Schlagwort-Archive: Lübbe Audio

John Sinclair Classics – Das Hochhaus der Dämonen (Folge 42)

Die Handlung:

Mit sicheren Bewegungen zog James Warden die Klinge des Rasiermessers über die rechte Wange. Da erblickte er plötzlich das Gesicht im Spiegel. „Töte dich, James Warden!“, flüsterte die Geistererscheinung. James Warden gehorchte – und er sollte nicht das einzige Opfer im Hochhaus der Dämonen bleiben! (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Diesmal hat sich der Verlag an die Hörspielumsetzung des GESPENSTER-KRIMI-Heftromans mit der Nummer 183 gemacht, der erstmalig am 15. März 1977 am gut sortierten Bahnhofskiosk oder manchmal auch in einer Buchhandlung zu bekommen war. Das Titelbild des Hörspielcovers ist dabei eine Neuinterpretation der Thematik.

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John Sinclair – Tokatas Todesspur (Folge 63)

Auf der Insel des Schweigens: das Armageddon der Samurai

„Geisterjäger“ John Sinclair ist Oberinspektor in einer Sonderabteilung von Scotland Yard, die sich mit übersinnlichen Fällen befasst. Sinclair wird von einem Kreuz beschützt und gewarnt, das vom Propheten Hesekiel selbst stammt. Zur doppelten Sicherheit trägt er auch eine Beretta-Pistole mit sich, die mit Silberkugeln geladen ist. Werwölfe und ähnliches Gelichter mögen so etwas gar nicht. Heißt es.

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Frank Herbert / Kaiser, Kerstin – DUNE 2: Der Herr des Wüstenplaneten (Hörbuch)

Spannend: Verschwörung gegen den Gott von DUNE

Vorgeschichte: Im 11. Jahrtausend tun sich der Imperator und Harkonnen zusammen, um das Haus Atreides unter Herzog Leto zu vernichten. Die große Mausefalle ist der Wüstenplanet Arrakis, der Köder unermesslicher Reichtum in Form des einzigartigen Rohstoffs |Spice-Mélange|. Der Plan klappt wie am Schnürchen, doch eine Kleinigkeit geht schief: des Herzogs Konkubine und sein Sohn Paul entkommen in die Wüste. Dort bauen sie mit den einheimischen Fremen eine Guerilla-Organisation auf, die droht, die lebenswichtige Spice-Produktion zum Erliegen zu bringen – und damit jeden Verkehr im Imperium! Der Imperator, gezwungen von der Raumfahrtgilde, muss nach Arrakis kommen …

Der Herr des Wüstenplaneten“: Paul Atreides ist der lang erwartete Prophet und führt die Fremen in den Heiligen Krieg. In einem Siegeszug ohnegleichen pflanzt er sein Banner auf alle von Menschen besiedelten Planeten und errichtet das neue Imperium. Doch seine Machtfülle ruft Neider und Gegner auf den Plan, die unermüdlich auf Mittel sinnen, diese Herrschaft zu brechen. Unter die Pilgerscharen, die über Lichtjahre hinweg in die heilige Stadt Arrakeen kommen, mischen sich Meuchelmörder, manipulierte Zeitbomben in Menschengestalt … (korrigierte Verlagsinfo)
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Meyer, Kai – Wunschkrieg (Die Sturmkönige; inszenierte Lesung zu Band 2)

_Voll wilder Magie: die Welt in der Flasche_

Seit über 50 Jahren herrschen die Dschinne über die Wüste zwischen Samarkand und Bagdad. Nur todesmutige Schmuggler wie Tarik al-Jamal mit ihren fliegenden Teppichen wagen sich hinaus in die Einöde. Bis Tariks Geliebte Maryam ein Opfer der Dschinne wird. Seither besteht Feindschaft ihm und seinem Bruder Junis. Erst als die geheimnisvolle Sabatea Junis dazu bringt, sie durchs Dschinnland nach Bagdad zu bringen, beschließt Tarik, die beiden zu beschützen – auch gegen Junis‘ Willen. Eine mörderische Jagd durch die Wüste beginnt, mitten in den Krieg zwischen Dschinnen und Sturmkönigen. (Verlagsinfo)

Zehntausend Dschinne ziehen aus den Wüsten gen Bagdad, dessen Untergang unaufhaltsam scheint. Nur die Zaubermacht des Dritten Wunsches kann diesen Krieg entscheiden. Aber worin besteht der Dritte Wunsch? Kann er wirklich die Welt vor dem Untergang bewahren? Tarik hat alle verloren, die er liebt: Sabatea ist im Kalifenpalast gefangen, sein Bruder Junis kämpft an der Seite der Sturmkönige im Dschinnland. Deren Anführerin hat einen Plan, der sie alle ins Verderben reißen könnte. Aber Tarik gibt nicht auf, findet neue Freunde und stößt auf die Spur des Dritten Wunsches.

Dies ist die Fortsetzung der Trilogie über die Sturmkönige.

1) Dschinnland (September 2008)
2) Wunschkrieg (März 2009)
3) Glutsand (September 2009)

_Der Autor_

Kai Meyer, Jahrgang 1969, studierte Film, Philosophie und Germanistik und arbeitete als Redakteur. Er schrieb schon in jungen Jahren und lieferte unter anderem ein paar Jerry-Cotton-Abenteuer. Sein erster großer Erfolg war „Die Geisterseher“, eine historische „Akte X“. Seit 1996 ist er freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Bisher sind rund 40 Romane von ihm erschienen.

Selbst Kritiker waren von seinem historischen Mystery-Thriller „Die Alchimistin“ begeistert, später folgten „Die fließende Königin“ und „Göttin der Wüste“. Bei |Loewe| erschien mit den „Wellenläufern“ ein Jugend-Fantasyzyklus. „Frostfeuer“ aus dem Jahr 2005 ist eigenständiger Jugendroman. Das Buch wurde mit dem internationalen Buchpreis CORINE ausgezeichnet. 2007 verfilmte Dominik Graf („Treffer“, „Die Katze“) Meyers Roman „Das Gelübde“. Der Autor lebt am Rande der Eifel.

Mehr von Kai Meyer auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Dschinnland“ 5340 (Die Sturmkönige 1, Buchfassung)
[„Dschinnland“ 5635 (Die Sturmkönige; inszenierte Lesung zu Band 1)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)
|Die Alchimistin – Das Hörspiel:|
1) [„Der Stein der Weisen“ 5052
2) [„Das Erbe des Gilgamesch“ 5155
3) [„Die Katakomben von Wien“ 5220
4) [„Das Kloster im Kaukasus“ 5263
5) [„Die Unsterbliche“ 5379
6) [„Die Schwarze Isis“ 5406
7) [„Der Schatz der Templer“ 5427
8) [„Der Alte vom Berge“ 5448

_Der Sprecher_

Andreas Fröhlich ist die deutsche Stimme von John Cusack und Edward Norton. Er wurde 1965 in Berlin geboren; bereits mit sieben Jahren begann er mit der Synchronarbeit, nachdem er im Kinderchor des „Sender Freies Berlin“ entdeckt wurde. 1978 stieg er in der Sprecherrolle des Bob Andrews bei einer der bis heute erfolgreichsten Hörspielreihen Deutschlands, „Die drei Fragezeichen“, ein.

Nach dem Abitur ging Fröhlich zunächst zum Theater, wo er unter anderem Rollen in Büchners „Woyzeck“ und in Shakespeares „Was ihr wollt“ spielte, bis er 1991 wieder zu seiner Arbeit als Synchronsprecher zurückkehrte. Außer als Sprecher arbeitet er als Synchronregisseur und Drehbuchautor, wo er unter anderem für die Synchronisierung von „Der Herr der Ringe“ verantwortlich war. In dieser Trilogie übernahm er auch die Synchronisation des Wesens Gollum. Doch auch die deutschen Dialoge in Filmen wie Disneys „Mulan“ und „The Beach“ stammen aus seiner Feder. (Verlagsinfo)

Fröhlich liest eine gekürzte Romanfassung, die von Aenne Glienke bearbeitet wurde. Regie führte Kathrin Weick, die Aufnahme in den |d.c. studios NRW-Berlin| steuerte Fabian Frischkorn, während Dicky Hank und Dennis Kassel die Musik beisteuerten.

_Handlung_

|Vorgeschichte|

Badgad im 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, aber im 52 Jahr des Dschinnkrieges. Es ist eine Welt voll wilder Magie. Der junge Teppichreiter Tarik al-Jamal hat von Samarkand aus seinen Bruder Junis und dessen rätselhafte Auftraggeberin Sabatea durch das Dschinnland begleitet. Nach einem Angriff von rebellischen Sturmkönigen führte Tarik den Tod des Dschinnfürsten Amarilis herbei und erhielt dabei ein zweischneidiges Andenken: Er kann in eine alternative Welt sehen.

Während sich Junis den Sturmkönigen anschloss, flog Tarik mit Sabatea weiter nach Bagdad, ihrem ursprünglichen Ziel. Vor dem Kalifen Harun al-Raschid musste das Paar seine wahre Identität enthüllen: Sabatea war bislang die Vorkosterin des Emirs von Samarkand, und ihr Blut ist für jeden Menschen tödlich. Tarik musste die Eigenschaft seines Dschinn-Auges enthüllen und wurde des Palastes verwiesen. Er will seine Geliebte unbedingt wiedersehen.

|Gegenwart: Tarik|

Der Angriff der Dschinnarmeen steht kurz bevor, und Bagdad rüstet sich für die Verteidigung. Almarik, der Byzantiner, hat Tarik das Leben gerettet. Doch Tarik erweist sich als wenig dankbar: Er schlägt ihn nieder und raubt dessen Teppich. Damit versucht er auf tollkühne Weise, in den Palast ein- und zu Sabatea vorzudringen. Ein fliegendes Elfenbeinpferd hilft ihm sogar, die Verfolger abzuschütteln. Doch der fremde Teppich erweist sich als zu unhandlich, und Tarik kommt bei einer Kollision beinahe um.

In der Altstadt von Bagdad sucht er deshalb Kabir auf, einen Teppichknüpfer, der ihm quasi einen maßgeschneiderten Teppich liefern soll. Als Tarik ihn nach dem geheimnisvollen Dritten Wunsch fragt, lässt er ihn zu dem Stummen Kaufmann führen. Der ist natürlich nicht stumm, sondern bloß verschwiegen, kannte aber Tariks Vater, einen Schmuggler von Teppichstoffen.

Nachdem Tarik seine Bitte begründet hat, erzählt ihm der Kaufmann, dass es sich beim Ring des Dritten Wunsches um eine Vereinigung einflussreicher Persönlichkeiten Bagdads handelt. Sie vereint die Tatsache, dass sie alle um einen Dritten Wunsch betrogen wurden, und zwar von den Wunsch-Ifrits, hilfreichen Geistern, die selbst aber unschuldig seien. Nun müssen die Menschen mit den missliebigen Folgen ihrer ersten zwei Wünsche leben. Der Bund heuert Ifritjäger an, um doch noch an Dritte Wünsche zu gelangen, Jäger wie Amalrik. Almarik muss von einem sehr hochrangigen Angehörigen des Hofes angeheuert worden sein. Tarik sollte sich diesen Höfling möglichst zum Freund machen. Aber um hineinzugelangen, braucht er Sabatea. Wo mag sie wohl sein?

|Gegenwart: Sabatea|

Sabatea fühlt sich in ihrem Gemach wie in einem Gefängnis, in dem sie von Spiegeln und verborgenen Gucklöchern ausgespäht wird. Bestimmt steht der Hofmagier des Kalifen, Kalis, dahinter. Da landet ein als Gardist gekleideter Teppichreiter auf ihrem Balkon und warnt sie, dass Assassinen in den Palast eingedrungen seien. Sie könne sich notfalls mit seinem Teppich in Sicherheit bringen. Die Kampfgeräusche nähern sich unaufhaltsam, und obwohl sich ihre Wachen tapfer wehren, dringt einer dieser Assassinen in ihr Gemach vor. Es ist ein an der Decke gehendes schwarzes Geschöpf, offenbar aus dem Dschinnland. Sabatea eilt zu ihrem Teppich, um ihm zu entgehen.

|Gegenwart: Junis|

Junis befindet sich im Lager der Sturmkönige, die von seiner und Tariks früheren Geliebten Maryam angeführt werden, die schon sechs Jahre aus Samarkand fort ist. Bei ihr ist ein unheimlicher Junge, der sich als Dschibril vorstellt. Keiner weiß, woher er kommt, aber er verfügt über diejenige Magie, mit der die Rebellen den Wind zu Tornados formen können, auf denen sie reiten und die sie als Waffe gegen die Dschinne einsetzen können. Junis will ebenfalls gegen die Dschinne kämpfen, allerdings auf einem Teppich. Denn falls Tarik, sein Bruder, und Sabatea tot sind, dann will er sie rächen. Maryam hingegen will keine Rache, sondern Freiheit von der Herrschaft der Dschinnfürsten.

Als eine Dschinnarmee das Lager der Sturmkönige angreift, gehen die Rebellen zum Gegenangriff über. Doch eine Kettenmagierin schwebt über den Dschinnen und dirigiert sie, zudem tauchen große Schwarmschrecken auf, welche die Sturmkönige attackieren. Da hat Junis einen verwegenen Einfall und handelt eigenmächtig (was der Anführerin Maryam nicht gefallen dürfte). Er attackiert die Kettenmagierin, wird abgedrängt und stürzt sich im Flug auf eine Schwarmschrecke, um sie mit seinem Schwert zu töten. Ob das wohl gut geht?

_Mein Eindruck_

In diesem Mittelband ist die Handlung auf drei Schauplätze aufgeteilt, auf Tarik, Sabatea und Junis. Es ist also ein klares Ziel dieses Mittelteils, alle wieder zueinander zu führen. Dies gelingt zwar ganz am Schluss, doch davor liegen viel Schweiß, Mühe und Kampf. Alle drei müssen ihr Leben verteidigen und zeigen, dass sie sich durchsetzen und überleben können.

Sabatea bekommt es mit den Kali-Assassinen zu tun, Tarik mit einer Diebesbande, die nur aus Frauen (und einem Sturmkönig) besteht, und Junis wirft sich an Maryams Seite in die Schlacht gegen die Dschinnfürsten und ihre Magier. All dies sollte den Leser bzw. Hörer eigentlich gut unterhalten, denn die Kämpfe sorgen für jede Menge Abwechslung und Spannung.

Was mir jedoch fehlte, war der große Bogen für eine weiterreichende Perspektive. Im ersten Band war dies ganz klar in Form der gefährlichen Reise durchs Dschinnland geboten worden. Der Autor müht sich nun in Band zwei redlich, diesen großen Bogen einzufügen. Schließlich will sein Leser bzw. Hörer ja wissen, wozu all diese Kämpfe gut sein sollen. Das Stichwort lautet „Der dritte Wunsch“.

Wie schon angedeutet, handelt es sich dabei um Magie der Wunsch-Ifrits. Diese possierlichen Wesen erfüllen ihrem „Kunden“ drei Wünsche. Tarik erfährt von einem Ifrit, dem Sabatea geholfen hat und der mit einem Elfenbeinpferd befreundet ist, dass alle Ifrits in der ganzen Welt ihren Dritten Wunsch verloren haben. Die Dschinne haben ihn ihnen entrissen. Der Schlüssel zu dieser Untat liegt in der legendären Stadt Skarabpur. Klarer Fall, dass sich die Gefährten dorthin auf den Weg machen müssen.

Das Finden des Dritten Wunsches löst aber nicht das Problem, dass die Dschinne Bagdad angreifen, ja, dass sie sich die ganze Welt untertan machen und sämtliche Menschen vernichten wollen. Verantwortlich für dieses verhängnisvolle Bestreben ist die Prophezeiung des von Tarik getöteten Dschinnfürsten Amarilis, der eine alternative Welt erblickte, in der es keinerlei Magie gibt – unsere!

Der Schlüssel zu den Dschinnen, ihrem Auftrag und ihrem Erscheinen muss 52 Jahre zurückliegen, denn erst da begannen sie zu erscheinen. Was geschah damals, das sich so verhängnisvoll auswirkte? Kalis, der Hofmagier des Kalifen Harun al-Raschid, hält dafür eine sehr überraschende Antwort bereit: Die ursprüngliche, weitgehend magiefreie Welt wurde von zwei Magiern, die das Übel außer Kontrolle geratener Magie beseitigen wollten, kopiert. Die Kopie steckten sie in eine Flasche (es war nichts Geeigneteres als Behältnis zur Hand). Dies ist Tariks magische Welt. Kein Wunder also, dass sich Maryam wie eingesperrt fühlt – sie muss sich wie ein Buddelschiff vorkommen.

Das Bestreben von Tariks Gefährten und des Magiers Kalis muss es nun sein, alles wieder ins Lot zu bringen. Ob ihnen dies im nächsten Band gelingen wird, bleibt mit Spannung abzuwarten.

|Der Sprecher|

Andreas Fröhlich ist ein wahrer Stimmkünstler. Es hat mich immer wieder verblüfft, wie es ihm gelingt, seine Stimme so flexibel anzupassen, dass er damit die optimale Ausdruckskraft hervorbringt. Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass es Fröhlich war, der in Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung den Gollum spricht.

Auch hier setzt er seine Stimmkunst effektvoll ein. Eine „Silberschlange“ lässt er hinterlistig zischen, einen Byzantiner und einen Hofmagier mit grollendem Akzent sprechen. Ein Dschinnfürst haucht sehr eindrucksvoll seine letzten Worte. Sabatea ist mit einer höheren Stimmlage ausgestattet und wickelt sowohl Tarik als auch Diebinnen mit ihrer sanften verführerischen Stimme um den Finger. Tarik und Junis sprechen in einer normalen, tieferen Stimmlage, doch sie sind schwierig zu unterscheiden. Zum Glück gibt es diesmal nur eine einzige gemeinsame Szenen zwischen den beiden (nämlich ganz am Schluss), so dass die Gefahr der Verwechslung minimal ist.

Am wichtigsten ist die Intonierung der Erzählerstimme. Senkt der Sprecher die Tonhöhe, klingt ein Satz bedrohlich oder geheimnisvoll raunend, je nach Satzmelodie. Diese Feinheiten hat Fröhlich routiniert im Griff. Ich bin mit dieser Sprachaufnahme rundum zufrieden.

|Musik|

Die Musik tritt sowohl in den Pausen zwischen den Kapiteln als auch im Hintergrund auf, das heißt, sie hat sowohl untermalende als auch entspannende oder vorbereitende Aufgaben. Vielfach dient sie dem Übergang zwischen zwei Szenen. In jedem Fall sind ihre Instrumentierung, die Rhythmen und Melodien auf das orientalische Ambiente abgestellt. So hören wir vielfach Tablas und Trommeln, tiefe Flöten und andere Instrumente, die in arabischer Musik üblich sind.

Stets ist der Rhythmus der Stimmung der Szene angepasst, damit die Musik den Text emotional unterstützen kann. So erklingt beispielsweise romantische Musik, wenn sich Sabatea bei Tarik zu einer Liebesnacht einstellt. In Actionszenen beschleunigt die Musik natürlich auf ein hohes Tempo, damit die Kämpfe der Figuren auch nachvollziehbar werden. Hier dominieren dann Trommeln. In jedem Fall ist diese Musikuntermalung professionell gehandhabt, nicht übertrieben und verdeckt nie den Dialog. Es ist eine erfrischende Abwechslung zu den üblichen Hollywood-Scores, die man bei Hörspielen findet. Wunderbarerweise gibt es in dieser inszenierten Lesung auch Geräusche.

|Zusatzinformationen|

Im Einsteckkarton finden sich Informationen über den Autor, den Sprecher und die Macher sowie diverse Werbetexte über weitere Meyer-Hörbücher.

_Unterm Strich_

Obwohl dieser Mittelteil der Trilogie durch Action, Rätsel, neue Elemente und jede Menge Bewegung zu unterhalten weiß und Spannung erzeugt, fragte ich mich doch spätestens nach der Hälfte, was das alles soll. Das lag daran, dass die Perspektive nicht wie im ersten Band durch eine Reise und deren Ziel vorgegeben ist. Stattdessen scheinen sich besonders Sabatea und Tarik ein wenig im Kreis zu drehen, bis sie endlich zueinander finden und sich auf die Suche nach dem Geheimnis des Dritten Wunsches machen. Junis hingegen hat ein klares Ziel: die Bekämpfung der Dschinns, die auf Bagdad, wo er seinen Bruder vermutet, vorrücken. Junis hat selbst ein paar Rätsel zu knacken und Maryam zu gewinnen.

Der Clou dieses Mittelbandes besteht in der Erklärung für die Entstehung dieser magischen Welt. Details habe ich oben erwähnt. Einfach eine Welt in die Flasche zu stecken, klingt schon ziemlich ironisch in Anbetracht des harten Schicksals dieser Weltbewohner. Entweder muss die Flasche in unserer Welt ziemlich groß sein (ziemlich unwahrscheinlich) oder beim Kopieren erheblich verkleinert worden sein: kein schlechter Trick. In jedem Fall fühlt sich der Leser bzw. Hörer jetzt stark an [„Gullivers Reisen“ 1076 erinnert, in der die Körpergröße der Bewohner ja auch ziemlich relativ ist. Ich schwanke noch, ob ich diesen Einfall des Autors als besonders originell oder ausnehmend riskant bewerten soll.

|Das Hörbuch|

Hier handelt es sich nicht um eine gewöhnliche Lesung. Stimmungsvolle Musik aus dem Orient und etliche Geräusche versetzen die Phantasie des Hörers an exotische Schauplätze, wo Liebe, Gefahr und Action das Geschehen bestimmen. Der Sprecher Andreas Fröhlich zeigt auch hier wieder sein ganzes Können. Ich hätte mir neben Spannung und Action noch etwas Humor gewünscht, aber dies ist ja nicht gerade ein Karl-May-Roman, in dem ein Hadschi Halef Omar für das humoristische Element sorgt.

|420 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 978-3-7857-3868-9|
http://www.sturmkoenige.de
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe.de

John Sinclair – Im Tempel des Drachen (Folge 144, Teil 2 von 2)

Die Handlung:

Der unheimliche Shaolin Lin Cho war der einzige Kämpfer gewesen, der die Barbarenhorde hatte aufhalten können – mit Hilfe des Drachengottes, den er im unterirdischen Tempel des Drachen besucht hatte. Tausend Jahre später wandelten Suko und ich im Hochland von Tibet auf Lin Chos Spuren … im Wettlauf mit Shimada! (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Diesmal hat sich der Verlag an die Hörspielumsetzung des Heftromans mit der Nummer
486 gemacht, das erstmalig am 2. November 1987 am gut sortierten Bahnhofskiosk oder manchmal auch in einer Buchhandlung zu bekommen war.

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Edgar Allan Poe – William Wilson (Folge 32)

_Ein fiese Falle, ein perfider Doppelgänger_

Die Hörspiel-Reihe bringt unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör. Mit „Feeninsel“ beginnt die achte Staffel des großen POE-Epos. Die Vorgeschichte findet man in den vorangegangenen 31 Folgen sowie in dem Roman [„Lebendig begraben“,]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3404156757/powermetalde-21 erschienen bei |Bastei Lübbe|.

USA um 1850. Der Mann, der sich POE nennt und kein Gedächtnis besitzt, versucht nach den schrecklichen Erlebnissen in New York City, ein neues Leben zu beginnen. Er glaubt, er ist Poe, wer sonst? Sicher ruht auf dem Friedhof von Baltimore ein Namenloser. Nach seiner neuerlichen Gefangennahme, Verurteilung und Inhaftierung im Irrenasyl auf Blackwell’s Island ist es Poe gelungen, zurück nach Manhattan zu entkommen. Dort trifft er seine Beinahegattin Leonie Goron wieder und nimmt sich vor, seine wahre Identität von seinem Verleger Graham bestätigen zu lassen. Doch das erweist sich als schwieriger als gedacht …

Die |Edgar Allan Poe|-Serie von |STIL| bei |Lübbe Audio|:

#1: [Die Grube und das Pendel 1487
#2: [Die schwarze Katze 755
#3: [Der Untergang des Hauses Usher 761
#4: [Die Maske des roten Todes 773
#5: [Sturz in den Mahlstrom 860
#6: [Der Goldkäfer 867
#7: [Die Morde in der Rue Morgue 870
#8: [Lebendig begraben 872
#9: [Hopp-Frosch 1906
#10: [Das ovale Portrait 1913
#11: [Der entwendete Brief 1927
#12: [Eleonora 1931
#13: [Schweigen 3094
#14: [Die längliche Kiste 2510
#15: [Du hast’s getan 2518
#16: [Das Fass Amontillado 2563
#17: [Das verräterische Herz 2573
#18: [Gespräch mit einer Mumie 3178
#19: [Die Sphinx 3188
#20: [Scheherazades 1002. Erzählung 3202 (auch: Die 1002. Erzählung)
#21: [Schatten 3206 (ursprünglicher Titel: Die Scheintoten)
#22: [Berenice 4394
#23: [König Pest 4408
#24: [Der Fall Valdemar 4420
#25: [Metzengerstein 4471
#26: [Die Flaschenpost 4946
#27: [Landors Landhaus 4966
#28: [Der Mann in der Menge 5000
#29: [Der Kopf des Teufels 5089

Achte Staffel (11/2008):

#30: [Feeninsel 5540
#31: [Teer und Federn 5569
#32: William Wilson
#33: Morella

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia, auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Shortstory. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten.

Mehr von und über Edgar Allan Poe auf |Buchwurm.info|:

[„Faszination des Grauens 554“]
[„Edgar Allan Poes Meistererzähler“ 4832 (Hörbuch)
[„Der Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11, Hörspiel)
[„Der Doppelmord in der Rue Morgue“ 2396 (Hörbuch)
[„Der Streit mit der Mumie“ 1886 (Hörbuch)
[„Die Brille“ 1885 (Hörbuch)
[„Mythos & Wahrheit: Edgar Allan Poe. Eine Spurensuche mit Musik und Geräuschen“ 2933
[„Visionen“ 2554

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon zahlreiche Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken. In der POE-Reihe interpretiert er den Edgar Allan Poe und andere Figuren.

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie unter anderem mit dem |Bambi| und mit der |Goldenen Kamera| ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

Edgar Allan Poe: Ulrich Pleitgen
Leonie Goron: Iris Berben
Rick Ellis: Tilo Schmitz (Ving Rhames, Michael Clarke Duncan)
Griswold: Friedrich Georg Beckhaus (Robert Duvall, Klaus Kinski, Sir Ian Holm)
Mr. Graham: Matthias Klages (Thomas Gibson in „Chicago Hope“, John Allen Nelson in „24“)
Mr. White: Detlef Bierstedt (dt. Stimme von George Clooney)
Glendinning: Bodo Wolf (Christopher Walken, William H. Macy, Robin Williams)
Und andere.

Der deutsche Prolog wird von Heinz Rudolf Kunze vorgetragen, der englische von Giuliana Ertl, die Ansage erledigt André Sander. Die deutsche Hörspielfassung stammt von Melchior Hala nach einer Idee von Marc Sieper, Dicky Hank und Thomas Weigelt. Für Regie, Musik und Ton waren Christian Hagitte und Simon Bertling vom |STIL|-Studio verantwortlich.

_Vorgeschichte_

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon 31 Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Alpträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe nicht von Alpträumen nicht verschont. Doch er findet etwas über seine und Leonies Vergangenheit heraus und welche finstere Rolle Dr. Templeton als Francis Baker darin spielt.

_Handlung_

Nachdem er von Blackwell’s Island – wieder einmal – entkommen ist, besucht Poe seine alte Anlaufstelle, den Wirt Rick Ellis im Gasthaus Madame Lovells. Rick verarbeitet zwar Menschenfleisch zu seinen hervorragenden Pasteten, doch Poe lässt Nachsicht gelten: Rick soll ihm ein Versteck besorgen, denn garantiert werden ihn die Behörden suchen. Rick weiß das optimale Etablissement: eine Gruft auf dem Friedhof von Kingstead. Gerade noch rechtzeitig kann sich Poe vor dem Journalisten Griswold verbergen, mit dem er schon negative Bekanntschaft geschlossen hat („Die Flaschenpost“). Der Typ hielt Poe für einen Hochstapler.

|Griswold|

Die Gruft ist „hübsch“ und hält sogar eines von Poes eigenen Werken bereit, das sein Vorgänger hier vergessen hat. In diesem Buch findet Poe seine eigene Kurzbiografie abgedruckt. Da kommt ihm die zündende Idee: Wenn er doch jemanden braucht, der ihm seine wahre Identität als Poe bestätigen kann, dann doch sein Verleger, Mr. Graham! Wieder bei Rick, trägt er seine Idee vor, doch diesmal wird er von Griswold entdeckt. Dieser bietet wider Erwarten seine Hilfe bei dem Unterfangen an und will den Verleger, den er persönlich kenne, mit Poe zusammenbringen.

|Mr. White|

Am nächsten Morgen trifft Poe vor dem Verlagshaus allerdings keinen Griswold. Auch Mr. Graham sei schon weg, lügt die Pförtnerin. Doch der Cheflektor, Mr. White, werde Poe sicher empfangen. Mr. White ist ein freundlicher und großherziger Mann, wie Poe erfreut feststellt. Vielleicht wendet sich doch noch alles zum Guten. White führt einige Prüfungen durch, darunter der Vergleich von Poes Profil mit einem der Schattenrisse, die White seinerzeit selbst angefertigt hat. Die Schattenrisse der Autoren hängen in Whites geheimem Privatraum, der hinter einem Regal versteckt ist. Als White verspricht, Poe mit Graham zusammenzubringen, geht Poe wie auf Wolken der Glückseligkeit zurück zu Rick. Es wird gefeiert.

|Das Versteck|

Am nächsten Morgen erscheint Poe zur verabredeten Zeit in Grahams Büro und stellt sich der Gestalt, die in einem Stuhl am Fenster sitzt, als Edgar Allan Poe vor. Doch die Gestalt, die abgewandt dasitzt, rührt sich nicht und sagt nichts. Es ist der tote Mr. White! Als er Stimmen kommen hört, versteckt sich Poe flugs in Whites Geheimzimmer hinter dem Bücherregal. Es ist tatsächlich Mr. Graham, allerdings auch Mr. Griswold. Poe zögert, sich aus seinem Versteck hervor zu wagen. Zu seinem Glück. Denn was die zwei sauberen Gentlemen sich zu sagen haben, lässt Poe das Blut in den Adern gefrieren: Er ist in eine teuflische Falle getappt …

_Mein Eindruck_

So weit also die vordergründige Story, die die Suche um Poes Identität wirklich eine gutes Stück weiterbringt. Typisch ist wieder mal der vehemente Stimmungsumschwung zwischen Glückseligkeit und tiefstem Unglück. Unter diesen Wechselfällen des Schicksals hatte Poe ja schon viele Male zu leiden. Dennoch lässt er es sich nicht nehmen, immer wieder von Neuem an sein Glück zu glauben.

Das unvermittelte, erneuerte Auftauchen Griswolds sollte uns stutzig machen. Was hat er hier in New York City zu suchen? Zuletzt sahen ihn Poe und Leonie draußen an der Küste in einem einsamen Gasthof (in „Die Flaschenpost“). Könnte es sich bei Griswold um jenen Schatten handeln, der von Dr. Templeton dabei beobachtet wurde, wie er ihr und ihrem Diener nachschlich (in „Feeninsel“)? Das würde Griswold ein weitaus größere Bedeutung zuweisen, als bislang deutlich geworden ist.

|Der Traum|

Der Grund, warum diese Folge „William Wilson“ betitelt ist, hat jedoch offenbar nichts mit Poes Besuch im Verlag zu tun, sondern vielmehr mit seinem Traum von einem Doppelgänger, eben jenem titelgebenden William Wilson. Der Träumer lernt ihn im Internat kennen und wundert sich: Der Junge heißt genauso wie er selbst. Während des Studiums treibt sich der Träumer in Lasterhöhlen herum, doch der andere Wilson taucht immer wieder auf, um ihm Streiche zu spielen.

Der Träumer entwickelt sich zu einem Meister im Ecarté-Spiel und droht in einem entscheidenden Spiel, Lord Glendinning zu ruinieren. Da taucht der Andere erneut auf, wenn auch vermummt bis über die Nase, und entlarvt das „Original“ als Falschspieler. Doch selbst als der Träumer bis nach Venedig reist und sich beim Karneval an eine liebliche Signorina heranmacht, kann er seinem Doppelgänger nicht entgehen, der sich auch diesmal wieder als Spielverderber zu betätigen versucht. Es kommt zu einem Degenduell, das über Leben und Tod entscheidet. Wer siegt, soll hier nicht verraten werden.

Einen Traum als Plot-Device zu verwenden, ist den Machern der Serie schon etliche Male eingefallen, doch in letzter Zeit haben sie selten zu diesem Stilmittel gegriffen. Umso mehr überrascht es nun und wirkt ein wenig wie die Holzhammermethode, um bei der Hauptfigur die epochale Erkenntnis herbeizuführen, dass ja auch seine Familie über seine Identität Zeugnis ablegen könnte. Potztausend, warum ist er nicht schon früher darauf gekommen? Das fragt sich allerdings auch der Hörer und wundert sich.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Pleitgen spielt die Hauptfigur, ist also in jeder Szene präsent. Er moduliert seine Stimme ausgezeichnet, um das richtige Maß an Entsetzen, Erstaunen oder Neugier darzustellen. Aber Poe kann auch sehr pragmatisch agieren, und Pleitgen weiß die scharfe Beobachtungsgabe seiner Hauptfigur wie auch dessen Hinterlist ebenso glaubwürdig darzustellen. Sein Poe ist kein hilflos durch die Gassen torkelnder Somnambuler, sondern ein hellwacher Geist, der nur ab und zu unter ein paar Bewusstseinstrübungen leidet, die ihn in Gestalt von Träumen heimsuchen. Diese Träume, so erkennt er schließlich, sind Erinnerungen an seine eigenen Erzählungen.

Die Nebenfiguren sind wenig bemerkenswert, bis auf den Sprecher des Mr. White vielleicht. Detlef Bierstedt, sonst als deutsche Stimmbandvertretung von George Clooney im Einsatz, verleiht Mr. White eine flexible und glaubwürdige Erscheinung. Denn es gilt ja, eine ganze Menge Fragen zu beantworten und Mr. White in kürzester Zeit zu charakterisieren. Wie kann es sich dieser Lektor leisten, in seinen Büroräumen ein Geheimzimmer einzurichten und vor seinem Chef zu verbergen? Warum fertigt er von seinen Autoren Scherenschnitte an und keine Fotos? (Es gab damals ja bereits Daguerreotypien – vielleicht waren sie noch zu teuer.)

Sehr gut gefiel mir Tilo Schmitz in der Rolle des Wirtes Rick. Sein Name gemahnt ja an Rick’s Café in dem Filmklassiker „Casablanca“. Kein Wunder, dass bei ihm alle möglichen Flüchtlinge vorbeischauen, so etwa auch Poe. Rick hat seine eigenen Geheimnisse, so etwa seine berühmt-berüchtigten Fleischpasteten aus menschlichem Ursprungsmaterial. (Siehe dazu Folge 21 „Schatten“).

|Geräusche|

Der Sound liegt im Format PCM-Stereo vor, wie mir mein DVD-Spieler angezeigt hat, und klingt glasklar. Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt.

Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet. Aber sie werden nur ganz gezielt dort eingesetzt, wo sie einen Sinn ergeben. Wiederholt ist eine Glocke zu hören, sei es nun von einer Turmuhr (bitte die Schläge zählen – ein wichtiger Hinweis), oder auf dem Friedhof.

Diese untere Schicht von Geräuschen wird von der Musik ergänzt, die eine emotionale Schicht einzieht. Darüber erst erklingen die Stimmen der Sprechen: Dialoge, aber auch Rufe und sogar Schreie. Durch diese Klang-Architektur stören sich die akustischen Ebenen nicht gegenseitig, sind leichter aufzunehmen und abzumischen. Das Ergebnis ist ein klares Klangbild, das den Zuhörer nicht von den Informationen, die es ihm liefert, ablenkt.

|Musik|

Die Musik erhält eine wichtige Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der jeweiligen Hauptfigur und ihres Ambientes darzustellen. Allenthalben ist Poes musikalisches Leitmotiv zu hören sowie der Chor „Dies illa, dies irae“, der das Verhängnis – „jenen Tag des Zorns“ – ankündigt. Hinzukommen sehr tiefe, unheilvoll und bedrohliche wirkende Bässe. Sie werden von diversen elektronisch erzeugten Sounds ergänzt, die ich einfach mal der Musik zuschlage. Zur Abwechslung gibt es ein paar flotte Passagen, so etwa in der finalen Fechtszene des Traums.

Ein Streichquartett und Musiker des Filmorchesters Berlin wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen. Das Booklet führt die einzelnen Teilnehmer detailliert auf, so dass sich niemand übergangen zu fühlen braucht. An der Musik gibt es absolut nicht auszusetzen. Für die jüngere Generation mag sie aber zu klassisch orientiert sein. Rockige Klänge finden Jüngere eher in |LPL|s „Offenbarung 23“ oder „Jack Slaughter“.

|Der Song|

Jede Folge der Serie wird mit einem Song abgeschlossen, und in jeder Staffel gibt es einen neuen Song. Diese Staffel enthält den Song „You see“ von der deutschen Gruppe |[Elane.]http://www.powermetal.de/review/review-12848.html |Die Stilrichtung entspricht einem weiterentwickelten Celtic Folk Rock, wie er von der Gruppe |Clannad| in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt wurde. Auch bei |Elane| wird englische mit gälischer Sprache kombiniert.

Die Musik verbindet Romantik und sehnsuchtsvolle Mystik, was einerseits durch die Instrumentierung, zum anderen durch den mehrstimmigen Frauengesang betont wird. Zu den Instrumenten, die für Folk Rock obligatorisch sind, gehören die akustische Gitarre, die Harfe und die Flöte. Dass Drums, E-Gitarre und E-Bass eine elektrisch verstärkte Rhythmusgruppe bilden, wurde schon von |Clannad| als Standard etabliert. Besonders interessant bei |Elane| ist die Mehrstimmigkeit.

Ich konnte zwei tiefe Frauenstimmen ausmachen und eine hohe Frauenstimme, also Alt und Sopran. Die Überlagerungen machen die Harmonien zu einer kniffligen Angelegenheit der gegenseitigen Abstimmung, sonst können leicht Disharmonien oder gar Rhythmusstörungen entstehen. Soweit ich hören könnte, gelingt die Polyharmonie jedoch durchweg einwandfrei – Applaus.

_Unterm Strich_

Auf diese Folge habe ich schon lange gewartet. Sie beruht auf einer frühen Erzählung Poes, und nur wenige Male hat er sich überhaupt mit dem romantischen Thema des Doppelgängers beschäftigt. Umso wichtiger also ist diese Story.

Doch wie enttäuscht war ich von ihrer Umsetzung in dem Hörspiel. Zunächst wird sie als Traum sozusagen ausgelagert, statt in Poes Suche nach Identität eingebettet zu werden. Vielleicht wäre das den Machern zu kompliziert geworden. Das Stilmittel des Traums ist sowohl Poe als auch uns sattsam bekannt, so etwa aus „Das verräterische Herz“. Auch in der nächste Episode „Morella“ wird es eingesetzt, allerdings wesentlich raffinierter, weil der Schläfer nicht zwischen Traum und Wachtraum/Einflüsterung zu unterscheiden vermag.

Diese Episode dient dazu, wieder mal eine Hoffnung Poes auf Bestätigung seiner Identität zu bestätigen und zugleich zu zerschlagen. Und sie lässt Mr. Griswold, den perfiden Nachlassverwalter des historischen Poe, ein weiteres Mal in einer ominösen Rolle auftreten. Ob zwischen ihm und Poe bzw. Leonie eine schicksalhafte Verbindung besteht, muss sich noch erweisen. Aber ich würde nicht darauf wetten. Auf jeden Fall trägt er zu einer spannenden Handlung bei, indem er die Widersacher Poes repräsentiert, die dessen Auferstehung verhindern wollen. Ein toter Dichter ist eben viel lukrativer als ein lebender.

|Das Hörspiel|

Die akustische Umsetzung ist vom Feinsten, und man merkt in jeder Szene, wie viel Sorgfalt die Mitwirkenden und Macher aufgewendet haben, um die Episode reizvoll und stimmungsvoll zu gestalten. Ein Highlight ist für mich die Szene in Mr. Whites Geheimzimmer, in dem Poe von der grausamen Falle erfährt, in die er gelockt worden ist.

|57 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3688-3|
http://www.poe.phantastische-hoerspiele.de
http://www.luebbe-audio.de
http://www.elane-music.de

Arnaldur Indriðason – Codex Regius (Lesung)

Literaturthriller: Die Jagd nach der Handschrift

Kopenhagen in den 1950er Jahren: Die Begegnung mit seinem Professor stellt Valdemars bisher beschauliches Leben völlig auf den Kopf. Der junge Isländer war nach Dänemark gereist, um hier über die alten Pergamenthandschriften zu forschen. Dort kommt er düsteren Geheimnissen auf die Spur und macht sich zusammen mit dem Professor auf die Suche nach einer Reihe verloren gegangener Manuskripte. Ihre Jagd führt die beiden durch halb Europa und nicht selten geraten sie dabei in große Gefahr – denn für diese wertvollen Kulturschätze sind andere bereit, über Leichen zu gehen… (Verlagsinfo)
Arnaldur Indriðason – Codex Regius (Lesung) weiterlesen

Edgar Allan Poe – Teer und Federn (Folge 31)

_Revolutionäre Heilmethode: Teeren und Federn_

Die Hörspiel-Reihe bringt unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör. Mit „Feeninsel“ beginnt die achte Staffel des großen POE-Epos. Die Vorgeschichte findet man in den vorangegangenen 30 Folgen sowie in dem Roman [„Lebendig begraben“,]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3404156757/powermetalde-21 erschienen bei |Bastei Lübbe|.

USA um 1850. Der Mann ohne Gedächtnis, einst Insasse eines Irrenhauses und Opfer einer medizinischen Behandlung, weiß nun, wer er ist: Edgar Allan Poe. In seinem Grab ruht ein namenloser Landstreicher. Doch mittlerweile ist er wieder eingesperrt worden: als Mörder und Hexer verurteilt, sitzt er in einer Zelle des Irrenasyls auf Blackwell’s Island.

Als seine Beinahegattin Leonie Goron in der Anstalt auftaucht, ahnt er nicht, dass sie den Beweis für seine Unschuld gefunden hat. Ihr Anblick, bei dem er sich nicht verraten darf, gibt ihm Auftrieb, um in den Untergrund unter seiner Bettstatt zu graben. So gelangt er in die Zelle nebenan. Der dortige Insasse gibt ihm einen Rat, wie er todsicher aus der Anstalt fliehen kann. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Die Insassen übernehmen die Anstalt!

Die |Edgar Allan Poe|-Serie von |STIL| bei |Lübbe Audio|:

#1: [Die Grube und das Pendel 1487
#2: [Die schwarze Katze 755
#3: [Der Untergang des Hauses Usher 761
#4: [Die Maske des roten Todes 773
#5: [Sturz in den Mahlstrom 860
#6: [Der Goldkäfer 867
#7: [Die Morde in der Rue Morgue 870
#8: [Lebendig begraben 872
#9: [Hopp-Frosch 1906
#10: [Das ovale Portrait 1913
#11: [Der entwendete Brief 1927
#12: [Eleonora 1931
#13: [Schweigen 3094
#14: [Die längliche Kiste 2510
#15: [Du hast’s getan 2518
#16: [Das Fass Amontillado 2563
#17: [Das verräterische Herz 2573
#18: [Gespräch mit einer Mumie 3178
#19: [Die Sphinx 3188
#20: [Scheherazades 1002. Erzählung 3202 (auch: Die 1002. Erzählung)
#21: [Schatten 3206 (ursprünglicher Titel: Die Scheintoten)
#22: [Berenice 4394
#23: [König Pest 4408
#24: [Der Fall Valdemar 4420
#25: [Metzengerstein 4471
#26: [Die Flaschenpost 4946
#27: [Landors Landhaus 4966
#28: [Der Mann in der Menge 5000
#29: [Der Kopf des Teufels 5089

Achte Staffel (11/2008):

#30: [Feeninsel 5540
#31: Teer und Federn
#32: William Wilson
#33: Morella

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia, auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Shortstory. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten.

Mehr von und über Edgar Allan Poe auf |Buchwurm.info|:

[„Faszination des Grauens 554“]
[„Edgar Allan Poes Meistererzähler“ 4832 (Hörbuch)
[„Der Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11, Hörspiel)
[„Der Doppelmord in der Rue Morgue“ 2396 (Hörbuch)
[„Der Streit mit der Mumie“ 1886 (Hörbuch)
[„Die Brille“ 1885 (Hörbuch)
[„Mythos & Wahrheit: Edgar Allan Poe. Eine Spurensuche mit Musik und Geräuschen“ 2933
[„Visionen“ 2554

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon zahlreiche Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken. In der POE-Reihe interpretiert er den Edgar Allan Poe und andere Figuren.

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie unter anderem mit dem |Bambi| und mit der |Goldenen Kamera| ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

Edgar Allan Poe: Ulrich Pleitgen
Leonie Goron: Iris Berben
Direktor: Frank Glaubrecht (Pierce Brosnan, Kevin Coster, Al Pacino, Christopher Walken …)
Mr. Maillard: Klaus Wiesinger
Abraham Farry: Klaus-Dieter Klebsch (Alec Baldwin, Peter Stormare, Gabriel Byrne)
Sowie Ingo Albrecht (Dwayne ‚The Rock‘ Johnson, George ‚Superman‘ Newbern) und Kim Hasper (Jason Biggs, James Franco, Jamie Oliver).

Der deutsche Prolog wird von Heinz Rudolf Kunze vorgetragen, der englische von Giuliana Ertl, die Ansage erledigt André Sander. Die deutsche Hörspielfassung stammt von Melchior Hala nach einer Idee von Marc Sieper, Dicky Hank und Thomas Weigelt. Für Regie, Musik und Ton waren Christian Hagitte und Simon Bertling vom |STIL|-Studio verantwortlich.

_Vorgeschichte_

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon 30 Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Alpträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe nicht von Alpträumen nicht verschont. Doch er findet etwas über seine und Leonies Vergangenheit heraus und welche finstere Rolle Dr. Templeton als Francis Baker darin spielt.

_Handlung_

Der Mann, der nun weiß, dass er Edgar Allan Poe ist, sitzt für diese Behauptung in der Irrenanstalt auf Blackwell’s Island ein. Er ist isoliert, und es gibt kein Entkommen. Die Wärter sprechen nicht mit ihm, und der Direktor lässt ihn so lange hinter Gittern, bis er seinen Wahn zugibt. Immerhin hat Poe belauscht, dass es in die Gebäudeflügel noch eine Zelle gibt. Ob sie wohl leer ist?

|Der Tunnel|

Seine Knöchel sind inzwischen blutig vom Abklopfen der Bodenplatten seiner Zelle. Doch unter seiner Bettstatt, die am Boden festgeschraubt ist, entdeckt er einen Hohlraum. Mit einem gestohlenen Löffel, dessen Diebstahl er einem Raben und einer Elster zuschreibt, gelingt es ihm, die Fugen um die Platte auszukratzen und die Platte anzuheben. Darunter befindet sich zu seinem Erstaunen eine Röhre, die ins Erdreich führt: ein Tunnel?

Bevor er hineinkriecht, hört er die entzückende Stimme Leonies. Sie gibt vor, eine Journalistin aus England zu sein, die sich für die Behandlungsmethoden der Stadt New York interessiert. Der liberal eingestellte Direktor führt sie gerne herum. Sie fragt nach Langzeit- und Kurzzeitinsassen: Werden sie unterschiedlich behandelt? Poe fragt sich, ob sie zu ihm kommen wird.

|Der Schatzsucher|

Doch der Tunnel führt nur in die benachbarte Zelle statt in die Freiheit. Dort sitzt ein alter Mann ein, der sich Abraham Farry nennt und Poe seine Geschichte erzählt. Er stamme aus einer europäischen Familie, die schon immer die Grenze der Zivilisation bevorzugte. Im Indianerland sei er auf einen Schatz gestoßen und vergrub das Gold in einer Hütte. Die Micmacs duldeten seine Anwesenheit, doch er beging den Fehler, einen ihrer Friedhöfe zu betreten. Dort sei er wahnsinnig geworden. Inzwischen habe er sich wieder erholt und jahrelang den Tunnel gegraben, den Poe benutzte.

|Der Plan|

Farry behauptet, er habe nur noch drei Tage zu leben, so krank sei er inzwischen. Doch selbst sein toter Körper könne Poe noch zur Flucht verhelfen. Dann erzählt er ihm, auf welche Weise dieser aus der Irrenanstalt entkommen könne: Poe müsse sich schuldig bekennen. Man werde ihn zum Tod am Galgen verurteilen und auf einem Karren zur Richtstätte fahren. Die Fahrt sei die einzige Gelegenheit, sich mit einem Werkzeug der Fesseln zu entledigen. Dieses Werkzeug müsse sich Poe zuvor aus einem Knochen Farrys zurechtfeilen. Poe habe nur diese eine Chance.

|Leonie|

Leonie besucht Poe – endlich! Doch der verrät sich kein einziges Mal, um seinen Plan nicht zu gefährden, und sie muss wieder gehen, ohne etwas erfahren zu haben. Als endlich alles bereit ist und Poe zum Galgen geführt werden soll, öffnet sich Poes Zellentür. Doch weder die gewohnten Wärter noch der Direktor stehen davor, sondern zwei Gentlemen, die sich Maillard und De Coq nennen. Sie führen Poe in einen Speisesaal, in dem bereits andere Insassen sitzen und auf Speis und Trank warten. Poe ist verwirrt: Wer sind diese Leute? Werden sie seinen Plan scheitern lassen?

Am einen Ende der Tafel ragt unheilvoll ein großes Gestell empor, das schwarz verhüllt ist. Was mag sich darunter verbergen?

_Mein Eindruck_

Die Irren übernehmen die Anstalt. Dieser oftmals gebrauchte ironische Ausdruck wird mitunter auf die Demokratie angewendet, meist natürlich von Verfechtern antidemokratischer Herrschaftsverhältnisse wie etwa Faschisten. Sie wollen Revolutionen des Volkes diffamieren und in Misskredit bringen. Doch in Poes ursprünglicher Geschichte dient die Übernahme einer neuartigen Heilungsmethode für Geisteskranke. Professor Feather und Dr. Tarr haben sie erfunden und versprechen sich erheblichen Erfolg, indem sie die Geisteskranke wie „Normale“ behandeln. Das klingt schon richtig modern: Endlich werden die Irren nicht mehr wie Vieh weggesperrt, sondern quasi resozialisiert. Müsste doch wunderbar klappen, oder?

Das lässt für Poes Schicksal wirklich hoffen. Doch wer die musikalische Version der Story anhört, die Alan Parsons auf „Tales of Mystery and Imagination“ veröffentlichte, der ahnt, dass das Unheil mit Riesenschritten naht. Nicht nur ist die Musik ganz schön rockig, um Gewalttätigkeit anzudeuten, sondern auch das Stimmengewirr signalisiert Chaos und Disziplinlosigkeit. Wo ist die Führung, wenn man sie braucht? Die Herren Maillard und Le Coq, die Poe abholen (ihre Namen bedeuten „Stockente“ und „Hahn“), richten herzlich wenig aus. Poe ahnt, dass Unheil droht.

Es tritt in zweifacher Gestalt auf. Erstens wird das aufragende Gestell enthüllt, doch ich werde nicht verraten, worum es sich handelt. Poe fährt der Schrecken in die Glieder. Und zweitens folgt auf die ungenehmigte Übernahme der Anstalt quasi die Konterrevolution: Der Direktor und seine Leute können sich befreien und greifen die Insassen der Anstalt an. Nun folgt eine sarkastische Anwendung des Systems von Prof. Feather und Dr. Tarr: Wie ihr Name schon sagt, finden Federn und Teer praktische Anwendung – an den Insassen. Dann stecken die Wärter sie in Brand …

Rette sich, wer kann, sagt sich Poe und verkrümelt sich an einen strategisch günstigen Ort: auf den Leichenkarren …

Man kann also diese hintersinnige Erzählung als Poes Parabel auf die französischen Revolutionen von 1789, 1830 und 1848 lesen. (Poe starb im Herbst 1849.) Mit sarkastischer Ironie fasst er die Ironie als eine dirigierte Heilungsmethode auf. Weil sie aber nicht von den zu Heilenden ausgeht, sondern von Wohlmeinenden, geht der Schuss nach hinten los und vernichtet die Aufständischen durch die gegenteilige Anwendung der Heilmethode seitens der Konterrevolutionäre. Das „System von Prof. Feather und Dr. Tarr“ ist als Heilmethode denkbar ungeeignet. Der Patient muss selbst wissen, was ihn heilen kann. Genau wie das Volk, das sich Besserung hofft, sich selbst helfen muss – wie etwa die Amerikaner.

_Die Inszenierung_

|Mr. Poe|

Pleitgen spielt die Hauptfigur, ist also in jeder Szene präsent. Er moduliert seine Stimme ausgezeichnet, um das richtige Maß an Entsetzen, Erstaunen oder Neugier darzustellen. Aber Poe kann auch sehr pragmatisch agieren, und Pleitgen weiß die scharfe Beobachtungsgabe seiner Hauptfigur wie auch dessen Hinterlist ebenso glaubwürdig darzustellen.

Sehr beeindruckt war ich von Klaus-Dieter Klebsch und seiner Darstellung des Abraham Farry, einer wohl frei erfundenen Figur. In diesem Charakter steckt eine Menge Potentzal, denn wir erfahren von übernatürlichen Kräften der Farry-Sippe und von Farrys Leben unter den Indianern. An einer Stelle war ich an Stephen Kings [„Friedhof der Kuscheltiere“ 3007 erinnert, als es um den Indianerfriedhof der Micmac-Indianer ging. Ob Poe schon davon wusste, kann ich nicht sagen, aber H. P. Lovecraft kannte definitiv die dunklen Legenden über diese Begräbnisstätten in Neu-England, denn er ließ sie in manchen seiner Horror-Erzählungen auftauchen.

Iris Berben „spielt“ ein paar kurze Auftritte als Leonie Goron. Wieder erscheint Leonie als eine weltkluge Lady, die sich sehr um ihren Beinahe-Ehemann Poe bemüht. Sie wird ihn erst in der übernächsten Folge in die Arme schließen können.

|Geräusche|

Der Sound liegt im Format PCM-Stereo vor, wie mir mein DVD-Spieler angezeigt hat, und klingt glasklar. Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt.

Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet. Aber sie werden nur ganz gezielt dort eingesetzt, wo sie einen Sinn ergeben. Die Geräusche in der Irrenanstalt sind teils lokal, teils entfernt. Lokal bedeutet in diesem Fall in Poes Zelle, in Farrys Zelle und im Speisesaal. Die Speisesaalszene ist geradezu surreal inszeniert, denn Poe glaubt ja, dass ihm nun sein letztes Stündlein geschlagen hat.

Die entfernten Geräusche bestehen aus Rabenkrächzen (man denke an Poes Gedicht „The Raven“), Elstern-Keckern und – tatsächlich – einem heulenden Wolf. Dies sind allesamt Signale des Todes: Poe befindet sich wahrlich „in profundis“. Sogar eine Glocke schlägt ihm die letzte Stunde, und ein penetrantes Uhrenticken im Speisesaal trägt auch nicht gerade zu seiner Beruhigung bei.

Diese untere Schicht von Geräuschen wird von der Musik ergänzt, die eine emotionale Schicht einzieht. Darüber erst erklingen die Stimmen der Sprechen: Dialoge, aber auch Rufe und sogar Schreie. Durch diese Klang-Architektur stören sich die akustischen Ebenen nicht gegenseitig, sind leichter aufzunehmen und abzumischen. Das Ergebnis ist ein klares Klangbild, das den Zuhörer nicht von den Informationen, die es ihm liefert, ablenkt.

|Musik|

Die Musik erhält eine wichtige Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der jeweiligen Hauptfigur und ihres Ambientes darzustellen. Allenthalben ist Poes musikalisches Leitmotiv zu hören sowie der Chor „Dies illa, dies irae“, der das Verhängnis – „jenen Tag des Zorns“ – ankündigt.

Hinzukommen sehr tiefe, unheilvoll und bedrohliche wirkende Bässe. Sie werden von diversen elektronisch erzeugten Sounds ergänzt, die ich einfach mal der Musik zuschlage. Diese Sounds klingen teils metallisch kalt und bedrohlich, teils bestehen sie aus Rumpeln und Grollen, und das ist ja auch nicht gerade beruhigend. Je surrealer die Szene im Speisesaal der Irren wirken soll, desto dissonanter fallen die Kadenzen der Musik aus. Diese Szene gipfelt nicht in einem Fiasko oder einer Katastrophe, sondern in einem Massaker. Kann Poe dem entrinnen?

Ein Streichquartett und Musiker des Filmorchesters Berlin wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen. Das Booklet führt die einzelnen Teilnehmer detailliert auf, so dass sich niemand übergangen zu fühlen braucht. An der Musik gibt es absolut nicht auszusetzen. Für die jüngere Generation mag sie aber zu klassisch orientiert sein. Rockige Klänge finden Jüngere eher in |LPL|s „Offenbarung 23“ oder „Jack Slaughter“.

|Der Song|

Jede Folge der Serie wird mit einem Song abgeschlossen, und in jeder Staffel gibt es einen neuen Song. Diese Staffel enthält den Song „You see“ von der deutschen Gruppe |[Elane.]http://www.powermetal.de/review/review-12848.html |Die Stilrichtung entspricht einem weiterentwickelten Celtic Folk Rock, wie er von der Gruppe |Clannad| in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt wurde. Auch bei |Elane| wird englische mit gälischer Sprache kombiniert.

Die Musik verbindet Romantik und sehnsuchtsvolle Mystik, was einerseits durch die Instrumentierung, zum anderen durch den mehrstimmigen Frauengesang betont wird. Zu den Instrumenten, die für Folk Rock obligatorisch sind, gehören die akustische Gitarre, die Harfe und die Flöte. Dass Drums, E-Gitarre und E-Bass eine elektrisch verstärkte Rhythmusgruppe bilden, wurde schon von |Clannad| als Standard etabliert. Besonders interessant bei |Elane| ist die Mehrstimmigkeit.

Ich konnte zwei tiefe Frauenstimmen ausmachen und eine hohe Frauenstimme, also Alt und Sopran. Die Überlagerungen machen die Harmonien zu einer kniffligen Angelegenheit der gegenseitigen Abstimmung, sonst können leicht Disharmonien oder gar Rhythmusstörungen entstehen. Soweit ich hören könnte, gelingt die Polyharmonie jedoch durchweg einwandfrei – Applaus.

_Unterm Strich_

Diese Folge fängt erst ganz langsam an, steigert sich dann in einem Wendepunkt des Ausbruchs und der Hoffnung, um dann in einem furiosen Finale seinen garstigen Höhepunkt zu erreichen. Das ist klassische Tragödiendramaturgie, wie man sie seit der Antike kennt. Das Dumme ist nur, dass sie dem modernen jungen Zuhörer einiges an Geduld abverlangt.

Doch die Geduld wird belohnt, und so zähle ich auch diese Folge zu den gelungeneren. Was man allerdings vom „System des Prof. Feathers und Dr. Tarr“ mitbekommt, ist herzlich wenig. Das macht aber nichts. Es gab schon viele Folgen, in denen fast nur ein Leitmotiv aus einer Poe-Story übernommen wurde, so in „Kopf des Teufels“. Dennoch kann man sich mit einiger Phantasie vorstellen, dass es hier um Revolution (als Umwälzung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse) und Konterrevolution geht.

|Das Hörspiel|

Die akustische Umsetzung ist vom Feinsten, und man merkt in jeder Szene, wie viel Sorgfalt die Mitwirkenden und Macher aufgewendet haben, um die Episode stimmungsvoll und zuletzt surreal und actionreich zu gestalten. Ein Highlight ist für mich die Szene in Abraham Farrys Zelle, wo wir nicht nur einen völlig anderen Blickwinkel erleben, sondern Poe auch ein Rettungsplan vorgelegt wird.

|70 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3687-6|
http://www.poe.phantastische-hoerspiele.de
http://www.luebbe-audio.de
http://www.elane-music.de

Lueg, Lars Peter / Richter, Devon / Frey, Nikola – Hexensabbat (Offenbarung 23, Folge 37)

Kurios: Königin Luises Wiederauferstehung

Ein paar Adelige aus der Prätorianer-Loge wollen Königin Luise wieder zum Leben erwecken – mit Pia von Boysen als Blutopfer! Dürfen Tom Baumann und Florian das zulassen? Selbstredend nicht!

„In einer Zeit, in der kein Geheimnis sicher ist vor unbarmherzigen Erpressern, rücksichtslosen Verschwörern, bestechlichen Behörden oder machthungrigen Geheimdiensten, kannst du nur dir selbst vertrauen. Wenn du die Wahrheit wirklich wissen willst, brauchst du Stärke und Mut. Niemand wird dir dafür danken, aber vielleicht kannst du die Welt verändern.

Was steckt hinter den Mysterien von Magie und Astrologie? Gibt es ein verborgenes Wissen, das niemand jemals ergründen darf? Kann es sein, dass es dort draußen mehr gibt als das, was man mit wissenschaftlichen Methoden erklären kann? Oder steckt eine einfache Erkenntnis hinter allem, was wir als ‚okkult‘ bezeichnen?“ (abgewandelte Verlagsinfo)
Lueg, Lars Peter / Richter, Devon / Frey, Nikola – Hexensabbat (Offenbarung 23, Folge 37) weiterlesen

Montanari, Richard – Lunatic (Hörbuch)

_Der Mann im Mond: besessen von Märchen_

Eine schöne junge Frau sitzt in einem langen, altmodischen Kleid am Ufer des Schuylkill River und starrt zum bleichen Mond empor. Auf den ersten Blick wirkt sie wie eine Puppe auf einem Regal, aber keineswegs tot. Auf den zweiten Blick sieht man, dass ihre roten Schuhe fehlen. Ebenso wie die Füße …

Die Detectives Kevin Byrne und Jessica Balzano von der Mordkommission Philadelphia ermitteln und stoßen bald auf weitere solche puppenhaften Frauenleichen, eine mit einer lebenden Nachtigall in den Händen, die andere mit einer Plastikseerose. Alle sind mit einem winzigen Mond bemalt. Die infrage kommenden Verdächtigen werden ebenfalls zu Opfern, ebenso ein gerade pensionierter Polizist.

Byrne und Balzano kommt ein schrecklicher Verdacht. Haben sie es vielleicht mit zwei verschiedenen Tätern zu tun? Einem Wahnsinnigen, der auf blutige Weise Andersens Märchen inszeniert, und einem skrupellosen Rächer, der alle Verdächtigen umbringt …

_Der Autor_

Richard Montanari, geboren in Cleveland, Ohio, wuchs in einer traditionellen italienisch-amerikanischen Familie auf. Er ist als Autor, Drehbuchschreiber und Essayist tätig. Seine Werke erscheinen nach Verlagsangaben in über zwanzig Ländern.

Bisher erschienen neben „Lunatic“ noch „Violett ist die Nacht“, „Crucifix“ und „Mefisto“ auf Deutsch. 2009 veröffentlicht |Lübbe| den Thriller „Septagon“.

Richard Montanari auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Richard Montanari]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=82
[„Crucifix“ 2818 (Hörbuch)
[„Mefisto“ 3681 (Hörbuch)
[„Lunatic“ 5003 (Buch)

_Der Sprecher_

Matthias Koeberlin, geboren 1974, absolvierte die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam. Im Jahr 2000 erhielt er den Günter-Strack-Fernsehpreis. Er spielte den Stephen Foxx in der |ProSieben|-Verfilmung des Bestsellers [„Das Jesus-Video“. 267 Für seine Interpretation der Hörbuchfassung von Eschbachs Bestseller wurde er für den Deutschen Hörbuchpreis des WDR (2003) nominiert. 2007 gewann er gegen renommierte Konkurrenz als „Bester Schauspieler“ den „Deutschen Fernsehpreis“.

Koeberlin liest eine gekürzte Textfassung. Regie führte Kerstin Kaiser, die Aufnahme in den dc-Studios, NRW-Berlin, verantwortete Christian Päschk, die Musik lieferten Dennis Kassel und Horst-Günther Hank.

_Handlung_

Im August 2001 erwacht Detective Walter Brigham wieder mal aus seinem wiederkehrenden finsteren Albtraum. Er hat von den zwei Mädchen geträumt, die im April 1995 im Fairmount Park von Philadelphia verschwanden und wenig später ermordet aufgefunden wurden. Zusammen mit seinen Kollegen hat er bislang vergeblich nach einer ergiebigen Spur gesucht, doch nun ist er auf das Foto eines alten Hauses auf dem Land gestoßen. Wer weiß, wohin ihn diese Spur führt.

Im Dezember 2006 beobachtet spätabends der junge Mann, der sich Moon nennt, eine junge Frau, die einen Waschsalon verlässt, um ihre saubere Wäsche nach Hause zu bringen. Sie kommt nicht weit. Bald steht er am Schuylkill River und legt die junge Frau ab. Sie ist sehr tot – und definitiv nicht die gesuchte Prinzessin mit den roten Schuhen. Schade. Nun muss er weitersuchen.

Detective Jessica Balzano, 30, Tochter eines bekannten Polizisten, betritt das Hauptquartier der Polizei von Philadelphia. Ihr Kollege Kevin Byrne überrascht sie mit einem neuen Bart um sein Kinn. Er nimmt sie mit zum Schuylkill River, wo ein weibliches Mordopfer an einem verlassenen Geschäfts- oder Lagerhaus gefunden wurde. Sie haben einen neuen Kollegen, Joshua Bontregger, einen Amish. Sie fassen es nicht: ein Amish als Polizist! Byrne schluckt, als Bontregger erzählt, er sei acht Jahre bei der Verkehrspolizei gewesen und jetzt neu bei der Mordkommission. Na, das kann ja heiter werden.

Die Leiche ist die einer hübschen, etwa 20 Jahre alten Blondine. Sie trägt ein auffallend altmodisches, langes rosa Kleid und einen Gürtel um den Hals. Wurde sie damit erdrosselt? Als Byrne einen Blutfleck am Saum entdeckt, fällt ihm erst auf, dass die junge Frau nicht nur keine Schuhe trägt, sondern überhaupt keine Füße mehr hat. Der Rechtsmediziner Dr. Thomas Wyridge schätzt, dass sie über 48 Stunden tot ist. Wieso hat niemand sie entdeckt oder als vermisst gemeldet? Auf ihrem Unterleib, der völlig intakt ist, entdeckt Wyridge eine kleine Zeichnung: ein Miniaturbild vom Mann im Mond.

Balzano und Byrne befragen den Betreiber eines Schnellimbisswagens und dessen Kunden. Dieser Will Patterson aus Plymouth Valley bezeichnet sich als Maurer, der auf einer Baustelle in der Nähe arbeite. Er will einen komischen Typen auf einem Parkplatz gesehen haben, der den Mond anstarrte, konnte ihn aber nicht erkennen.

Nachdem sie auch den Besitzer des Tatort-Hauses, einen Mr. Hornström, befragt haben, finden sie die Identität der Toten in der Vermisstendatenbank. Es handelt sich um Kristina Jakus, die zusammen mit ihrer Schwester Natalia aus der Ukraine eingewandert ist. Natalia sagt aus, ihre Schwester habe bei ihrer Freundin Sonya Kedrova und sich mit ihr ein Haus geteilt, sie sei eine offenbar gut verdienende „Empfangsdame“ gewesen; was auch immer das heißen mag. Sie wollte Tänzerin werden. In Sonyas Haus ist außer dieser Mitbewohnerin, die einen Zusammenbruch erleidet, nichts Neues zu finden oder zu erfahren, also muss Byrne die Etablissements des Rotlichtbezirks abklappern.

|Ein seltsames Paar|

Unterdessen ganz woanders in der Stadt. Pastor Roland Hannah und sein Freund Charles Waite fahren einen gefesselten Mann auf den Friedhof. Mr. Spencer war unartig nicht wahr? Er hat minderjährige Mädchen missbraucht. Ist er auch für die Morde von 1995 im Fairmount Park verantwortlich? Sie wissen es nicht, und er sagt es ihnen nicht. Eines der beiden ermordeten Mädchen war Charlies Schwester, das andere war die Freundin von Roland. Mr. Spencer kann nicht auf Gnade hoffen, als sie ihn das frische, leere Grab stoßen, ihm einen Luftschlauch in den Mund stecken und das Grab zuschütten.

|Der Zinnsoldat|

Moon wartet vor einer irischen Kneipe auf seinen Zinnsoldaten. Im „Finnegan’s Wake“ findet die Jahresabschlussfeier der Polizisten statt, insbesondere der Mordkommission. Als schließlich Walter Brigham herauskommt und sich von Kevin Byrne verabschiedet, folgt Moon seinem Wagen. Wie so oft fährt Brigham zum Fairmount Park, um der beiden ermordeten Mädchen Charlotte und Annamarie zu gedenken und sein Versprechen zu erneuern, ihren Mörder zu finden. Die letzte Spur führt nach Odense im Burkes County.

Da schlägt Moon zu, der Brigham auf dessen Rücksitz erwartet und ein Kinderlied singt: „Kleine Mädchen, hübsch und fein …“ Endlich hat er seinen Zinnsoldaten. Er zieht den Strick um den Hals des Polizisten zu. Dann holt er das Benzin. Hey, Mann, das lief ja echt gut. Schon denkt er über sein nächstes Mädchen nach: seine Nachtigall …

_Mein Eindruck_

Bei den Stichworten „Rote Schuhe“, „Zinnsoldat“ und Nachtigall“ sollte es bei Märchenkennern klingeln. Es handelt sich um Verweise auf Märchen von Hans Christian Andersen, einem dänischen Schriftsteller, der von 1805 bis 1875 lebte. Er schrieb 156 Märchen, von denen im Unterschied zu den Märchen der Brüder Grimm nur zwölf auf Volkserzählungen beruhen.

Er war international sehr erfolgreich, obwohl die prüden Viktorianer seine Erzählungen nur als Kindergeschichten ansehen wollten. Das ging ihm sehr gegen den Strich, denn er wollte mit seinen Geschichte universell gültige, philosophische Gedanken ausdrücken. „Das hässliche Entlein“ und „Des Kaisers neue Kleider“ sind sogar geflügelte Worte geworden. „Die kleine Meerjungfrau“ ist eine Allegorie des Liebesopfers, „Die Schneekönigin“ ist eine Verwandlung der Welt in eine umfassende Falschheit, und „Die Nachtigall“ drückt den Sieg von Schönheit über den Tod aus. Es geht also um sehr grundlegende Begriffe.

In Andersens Werk findet man eine durchgehende Botschaft der Hoffnung trotz aller Widrigkeiten. Der Autor war selbst einmal eine arme Halbwaise, erhielt kaum Bildung und musste sich durchschlagen. Die Botschaft, dass Schönheit und Güte triumphieren, wenn man nur nach ihnen sucht, klingt sehr romantisch. Aber dass mit diesem Triumph immer auch ein Opfer verbunden ist, hören wir weniger gern. Tatsächlich benutzte Andersen eine Verbindung aus Humor und Pathos mit der Bildsprache der Phantasie, um seine Aussage über die Realität auszudrücken. Doch leider sieht man heute vor allem das Pathos und weder Humor noch Gesellschaftskritik (außer vielleicht bei „Des Kaisers neue Kleider“). Andersen beeinflusste Dickens und Oscar Wilde, aber auch unzählige Fantasyerzähler und -autorinnen, wie Edith Nesbitt oder C. S. Lewis.

|Freizeitpark|

All dies darf der Autor als bekannten Bildungshintergrund des Lesers voraussetzen. Die Verbindung stellt er über einen Freizeit- und Themenpark her, den eine Dänin in Odense, Burkes County, Anfang des 20. Jahrhundert errichtet hat, der nun aber, da längst geschlossen, abgerissen werden soll. Dagegen hat jedoch der junge Mann, der sich Moon nennt, etwas. Seine Morde sind Reenactments, also verdrehte Wiederaufführungen der Andersenschen Märchen.

Genauso gut hätte der Autor ja auch die Disney-Geschichten heranziehen können, die in mehreren Freizeitparks wie Disneyland und Disneywold täglich wiederaufgeführt werden. (Aber dafür hätte der Autor garantiert keine Rechte erhalten, handelt es sich doch um geschützte Warenzeichen!) Wie hier sind auch Moons Morde im Grunde Performances: Aufführungen. Und als solche erzählen sie eine Geschichte und enthalten eine Botschaft. Der Adressat, der sie lesen soll, ist im Fall von Moons Opfer die Polizei. An diesem Punkt kommen die Kripoleute Byrne und Balzano ins Spiel. Die bange Frage lautet natürlich, ob auch sie für eine Rolle in diesem verdrehten Theaterspiel vorgesehen sind. Falls ja, ist ihnen ein vorzeitiges Ende gewiss.

|Die Konkurrenz|

Was die Arbeit für die Polizisten so schwierig macht und sie verwirrt, sind zusätzliche Morde an Männern, die Kinder missbraucht und getötet haben. Die Cops bekommen also Konkurrenz von selbsternannten Sheriffs, die aus der kirchlichen Seelsorge kommen. Hannah und Waite haben aber auch ein ganz persönliches Rachemotiv: Sie wollen den Mörder ihrer Mädchen zur Rechenschaft ziehen, die Schwester Charlies, die Freundin Rolands.

Was die beiden Selbstjustizfans nicht ahnen: In ihrer Mitte sitzt bereits der echte Mörder und passt auf, wie weit die beiden schon in ihren Ermittlungen gekommen sind. Als sie auf der richtigen Spur sind und nach Odense fahren, erleben sie deshalb eine böse Überraschung.

|Showdown|

Der Showdown führt alle fünf Ermittler in einer verhängnisvollen Verstrickung zusammen, und Detective Jessica Balzano sieht sich ebenso wie eine andere Frau in einer üblen Klemme, aus der Byrne und Bontregger sie heraushauen müssen. In den Ruinen des ehemaligen Freizeitparks, der mit Szenen aus Andersens Märchen möbliert ist wie ein Disneyland, kommt es zu bizarren Szenen, in denen die Grenze zwischen Tod und Leben, Schein und Wirklichkeit, Liebe und Besessenheit völlig verwischt wird. Die Aufführungen der Märchen und ihrer Figuren verkommen zu bizarren Parodien ihrer selbst, einer Phantasmagorie, die zugleich faszinierend und makaber ist.

|Besessen|

In allen seinen bisherigen Thrillern hat Richard Montanari das Motiv der Besessenheit mit der Vergangenheit aufgegriffen. In „The Rosary Girls“ (dt. Titel: „Crucifix“) war es ein Serienmörder, der den Rosenkranz (rosary) herunterbetete und seinen Zielpunkt auf Karfreitag festgelegt hatte. In „The Skin Gods“ (dt. Titel „Mefisto“) dienen alte Filme wie „Psycho“ als Performance-Vorlagen für den Serienmörder, und seine Opfer, meist junge Frauen, sind entsprechend zurechtgemacht, um seine Besessenheit auszuleben.

Auch der Serienmörder in „Lunatic“ (O-Titel „Merciless“, UK-Titel: „Broken Angels“) lebt seine Besessenheit aus. Er fährt auf Andersens Märchen ab. „In jedem Roman“, so schrieb mir der Autor im [Interview,]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=82 „verdreht der Mörder die Logik aller Dinge, bis diese, wie der Verstand des Mörders, aus den Fugen geraten. Dies ist zugegebenermaßen ein relativ seltenes Phänomen bei Serienverbrechen, aber sobald ich einmal in der Realität darauf stoße, bin ich davon gefesselt.“

Man könnte aber auch sagen, dass alle diese Mörder ein Muster für ihre Performance suchen, das aus der Vergangenheit stammt, und zwar deshalb, weil sie diese nicht mehr loslassen können. Die Thriller Montanaris blicken also stets zurück in eine Vergangenheit, die im Auge des Mörders verzerrt wahrgenommen wird. Das hat viel mit der Sicht von Norman Bates in „Psycho“ gemeinsam, denn er kann ja auch nicht den Verlust seiner Mutter ertragen. Ob der Blick zurück dann wieder so nutzbringend oder erkenntnisreich für den Leser ist, steht auf einem anderen Blatt. Unterhaltsam sind Montanaris Thriller allemal.

|Der Sprecher|

Als ausgebildeter Schauspieler weiß Koeberlin seine Stimme wirkungsvoll einzusetzen und die Sätze deutlich und richtig betont zu lesen. Ihm gelingen ausgezeichnete Charakterisierungen, allerdings vor allem in den eher unwichtigen Nebenrollen. Während Byrne und Jessica ganz gewöhnlich klingen und den Maßstab für Normalität setzen, dürfen Nebenfiguren schon mal ziemlich schräg und zwielichtig auftreten, so etwa der Besitzer des Nachtklubs, in dem Kristina Jakus arbeitete. (Ironischerweise sind die Separees hier für die „Kunden“ ebenfalls als Phantasieszenen gestaltet.)

Es gelingt Koeberlin, beide Tugenden des Sprechers zu verbinden: Die stimmlichen Charakterisierungen kann er auch mit der jeweiligen emotionalen Sprechweise in einer gegebenen Situation verknüpfen. Deshalb kann er Bontregger nach der Weihnachtsfeier auch munter, besoffen und schwer schnaufend darstellen (eine recht lustige Szene), während ein Profi wie der Rechtsmedizinier sich selbstbeherrscht gibt und leise und schnell spricht.

Es dürfte kaum überraschen, dass es besonders im langen Showdown zu sehr emotionalen Szenen kommt und die Figuren aufgeregt, laut befehlend oder gar verzweifelt sprechen. Koeberlin hat die ganze Palette drauf und kann sie auf durchgehend hohem Niveau wiedergeben. Eine große Leistung, wenn man es richtig bedenkt.

Geräusche und Musik gibt es außer am Anfang und Ende nicht. Das musikalische Motiv hat mich an das Arrangement der Titelmelodie zu [„Die purpurnen Flüsse“ 936 erinnert. Das Motiv, das Dennis Kassel und Horst-Günther Hank beitrugen, taucht des Öfteren in Thrillern von |Lübbe Audio| auf. Es passt ja auch recht gut dazu.

_Unterm Strich_

Die Wertschätzung für diesen Thriller steht und fällt mit der Wertschätzung, die der Leser bzw. Hörer der Erzählform und der Ideenwelt der Märchen entgegenbringt. Findet man Märchen wertvoll und lehrreich, kann man auch den Serienmörder ernstnehmen. Doch wenn man Märchen eher für Kinderkram hält, der nichts mit der realen Welt zu tun hat, dann dürfte es einem schwerfallen, den Schurken im Stück nicht ein wenig lächerlich zu finden. Der Grat zwischen Ablehnung und Zustimmung ist in diesem Fall ziemlich schmal, und so kann es schon mal vorkommen, dass man diesen Plot wegen der „Schwäche“ des Killers einfach nicht akzeptieren kann.

Nun, für die Figuren der Cops und der Selbstjustizfans sind die Morde jedenfalls ziemlich real. Und es hat ja schon Lächerlicheres gegeben als Märchenfreunde, beispielsweise Fußfetischisten oder Kronkorkensammler (auch wenn diese meist friedlich sind). Aber an dem Punkt, an dem Leidenschaft und Hingabe in Besessenheit und Verzweiflung umschlagen, wird es in jedem Fall ernst, egal ob für einen Fußfetischisten oder einen Märchenfreund. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass Mr. Moon nicht auf Märchen abfährt, sondern auf den Andersen-Freizeitpark und dessen Gründerin, seine Großmutter. Dadurch ist seine Besessenheit viel emotionaler.

Anders als in den vorherigen Thrillern Montanaris ist es diesmal Balzano, die schwer in die Bredouille gerät. Sie kann sich und ihren Verstand nur retten, indem sie sich mit der Besessenheit, dem Wahn des Serienmörders auseinandersetzt und ihren Vorteil sucht. Bis es zum Showdown kommt, vergeht noch eine Weile, aber der hat mich dann doch gefesselt. Es gibt ein paar hübsch hässliche Überraschungen für den, der bis zum Ende durchhält.

|Das Hörbuch|

Der Sprecher gestaltet den Text zu einer spannenden, abwechslungsreichen und unterhaltsamen Lesung, indem er die vielfältigen darin auftretenden Figuren einigermaßen gut mit seinen stimmlichen Mitteln zu charakterisieren versteht. Diesmal macht Koeberlin wesentlich weniger Aussprachefehler als in „Crucifix“. Das rührt zum Teil daher, dass kein einziges lateinisches Wort vorkommt und deutsche Märchentitel relativ wenig Gelegenheit zu Aussprachefehlern geben.

|Originaltitel: Merciless / Broken Angels, 2007
Aus dem US-Englischen übersetzt von Karin Meddekis
375 Minuten auf 5 CDs
ISBN-13: 978-3-7857-3542-8|
http://www.richardmontanari.com
http://www.luebbe-audio.de

Poe, Edgar Allan / Hala, Melchior / Bertling, Simon / Hagitte, Christian / Sieper, M. / Weigelt, Th. – Feeninsel (Edgar Allan Poe, Folge 30)

_Leonie als Heldin: rundum gelungene Episode_

Die Hörspiel-Reihe bringt unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör. Mit „Feeninsel“ beginnt die 8. Staffel des großen POE-Epos. Die Vorgeschichte findet man in den vorangegangenen 29 Folgen sowie in dem Roman [„Lebendig begraben“,]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3404156757/powermetalde-21 erschienen bei |Bastei Lübbe|.

USA um 1850. Der Mann ohne Gedächtnis, einst Insasse eines Irrenhauses und Opfer einer medizinischen Behandlung, weiß nun, wer er ist: Edgar Allan Poe. In seinem Grab ruht ein namenloser Landstreicher. Doch mittlerweile ist er wieder eingesperrt worden: als Mörder und Hexer verurteilt, sitzt er in einer Zelle des Irrenasyls auf Blackwell’s Island.

Davon weiß seine Beinahegattin Leonie Goron jedoch nichts. Als sie seiner Spur zu Landors Landhaus und zu den alten Höhlen folgt, findet sie den Beweis für seine Unschuld. Doch rettet sie ihn damit schon?

Die |Edgar Allan Poe|-Serie von |STIL| bei |Lübbe Audio|:

#1: [Die Grube und das Pendel 1487
#2: [Die schwarze Katze 755
#3: [Der Untergang des Hauses Usher 761
#4: [Die Maske des roten Todes 773
#5: [Sturz in den Mahlstrom 860
#6: [Der Goldkäfer 867
#7: [Die Morde in der Rue Morgue 870
#8: [Lebendig begraben 872
#9: [Hopp-Frosch 1906
#10: [Das ovale Portrait 1913
#11: [Der entwendete Brief 1927
#12: [Eleonora 1931
#13: [Schweigen 3094
#14: [Die längliche Kiste 2510
#15: [Du hast’s getan 2518
#16: [Das Fass Amontillado 2563
#17: [Das verräterische Herz 2573
#18: [Gespräch mit einer Mumie 3178
#19: [Die Sphinx 3188
#20: [Scheherazades 1002. Erzählung 3202 (auch: Die 1002. Erzählung)
#21: [Schatten 3206 (ursprünglicher Titel: Die Scheintoten)
#22: [Berenice 4394
#23: [König Pest 4408
#24: [Der Fall Valdemar 4420
#25: [Metzengerstein 4471
#26: [Die Flaschenpost 4946
#27: [Landors Landhaus 4966
#28: [Der Mann in der Menge 5000
#29: [Der Kopf des Teufels 5089

Achte Staffel (11/2008):

#30: Feeninsel
#31: Teer und Federn
#32: William Wilson
#33: Morella

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan in Richmond, der Hauptstadt von Virginia, auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Shortstory. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten.

Mehr von und über Edgar Allan Poe auf |Buchwurm.info|:

[„Faszination des Grauens 554“]
[„Edgar Allan Poes Meistererzähler“ 4832 (Hörbuch)
[„Der Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11, Hörspiel)
[„Der Doppelmord in der Rue Morgue“ 2396 (Hörbuch)
[„Der Streit mit der Mumie“ 1886 (Hörbuch)
[„Die Brille“ 1885 (Hörbuch)
[„Mythos & Wahrheit: Edgar Allan Poe. Eine Spurensuche mit Musik und Geräuschen“ 2933
[„Visionen“ 2554

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Ulrich Pleitgen tritt diesmal nicht auf.

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie unter anderem mit dem |Bambi| und mit der |Goldenen Kamera| ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

Dr. Templeton: Till Hagen (dt. Stimme von Kevin Spacey, Billy Bob Thornton)
Sir Christopher Frank: Hans-Peter Hallwachs
Joe: Timmo Niesner („Frodo“ Elijah Wood in Jacksons „Herr der Ringe“)
Emely: Henriette Gonnermann
Sowie Carsten Wilhelm, Holger Mahnfeld und Karsten Morschett.

Hans Peter Hallwachs, Jahrgang 1938, studierte an der Fritz-Kirchhoff-Schauspielschule in Berlin. Von 1963 bis 1967 arbeitete er in Bremen bei Kurt Hübner und spielte Rollen in zahlreichen Inszenierungen von Peter Zadek. Unter der Regie von Hans Hollmann spielte er die Titelrolle in Peter Weiss‘ „Hölderlin“ und an den Münchener Kammerspielen in der Inszenierung von Dieter Dorns „Faust“. Hans Peter Hallwachs spielte große Rollen auch bei den Salzburger Festspielen, den Luisenburg-Festspielen und wirkte in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen mit.

Der deutsche Prolog wird von Heinz Rudolf Kunze vorgetragen, der englische von Giuliana Ertl, die Ansage erledigt André Sander. Die deutsche Hörspielfassung stammt von Melchior Hala nach einer Idee von Marc Sieper, Dicky Hank und Thomas Weigelt. Für Regie, Musik und Ton waren Christian Hagitte und Simon Bertling vom |STIL|-Studio verantwortlich.

_Vorgeschichte_

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon 29 Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Alpträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe nicht von Alpträumen nicht verschont. Doch er findet etwas über seine und Leonies Vergangenheit heraus und welche finstere Rolle Dr. Templeton als Francis Baker darin spielt.

Am Anfang rekapituliert Poe/Pleitgen sehr knapp die unmittelbare Vorgeschichte. Das erleichtert den Einstieg in die Serie ein wenig, aber nur minimal.

_Handlung_

Leonie erfährt von Richter Sir Christopher Frank am Sondergericht der Stadt New York das Schicksal ihres Beinahegatten Edgar Allan Poe. Frank berichtet, wie der Mann der sich Poe nennt, bei den alten Höhlen nahe Landors Landhaus wegen Mordes und Hexerei verhaftet wurde. Danach habe man ihn wegen dieses Wahns zu lebenslänglicher Haft im Irrenasyl auf Blackwell’s Island verurteilt.

Mord? Hexerei? Leonie wundert sich sich über diese Anklagen und ist sicher, dass Poe in jeder Hinsicht unschuldig ist. Doch wie kann sie es beweisen? Sie könnte beispielsweise zum angeblichen Tatort zurückkehren und dort nach Beweisstücken suchen. Sie mietet zwei Pferde und einen Diener namens Joe, der sie dorthin bringen und begleiten soll. Sie bemerkt den Mann nicht, der sie seit dem Gerichtsgebäude unauffällig beschattet. Dr. Templeton alias Baker will seine Aufzeichnungen wiederhaben, die ihm Poe gestohlen hat. Vielleicht weiß Miss Goron, wo er sich befindet. Er folgt ihr.

In Landors Landhaus angelangt, erinnert sich Leonie an die glücklichen Tage mit Poe – lang ist’s her, wie ihr scheint. Dabei war dies erst vor höchstens zehn Tagen. In einer Ecke hinter der Tür findet sie die Wegbeschreibung zu den Alten Höhlen, von „einem Freund“ geschrieben. Bestimmt ist Poe diesem Hinweis gefolgt. Ihr Diener Joe warnt sie ausdrücklich vor den Höhlen, in denen Geister umgingen, wie er behauptet. Seine Mutter habe ihm vor ihrer Erblindung aus einem Buch vorgelesen. Dort sei ein Liebespaar verschwunden, und die Feeninsel sei auch nicht weit weg.

Joe fühlt sich verfolgt, und Dr. Templeton erspäht mit seinem Fernrohr einen undefinierbaren Schatten, der Joe und Leonie folgt. Diese stellen ihre Pferde auf Landors verlassenem Gehöft unter und gehen zu Fuß in den Wald, um zu den Höhlen zu gelangen. Ein riskanter Weg, findet Templeton. Schon heult ein Wolf den Mond an, während sich Leonie und Joe ein Nachtlager bereiten. Leonie lauscht, wie Joe ihr erzählt, es gebe sieben Zugänge zur Unterwelt der Toten, und die Höhlen bilden einen davon. Auch dies weiß er von seiner Mutter. Als sich etwas im Unterholz rührt, schießt er. Es sei kein Tier gewesen, behauptet er.

Am nächsten Morgen marschiert Leonie gegen Joes Protest weiter zu den Höhlen und betritt das Labyrinth. Doch selbst nach Stunden hat sie nichts gefunden. In der Nähe des Ausgangs verstaucht sich Joe den Fuß und geht voraus. Als Leonie wenig später folgt, entdeckt sie von ihrem Diener keine Spur. Wie seltsam. Erschöpft setzt sie sich unter den einzigen Baum, der vor den Höhlen steht. Etwas tropft auf ihre Hand. Als sie die Hand ansieht, entdeckt sie mit Schaudern, dass es sich um Blut handelt. Im Baum macht sie eine grausige Entdeckung …

_Mein Eindruck_

Diese Folge schließt nahtlos an „Landors Landhaus“, „Der Mann in der Menge“ und „Der Kopf des Teufels“ an. In Landors Landhaus verbrachten Leonie und Poe schöne Tage als Verlobtenpaar, bis sie sich trennten und Leonie in Gefangenschaft geriet. Poe selbst geriet in die Fänge von Sir Christopher Frank vom Sondergericht, der ihn verurteilen und in die Irrenanstalt auf Blackwell’s Island (heute Roosevelt Island im Bezirk Manhattan) einweisen ließ. Doch wer hat Poe diesen finsteren Streich gespielt und dessen Führer Tom auf dem Gewissen?

Dieser Unbekannte wird nun von Dr. Templeton erspäht, der Leonie, die sich befreien konnte, folgt: ein Schatten, der ihr und Joe zu den Höhlen folgt. Wieder schlägt der Unbekannte zu und lässt Joe verschwinden. Leonie fällt aus allen Wolken, als sie Sir Christopher Frank bei finsteren Machenschaften entdeckt: Er brennt Landors Gehöft nieder. Was die Frage aufwirft, wer dieser Landor überhaupt war. War er wirklich so harmlos, wie er immer tat – oder verbirgt sich hinter seiner freundlichen Fassade ein Abgrund an Bosheit? Und wo befindet er sich jetzt?

|Feeninsel|

Doch diese Folge hat ihren Titel nicht wegen Landor, der Höhle oder dem Sondergericht, sondern wegen der Insel, auf die Leonie stößt, als sie vor Sir Christopher Frank durch den Wald flüchtet. Sie findet Joes blinde Mutter Emely, die vor Jahren aus dem Haus flüchten musste und sich in die Kapelle auf dieser Insel zurückzog. Die Insel werde von einer guten Fee, die mit einer Glocke herbeigerufen werden kann, bewacht. Tatsächlich erblickt Leonie bei ihrem Aufenthalt in dieser Zuflucht eine weiß gewandete Frau in einem Boot.

Als Leonie Emelys Familiengeschichte erkundet, in der auch Sir Christopher Frank eine einschneidende Rolle spielte, kommt ihr schlagartig die Erkenntnis, dass Poe doch seine Identität über seine Familie erfahren können müsse. Sie müssen seine Eltern finden. Nur wo? Zuerst muss sie erst einmal ihn selbst finden. In diesem Moment tritt ihr früherer Mann in die Tür der Kapelle – der Mann, der ihre eigenen Eltern tötete und sie in England wie eine Gefangene hielt, bis sie vor ihm floh. Bis hierher. Nun bietet auch die Insel keine Zuflucht mehr – das Verhängnis nimmt seinen Lauf …

_Die Inszenierung_

|Sprecher|

Leonie Goron erschien uns in den ersten Staffeln als patente und zupackende Helferin und Gefährtin des manchmal recht hilflosen Poe. Doch nach dem scheinbaren Tod Dr. Templetons ändert sich ihr Erscheinungsbild. Sie hat ja zuvor schon Andeutungen gemacht, dass sie vor gewissen Ereignissen in England geflohen sei, um bei ihrer Kusine in den Vereinigten Hilfe und Obdach zu finden.

Doch offensichtlich ist ihr ihr Mann, den sie als einen verurteilten Mörder verließ, in die Neue Welt gefolgt und hat sie bereits einmal gefangen genommen. Der Schluss liegt nahe, dass es sich bei ihrem Mann, der bislang noch keinen Namen bekommen hat, um Dr. Templeton alias Baker handelt, Poes Peiniger. Das würde der Geschichte eine weitere Ebene an tragischer Ironie hinzufügen. Kein Wunder, dass Templeton sowohl seine Aufzeichnungen von Poe als auch seine entflohene Frau zurückhaben will.

Nun erscheint Leonie als gehetzte Frau auf der Flucht vor der Vergangenheit – so ziemlich das Gegenteil zu Poe. Denn Poe sucht in der Vergangenheit sein Heil, die in seiner Identifizierung als der echte Edgar Allan Poe bestehen soll. Ob dieser Glücksfall und Erfolg wirklich eintritt, ist noch abzuwarten. In der Irrenanstalt scheinen dafür relativ wenige Chancen zu bestehen.

|Geräusche|

Der Sound liegt im Format PCM-Stereo vor, wie mir mein DVD-Spieler angezeigt hat, und klingt glasklar. Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt.

Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet. Aber sie werden nur ganz gezielt dort eingesetzt, wo sie einen Sinn ergeben. Die Geräusche auf der Insel sind beispielsweise stark reduziert: eine Glocke, die an die Fee gemahnt, dazu Türen, Zündhölzer, Schritte.

Diese untere Schicht von Geräuschen wird von der Musik ergänzt, die eine emotionale Schicht einzieht. Darüber erst erklingen die Stimmen der Sprechen: Dialoge, aber auch Rufe und sogar Schreie. Durch diese Klang-Architektur stören sich die akustischen Ebenen nicht gegenseitig, sind leichter aufzunehmen und abzumischen. Das Ergebnis ist ein klares Klangbild, das den Zuhörer nicht von den Informationen, die es ihm liefert, ablenkt.

|Musik|

Die Musik erhält eine wichtige Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der jeweiligen Hauptfigur und ihres Ambientes darzustellen. Leonie hat kein eigenes musikalisches Leitmotiv, doch allenthalben stößt sie auf die Spuren Poes, der musikalisch mit seinem Leitmotiv sowie mit dem Chor „Dies illa, dies irae“ zitiert wird. Leonies Erlebnisse sind teils von flotter, heiterer, unternehmungslustiger Musik begleitet, dann aber auch wieder von düsterer und sogar dramatischer Musik untermalt, wenn die Vergangenheit sie einzuholen droht.

Ein Streichquartett und Musiker des Filmorchesters Berlin wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen. Das Booklet führt die einzelnen Teilnehmer detailliert auf, so dass sich niemand übergangen zu fühlen braucht. An der Musik gibt es absolut nicht auszusetzen. Für die jüngere Generation mag sie aber zu klassisch orientiert sein. Rockige Klänge finden Jüngere eher in |LPL|s „Offenbarung 23“ oder „Jack Slaughter“.

|Der Song|

Jede Folge der Serie wird mit einem Song abgeschlossen, und in jeder Staffel gibt es einen neuen Song. Diese Staffel enthält den Song „You see“ von der deutschen Gruppe |[Elane.]http://www.powermetal.de/review/review-12848.html |Die Stilrichtung entspricht einem weiterentwickelten Celtic Folk Rock, wie er von der Gruppe |Clannad| in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt wurde. Auch bei |Elane| wird englische mit gälischer Sprache kombiniert.

Die Musik verbindet Romantik und sehnsuchtsvolle Mystik, was einerseits durch die Instrumentierung, zum anderen durch den mehrstimmigen Frauengesang betont wird. Zu den Instrumenten, die für Folk Rock obligatorisch sind, gehören die akustische Gitarre, die Harfe und die Flöte. Dass Drums, E-Gitarre und E-Bass eine elektrisch verstärkte Rhythmusgruppe bilden, wurde schon von |Clannad| als Standard etabliert. Besonders interessant bei |Elane| ist die Mehrstimmigkeit.

Ich konnte zwei tiefe Frauenstimmen ausmachen und eine hohe Frauenstimme, also Alt und Sopran. Die Überlagerungen machen die Harmonien zu einer kniffligen Angelegenheit der gegenseitigen Abstimmung, sonst können leicht Disharmonien oder gar Rhythmusstörungen entstehen. Soweit ich hören könnte, gelingt die Polyharmonie jedoch durchweg einwandfrei – Applaus.

Ob der Celtic Folk Rock dem Thema „Feeninsel“ Rechnung trägt, sei dahingestellt. Aber es gibt jedenfalls schlimmere Abschluss-Songs, und „You see“ klingt sehr erträglich.

_Unterm Strich_

Die Erzählung „Feeninsel“ ist mir persönlich unbekannt, und ich habe sie noch nie in einer Erzählsammlung Poes entdeckt. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass es sie gibt, denn Poe hat am Anfang seiner Schriftstellerlaufbahn auf die europäische schwarze Romantik zurückgegriffen. Und dort sind Feen durchaus ein gängiges Motiv.

Die dramaturgische Gestaltung teilt diese Folge in zwei bis drei Abschnitte: Leonie findet Poes Spur, löst das Rätsel um den Teufelskopf, muss aber fliehen, was in der Endphase zu einer weiteren dramatischen Begegnung führt. Durch Bewältigung des Vorhergehenden, Beantwortung diverser Rätsel und die Einführung neuer Elemente bietet diese Folge eine rundum zufriedenstellende Kombination aus alten und neuen Elementen. Sie auszutüfteln, dürfte einige Stunden Schweiß gekostet haben.

|Das Hörspiel|

Die akustische Umsetzung ist vom Feinsten, und man merkt in jeder Szene, wie viel Sorgfalt die Mitwirkenden und Macher aufgewendet haben, um die Episode reizvoll und stimmungsvoll zu gestalten. Der Song „You see“ verbindet keltische Mystik mit deutsch-englischer Mystik. Worum es im Text geht, habe ich zwar nicht herausbekommen, weil ich kein Gälisch beherrsche, aber das macht nichts, solange die Musik den Hörer mit schönen Polyharmonien und keltischen Klängen in eine andere Welt entführt.

TIPP: Unbedingt diese CD bis zur letzten Sekunde anhören, denn am Schluss wendet sich der fiese Dr. Templeton nach dem Song noch einmal an den Zuhörer und macht bedrohliche Andeutungen.

Fazit: ein Volltreffer.

|75 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3686-9|
http://www.poe.phantastische-hoerspiele.de
http://www.luebbe-audio.de
http://www.elane-music.de

John Sinclair – Der unheimliche Shaolin (Folge 143, Teil 1 von x)

Die Handlung:

Endlich hatten wir eine Spur unseres Freundes Yakup Yalcinkaya gefunden! Sie führte uns in ein ehrwürdiges Londoner Auktionshaus, wo ein tibetisches Rollbild versteigert wurde. Angeblich enthielt es einen Hinweis auf einen geheimnisvollen Schatz. Wir folgten der Spur des Bildes weiter – und stießen auf den Ninja-Dämon Shimada! (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Diesmal hat sich der Verlag an die Hörspielumsetzung des Heftromans mit der Nummer
486 gemacht, das erstmalig am 26. Oktober 1987 am gut sortierten Bahnhofskiosk oder manchmal auch in einer Buchhandlung zu bekommen war.

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Pierdomenico Baccalario – Century 1 – Der Ring des Feuers

Stark gekürzt und ohne Fotos: abwechslungsreicher Vortrag

Alle hundert Jahre wird die Menschheit herausgefordert. Alle hundert Jahre müssen vier Jugendliche ein großes Abenteuer bestehen. Weitere hundert Jahre später werden erneut vier Jugendliche in Rom auserwählt. Sie verbindet ein Geheimnis. Als ein Mann ihnen ein Köfferchen anvertraut, bevor er weiterflieht, finden sie darin eine seltsame Karte aus Holz. Die Herausforderung beginnt in Rom, der Stadt des Feuers, und damit ein gefährlicher Wettlauf gegen die Zeit. (Verlagsinfo)

Der Autor

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Grangé, Jean-Christophe – Choral des Todes (Hörbuch)

_Wohlbekanntes Strickmuster: „Die purpurnen Flüsse“ reloaded_

Ein markerschütternder Schrei hallt durch die Kirche, ein Todesschrei. Lionel Kasdan, Kommissar im Ruhestand und zufällig vor Ort, will zu Hilfe eilen und kommt Sekunden zu spät. Der Mann auf der Empore ist bereits tot, seinen Kopf umgibt eine dunkle Blutlache wie ein Heiligenschein. Etwas an dem Toten und seinem Sterben fasziniert Lionel Kasdan. Er muss den Mord einfach untersuchen und entdeckt ein grauenvolles Geheimnis: Unschuldig wirkende Kinder sind der Schlüssel, und sie sind keinesfalls Engel, doch welcher Teufel hat sie ausgesandt? (abgewandelte Verlagsinfo)

_Der Autor_

Jean-Christophe Grangé, Jahrgang 1961, stammt aus einer Reporterfamilie und hat schon früh mit dem Recherchieren von Fakten angefangen. 1996 beschäftigte er sich mit dem Thema Genetik. Aus dem Gedankenspiel eines abgeschlossenen Experimentierfeldes entstand der Roman „Die purpurnen Flüsse“, der zu einem nationalen Bestseller und internationalen Filmerfolg wurde und den Franzosen ihr eigenes Thrillergenre bescherte.

An diesen Erfolg schloss der beredte und gebildete Grangé mit „Der Flug der Störche“, „Der steinerne Kreis“ und mit „Das Imperium der Wölfe“ an. Auch dieser Roman wurde 2005 mit Jean Reno verfilmt. Zuletzt erschienen von Grangé „Das schwarze Blut“ und „Das Herz der Hölle“. Im Herbst 2009 folgte „Der Choral des Todes“.

Jean-Christoph Grangé auf |Buchwurm.info|:

[„Die purpurnen Flüsse“ 936
[„Das Imperium der Wölfe“ 1348
[„Das schwarze Blut“ 2286
[„Das Herz der Hölle“ 4404 (Hörbuch)
[„Das Herz der Hölle“ 4569 (Buch)
[„Der steinerne Kreis“ 5878 (Hörbuch)

_Der Sprecher_

Wolfgang Pampel hat an der Theaterhochschule „Hans Otto“ in Leipzig studiert und machte sich anschließend auf den Bühnen von Leipzig, Düsseldorf, Berlin und Wien einen Namen. Er hat bereits verschiedene Hörbücher von Dan Brown mit seiner markanten Stimme gelesen, darunter „Sakrileg“ und „Illuminati“. In den 80er Jahren gelangte seine sonore Stimme zu allgemeiner Bekanntheit, als er Larry Hagman in „Dallas“ synchronisierte. Heute wird Pampel als Stimme von Harrison Ford und Gérard Depardieu erkannt.

Arno Hoven kürzte die Vorlage. Regie führte Kati Schaefer, die tontechnische Gesamtleitung in den d.c. Tonstudios hatten Dicky Hank & Dennis Kassel inne, die auch für die Musik und Inszenierung sorgten. („Inszenierung“? Dies ist doch wohl kein Hörspiel, oder? Gleich mehr dazu.)

_Handlung_

Lionel Kasdan, ein ehemaliger Kommissar bei der französischen Antiterrortruppe und Pariser Mordkommission, steht in einer armenischen Kirche mitten in Paris, als er einen markerschütternden Schrei hört. Der Schrei scheint von der Kirchenorgel aufgenommen zu werden. Er eilt zur Empore des Orgelspielers und findet dort eine Leiche. Der Kopf des Mannes liegt in einer Blutlache, doch was dem Kommissar und den später eintreffenden Spurensuchern ein Rätsel aufgibt, ist die Todesursache.

|Der Tote|

Eric Vernaud von der Pariser Kripo fragt erst mal misstrauisch, was Kasdan überhaupt in der Kathedrale St. Jean-Baptiste zu suchen hat, ganz so, als wäre Kasdan verdächtig. Der Armenier Kasdan wurde vom armenischen Pfarrer Sarkis eingeladen, um eine Chorprobe zu hören. Und der Mann an der Orgel, ein gewisser Wilhelm Götz, sollte die Probe leiten. Pfarrer Sarkis erklärt, dass Götz ein Chilene war, ein Musikwissenschaftler, der in Kirchen von ganz Paris Chöre leitete. „Er war Sozialist, wurde von Diktator Pinochet verfolgt und musste ins Exil gehen.“ Später stellt sich diese Angabe als eklatante Unwahrheit heraus und Kasdan muss sich fragen, was Sarkis dazu veranlasst hat. Wie auch immer: 2007 ist in Frankreich das Armenienjahr, und Götz sollte mehrere Aufführungen von Knabenchören leiten.

Einer der Spurensucher steckt Kasdan, dass die Schuhspuren am Tatort von kleinen Turnschuhen in Jungengröße stammen. Außerdem finden sich seltsame Holzsplitter. Götz starb an einem Herzstillstand, aber seine Trommelfelle waren ebenfalls durchstochen. Die HNO-Spezialistin von der Rechtsmedizin meint, es müsse sich um ein extrem hartes und spitzes Tatwerkzeug gehandelt haben. Sie könnte nicht falscher liegen.

|Operation Kondor|

Nachdem er in der Akte von Götz keine Angaben über die Jahre zwischen 1973, als Pinochet Allende stürzte, und 1984, als er ins französische Exil ging, gefunden hat, bricht Kasdan in Götz‘ Wohnung ein. Als er ein Geräusch auf dem Balkon bemerkt, folgt er dem Eindringling. Nach einer wilden Verfolgungsjagd stellt sich der Fremde als Götz‘ homosexueller Geliebter heraus: Nazeer, ein Inder von der Insel Mauritius, einem französischen Übersee-Departement. Nazeer gibt ihm Götz‘ Adressbuch und Terminkalender, er deutet an, dass Götz sich in Gefahr gebracht hatte, weil er gegen Chilenen aussagen wollte. Über was? Über die Operation Kondor, in der ein halbes Dutzend lateinamerikanische Länder international gegen Dissidenten vorgingen, um sie zu fangen, zu foltern und schließlich zu töten. Also war es ein politischer Mord, oder?

|Miserere|

In Götz‘ Wohnung lauscht der Ex-Kommissar dem Choral „Miserere“ (Erbarme dich) von Gregorio Allegri, von einer CD-Aufnahme, die Götz vor Jahren mit einem Solisten namens Régis Masoyer produziert hat. Die ätherischen Klänge und die glasklare Solostimme rühren an schwarze Erinnerungen, die Kasdan noch aus seiner Militärzeit in Kamerun anno 1962 hat. Später wird er sich in aller Schärfe daran erinnern MÜSSEN. Doch jetzt fällt ihm beim Lauschen lediglich ein Fleck in einer Nische der Zimmerdecke auf: Darunter ist eine Wanze versteckt – der Verfassungsschutz hat Götz abgehört. Sein Kumpel von der Spurensuche steckt ihm, dass Götz mehrmals Herzstillstände wegen Folter erlitten habe und am ganzen Körper Narben aufweise.

|Wolokin|

Von Sarkis und Vernaud erfährt Kasdan, dass noch jemand im Fall Wilhelm Götz herumschnüffelt, ein gewisser Cédric Wolokin von Jugendschutzdezernat. Kasdan zieht Auskünfte ein: Wolokin sei in einer Entziehungsklinik, weil er heroinsüchtig war. Waise mit fünf, Chorknabe, Pianist, Abi mit 17 anno 1995, dann Jurastudium, französischer Meister im Thaiboxen, bis plötzlich seine Karriere endete und er zur Polizei ging – wegen des Heroins, mit dem er sich dopte. Und wo bekommt man Stoff leichter als eben bei der Drogenfahndung? Na toll: Wolokin war ein Dealer und wurde stinkreich. Aber wieso wurde er zum Kreuzzügler gegen Kinderschänder?

|Serienmorde|

Wolokin seinerseits informiert sich über Kasdan und nimmt ihn erst als Rivalen wahr. Kasdan befragt mehrere Pfarrgemeinden auf der Spur, die Wilhelm Götz hinterlassen hat, und stößt auf mehrere verschwundene Sängerknaben. Was hatte Götz damit zu tun? Ist er ein verkappter Serienmörder? Wie sich herausstellt, ist Wolokin ebenfalls auf dieser Spur, deshalb tun sich die beiden zusammen: Offiziell ist Wolokin Kasdans Praktikant bei der Mordkommission.

Als sie zusammen den Inder Nazeer, Götz‘ Geliebten, besuchen, stoßen sie nicht nur auf dessen Leiche mit den blutenden Ohren. An der Wand steht ein Vers aus dem „Miserere“, das Götz so liebevoll vertonte: das Sühnegebet des 51. Psalms. Weitere Anzeichen deuten darauf hin, dass Nazeer hingerichtet wurde, weil er geredet hat. Offenbar sind Götz‘ Mörder auf einem Rachefeldzug durch Paris. Und wie sie an der Kinderschrift unschwer erkennen können, sind diese Killer noch minderjährig, womöglich noch nicht mal im Stimmbruch. Aber wer hat sie geschickt und in wessen Namen töten sie?

_Mein Eindruck_

Die Spur führt zu einer Neuauflage der Colonia Dignidad, mitten in Frankreich. Das weckt im Leser bzw. Hörer ganz schlimme Erinnerungen. Man erinnere sich (und der Autor nimmt uns diese Mühe ab): Die [Colonia Dignidad]http://de.wikipedia.org/wiki/Colonia__Dignidad wurde von einem deutschen Nazi etliche Meilen entfernt von Santiago de Chile eingerichtet, um hier rassistische und nationalistische Ideale in die Realität umzusetzen – bis hin zu bayerischen Trachten und deutschnationalen Liedern. Die Kolonie war autark, weil sie mit „arischen“ und einheimischen Arbeitskräften Landwirtschaft und Bergbau betrieb. Bei Grangé ist der Leiter dieser Kolonie plus Arbeitslager ein gewisser Hans Werner Hartmann.

|Alte Nazis|

Dieser Nazi hat sehr viel mit der titelgebenden Musik zu tun. Während der Naziherrschaft forschte er in den KZs an den Insassen, was Klang, Schall und besonders Stimmen mit einem Menschen anstellen können. Ein Knabenchor kann einem kalte Schauer über den Rücken jagen oder in einen geistigen Schwebezustand versetzen. Letzteres erlebt Kasdan mit Allegris „Miserere“. Aber Hartmann erforschte als Nazi auch die Einsatzmöglichkeiten der menschlichen Stimme als Waffe, die töten kann. Davon hat Kasdan noch nie gehört, aber wer das Militär – und Nazis – kennt, weiß, dass kein Phänomen zu abwegig ist, um nicht auf Kriegstauglichkeit untersucht zu werden. Ob Hartmann diese Waffe gefunden hat, weiß Kasdan lange Zeit nicht. Bis er die neue Kolonie entdeckt und sie erkundet.

Er erfährt jedoch viel über Götz‘ Vorleben in Chile. Götz war kein Opfer, sondern vielmehr einer der Täter, ebenso wie Hartmann. Beide wurden von der Militärjunta Pinochets gebeten, ihnen beim Foltern der bei der Operation Kondor gefangenen Dissidenten zu helfen. Hartmann machte mit, um seine Colonia zu schützen und weitere Experimente anzustellen: Er war der Doktor Mengele der Folterlager. Götz folgte ihm als Chorleiter und „Dirigent“. Denn wie alle Nazis war Hartmann von der Rolle der Musik fasziniert und begeistert. Sie machte Folteropfer gefügig, vermochte sie sogar direkt zu quälen. Aber sie zu töten? Das kommt Kasdan zu weit gegriffen vor. Er täuscht sich.

|Folterhelfer|

Nun kann man sich fragen, wieso ein französischer Autor dazu kommt, über Altnazis und Chilenen zu schreiben. Was hat denn all das mit den Pariser Morden zu tun? Das Verbindungsstück sind erstens die Kolonie dieser Altnazis in Frankreich, die die jugendlichen Mörder entsendet. Aber es gibt noch ein weiteres, das Kasdan direkt betrifft: Die lateinamerikanischen Folterknechte der Operation Kondor wurden von Franzosen ausgebildet. Diese Franzosen waren Veteranen des Algerienkrieges und kannten sich mit dem Erzwingen von Geständnissen aus. Als Angehörige des militärischen Geheimdienstes und seiner Spezialeinheiten waren sie aber nicht nur in Chile im Einsatz, sondern zuvor schon Kamerun – und hier lernte Kasdan den schlimmsten von ihnen kennen: General Puy. Als Kasdan seinen ehemaligen Kommandanten beim Militär wiedersieht, kommen alle traumatischen Erinnerungen an die Strafaktionen gegen kamerunsche Einheimische wieder hoch, und er dreht durch.

|Moderne Spartaner|

Zum Schluss gilt es noch das Geheimnis der neuen Colonia zu lüften. Hier sieht sich diesmal Cédric Wolokin einem Stück seiner Kindheit gegenüber: Hier wurde er als Sängerknabe ausgebildet. Allerdings hat er diese Zeit komplett verdrängt. Und auch die Praktiken, die er hier am eigenen Leib erfahren hat. In der Colonia wird die Agogé der Spartaner immer noch praktiziert. In Zack Snyders Verfilmung des Comicbooks [„300“, 2667 die erst kürzlich wieder im Free-TV gezeigt wurde, werden spartanische Jungen ihren Müttern im Alter von sieben Jahren entrissen, um in der Militärschule zum Spartiaten ausgebildet zu werden.

Die Ausbildung besteht nicht nur im Waffentraining, sondern vor allem in der Abhärtung des Körpers, der Seele und der Gefühle des Jungen. Die Ausbildung endet mit einer Tapferkeitsprüfung, wenn sie etwa 14 oder 15 Jahre alt sind. Man kann sich nun vorstellen, dass die kindlichen Mörder, die in Paris Götz und Nazeer und andere umbringen, solche Agogé-Schüler sind. Nur dass bei ihnen noch christliche Sühne- und Askese-Ideale hinzukommen. Daher auch das Sühnegebet „Miserere“ als Leitmotiv.

|Praktische Übung: Showdown|

Sobald Wolokin und Kasdan als Spione der Polizei entdeckt worden, dürfen die Kindersoldaten der Colonia auch gleich ihr Können demonstrieren. Und die geistigen bzw. direkten Nachfahren Hans Werner Hartmanns leiten sie dabei an. Wird es unseren beiden Helden gelingen zu überleben? In einem actionreichen Showdown wird die Entscheidung gesucht.

|Der Sprecher|

Die Stärke des Sprechers sind tiefe männliche Stimmen, wie jeder weiß, der einmal Harrison Ford gehört hat. Deshalb fällt es ihm auch nie schwer, solche Stimmen grimmig, zornig, höhnisch usw. klingen zu lassen. Etwas anderes sind hingegen die Stimmen von alten Männern, die kurz vorm Abnippeln stehen, wie den alten Folterfranzosen, der von Heroin abhängig ist, als Kasdan und Wolokin ihn finden. Er klingt schwach, heiser, rau und alles andere als autoritär.

Ich hätte mir einen größeren Gegensatz zwischen dem alten Bullen Kasdan, der Vaterfigur im dynamischen Duo, und Wolokin, der Sohnfigur, gewünscht. Sie klingen etwas zu ähnlich, und nicht bloß einmal habe ich sie verwechselt. Dabei ist Wolokin 28 Jahre alt und Kasdan 63, sie liegen also altersmäßig erheblich auseinander. Diesen Unterschied sollte man auch hören können.

Weibliche Stimmen gibt es nur eine, und das ist die der Rechtsmedizinerin, die Kasdan sagt, um was für ein Tatwerkzeug es sich handeln muss. (Sie liegt völlig falsch, aber darum geht es nicht.) Der Sprecher stellt sie mit einer recht hohen, schön weichen Stimme dar, die genau passt. Der Kontrast zu all den vielen Männerstimmen ist frappierend und legt nahe, dass Wolfgang Pampel über eine viel größere Flexibilität verfügt, als er hier zeigen darf.

|Ein Fehler|

Ich konnte keinerlei Aussprachefehler feststellen, und das rechne ich dem Sprecher hoch an. Dafür musste ich aber einen Schnittfehler registrieren. Es ist zwar nur einer, aber man hätte ihn trotzdem entfernen müssen. Der Sprecher wiederholt ein Wort.

|Geräusche|

Erstmals in einem Hörbuch von Grangé erklingen diesmal richtige Geräusche. Es handelt sich dabei in aller Regel um Schüsse, einmal aber auch um ein Klirren von Glas. In einer Klubszene erdröhnt eine Hintergrundmusik, die ich eher als Geräusch ansehen würde denn als Musik: wummernde Bässe und wenig dazu, was man als Melodie bezeichnen könnte, begleitet von undifferenzierten Stimmen.

|Musik|

Nach dem obligatorischen Intro mit der Kirchenorgel hören wir in den Kapitel- und Szenenübergängen Motive, die von Drums und Bass bestritten werden. Sie sollen Spannung erzeugen, aber auch als Intermezzo dienen. Deshalb erklingen sie regelmäßig am Ende einer CD. Das titelgebende „Miserere“ erklingt leider nie in voller Stärke, sondern nur sehr dezent im Hintergrund, wenn davon die Rede ist. Das bedeutet, dass sich der Hörer selbst die entsprechende Klangdatei besorgen sollte, was ich ein wenig viel verlangt finde.

_Unterm Strich_

Die Story von den importierten Altnazis mit ihrer Geheimschule für todbringende Schüler erinnert nicht wenig an die Grundidee von „Die purpurnen Flüsse“. Dort sollte ja auch der bessere Mensch gezüchtet werden, was jedoch dergestalt schiefging, dass die unerwünschten Zeugen zum Schweigen gebracht werden mussten. Genauso hier in „Choral des Todes“, inklusive actionreichem Showdown.

|Die neue Waffe|

Der einzige neue Aspekt an dieser Geschichte sind die Chöre und die Idee, dass bestimmte Gesangsfrequenzen töten könnten. Denn dass niemand über ein derartig spitzes und festes Mordinstrument für die Durchstoßung der Trommelfelle usw. verfügt, ahnt der Leser bzw. Hörer schon frühzeitig. Dass eine Knabenstimme den Tod bringen könnte, ist dann der eigentliche Schock, den der Autor seinem Publikum – nach sorgfältiger Vorbereitung, versteht sich – genussvoll versetzt. Es geht doch nichts über einen guten Kick, um das Publikum zu unterhalten.

Allerdings ist die Rede davon, dass die Leiter der Colonia einen großen Anschlag planen. Um was es sich dabei dreht und wer das Opfer sein soll, erfahren wir nie. Das ist etwas frustrierend. Wozu Spannung erzeugen und sie dann wie ein gebrochenes Versprechen nicht einlösen? Dieses Detail könnte aber auch den Kürzungen zum Opfer gefallen sein. Ich empfehle daher die Lektüre des Buches.

|Patentrezept mit Hautgout|

Auch der Grundaufbau der Handlung reißt niemanden mehr vom Hocker, ganz einfach deshalb, weil sie durch „Die purpurnen Flüsse“ jedermann bekannt ist. Man nehme zwei Bullen, die sich erst nicht ausstehen können, und stecke sie für einen bizarren Fall zusammen. Wie sich herausstellt, sind die beiden optimal dafür geeignet, weil sie jeweils persönlich betroffen sind von dem, worauf sie da stoßen. Auf diese Weise bringt die Lösung des Falls ihnen zugleich die ersehnte Erlösung ihrer ach so beschwerten Seelen.

|No woman, no cry?|

Dass der Autor dabei übersieht, dass es auch noch weibliche Wesen auf der Welt gibt, stößt bei mir allerdings auf Unverständnis. Es gibt keine einzige Frau, die eine relevante Rolle spielt. Das ist nicht gerade modern, das ist eher mittelalterlich. Mich würde mal interessieren, welchen Geheimbünden der Autor selbst angehört. Vielleicht dem Opus Dei, jener erzkonservativen, sektiererischen Katholikenvereinigung, die beim Papst – egal bei welchem – in besonderer Gunst zu stehen scheint. Das würde einiges erklären, beispielsweise die Lateinkenntnisse und die Kenntnisse über Psalmen.

|Das Hörbuch|

Wolfgang Pampel darf hier nicht alle seine Stärken ausspielen, sondern muss vor allem männliche Figuren darstellen. Das gelingt ihm aber abwechslungsreich und glaubhaft. Den Vortrag unterstützen die vielgestaltige Musik und ein paar Geräusche, zu denen vor allem Schüsse gehören. Dennoch gelang es diesem Hörbuch nicht, mich restlos zu fesseln, geschweige denn zu begeistern. Das lag vor allem an den Schwächen der Story – siehe oben.

|Originaltitel: Miserere, 2008
Aus dem Französischen übersetzt von Thorsten Schmidt
450 Minuten auf 6 CDs|
http://www.luebbe-audio.de
http://www.jc-grange.com

Edwards, Blake / Rohrbeck, Oliver – Richard Diamond, Privatdetektiv: Fall 7 & 8

_Mit Charme und Revolver löst Rick den Fall auf jeden Fall_

Die amerikanische Radio-Krimiserie der 1950er Jahre aus der Feder von Blake Edwards („Der rosarote Panther“) wird von der |Lauscherlounge| wieder zum Leben erweckt und mit bekannten Stimmen als Hörspiel vertont – den Stimmen von George Clooney, Ben Stiller und Reese Witherspoon.

Der smarte Privatdetektiv Richard Diamond gerät in seinen abenteuerlichen Fällen an fiese Verbrecher, mysteriöse Mörder und trifft verführerische Frauen. Aber er kehrt immer wieder zu seiner geliebten Helen zurück.

Folge 7: Die rote Rose

John Alastair hat ein großes Problem. Um seine Schulden zu begleichen und seiner Frau ein gutes Leben durch die Versicherungssumme zu ermöglichen, ließ er durch einen Dritten einen Mordauftrag auf sich selbst erteilen. Durch eine glückliche Fügung kann Alastair allerdings doch das fehlende Geld leihen, der Killer wird also nicht mehr benötigt. Doch leider bekommt dieser vom geplatzten Auftrag nichts mit. Kann Diamond seinem Klienten rechtzeitig helfen?

Folge 8: Der Karussell-Fall

Der Gauner Smiley Brill hat einen hochgeschätzten und beliebten Polizisten umgebracht. Diamond schließt sich mit Lt. Walt Levinson und der Polizeibehörde zusammen, um den Mörder zu fassen. Doch dieser lässt sich nicht so einfach fangen …

1. Staffel:

Fall 1: Die schwarze Puppe
Fall 2: Der braune Umschlag
Fall 3: Der Fall Ed Lloyd
Fall 4: Der Mordauftrag
Fall 5: Der Mord am Barbier
Fall 6: Der Gibson-Fall

2. Staffel:

Fall 7: Die rote Rose
Fall 8: Der Karussell-Fall
Fall 9: Der graue Mann
Fall 10: Gute Nacht, Nocturne
Fall 11: Der Nachtclub-Fall
Fall 12: Mr. Walkers Problem

_Die Inszenierung_

Die Rollen und ihre Sprecher

Richard Diamond: Tobias Kluckert (dt. Stimme von Tyrese Gibson, Adam Baldwin in „Firefly“)
Helen Asher: Ranja Bonalana (dt. Stimme von Julia Stiles, Renée Zellweger, Reese Witherspoon)
Lt. Walt Levinson: Detlef Bierstedt (dt. Stimme von George Clooney, Bill Pullman, Robert ‚Freddy Krueger‘ Englund)
Sgt. Frazer: Oliver Rohrbeck (dt. Stimme von Ben Stiller, Michael Rapaport)
Sowie Detlef Gieß, Andreas Hosang, Denise Gorzelanny, Ilona Otto, Martin Kessler, Eva-Maria Werth.

Im 8. Fall kommen zur Stammbesetzung hinzu: Gerald Paradies, Uschi Hugo, Gerald Schaale, Helmut Gauß und Thomas Petruo.

Regie führte Oliver Rohrbeck, die Musik komponierte Dirk Wilhelm, für Sounds/Mischung/Mastering war Tommi Schneefuß zuständig, die Aufnahme erfolgte im Hörspielstudio |Xberg|.

Mehr Info: http://www.lauscherlounge.de.

_Der Fall 7: Die rote Rose_

Morgens im Büro von Rick Diamond. Seine Freundin Helen ruft an: Er soll mit ihr abends essen gehen. Da tritt ein potenzieller Klient ein, und Rick muss das Gespräch schweren Herzens, aber hoffnungsvoll beenden. Rick ist notorisch klamm.

Der Mann stellt sich als John Alastair vor. Er wollte sich umbringen, damit die fällige Lebensversicherung seine Schulden tilgen und seine Familie versorgen könne. Er habe nämlich Gelder seiner Firma unterschlagen. Um von einem Profi umgelegt zu werden, sei er zu Gimpy gegangen. Gimpy habe ihm zugesagt und 200 Dollar abgeknöpft.

Jetzt hat jedoch Alastair Glück im Unglück gehabt: Ein Verwandter habe ihm Geld geliehen, der Mord sei nicht mehr nötig. Das Problem: Gimpy wurde gestern getötet und sein Auftragsmörder weiß nicht, dass der Auftrag geplatzt ist. Welcher Killer das ist, wisse niemand; es könne einer von fünfzig sein. Diamond nimmt den Auftrag, Alastair vor dem Mörder zu schützen, für 100 Dollar pro Tag an. Und solange sein Klient im Büro in Sicherheit bleibt.

Gimpy wurde in einer Bar erstochen. Der Barkeeper erzählt Rick, wer der Mörder war: ein Typ mit einer roten Rosenknospe im Knopfloch. Nach einem Besuch bei seinen Lieblingspolizisten Lt. Levinson und Sgt. Frazer besucht er Gimpys Freundin Belle de Canto. Doch die abweisende Tanzschullehrerin mauert. Als er vor dem Ausgang eine rote Rosenknospe entdeckt, ahnt Rick, dass er beschattet wird, und geht sofort zurück ins Büro. Er bringt Alastair über die Feuertreppe auf die Straße und ins Hotel Bunker Hill.

In Ricks Wohnung wartet jedoch bereits eine unangenehme Überraschung auf ihn. Ein Typ, der von seinem Komplizen „Drago“ genannt wird, will wissen, wo Alastair ist. Er trägt eine rote Rose im Knopfloch – und einen Revolver in der Hand, der auf Ricks edelste Teile zielt.

|Mein Eindruck|

Diese Folge sieht zwei actionreiche Szenen, erst die in Ricks Wohnung, dann den eigentlichen Showdown im Bunker Hill Hotel. Es ist somit eine der besten Episoden dieser Serie überhaupt. Die Spannung und Action werden ausgeglichen durch Ricks Humor, den er aber nur seinen besten Freunden offenbart: Helen und Walt Levinson.

Mit seiner Helen kann er schon mal zweideutige Wortspiele einsetzen. Ein Wortwitz, der sich nur dem Englischkenner erschließt, taucht gleich im ersten Telefongespräch mit Helen auf. Was könnte Rick wohl mit Doppel-D meinen? Gemeint ist die Körbchengröße von Büstenhaltern, wie sie in den USA angegeben wird. DD ist schon ganz schön voluminös …

_Der Fall 8: Der Karussell-Fall_

Rick singt seiner Helen gerade etwas Verliebtes am Telefon vor, als es an seiner Bürotür klingelt. Ein Klient womöglich? Nein, es ist bloß Lt. Walt Levinson von der Polizeiwache in der Nähe. Rick liebt es, Walt auf den Arm zu nehmen und schafft es immer wieder. Aber diesmal ist Walt todernst: Ben Johnson sei niedergeschossen worden. Johnson ist einer der beliebtesten Kollegen und war Ricks Mentor, als dieser noch bei den Bullen war. Ein Gauner namens Smiley Brill sei schuld. Zusammen machen sie sich an die Fahndung.

Rick nimmt sich die heruntergekommene Bowery vor und fragt einen Bettler nach Brill. Leo Watts erzählt ihm von Jewel Sanker, Smileys Freundin. Die findet Rick im Gaiety Theater, in einem superknappen Kostüm. In ihrer Umkleide erzählt sie, sie habe sich von Smiley, diesem Penner, getrennt. Sie wisse bloß, dass er jetzt einen Job bei einem Karussell habe. Nun müsse sie wieder auf die Bühne. Das Umziehen hat keine fünf Minuten gedauert, und Rick ist nicht mal rot geworden.

Leo Watts verweist ihn an Brills Zellengenossen Birdy Morgan. Dessen Wohnung ist voller Vögel, aber das hält Rick nicht davon ab, dem Vogelmann auf die Pelle zu rücken, bis er ihm die Adresse von Brills Onkel Joe gibt. Und neben dessen Spielzeugladen entdeckt Rick tatsächlich ein Karussell. Nun muss er nur noch Smiley Brill auflauern. Aber er hat nicht mit dem Widerstand von Onkel Joe gerechnet …

|Mein Eindruck|

Die Handlung besteht in einer simplen Schnitzeljagd, doch auch diesmal gerät Rick schwer in die Bredouille. Er kann sich zwar behelfen, doch im Showdown mit Smiley Brill wird es wieder brenzlig für ihn. Die Komik des Karussells kontrastiert sehr schön mit der grimmigen Gewalt, um die es geht. Hier ist Rick mental genau am richtigen Ort. Ziemlich schräg ist auch der Auftritt beim Vogelliebhaber Birdy Morgan. Von dem flatternden und flötenden Federvieh lässt sich Rick nicht irritieren und bringt Birdy mit brachialen Methoden zum Singen. Sehr ironisch erklingt am Schluss die Drehorgel, die sich zusammen mit dem Karussell dreht.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Es ist schon unterhaltsam, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt: Reese Witherspoon, Colin Farell und George Clooney. Das hebt die Handlung, die ansonsten leicht etwas trivial hätte wirken können, doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood.

Tobias Kluckert, 1972 geboren, ist Schauspieler und Synchronsprecher. Er lieh unter anderem Joaquin Phoenix als Johnny Cash in dem Film „Walk the Line“ seine Stimme, ist aber auch die deutsche Synchronstimme von Colin Farrell in „The New World“, von 50 Cent in „Get rich or die tryin'“ und Brian Krause als Leo in „Charmed“.

Kluckert trägt mit seiner Darstellung der Hauptfigur das ganze Hörspiel und macht Diamond zu einem sympathischen Burschen, der tagsüber für Recht und Ordnung sorgt und – meistens, nicht immer – abends zu seiner Herzensdame zurückkehrt. Er will immer cool erscheinen, doch seine Aktionen sprechen eher dafür, dass er seinem Herzen gehorcht, so etwa, als er den Mord an seinem Lieblingsfriseur aufklärt.

Ranja Bonalana, die deutsche Stimme von Reese Witherspoon, spricht Helen Asher und somit zwar eine Nebenfigur, aber eine feste Konstante in der Besetzung. Ihre Stimme ist wunderbar verführerisch und stets heiter. Die Wortgeplänkel, die sich Helen mit Diamond liefert, gehören zum Feinsten, das Blake Edwards je geschrieben hat.

Leider sind sie allzu kurz, denn sie gehören nicht zum jeweiligen Fall. Ich habe nie herausbekommen, was Helen Asher tagsüber macht. Wahrscheinlich füttert sie die Katze, denn abends, wenn Rick sein Ständchen spielt, miauen im Hintergrund die Katzen regelmäßig zum Steinerweichen, sozusagen als ironischer Kommentar seitens der Tierwelt (und des Tonregisseurs).

|Geräusche|

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend. Wir hören also sowohl Straßenverkehr und Hintergrundstimmen als auch altmodisches Telefonklingeln und Nebelhörner usw. In den diversen Wohnungen sind Standuhren, miauende Katzen (bei Helen) und natürlich jede Art von Türen zu hören. Mitunter erklingen auch Karusselle, Drehorgeln und Rennpferde.

|Musik|

Die Musik von Dirk Wilhelm fungiert meist als Pausenfüller, um so die Szenen voneinander zu trennen, aber auch um die Stimmung der nächsten Szene einzuleiten. Der Musikstil erinnert an nichts so sehr wie an die Filmmusik von „L.A. Confidential“. Zu hören sind also gedämpfte Trompeten oder Posaunen, ein gedämpftes Klavier und sehr dezente Streicher. Von Jazz kann also keine Rede sein, vielleicht sollte man einfach nur von „Cool“ sprechen.

Die Ausnahme von dieser Regel sind Ricks selbst vorgetragene Stücke, die er am Klavier für seine Helen spielt. Und man staunt, wie gut Tobias Kluckert singen kann.

_Unterm Strich_

Nach dem Erfolg von „L.A. Confidential“ und [„Die schwarze Dahlie“ 3353 sind Nostalgie-Krimis wieder angesagt. Verschiedene Hörbuchverlage haben dies mit diversen Serien – Lester Powells Damen-Krimis, Stahlnetz, Tatort, Derrick, Dr. Mabuse, Francis Durbridge u. v. a. – vorexerziert. Höchste Zeit war’s also, dass auch |Lübbe Audio| etwas Entsprechendes in sein Angebot aufnimmt.

Folge sieben ist sowohl actionreich mit einem tollen Shootout als auch sehr ironisch und humorvoll. Für das romantische Hörerherz tun Helen und Rick auch etwas. Folge acht ist ebenfalls ziemlich spannend, weist aber auch darauf hin, dass Ricks berufliche Wurzeln bei der Polizei liegen. Dort wurde er von Ben Johnson als Mentor ausgebildet. Leider erfahren wir nicht, was bzw. welcher Fall ihn dazu gebracht hat, die Polizeimarke zurückzugeben und ein schlecht bezahlter Privatschnüffler zu werden.

|Das Hörspiel|

Das Hörspiel ist von Rohrbecks |Lauscherlounge| sorgfältig produziert worden und ich habe an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der gewohnt abwechslungsreichen Handlung etwas Filmglamour. Da [„L.A. Confidential“ 1187 einer meiner Lieblingsfilme ist, konnte ich mich im Ambiente von Rick Diamond sofort zurechtfinden und die Produzenten brauchten keinerlei Erklärungen zum kulturellen Hintergrund mehr zu liefern.

Mag sein, dass die Figuren in ihren männlichen und weiblichen Geschlechterrollen recht überholt sind, aber herrje, das sind die Karl-May-Geschichten schließlich auch, und doch werden sie weiterhin von Millionen Lesern und Zuschauern verschlungen. Helen Asher ist keineswegs das häusliche Heimchen am Herd, sondern sie weiß ihren Rick durchaus zu nötigen, ihr zu Gefallen zu sein. Die Katze im Hintergrund ist nicht umsonst ihr Haustier, denn es heißt, Katzen seien unabhängig. Diese Rollenbilder sind also weit entfernt von der moralischen Korruption, die in den Noir-Filmen der dreißiger und vierziger Jahre gespiegelt wurde.

Fazit: ein Volltreffer.

|64 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3614-2|

lauscher news


http://www.luebbe-audio.de

John Sinclair – Bring mir den Kopf von Asmodina (Folge 62)

Wie die Schlacht um Mittelerde, nur mit Maschinengewehren

„Geisterjäger“ John Sinclair ist Oberinspektor in einer Sonderabteilung von Scotland Yard, die sich mit übersinnlichen Fällen befasst. Sinclair wird von einem Kreuz beschützt und gewarnt, das vom Propheten Hesekiel selbst stammt. Zur doppelten Sicherheit trägt er auch eine Beretta-Pistole mit sich, die mit Silberkugeln geladen ist. Werwölfe und ähnliches Gelichter mögen so etwas gar nicht. Heißt es.

John Sinclair – Bring mir den Kopf von Asmodina (Folge 62) weiterlesen

Barker, Clive – Das erste Buch des Blutes (Lesung)

Eine höllische Weihnachtsgeschichte, stilecht vorgetragen

Leser mit schwachen Nerven seien gewarnt: Clive Barker ist nichts für zart besaitete Gemüter! In seinen phantastischen Geschichten beschwört er voller Wortgewalt das Grauen und geht über alles hinaus, was man sich in seinen schlimmsten Alpträumen vorgestellt hat. (Verlagsinfo) Für seine „Bücher des Blutes“ bekam Clive Barker 1985 den World- und den British Fantasy Award. Seine Schrecken sind (meist) in der realen Welt angesiedelt, im Hier und Jetzt, oft sogar mitten in der Großstadt.

Ein dicker Pluspunkt dieses Hörbuchs: Die drei ausgewählten Erzählungen sind ungekürzt zu hören! Das bedeutet aber auch: Erst ab 16 Jahren zu empfehlen.

Der Autor

Clive Barker, 1952 in Liverpool geboren, ist der Autor von bislang zwanzig Büchern, darunter die sechs „Bücher des Blutes“. Sein erstes Buch für Kinder trägt den Titel „The Thief of Always“ (Das Haus der verschwundenen Jahre). Er ist darüber hinaus ein bekannter bildender Künstler, Filmproduzent und -regisseur („Hellraiser 1“) sowie Computerspiel-Designer

Er lebt in Beverly Hills, Kalifornien, mit seinem Lebenspartner, dem Fotografen David Armstrong, und ihrer Tochter Nicole. Sie teilen sich das Haus mit vier Hunden, fünf Goldfischen, fünfzehn Ratten, unzähligen wilden Geckos und einem Papagei namens Malingo.

Seit 2002 veröffentlicht Barker einen Zyklus von wunderschön illustrierten Kinderbüchern mit dem Titel [„Abarat“. 1476 Alle Bücher spielen in der titelgebenden Fantasywelt, die – wie könnte es anders sein – auch einige teuflische Figuren vorweisen kann. Sie machen der 16-jährige Heldin Candy Quackenbush das Leben im Abarat schwer.

http://www.clivebarker.com/

Sprecher & Team

Matthias Koeberlin, geboren 1974, absolvierte die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam. Für seine Verkörperung des Ben in „Ben & Maria – Liebe auf den zweiten Blick“ erhielt er den Günther-Strack-Fernsehpreis. Für seine Interpretation des Lübbe-Hörbuchs [„Das Jesus-Video“ 267 wurde er für den Deutschen Hörbuchpreis des WDR (2003) nominiert. In der ProSieben-Verfilmung des Bestsellers spielte er den Stephen Foxx.

Regie führte Marc Sieper, die Musikalischen Motive stammen von Andy Matern.

Andy Matern wurde 1974 in Tirschenreuth, Bayern geboren. Nach seiner klassischen Klavier-Ausbildung arbeitete er einige Jahre als DJ in Clubs. Seit 1996 ist er als freiberuflicher Keyboarder, Produzent, Remixer, Songwriter und Arrangeur tätig. Er kann trotz seiner jungen Jahre bereits mehr als 120 kommerzielle CD-Veröffentlichungen vorweisen. Darunter finden sich nationale und internationale Chart-Platzierungen mit diversen Gold- und Platin-Auszeichnungen.

Bereits Andy Materns erste Hörbuch-Rhythmen erreichten schnell Kultstatus bei den Fans und der Fachpresse. Durch seine musikalische Mitarbeit wurde [„Der Cthulhu-Mythos“ 524 zum besten Hörbuch des Jahres gewählt (Deutscher Phantastik Preis 2003). Andy Matern lebt und arbeitet in München. (Verlagsinfos)

Die Erzählungen

Das Hörbuch bietet lediglich eine Auswahl aus den Storys des Buches.

|1) „Das Buch des Blutes“|

„Auch die Toten haben Straßen“, lautet der schaurige erste Satz. Die Totenstraßen haben Mautstellen ebenso wie Kreuzungen, und an einer dieser Kreuzungen liegt das Londoner Haus am Tollington Place 65. Es steht leer und ein Spalt schlängelt sich durch die Mitte seiner 18.-Jahrhundert-Fassade. Der Riss zwischen den Welten der Lebenden der Toten führt zu einem undefinierbaren Gestank, der selbst das Ungeziefer vertrieben hat.

Seit drei Wochen führt das Parapsychologische Institut einer Uni in Essex hier Untersuchungen durch – oder vielmehr ein Experiment mit einem Medium. Dieses Medium ist der 20-jährige Simon McNeal. Doch Simon ist ein Schwindler, der behauptet, er könne prominente Tote wie John Lennon herbeizitieren und von ihnen Berichte, Briefe und Zeichnungen anfertigen lassen.

Die Psi-Forscherin Dr. Mary Florescu arbeitet im Stockwerk unter dem Schreibezimmer. Die Witwe hält Simon keineswegs für einen Schwindler und ist sogar ein wenig scharf auf den schönen Jüngling. Besonders dann, wenn er wie so oft nur eine Unterhose anhat …

Rick Fuller, ihr Fotograf, hat auf einmal eine Aura. Das findet Mary merkwürdig, aber es kommt noch besser: Die Wände und Decken des Hauses werden durchsichtig. Sie erblickt die Verkehrsader der Toten. An dieser Kreuzung dürfen nur Verursacher und Opfer von Gewalttaten passieren, und sie hört Schmerzensschreie, sieht die Wunden. Doch das gilt auch umgekehrt: Die Toten bemerken das Haus, als die Grenze verschwindet, und sie sehen, dass Simon, der Schwindler, die Geschichten von Toten frei erfunden hat. Das soll er büßen.

Die Toten verlangen Genugtuung, und als Mary zum Schreibezimmer hinaufgeht, sieht sie durch die Wände hindurch, was sie mit ihm anstellen: Sie schreiben in seine Haut hinein, schreiben ihre eigenen Geschichten wie in ein Buch, ein Buch des Blutes, an jede Stelle seines zuckenden, Abbitte leistenden Leibes …

Marys Erscheinen im Zimmer vertreibt die Toten. Sie begutachtet ihr Werk und weiß, dass sie die Geschichten veröffentlichen muss. McNeal wird leben, und er ist auf immer an Mary gebunden. Für Rick Fullers Verstand kommt hingegen jede Hilfe zu spät.

|Mein Eindruck:|

Die Story leitet nicht nur das Generalthema des Zyklus der sechs „Bücher des Blutes“ ein: die Geschichten der Toten und des Todes. Sie stellt auch eine Warnung dar. Mann sollte diese Geschichten ernst nehmen. Wer weiß, vielleicht könnten einem dies sonst die Toten übel nehmen und sich wie an Simon McNeal rächen. Die zweite Warnung richtet sich an unbedarfte Leser, die meinten, sie wüssten, was Horror ist. Nein, hier geht es hammerhart zur Sache, ohne angezogene Handbremse oder Bremsfallschirm. Man weiß nie, was auf einen zukommt, aber der Autor warnt den Leser ausdrücklich: Machen Sie sich auf das Schlimmste gefasst. Auch ein guter PR-Spruch.

|2) „Der Mitternachts-Fleischzug“|

Leon Kaufman ist erst seit dreieinhalb Monaten in New York City, der „Hochburg der Lust“, doch schon hat die Stadt seiner Träume ihren Glamour verloren. Sie bringt nicht Lust hervor, sondern Gewalt. Man nehme zum Beispiel den Fall der Schlachthaus-U-Bahn. Loretta Dyer wurde nackt und ausgeblutet von der Decke hängend gefunden, gerade so, als wäre sie eine Fleischseite beim Schlachter. Und erst gestern gab es gleich drei von dieser Sorte, nur wurde der Täter offenbar bei seiner „Arbeit“ gestört. Sie waren noch nicht ausgeblutet. Leon schaudert, als er zur Arbeit geht. Im Café meint ein Fettwanst, es handele sich um irgendwelche Ungeheuer aus der Retorte. Oder um einen durchgeknallten Cop auf der Pirsch nach Frischfleisch.

Mahogany erwacht pünktlich um 18:00 Uhr zur Nachtschicht. Er ist ein Auserwählter auf einer heiligen Missen, der einer alten Tradition folgt, jener der „Jäger der Nacht“ wie etwa Jack the Ripper. Jeder Jäger ist wählerisch: Mahogany sucht nur die Jungen und Gesunden heraus aus der Masse der U-Bahn-Benutzer. Leider hat der Job auch seine Nachteile: Ewiger Ruhm bleibt ihm versagt. Und nach zehn Jahren ist er mittlerweile etwas müde und langsam, weshalb ihm Fehler wie bei Loretta Dyer unterlaufen. Seine Meister mögen das überhaupt nicht, denn sie sind auf das Fleisch, das er ihnen bringt, angewiesen. Kurzum: Er braucht einen Nachfolger, einen Lehrling, dem er die Kniffe seines Handwerks beibringen kann.

Leon Kaufman nimmt die U-Bahn, die ihn um 23:10 nach Hause in Far Rockaway bringen soll. Schon bald schläft er ein. Weil die Polizei in einem Blumenhändler aus der Bronx den U-Bahn-Schlächter erwischt zu haben glaubt, gibt es heute Abend weniger Kontrollen als sonst. Als er aus einem Traum von Mutti aufschreckt, fällt ihm die irrsinnige Geschwindigkeit des Zuges auf. Und an der Haltestelle 4th Street scheint ein junger Mann zu fehlen. Da hört Leon auf einmal, wie im nächsten Waggon Tuch zerreißt, ob sich jemand die Kleider vom Leib risse. Als er hinter den Vorhang schaut, der die Tür zwischen beiden Waggons verdeckt, schaut, ist es ein Blick in eine Hölle aus Blut …

Es ist der Beginn einer alles verändernden Nacht für Leon Kaufman und Mahogany den Jäger.

|Mein Eindruck:|

„Der Mitternachts-Fleischzug“ ist höchst symbolträchtig und auf ihre spezielle Horrorweise auch kritisch gegenüber der Metropole New York. Die Großstadt ist dem Fleischjäger nur ein weiteres Jagdrevier im Dschungel. Und seine Herren, in deren Auftrag Mahogany (eine Assoziation mit Brecht/Weills „Stadt Mahagonny“ liegt nahe) Fleisch beschafft, waren schon lange VOR der Stadt und den Siedlern und Ureinwohnern hier. Sozusagen die Großen Alten, denen jeder opfern muss. Wen oder was sie verkörpern, muss sich jeder selbst ausdenken.

|3) „Das Geyatter und Jack“|

Die Herren der Hölle haben das Geyatter, einen niederen Dämon mit dem netten Namen Cuazzel, in das Haus des Gewürzgurken-Importeurs Jack J. Polo abkommandiert, weil Polos Mutter, eine Satanistin, sie um eine Seele betrogen hat. Rache ist Blutwurscht, lautet die Devise – Polos Seele muss her!

Leichter gesagt als getan. Cuazzel hat den Job, Jack in den Wahnsinn zu treiben. Aber nicht einfach so, sondern es gibt strenge Regeln zu beachten: Es darf Polos Haus nicht verlassen; es darf sich ihm nicht zeigen; es darf Polo nicht berühren. Das macht den Job schon schwer genug, findet es.

Aber auch Jack Polo kennt die Regeln, hat sich doch seine Mutter intensiv mit Seelenkunde und Theologie beschäftigt. Und das macht Cuazzels Job zu einer Achterbahnfahrt des Grauens: Schon drei von Jacks Katzen hat es abgemurkst, und Jack ist immer noch nicht wütend! Immer erklärt er alles mit diesem blöden Spruch: „Que sera sera.“ (Was sein wird, wird sein.)

Doch als die beiden süßen Töchter Jacks, Gina (23) und Amanda (22), ihn besuchen kommen, um mit ihm ein kuscheliges Weihnachtsfest zu feiern, sieht das Geyatter endlich seine große Stunde gekommen. Jetzt oder nie. Doch der Weihnachtsabend geht für alle ganz anders aus als erwartet.

|Mein Eindruck:|

Das Geyatter, dieser rote Dämon aus der Hölle, ist wirklich ein abgrundtief böses Kerlchen – mit Recht möchte man es für seine undankbare Aufgabe bedauern, Jack aus der Fassung zu bringen. Und seine Herren – allen voran der stinkige Beelzebub – sind ja so was von gnadenlos! Und dann all diese Regeln … Wie soll ein ganz normaler Dämon wie Cuazzel da auf einen grünen Zweig kommen? Er ist ja nur ein kleines Rädchen in der riesigen höllischen Bürokratie.

Die Story ist eine herrliche Satire auf alle Bürokratien der Welt sowie auf die Genspensterkrimis, die in merry old England seit jeher so beliebt waren. Bis Clive Barker den AutorInnen zeigte, wo der Hammer hängt. Natürlich gibt es in der Story jede Menge Schaueffekte, die man sich genussvoll bildlich vorstellen kann. Tatsächlich gibt es ja auch ein Comicbook davon: [„Ein höllischer Gast“. 1284

Auch als Weihnachtsparodie funktioniert die Story glänzend. Sie räumt auf mit all dem Humbug über unsichtbare Weihnachtsmänner und Christkindlein – nein, die Gespenster kommen direkt aus der Hölle und haben einen konkreten Auftrag: Seelenfang. Das legt den Verdacht nahe, dass auch die Veranstalter von Weihnachtsfeiern und Mega-Events nichts anderes im Sinn haben als – Seelenfang!

|Der Sprecher|

Als ausgebildeter Schauspieler weiß Koeberlin seine Stimme wirkungsvoll einzusetzen und die Sätze deutlich und richtig betont zu lesen. Auch die Aussprache der meisten englischen Namen und Bezeichnungen geht reibungslos vonstatten. Aber die Flexibilität seiner Stimme scheint recht begrenzt zu sein. Wenn Cuazzel spricht – was er am Ende seines Auftrags tun muss – so klingt die Stimme eine Spur höher als sonst, und auch der weibliche Stimmlage passt sich Koeberlin ein wenig an. Selten sinkt die Lautstärke zu einem Flüstern herab. Aber das war’s dann auch schon.

|Die Musik|

Die Musik von Matern ist dasjenige Stilelement, das den Zauber dieser Lesung ausmacht. Sie kommt selbstverständlich als Intro und Extro zum Einsatz, und regelmäßig ist an den spannenden und dramatischen, sprich: gruseligsten Stellen Hintergrundmusik zu hören. Diese nun aber zu charakterisieren, stellt sich als schwierige Aufgabe heraus. Ich konnte keine einzelnen Motive heraushören, vielmehr handelt es sich um Klangfolgen mit klassischen Instrumenten (und wohl dem einen oder anderen Synthesizer), die eine Atmosphäre der Beunruhigung, Anspannung, kurzum: des Grauens erzeugen. Um diese Wirkung erzielen, hat Andy Matern jedenfalls ganze Arbeit geleistet.

_Unterm Strich_

Um mit Barker zu sprechen: „Am besten macht man sich auf das Schlimmste gefasst, und ratsam ist es, erst einmal die Gangart zu erlernen, ehe einem die Luft für immer wegbleibt.“ Jede der Geschichten für sich allein weckt selbst beim abgebrühtesten Leser einen ganz speziellen Schauder, den nur wirklich gute Horrorstorys erzeugen können. Die Übersetzungen von Peter Kobbe sind zumindest hier noch sehr gut. Viele der Storys in den „Büchern des Blutes“ wurden verfilmt, und als Klassiker gehören die sechs „Bücher des Blutes“ in die Sammlung jeden Horrorfans.

Das vorliegende Hörbuch ist nun das erste seiner Art im deutschen Sprachraum und verdient daher besondere Aufmerksamkeit. Auf die einleitende Erzählung, die das Thema vorgibt und erklärt, folgt gleich mal eine der härtesten Storys von Barker überhaupt: „Der Mitternachts-Fleischzug“ (s. o.).

Danach gibt es zur Entspannung eine wundervoll-böse Geister- und Weihnachtssatire. Cuazzel ist der geplagte kleine Bürokrat, der von seinen großmächtigen Herren – „mögen sie lange Licht scheißen auf die Irdischen!“ – auf Seelenfang geschickt worden ist. Dumm nur, dass er sich an feste Gesetze und Regeln halten muss – das ist ja so was von ungerecht! Kein Wunder, dass es ihm am Schluss zu bunt wird, und er eben diese Gesetze übertritt. Das wird ihm zum Verhängnis, aber nicht so, wie wir das erwarten würden, sondern in Form der Umkehrung der Besitzverhältnisse … Es bleibt also bis zum Schluss spannend. So ein Dämon hat’s wahrlich nicht leicht. Die Story sprüht vor lustigen Einfällen und ist jedes Mal wieder ein Genuss. (Vielleicht sollte man sie nicht zu Weihnachten, sondern zu Halloween hören oder laut vorlesen. Könnte lustig werden.)

Die Vortragskunst des Sprechers eignet sich meines Erachtens mehr für die dramatischen gruseligen Stellen als für die komisch-makabren, die in „Das Geyatter“ zur Geltung kommen. Massiv wird Koeberlin unterstützt von Andy Materns ausgezeichnet passender Musik, die für die richtige Gänsehaut sorgt.

|Hinweis:| Die Erzählungen „Schweineblut-Blues“, „Sex, Tod und Starglanz“ und „Im Bergland: Agonie der Städte“ fehlen in dieser Ausgabe. Man kann sich also auf ein weiteres Hörbuch mit erstklassigen Horrorstorys freuen. [„Im Bergland …“ 3216 erschien im Januar 2007 bereits separat.

|Originaltitel: Books of Blood vol. 1, 1984
192 Minuten auf 3 CDs|
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Dark, Jason / Döring, Oliver – John Sinclair – Ich stieß das Tor zur Hölle auf (Folge 60)

_Komplexer Auftakt: Johns Sturz in die Hölle_

„Geisterjäger“ John Sinclair ist Oberinspektor in einer Sonderabteilung von Scotland Yard, die sich mit übersinnlichen Fällen befasst. Sinclair wird von einem Kreuz beschützt und gewarnt, das vom Propheten Hesekiel selbst stammt. Zur doppelten Sicherheit trägt er auch eine Beretta-Pistole mit sich, die mit Silberkugeln geladen ist. Werwölfe und ähnliches Gelichter mögen so etwas gar nicht. Heißt es.

John Sinclair und seine Gefährten stehen der Mordliga gegenüber. Doch auch Morasso, ihr Anführer, hat Feinde, nämlich Asmodina, die Tochter des Teufels. Sinclair & Co. befinden sich zwischen diesen beiden Fronten. Er kann nur hoffen, dass in der folgenden Schlacht die eine oder andere Seite geschwächt oder gar vernichtet wird – und dass er nicht zwischen die Fronten gerät.

Folge Nr. 60 entspricht dem Band 200 der Bastei-Romanserie und ist der Auftakt zu einem Dreiteiler.

Die Hörspiele dieser Reihe sind Vertonungen der gleichnamigen Bastei-Heftserie. Mit der Folge 60 feiert die Hörspielreihe ein weiteres Jubiläum – mit einem Online-Gewinnspiel. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 18 Jahren.

_Der Autor_

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 – also vor 37 Jahren – eröffnete der Roman „Die Nacht des Hexers“ die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause Bastei. Inzwischen sind über 1700 „John Sinclair“-Romane erschienen, die Gesamtauflage der Serie beträgt laut Verlag über 250 Millionen Exemplare.

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Frank Glaubrecht spricht den Geisterjäger himself und ist die deutsche Stimme von Al Pacino.
Joachim Kerzel, die deutsche Stimme von Jack Nicholson und Dustin Hoffman, spricht den Erzähler.
Suko: Martin May
Sir James Powell: Karlheinz Tafel
Myxin: Eberhard Prüter
Kara: Susanna Bonaséwicz
Lucille Adams: Marie Bierstedt (dt. Stimme von Kirsten Dunst u.a.)
Madame Tanith: Karin Buchholz
Solo Morasso: Tilo Schmitz (t. Stimme von Ving Rhames etc.)
Asmodina: Martina Treger
Marvin Mondo: Till Hagen (dt. Stimme von Kevin Spacey u.a.)
Pamela Scott: Katrin Fröhlich
Vampiro del Mar: Helmut Krauss (dt. Stimme von Samuel L. Jackson, Marlon Brando u.a.)
Lupina: Claudia Urbschat-Mingues (dt. Stimme von Angelina Jolie)
Xorron: Udo Schenk (dt. Stimme von Ralph Fiennes u.a.)
Spuk: Boris Tessmann
Todesengel: Tanja Geke (dt. Stimme von Kate Hudson („Almost Famous“), Scarlett Johannson („The Prestige“) und Beyoncé Knowles)
Asmodis: Bernd Rumpf
Dämon: Oliver Stritzel
Kugel-Dämon: Sebastian Rüger
Logan Costello: Bernd Vollbrecht
Und weitere Sprecher.

_Der Regisseur_

… ist Oliver Döring, Jahrgang 1969, der seit 1992 ein gefragter Allrounder in der Medienbranche ist. „Als Autor, Regisseur und Produzent der „John Sinclair“-Hörspiele hat er neue Maßstäbe in der Audio-Unterhaltung gesetzt und ‚Breitwandkino für den Kopf‘ geschaffen“, behauptet der Verlag. Immerhin: Dörings preisgekröntes Sinclair-Spezial-Hörspiel „Der Anfang“ hielt sich nach Verlagsangaben wochenlang in den deutschen Charts.

Buch und Regie: Oliver Döring
Realisation: Patrick Simon
Tontechnik und Schnitt: ear2brain productions
Hörspielmusik: Christian Hagitte, Simon Bertling, Florian Göbels
Produktion: Alex Stelkens (WortArt) und Marc Sieper (Lübbe Audio)

_Handlung_

Asmodina, die Tochter des Höllenfürsten Asmodis, fädelt die Entscheidungsschlacht gegen Solo Morasso und seine Mordliga ein. Der SPUK sei ihr ein loyaler Partner und für John Sinclair, so berichtet sie, halte sie eine böse Überraschung bereit, um ihn in die Hölle zu locken. Jetzt bitte sie nur noch um die Unterstützung ihres Gesprächspartners: Daddy.

|Paris|

Es ist Freitagabend auf dem Montmartre von Paris, als das Medium Lucille Adams die Seherin Madame Tanith aufsucht. Madame hat ein Artefakt von großer Macht in ihrem Besitz: Die Kugel, die ihr einmal ein Abt geschenkt hat, könne Dimensionstore öffnen, versichert Lucille. Doch jener Abt, ein gewisser Pierre Dumont und Freund von Madame, sei ermordet worden, um in den Besitz der Kugel zu gelangen. Doch wer steckt dahinter?

Um dies herauszufinden, müssten Lucille und Madame die Kugel benutzen. Leider geht dabei etwas mächtig schief: Die Todesengel, Abgesandte Asmodinas, erscheinen und berühren die Kugel, bevor die herbeiteleportierte Zauberin Kara sie wieder vertreiben kann. Kara schwant Schlimmes. Sie beauftragt ihren Freund, den Magier Myxin, John Sinclair zu warnen …

|London|

John Sinclair und Suko sind bei Sir James Powell, dem Chef von New Scotland Yard, um die Lage zu besprechen. Meldungen aus dem Südatlantik weisen darauf hin, dass sich Solo Morasso und seine Dämonenbande in Feuerland verschanzt haben. Bestimmt hecken sie etwas aus. Sir Powell will jedoch nichts überstürzen, um beobachten und planen zu können – ein schwerer Fehler, wie sich bald zeigt. Denn der Feind ist bereits auf dem Vormarsch.

Als John mit seinem Bentley in die Tiefgarage seines Wohnkomplexes fährt, sieht er einen Mann am Boden liegen. Er will ihm helfen, als ihn ein schwerer Schlag von hinten niederstreckt. Als er wieder erwacht, sind Mann, Handy, Geldbörse, Waffe und Autoschlüssel weg. Nur sein Kreuz hat er noch, zum Glück. Dieses braucht er wider Erwarten sofort, denn ein gieriger Kugeldämon trachtet ihm nach dem Leben. John streckt ihm wie gewohnt sein geheiligtes Kreuz entgegen, eine der mächtigsten Waffen des Lichts. Doch nichts geschieht – das Kreuz ist wirkungslos! Erst Suko kann den Dämon unschädlich machen.

|Feuerland|

Unterdessen freut sich Solo Morasso über den Empfang des echten Kreuzes aus den Händen des Londoner Gangsters Costello, dessen Handlanger das echte Kreuz durch ein Duplikat ersetzt haben – mit Hilfe eines Scanners, den Marvin Mondo erfunden hat. Morasso gedenkt, das Kreuz im Kampf gegen Asmodina einzusetzen. Das Labor von Scotland Yard bestätigt, dass es sich um eine Fälschung handelt, was John da besitzt.

|London|

Niedergeschmettert sucht John nach einer weiteren mächtigen Waffe gegen das Böse. Er schaut in seinen unversehrten Tresor und holt den Kelch des Feuers heraus, dessen Eigenschaften allerdings unbekannt sind. Er versucht gerade, die eingravierten Zeichen zu entzifffern, als Blitze hervorschießen und ein Dimensionstor öffnen. Wohin verschwindet der Sohn des Lichts?

_Mein Eindruck_

Dieser Auftakt zur Trilogie „Morasso vs. Asmodina“ geizt nicht mit Schauplätzen und Akteuren. London, Paris, Feuerland und selbst Hölle sehen finstere Vorbereitung für den großen Showdown zwischen der Mordliga und der Tochter des Teufels. Während sich die Gegner ihre Waffen und andere Vorteile verschaffen, verliert unser Streiter des Guten sämtliche Trümpfe an die gegenseite. Es sieht für John Sinclair gar nicht gut aus. Dennoch landet er mitten in der Bredouille.

|Rätsel und Fragen|

Lange habe ich gerätselt, was der Erzählstrang um Madame Tanith eigentlich soll. Die Seherin und das Medium Lucille Adams sorgen sich um eine mysteriöse Kugel, einem Erbstück der katholischen Kirche mit mystischer Vergangenheit: Kein Geringerer als Nostradamus war einer ihrer Besitzer. Und wie sich herausstellt, steht die Kugel in enger Beziehung zum Kelch des Feuers – die Grals-Symbolik ist mehr als offensichtlich. Schließlich müssen die Guten, wenn sie gegen die höllischen Scharen bestehen wollen, entsprechend heilige und geweihte Objekte ins Feld führen. Wieder einmal sind die religiösen Untertöne der Sinclair-Geschichten deutlich.

Diese Beziehung von Kugel und Kelch erweist sich bei etwas Nachdenken insofern als folgenreich, als Asmodina nun mit Hilfe der von ihren Dienern berührten Kugel auf den Kelch zugreifen kann, der sich in Johns Besitz befindet – woher weiß sie das? – und den John als Ersatz für das gestohlene Kreuz – das kann sie ebenfalls nicht wissen – einsetzen will. Dieser Einsatz wird ihm zum Verhängnis: Madame Taniths Kugel zerrt ihn durch das von Kelch und Kugel erzeugte Dimensionstor in die Hölle. Wie man sieht, bleiben etliche Fragen der Logik offen.

|Kopie mit Pfiff|

Die Duplikation von Johns Kreuz ist nicht ohne Pfiff. Wie erwähnt, hat Marvin Mondo einen speziellen Scanner (und Kopierer) gebaut. Der Pfiff dabei: Nicht eine zweidimensionale Vorlage wie etwa Papier wird gescannt und kopiert, so ein 3D-Objekt – gibt es erst seit Kurzem und dürfte zu einer Menge Urheberrechtsstreitigkeiten führen.

Und angetrieben wird der Apparat nicht etwa von schnödem Benzin, auch nicht von Nukleartechnik, sondern von „kalter Verschmelzung“. Das ist die Übersetzung von „Cold Fusion“, der Atomverschmelzungstechnologie. Sie wurde mehrfach als erzielt berichtet, doch jedes Mal entpuppten sich die Versuche als Fakes. Marvin Mondo hat also wirklich die Nase vorn!

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Die Macher der „Geisterjäger“-Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: Bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück tun Helmut Krauss (Xorron), Kerzel, Glaubrecht und Co. dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieser Hörspielreihe ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen.

Übertriebene Ausdrucksweisen heben die Figuren in den Bereich von Games- und Comicfiguren. Das kann bei jugendlichen Hörern ein Vorteil sein. Die Figuren schreien wütend, fauchen hasserfüllt oder lachen hämisch. Besonders unheimlich ist die Darstellung des Spuks, eines wirklich mächtigen Dämons. Leider erfahren wir auch in dieser Trilogie rein gar nichts über seine Herkunft und Entstehung bzw. darüber, warum er aus Asmodinas Reihen zu Morasso übergelaufen ist.

Auch alle anderen Figuren muss der Hörer bereits kennen, um sie zuordnen zu können. Aber als Fan der Serie kennt man ja Sinclair, Asmodina, Kara, Myxin usw. bereits aus dem Effeff. Recht nett wirken die Todesengel, allesamt weiblich (keine Neutren also) und von höchst bösartiger Natur – so dienen sie Asmodina optimal. Tanja Geke kann hier wirklich die Sau rauslassen und gehässig lachen.

Besonders gefiel mir Marie Bierstedt als Lucille Adams. Sie setzt ihren Charme als Geschlechtsgenossin gegenüber der vorsichtigen Madame Tanith sehr erfolgreich ein und findet Dinge aus deren Vergangenheit heraus, die man einem Unbekannten nicht unbedingt auf die Nase binden würde. Karin Buchholz spricht Madame Tanith mit gewisser Reserviertheit und Autorität, wird aber von Lucille zunehmend verunsichert. Später schließt sie sich dem Club der Sinclair-Helfer an. Doch Lucille segnet das Zeitliche – bis auf Weiteres.

|Geräusche|

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem halbwegs realistischen Genre-Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Schlüsselszenen recht stimmungsvoll aufgebaut. Stets sorgen die magischen Objekte für nette Effekte, die oftmals aus Blitzgeräuschen und gefährlichem Zischen bestehen – sie sind meist dann zu hören, wenn Gut und Böse aufeinandertreffen. Gerne werden auch Hall und Donner eingesetzt. In den Schlachtszenen kommen noch zahlreiche Geräusche wie Zischen und Einschläge von den Projektilen hinzu – man kommt sich vor wie in Mittelerde, wenn die letzte Schlacht tobt.

|Musik|

Die Musik leitet in den kurzen Pausen bzw. Übergängen gleich zur nächsten Szene über. Sie wurde von einem kleinen Orchester eingespielt, und bevorzugt werden düstere, basslastige Instrumente und Effektgeräte eingesetzt, beispielsweise metallische Hammerschläge, wie sie in „Terminator 2“ erklingen. Die Titelmelodie der Serie erschallt in einem hämmernden Rock-Rhythmus aus den Lautsprecherboxen. Sehr sympathisch. Sie wird am Schluss der CD kurz zitiert und erklingt in voller Länge erst am Ende der dritten CD.

Musik, Geräusche und Stimmen wurde so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

|Booklet etc.|

… enthält im Innenteil Angaben über die zahlreichen Sprecher, die Macher sowie sämtliche Hörfolgen. Auf der letzten Seite weist der Verlag auf den offiziellen JOHN-SINCLAIR-Song „CAIN – Age of Darkness“ hin, der „auf allen bekannten Musik-Downloadportalen“ zur Verfügung stehe.

_Unterm Strich_

Als Auftakt der Trilogie weiß diese Folge nur wenig an Action zu bieten – diese findet sich naturgemäß im Finale, während der Entscheidungsschlacht. Immerhin gerät John in eine Art Überfall und sich gleich danach dem Angriff eines gierigen Kugeldämons ausgesetzt. Auch die zwei Damen in paris geraten in eine handfeste Auseinandersetzung mit den Todesengeln. Ansonsten lassen sich nur Ansätze zu späteren Konflikten registrieren. Deshalb heißt es wohl: „Bitte legen Sie CD #2 ein!“ Gemeint ist natürlich Folge 61.

|Audio-CD mit 49:17 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 978-3-7857-4296-9|
[www.luebbe.de]http://www.luebbe.de
[www.sinclair-hoerspiele.de]http://www.sinclair-hoerspiele.de
[www.wortart.de]http://www.wortart.de

Noch mehr zu |John Sinclair| finden Sie in unserer [Rezensionsdatenbank]http://www.buchwurm.info/book .

Tom Roth – CO2: Welt ohne Morgen

Inhalt

Der hochaktuelle Thriller um eines der wichtigsten Themen unserer Zeit: Zwölf Kinder aus zwölf Nationen, Teilnehmer eines Klima-Camps in Australien, werden entführt. Die Drohung der Kidnapper: Einigt sich die Weltgemeinschaft nicht binnen kürzester Zeit auf drastische Klimaziele, stirbt ein Kind. Vor laufender Kamera. Dann Woche für Woche ein weiteres. Die Welt hält den Atem an. Kann so erreicht werden, was in unzähligen Versuchen zuvor gescheitert ist? Werden die Regierungen nachgeben, wenn das Leben unschuldiger Kinder auf dem Spiel steht? Bald wird klar: Bei diesem Wettlauf geht es um weitaus mehr als das Leben Einzelner – und die Zeit läuft ab … (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Mit „CO2“ hat Tom Roth einen spannenden, unterhaltsamen Thriller geschaffen, der kaum aktueller, brisanter oder authentischer sein könnte. Bereits der Einstieg ist rasant und macht wirklich neugierig, denn die Entführungsopfer scheinen ihre Lage nicht als bedrohlich wahrzunehmen… Tom Roth – CO2: Welt ohne Morgen weiterlesen

Poe, Edgar Allan / Hala, Melchior / Sieper, Marc / Hank, Dickky / Weigelt, Thomas – Lebendig begraben (POE #8)

„Lebendig begraben“ ist der achte Teil der Edgar-Allan-Poe-Reihe von |LübbeAudio|, die unter Mitwirkung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, eingebettet in eine Rahmenhandlung, Erzählungen des amerikanischen Gruselspezialisten zu Gehör bringt.

Ulrich Pleitgen hat auch an den ersten vier Hörbüchern der Serie mitgewirkt:

– [Die Grube und das Pendel 744
– [Die schwarze Katze 755
– [Der Untergang des Hauses Usher 761
– [Die Maske des Roten Todes 773

Die vier neuen Folgen der POE-Reihe sind:

#5: [Sturz in den Mahlstrom 860
#6: [Der Goldkäfer 867
#7: [Die Morde in der Rue Morgue 870
#8: Lebendig begraben

_Der Autor_

Edgar Allan Poe (1809-49) wurde mit zwei Jahren zur Vollwaise und wuchs bei einem reichen Kaufmann namens John Allan der Richmond, der Hauptstadt von Virginia, auf. Von 1815 bis 1820 erhielt Edgar eine Schulausbildung in England. Er trennte sich von seinem Ziehvater, um Dichter zu werden, veröffentlichte von 1827 bis 1831 insgesamt drei Gedichtbände, die finanzielle Misserfolge waren. Von der Offiziersakademie in West Point wurde er ca. 1828 verwiesen. Danach konnte er sich als Herausgeber mehrerer Herren- und Gesellschaftsmagazine, in denen er eine Plattform für seine Erzählungen und Essays fand, seinen Lebensunterhalt sichern.

1845/46 war das Doppeljahr seines größten literarischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolgs, dem leider bald ein ungewöhnlich starker Absturz folgte, nachdem seine Frau Virginia (1822-1847) an der Schwindsucht gestorben war. Er verfiel dem Alkohol, eventuell sogar Drogen, und wurde – nach einem allzu kurzen Liebeszwischenspiel – am 2. Oktober 1849 bewusstlos in Baltimore aufgefunden und starb am 7. Oktober im Washington College Hospital.

Poe gilt als der Erfinder verschiedener literarischer Genres und Formen: Detektivgeschichte, psychologische Horrorstory, Science-Fiction, Shortstory. Neben H. P. Lovecraft gilt er als der wichtigste Autor der Gruselliteratur Nordamerikas. Er beeinflusste zahlreiche Autoren, mit seinen Gedichten und seiner Literaturtheorie insbesondere die französischen Symbolisten. Seine Literaturtheorie nahm den New Criticism vorweg.

Er stellt meines Erachtens eine Brücke zwischen dem 18. Jahrhundert und den englischen Romantikern (sowie E.T.A. Hoffmann) und einer neuen Rolle von Prosa und Lyrik dar, wobei besonders seine Theorie der Shortstory („unity of effect“) immensen Einfluss auf Autoren in Amerika, Großbritannien und Frankreich hatte. Ohne ihn sind Autoren wie Hawthorne, Twain, H. P. Lovecraft, H. G. Wells und Jules Verne, ja sogar Stephen King und Co. schwer vorstellbar. Insofern hat er den Kurs der Literaturentwicklung des Abendlands maßgeblich verändert.

_Der Sprecher_

Ulrich Pleitgen, geboren 1946 in Hannover, erhielt seine Schauspielerausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in seiner Heimatstadt. Pleitgen wurde nach seinen Bühnenjahren auch mit Film- und Fernsehrollen bekannt. Er hat schon mehrere Hörbücher vorgelesen und versteht es, mit seinem Sprechstil Hochspannung zu erzeugen und wichtige Informationen genau herauszuarbeiten, ohne jedoch übertrieben zu wirken. In der POE-Reihe interpretiert er den Edgar Allan Poe und verschiedene weitere Figuren.

_Die Sprecherin_

Iris Berben gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Ihr Repertoire umfasst Krimis („Rosa Roth“) ebenso wie Komödien und klassische Werke. Für ihre Leistungen wurde sie u. a. mit dem Bambi und der Goldenen Kamera ausgezeichnet. In der POE-Serie interpretiert sie die weibliche Hauptrolle Leonie Goron und andere Figuren.

_Vorgeschichte_

Ein Mensch ohne Namen. Und ohne jeden Hinweis auf seine Identität. Das ist der Fremde, der nach einem schweren Unfall bewusstlos in die Nervenheilanstalt des Dr. Templeton eingeliefert und mittlerweile wieder entlassen wurde. Diagnose: unheilbarer Gedächtnisverlust. Er begibt sich auf eine Reise zu sich selbst. Es wird eine Reise in sein Unterbewusstsein, aus dem schaurige Dinge aus der Vergangenheit aufsteigen. Woher kommen sie? Was ist passiert? Was hat er getan?

Schon sieben Stationen hat der Fremde durchwandert, stets begleitet von Albträumen. Nach einem Aufenthalt in einem Gasthaus begibt sich der Fremde ohne Gedächtnis auf eine Seereise, die ihn zunächst nach New Orleans führt. Aus einem Schiffswrack rettet er eine schöne Landsmännin, Leonie Goron. Sie weist ihn darauf hin, dass man ihm möglicherweise nach dem Leben trachtet. Nur zu wahr, denn auf der letzten Station vor dem Ziel New Orleans muss sie ihm das Leben retten. Selbst in der großen Stadt bleibt Poe von Albträumen – über „Die Morde in der Rue Morgue“ – nicht verschont.

_Handlung_

Zehn Tage sind seit der Ankunft in New Orleans vergangen. Leonie Goron und „Edgar Allan Poe“ logieren noch in ihrer kleinen Pension. Leonie wird hier immer noch wegen ihrer Verpflichtung in der Stadt festgehalten, den Sarg ihrer Freundin Lucy Monahan, den sie mitgebracht haben, der Familie zurückzugeben. Das ist schon klar. Aber dies gilt nicht für Mr. Poe. Sein Grund zu bleiben ist Leonie selbst: Er hat sich in sie verliebt.

Wieder einmal sind sie zusammen zum Hafenkontor gegangen, um sich zu erkundigen, ob jemand nach dem Sarg gefragt habe. Wieder einmal haben sie eine negative Auskunft erhalten. Auch der Adressat „Tempelten“ habe sich nicht gemeldet. Möglicherweise habe er noch nicht vom Untergang der „Demeter 2“ erfahren, die den Sarg über den Atlantik transportieren sollte. Es gibt noch keine Transatlantikkabel für Telegramme, geschweige denn fürs Telefon.

Wie erstaunt sind Leonie und Poe, als sie vor dem Hafenkontor auf Poes Psychiater Dr. Templeton stoßen! Poe glaubte ihn noch immer oben an der nördlichen Ostküste – und nun ist er hier im tiefsten Süden, den die Vereinigten Staaten den Franzosen 1805 abgekauft haben (zusammen mit dem ganzen Mittelwesten, ein riesiges Territorium, das die Franzosen „Louisiana“ nannten).

Templeton hat hier in der Nähe ein Landhaus, auf das er sie einlädt. Im Café erkundigt sich der Doktor nach Poes Träumen. Diese betrachtet er als eine Art Schlüssel zu Poes Erinnerung an seine wahre Identität. Poe erwähnt den Sarg als Grund ihres Bleibens, erwähnt aber auch die diversen Mordanschläge, verschweigt aber die letzten Worte des sterbenden Israel Hands von der „Independence“. Leonie erwähnt einen Mr. Tempelten als Adressaten des Sarges – ob es sich wohl um Dr. Templeton handeln könnte? Der Doktor verspricht, in seinem Familienarchiv nachzusehen, ob sein Familienname jemals so geschrieben wurde. Ob sie nicht mitkommen wollten?

Gesagt, getan. Mit Neugier bemerkt Poe, der gegenüber Templeton sowohl misstrauisch als auch eifersüchtig geworden ist, dass auf dessen Kutschenladefläche eine große, längliche Kiste transportiert wird. Ob darin wohl ein Sarg Platz finden könnte? Ohne Zweifel.

Das ausgedehnte Anwesen Dr. Templetons unterscheidet sich drastisch vom französisch-legeren Stil Louisianas. Das Herrenhaus ähnelt eher einer englischen Burg im gotischen Stil à la „Haus Usher“, inklusive Teich, und im Garten steht ein Mausoleum inklusive Familiengruft. Doch das Schloss an dessen Tür ist neu. Das erklärt Templeton bei seiner Führung mit dem Aberglauben des Südens. Was meint er bloß?, fragen sich seine Gäste.

Als die Tür der Gruft von alleine zufällt, erklärt er ihnen, dass er durchaus Angst habe, einmal lebendig begraben zu werden und aus diesem Grund dagegen Vorkehrungen getroffen habe. Erstens gebe es eine Klingel in der Gruft, die im Haupthaus Alarm schlägt. Dort befindet sich dann der Schlüssel zur Gruft. Zweitens habe er einen Geheimgang anlegen lassen, der die Gruft mit dem Haus verbinde. Er befinde sich hinter einer der Steinplatten, die das Mausoleum komplett auskleiden. Es ist kalt wie am Nordpol in den dunklen Mauern.

In den folgenden Tagen fallen den Gästen mehrere Ungereimtheiten auf, die in ihnen das Gefühl drohender Gefahr wecken. Erstens gibt es keinerlei Bedienstete, wohl aber Wache haltende Bluthunde auf dem Gelände. Zweitens entdecken sie in jener Kiste einen Sarg, der aber schon bald wieder verschwunden ist. Sie konnten nicht feststellen, ob es sich um Lucys Sarg handelt. Drittens stellt sich heraus, dass Templeton sie bezüglich verliehener Dokumente des Familienarchivs angelogen hat.

Und viertens stößt Poe zu guter Letzt im Arbeitszimmer seines häufig abwesenden Gastgebers auf einen Umschlag mit Schlüsseln und zwei Fotografien. Das eine Porträt zeigt eine gewisse Lucy Monahan (die mittlerweile sehr tot ist), das andere – ihn selbst! Der Name darunter lautet: „Jimmy Farrell“. Ist dies sein wahrer Name und Lucy seine Schwester?

Der Blitz der Erkenntnis streckt den labilen Poe augenblicklich nieder. Als er erwacht, findet er sich in einer verschlossenen Sargkammer wieder. Es ist stockdunkel, stickig und äußerst kalt. Er ist lebendig begraben und die Luft geht ihm aus …

_Mein Eindruck_

Ich bin etwas geteilter Meinung über diese Episode, die beileibe nicht die letzte der POE-Serie sein kann. Da muss noch einiges nachkommen. Zum Glück gibt es noch einige der besten Poe-Erzählungen zu verarbeiten, so etwa alle, in denen Frauen als Hauptfiguren vorkommen. Ich freue mich schon auf die berühmteste dieser Gestalten, die Lady Ligeia. (Siehe dazu auch meine Rezension über: Poe: [„Faszination des Grauens“ 554 .)

Warum geteilt? Die Rahmenhandlung erfährt in Episode 8 endlich eine entscheidende Wendung: Poe findet heraus, wer er wirklich ist: Jimmy Farrell. Und er hat eine nahe Verwandte, möglicherweise sogar eine Gattin: Lucy Monahan. Doch dieser Gewinn wird bitter bezahlt: Seine neue Liebe Leonie Goron ist verschwunden. Und mit ihr der zwielichtige Dr. Templeton, der wahrscheinliche Drahtzieher aller seltsamen Geschehnisse, die Poe widerfahren sind. Wer weiß, was er mit ihr anstellt?!

Man sieht: Dieser Teil der Episode folgt der klassische Krimistruktur: Es wird ermittelt, was das Zeug hält, bis sich der Gastgeber als Hauptverdächtiger herausstellt. Doch wessen ist er schuldig? Das genau herauszubekommen, ist Poes Aufgabe am Schluss der Episode.

|Die Realität als Albtraum|

Die Träume, die sich bislang regelmäßig als eine Binnenhandlung betrachten ließen, sind diesmal verschwunden. Vielmehr hat sich die Realität in einen Albtraum verwandelt. Doch die Dauer dieser Szene ist ungleich kürzer im Vergleich zum Umfang dessen, was bislang als Rahmenhandlung angesehen werden konnte.

Die Szene in der Gruft wurde wieder einmal inspiriert von einer Erzählung Poes. Sie ist als „Die Scheintoten“ (besonders S. 322) in „Poe: Faszination des Grauens“ abgedruckt. Bei der Vorlage könnte es sich um „The premature burial“ von 1844 handeln. Dieses Original liegt mir nicht vor, so dass ich das nicht genau sagen kann. Auf jeden Fall kann es sich nicht um „Der Fall Valdemar“ (The facts in the case of Valdemar) handeln. Denn dort geht es um die Aufschiebung der Folgen des Todes mittels Magnetismus. (Man sehe sich beispielsweise die Verfilmung von Roger Corman mit dem unvergleichlichen Vincent Price in der Hauptrolle an.)

Die Vorkehrungen, die Templeton gegen den Fall des Lebendigbegrabenwerdens trifft, ähneln jenen, die der Ich-Erzähler in „Die Scheintoten“ vornimmt: die Alarmklingel, der Hebel, der die Türen öffnet und anderes mehr. Und wie diesem Erzähler nützen sie dem, der schließlich wirklich lebendig begraben wird, im Ernstfall herzlich wenig. Eine typische Poe’sche Ironie.

Diese Szene hat dennoch ihre eigentümliche Wirkung auf den Zuhörer. Denn bevor der lebendig begrabene Mr. Poe überhaupt an Wege denken kann, sich zu befreien, muss er erst einmal seine Panikattacken bewältigen, die ihn mit zügelloser Emotion daran hindern, überhaupt einen Gedanken zu fassen und sich an das zu erinnern, was sein Möchtegern-Kerkermeister über Fluchtwege gesagt hat. Die Szene hat mir gefallen, weil sie sowohl gruselig als auch recht spannend ist. Abgebrühte Zeitgenossen werden sie lediglich langweilig finden und sich vermutlich fragen, was das Ganze überhaupt soll.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

|Mr. Poe alias Jimmy Farrell|

Pleitgen spielt die Hauptfigur, ist also in jeder Szene präsent. Er moduliert seine Stimme ausgezeichnet, um das richtige Maß an Entsetzen, Erstaunen oder Neugier darzustellen. In dieser Folge spielt die Entdeckung seiner Vergangenheit und Identität eine größere Rolle als irgendwelche Träume. Eine andere Figur kommt daher nicht vor. Aber die stimmliche Darstellung von Poes misslicher Lage in der Sargkammer fordert den Sprecher bis an die Grenzen seiner Ausdrucksmöglichkeiten: Anfängliche Panik wechselt ab mit Beruhigung und anschließendem Denken, nur um um erneut von einer Panikattacke hinweggefegt zu werden.

|Miss Leonie Goron|

Iris Berben bietet Pleitgens melancholischem und nachdenklichem Poe einen lebhaften Widerpart mit ihrer Leonie Goron. Und wie der grüblerische Poe sogar selbst merkt, zeichnet sich Leonie durch ungewöhnlichen Scharfsinn und eine kluge Feinfühligkeit aus. Sie hat erheblichen Anteil an Poes Rettung in der Rahmenhandlung von Episode 5 („Mahlstrom“). Spätestens ab „Der Goldkäfer“ wirkt sie wie eine kluge Freundin, die durch ruhige Überlegung und kluge, verständnisvolle Fragen bald zu seiner unverzichtbaren Ratgeberin wird. Leider sind diese Qualitäten diesmal fast gar nicht gefragt, so dass ihre Figur in dieser Episode unverdient blass erscheint.

_Sound und Musik_

Mindestens ebenso wichtig wie die Sprecher sind bei den POE-Produktionen auch die Geräusche und die Musik. Hut ab vor so viel Professionalität! Die Arbeit des Tonmeisters beim Mischen aller Geräusche ist so effektvoll, dass man sich – wie in einem teuren Spielfilm – mitten im Geschehen wähnt. Die Geräuschkulissen sind entsprechend lebensecht und detailliert gestaltet. Bis auf die Eingangsszene sind aber diesmal alle Szenen in Interieurs eingerichtet, so dass Sound eine untergeordnete Rolle spielt. Immerhin sind Effekte wie etwa Hall – für eine Art von innerem Monolog – und ein sehr tiefes Bassgrummeln festzustellen, das Gefahr anzeigt. In der Sargkammer erklingt Poes Stimme verzerrt, als dränge sie aus einer Tonne.

Die Musik erhält daher eine umso wichtigere Bedeutung: Sie hat die Aufgabe, die emotionale Lage der zwei Hauptfiguren und ihres jeweiligen Ambientes darzustellen. Diese rein untermalende Aufgabe ist auf den ersten Blick leichter zu bewerkstelligen als die Gestaltung ganzer Szenen, doch wenn es sich um actionarme Szenen wie diesmal handelt, zählt jede Note, jede Tonlage.

Die serientypische Erkennungsmelodie erklingt in zahlreichen Variationen und wird von unterschiedlichsten Instrumenten angestimmt. Als Templeton erwähnt, er spiele – wie einst Roderick Usher – Geige, erklingt das Poe-Motiv erneut, allerdings gespielt auf einer Kirchenorgel. Und genau so eine Orgel spielte Usher in der entsprechenden Hörspiel-Episode. Danach wird das Motiv auf einer Harfe wiederholt, um die Wirkung romantischer zu gestalten.

Klassische Streicher eines Quartetts und des Filmorchesters Berlin, die Potsdamer Kantorei sowie Solisten auf Violine und Singender Säge (Christhard Zimpel) – sie alle wirken zusammen, um eine wirklich gelungene Filmmusik zu den Szenen zu schaffen.

|Der Song|

In der neuen Serie hat Lübbe den Abschlusssong, den zunächst Heinz Rudolf Kunze beisteuerte, ausgetauscht durch den englischsprachigen Song „I’ve foreseen this day“ der bekannten Popgruppe Orange Blue (Länge: ca. 4:30). Da die Lyrics nicht beigefügt sind, muss man sehr genau hinhören, um etwas zu verstehen. Aber es scheint um „Perlenaugen“ zu gehen.

_Unterm Strich_

Der eine oder andere Hörer dürfte wie ich schon einige Zeit – spätestens seit den Anschlägen in Episode 5 – Dr. Templeton im Verdacht gehabt haben, für zwielichtige Machenschaften rund um Mr. Poe verantwortlich zu sein. Doch wer weiß, wie tief seine Verstrickungen mit dem Schicksal von Poes Familie wirklich reichen? Ist er auch für den Selbstmord der armen Lucy Monahan verantwortlich? Vielleicht sogar für den Untergang des Schiffes, auf dem sich Leonie Goron befand. Es bleiben noch viele Rätsel zu lösen …

Und viele weitere Erzählungen von Edgar Allan Poe zu verarbeiten. Schließlich hat der Mann rund 15 Jahre lang Erzählungen publiziert. Und nur die wenigsten davon sind allgemein bekannt. Wir können also darauf hoffen, dass im nächsten Herbst wieder eine Staffel hervorragend gemachter Hörspiele veröffentlicht wird.

Die Episode „Lebendig begraben“ verfügt kaum über Action-Elemente und nur eine gruselige Szene. Für Unterhaltung ist also nur wenig gesorgt. Dennoch ist sie innerhalb der Serie eine der wichtigeren, weil sie innerhalb der bisherigen Rahmenhandlung eine entscheidende Wendung herbeiführt: Poe findet seine – wahrscheinlich – wahre Identität heraus, gleichzeitig verliert er seine neue Seelengefährtin Leonie. Der Zwiespalt dürfte Stoff für weitere Albträume liefern. Wir freuen uns schon darauf.

Wie ich in den Abschnitten über Sprecher, Sprecherin, Sound und Musik ausgeführt habe, kann die Episode zwar künstlerisch voll überzeugen, dramaturgisch jedoch nicht mit den vorhergehenden Hörspielen mithalten. Dennoch bietet sie den Reiz eines Kriminalhörspiels: Leonie und Poe ermitteln gegen ihren Gastgeber, mit durchaus handfesten Ergebnissen und einem drastischen Resultat: Poe wird lebendig begraben.

Fazit: Kann man hören, muss man aber nicht.

|Umfang: 66 Minuten auf 1 CD|