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Ellmer, Arndt / Effenberger, S. A. / Hagitte, Chr. / Bertling, S. / Sieper, M. – Überfahrt nach Curhafe (Perry Rhodan – Sternenozean 10)

Sternenoper: zwischen Matrix und Mordor

Lübbe Audio vertont die Abenteuer des Kadetten Kantiran und des Sternenadministrators Perry Rhodan, die in der Unterserie „Sternenozean“ im Perry Rhodan-Universum spielen. Bislang sind sechs Hörspiele veröffentlicht, doch will Lübbe offenbar vierzig Hörspiele produzieren. Dies ist die zweite Staffel.

Folge 10, Fortsetzung von Folge 9: Die „Terra Incognita“ sticht mit Perry Rhodan und Atlan in See. Ihr Ziel ist der Kontinent Curhafe. Was hat es mit der grausamen Quote auf sich, die den Frauen dort abverlangt wird? Und wohin führt deren geheimnisvoller Zug? (Verlagsinfo)

Die Reihe
Ellmer, Arndt / Effenberger, S. A. / Hagitte, Chr. / Bertling, S. / Sieper, M. – Überfahrt nach Curhafe (Perry Rhodan – Sternenozean 10) weiterlesen

Brown, Dan – Diabolus

Die kryptografische Abteilung des US-Geheimdienstes NSA verfügt über einen geheimen Super-Computer, der in der Lage ist, binnen kürzester Zeit jeden Code zu knacken, besonders den von E-Mails. Jedenfalls bis zu dem Tag, als „Diabolus“ zum Einsatz kommt, ein mysteriöses Programm, das den Rechner offenbar überfordert: Die drei Millionen Prozessoren des zwei Milliarden teuren Ungetüms rechnen bereits achtzehn Stunden lang vergeblich an der Diabolus-Datei – und das ist richtig teuer.

Der Entwickler des Programms droht, Diabolus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Existenz des Super-Computers zu enthüllen. Die Mitarbeiter des Geheimdienstes müssen alle Hebel in Bewegung setzen, das drohende Desaster zu verhindern. Sie haben weniger Zeit, als sie ahnen.

_Der Autor_

Dan Brown unterrichtete Englisch, bevor er freier Schriftsteller wurde. Als Sohn eines Mathematikprofessors und einer Kirchenmusikerin wuchs er in einem Umfeld auf, in dem Wissenschaft und Religion keine Gegensätze darstellen, was sich in seinen Romanen widerspiegelt. Davon sind inzwischen vier erschienen: „Diabolus“, „Meteor“, „Illuminati“ und „Sakrileg“.

Er lebt mit seiner Frau in Neuengland und schreibt an einem Thriller über die Freimaurer in Washington, D.C., wo noch heute in der Nähe der Stadt ein Freimaurer-Monument steht, das ich mal besucht habe – sehr geheimnisvoll. Die Freimaurer sind auch auf dem Dollarschein verewigt, denn der erste US-Präsident George Washington war eines ihrer Mitglieder.

_Der Sprecher_

Detlef Bierstedt ist ein gefragter Synchronsprecher, der u. a. George Clooney und Jonathan Frakes („Star Trek“) seine Stimme leiht und mit viel Begeisterung Hörbücher interpretiert – das kann ich voll unterstreichen. Bierstedt lebt in Berlin.

Die gekürzte Romanfassung hat Dr. Arno Hoven bearbeitet, Regie führte Kerstin Kaiser.

_Handlung_

Es ist in Sevilla um elf Uhr, als auf einem Platz in einem Park der japanische Computerprogrammierer und Verschlüsselungsexperte Ensei Tankado plötzlich zusammenbricht und in den letzten Momenten seines Lebens den drei herbeieilenden Passanten seine Hand entgegenstreckt. Sie hat nur drei Finger. An einem davon steckt ein goldfarbener Ring, in den eine Inschrift eingraviert ist.

Dr. Susan Fletcher träumt gerade davon, ihren Verlobten David Becker zu heiraten, als David in aller Herrgottsfrühe anruft, um ihr geplantes Wochenend-Rendezvous abzusagen. Er müsse in Commander Strathmores Auftrag dringend weg. Er rufe sie aus dem Flieger wieder an. Flieger??

Während sie von Strathmore, dem Stellvertretenden Direktor des US-Geheimdienstes NSA (National Security Agency, auch „No such agency“ genannt) wegen eines „Notfalls“ in die Kryptografieabteilung der NSA, die sie leitet, gerufen wird, düst Becker nach Sevilla. Strathmore will sämtliche Habseligkeiten, die Ensei Tankado bei sich hatte. Als David die Leiche untersucht, bemerkt er einen hellen Streifen an einem von Tankados Finger: Ein Ring fehlt.

Zum Glück ist David als Professor für Linguistik ein Sprachgenie, das sechs Sprachen fließend beherrscht. Schnell stöbert er den alten französischen Reisekorrespondenten auf, der bei Tankado anlangte. Doch nicht er nahm den Ring an sich, sondern ein fettleibiger Deutscher in Begleitung einer rothaarigen Spanierin namens „Dewdrop“. Schon wieder ein Rätsel? Wer heißt denn in Spanien schon „Tautropfen“, und dann noch in Englisch? Beim Abklappern der Escort-Agenturen stößt David aber auf den Namen einer gewissen Rocío, was in Spanisch „Tautropfen“ bedeutet.

Durch allerlei Tricks und großen Einfallsreichtum findet er heraus, dass die Lady keine Lady ist, sondern eine abergläubische Prostituierte, die das Schmuckstück schnellstens verschenkt hat, weil es von einem Toten stammt. Die neue Empfängerin sei eine Punkerin. Zum Abschied sagt der Deutsche „Fock off and die“ – na toll, jetzt wird David auch noch beschimpft. Womit hat er das nur verdient? Und was soll an dem Ring so besonders sein?

Zu diesem Zeitpunkt hat David noch nicht bemerkt, dass hinter ihm alle seine Informanten wie die Fliegen sterben …

Unterdessen hat Dr. Susan Fletcher, 35, ganz andere Sorgen. Das Prunk- und Herzstück ihrer Kryptografischen Abteilung, der TRANSLTR, der zwei Milliarden Dollar gekostet hat, versucht seit rund achtzehn Stunden ein und dieselbe Datei zu knacken. Und das mit allen drei Millionen Prozessoren. Das kostet pro Minute nicht nur astronomisch viel Geld, sondern ist schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit. Die längste Zeit, die der TRANSLTR für eine normale Datei braucht, sind etwa sechs Minuten, bei Diagnoseprogrammen maximal drei Stunden. Etwas sehr Ungewöhnliches geht hier vor: ein Notfall?

Strathmore ist für Susan wie ein Vater und Mentor zugleich. Sie zieht sein Handeln keine Sekunde lang in Zweifel. Er hat die Datei, an der TRANSLTR arbeitet, von Ensei Tankados Webseite heruntergeladen. Laut Tankado enthält die Datei einen neuartigen Verschlüsselungscode, der sich nicht brechen lässt. Dieser Code trägt den Namen DIABOLUS. Das Einzige, was ihn öffnen könne, sei ein Private Key, ein privater Schlüssel. Strathmore vermutet insgeheim, dass Tankados Ring diesen Schlüssel enthält, vielmehr dessen Inschrift. Deshalb hat er Becker losgeschickt, den Ring zu beschaffen.

Was aber Strathmore nicht wahrhaben, sondern vielmehr vertuschen will, ist eine Tatsache, die einem der Systemsicherheitstechniker auffällt. In dieser Datei steckt nicht nur der Teufel, sondern offenbar auch ein Virus. Das ist ebenfalls ein Ding der Unmöglichkeit, denn zahlreiche ausgetüftelte Sicherheitsfilter, genannt GAUNTLET (Spießrutenlauf), sollen ein solches Eindringen verhindern. Als der Techniker erkennt, dass Strathmore GAUNTLET manuell umgangen haben muss, spitzt sich die Entwicklung dramatisch zu.

Denn für das, was Strathmore vorhat, darf es keine Zeugen geben.

Leider hat Strathmore für das, was wirklich im Innern von TRANSLTR passiert, erst Augen, als es bereits zu spät ist. Der Angriff auf die zentrale Datenbank der NSA läuft bereits …

_Mein Eindruck_

|Erfolgsrezepte|

Schon in seinem ersten Roman praktiziert Dan Brown das gleiche Erfolgsrezept wie in seinen Bestsellern „Illuminati“ und „Sakrileg“. Es ist das Prinzip der Schnitzeljagd, das von einem Rätsel durch dessen Lösung zum nächsten führt und so weiter. Das ist am besten an dem abzulesen, was David Becker unternimmt und was ihm dabei widerfährt. Zum Glück ist er ein Sprachgenie und – wie das Leben so spielt – durch das Zusammenleben mit Dr. Susan Fletcher ein wahrer Experte in Ver- und Entschlüsselung. Warum hat er nicht schon längst bei der NSA angeheuert?

Das zweite Prinzip, das Brown stets umsetzt, ist die Steigerung im Ausmaß der nur sehr allmählich sichtbar gemachten Katastrophe, auf die das Geschehen hinausläuft. Dadurch hat der Thriller nicht nur einen Showdown – den von Becker vs. Killer -, sondern auch ein richtiges Finale, mit allen Licht-, Sound- und Showeffekten, die dazugehören, um dem Leser / Hörer richtig Angst einzujagen. Folglich kann er das (Hör-)Buch gar nicht mehr weglegen, aus Angst, er könnte etwas Wichtiges verpassen. Dass er durch falsche Fährten etc. selbst ebenso getäuscht wird wie die Figuren, ist natürlich ein listiges Prinzip, dem viele Thriller folgen, um durch unerwartete Wendungen Spannung zu erzeugen.

|Rotkäppchen und der böse Wolf|

Dass stets auch ein Pärchen im Mittelpunkt steht, versteht sich fast von selbst. So haben auch die weiblichen Leser / Hörer etwas davon. Die Beziehung des Paares Becker-Fletcher steht vor einer Bewährungsprobe, als Strathmore seine quasi-väterlichen Rechte geltend macht und Susan für sich reklamiert. Da hat er sich aber geschnitten, denn er hat einen winzigen Kommunikationsfehler gemacht, der Susan die Wahrheit über ihren tollen Ersatzvater enthüllt. Der Vater ist ein Monster. In dieser Themenanordnung kommen Assoziationen an gewisse Märchen hoch, so etwa an „Rotkäppchen und der böse Wolf“, in dem sich der Wolf ja auch verkleidet, um die junge Unschuld zu erwischen.

|Die Botschaft|

Trotz dieser trivialen Erzählstrukturen bringt der Autor natürlich ein ernstes Thema zur Sprache: Wer überwacht die NSA, während sie das Volk (die Welt) überwacht? In dieser Behörde sitzen ja keine Engel an den Kontrollbildschirmen, sondern Angestellte. Diese wiederum gehorchen gewählten Vertretern des Volkes, die Interessensgruppen, genannt „Parteien“, angehören. Und wenn die Regierung wechselt, gelten dann immer noch die gleichen Grundsätze? Wohl nicht, wie die Verabschiedung des „Patriot Act“ nach dem 11. September 2001 gezeigt hat.

Doch die NSA hat nicht nur Lobredner und Präsidenten, die sie für unentbehrlich halten. Sie hat auch Kritiker, und nicht zu wenige. Im Buch wird die real existierende Electronic Frontier Foundation, kurz: EFF, genannt. Sie ist eine der letzten Verfechterinnen der Bürgerrechte in der digitalen Welt, sozusagen der David gegen den Big-Brother-Goliath. Ob die EFF wirklich aufgedeckt hat, wie sich die NSA ein Hintertürchen in einen neuen „Private Key Encryption (PKI)“-Standard verschaffen wollte, vermag ich ohne längere Recherche nicht zu sagen. Aber dass es solche Bemühungen seitens der NSA und Regierung gibt, steht außer Frage.

Als Folge wiegt sich der E-Mails versendende Bürger in Sicherheit, weil er Verschlüsselung einsetzt, während die Überwacher seinen Code mühelos durchs Hintertürchen knacken können. Und je schneller die normalen PCs werden, desto schneller geht das. (Wer will, kann auf bestimmten Webseiten selbst prüfen, wie schnell sich seine Passwörter knacken lassen – nämlich binnen Sekunden!)

Der Autor stellt lediglich zur Diskussion, was schon der alte Römer Juvenal in seinen „Satiren“ fragte: „Quis custodiet ipsos custodes?“ Wer überwacht die Wächter? Dass die Wächter – aus Eigennutz oder Vaterlandsliebe, ist im Effekt egal – über die Stränge schlagen können, demonstriert der Autor in „Diabolus“. Dass Hacker wie etwa Ensei Tankado genau diese menschliche Schwäche einkalkulieren, führt jedoch zur Katastrophe. Die NSA muss sozusagen die Hosen runterlassen, als Diabolus zuschlägt. Denn, wie die Bibel und Tankado sagen: Nur die Wahrheit macht euch frei und kann euch retten.

|“Wie war das in der Mitte?“| (Otto, der Killer in „Ein Fisch namens Wanda“)

An einer Stelle habe ich mich gefragt, ob dem Autor vielleicht doch ein blöder Fehler unterlaufen ist. Der Killer, der David in Sevilla mehr oder weniger unauffällig folgt (eher weniger, denn so viele Tote dürften schon auffallen), ist nämlich taub. Trotzdem „befragt“ er in einer Szene einen Informanten und erhält auch eine mündliche Antwort. Wie kann er sie verstehen, wenn er taub ist, fragt man sich erst einmal. Doch dann denkt man zurück an Stanley Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum, in der in einer Schlüsselszene der Bord-Computer HAL 9000 die Astronauten „belauscht“, obwohl sie in einem schalldichten, aber einsehbaren Gefährt sitzen. Des Rätsels Lösung: Sowohl HAL 9000 als auch der Killer können von den Lippen ablesen, was gesprochen wird. q.e.d.

_Der Sprecher_

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber Detlef Bierstedt gelingt es, mit seiner tiefen Stimme eine ganze Palette verschiedener Figuren so zu charakterisieren, dass man sie auseinanderhalten kann. Dass er angesichts der Vielzahl der Figuren nicht durcheinanderkommt, ist schon erstaunlich. Die beiden „jungen Leute“ David Becker und Susan Fletcher klingen ganz anders als etwa der knorrige Commander Strathmore oder der nörgelige Proll Jabba (wegen seiner Körperfülle benannt nach Jabba the Hutt aus „Star Wars“). Heiser und atemlos klingt der krank darniederliegende Franzose Pierre Clouchard in Sevilla, und wenn der Killer einmal leise spricht, läuft einem ein kalter Schauer den Rücken hinunter.

Nicht nur die Figuren erwachen zum Leben, sondern auch jede einzelne Szene erhält eine eigene Charakteristik. Da sind natürlich die vielen Szenen, in denen Rätsel auftauchen und schnellstens gelöst werden müssen – bis hin zum Finale, in dem das allergrößte Rätsel geknackt werden muss, um die Existenz der NSA zu retten. Die atemlose Hektik, die in der NSA-Zentrale jeden Augenblick in nackte Panik umzuschlagen droht – das erleben wir quasi hautnah, so wie es die Kunst des Sprechers erlaubt. Ich habe diese Szene mit dem Original verglichen und festgestellt, dass kaum eine Zeile weggelassen wurde.

Es gibt jedoch einen Bereich, auf dem Bierstedt nicht gerade glänzt: die Aussprache der Namen. Ich kenne zwar die Namen in der gedruckten Übersetzung nicht, aber welcher Übersetzer würde es wagen, Namen zu verstümmeln? Angenommen, dass die Namen in Original und Übersetzung übereinstimmen, tauchen in Bierstedts Text mehrere Unstimmigkeiten auf, die sich durch den gesamten Vortrag ziehen. Statt den Killer, der in Sevilla hinter David Becker her ist, wie im Buch „Hulohot“ zu nennen, hörte ich immer „Huhot“. Und den Systemsicherheitstechniker Phil Chatrukian nennt Bierstedt durchgehend „Tschatörkin“ – sehr seltsam. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass sich die Bierstedt’sche Version besser, also schneller aussprechen lässt.

Auch die Aussprache des Spanischen ist Bierstedt nicht geläufig. Der Club der Punker, in dem David strandet, heißt nicht „El brujo“ (mit Jott), sondern „Embrujo“ (mit ch statt j). Dort wird ein gewisser „Sid Vicious“ erwähnt. Damit ist natürlich der verstorbene Sänger der „Sex Pistols“ gemeint, der berühmtesten Punk-Band überhaupt. Bierstedt kennt das englische Wort „vicious“ (= bösartig) offensichtlich nicht und spricht es aus, wie man es schreibt (schauder!).

Musik gibt es auch: Spanische Gitarren stimmen anfangs auf das Geschehen in Sevilla ein, und am Schluss geleiten sie den Hörer wieder in den Alltag zurück. Hier spielt offensichtlich ein Meister des Saitenwerks.

_Unterm Strich_

Dem Buch selbst gebe ich nur eine mittlere Wertung. Für den lebhaften, spannenden Vortrag von Detlef Bierstedt aber gibt es einen Bonus. Der Thriller funktioniert so wirkungsvoll und im Grunde einfach wie alle Thriller von Dan Brown. Für Spannung, Action und unzählige unterhaltsame und zum Teil witzige Rätsel ist gesorgt, aber auch für Drama und Tragik.

Dennoch bleibt eine bedeutende Frage im Mittelpunkt, und darum ging es vielleicht – hoffentlich – dem Autor: Wer überwacht die Wächter? Wer schaut der NSA auf die Finger, während sie die Welt überwacht? Wer sagt auch mal „nein“, wenn sie ihre Kompetenzen überschreitet? Bekämen wir das überhaupt mit? Ich bezweifle, dass die NSA je in die Lage geraten wird, wie im Buch mal die Hosen runterlassen zu müssen.

|445 Minuten auf 6 CDs
Originaltitel: Digital Fortress, 1998
Übersetzt von Peter A. Schmidt|

Weitere Besprechungen der Dan-Brown-Werke bei |Buchwurm.info|:

[Diabolus 1064 (Buch)
[Meteor 155 (Buch)
[Illuminati 110 (Buch)
[Illuminati 687 (Hörbuch)
[Sakrileg 184 (Buch)

Arto Paasilinna – Der wunderbare Massenselbstmord

Die fröhlichen Lemminge: Wer früher stirbt …

Niemals hätte der finnische Unternehmer Olli Rellonen mit so vielen Antworten auf seine Zeitungsanzeige gerechnet: „Du denkst an Selbstmord? Du bist nicht nicht allein …“ Olli entwickelt einen konkreten Plan und chartert zunächst einen Bus, um mit den unternehmungslustigen Selbstmordkandidaten gemeinschaftlich das Leben zu beenden. Sie besteigen guten Mutes, dass das Unternehmen gelingen möge, das gemietete Gefährt. Doch sie treten ihre einzigartige Reise, die ohne Hoffnung auf Wiederkehr beginnt, an, ohne zu ahnen, dass sie ganz anders enden wird als erwartet.

Der Autor

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Ken Follett – Liebe in Kingsbridge (Lesung)

Romantisch: Qual der Liebeswahl

Die Liebe ist nicht immer da, wo man sie sucht. Als die Architektin Diana ein ehrgeiziges Stadtplanungsprojekt für Kingsbridge entwirft, findet sie sich zwischen drei Männern wieder, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Der attraktive und erfolgreiche Nick Lopez hat ihr den Auftrag verschafft, doch ihr alter Freund John sitzt im Stadtrat und muss es genehmigen. Wer es aber finanzieren muss, ist die Kirche, der der Grund und Boden gehört. Dekan Charles Boyd ist jedoch ein lediger Idealist. Auf wen wird ihre Wahl fallen? (Verlagsinfo)

Der Autor

Ken Follett, geboren im walisischen Cardiff, wurde durch die Verfilmung seines Spionagethrillers „Die Nadel“ mit Donald Sutherland bekannt. Den internationalen Durchbruch erzielte er laut Verlag mit dem historischen Roman „Die Säulen der Erde“ (1990). Auch sein Roman „Der dritte Zwilling“ wurde verfilmt. Zuletzt bei uns erschienen: „Mitternachtsfalken“ spielt mal wieder im 2. Weltkrieg. In den USA und GB ist sein neuester Roman „Whiteout“ erschienen. Inzwischen liegt auch die Übersetzung „Eisfieber“ vor. Folletts Frau Barbara gehört dem britischen Unterhaus an. Vielleicht hilft das bei Recherchen.

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Lumley, Brian – Necroscope 3 – Kreaturen der Nacht (Lesung)

_Lückenbüßer mit ironisch-erotischen Seitenhieben_

Zu glauben, der Kampf gegen die Untoten sei entschieden, war ein tragischer Irrtum. Yulian Bodescu wurde schon vor seiner Geburt mit den Fähigkeiten der Vampire ausgestattet. Und langsam fängt das verdorbene Erbgut an zu brodeln und zu arbeiten. Der Schrecken kennt kein Ende.

Die Russen beseitigen noch die Schäden, die Harry Keogh in seiner Endschlacht verursacht hat. Harry erscheint währenddessen in der britischen Zentrale des geheimsten aller Geheimdienste. Er erzählt dort die Geschichte des vernichteten Vampirs Thibor Ferenczy. Doch in England selbst lebt der neue König der Vampire und schmiedet finstere Pläne. (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Brian Lumley wurde 1937 in England geboren. 1981 beendete er seine Militär-Karriere. Seither arbeitet er als freier Schriftsteller. Seine ersten Veröffentlichungen standen ganz unter dem Einfluss von H. P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos. 1986 schuf Brian Lumley mit seiner Vampir-Saga »Necroscope« eine der erfolgreichsten Horror-Serien der Welt.

Alleine in den USA haben sich seine Bücher weit über 2 Millionen Mal verkauft. So wie Brian Lumley den Vampir darstellt, hat es noch kein Autor zuvor gewagt. Mittlerweile hat Brian Lumley mehr als 50 Bücher veröffentlicht und schreibt fleißig weiter. Er und seine Frau Barbara Ann leben in Devon, England. (Verlagsinfo)

Buch 1: [„Das Erwachen“ 779
Buch 2: [„Vampirblut“ 843

_Der Sprecher_

Lutz Riedel ist ein hochkarätiger Synchron-Regisseur und die deutsche Stimme von Timothy Dalton. Er zeigt hier seine herausragenden Sprecher-Qualitäten, die den Hörer mit schauriger Gänsehaut verzaubern. Er war auch »Jan Tenner« in der gleichnamigen Hörspiel-Serie.

Der Berliner Schauspieler hat u. a. Timothy Dalton (James Bond) und Richard Hatch (Kampfstern Galactica) synchronisiert. Auch Richard Gere, Samuel L. Jackson und Christopher Walken hat er schon gesprochen.

Lutz Riedel ist mit seiner Kollegin Marianne Groß verheiratet.

Der Text wurde bearbeitet und gekürzt von Frank Festa. Regie, Produktion und Grafik lagen in den Händen von Lars Peter Lueg. Die Musik und Tontechnik steuerte Andy Matern bei.

_Der Regisseur Lars Peter Lueg_

In den Worten des Verlags: „Nach zehn erfolgreichen Jahren in der Musik- und Medienbranche als Musikproduzent, Künstlermanager, Leiter von Multimediaprojekten und Tontechniker in verschiedenen Tonstudios war es an der Zeit, die vorhandenen Kontakte und Erfahrungen zu nutzen, um eine vollkommen neue und andersartige Firma zu gründen.

Ein kompetentes Netzwerk von ca. 20 spezialisierten Unternehmen lässt LPL sehr effektiv und unabhängig arbeiten. Durch eine Passion für Filme, (Hör)Bücher und (Hör)Spiele, die sich dem Thema Horror verschrieben haben, sind Lars Peter Lueg und seine Partner mit viel Herzblut dabei. LPL stellt ausschließlich Produkte her, hinter denen der Verlagsleiter auch zu 100 % steht.“

http://www.lpl.de/

_Der Komponist_

Andy Matern wurde 1974 in Tirschenreuth, Bayern geboren. Nach seiner klassischen Klavier-Ausbildung arbeitete er einige Jahre als DJ in Clubs. Seit 1996 ist er als freiberuflicher Keyboarder, Produzent, Remixer, Songwriter und Arrangeur tätig. Er kann trotz seiner jungen Jahre bereits mehr als 120 kommerzielle CD-Veröffentlichungen vorweisen. Darunter finden sich nationale und internationale Chart-Platzierungen mit diversen Gold- und Platin-Auszeichnungen.

Bereits Andy Materns erste Hörbuch-Rhythmen erreichten schnell Kultstatus bei den Fans und der Fachpresse. Durch seine musikalische Mitarbeit wurde „Der Cthulhu-Mythos“ zum besten Hörbuch des Jahres gewählt (Deutscher Phantastik Preis 2003). Andy Matern lebt und arbeitet in München. (Verlagsinfos)

_Handlung_

Nach der Schlacht ist vor der Schlacht … Im Januar 1977 finden die Aufräumarbeiten auf Schloss Bronitzi in der Nähe von Moskau statt. Hier hat die Schlacht der von Harry Keogh geführten Tatarenzombies gegen die Zentrale der Psitruppen der Partei stattgefunden, die von Dragosani, dem Nekromanten, unterstützt und von Boronitz geleitet worden waren. Borowitz ist tot und bei Dragosani sieht es auch nicht gut aus. Keogh ist definitiv hinüber. Oder?

Felix Krakowitsch hat jetzt das Kommando. Als Parteichef Leonid Breschnew anruft, nimmt er Habachtstellung ein. Breschnew gibt klare Anweisungen, was zu geschehen hat – mit den Zombies (verbrennen!) und mit Dragosani (sehr sorgfältig verbrennen!). Wie sich herausstellt, erweist sich die Entsorgung des Nekromanten als höchst kompliziert und gefährlich. In seinem Innern lebt etwas – ein Ding wie ein großer Wurm, ein Parasit … Auch damit macht Krakowitsch kurzen Prozess. Dass er aber mit Keoghs Vorgesetzten in England Kontakt aufnehmen soll, bereitet ihm weitaus mehr Kopfzerbrechen. Schließlich herrscht Kalter Krieg.

Ende August 1977, London, unweit Whitehall, in einem Hotel mit einem Geheimtrakt. Hier ist die Zenrale des englischen Psi-Geheimdienstes untergebracht, geleitet von Alec Kyle, einem Telepathen. Plötzlich wird es in Kyles Büro dunkel und kalt, eine neonblaue Aura formt sich: Es ist die von Harry Keogh, dem Nekroskopen! Kyle erstarrt: In der Mitte der Aura schwebt der Umriss eines Fötus – Keoghs Sohn, gerade mal einen Monat alt.

Keogh hat Neuigkeiten für Kyle. Es gibt noch weitere Wesen wie den Wamphyr Dragosani. Denn Tibor Ferenczy, der Dragosani zu einem Wamphyr gemacht hat, wurde selbst vor rund tausend Jahren zu einer solchen Kreatur der Nacht gemacht. Damals herrschte in Transsylvanien auf einer hohen Burg ein Mann namens Fetor Ferenzig, den die Zigeuner der Gegend Ferengi oder Ferenczy nannten. Dieses 200 Jahre alte Wesen pflanzte Tibor, einem zuvor rechtschaffenen Soldaten des Fürsten Vlad von Kiew, sein einziges Ei ein, um ihn zu seinem Nachfolger zu machen.

Nun, Tibor wurde bekanntlich (siehe Bände 1 und 2) in den kreuzförmigen Hügeln in einem Mausoleum begraben, das mittlerweile eingestürzt ist. Doch um 1960 herum geriet ein Ehepaar, die Bodescus, beim Skifahren in diese Falle. Der Mann starb, nachdem er sich das Bein gebrochen und Tibors Protoplasmatentakel ihm das Blut ausgesaugt hatte. Der jungen, vor Schreck ohnmächtigen Frau, Georgina, fügte Tibors Essenz irreparablen, aber unsichtbaren Schaden zu. Denn sie war schwanger …

Ihr Kind Julian treibe bereits sein Unwesen in Südengland und wenn man ihn nicht stoppe, könne er ganz England mit dem Wamphyri-Unwesen überziehen, warnt Keogh. Doch um ihn aufzuhalten, müsse Kyle unbedingt Erfahrungen mit dem Russen Krakowitsch austauschen. Das bereitet nun seinerseits Kyle Kopfschmerzen. Eine heikle Operation beginnt …

_Mein Eindruck_

Dies ist ein Band in der Nekroskopen-Saga, der vor allem dem Aufräumen dient. Das hat Vor- und Nachteile. Zum einen muss der Leser bzw. Hörer natürlich Bescheid wissen, was in den Bänden 1 und 2 passiert ist. Sonst weiß er mit den Figuren und dem Anfang der Haupthandlung wenig anzufangen. Doch wenn sich der eifrige Leser bisher gefragt hat, wie es denn nun mit Harry Keogh und seinen Widersachern weitergehen soll, so findet er hier Aufklärung: Keogh lebt als eine Art Geist in seinem Kind weiter, reist dabei durch den „Möbius-Raum“ und bereitet seinen vormaligen Boss auf das Auftreten weiterer Vampire und Halbvampire wie Julian Bodescu vor. Dragosani hingegen hat offenbar für immer von der Bühne abzutreten.

|Zwei Binnenhandlungen|

So weit die ziemlich magere Rahmenhandlung. Viel interessanter sind hingegen die zwei Binnenhandlungen. Würde man eine Zeitlinie zwischen beiden eingebetteten Storys, die Keogh zum Besten gibt, ziehen, so würde sie sich über eintausend Jahre erstrecken: vom Ende des 10. Jahrhunderts über das Jahr 1960, als Tibor Ferencz dem Ehepaar Bodescu erheblich Schaden zufügt, bis zum Jahr 1977, als Julian Bodescus großer Auftritt vier Opfer fordert – in welcher Form auch immer.

1) |Tibor der Abenteurer|

Wenn Tibor, der ziemlich selbstbewusste Walache, am Dnjestr die Petschenegen bekriegt und dafür von seinem hinterhältigen Fürsten zum Vampir auf dem Berg geschickt wird, so wird aus dem historischen Abenteuerroman plötzlich eine Horror-Fantasy, die sich gewaschen hat. In den Vorgängebänden war des Öfteren von einem gewissen Fetor Ferenczy die Rede, doch nun steht diese halbmythische Figur plötzlich im Mittelpunkt.

Fetor ist ein Gestaltwandler, Telepath und womöglich sogar Telekinet – ein wahrer Übermensch also. Dass er schon 200 Jahre alt ist, überrascht uns nicht mehr, wissen wir doch bereits, wie lange Tibor in seinem Mausoleum überdauert hat: mehrere hundert Jahre. Die Frage, die (vorerst) unbeantwortet bleibt: Wenn die Wamphyri-Parasiten ihren Wirt mit solchen tollen Fähigkeiten ausstatten, woher stammen sie dann? Als Arbeitshypothese können wir annehmen, dass sie nicht von unserer Welt stammen.

2) |Julian, der Charmeur|

Julian Bodescu weist einige Merkmale eines Teufelssprösslings à la „Damien“ auf: Er ist verschlossen, neugierig, respektiert weder Regeln noch Tabus und muss zu Hause von seiner alleinstehenden Mutter aufgezogen und ausgebildet werden. Als Julian 17 ist, hat er bereits den gesamten Haushalt unter Kontrolle und in „Vlad“ einen schwarzen Schäferhund, der ihm aufs Wort gehorcht, genau wie seinerzeit die Wölfe dem unausgesprochenen Befehl Fetor Ferenczys. Dass er bereits jede Menge Experimente im Keller anstellt, versteht sich von selbst.

Die völlig ahnungslose Familie von Georginas spießiger Schwester Anne gerät in Julians Falle, was natürlich verhängnisvolle Folgen hat. Nur Annes Mann George hat eine instinktive Abneigung gegen den Jungen gefasst. Er starrt fassungslos durch sein Fernglas, als er Julian dabei ertappt, wie er es mit – je, mit wem nun eigentlich?- treibt: mit Georges 16-jähriger Tochter Helen, Julians Jugendfreundin, oder mit Anne selbst?!

Wie auch immer: Man kann sich leicht Georges heftig auflodernden Hass gegen den unheimlichen Jungen vorstellen, der über eine so große erotische Macht verfügt, dass er alle drei Frauen in seine psychische Gewalt gebracht hat. George geht auf Julian los, hat aber gegen ihn und den Hund Vlad keine Chance. Vielmehr sieht er sich alsbald jenem tentakelbewehrten Wesen gegenüber, das sich in Julians Badewanne um Anne und Helen kümmert …

Wie man sieht, kann Lumley in mehreren Tonarten spielen. Sei es die erotische Fantasy oder das historische Abenteuer, der psychologische Horror oder krasse Horrorfantasy – Lumley ist in allen Genres zu Hause. Übrigens entbehrt auch die Begegnung zwischen Fetor und Tibor nicht einer erotischen Komponente. Der Wamphyr-Parasit – Fetors einziges Ei – wird auf einem besonders dafür reservierten Weg übertragen: durch einen Kuss …

_Der Sprecher_

Doch diese Vielfalt im erzählerischen Tonfall fordert auch vom Sprecher entsprechende Fähigkeiten hinsichtlich der Flexibilität seiner Stimme und seines Vortrags. Wenn Leonid Breschnew anruft, so hören wir seine unheimlich tiefe Stimme. Und dass Felix Krakowitsch vor dem KP-Chef katzbuckelt, hören wir in seiner devoten Antwort.

Eher schwierig wird es für Lutz Riedel, wenn der selbstbewusste Tibor Ferencz auf den ebenso großmächtigen Vlad von Kiew trifft. Sie sind dementsprechend schwer zu unterscheiden. Deshalb ist es hilfreich, jeder der beiden Figuren deutlich ihre Sätze zuzuweisen. Der Erzähler bedient sich dazu einer neutralen, zurückhaltenden Ausdrucksweise.

Fetor Ferenczy zu erkennen, ist hingegen ein Kinderspiel. Der uralte Wamphyr bedient sich einer hohen, krächzenden Stimme, die gut zu einem solchen Nosferatu passt. Doch wenn Fetor lacht, beispielsweise über Tibors ungebrochene Impertinenz ihm gegenüber, so läuft einem ein kalter Schauer über den Rücken.

Die einzige Stimmlage, die höher ist als die für Fetor, ist jene, die Lutz Riedel für Georgina aufbringen kann. Als die arme, frischgebackene Witwe den ausgesaugten Leichnam ihres Gatten daliegen sieht, bricht sie verständlicherweise in ein hohes Wimmern aus. Es ist schon erstaunlich, zu welchen Tiefen und Höhen Riedels Stimme in der Lage ist. Dass er sich aber wie ein begeisterter Schauspieler für diese körperliche Leistung auch mental derartig ins Zeug legt, ist seinem besonderen Engagement für diese Geschichte zu verdanken.

_Die Musik_

Geräusche gibt es keine, aber dafür eine Menge Musik. Diese ist nicht in den Hintergrund verbannt, sondern dient (außer als Intro und Extro) der Abgrenzung der einzelnen Kapitel wie auch deren Unterabschnitte. Diese Abschnitte sind aufgrund der nichtlinearen Erzählstruktur oftmals mit Rückblenden durchsetzen. Man kann ja auch die beiden Binnenhandlungen als sehr umfangreiche Rückblenden auffassen.

In meinen Notizen habe ich überall das Auftreten von Pausenmusik eingetragen, und dabei stellt sich ein deutliches Muster heraus. Sobald eine Szene ihren Höhepunkt erreicht hat, wird sie oftmals abgebrochen, damit sie sich in der Vorstellung des Lesers bzw. Hörers fortspinnen lässt. Sofort setzt Musik ein, die diesen Vorgang auf emotionaler Ebene steuert und stützt. Auf einer geistigen Ebene tritt hier allerdings eine kleine Verschnaufpause ein …

Man sollte auch bedenken, dass wir es diesmal mit einer stark gekürzten Fassung zu tun haben. Statt der vorherigen sechs CDs sind es diesmal nur noch vier. Abgebrochene Szenen sind zwar mitunter sehr wirkungsvoll, aber wer weiß, was dabei alles verschwiegen wird.

_Unterm Strich_

Weder Harry Keogh noch Dragosani spielen mehr mit, jedenfalls nur noch als Randfiguren der Rahmenhandlung. Das ist eigentlich recht schade, denn dadurch wird das Buch bzw. Hörbuch zu einem Lückenbüßer. Immerhin: Handlungsfäden werden zu Ende geführt und die Entstehungsgeschichte des Wamphyrs Tibor Ferenczy nachgeliefert. Am interessantesten – und erotischsten – ist daher die kleine Binnenhandlung um die Entstehung des Halbwamphyrs Julian Bodescu.

Die Art und Weise, wie der Spießbürger George und Julians „normale“ Tante Anne auf diesen unheimlichen Sprößling Tibors stoßen, entbehrt nicht vieler ironischer Seitenhiebe auf die Wohlanständigkeit und Engstirnigkeit der englischen Mittelklasse. Erst als sich Julian an Anne und Helen sexuell vergeht, streift George den Lack der Zivilisation ab und wird zu einem reißenden Tier, von unverhohlenem Hass auf Julian erfüllt. Leider hat er gegen den Halbvampir keine Chance. Diese kleine Story könnte man als feines Stück Gesellschaftskritik auffassen.

Der Sprecher Lutz Riedel stellt wieder einmal seine Engagiertheit für die Horrorliteratur unter Beweis, ebenso wie die Flexibilität seines Sprechorgans und seiner Darstellungskraft. Dies trägt dem Hörbuch einen dicken Pluspunkt ein.

|Hinweis:|

„Necroscope 4 – Untot“ erscheint im August 2006. Den Programmhinweis spricht David Nathan. „Necroscope 5 – Totenwache“ soll im Oktober 2006 erscheinen.

|1988; zuerst auf Deutsch bei Festa, 2001
Aus dem Englischen übersetzt von Hans Gerwien
310 Minuten auf 4 CDs|

John Sinclair – Skylla, die Menschenschlange (Folge 159)

Die Handlung:

Natürlich gönnten wir Glenda ihren Urlaub! Bei ihrem ersten Anruf nach der Ankunft am Golf von Neapel äußerte sie sich dann auch geradezu euphorisch: So hatte die liebenswürdige italienische Gräfin Eleonora Frascetti Glenda auf ihrem Schloss aufgenommen und umsorgte sie fürsorglich. Nur kurze Zeit später erreichte uns die Nachricht von einem Seeungeheuer, das fünf Frauen verschlungen haben sollte – und zwar im Golf von Neapel! (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Diesmal hat sich der Verlag an die Hörspielumsetzung des Heftromans mit der Nummer 384 gemacht, das erstmalig am 11. November 1985 am gut sortierten Bahnhofskiosk oder manchmal auch in einer Buchhandlung zu bekommen war.

John Sinclair – Skylla, die Menschenschlange (Folge 159) weiterlesen

Hodgson, William Hope / Newman, Kim / Busson, Paul / Lovecraft, H. P. / Somtow, S. P. / Lueg, Lars P – Necrophobia 2

Symphonie des Grauens: Scherzo und Finale furioso

Wieder mal hat Lars Peter Lueg als Regisseur, Produzent und Dramaturg ein Fest für Horrorfans vorbereitet. Sein Adlatus Andy Matern steuerte die Musik, den Schnitt und die Tontechnik bei. Zu den Autoren der neuen Storys gehören die bekanntesten Vertreter des Genres, darunter der unsterbliche Magier aus Providence, H. P. Lovecraft, dann aber auch einige Neutöner wie etwa S. P. Somtow, dessen Story „Summertime“ den Hörer einfach umhaut.

Erzählung #1: William Hope Hodgson: Die Stimme aus dem Nichts

Der Autor

William Hope Hodgson (1877-1918) war ein englischer Autor, der von 1891-99 bei der Handelsmarine arbeitete. Viele seiner Storiys stützen sich daher auf seine Seefahrer-Erlebnisse, beziehen das Unheimliche oder Übernatürliche ein, seine Romane „Das Haus an der Grenze“ (1908) und „Das Nachtland“ (1912) sind herausragende Beispiele für unheimliche Visionen in eine erschreckende Zukunft der Erde. „Die Stimme aus dem Nichts“ erschien zuerst 1907 unter dem Titel „The Voice in the Night“.

Der Sprecher

Der Synchronsprecher Helmut Krauss schenkt seine sonore und imposante Stimme u. a. Marlon Brando und Samuel L. Jackson. Krauss wurde am 11. Juni 1941 in Augsburg geboren. Nach seiner Schauspielausbildung machte er an diversen Theatern erste Bühnenschritte, studierte nebenher Pädagogik. 1963 übersiedelte er nach Berlin und arbeitete beim Rundfunk. Es folgten Engagements bei Fernsehen, Theater, Musical, Kabarett, Film und Synchron. Seit 1980 hört und sieht man Krauss als Nachbar Paschulke in Peter Lustigs ZDF-Kinderserie „Löwenzahn“.

Handlung

Ein Segler ist im Pazifik in eine Flaute geraten. Die Langeweile an Bord wird durch penetranten Nebel noch verstärkt. Während sein Freund Will schläft, hört der Ich-Erzähler eine Stimme aus der Nacht erschallen: „Schiff ahoi!“ Doch der Besitzer der Stimme, offenbar ein alter Mann, will sich nicht zeigen, schon gar nicht im Lampenlicht, sondern bittet lediglich für sich und seine kranke Frau um Proviant.

Der wird ihm selbstverständlich gewährt, und so kehrt er in der nächsten Nacht zurück, um seine Geschichte zu erzählen. Und um diese geht es im Grunde. John erlitt mit dem Passagiersegler „Albatros“, der von Newcastle nach San Francisco unterwegs war, Schiffbruch. Nach vielen Strapazen und Fährnissen strandeten er und seine Verlobte an einer seltsamen Insel unweit der südamerikanischen Küste.

Deren Boden ist von einem merkwürdigen, grauweißen Pilz bedeckt: Dieser Pilz kann sich bewegen und menschlichen Formen wie etwa Arme bilden. Nach vier Monaten der Bekämpfung zeigt sich der erste Übergriff des Pilzes auf menschliches Gewebe. John ertappt seine Frau dabei, wie sie von dem Pilz isst, als ob er ihr wirklich schmecken würde. Nicht lange, und ihm geht es genauso. Eine Umwandlung beginnt …

Mein Eindruck

Die Atmosphäre ist von Anfang an etwas unheimlich, doch als der Unbekannte aus der Nacht mit seiner Geschichte auftaucht, nimmt die Stimmung eine eindeutig bedrohliche Note an. Pilze, die wie Menschen aussehen und sie übernehmen? Klingt nicht sehr lustig, und die allerletzte Zeile – die „punch-line“ – verpasst dem Leser denn auch einen ordentlichen Tiefschlag, eben einen „punch“.

Der Sprecher

Helmut Krauss bringt mit seiner tiefen Stimme das Grauen dieser Begebenheit zur vollen Wirkung. Es fängt ganz langsam an, wird aber dann immer bedrohlicher, bis der Schrecken mit der letzten Zeile unvermittelt zuschlägt.

Erzählung #2: Kim Newman: Der Mann, der Clive Barker sammelte

Der Autor

Kim Newman, geboren 1959, ist ein britischer Schriftsteller, Kritiker und Radiosprecher, der früher mal im Kabarett auftrat. Zum einen verfügt Newman über ein umfassendes Wissen über phantastische (Horror etc.) Filme, zum anderen über einen bissigen Humor. Und selbstverständlich kennt er alle wichtigen Genre-Autoren in seinem Land, von Clive Barker über Neil Gaiman bis hin zu Paul McAuley. „The Man Who Collected Clive Barker“ erschien 1990.

Die Sprecherin

Bekannt wurde Marianne Groß als die deutsche Stimme von Anjelica Huston und Cher. Außerdem ist sie laut Verlag eine herausragende Synchronregisseurin und Dialogbuch-Autorin. 2004 wurde sie zweifach mit dem Deutschen Synchronpreis ausgezeichnet.

Handlung

Salley Rhodes, eine von den Serienhelden des Autors, ist eine Privatdetektivin, die sich gerne mit unheimlichen und okkulten Dingen befasst. Im Auftrag des „Australiers“ besucht sie den Buchsammler David Ringham in seinen Geschäftsräumen. Diese sind hypermodern eingerichtet, was Sally reichlich verblüfft: Dave sammelt nämlich die alten Schwarten und Hefte, die man als „Pulp“ bezeichnet, also wirklich unterste Schublade. Wie kann er sich diese moderne Einrichtung bloß leisten?

Dave ist Sammler mit Leib und Seele, er kennt alle seine Autoren und behandelt selbst Pulphefte wie Heiligtümer. Das Herzstück seiner Sammlung bildet Clive Barker. Er hat einfach alles von ihm. Aber nicht nur die normalen Ausgaben, die Hinz und Kunz im Laden kaufen können, sondern die wirklich wertvollen Sonder-Sonderausgaben, Sie wissen schon: mit Widmung, Spezialausstattung und so. Da wäre beispielsweise jene Ausgabe der „Bücher des Blutes“, die ganz in Menschenhaut gebunden ist und – nebst einer Widmung des Autors – mit dessen Blut gekennzeichnet ist. Doch es ist nicht die Haut irgendeines x-beliebigen Menschen, nein, meine Lady, sondern die mexikanischen Spender der Haut haben sich vor ihrem Ableben die Titelseite in ihren Rücken eintätowieren lassen – das nennt man Hingabe, was! Leider ist die Buchbinderin seitdem spurlos verschwunden …

Sally Rhodes interveniert und zückt ihren Ausweis als Detektivin: „Wissen Sie, wo Clive Barker ist?“ fragt sie streng. Dave lässt sich jedoch nicht beirren. „Schauen Sie mal, was ich hier als Krönung meiner Sammlung habe …“

Mein Eindruck

David Ringham, der Sammler, ist der lebende Beweis dafür, dass Passion, also Leidenschaft, in Obsession, in Besessenheit, umschlagen kann, ohne dass es der Betroffene überhaupt merkt. Das Fiese an der Story ist ja, dass der Leser / Hörer schon eine Weile vor dem Ende merkt, wie der Hase läuft, aber einfach nicht glauben kann, dass es wirklich so ist: Wo ist Clive Barker? Mit Daves stolzem Blick schauen wir genau darauf … Die Story ist ein schlagendes Beispiel dafür, dass auch das Makabre bestens funktioniert, wenn nämlich der wider besseres Wissen ungläubige Leser / Hörer gnadenlos über die Kante des Abgrunds gezerrt wird.

Die Sprecherin

Marianne Groß vermittelt in gleichem Maße die wachsende Begeisterung des Sammlers für das Herz-Stück (sic?) seiner Sammlung, die einhergeht mit einer wachsenden Ungläubigkeit seitens Sally Rhodes‘, die schließlich in Entsetzen umschlägt. Genau so muss die Story gelesen werden. Da hilft es nicht, zimperlich zu sein und ins Stocken zu geraten, sondern der Hörer müssen volle Kanne mit auf die Fahrt in den Abgrund des Grauens mitgenommen werden. Bravourös!

Erzählung #3: Paul Busson: Rettungslos

Der Autor

Es liegen mir keine Informationen zum Autor vor. Die Geschichte erschien zuerst im Jahr 1903.

Der Sprecher

Lutz Riedel ist die deutsche Stimme von Timothy Dalton (James Bond u.a.). Er zeigt auf diesem Hörbuch seine „herausragenden Sprecherqualitäten, die den Hörer mit schauriger Gänsehaut verzaubern“. Er war auch „Jan Tenner“ in der gleichnamigen Hörspielserie.

Handlung

Schon zwei Tage liegt der Scheintote bei vollem Bewusstsein in diesem Sarg, kann sich aber weder rühren noch verständlich machen, wenn seine Gattin um ihn weint oder der Priester die letzte Ölung vornimmt. Dann wird der Sarg ins kühle, dunkle, stille Grab hinabgelassen und Erde daraufgeworfen. Endlich gelingt es dem Bestatteten, zwei Finger seiner rechten Hand zu bewegen. Ein ganz klein wenig zu spät.

Mein Eindruck

Tja, was würde ich tun, wenn ich scheintot, aber bei vollem Bewusstsein im Sarg läge? Ich würde wahrscheinlich (vergeblich) versuchen, mich in den Hintern zu treten, dass ich so blöd war, mich überhaupt in diese Lage zu bringen. Als ob das irgendwie helfen würde! Die Story hat mich nicht beeindruckt, vielleicht auch deswegen, weil sie so kurz ist. Sie passt genau an den Schluss der ersten CD, weswegen sie wohl ausgewählt wurde: als Füllsel.

Der Sprecher

Dennoch legt der Sprecher Lutz Riedel all seine beträchtliche Ausdruckskraft in den Vortrag der Geschichte. Wider Willen ist der Hörer fasziniert von der absonderlichen Situation des Lebendigbegrabenseins des Ich-Erzählers und ein leises Grauen beschleicht ihn. Über die Schlusspointe kann man entweder zusammenzucken oder laut auflachen, je nach Mentalität des Hörers.

Erzählung #4: H. P. Lovecraft: Der Außenseiter

Der Autor

Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) wird allgemein als Vater der modernen Horrorliteratur angesehen. Obwohl er nur etwa 55 Erzählungen schrieb, hat sein zentraler Mythos um die Großen Alten, eine außerirdische Rasse bösartiger Götter, weltweit viele Nachahmer und Fans gefunden, und zwar nicht nur auf Lovecrafts testamentarisch verfügten Wunsch hin. „The Outsider“ wurde 1926 veröffentlicht.

Der Sprecher

David Nathan gilt als einer der besten Synchronsprecher hierzulande. Seine Erzählkunst erweckt den Horror zum Leben. Im Kino erlebt man ihn als Stimmbandvertretung von Johnny Depp und Christian Bale.

Handlung

Der Story ist ein Motto von John Keats, einem englischen Dichter der Romantik, vorangestellt. – Ein unbekannter Ich-Erzähler berichtet uns, dass er sein bisheriges Leben tief unter der Erde in den Gewölben eines uralten Schlosses, ohne Kontakt mit der Außenwelt, verbracht hat.

„Ich weiß nicht, wo ich geboren wurde, außer dass das Schloss unendlich alt und unendlich grauenvoll war, voller dunkler Gänge und mit hohen Decken, an denen das Auge nur Spinnweben und Schatten wahrnehmen konnte. Die Steine in den verfallenden Korridoren schienen immer schrecklich feucht, und überall war ein widerwärtiger Geruch wie von den übereinander gestapelten Leichen toter Generationen. Nie war es hell, so dass ich manchmal Kerzen anzündete und sie still betrachtete, um mich zu trösten; auch schien draußen niemals die Sonne, denn die schrecklichen Bäume wuchsen weit über den höchsten zugänglichen Turm hinaus. Es gab einen einzigen schwarzen Turm, der über die Bäume hinaus in den unbekannten äußeren Himmel ragte, aber dieser war teilweise eine Ruine, und man konnte ihn nicht ersteigen, es sei denn, man hätte das schier Unmögliche vollbracht, Stein für Stein die senkrechten Wände emporzuklimmen.“

Letztlich beschließt der Außenseiter doch, seine Behausung zu verlassen und den finsteren Turm zu ersteigen. Er gelangt auf den festen Erdboden und befindet sich auf einem verlassenen Friedhof. Nach einer nächtlichen Wanderung erreicht er ein anderes Schloss, das ihm irgendwie bekannt vorkommt. Aus den offenen, erleuchteten Fenstern dringt ihm der fröhliche Lärm eines Festes entgegen.

Die plötzliche Erscheinung des Fremden versetzt die Festgesellschaft in panischen Schrecken, und sie ergreift in wilder Hast die Flucht. In einem Rahmen erblickt der Fremde ein dunkles Ungeheuer, das wie ein Kadaver aussieht, und erschrickt. Er taumelt und berührt das Monster an seiner Klaue, denn er hat noch nie in seinem Leben einen Spiegel gesehen …

Mein Eindruck

Bei keinem Zuhörer wird diese grausige Story ihre Wirkung verfehlen. Allein schon der Moment der Erkenntnis für den Fremden ist einfach purer Horror. Anfang und Stil der Geschichte erinnern an Edgar Allan Poe, bei dem ebenfalls Figuren und Erzähler vorkommen, die aus einem „uralten und dekadenten Geschlechte“ stammen. Sehr wirkungsvoll ist natürlich der Kunstgriff, die Geschichte aus der Perspektive des Phantoms – anscheinend ein auferstandener Leichnam oder ein Ghoul – zu erzählen.

Das Erscheinen des unheimlichen Gastes auf dem Fest ruft Assoziationen zu Poes klassischer Erzählung „Die Maske des roten Todes“ hervor. Bekanntlich bewunderte HPL Poe als Meister des Unheimlichen ohne Ende und eiferte ihm anfangs fleißig nach. Diese Story stammt aus dem Jahr 1926, also vom Ende der ersten zehnjährigen Schaffenszeit HPLs (die zweite dauerte von 1927 bis zu seinem Tod 1937).

Die albtraumhafte Erzählung lässt sich psychoanalytisch interpretieren, und Prof. Dirk Mosig hat dies im Sinne C. G. Jungs erfolgreich unternommen („The Four Faces of the Outsider“, in „Nyctalops“, Vol. II, 1974, S. 3-10); unter anderem regt er eine autobiografische Deutung an.

Wie auch immer man die Story auffasst: Sie gehört zu den wirkungsvollsten und am häufigsten abgedruckten Geschichten des Meisters aus Providence.

Der Sprecher

Zum Glück liegt der Lesung nicht die alte Übersetzung von H. C. Artmann zugrunde, sondern die moderne von Andreas Diesel und Frank Festa. So kann es gelingen, dass die unzähligen Adjektive wie unheilvoll, grausig, finster, düster, modrig usw. usf. nicht völlig veraltet daherkommen, sondern halbwegs modern. (Zudem hat Artmann nicht immer hundertprozentig werkgetreu übersetzt.)

Wie auch immer, jedenfalls klingt David Nathan an keiner Stelle wie Johnny Depp. Statt dessen relativ heller und sanfter Synchronstimme hat Nathan eine recht dunkle, tiefe Stimmlage gewählt, die besser zur der albtraumartigen Geschichte passt. Aufgrund der Struktur der Story dauert es aber eine ganze Weile, bis das Grauen ordentlich zuschlägt.

Erzählung #5: S. P. Somtow: Summertime

Der Autor

S. P. Somtow ist das Pseudonym des 1952 geborenen Thai-Schriftstellers, Komponisten und Filmemachers Somtow Papinian Sucharitkul. Unter diesem Namen schrieb er zunächst in den 1980ern Science-Fiction, danach schwenkte er zu Fantasy um, die von der „Encyclopedia of Fantasy“ als „originell“ bezeichnet wird. 1984 veröffentlichte er seinen ersten Horrorroman: „Vampire Junction“, der angeblich die Splatterpunk-Bewegung vorweggenommen hat. (Fortgesetzt in „Valentine“, 1992, und „Vanitas“, 1995.) Die Story erschien unter dem Titel „Fish are Jumping, and the Cotton is High“ (vgl. George Gershwin) erstmals 1996. Andreas Diesel hat sie in Deutsche übertragen.

Der Sprecher

Torsten Michaelis ist der Synchronsprecher von Wesley Snipes. Durch sein Spektrum an verschiedenen Klangfarben wird er für die unterschiedlichsten Rollen eingesetzt. Er kann auf über 400 synchronisierte Filme zurückblicken.

Handlung

Der zwölfjährige Jody und sein Dad sind wie jeden Sommer unterwegs, um Fische zu fangen. Diese besondere Spezies der Fische jedoch ist weiblich und geht auf zwei Beinen, trägt meist einen Minirock und ein winziges Handtäschchen. Man kann diese Fischart ziemlich leicht erspähen, und so ist die Jagd meist erfolgreich. Jody und Dad sind Menschenfischer, zwei moderne Apostel. Im Kofferraum begleitet sie Großmutter. Ihre Gebeine liegen in einem Koffer, so dass sie es stets schön warm hat.

In dem Städtchen Sweetwater werfen Jody und Dad den Köder aus, denn die Fische sind manchmal misstrauisch und hüpfen nicht gleich an den Haken. Sobald sich der Fisch über den scheinbar verwundeten Jody beugt, braust Dad mit seinem Wagen heran und fängt die Frau mit einem Lasso ein. Sie wird verschnürt und geknebelt, in der Scheune eines verlassenen Bauernhofes findet dann das Gericht statt.

Dabei liest Jody zunächst passende Stellen aus der heiligen Schrift vor, um der Sünderin klarzumachen, worum es überhaupt geht. Durch verschiedene handgreifliche Maßnahmen bringt sein Dad dann die Sünderin dazu, Gott um Vergebung anzuflehen. Dann erlöst er sie von ihrem Dasein und führt ihren Körper seiner natürlichen Bestimmung zu. Und wieder einmal erzählt er seinem Sohn, warum sie das Menschenfischen jeden Sommer unternehmen müssten und wie alles damit anfing, dass Dad seine Mutter beim Sündigen ertappte.

Leider klappt ihre Jagdmethode immer weniger gut, je weiter Jody und Dad ihr Jagdrevier durchstreifen und je mehr Aufsehen ihr Treiben erregt. Und so stoßen sie eines Tages auf einen sehr hübschen Fisch, der leider selbst ein Köder ist …

Mein Eindruck

Dass das Grauen auch furchtbar viel Spaß machen kann, beweist diese herrlich makabre Geschichte, bei der einem glatt das Lachen im Halse stecken bleibt, wenn man nicht die richtige Art von schwarzem Humor mitbringt. Außerdem sollte man ordentlich abgebrüht sein, was die Darstellung sinnlicher Details anbelangt, und wissen, was wohl mit der „Milch der Gnade“ gemeint ist, wenn zwei Männer davon reden …

Natürlich ist „Summertime“ – der Titel verweist auf Gershwins Idylle vom amerikanischen Süden – eine waschechte Satire. Ihr Ziel ist die frömmelnde Bigotterie, mit der fundamentalistische Christen gegen die Vertreter der Sünder, hier als „Hure von Babel“ bezeichnet, zu Felde ziehen. Der Autor spielt lediglich durch, wie es wäre, wenn es nicht mehr bei Hetzreden bliebe, sondern sich einer dieser Männer nach einem einschneidenden Erlebnis (à la Ödipus mit seiner Mutter) dazu berufen fühlte, selbst zur Tat zu schreiten.

Besonders makaber: Nur wenn das Opfer um Vergebung seiner Sünden fleht, kann ihm Erlösung gewährt werden. Alles andere ist hingegen Mord. So hat es Dad seinem Sohn beigebracht. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, als Jody quasi vom Glauben abfällt. Aber erst, nachdem Dad selbst den seinen schon verloren hat. Man sollte nun hoffen, dass Jody später geheilt werden kann. Aber alles, was weiblich ist und nach Fisch riecht, so beharrt seine Erinnerung, muss eine verkappte „Hure von Babel“ sein. Dieses Detail liefert denn auch noch einmal eine Pointe, die den Leser umhaut.

Wäre eigentlich nur noch die Frage zu klären, wie es kommt, dass Jody Dads leiblicher Sohn ist, wenn Dad doch alle Frauen als des Teufels betrachtet hat. Ob wohl die Gebeine von Großmutter in ihrem „Koffer“ die Antwort kennen? Ein Grund, den „Summertime Blues“ zu kriegen.

Der Sprecher

Torsten Michaelis vermag es ausgezeichnet, die enervierend makabre Geschichte mit völliger Aufrichtigkeit vorzutragen. Denn es ist der gläubige Jody, der sie uns erzählt. Dessen naive Einstellung spiegelt sich in seiner hellen Kinderstimme wider.

Dagegen nimmt sich die Stimme seines Dads, der schon lange auf der Fischjagd ist, viel dunkler, schleppender, unheilvoller aus. Wenn einmal ein „Fisch“ angebissen hat, so klingt auch die reichlich aus dem Häuschen geratene Lady entsprechend hoch und kreischend. (Nicht so jedoch der weibliche Köder.) Will heißen, dass der Hörer jederzeit klar unterscheiden kann, wer gerade spricht.

Unterm Strich

Eine „Symphonie des Grauens“ könnte man mit Murnau diese Sammlung von Horrorstorys nennen. Sie fängt ganz leise, verhalten und vielfältig (Scherzo inklusive) an, um dann auf der zweiten CD mit zwei Glanzstücken zu prunken, die in einem höchst makabren und actionreichen Finale enden. Man kann dem Hörer nur einen robusten Magen wünschen!

Besonders die zweite CD macht deshalb richtig Laune, und man möchte gleich wieder von vorne anfangen, um sich die Schmuckstückchen noch einmal in allen Details zu Gemüte zu führen. Wer jetzt noch kein Freund von Horror gewesen ist, wird es spätestens mit dieser schönen, vielseitigen Kollektion werden.

146 Minuten auf 2 CDs
ISBN-13: 9783785714836

www.lpl-records.de

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Dark, Jason – John Sinclair – Die Rückkehr des schwarzen Tods

_Des Geisterjägers Höllenfahrt_

Diesmal kann Geisterjäger John Sinclair der Rückkehr des Bösen in seine Welt keinen Einhalt gebieten. Vielmehr wird er in dessen „Welt der verlorenen Engel“ gesaugt und begegnet dort seinem Schicksal. Gibt es noch Hoffnung für ihn?

_Der Autor_

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 – also vor rund 34 Jahren – eröffnete der Roman [„Die Nacht des Hexers“ 1818 die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause |Bastei|.

250 Millionen! So viele Hefte hat Jason Dark von den Geschichten seines „Geisterjägers Jason Dark“ in 25 Jahren verkauft (bzw. den |Bastei-Lübbe|-Verlag verkaufen lassen). Das sind laut Autor 1300 Heftromane plus mehr als 260 Taschenbuchausgaben: 4 Hefte und ein Taschenbuch pro Monat, behauptet der Autor in seinem Vorwort. Es ist schwer, ihn zu widerlegen.

_Die Hauptfiguren_

John Sinclair: Oberinspektor bei einer kleinen „Spezialabteilung“ von Scotland Yard, heimlich aber der reinkarnierte „Sohn des Lichts“ alias König Salomo, Richard Löwenherz und Tempelritter Hector de Valois. Trotzdem eine Vollwaise. Sinclair wird von einem Kreuz als Waffe des Guten beschützt und gewarnt, das vom Propheten Hesekiel selbst stammt (ca. 500 v. Chr.). Zur doppelten Sicherheit trägt er auch eine Beretta-Pistole mit sich, die mit Silberkugeln geladen ist. Hat einen silbernen Bumerang gegen den Schwarzen Tod eingesetzt.

Suko: Inspektor ebenda, Freund und Partner Sinclairs. Kungfumeister mit zwei tollen Waffen: eine Dämonenpeitsche und ein Zeitstopp-Zauberspruch. Partnerin: Shao.

Sir James Powell: der Chef der beiden. Loyal, hat aber „Magenprobleme“.

Glenda Perkins: Powells Sekretärin, kocht den besten Kaffee der Welt und hat eine spitze Zunge.

Jane Collins: Hexe, Privatdetektivin, Ex-Geliebte Johns. Steht auf der Seite Johns.

Lady Sarah Goldwyn: „Horror-Oma“ genannt, Mutterersatz für John, Mentorin.

Dracula II: Will Mallmann, Ex-Kommissar beim Bundeskriminalamt, Exfreund von John, jetzt aber Herrscher der Vampire. Böse, leider.

Justine Cavallo: „Blonde Bestie“ in schwarzem Leder, will John zum Vampir konvertieren, Partnerin von Dracula II und dem Menschdämon Vincent van Akkeren

Der Spuk: Nr. 2 im Dämonenreich, hat mit John Waffenstillstand geschlossen.

Der Schwarze Tod: Sehr alter Oberdämon, der den Untergang von Atlantis herbeiführte. Gestalt des Sensenmanns. Wurde von John besiegt.

_Handlung_

Einer von Sinclairs früheren Widersachern namens „Dracula II“, bürgerlich Will Mallmann (s. o.), warnt Sinclair vor der nahenden Rückkehr eines finsteren Oberdämonen. Sinclair hatte den Schwarzen Tod vor Jahren besiegt und vernichtet. Doch demnächst werde der Höllenfürst aus dem Zwischenreich zurückkehren, um grausame Rache zu nehmen.

Ein Vorläufer werde ihm den Weg bereiten: der Todesdämon Namtar (ein sumerischer Name). Damit Namtar seine Aufgabe erledigen und den Oberdämon herbeirufen kann, muss er zunächst vier Engel töten. Und wie es scheint, müssen sie die Namen der vier Evangelisten Matthäus, Lukas, Markus und Johannes tragen. Diesen sind vier Symbole und Eigenschaften zugeordnet:

Matthäus – Engel – gut
Markus – Löwe – stark
Lukas – Stier – stur
Johannes – Adler – frei

Mit Matthew Wilde, dem „Engel der Straße“, der sich der Obdachlosen annimmt, macht Namtar einen vielversprechenden Anfang. Nur Matthews Freundin Rose entkommt seinem erfolgreichen Anschlag und berichtet als Erste Sinclair und seinem Kollegen Suko von der ersten Tat Namtars.

Namtar besitzt in einer Gruft einen magischen Spiegel, in dem nun bereits das erste Viertel des Körpers des Schwarzen Tods sichtbar wird. Nach drei weiteren Morden wird dieser Körper vollständig sichtbar sein und Namtar sagen können: „Der Weg ist frei!“

Schon bald folgen Matthew ein gewisser Marcus Fleming und ein Lucas Taylor in die Ewigen Jagdgründe. Anders als erwartet kann Sinclair mit seinem Freund Suko dem Dämon nicht Einhalt gebieten, und sie können John Preston nicht in erwartetem Maße schützen.

Schließlich ist selbst die Allianz mit Dracula II und dessen Verbündeter, der erotischen Vampirin Justine Cavallo, der Blonden Bestie, nicht stark genug, das Eindringen des Schwarzen Tods aufzuhalten. Allmählich wird es eng für die Guten.

Vielmehr wird John Sinclair selbst in die „Welt der verlorenen Engel“ gesaugt und muss in dieser kalten Parallelwelt dem Todesdämon gegenübertreten. Doch Menschen sind bekanntlich schwach und Sinclairs Waffen haben bereits einmal versagt, wie der Schwarze Tod weiß. Gibt es noch Hoffnung für ihn und die Welt der Menschen?

_Mein Eindruck_

Zunächst folgt die Handlung den bekannten Mustern mystischer Horror-Thriller: Die Ankunft Satans auf Erden muss vorbereitet werden, meist durch Menschenopfer. Sobald er selbst, gerufen von seinem Wegbereiter, eintritt, wird’s ernst. Die Entscheidung fällt, ob er seine Herrschaft über die Menschenwelt antreten kann oder nicht.

Auch John Sinclairs neuestes Abenteuer folgt diesem Muster. Es gibt aber einige Überraschungen. So muss sich der Held mit seinen früheren Widersachern in einem zeitweiligen Burgfrieden verbünden, um stark genug sein zu können.

Aber auch dies reicht nicht, um Sinclair selbst davor zu bewahren, in die Welt des Bösen gesaugt zu werden. Dort muss er der Wahrheit über seine eigene Schwäche ins Gesicht sehen. Hilfe erhält er nicht aus sich selbst heraus, sondern von völlig unerwarteter Seite.

Dieser Plot kann es durchaus mit den schockierendsten Hollywood-Mystic-Thriller aufnehmen, geht im Finale sogar noch weiter. Hollywood, vertreten durch Sam Raimi und Clive Barker, werden erst in Jahren dort ankommen. [„Hellraiser“ 2433 kam schon verdächtig nahe in diese Dimension, schuf aber seine eigene Hölle mit den Zönobiten, statt sich auf althergebrachte biblische Vorgaben über Engel und Dämonen zu stützen. Barker ist eben etwas origineller als die Bibel.

Es gibt auch Humor in dieser Story. Dieser ist allerdings mehr von der grimmigen Sorte. Als Sinclair der Vampirin Justine Cavallo begegnet, registriert er zwar deren sexuelle Anziehungskraft, meint aber: „Ich wette, du würdest mich am liebsten ganz aussaugen.“ Was sie unumwunden sofort bestätigt. Sinclair wäre eine tolle Trophäe in ihrer Sammlung von Opfern.

_Unterm Strich_

Horrorfreunde kommen hier voll auf ihre Kosten: Spannung, Mystik, Action. Fans von John Sinclair erwartet ein außergewöhnlich gut konstruiertes Abenteuer, das den Helden über die Grenzen seiner Möglichkeiten hinausführt. Es kombiniert Erotik und Humor, um den Bierernst der Zwangslagen, in die Sinclair gerät, wenigstens etwas zu kompensieren.

Das Einzige, was ich mir noch wünschen könnte, wären mehr Rollen für Frauen. Miss Cavallo als pars pro toto ist doch etwas wenig. Aber das Problem mit Frauenrollen im Horrorgenre war bis zum Aufstieg von Anne Rice zur Vampirkönigin, dass so wenige Rollen davon „politisch korrekt“ waren. Bei „Jason Dark“ merkt man die alte Haltung immer noch deutlich. Powells Sekretärin Glenda Perkins (s. o.) beispielsweise wird vor allem deshalb so hoch gelobt, weil sie „den besten Kaffee der Welt kocht“. Ansonsten muss Mann sich vor ihrer spitzen Zunge in Acht nehmen. Das ist offenbar schon alles, was Mann über sie wissen muss, und das ist nicht allzu viel. Aber so sind viele der Charakterisierungen von Nebenfiguren in den Geisterjäger-Romanen: bloß nicht vom Wesentlichen ablenken!

Das Buch liest sich ähnlich flott und mühelos wie die Hefte, ist aber wesentlich besser aufgebaut. Statt ständig nur die notwendigen kurzen Spannungsbögen aufzubauen, kommt noch ein langer, sorgfältig herbeigeführter Spannungsbogen hinzu, der durch die Versetzung des Helden in die Parallelwelt der Hölle eine unerwartete Wendung erfährt. Mehr darf nicht verraten werden.

|317 Seiten|
http://www.bastei-luebbe.de

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
[„Der Pfähler“ 2019 (SE02)
[„John Sinclair – Die Comedy“ 3564
[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
[„Die Totenkopf-Insel“ 2048 (Folge 2)
[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
[„Damona, Dienerin des Satans“ 2460 (Folge 4)
[„Der Mörder mit dem Januskopf“ 2471 (Folge 5)
[„Schach mit dem Dämon“ 2534 (Folge 6)
[„Die Eisvampire“ 2108 (Folge 33)
[„Mr. Mondos Monster“ 2154 (Folge 34, Teil 1)
[„Königin der Wölfe“ 2953 (Folge 35, Teil 2)
[„Der Todesnebel“ 2858 (Folge 36)
[„Dr. Tods Horror-Insel“ 4000 (Folge 37)
[„Im Land des Vampirs“ 4021 (Folge 38)
[„Schreie in der Horror-Gruft“ 4435 (Folge 39)
[„Mein Todesurteil“ 4455 (Folge 40)
[„Die Schöne aus dem Totenreich“ 4516 (Folge 41)
[„Blutiger Halloween“ 4478 (Folge 42)
[„Ich flog in die Todeswolke“ 5008 (Folge 43)
[„Das Elixier des Teufels“ 5092 (Folge 44)
[„Die Teufelsuhr“ 5187 (Folge 45)
[„Myxins Entführung“ 5234 (Folge 46)

John Sinclair Classics – Die Rache des Kreuzritters (Folge 49)

Die Handlung:

Einst war der Kreuzritter Alexander von Rochas aus Jerusalem zurückgekehrt und hatte seine untreue Frau Elisabeth mit dem Tod bestraft. Seitdem verschwanden immer wieder Frauen in der Umgebung von Burg Rochas. Will Mallmann und ich begaben uns auf die Spur des Kreuzritters – und erlebten das pure Grauen! (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Diesmal hat sich der Verlag an die Hörspielumsetzung des GESPENSTER-KRIMI-Heftromans mit der Nummer 215 gemacht, der erstmalig am 25. Oktober 1977 am gut sortierten Bahnhofskiosk oder manchmal auch in einer Buchhandlung zu bekommen war. Das Roman-Cover wurde hier nicht verwendet. Das Titelbild des Hörspielcovers ist nicht vom Romanheft übernommen worden, auch wenn der Ritter selbst hier recht ähnlich aussieht.

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Arnaldur Indriðason – Gletschergrab (Lesung)

Ein Isländer in Dan Browns Fußstapfen

Die Eiskappe des Vatnajökull-Gletschers auf Island schmilzt. Die Streitkräfte der US-Basis Keflavík sind in Alarmbereitschaft, denn der Gletscher hütet ein Geheimnis: Ein abgestürztes Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg mit brisanter Fracht. Vor der grandiosen Kulisse des ewigen Eises gerät eine junge Isländerin in Lebensgefahr. Sie weiß nur wenig, aber das ist schon zu viel für die Drahtzieher der »Operation Napoleon« … Der Thriller ist 2023 verfilmt worden.

Der Autor
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David Baldacci – Im Bruchteil der Sekunde . Ein King & Maxwell-Thriller (Lesung)

„Sean King ist Agent des Secret Service und soll einen Präsidentschaftskandidaten schützen. Doch im entscheidenden Moment versagt er. Sein Schützling wird vor seinen Augen erschossen. – Acht Jahre später: Die junge Agentin Michelle Maxwell in ihrem ersten großen Einsatz. Auch ihr Auftrag ist der Schutz eines Kandidaten. Auch sie lässt sich täuschen. Doch sie sieht noch eine Chance – Sean King. Denn solche Dinge geschehen nicht zweimal. Nicht aus Zufall!“ (Verlagsinfo)

Der Autor
David Baldacci – Im Bruchteil der Sekunde . Ein King & Maxwell-Thriller (Lesung) weiterlesen

Val McDermid – Echo einer Winternacht (Karen Pirie 01) (Lesung)

Spannender Krimi auf zwei Zeitebenen

1978. In einer eisigen Winternacht wird im schottischen St. Andrews eine junge Frau erstochen. Vier Studenten, alte Freunde, finden die Sterbende, können ihr Leben aber nicht mehr retten. Doch seitdem werden sie von Medien, Polizisten und Verwandten der Toten verdächtigt.

Und 25 Jahre später beginnt ein Unbekannter, späte Rache zu üben: zwei der vier Freunde sterben. Ein Albtraum beginnt. Wird es den beiden Überlebenden gelingen, sich und ihre Familien vor dem Rachefeldzug des Unbekannten in Sicherheit zu bringen? Sie machen sich daran, die fast verjährte Tat endlich aufzuklären, denn nur so kann der Wahnsinn gestoppt werden.

Die Autorin
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John Sinclair – Londons Gruselkammer Nr. 1 (Folge 158)

Die Handlung:

Das Horror-Kabinett DARK DUNGEON zieht alle Register: echte Schauspieler statt Wachsfiguren – und im Keller wird ein ganzer Straßenzug aus dem Jahr 1666 zum Leben erweckt, dem Jahr des Großen Brandes. Auch ich hatte von der Neueröffnung gehört und betrat neugierig die Katakomben. Ich konnte ja nicht ahnen, dass mich im Dungeon mein alter Feind Akim Samaran erwarten würde – und damit ein ganz realer Horror-Trip! (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Diesmal hat sich der Verlag an die Hörspielumsetzung des Heftromans mit der Nummer 383 gemacht, das erstmalig am 4. Novermber 1985 am gut sortierten Bahnhofskiosk oder manchmal auch in einer Buchhandlung zu bekommen war.

John Sinclair – Londons Gruselkammer Nr. 1 (Folge 158) weiterlesen

Jean-Christophe Grangé – Der steinerne Kreis (Hörbuch)

Spannender Thriller: bei den Schamanen Sibiriens

Als die französische Tierforscherin Diane Thiberge einen kleinen Jungen aus Indonesien adoptiert, ahnt sie noch nicht, dass ihr Leben damit zu einem tödlichen Abenteuer wird. Denn der kleine Lü-sian ist nicht irgendein Straßenkind, sondern ein Schamane: ein „Wächter“.

Der Autor
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Prange, Peter / Kröger, Tomas – Principessa, Die

_Liebe, Tod und Kunst: Roma rockt!_

Rom im Jahr 1623: Während die katholische Welt den neuen Papst feiert, trifft in der Ewigen Stadt die 18-jährige Engländerin Clarissa ein, hungrig auf Leben und Freiheit. Sie stößt auf eine Welt verwirrender Gegensätze: von Glanz und Elend, Chaos und Größe, Freizügigkeit und Maßregelung.

Sie lernt die Liebe in Gestalt von gleich zwei berühmten Männern kennen: Lorenzo Bernini und Francesco Borromini sind die zwei besten Bildhauer und Architekten des 17. Jahrhunderts, aber grundverschieden. Durch die Rivalität der beiden gerät Clarissa in einen Zwiespalt, der sich nur auf tragische Weise auflösen lässt.

Durch ihre Rolle im Hintergrund dieser Künstler erregt sie die Missgunst und schließlich den abgrundtiefen Hass einer mächtigen Frau, und sie kann von Glück sagen, wenn sie das überlebt. Die Romanhandlung erstreckt sich immerhin über 50 Jahre: Clarissa erlebt alle Höhen und Tiefen des Lebens in der Heiligen Stadt.

|Der Autor|

Peter Prange, geboren 1955, studierte Romanistik, Germanistik und Philosophie in Paris, Göttingen und Tübingen. Als Autor von Drehbüchern, Sachbüchern und Romanen hat er sich einen Namen gemacht. Prange lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Tübingen. (Verlagsinfo)

|Der Sprecher|

Joachim Kerzel, 1941 in Hindenburg/Oberschlesien geboren, erhielt seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Als gefragter Synchronsprecher leiht er Jack Nicholson, Dustin Hoffman, Dennis Hopper und vielen anderen Stars seine sonore Stimme. Ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist mir seine Beteiligung an der Hörbuchfassung von Stephens Kings „Das Mädchen“, die er zusammen mit Franziska Pigulla bestritt. Seine charismatische Stimme macht aus jedem Gegenstand etwas Grandioses. Daher ist er häufig auch in der Werbung zu hören, so etwa zu den Medienprodukten um Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung.

Kerzel spricht die von Tomas Kröger gekürzte Textfassung, der auch Regie führte. Die akustischen Motive (Intro, Extro) trug Michael Marianetti bei.

_Handlung_

Alles beginnt mit einem Ende: Der Papst ist tot, und am 6. August 1623 wird ein Konklave einberufen, um den Nachfolger zu wählen. Schon wenig später heißt es „Habemus papam!“ Der Kardinal, der zuvor Maffeo Barberini hieß, lässt sich nun Papst Urban VIII. nennen. Rom ahnt es noch nicht, aber er soll das Gesicht der Ewigen Stadt grundlegend verändern. Er hat eine lange Liste von Bauvorhaben.

Doch wer soll die Pläne umsetzen? Er lässt Gianlorenzo Bernini rufen, einen 25-jährigen Marmorbildhauer mit den zeichnerischen Fähigkeiten eines Architekten. Die wichtigste Baustelle, um die sich Bernini kümmern soll, ist die Basilika St. Peter, die Kirche der Päpste. Aber damit hat Bernini schwere Probleme, wie sich im Laufe der nächsten Jahrzehnte zeigen soll. Der Petersplatz, den wir heute so bewundern, wird erst im Mai 1667 fertiggestellt. Und das erfordert andere Geister.

|Die Pamphili|

An der Piazza Navona, einem der zentral gelegenen und schönsten Plätze der Altstadt, steht der Palazzo Pamphili. Er ist zu dieser Zeit nicht besonders schön, denn die Pamphilis sind nicht sonderlich reich. Donna Olimpia, 30, empfängt die 18 Jahre junge Lady Clarissa Weltenham aus England. Clarissas Mutter war Olimpias beste Freundin, bevor sie ins neblige Britannien wegheiratete. Und Clarissa möchte gerne römische Luft schnuppern, bevor sie in England den schottischen Presbyterianer McKinney heiratet. Er ist schon 30 und somit geradezu steinalt. Ein Schriftsteller namens William passt auf ihre Tugend auf. Dass Clarissa im Palazzo nächtigt, ist ein wenig illegal, denn ihre Reiselizenz umfasst dies nicht. Aber Clarissa, eine selbstbewusste junge Dame, tut es trotzdem und lernt so den kleinen Sohn Olimpias kennen.

Als der Botschafter sie entdeckt, tadelt er sie erst und ersucht dann daheim um Anweisungen. Bis zur Antwort soll Clarissa bleiben. Sie wird in die Gesellschaft eingeführt, woraufhin es Heiratsanträge hagelt, doch leider ist sie ja bereits vergeben. Sie lässt sich mit dem Titel „Principessa“ anreden und ruft mit ihren klugen Ratschlägen Bewunderung hervor.

|Finstere Machenschaften|

Doch eines Morgens stößt sie auf geheime Machenschaften Olimpias. In einer Kapelle trifft sich die Pamphili mit einem Mönch, der ebenfalls zur Familie gehört. Verstört irrt Clarissa durch die quirlige Stadt. Francesco Castelli sitzt am Petersdom auf einem Baugerüst, als er einen Engel erblickt. Die junge Frau ist blond und schön und erobert sein junges Single-Herz im Nu. Das ist Vorbestimmung, Francesco weiß es. Doch sein Lombardenherz ist auch verschwiegen, und so sehr auch Clarissa – denn es handelt sich um keine andere – auch seine Cherubim bewundert, so übertritt er doch niemals die Grenzlinie des Anstands.

Sie werden lediglich Freunde, und als er sich später den Künstlernamen Borromini zulegt, gerät Clarissa in die Konkurrenzkämpfe zwischen ihm und Lorenzo Bernini. Dieser hat Francesco als Assistent eingestellt, um an dem Entwurf für den Hochaltar von St. Peter zu arbeiten. Die Statik ist knifflig, und Francesco macht einen hilfreichen Vorschlag. Im Lauf der Monate werden nicht nur die beiden Baumeister Freunde, sondern auch Clarissa und Francesco fühlen eine Seelenverwandtschaft. Als er ihr seine Pläne für St. Peters Fassade zeigt, ist sie hingerissen. Borromini hat im Gegensatz zum tüchtigen Bernini wirklich Visionen.

|Das Schicksal hat andere Pläne|

Schließlich steht Clarissa vor der Wahl, wie Borrominis genialer Entwurf für die Piazza Navona für den Petersplatz herangezogen werden kann, ohne dass Bernini ahnt, dass der Entwurf vom seinem Konkurrenten stammt. Und Borromini darf nicht wissen, was Clarissa damit gemacht hat. Denn die beiden größten Baumeister, die Rom seit Michelangelo gesehen hat, sind inzwischen, 40 Jahre und zwei Päpste später, regelrecht Todfeinde geworden. Und ohne Clarissas geschicktes Eingreifen sähe der Petersplatz heute bestimmt ganz anders aus.

_Mein Eindruck_

Dieser historische Roman erzählt die Geschichte einer aufregenden Architekturepoche auf eine menschliche und dramatische Weise, so dass sich der weibliche wie der männliche Leser sehr gut unterhalten fühlen dürfte. Es ist alles da: hochfliegende Ideale und reine Liebe ebenso wie Niedertracht und Boshaftigkeit. Das Ringen zwischen diesen beiden Seiten dauert durch den ganzen Roman hin an und die Frage, welche Seite obsiegen wird, verhilft der Geschichte zu einiger Spannung.

|Dan Brown lässt grüßen|

Für den heutigen Leser ohne die Vorbildung eines Architekten oder Kunsthistorikers bietet sich seit kurzem ein weiterer faszinierender Zugang. In seinem Roman „Angels and Demons“, zu deutsch [„Illuminati“, 110 beschreibt Bestsellerautor Dan Brown viele der in „Principessa“ erwähnten Schauplätze. Allen voran natürlich den Petersplatz in seiner heute noch zu bewundernden Form, aber auch viele der im Barock von Bernini und Borromini konzipierten und ausgeführten Bauten. Dazu gehören mehrere Kirchen, der Vier-Flüsse-Brunnen auf der Piazza Navona sowie das Grabmal des Kardinals Chigi mit seinen verschlüsselten Freimaurer- bzw. Illuminatensymbolen.

Wer diese Baudenkmäler nicht in natura besichtigen kann, der greife einfach zur illustrierten Ausgabe von „Illuminati“ oder „Angels and Demons“. Darin sind nicht nur exzellente Fotografien enthalten, sondern auch Grundrisspläne der wichtigsten Bauten.

|Schicksalsdrama|

Der Autor darf sich natürlich einige Freiheiten gegenüber der überlieferten historischen Wahrheit herausnehmen. Aber was heißt hier schon „Wahrheit“? Die Epoche, von der hier die Rede ist, liegt schon 350 bis fast 400 Jahre zurück. Und die damaligen Chronisten haben selbst ausgewählt, was ihnen erwähnenswert erschien und was nicht. Die Quellen, auf die der Autor zurückgreift, sind leider nicht aufgezählt – schon gleich gar nicht im Hörbuch.

Peter Prange verknüpft nicht nur geschickt die Epoche des römischen Barock mit seiner dramatisch aufbereiteten Handlung. Er zieht auch das Register, das schon Donna W. Cross’ Roman „Die Päpstin“ zu weltweitem Bestsellererfolg verhalf: eine Frau auf dem Papstthron. Dass noch niemand von einer Päpstin namens Olimpia Pamphili gehört hat, ist der einfachen Tatsache zuzuschreiben, dass die bewusste Dame lediglich im Hintergrund regiert hat und ihr Bruder oder Cousin die Tiara trug. Doch die zeitgenössischen Römer wissen Bescheid. Sie nennen sie „Olimpia Pontifex Maximus“. Nur Clarissa weiß, dass Olimpia eine Giftmörderin ist. So schlimm war die frühe Neuzeit – Zustände wie im alten Rom.

|Erotik|

Eine weitere sehr freie Interpretation der Kunstgeschichte ist das Zustandekommen von Berninis faszinierender Skulptur „Verzückung der Hl. Teresa“ (S. 308 in den illustrierten „Illuminati“). Die hl. Teresa von Avila ist mit einem geöffneten Mund dargestellt, der auch von sexueller Verzückung herrühren könnte – und das sieht Lady Olimpia genauso. Allerdings sieht das Gesicht der Skulptur dem von Clarissa Weltenham verblüffend ähnlich, und Olimpia braucht nur zwei und zwei zusammenzuzählen, um zu kapieren, dass Bernini sie mit Clarissa betrogen hat. Jetzt wird verständlich, wie sie zu Clarissas Todfeindin werden konnte („Hell hath no fury like a woman scorned“, wusste schon Shakespeare.)

Leider bleibt die Frage offen, ob es wohl Clarissa mit Bernini getrieben hat. Bei Borromini kommt dieser Verdacht eigentlich nie auf, dafür ist Francesco nicht draufgängerisch genug gezeichnet. Bei Bernini liegt der Fall anders. Das Dingsymbol seiner Bindung an Clarissa ist ein spezieller Ring mit einem großen Smaragd darin. Dieser wechselt mehrmals den Besitzer, und wer will, kann sich danach orientieren, um herauszufinden, wer nun wessen Herz besitzt.

Der Roman ist schon recht geschickt erzählt, aber manchmal beschlich mich durchaus der Verdacht, dass die – im Hörbuch verkürzte Geschichte – nicht weit vom Niveau eines Groschenheftromans entfernt ist.

|Der Sprecher|

Joachim Kerzels tiefe Stimme erweckt die Figuren zum Leben. Mit jeweils charakteristischer Intonierung und Ausdrucksweise stellt er Bernini und Borromini so dar, dass man sie ohne weiteres unterscheiden kann. Für Clarissa und ihre Gegenspielerin Olimpia wählt Kerzel höhere Tonlagen. Die energische Stimme Olimpias, die ja zwölf Jahre älter als Clarissa ist, klingt tiefer als die zaghafte, feinfühlige Ausdrucksweise der Jüngeren. Man sieht also, dass das Personal der Handlung sehr überschaubar ist.

Um bestimmte Extremsituationen darzustellen, kommt Kerzel nicht umhin, seine Stimme entsprechend anzupassen. Als Clarissa aussieht wie von der Pest gezeichnet, die Rom heimsucht, lässt er sie hauchen und keuchen. Auch als Borromini das Zeitliche zu segnen droht, sind spezielle Darstellungsmittel gefragt. Am Grab Borrominis begegnen sich Clarissa und ihr Verehrer Bernini ein letztes Mal. Da bleibt kein Auge trocken, denn es gelingt Kerzel, die tiefe Bewegtheit der beiden Figuren auf den Zuhörer zu übertragen.

_Unterm Strich_

„Principessa“ ist ein sehr kurzweiliger historischer Roman, der dem Leserherz alles bietet, wonach es lechzt: Liebe im Dreieck (oder sogar Viereck), Entführung, Pest und Todesangst, große Leistungen in der Kunst sowie einige Überraschungen, was den Ausgang der ganzen Geschichte betrifft. Vor allem in der Todesszene Borrominis bleibt kein Augen trocken, und auch als sich Clarissa und Bernini an seinem Grab treffen, sollte man eine Großpackung Kleenex hinzuziehen.

Das Hörbuch setzt die Höhepunkte der dramatischen Handlung angemessen, aber leider stark gekürzt um. Der Sprecher Joachim Kerzel macht das Beste daraus und erweckt nach bestem Können die Figuren zum Leben (siehe oben).

|383 Minuten auf 5 CDs|

Arthur Conan Doyle – Neue Fälle von Sherlock Holmes & Dr. Watson

Sechs Holmes-Fälle für Sammler und Einsteiger

Die fünf CDs bieten sechs Fälle des Meisterdetektivs, die jeweils als Hörspiel in den sechziger Jahren vom Saarländischen bzw. vom Bayerischen Rundfunk mit Profi-Sprechern produziert wurden. Leute wie Horst Tappert („Derrick“), Martin Benrath, Peter Pasetti oder René Deltgen kennt man zwar heute kaum noch, aber damals waren sie vielbeschäftigte Schauspieler. Ihre Qualität kommt dem Hörspiel zugute.

Der Autor
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Röhrig, Tilman – Ein Sturm wird kommen von Mitternacht

_Romantisch: die Pferdeflüsterin und der Hunnenprinz_

Europa im fünften Jahrhundert: Die Völkerwanderung stellt die alten Verhältnisse auf den Kopf, denn das alte römische Reich gehört der Vergangenheit an. Die vordringenden Hunnen aus Zentralasien haben ein weiteres Heer geschlagen: Die Stadt Worms am Rhein wird geplündert. Auf dem Schlachtfeld hat die junge Goldrun ihren Vater verloren, und ein Hunne namens Keve nimmt sie als Sklavin mit nach Osten, ins Hauptquartier.

Goldrun entdeckt ein besonderes Talent, das sie bei den Hunnen, die mit ihren Pferden so verbunden sind, sehr geschätzt macht: Sie ist eine Pferdeflüsterin. Als ein junger Prinz, Attilas Sohn, auf sie aufmerksam wird, wird auch sie in die Staatshändel der Hunnen mit den Römern und Galliern hineingezogen.

_Der Autor_

Tilman Röhrig, geboren 1945 in Hennweiler/Hunsrück, besuchte die Staatliche Schauspielschule in Frankfurt/Main und hatte Engagements in Frankfurt, Bon und Hannover. Außerdem war er sieben Jahre bei den Städtischen Bühnen Köln. Seit 1973 arbeitet er als freischaffender Schriftsteller, Film-, Funk- und Fernsehautor. Für sein literarisches Schaffen wurden ihm zahlreiche Auszeichnungen verliehen, darunter der deutsche Jugendliteraturpreis und der Große Kulturpreis NRW. Röhrig lebt in der Nähe von Köln. (Verlagsinfo)

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Hörspiel-Inszenierung prunkt mit mehr als dreißig Sprechern und einer ausgefeilten Orchestermusik. Auf der Liste der Sprecher findet man Angelika Domröse, Friedrich Schoenfelder (dt. Stimme von David Niven), Cathlen Gawlich, Till Hagen (dt. Stimme von Jonathan Pryce), Jürgen Kluckert, Manfred Lehmann (dt. Stimme von Bruce Willis), Jürgen Thormann (dt. Stimme vieler Aristokraten) und viele andere.

Die Bearbeitung des langen Romans erfolgte durch Siegfried Antonio Effenberger. Regie, Hörspielmusik und Ton besorgte Christian Hagitte und Simon Bertling, wobei Hagitte auch das Berliner Filmorchester und den Kammerchor leitete. Tonnachbearbeitung und Schnitt erfolgten durch Sonja Harth, als Produktionsassistenz fungierte Katalin Hartke.

Die besonders schöne Frauenstimme gehört Lili Zahavi, und die prägnante Percussion spielte Tom Marberg. Die mittelalterlichen Instrumente Dulcimer, Cister, Lyra und Monochord bediente Norbert Dobisch. Sie tragen wesentlich zu einem zeitgenössischen Eindruck vom Geschehen im fünften Jahrhundert bei.

_Handlung_

Ein Entsetzensschrei ertönt: „Die Hunnen kommen!“ Und tatsächlich hat Worms am Rhein, die Hauptstadt des Burgunderreiches, allen Grund, entsetzt zu sein. Die Reiterhorden der Eroberer aus den Steppen Asiens haben bereits ganz Osteuropa nördlich des Römischen Reiches unter ihr Joch gezwungen und schicken sich nun als nächstes an, auch die römische Provinz Gallien anzugreifen. Worms ist lediglich eine Station auf dem Weg dorthin, doch es entbrennt eine Schlacht, bei der auch die Hunnen Federn lassen müssen. Das verschafft dem Westen eine Atempause von 15 Jahren. Man schreibt das Jahr 436, als das Reich Burgund untergeht. König Gunther ist in der Schlacht gefallen.

Die zehnjährige Goldrun verliert in der Schlacht ihren Vater, und nur ihre Mutter, ihre Schwester und ihr kleiner Bruder Giselher überleben von ihrer Familie. Sie findet eine verwundete Stute, die sie mit ihrer Stimme besänftigt. Ein Rabenkrächzen schreckt Goldrun auf dem Schlaf empor. Ein Hunne steht über ihr. Er hält sie für einen Blutgeist, denn sie ist über und über mit dem Blut der inzwischen gestorbenen Stute bedeckt. Keve nimmt Goldrun mit. Weinend muss sie von ihrer Mutter Abschied nehmen, die ihr ihr eigenes Kleid gibt.

Auf einem Planwagen treten die gefangenen Burgunderinnen, die für die Hurenzelte der Eroberer bestimmt sind, die lange Reise gen Osten an, zu Großkönig Bledas Hauptquartier. Dieser soll über ihr Schicksal entscheiden. Die Matrone Fulla ruft die Frauen zu Durchhalten und Solidarität auf, und Goldrun findet in dem Mädchen Hildegund eine liebe Freundin. Hildegund ist die Tochter eines königlichen Beraters und recht gebildet. Beide setzen sich für den Junker Walter ein und retten ihm das Leben. Später entsteht zwischen Hilegund und Walter eine feste Bindung.

Bledas (Manfred Lehmann) Bruder Attila konnte die Burgunder nur angreifen, weil es ihm 434 gelungen ist, mit dem Oströmischen Reich unter Kaiser Theodosius II Frieden zu schließen. Attila ist der über den Ostteil des Hunnenreiches herrschende Unterkönig und gönnt Bleda den ganzen Ruhm des Burgunderfeldzuges, doch insgeheim grollt er, dass er zwei Drittel seiner Kriegsbeute an Bleda abgeben muss. Obendrein hat Bleda eine Abmachung Attilas mit den Römern gebrochen und seinen Bruder somit bloßgestellt. Attilas Berater Onogesius (Jürgen Thormann) rät dazu, Bleda sukzessive zu entmachten. Attila giert bereits nach Bledas Blut.

Nach der gewaltsamen Trennung von allen Freunden wird Goldrun im Haushalt Keves untergebracht. Der verheiratete Keve tut dem jungen Mädchen nichts an, sondern lässt es auf dem Gestüt seiner Schwägerin Tarcal arbeiten. Dort erweist sich Goldruns spezielles Talent als Pferdeflüsterin als von großem Nutzen. Sie heilt eine kranke Stute, und deren Stutenfohlen Wildrose wird ihre treue Gefährtin.

Im Jahr 440 trägt ein Schamane Unterkönig Attila die Führerschaft über die Hunnen an. Das Symbol dieser Führerschaft ist ein dem Kriegsgott Mars geweihtes Silberschwert. Das ist ein subversiver Akt und Onogesius rät sofort zur Zurückhaltung – doch der Tag wird kommen, an dem das Schwert jenen Dienst verrichten wird, für den es geschmiedet oder entdeckt wurde …

Nur zwei Jahre später greift Bleda Ostrom an und macht es tributpflichtig. Unmengen von Beute fließen fortan in das königliche Hauptquartier. Die inzwischen 16 Jahre alte Goldrun erhält erstmals Besuch von Hildegund, die nicht nur schon einen Busen hat, sondern auch einen Schatz: Junker Walter. Goldrun hat inzwischen ihre Stellung gefestigt und keine Pläne mehr zu entfliehen (im Gegensatz zu Walter und Goldrun). Keve ist für sie ein Ersatzvater geworden und Tarcal eine Mentorin.

Da kommt der schwärzeste Tag in Goldruns Leben. Auf dem Fest Bledas zu Ehren eines römischen Senators ist ein Narr namens Zerkon aufgetreten, dessen Aufgabe es war, die Römer tödlich zu beleidigen. Das ist ihm vollauf gelungen. Als Belohnung darf sich Zerkon mit Bledas Erlaubnis eine wertvolle Stute aussuchen. Seine Wahl fällt unglücklicherweise auf Wildrose, Goldruns beste Freundin unter den Pferden. Doch von der Mutter getrennt zu werden, würde den Tod von Wildroses Fohlen bedeuten, und so protestiert Goldrun dagegen. Zerkon will es töten lassen, doch Goldrun schreit auf. Als er merkt, wen er zuerst zähmen muss, zerrt er Goldrun in einen Stall, um ihr Gewalt anzutun …

Fünf Jahre später führt Attila den langen geplanten Putsch gegen seinen Bruder aus. Im Jahr 451 greift eine halbe Million seiner Reiter Gallien an, und in Worms und Umgebung hallt wieder einmal der Schrei „Die Hunnen kommen!“ wider. Es kommt zur Entscheidungsschlacht auf den Katalaunischen Feldern bei Paris.

_Mein Eindruck_

Der historische Roman schildert eine für die nachrömische Zeit entscheidende Epoche: den Einfall der Hunnen in Westeuropa sowie ihr ebenso plötzliches Verschwinden. Natürlich ist Attila, die „Geißel Gottes“, nicht nur durch das Nibelungenlied, wo er als König Etzel auftritt, zu einer Legende geworden. Auch in Italien und anderswo erinnert man sich der Grausamkeit seiner Herrschaft nur allzu gut. Es gibt daher auch italienische Monumentalschinken, in denen Attila zur Bedrohung Roms schlechthin hochstilisiert wird.

Der vorliegende Roman ist uns leicht zugänglich, sobald wir einmal eine Verfilmung von „Die Nibelungen“ gesehen oder eine Nacherzählung gelesen haben. Burgunder, Hunnen – alles da. Dass die Hunnen aber eine eigene, durchaus verständliche Kultur und Lebensweise hatten, haben bislang nur die wenigsten Schriftsteller anzudeuten und zu beschreiben gewagt. Zu verpönt ist dieses Volk. (Die Engländer setzten im 1. Weltkrieg sogar die Hunnen mit den Deutschen gleich: „Beware of the Hun out of the sun!“ mahnten die Fliegerinstruktoren. Die deutschen Luftwaffenpiloten nutzten die Sonne in ihrem Rücken, um ihre Gegner, die dadurch geblendet waren, zu überraschen.)

Und nun scheint der Autor dieses berüchtigte Volk sogar zu romantisieren. Die Burgunderin Goldrun verliebt sich gar in einen dieser Barbaren. Herrje, was kommt als Nächstes? Attila auf dem Kaiserthron? Beinahe hätte er es sogar geschafft, sich auf den Thron Westroms zu setzen, sobald er Bleda aus dem Weg geräumt hatte. Doch eine listige Frau machte ihm einen dicken Strich durch die Rechnung. Das ist recht kompliziert erzählt und leider nicht sonderlich anschaulich. Die Folgen sind es umso mehr: Attila greift nun auch die weströmische Provinz Gallien an. Hat er sie erobert, wird ihn sein Weg unweigerlich nach Spanien, Oberitalien und Rom führen. Wie die Geschichtsschreibung lehrt, kam es nicht dazu.

Die zwei völlig verschiedenen Handlungsstränge, die sich nur an ein oder zwei Stellen treffen, dienen dazu, einerseits Frauen – durch Goldruns Schicksal und Romanze – anzusprechen, zum anderen auch Männer, die sich wohl eher für die Rivalitäten unter den Herrschern und Reichen interessieren. Auf dieser Ebene spielt eine ausländische Pferdeflüsterin eine denkbar untergeordnete Rolle. Doch für den Leser wird Goldrun wichtig als Beobachterin.

Die Hunnen erscheinen uns als ein Nomadenvolk, das seine Pferde liebt. Schon von klein auf lernen die Knirpse, ein Pferd zu reiten und zu pflegen, so dass sie schließlich eine Einheit bilden. Je edler die Pferdezucht, desto größer daher auch das Ansehen desjenigen, der diese Pferde reiten und zur Verfügung stellen kann: der König in der Regel. Zerkon braucht Attilas und Bledas ausdrückliche Erlaubnis, sich so ein edles Tier unter den Nagel zu reißen.

Nun erscheinen uns durch Goldruns Augen die Hunnen als ein tierliebes und naturverbundenes Volk, doch das bedeutet überhaupt nichts, wenn es um Menschen und insbesondere um unterworfene Ausländer geht. Für Letztere gelten keine Blutsbande und die üblichen familiären Rücksichten. Frauen werden in der Regel versklavt und daher von jedermann benutzt. Goldrun ist also eine seltene Ausnahme. Dass ein hunnischer Fürstensohn um sie freit, grenzt an ein epochales Wunder. Wenn das mal gut geht.

|Die Sprecher / Die Inszenierung|

Die Sprecher spielen und sprechen ihre Rollen recht gut. Ganz besonders gut gelingt dies Jürgen Thormann, der die Rolle des einflussreichen und listigen Ratgebers Attilas spricht: Onogesius. Auch Manfred Lehmann, der Synchronsprecher von Bruce Willis, hat eine eindrucksvolle Rolle auszufüllen, doch die demütigende Arroganz, die er seinem Bleda verleiht, macht diese Figur weiß Gott nicht sympathischer.

Mit Angelika Domröse und Friedrich Schoenfelder (Erzähler) sind zwei Altstars vertreten, die nicht allzu sehr ins Gewicht fallen, weil sie Nebenrollen zu sprechen haben. Auch die Sprecher von Keve, Zerkon und dem Fürstensohn stehen nicht im Vordergrund, aber sie müssen ebenso glaubwürdig erscheinen wie der Rest des Teams. Fällt einer aus, so fällt ein Schatten des Zweifels auf den Rest der Riege. Glücklicherweise gibt es hier wenig zu krisitieren. Zerkon als Schurke ist natürlich wieder mal der Unsympath in Person, aber sein Sprecher scheint seine fiese Rolle zu genießen.

|Musik und Geräusche|

Geräusche und Hintergrundstimmen gibt es relativ wenige, so zum Beispiel in der Schlacht um Worms, die am Anfang steht, oder während der Gelage, die an König Bledas Hof stattfinden. Diese Szenen sind natürlich besonders lustig. Dafür gibt es aber umso mehr Musik, die wirklich mitreißend ist. Ich könnte mir solche fetzigen Klänge durchaus in einer der Verfilmungen über Attilas Leben – da war doch was in 2004 – vorstellen. Die volkstümlichen Instrumente und Melodien tragen viel zum Zeitkolorit bei, das der Glaubwürdigkeit des Hörspiels gut tut. Allerdings gibt es hin und wieder auch Mönchschoräle und klagende Frauenstimmen, die ich fehl am Platz fand, obwohl sie natürlich auch in die Zeit passen (durften Frauen damals schon solo singen?).

_Unterm Strich_

Die dramaturgische Umsetzung der literarischen Vorlage erscheint mir in der gebotenen Kürze durchaus gelungen. Das Hörspiel durfte nicht zu lang sein – erstens wegen der möglichen Ermüdung des Hörers und zweitens wegen der Produktionskosten. Denn so ein Hörspiel mit Musik, Geräuschen und einer riesigen Schar Sprecher ist wie eine Theaterproduktion und verursacht entsprechende Kosten. Daher hat Lübbe die Produktion an das Studio STIL ausgelagert und fungiert lediglich als Vertriebspartner. Die Leute von STIL verstehen etwas von diesem Geschäft.

An Spannung lässt das Hörspiel aber erheblich zu wünschen übrig. Denn einerseits weiß man schon frühzeitig, dass Attila seinen Bruder irgendwann kaltmachen wird, denn Bleda taucht in der Überlieferung überhaupt nicht auf. Die halbwegs spannende Frage ist, wann Attila zuschlagen wird. All die Händel mit Ost- und Westrom interessieren im Grunde nicht und werden auch dementsprechend in Erzählerprosa abgehandelt. Die Zusammenhänge sind für das Verständnis der folgenden Szenen allerdings notwendig.

Ist aber wenigstens Goldruns Handlungsstrang spannend? Freunde von „Hanni und Nanni auf dem Pferdehof“ kommen hier voll auf ihre Kosten, und auch Anhänger von heißen Liebesnächten mit wilden Männern gehen nicht leer aus. Doch es kommt der Tag, an dem auch die junge Goldrun vor der Wahl steht abzuhauen oder zu bleiben. Sie schließt einen Kompromiss, doch ihr Hunnenlover kommt ihr auf die Schliche. Was für ein weiches Herz er nun an den Tag legt! Die List der Frauen erweist sich mal wieder als erfolgreich. Ganz besonders dann, wenn sie zusammenstehen.

Das Hörspiel ist unterhaltsam und lebhaft gestaltet. Freunde historischer Romane können sich auf eine gelungene Umsetzung freuen, aber vielleicht wünschen sie sich auch eine vollständige Lesung der literarischen Vorlage. Sicherlich hat der Dramaturg etliches weggelassen, was Leser des Buches vermissen dürften. Aber das war ja auch schon bei Hörspiel von Ken Folletts [„Die Säulen der Erde“ 1227 so.

|257 Minuten auf 4 CDs|

Hetmann, Frederik – Traumklänge

_Liebe, Trug und Tod: unterhaltsamer Episodenroman_

Eine geheimnisvolle Kugel rollt durch die Zeiten. Sie wurde im antiken Indien von einem Zauberer geschmiedet und endet im heutigen New York City. Nur ganz bestimmte Menschen haben die Fähigkeit, ihren besonderen Klang zu hören, einen Klang, der ihrem Leben eine neue Richtung gibt, der sie bezaubert, animiert (auch erotisch) und inspiriert.

Als der verhinderte Schriftsteller Izaak in New York die Kugel von einer schönen Unbekannten erhält, verändert sich auch sein Leben auf mysteriöse, aber positive Weise: Endlich findet er den Stoff und die Kraft für seinen großen Roman, nach dem er so lange gesucht hat. Doch das ist erst der Anfang seiner New Yorker Abenteuer.

_Der Autor_

Frederik Hetmann alias Hans-Christian Kirsch, geboren 1934 in Breslau, Oberschlesien, lebt heute als freier Schriftsteller in Limburg an der Lahn. Er wurde bekannt durch seine zahlreichen Editionen über die Märchen des keltischen Kulturkreises (bes. Irland) und durch Biografien über Rosa Luxemburg, Georg Büchner, Francisco de Goya, Martin Buber, Martin Luther King und Che Guevara – Letztere habe ich seinerzeit mit Begeisterung gelesen. Sein historischer Roman „Yoshiwara oder die schwankende Welt“ (1997) erschien unter seinem Namen Hans-Christian Kirsch. (Verlagsinfo)

Mehr Info: http://www.hans-christian-kirsch.de.

_Die Sprecher_

Joachim Fuchsberger erlangte in den 60er Jahren als Kommissar in Edgar-Wallace-Verfilmungen seine erste Popularität. In den 70er und 80er Jahren unterhielt „Blacky“ die deutsche Fernsehnation mit mehreren erfolgreichen Shows. Er spielte in rund 90 Filmen, war Moderator in über 500 Fernsehsendungen und brachte seit den 1990er Jahren seine Wahlheimat Australien in Form seiner Filmreihe „Terra Australis“ dem deutschen Fernsehpublikum nahe. (Verlagsinfo)

Nina Ruge, geboren 1956, studierte Biologie und Germanistik. Bereits während ihrer Zeit als Lehrerin nahm sie Schauspielunterricht. Seit 1989 arbeitet sie beim ZDF, und seit 1997 moderiert sie werktäglich die Sendung „Leute heute“, die sie bei einem Millionenpublikum bekannt gemacht hat. (Verlagsinfo)

Die Musik trug Andy Matern bei. Der Text wurde von Dr. Gabriele Kreis bearbeitet und gekürzt. Folgende Kapitel fehlen im Hörbuch:

Kap. 8: Die Kugel rollt von West nach Ost
Kap. 9: Im Besitz eines Dichters (Francois Villon)
Kap. 11: Die Neue Welt kommt in Sicht
Kap. 12: Tam Lin oder Die Kugel in Schottland
Kap. 22: Epilog

_Handlung_

In der Gegenwart ist in New York City die Rahmenhandlung angelegt, die immer wieder von Blöcken aus Erzählungen um die magische Kugel unterbrochen wird. Es erscheint mir sinnvoll, zunächst einen Großteil der Rahmenhandlung wiederzugeben, denn alle Erzählungen aufzuführen, wäre wenig sinnvoll und würde auch keinen Zusammenhang ergeben.

|Die Rahmenhandlung|

New York City ca. 2000-2001. Der Kultur- und Literatur-Journalist Izaak hat den Traum, einen großen Roman zu schreiben, hat auch eine Idee, aber weder Zeit noch Kraft, diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Seine Tochter Rosalie lebt bei ihrer Mutter, von der er sich scheiden ließ. Zur Ablenkung geht er ins Planetarium in eine Show über den Halley’schen Kometen, der alle 76 Jahre wiederkehrt.

Eliza Marlowe fragt ihn, ob es Leben auf anderen Welten gebe. Sie gehen zum Gespräch in den Vorraum. Wow, staunt er: sie ist rothaarig! Ende 20, Anfang 30, große Brüste. Eliza ist Kunsthistorikerin und Blumenhändlerin. Nach Kaffee, Essen und Wein muss er sie heimbringen, in ein Haus am Central Park Ost. Dort zeigt sie ihm eine Metallkugel, deren feinen Klang nicht jeder Mensch hören kann. Kaum hört er den fernen Klang, fühlt sich Izaak inspiriert. Eliza leiht sie ihm und küsst ihn stürmisch zum Abschied. Er fühlt sich endlich in der Lage zu schreiben.

Als Eliza Tage später wieder anruft, beschwert sie sich über sein Fernbleiben und erbittet die Kugel zurück. Besorgt um seine Kreativität, trifft er sie sonntags im Metropolitan Museum. Nach einem Schäferstündchen bei ihr sagt ihm Eliza, dass sie den Klang der Kugel nicht hören könne. Aber sie habe einen „Sugardaddy“, der sie höre und haben wolle. Ein „Sugardaddy“? Einen Gönner, den sie ein wenig „verwöhne“. Er sei ein reicher alter Banker, dieser Shmul.

Izaak ist nicht dumm und bittet seinen alten Vater Mendel, einen Metallhandwerker, ihm eine Fälschung anzufertigen. Der Silberschmied hat seine Eltern im KZ verloren und als einziger der Familie, die aus Krakau stammt, überlebt. Eliza übergibt die Kopie für 500 Dollar an Shmul, dieser lässt sie begutachten und erfährt, dass man ihn verarschen will. Die echte Kugel verhilft indessen Izaak zu einem Höhenflug der Inspiration. Er ahnt nicht, was sich zusammenbraut.

Denn Shmul ist nicht irgendjemand, sondern ein ehemaliges hochrangiges Mitglied der New Yorker Mafia. Mit wahrem Namen heißt er Samuel Salamander alias Shmul das Kinn. Nach einem Bandenkrieg musste er sich von diesem Milieu distanzieren und ging in Kunstmuseen. Dort lernte er die Kunsthistorikerin Eliza Marlowe kennen. In der Society weiß man über ihre Kugel Bescheid, und er möchte das Wunderding seiner Tochter Marcia zur Hochzeit schenken.

Als er Eliza besucht, gibt er endlich seine wahre Identität preis. Sie legt ihm ihre Gründe dar, warum Izaak unbedingt die echte Kugel behalten muss: damit erschreiben kann. Er lernt Izaak kennen und erfährt von dessen Traum, eine Filmdokumentation über Herman Melvilles Romanschauplätze in der Südsee zu drehen. Und Shmul kennt auch schon einen Produzenten, den er auf der Hochzeitsparty treffen will. Doch als es um die Kugel geht, bietet Izaak an, dass Mendel ihm stattdessen seinen Kabbalabaum schenkt. Genau von dieser Metallskulptur hat Shmul geträumt. Doch auf der Hochzeit kommt es zu einem blutigen Zwischenfall, der alles verändert …

|Der Anfang der Kugel|

Natürlich ergibt sich aus der Existenz der Kugel in den Händen von Eliza Marlowe und Izaak zunächst die Frage, wie sie nach New York City gelangte. Aber die wichtigste Frage von allen ist die nach ihrem Ursprung.

Es war einmal ein Prinz Amatu, der im fernen Indien alles hatte, was sein Herz begehrte, außer einer Frau. Sein bester Freund Freund war der Flötenspieler Pandith. Wenn sie zusammen musizierten, spielte Prinz Amatu die Sitar. Sein Vater lässt ihm ausrichten, dass er für ihn eine Frau im fernen Samarkand jenseits der Berge gefunden habe: Prinzessin Miribil. Die Hochzeit, die in drei Monaten stattfinden soll, beschert Prinz Amatu erotische Träume, aber auch Zweifel, ob er der Prinzessin würdig sei. Denn im Gegensatz zu Pandit ist er selbst relativ hässlich. Heimlich schickt er ihr daher Pandits Konterfei statt seines eigenen.

Nun braucht er noch etwas Besonderes als Hochzeitsgeschenk. Er beauftragt seinen Hofmagier, etwas Schönes zu schaffen. In einer Vollmondnacht und wenn die Venus richtig steht, wird die Kugel gegossen und geschmiedet. Um den Zauber zu bewirken, beschwört der Magier eine Mondfrau, die nicht nur ihren besonderen Segen gibt. Sie nimmt die fertige Kugel, lässt sie zwischen ihre Brüste rollen und gibt sie zurück. Der Zauber ist perfekt: Derjenige, der den leisen Klang der Kugel vernehmen kann, wird seine Lebenswege überdenken, sich zur Verwirklichung angespornt fühlen, doch die Kugel an sich erfüllt keine Wünsche. Und was der Busenzauber der Fee bewirkt, zeigt sich ebenfalls schon bald …

|Wie es der Kugel im ersten Abenteuer erging|

Mit seinem treuen Pandit reiste Prinz Amatu über die Berge nach Samarkand, um Prinzessin Miribil zu heiraten. Doch ein Sandsturm begrub die Karawane in der Wüste vor der Stadt. Nur Pandit überlebt und findet im Sand die Kugel und seine Flöte. Er ist schon fast verdurstet, als ihn ein Suchtrupp findet. Im Palast des Sultans erkennt die Prinzessin auf Anhieb ihren Verlobten. Sie hört den Klang der Kugel und verliebt sich auf der Stelle in den Jüngling. Pandit hat nichts dagegen einzuwenden, denn auch er ist verzückt von Miribils Schönheit.

Sie vollziehen die Ehe, sobald sie geheiratet haben, und bekommen einen Sohn. Bei Zweifeln konsultiert Pandit stets die Kugel und sie bestärkt seine Wünsche. Doch so viel Liebe und Glück auf einem Haufen erregt den Neid des stets missgünstigen und intriganten Hofstaats. Da muss ein Zauber im Spiel sein, heißt es. Was hat es nur mit der Wunderkugel auf sich? Der Wesir des Sultans schickt nach Rawalpindi zu Prinz Amatus Vater und erfährt die Wahrheit: Pandit ist ein Hochstapler! Die Folgen sind schrecklich …

Ein Dieb gräbt die Kugel wieder aus dem Wüstensand aus und verkauft sie in Palästina. Und so beginnen die vielfältigen Abenteuer der Kugel mit Liebe, Täuschung und Tod.

_Mein Eindruck_

Die Wechselfälle des Lebens und der Liebe bilden die Substanz und den Motor, der die sowohl die Episoden- als auch die Rahmenhandlung vorantreibt und ausmacht. Wenn sich Izaak und Eliza Marlowe kennen und lieben lernen, so ist dies ja schön und gut. Wünsche gehen in Erfüllung, ein Roman wird geschrieben, ein Kind kommt zur Welt. Liebende folgen ihrem Herzen statt ihrem Verstand (sofern noch vorhanden), ganz besonders auch dann, wenn ihre Beziehung Schranken überschreitet und Grenzen überwindet. Häufig wird die Ehe gebrochen, überdurchschnittlich oft von Frauen initiiert. Romantischer geht’s nicht mehr.

|Notwendige Gefahr|

Interessant wird die jeweilige Geschichte also erst durch die Gefahren, die dieser Liebe jeweils drohen. Der Ex-Mafioso Shmul Salamander könnte zu so einer Gefahr werden, aber auch er wird auf den rechten Weg geführt. Wie dies geschieht, hat des Öfteren schon etwas märchenhafte Züge und gewisse Aspekte, die die empirische Wirklichkeit überschreiten und dem Text Poesie verleihen. Wie weit der Leser bzw. Hörer bereit ist, auf diesem Weg mitzugehen, ist individuell sicher verschieden.

|Irene und Joachim 1900|

Das Kapitel, das mir am besten im Gedächtnis geblieben ist, spielt im China des Jahres 1900, als dort der Aufstand der Boxer tobt, der die ausländischen Repräsentanten (Botschafter, Kaufleute, vor allem aber Missionare) vertreiben soll. Der Deutsche Joachim Kortmann lernt auf dem Schiff nach Shanghai ein britisches Ehepaar kennen, das ebenfalls nach Peking unterwegs ist. Während der Mann ein fähiger Soldat, aber grober Gatte ist, muss die Ehefrau ständig klein beigeben.

Joachim verliebt sich in Irene und fragt sich, wann sich seine Wünsche jemals erfüllen werden. Dass auch Irene so fühlt, zeigt sich, als das Viertel der Gesandtschaften in Peking von den Aufständischen angegriffen wird. Während der Brite Entsatz holt, um die Angreifer in ihrem Rücken zu attackieren, kommt es mit Hilfe der Kugel zu einer heißen Affäre zwischen den Liebenden. Ob diese Liebe eine Zukunft hat, steht auf einem anderen Blatt. Man bedenke: Mit der Kugel sind nicht nur Liebe und Täuschung verbunden, sondern auch der Tod.

|Kein Missbrauch|

Ich habe mich stets gewundert, dass sich die Macht der Kugel nicht missbrauchen lässt, beispielsweise von einem Serienmörder. Wenn man von Missbrauch überhaupt einmal sprechen kann, so findet er im Glücksspiel statt – mit meist fatalen Folgen für den Besitzer der Kugel. Warum fördert die Kugel also nicht auch Hass und Zwang, sondern vielmehr Hingabe und Liebe? Offenbar ist mit der Kugel-Magie nicht nur Altruismus verbunden, sondern auch die Notwendigkeit, ihr Wirken zu verbergen.

Das muss auch der Großmeister des Templerordens auf Mallorca erfahren. Er wird wegen Hexerei und Ketzerei verfolgt, zumindest nominell, denn im Grunde geht es dem Papst und seinem Helfershelfer, dem französischen König, darum, den allzu mächtig gewordenen Templerorden zu beseitigen, um jeweils die eigene Macht zu festigen. Der Großmeister muss seine Familie in die Fremde schicken, um sie in Sicherheit zu bringen. Ihre Wege führen nach Krakau. (Womit sich ein Anknüpfungspunkt zu Izaaks und Mendels Familie ergibt.)

Die Kugel der Wunschförderung kann also nur im Verborgenen wirken und zwar stets im Zeichen der Venus. Dafür hat der Zauber der indischen Mondfrau gesorgt. Es wäre eine schöne Welt, wenn man sich diese Macht als tatsächlich existent vorstellen könnte. Die Fakten sprechen leider täglich dagegen. Aber vielleicht ist das Buch „Traumklänge“ deshalb „Das längste Märchen, das es je gab“, wie der Titel vollständig lautet.

|Literarische Vorbilder|

Worauf es ankommt: Ergibt das Kaleidoskop der Episoden ein zusammenhängendes Panorama nach dem Vorbild des „Decamerone“ von Boccaccio oder des „Heptamerons“ der Margarete von Navarra? Doch hieße dies vielleicht, zu viel erwarten. Diese Vorbilder sollten ihre Zuhörer – alle Literatur wurde damals mündlich erzählt – und späteren Leser auf erotische Weise unterhalten, um die Schrecken der Welt vergessen zu lassen. Dies gelingt Hetmanns Roman durchaus. Und das ist sicherlich kein geringes Verdienst.

|Die Sprecher|

Nina Ruges Vortragsstil hat mir sehr gefallen. Sie spricht deutlich, nicht zu schnell und hat auch mit fremden Namen keine Probleme. Mit ihrer sanften, relativ tiefen Stimme trägt sie die Mehrzahl jener Kapitel vor, in denen weiblichen Hauptfiguren vorkommen. Das liegt ja auch nahe.

Joachim Fuchsbergers Vortrag merkt man hingegen an, dass das Vortragen an sich und vor allem über eine längere Zeitspanne eine recht anstrengende Angelegenheit sein kann. (Das fand schon Helmut Rellergerd alias Jason Dark heraus, der ja auch nicht mehr der Jüngste ist.) Man hört „Blacky“ deutlich einatmen, und allein schon dieses Geräusch vermag den Hörer abzulenken. Aber es handelt sich keineswegs um Schnaufen oder gar Keuchen. Zum Glück tritt dies nur in ein oder zwei Kapiteln verstärkt auf. Fuchsberger liest vor allem die Kapitel der Rahmenhandlung und jene Kapitel, in denen männliche Hauptfiguren auftreten.

Die Musik von Andy Matern leitet das Hörbuch ein und bildet auch den Ausklang. Geräusche gibt es keine. (Dabei wäre es ja zu schön gewesen, wenn auch ich unter der Auserwählten gewesen wäre, die den fernen Klang der Kugel hören können.)

_Unterm Strich_

Mir hat Hetmanns Roman angenehme Unterhaltung beschert, und weder Sinnlichkeit noch Humor sind dabei zu kurz gekommen. Es ist in vielen Szenen ein Märchen, in dem ja Wünsche in Erfüllung gehen. Dass dabei auch die Anderswelt betreten wird (im Kapitel „Tam Lin“, das im Hörbuch fehlt), verwundert daher nicht, verrät aber auch Hetmanns Vorliebe für keltische Feen- und Andersweltmärchen.

Aber wenn es in diesem Buch schon um Herzenswünsche und ihre bedingte Erfüllung gehen soll, so sind sicherlich auch die Wünsche des Leser bzw. Hörers von Bedeutung. Und ich hätte mir wesentlich mehr Action, mehr Tempo und mehr Sex gewünscht. Hetmanns Buch hätte durch solche Merkmale vielleicht weniger Leser gewonnen und so manchen Lektor vor den Kopf gestoßen. Aber herrje, nicht jeder Wunsch kann auf allgemeine Zustimmung stoßen, nicht wahr? Insofern hält sich dieser Roman an die Altersfreigabe ab 12 Jahren. Für sittlich gereiftere Menschen findet sich bestimmt auch aufregendere Literatur.

|Das Hörbuch|

Die Vortragsweise von Ruge und Fuchsberger macht den Genuss des Hörbuchs zu einem angenehmen Erlebnis. Großartige Sprachakrobatik wie von Rufus Beck sucht man hier allerdings vergeblich. Auch die Abwesenheit von Musik und Geräusch im Hauptteil – Musik gibt es nur als Intro und Extro – hebt diese Produktion nicht aus der Masse der Hörbücher heraus. Das besorgt schon eher der Preis, der mit rund 25 Euro für 4 CDs ungewöhnlich hoch ist.
|313 Minuten auf 4 CDs|

Meyer, Kai / Schlüter, Jörg / Illerhaus, Ulla – Der Brennende Schatten

_Nixenkampf mit dem Leviathan_

Venedig, 1830. Magie ist alltäglich, Stadtgardisten reiten auf steinernen Löwen durch die Gassen. Arcimboldo, der 15-jährige Lehrling eines Spiegelmachers, findet am Ufer der Lagune die schwer verletzte Meerjungfrau Unke. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg in die Tiefen der See – durch die Ruinen versunkener Reiche, in die Welt der grausamen Meerhexe … (Verlagsinfo)

Der Brennende Schatten“ ist das Vorspiel zu „Die Fließende Königin“, dem ersten Band der Trilogie „Merle und die Fließende Königin“ (s. u.).

_Der Autor_

Kai Meyer, Jahrgang 1969, studierte Film, Philosophie und Germanistik und arbeitete als Redakteur. Er schrieb schon in jungen Jahren und lieferte u. a. ein paar Jerry-Cotton-Abenteuer. Sein erster großer Erfolg war „Die Geisterseher“, eine historische „Akte X“. Seit 1996 ist er freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Bisher sind rund 40 Romane von ihm erschienen. Selbst Kritiker waren von seinem historischen Mystery-Thriller „Die Alchimistin“ begeistert, später folgten „Die Fließende Königin“ und „Göttin der Wüste“. Bei |Loewe| erschien mit den „Wellenläufern“ ein Jugend-Fantasyzyklus. „Frostfeuer“ aus dem Jahr 2005 ist eigenständiger Jugendroman. Das Buch wurde mit dem internationalen Buchpreis CORINE ausgezeichnet.

Die Trilogie „Merle und die Fließende Königin“:

1) Die Fließende Königin
2) Das Steinerne Licht
3) Das Gläserne Wort

_Kai Meyer bei |Buchwurm.info|:_

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1)

_Die Inszenierung_

Die Sprecher und ihre Rollen:

Peter Fitz: Erzähler
Laura Maire: Unke
Florian Seigerschmidt: Arcimboldo
Martin Bross: Umberto
Mechthild Großmann: Meerhexe
Maximilian Hilbrand: Kapitän Christo
Ernst August Schepmann: Prof. Burbridge
u. v. a.

Der WDR produzierte dieses Hörspiel im Jahr 2005. Für die Musik und Komposition zeichnet Rainer Quade verantwortlich, als Toningenieure arbeiteten Markus Haßler und Benno Müller vom Hofe, Regie führte Jörg Schlüter. Dramaturgie und Redaktion gehen auf das Konto von Ulla Illerhaus.

Mehr Infos: http://www.wellenreiter.la

_Handlung_

|Prolog.|

Im Reich der Meerhexe gibt es einen Eindringling: eine unbekannte Meerjungfrau. Diese nennt sich Unke und hat ein Geschenk für die mächtige alte Herrscherin. Sie äußert einen ungewöhnlichen Wunsch: Sie will die Beine einer Menschenfrau haben. Sehr seltsam, findet die Meerhexe, und ihre Nixen wundern sich. Unke gibt als Grund an, dass sie sich in einen Menschenjungen verliebt habe. Mit dem wolle sie zusammen sein, aber das gehe nicht, wenn sie noch einen Fischschwanz besitze, ihren Kalimar. Denn die Menschen verfolgen bekanntlich alle Meerjungfrauen, warum auch immer.

Die Meerhexe wendet ein, dass der Junge Unke trotz ihrer Menschenbeine nicht küssen würde, denn sie besitze immer noch ihr Haifischmaul. Das solle sie mal ihre Sorge sein lassen, meint Unke. Na schön, willigt die Meerhexe ein, aber unter einer Bedingung (lies: der Haken beim Deal): Nachdem ihr Unke ihren Schuppenschwanz überlassen habe, werde sie diesen nach einer gewissen Zeit und nach Gutdünken auffressen. Dann werde Unke ihr Leben verlieren. Unke ist damit einverstanden. Die Nixen bedauern diese arme Irre unendlich. Muss Liebe schrecklich sein.

|Haupthandlung.|

Arcimboldo ist im Jahr 1830 der 16-jährige Lehrling eines venezianischen Spiegelmachers, sein bester Freund Umberto ist Lehrling eines Webers. Da hört Arcimboldo das Klagen einer Meerjungfrau, und sein Herz befielt ihm, ihr zu helfen. Doch Umberto warnt ihn davor, sich mit einem solchen verbotenen Geschöpf einzulassen. Doch diese Meerjungfrau hat Beine, sie ist eine Frau! Arcimboldo verliebt sich gleich in ihre großen blauen Augen, die von schwarzem Haar umrahmt werden. Trotz ihrer Beine scheint sie sehr wackelig zu gehen.

Umberto haut ab, als er die Löwen der Stadtwache grollen hört, und auch Arcimboldo beeilt sich, mit der jungen Frau wegzukommen. Ein alter Dieb bringt die beiden in ein Versteck am Wasser, dann holt er Kerzen sowie eine Maske aus Glas für Unke. Damit könne sie ihr Haifischmaul verdecken und sich in der Öffentlichkeit zeigen. Wenn man sie aufspürt, werde man sie foltern, denn die Venezianer fürchten, dass das Meervolk ihre Stadt erobern will. So ein Unsinn! Schließlich gebe es ja unter dem Ozean ausgedehnte Kulturen.

Arcimboldo begeht einen Fehler, als er Umberto von Unke erzählt, aber zu spät merkt er, was er angerichtet hat. Erneut muss er Unke verstecken. Sie erzählt ihm von der Meerhexe und ihrem gefährlichen Wächter, dem Leviathan. Sie will zurück, um ihren Kalimar wiederzuholen, bevor die Herrscherin ihn verspeist. Arcimboldo will Unkes Freund sein und will mitkommen.

Die Zeit läuft für Unke und Arcimboldo ab, als die Nixe seinem Freund Umberto in die Arme läuft. Umberto will sie sofort melden. Mit Hilfe des alten Diebes kann Unke entkommen. Die beiden Menschen besorgen einen antiken Tauchhelm, der über magische Eigenschaften verfügt, denn er stammt aus den subozeanischen Kulturen. Als Arcimboldo mit Unke in die Lagune taucht, spendet ihm der Helm nicht nur Atemluft, sondern auch Wärme.

|In die Tiefe|

Nixen bringen die beiden Abenteurer in die Ruinen auf einer versunkenen Insel. Hier erhalten sie Rat von der alten, weisen Iolande. Es führe kein Weg daran vorbei, die Meerhexe durch einen Lärm abzulenken, so dass Unke in die Höhle der Herrscherin eindringen und ihren Kalimar zurückholen könne. Doch was ist mit dem Wächter, dem Leviathan? Dieser kämpft, so berichtet Iolande, seit neuestem mit einem unbekannten Eindringling, dem Brennenden Schatten. Dieser schwarze Koloss erstrahle von innen heraus, so dass er wohl von Feuer erfüllt sei. Vielleicht würde dieser Eindringling Leviathan ablenken. Aber dann müssten sie schon sehr viel Glück haben.

Um den großen Lärm zu erzeugen, können Arcimboldo und Unke eine der Turmglocken der versunkenen Kirche abnehmen und in den Abgrund stoßen. Trifft sie auf dessen Boden auf, so sollte das Dröhnen ausreichen, die Meerhexe schier um den Verstand zu bringen. Zusammen machen sich alle ans Werk. Doch als die Glocke bereits unterwegs in die Tiefe ist, taucht der Brennende Schatten und hält genau auf Arcimboldo und Unke zu …

_Mein Eindruck_

Der Autor wurde gefragt, ob er nicht eine Vorgeschichte zu „Die Fließende Königin“ schreiben könne, und als darüber nachdachte, erschien es ihm einleuchtend, etwas darüber zu erzählen, wie es zu der Feindschaft zwischen Arcimboldo und Umberto kam. Der Grund war ihre gegensätzliche Reaktion auf das Erscheinen der Meerjungfrau Unke in Venedig.

An diese Ausgangsposition knüpft der Autor mehrere recht bekannt vorkommende Geschichtenmotive an, die in ihrer neuartigen Kombination für eine recht unterhaltsames Hörspiel sorgen. (Im Druck ist diese Erzählung angeblich noch nicht zu haben.) Da der Autor von vornherein Fantasy-Elemente wie etwa gehende und brüllende Steinlöwen sowie Meerjungfrauen zusammenbringt, dürfte wohl klar sein, dass auch mit weiteren phantastischen Motiven zu rechnen ist. Ich werde ein paar davon aufzählen, doch wer sich die Spannung erhalten möchte, sollte diesen Abschnitt überspringen.

|Quellen|

Der Verweis auf die verschwundenen „subozeanischen Kulturen“ ist ein klarer Hinweis auf Atlantis und alle ähnlichen versunkenen Reiche wie etwa das pazifische Inselreich Mu (auf das mitunter japanische SF-Filme referieren). Auch bei H. P. Lovecraft findet sich eine derartige Erzählung („Der Tempel“, 1925). Daher dürfte es wohl kaum verwundern, dass in den Tiefen des Meeres ein Unterseeboot auftaucht.

Es ist die „Calliope“ unter Kapitän Christo, gechartert von einem Franzosen und bevölkert von unternehmungslustigen Archäologen, die in der Tiefe einen – wer hätte das gedacht? – alten Tempel der Subozeaner suchen. An Bord ist ein lebendiger Sphinx namens Kalphater, dessen Herr und Meister ein ägyptischer Priester namens Matuul ist. Welche Geheimnisse diese beiden verbergen, lässt natürlich einem Naseweis wie Arcimboldo keine Ruhe. Das führt zu einigen Verwicklungen.

Jedem SF-Kenner dürfte klar sein, wo das Vorbild für die „Calliope“ zu finden ist: in der „Nautilus“ Kapitän Nemos, die sich der Franzose Jules Verne ausdachte, allerdings wesentlich später als 1830. Immerhin aber hat die „Calliope“ höchst moderne Verteidigungsanlagen an Bord, nämlich Treibminen. Diese setzt sie gegen den Wächter der Meerhexe ein, den Leviathan, auch dies ein mythisches Wesen.

Der Besuch bei der Meerhexe ist die nächste Station unseres Heldenpaares, und wie diese Begegnung geschildert wird, erinnert sie stark an eines meiner Lieblingsmärchen: „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“. Wie oben angedeutet, will Unke ihren Schuppenschwanz zurückerlangen, damit die Meerhexe sie nicht mehr töten kann. Dummerweise hat die Herrscherin eben diesen Kalimar nah an ihren Körper gedrückt, und so ist es eine sehr kitzlige Sache, ihn zu stibitzen – genau wie im genannten Märchen die drei goldenen Haare.

Schließlich erfüllen die beiden Helden jedoch zusammen mit der „Calliope“ ihre ewige Rolle, indem sie das Wasserreich von der grausamen Herrscherin befreien, der Meerhexe. Diese wird nämlich von den unterdrückten Untertanen, den Nixen, zerrissen. So grausam können Märchen sein. Auf Unke und Arcimboldo warten jedoch sowohl sonnige als auch aufregende Tage.

_Die Inszenierung_

Hier waren echte Profis am Werk, und das sollte man natürlich von einer Produktion des Westdeutschen Rundfunks auch erwarten können. Dort werden bekanntlich hervorragende Hörspiele produziert.

Die Performance wird nicht so sehr von den Sprechern geprägt, die zwar alle kompetent sind, aber nicht irgendwie auffallen, sondern vielmehr durch die Geräusche. Man stelle sich bitte einen normalen Kinofantasyfilm vor, inklusive aller Geräusche und Soundeffekte, und bekommt dann ungefähr eine Vorstellung davon, wie aufregend es in diesem Hörspiel zugeht. Dies ist wahrhaftig Kino für die Ohren.

Vom kleinsten Klirren einer Tasse im Vordergrund bis hin zu den dröhnenden Explosionen im Hintergrund ist die ganze dreidimensionale Klangpalette abgedeckt. Im Finale ist dies recht dramatisch mit anzuhören, denn der Zuhörer sitzt ja mittendrin. Natürlich lösen diese „lauten Momente“ auch wieder leise Szenen ab, die dann vor allem durch Blubbern gekennzeichnet sind, wie man das eben unter Wasser erwarten darf.

Einen Sonderfall bilden die mythischen Wesen, seien es die Löwen von San Marco oder der Leviathan. Hierfür mussten sich die Sounddesigner etwas Neues einfallen lassen. Die Löwen erscheinen nun zugleich majestätisch, aber auch furchteinflößend (besonders für eine Nixe auf der Flucht). Der Leviathan muss ein Gebrüll ausstoßen, das nicht nach Löwe im Freiluftgehege klingt, sondern nach Gebrüll unter Wasser. Und die Meerhexe verrät durch ihre sehr tiefe, raue Stimme, dass sie keineswegs menschlich ist, sondern fast schon ein Ungeheuer.

|Musik|

Von Musik ist erstaunlich wenig zu hören, was wohl an den dominierenden Geräuschen liegen mag. Außer am Anfang und am Schluss hält sich Musik sehr zurück. Der Ausklang wird von Harfe, Violine, Flöte und einem Streichorchester bestritten, alles in allem eine sehr romantische Kombination, die zur Harmonie des Happyends passt.

_Unterm Strich_

Das Hörspiel, das der WDR produzierte, bietet für Kai-Meyer-Fans eine akustisch sehr gelungene Zugabe zum bekannten Zyklus „Merle und Die Fließende Königin“. Das Hörspiel konnte mich mit Romantik, Dramatik und ungewöhnlichen Einfällen gut unterhalten, so dass ich mich zuweilen wie in einem Kinofilm fühlte.

Allerdings frage ich mich, ob der hohe Preis von rund 17 Euro wirklich gerechtfertigt ist. Nun, man erhält dafür immerhin auch ein Booklet mit einem persönlichen Text von Kai Meyer geliefert sowie mit einem schönen Grafikdesign (das sich auch dem Steckkarton wiederfindet).

Was nun der Brennende Schatten ist? Das müsst ihr schon selbst herausfinden. Aber die Antwort steckt in meinem Text.

|Der Brennende Schatten, 2005
102 Minuten auf 2 CDs|
http://www.wellenreiter.la
http://www.luebbe-audio.de

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