagedieb, der am liebsten ohne Geld in den Tag hineinlebt. Und er ist auch noch stolz darauf, seine Mitbürger in Zara Petra ums liebe Geld zu prellen. Daher macht es dem Bruder Leichtfuß auch nichts aus, bei einem Kunststück eines Gauklers, der gerade in die Stadt gekommen ist, mitzumachen. Der Gaukler nennt sich Battisto und behauptet, er könne jeden mit Hilfe eines Wassereimers in eine andere Welt befördern. Lukas will sich nicht auf den Arm nehmen lassen und da ein Lohn winkt, steckt er seinen Kopf in den Wassereimer.

Doch er findet sich mitten in einem Ozean wieder! Mit kräftigen Schlägen schwimmt er ans Ufer. Dort schaut er zu, wie Soldaten in seltsamer Kleidung ein Mädchen auf einem schönen Pferd gefangen nehmen. Sie wehrt sich, doch Widerstand ist zwecklos. Die Soldaten werden auf den Gestrandeten aufmerksam und verhaften ihn gleich mit. Lukas fällt auf, wie schön das Mädchen ist, doch er wird sie erst Tage und Wochen später wiedersehen.

Hier ist das orientalische Land Abadan, und seine Hauptstadt ist Shirazan. In diese wird Lukas gebracht, aber nicht etwa ins Gefängnis, sondern – oh Wunder! – in den Königspalast. Zufällig trifft es sich nämlich, dass Abadan keinen König mehr hat und der Hofastrologe Locman sagte die Ankunft eines neuen Königs voraus: Lukas nämlich!

Doch was nützt es, gegen die nun folgende gute Behandlung zu protestieren, denkt sich Lukas. Schließlich wird er rundum gehätschelt und gepflegt und alle tanzen nach seiner Pfeife. Doch nach ein paar Ausflügen in die Stadt vermisst Lukas den direkten Kontakt mit seinen Untertanen: Er darf sich ihnen nicht einmal zeigen, sondern muss in seiner Sänfte bleiben. Die Palastwache unter ihrem Kommandanten verwehrt Lukas, kurz mal so in die Stadt zu gehen, um mal etwas anderes als Lakaien oder Minister zu sehen. Lukas sieht jedoch das Sklavenmädchen vom Strand wieder und nähert sich ihr in einem verbotenen Bezirk des Palastes, dem Harem: Sie heißt Nur-Jehan und hat eine sehr spitze Zunge. Sie gefällt Lukas auf Anhieb, denn sie verbeugt sich kein einziges Mal vor ihm.

Der Großwesir Shugdad findet es gar nicht witzig, dass der neue König Kasha sich in Staatsgeschäfte einmischen will, um zum Beispiel das Köpfen und Auspeitschen abzuschaffen. Wenn es nach Shugdad ginge, dürfte sich der Herrscher nur ums Spielen kümmern und ansonsten den Erwachsenen das Regieren überlassen. Als Lukas auch noch einen Reimeschmied, der etwas kritisch aufgefallen ist, begnadigt und zu seinem persönlichen Diener macht, zieht er sich die Missbilligung des gesamten Ministerrates zu. Das sieht nicht gut, Lukas.

Zum Glück erfährt Lukas von einem Geheimgang unter der Palastmauer und entschlüpft mit seinem neuen Diener Kayim in den Basar. Dort tut Lukas, was er schon immer getan hat: Er will die Händler übertölpeln. Leider sind sie genauso schlau wie er und kennen schon alle Tricks. Als er mit Kayim wieder in den Palast zurückkehrt, lässt Großwesir Shugdad ein Attentat auf ihn verüben, doch Kayim vereitelt, dass Lukas stirbt. Dennoch lässt Lukas den Attentäter, seinen Leibwächter, nicht töten. Vielmehr bereitet er seine Flucht vor. Der erstaunte Kayim muss mit einer List das Mädchen aus dem Harem holen, dann fliehen sie zu dritt durch den Geheimgang.

Doch wohin soll sich Lukas wenden, der verbannte König? Das Königreich Abadan befindet sich in einem Krieg gegen Rebellen des eroberten Königreichs Bishangar. Lukas ist dieser Krieg, der nur den Ministern nützt und das Volk verarmen lässt, zuwider. Er will lieber Frieden mit dem König von Bishangar schließen. Zufällig weiß Nur-Jehan ganz genau den Weg dorthin. Eine Reise voller Gefahren und Abenteuer beginnt für die drei Gefährten. Unterdessen rüstet der neue König Shugdad zum Krieg gegen Bishangar …

_Mein Eindruck_

Wow, was für ein toll erzähltes Jugendabenteuer! Ich habe es in nur wenigen Stunden gelesen und fühlte mich dabei stets gut unterhalten. Mal von dem langsamen Beginn abgesehen. Aber die Figur des Lukas ist recht ungewöhnlich in einem orientalischen Umfeld, das nur die Sitten und Gebräuche des tiefsten Mittelalters kennt. Abadan entspricht ungefähr dem alten Bagdad, mit ein paar persischen Assoziationen (Shirazan = Shiraz), und Bishangar ist relativ stark arabisch angehaucht und erinnert etwas an die rebellischen Afghanen.

Alle diese Länder entsprechen den alten Geschichten aus Tausendundeiner Nacht in jedem Klischee. Aber mit einem deutlichen Unterschied: Die Gesellschaft ist mit großem Scharfblick sehr realistisch geschildert. So ein Großwesir ist keiner, der sich von einem dahergelaufenen König auf der Nase herumtanzen lässt. Schon bald schickt er Lukas einen Attentäter. Leider sind die Bishangaris zu Lukas‘ Leidwesen keinen Deut besser: Sie verstehen sich mehr auf Tapferkeit und und tapferes Sterben als auf weniger nobles Überleben.

Aufs Überleben versteht sich hingegen Lukas ganz ausgezeichnet, und Kayim kann ihm dabei nur beipflichten – mit gedrechselten Reimen, versteht sich. Lukas bringt Nur-Jehan ein paar Lektionen in Geduld und List bei, mit praktischen Beispielen. So übertölpelt er beispielsweise auf eine geradezu geniale Weise einen Pferdehändler, der Nur-Jehan ihren stolzen Schimmel geklaut hat. Also braucht Nur-Jehan den Rosshändler nicht gleich umzubringen und dabei die ganze Stadt auf sie aufmerksam zu machen. Das stolze Mädchen dankt es ihm aber schlecht: Als Lukas und Kayim Proviant kaufen, verduftet sie mit ihrem Pferd. Erst viel später soll er sie unter ungewöhnlichen Umständen wiedersehen.

Der listenreiche Lukas scheint ein Nachfahre von Odysseus zu sein, doch auch er muss ein oder zwei Lektionen lernen. Damit aber kein falsches Pathos aufkommt, streut Kayim stets einen seiner mehr oder weniger gelungenen Verse ein, was dann wieder auf ironische Weise Humor aufkommen lässt. So bleibt der Leser von Belehrungen mit erhobenem Zeigefinger verschont.

Selbst als Lukas den alten Sterndeuter und Hofastrologen Locman wiedertrifft, wird die Lektion, die Lukas erhält, so geschickt verpackt, dass wir mehr schmunzeln als grübeln müssen. Locman hat entdeckt, dass seine astrologischen Berechnungen keinen Pfifferling wert sind: Er hat das Attentat auf Lukas nicht vorhergesehen. Schließlich floh er ebenfalls, verwarf seine Bücher und Tabellen und wurde in einem kleinen Dorf Wahrsager und Berater. Statt Tabellen und Berechnungen schrieb er auf Zettel unsinnige Empfehlungen, verteilte sie wahllos nach Gutdünken an Ratsuchende und staunte, als immer mehr zu ihm kamen. Denn wenn sein Rat fehlschlug, gaben sie nicht ihm die Schuld, sondern sich selbst. Und weil 50 Prozent der Ratschläge ja gute waren, wählten ihn seine Mitbürger schließlich zum Bürgermeister. Mir erscheint dies wie eine kleine Satire auf Fernsehprediger und amerikanische (nur amerikanische?) Politiker.

Natürlich gehen der Krieg und Lukas‘ Abenteuer gut aus, und das Mädchen Nur-Jehan entpuppt sich als etwas viel Besseres als nur ein Sklavenmädchen. Leider wird keine Romanze daraus. Gerade als es so aussieht, als käme sie zu ihm zurück, versetzt ihn ein Missgeschick zurück in den Wassereimer des Gauklers. Interessant ist nun natürlich die Frage: Was hat Lukas aus seinem zweiten Leben gelernt? Wie wird er sein drittes Leben gestalten? Wer die Antwort auf diese Fragen erfahren will, sollte selber lesen. Es lohnt sich.

_Unterm Strich_

Dass Lloyd Alexander ausgezeichnet erzählen kann, wusste ich ja schon von seinem Taran-Zyklus her, den ich hier vollständig besprochen habe. Aber dass er auch über die Aufgabe des Erzählens und des Erzählers nachgedacht hat, zeigt sich unter anderem in Geschichten wie „Lukas Kasha“. Mit Geschichtenerzählen kann man nicht nur seinen Lebensunterhalt verdienen, sondern auch noch seinen Mitmenschen Nachrichten und Weisheiten vermitteln, die zugleich zu unterhalten wissen. Beide Seiten erhalten also einen großen Nutzen davon. Und weil gute Geschichten genau wie gute Witze stets eine größtmögliche Verbreitung suchen, geht einem guten Erzähler, der ja auch ein guter Zuhörer sein muss, der Stoff für sein Metier nie aus.

Mir hat die Geschichte jedenfalls viel Spaß gemacht. Und wer sich wundert, wie man per Wassereimer von A nach B gelangt, der hat noch nicht begriffen, dass eine gute Geschichte wie ein Traum funktioniert: Sie verzaubert das Bewusstsein des Zuhörers / Lesers und entführt ihn in unwahrscheinliche Gegenden, um unwahrscheinliche Dinge zu erleben. Doch erwacht man aus diesem erzählten Traum, kann man sich im Gegensatz zu den meisten Träumen noch gut daran erinnern und auf diese Weise vielleicht etwas daraus lernen. Zum Beispiel eine Botschaft, die unseren Helden den Frieden dem Krieg vorziehen lässt.

Ich würde das Buch Jugendlichen ab 14 Jahren wärmstens empfehlen. Da es auch noch ausgezeichnet übersetzt ist – es bekam anno 1982 den Österreichischen Kinderbuch-Übersetzerpreis – liest es sich auch noch sehr schön und flüssig. Es besteht fast nur aus Dialogen, von denen die meisten recht witzig und geschliffen sind. So etwas findet man bei modernen Autoren nicht mehr oft.

|Originaltitel: The first two lives of Lukas Kasha, 1978
256 Seiten
Aus dem US-Englischen von Wolf Harranth|
http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/

Lloyd Alexander – Taran – Die Zauberkatze (Hörspiel)

Riesenkatzenärger: Die Prinzessin wird gekidnapped!

Dies ist das dritte Hörspiel eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

Der Autor

Lloyd Alexander – Taran – Die Zauberkatze (Hörspiel) weiterlesen

Lloyd Alexander – Taran – Das Buch der Drei

Dies ist der erste Roman eines fünfbändigen Fantasy-Zyklus, der es vielleicht nicht mit Tolkiens „Herr der Ringe“ aufnehmen kann, der aber ebenso stark auf Mythen und Fantasythemen zurückgreift. Und die Hauptfigur Taran, die im Laufe des Zyklus eindrucksvoll heranreift, lieferte wie Tolkiens „Herr der Ringe“ die Vorlage zu einem Zeichentrickfilm.

Die vorliegende Audio-CD ist das erste Hörspiel zu einem der fünf-Taran-Romane überhaupt und verdient deshalb wohl besondere Aufmerksamkeit.

Der Autor

Lloyd Alexander, geboren 1924, ist der Autor der „Chroniken von Prydain“ (= Britannien). Ähnlich wie bei Tolkien, der mit „The Hobbit“ (1937) zunächst eine Fantasy für Kinder schrieb, beginnt auch Alexander mit einer leichtfüßigen Kinder-Fantasy, um dann jedoch schnell auf tiefere, dunklere Themen zu sprechen zu kommen. Der erste und Teile des zweiten Bandes fanden Eingang in einen gleichnamigen Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1985: „Taran und der Zauberkessel“.

Der |Taran|-Zyklus „Chroniken von Prydain“:

1. „Taran und das Zauberschwein“ bzw. „Das Buch der Drei“ (engl. The Book of Three) (1964)
2. „Taran und der Zauberkessel“ bzw. „Der schwarze Kessel“ (engl. The Black Cauldron) (1965)
3. „Taran und die Zauberkatze“ bzw. „Die Prinzessin von Llyr“ (engl. The Castle of Llyr) (1966)
4. „Taran und der Zauberspiegel“ bzw. „Der Spiegel von Llunet“ (engl. Taran Wanderer) (1967)
5. „Taran und das Zauberschwert“ bzw. „Der Fürst des Todes“ (engl. The High King) (1968) – Gewinner der Newbery Medal, 1969
6. „Der Findling und andere Geschichten aus Prydain“ (engl. The Foundling) (1973) – Sammlung von Kurzgeschichten, die in Tarans Welt Prydain spielen

Die Sprecher, die Produktion

„Das Buch der Drei“ ist eine Produktion des Südwestrundfunks Baden-Baden aus dem Jahr 2004. Die Hörspielbearbeitung besorgte Andrea Otte, die Musik trug „der deutung und das ro“ bei, Regie führte Robert Schoen.

»Jürgen Hentsch gab schon mal den Herbert Wehner in einem Doku-Drama. Tim Sander spielte bei GZSZ den Lover der Figur, die Jeanette Biedermann spielt. Natalie Spinell ist die Lolita in einem Nabokov-Hörspiel. Michael Habeck spricht Ernie, Barnie Geröllheimer, Harry Potters Dobby, aber auch Danny de Vito. Und Tommi Piper ist besser als die Stimme von ALF bekannt.« (Informationen von |Ciao|-Mitgliedern – danke!)

Erzähler: Jürgen Hentsch

Taran (Waisenjunge): Tim Sander

Eilonwy (Prinzessin): Natalie Spinell (Aussprache: e’lónwi)

Dallben (Zauberer): Rolf Schult (Aussprache: da[stimmloses th]ben)

Coll (Kämpfer): Heinrich Giskes

Fflewdur Fflam (Barde): Jens Harzer (Aussprache: flodjir flam)

Fürst Gwydion (einer der Könige von Prydain): Tommi Piper

Gurgi (Waldwesen): Joachim Kaps

Doli (Zwerg): Michael Habeck (Aussprache: dolí)

Eiddileg (Zwergenkönig): Franz Josef Steffes (Aussprache (e[stimmhaftes th]íleg)

Achren (Zauberin): Anja Klein

Handlung

Der Junge Taran lebt als Hilfsschweinehirt beim Schmied Coll und einem Magier namens Dallben. Der Magier hütet das titelgebende „Buch der Drei“, das Taran nicht anfassen darf, selbst wenn der Zauberer, wie so oft, mal wieder schlafend meditiert.

Der Findling Taran kennt seine Eltern nicht, was schon mal ein gutes Zeichen ist: So fangen Heldengeschichten an. Er denkt sich aber nichts dabei. Doch seine Aufgabe als Hilfshirt der Schweine stellt sich plötzlich als ziemlich wichtig heraus, denn Hen Wen, das weiße Hauptschwein, ist ein Orakel, wie er zu seiner größten Verblüffung erfährt. Auf seiner Jagd hinter dem ausgebrochenen Schwein her gerät er tief in den Wald, stößt auf den bösen gehörnten König, wird aber von einem unscheinbaren Waldläufer vor dem Tod bewahrt.

Der Waldläufer entpuppt sich als Fürst Gwydion, der mindestens so berühmt ist wie der Hochkönig und der böse König der Anderswelt Annuvis, Arawn. Und der freundliche Gwydion klärt Taran auf, was es mit dem Orakelschwein Hen Wen auf sich hat und was er selbst, so fern von seiner heimatlichen Burg, im Wald zu suchen hat. Im schönen Prydain (= Britannien) sind die Zeiten rau geworden und es braut sich etwas zusammen.

Ein kleines Waldwesen namens Gurgi weist ihnen den weiteren Weg. Sie stoßen zwar nicht auf das Schwein, doch auch der Anblick des Heerlagers des Gehörnten Königs verschlägt ihnen den Atem: Hier sammelt sich eine Armee, um Prydain zu überfallen und alle zu unterjochen. Sogar untote „Kesselkrieger“ sind zu sehen, und von denen werden die beiden Neugierigen gefangen genommen.

Wider Erwarten landen sie nicht bei dem beobachteten Heer, sondern in Spiral Castle, dem Schloss der Zauberin Achren, deren verführerische Schönheit Taran zunächst betört, aber Gwydion keineswegs. Wenig später findet er sich eingesperrt in einer Kerkerzelle wieder. Er hat schon mit dem Leben abgeschlossen, als ihm eine goldene Kugel durchs Fenster vor die Füße fällt und eine Mädchenstimme ihn auffordert, ihr den leuchtenden Ball zurückzugeben. Es ist die geschwätzige und aufgeweckte Eilonwy, die ehrliche Nichte der bösen Zauberin. Sie kennt nicht nur den Weg aus Tarans Gefängnis, sondern auch den zu seinem Herzen.

Aber das ahnen beide noch nicht, doch es wird ihnen rechtzeitig auffallen, dass sie füreinander bestimmt sind. Doch was wird aus Prydain, das von der Bedrohung nichts ahnt?

Mein Eindruck

Der erfundene Schauplatz ähnelt jenem mythischen Wales, das dem Fantasykenner aus der Geschichtensammlung des „Mabinogion“ aus dem 14. Jahrhundert bekannt ist. Doch die Legenden beruhen auf mündlich überlieferten Erzählungen, die weit älter sind und noch aus der keltischen Kultur kommen.

Das Mabinogi

Insbesondere der vierte Zweig des Mabinogi mit dem Titel „Math Son of Mathonwy“ bietet zahlreiche Referenzen, die der Autor verwendet. Dazu gehört der gesamte Komplex, der mit dem Recken Gwydion und seinem Onkel Math in Caer Dathyl zu tun hat. Math herrscht als Hochkönig über einen Großteil von Prydain. Sein Widersacher ist Arawn, der Fürst der Unterwelt Annuvis. Leider macht der Autor aus den vielschichtigen Vorlagen zu den Figuren Gwydion und Arawn nur ein schwarz-weißes Paar aus Gut und Böse. Der Autor vereinfacht, vielleicht zu Gunsten der kindlichen Verständnismöglichkeiten. Allerdings muss der junge Hörer auch den gehörnten König dem Fürsten der Unterwelt als Vasallen zuordnen.

Achterbahnfahrt

Die Handlung hat etwas von einer Achterbahnfahrt an sich. Der Held, der zunächst als „hässliches Entlein“ vorgestellt und zwei mächtigen Gestalten, einem Schmied und einem Merlin-ähnlichen Zauberer, beschützt wird, erwirbt sich diverse Gefährten, die ihm helfen, wenn er sich mal wieder überschätzt hat. Insbesondere Eilonwy ist mit ihrer spitzen Zunge eine ständige Quelle von Freude und Witz, auch wenn sie einen Mann damit schnell in den Wahnsinn treiben könnte.

Auch Fflewdur Fflam, ein ehemaliger König, der jetzt als Barde durch die Lande zieht, ist interessant. Er hat vom Ober-Barden von Wales, dem berühmten Taliessin, eine magische Harfe erhalten, doch ihre Saiten reißen, sobald ihr Besitzer auch nur die geringste „Verschönerung der Wahrheit und Wirklichkeit“ erzählt – wozu Barden und Dichter von Natur aus neigen. Fflam hat also immer gut zu tun, seine Harfe in Schuss zu halten.

Das Waldwesen Gurgi weiß ebenfalls zu faszinieren. Dieser keltische Charakter, der auch in C. J. Cherryhs Kelten-Fantasien wie etwa „Der Baum der Träume und Juwelen“ sowie „Faery in Shadow“ zu finden ist, erweist sich im Laufe der Zeit als treuer und anhänglicher Gefährte, auch wenn er bisweilen ein wenig aufdringlich und in hygienischer Hinsicht abstoßend erscheint.

Die Feinde

Die Feinde sind nicht weniger einfallsreich gezeichnet. So verfügt der gehörnte König über einen schwarzen Kessel (der der Fortsetzung den Titel gibt), aus dem Zombiekrieger erzeugt werden können. Da sich diese nicht töten lassen, bilden sie für jeden einen Furcht einflößenden Feind. Zum Glück ist ihr Aktionsradius abhängig von der Entfernung vom Kessel, so dass es eine Chance gibt, ihnen zu entkommen.

Auch die Lüfte sind nicht sicher. Ähnlich wie die schrecklichen Reittiere, die Tolkiens Ringgeister durch die schwarzen Lüfte von Mordor tragen, suchen gefräßige Vögel, die Gwythaint, wehrlose Wanderer wie Taran heim. Doch die Gwythaint sind nicht von Geburt an so, sondern werden von ihrem Herrn Arawn dazu erzogen und ausgebildet, Fleisch zu begehren und für ihn zu spionieren. Dass Taran einen jungen Gwythaint aus einer Dornenhecke befreit und sich der Gerettete revanchiert, wurde im Hörspiel gestrichen.

Aber auch die Zwerge, das Kleine Volk, dürfen nicht fehlen. Durch einen Zauber lockt König Eiddileg ahnungslose Wanderer in sein unterirdisches Reich. Doch bei Taran & Co. gerät er an die Falschen. Er muss ihn ziehen lassen und gibt ihm einen Führer, Doli, mit. Denn Doli taugt in Zwergenaugen nicht: Er vermag sich nicht unsichtbar zu machen, zumindest nicht auf Kommando.

Die böse Zauberin, die Taran und den Recken Gwydion gefangennimmt, heißt Achren und ähnelt einer weiteren Figur aus dem Mabinogion: Arianrhod, was „Silberrad“ (= Mond) bedeutet. Leider setzt sie sich kaum mit dem jungen Taran auseinander. Doch im Hörspiel wird ihre verführerische Konfrontation Gwydions ganz direkt geschildert. Sie ist offensichtlich ganz schön durchgeknallt.

Der Auftritt Eilonwys entschädigt dafür mehr als reichlich. Sie ist nicht nur selbst eine Schülerin der Magie – weshalb sie ja ihre Tante Achren besucht -, sondern findet in den Felsenhallen unter dem Spiral Castle ein superwichtiges Zauber- und Königsschwert, Durinwyn. Selbstverständlich wird es eine entscheidende Rolle spielen.

Die Sprecher, die Produktion

Zur Einstimmung beginnt das Hörspiel mit einem keltisch anmutenden, möglicherweise walisischen Volkslied. Es wird noch des Öfteren im Hintergrund angespielt und stammt von einem Duo mit einem bemerkenswerten Namen: „der deutung und das ro“. Dabei handelt es sich um Tobias Unterberg und Robert Beckmann, die bereits die Hörspielproduktion „Schloss Draußendrin“ unterstützten und bei alternativen Bands wie |The Inchtabokatables|, |Milar Mar| oder |Deine Lakaien| mitmischen. Der Zuhörer mit ein wenig Erfahrung in keltisch inspirierter Folk-Musik fühlt sich sofort in selige Zeiten von |Clannad|-Konzerten zurückversetzt. Wo immer man in Irland, Schottland oder Wales als Tourist hingelangt, kann man diese Art von Musik finden. Denn diese ist nicht einfach Touristenattraktion, sondern ein integraler Teil der Identität der keltischen Völker.

Wir sind also schon mal auf der richtigen Baustelle. Dann erklingt das helle „Ping!“ aus der Schmiede von Coll. Sofort entspinnt sich der erste Dialog zwischen Taran, Coll und dem Magier Dallben. Wenig später tragen die Abenteuer Taran hinfort, bis zum glücklichen Ausgang. Mehr darf nicht verraten werden. Doch bei den walisischen Namen sollte man die Ohren spitzen. Sie sind für unsere Hörgewohnheiten doch recht ungewöhnlich. Siehe dazu meine Aussprachehinweise oben.

Die Stimmen der Sprecher finde ich sehr passend und angemessen. Es gibt kein Zögern, keine falschen Töne, so dass die Sätze ganz natürlich klingen und nicht, als hätte man sie ein Dutzend mal geübt. Ich war erstaunt, dass Tommi Piper, der mit einer Fernsehserie in den 70ern oder 80ern bekannt wurde, inzwischen eine derart tiefe und raue Stimme hat, dass er ohne weiteres die Autorität ausstrahlt, die einem Fürsten wie Gwydion gebührt. Am lustigsten ist sicher die Stimme der quicklebendigen Prinzessin Eilonwy, die Taran in Grund und Boden plappert.

Da dies ein Hörspiel ist, gibt es nicht nur Stimmen, sondern auch Geräusche. Dazu gehören grunzende, quiekende Schweine ebenso wie reißende Harfensaiten. Am eindrucksvollsten sind jedoch das Erdbeben unter dem Spiral Castle und die finale Schlacht gegen den Gehörnten König: Blitz und Donner kommen hier in einer beeindruckenden Kombination zusammen. Die Tonregie hat saubere Arbeit geleistet.

Unterm Strich

Insgesamt bietet dieser erste Band von Tarans Abenteuern ein enorm hohes Maß an kuriosen Einfällen und sehr viel Kurzweil für junge Leser. Die Action ist nicht zu brutal und keiner der Gefährten Tarans muss sterben oder ein größeres Opfer bringen. (Das ändert sich in den Folgebänden.) Vielmehr scheint Taran hier auf einer Art Einkaufstour für nette und hilfreiche Gefährten zu sein, mit denen er sämtliche Fährnisse überwinden und den gehörnten König besiegen kann.

Das Hörspiel, das vom Sender SWR selbst als „Taran und das Zauberschwein“ (der frühere Buchtitel) angekündigt wird, ist eine professionelle Produktion ohne irgendwelche Ausfälle oder Mängel. Vielmehr bereitet die schnelle Abfolge der Begegnungen und Abenteuer unterhaltsame Kurzweil für junge Hörer. Es mag sich aber als hilfreich erweisen, das Buch zu lesen, um die Zusammenhänge ein wenig besser zu durchschauen. Man kann aber alternativ das Hörspiel mehr als einmal anhören und sich so die Zusammenhänge selbst erarbeiten. Denn was dafür nötig ist, ist vollständig vorhanden.

Mein Fazit daher: eine hundertprozentige Empfehlung für „Das Buch der Drei“. Auch die Fortsetzung mit dem Titel „Der schwarze Kessel“ ist bereits als Hörbuch-CD erhältlich.
www.luebbe-audio.de