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Mike Resnick – Mallory und die Nacht der Toten

Die Mallory-Romane:

1 – „Jäger des verlorenen Einhorns“
2 – „Mallory und die Nacht der Toten“
3 – „Mallory und der Taschendrache“ (20.07.2012)

Dies ist John Justin Mallorys zweiter Fall im Manhattan der Fabelwesen, dort, wo er seine detektivischen Fähigkeiten weitaus besser einzusetzen weiß als einst in seinem (unserem) Manhattan. Sowohl die Justiz als auch die Ethik und Moral kommt seinen Vorstellungen sehr entgegen, und hier kann er sich als das geben, was einen typischen fabelhaften Detektiv ausmacht: Knallhart, unbestechlich, mit sicherem Gespür für das Vorgehen seiner Gegner und der Fähigkeit, ihnen immer um die sprichwörtliche Nasenlänge voraus zu sein.

Mike Resnick, einer der produktivsten Schriftsteller unserer Zeit, Verfasser unzähliger Kurzgeschichten, Romane und Erzählungen und regelmäßiger Gewinner einschlägiger Genrepreise, ist dem deutschsprachigen Publikum bisher recht unbekannt. Seit wenigen Jahren veröffentlicht Lübbe in schöner Regelmäßigkeit Romane seiner erfolgreichen Reihen, zuletzt die „Wilson Cole“ – Romane um den gleichnamigen, hochmoralischen und aus diesem Grund meuternden Raumkapitän. Hoffen wir, dass nach der „Mallory“-Reihe noch viel Resnick-Stoff nach Deutschland schwappt.

Nachdem Mallory einen Pakt mit dem Grundy, dem mächtigsten Dämon des parallelen Manhattan, geschlossen hat und sich die Passage, die ihm die Rückkehr in seine Welt ermöglichte, schloss, nistet sich der Privatdetektiv mit seiner über 60-jährigen Partnerin häuslich und bürokratisch ein, eröffnet eine Detektei. Und zu Halloween kracht es: Vlad Dracule (mit weiteren, unbekannteren Namen) reist in Manhattan ein und ermordet alsbald das ungünstigste aller Opfer: den Neffen Mallorys Partnerin Winnifred Carruthers. Außerdem nimmt er auch von Carruthers einen Schluck und bedroht damit ihre Existenz, so dass Mallory nur wenig Zeit bleibt, seinen Gegner zu stellen. Und das in der „Nacht der Toten“, wo alles an umtriebigen Wesen auf den Beinen ist und seine Spürnase auf eine harte Probe stellt …

Mike Resnick erzählt seine Geschichten vor allem über Unterhaltungen. Und so beginnt dieser flotte Roman typischerweise mit einer der merkwürdigen Unterhaltungen zwischen Mallory und dem Katzenwesen Felina. Dieser Stil Resnicks gestaltet seine Geschichten stets hochinteressant und regt natürlich zum Mitdenken an, denn anders als bei erzählenden Stilen dringt der Leser nicht tief in die Gedankenwelt seiner Protagonisten ein, sondern erfährt ihre Absichten und Überlegungen vor allem über die Dialoge. Was vor allem die Fähigkeiten Mallorys ins rechte Licht rückt, denn er führt nicht nur einmal nicht nur seine Gesprächspartner in die Irre oder hält sie unwissend, während er bereits einen durchschlagenden Plan entwickelt.

Die Charaktere erhalten auch in diesem zweiten Band der Reihe ihre typischen Eigenschaften. Resnick versteht es hervorragend, seine Figuren lebendig zu schildern und ihnen besondere Erkennungsmerkmale zu verleihen. So wiederholen sich bestimmte Eigenschaften zwar, wie zum Beispiel Felinas vordergründige Sturheit und katzenartiges Ego, um sich Schmuseeinheiten oder Milchcocktails zu gewinnen. Doch Mallory lässt sich selten auf diese Spielchen ein, und nicht nur Felina muss sich meistens seinen Argumenten beugen. Man gewinnt – nicht während der Lektüre, sondern erst bei genauerem Reflektieren – den Eindruck, dass Resnick ein besonderes System der Protagonistenkreation hat, und das funktioniert einwandfrei. Natürlich könnte man bemängeln, wie unschlagbar seine Helden charakterisiert sind, doch machen diese Helden einen besonderen Reiz seiner Geschichten aus, denn sie transportieren stets einen wichtigen Anteil seiner Geschichten, manchmal auch wichtige Grundsätze oder Moralitäten. Und schließlich ist es wieder kein schlagbarer Gegner, dem sich Mallory stellt, sondern der jahrtausende alte Vampir höchstselbst – niemand sonst als Mallory könnte in der Lage sein, ihm seine Bedingungen aufzuzwingen.

Die Geschichte beleuchtet wieder stroboskopisch und trotzdem erstaunlich eindringlich die Gegebenheiten des fremden Manhattan – das soo fremd gar nicht wirkt. Die Eigenschaften unserer Welt sind auch dort zu finden, nur stellt Resnick sie überspitzt dar und führt sie dadurch humorvoll und plakativ vor Augen. Eindrucksvoll, mitzuerleben, wie Resnick diese deutlichen Bilder weitgehend über Dialoge erzeugt.

In einem Satz: Dieser Roman ist nicht dazu geeignet, als Wurfgeschoss ernsthafte Verletzungen zuzufügen, denn er orientiert sich nicht an der heute üblichen aufgeblähten Seitenzahl, sondern kommt mit weit weniger Platz und umso schneller ans Ziel, leidet nicht unter Längen und ist unterhaltungstechnisch ein Hochgenuss.

Taschenbuch, 361 Seiten plus umfangreicher Anhang zum Autor
Deutsche Erstausgabe
Übersetzt von Thomas Schichtel
Januar 2012
Originaltitel:
Stalking the Vampire
ISBN 13: 978-3-404-20645-2
www.luebbe.de

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Mike Resnick – Jäger des verlorenen Einhorns

Der Auftakt zu einer Reihe von phantastischen Romanen um den Privatdetektiv John Justin Mallory, von Mike Resnick schon im Jahr 1987 veröffentlicht, passt gut in die Regale deutscher Buchhandlungen, die sich derzeit unter der Last dickster urbaner Fantasyliteratur biegen und knacken. Resnick war dieser Welle voraus, und so mag dem einen oder anderen Leser die Ernsthaftigkeit, mit der die aktuellen Autoren ihre Fantasien versehen, bei der leicht und lockeren, aber nichtsdestotrotz spannenden und rasanten Lektüre dieses Krimis fehlen.

Krimi deshalb. Genau. Ein Privatdetektiv erhält im selbstmitleidigen Suff und am Rande seines eigenen Abgrunds einen lukrativen Auftrag von einer Person, die er nicht so recht einzuordnen weiß. Der Elf benimmt sich merkwürdig, greift dicke Bündel Geld aus der Luft und führt Mallory in ein irgendwie anders geartetes Manhattan, in dem Gnome, Pinoccios, Einhörner, Schrumpfpferde, Magier und Dämonen hausen und ihr Unwesen treiben. Oder auch liebenswert leben. Trotz seiner Vorbehalte – immerhin könnte man das Ganze auch für eine alkoholinduzierte Fantasie halten – greift Mallory nach der Chance, seine Lebenspunkte in seinem Manhattan zu verbessern, und begibt sich auf die aberwitzige Jagd auf das Einhorn, dessen einmalige Besonderheit es ist, die Membran, die die beiden Manhattans trennt/verbindet, zu erhalten/erzeugen.

Eine der ersten Szenen, bei denen die Andersartigkeit des anderen Manhattans zur Sprache kommt, ist Mallorys Besuch in einem Museum, in dem auch prompt die Exponate zum Leben erwachen und Jagd auf die nächtlichen Besucher machen – im deutschen Sprachraum deutet alles auf einen billigen Mitschnitt aus „Nachts im Museum“ hin, doch zeigt sich, dass die dem Film zugrunde liegende Kindergeschichte aus dem Jahr 1993 schwerlich Vorlage für diese bereits 1987 erschienene Erzählung gewesen sein kann; ein Verdacht, der nur durch die späte Veröffentlichung des Romans in Deutschland genährt wird. Im Hinterkopf regt sich auch vor dieser Recherche schon das Misstrauen gegen den Verdacht, ist Resnick doch einer der produktivsten Schriftsteller seiner Zunft und laut Locus-Hitliste auf Platz vier der erfolgreichsten Preiseinheimser im Science-Fiction – Genre. Also einer, der Plagiate nun wirklich nicht nötig hat.

Es sind vor allem die Dialoge, die die Geschichte erzählen. Der Roman umfasst 384 Seiten und ist damit beileibe nicht der dickste seiner Zunft, aber dick genug, um eine Erzählung, die nur eine einzige Nacht umfasst, zu verbesondern. Resnick beschreibt nicht viel, hier mal eine Wegstrecke, dort mal eine Tätigkeit – aber nie erhält man direkten Zutritt zu den Gedanken des Protagonisten, sondern ist auf die Ereignisse und Dialoge angewiesen wie seine Mitstreiter, um seine einfallsreichen Pläne und Streiche nachzuvollziehen. Ich erinnere mich in dem Zusammenhang zum Beispiel an die Szene, in der Mallory vor seinem Elf Murgelström, der ihn beschattet, zu entkommen zu versuchen scheint, bis ihn ein Straßenumzug aufhält und er ein beliebiges Geschäft betritt, das unscheinbare Bilder ausstellt. Er beginnt ein Gespräch mit der Verkäuferin und erfährt, dass man in diesen Bildern Urlaub machen könne, und so sucht er sich eines aus und kauft es. Was irgendwie mit dem magischen Stein des Einhorns in Verbindung stehen muss und mit Mallorys Versuch, ihn vor dem mächtigen Dämon Grundy und vor dem zwielichtigen Elf Murgelström zu verstecken. Mit keiner Silbe deutet Resnick Mallorys Gedanken hier an, und so erfährt man erst im Ereignismoment, was er mit diesem Bild eigentlich vorhat und ob seine Mitarbeiter wirklich den Edelstein darin versteckten … immerhin erklärt er seine Ideen im Nachhinein immer einem seiner staunenden Freunde (und uns staunenden Lesern), so dass wir gleichfalls die Kaltschnäuzigkeit bewundern können, mit der er sich im Parallelmanhattan bewegt.

Da wundert es einen nur, warum er in seiner Welt so erfolglos sein soll. Resnick bietet als Erklärung die politischen und gesetzlichen Zustände unserer Welt, die seinen Ermittlungsmethoden stets Stöcke zwischen die Beine werfen oder überführte und verhaftete Gangster nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß setzen.

„Jäger des verlorenen Einhorns“ ist wirklich kurzweilige Unterhaltung, vollgestopft mit komischen Ideen und erzählt in flotter Sprache. Das macht Spaß!

Taschenbuch: 384 Seiten
Originaltitel:
Stalking Unicorn
Deutsch von Thomas Schichtel
ISBN-13: 978-3404200085

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Mike Resnick – Wilson Cole 4: Die Rebellen

Die „Wilson Cole“-Romane bringen endlich, muss man sagen, Mike Resnicks Romane in den deutschen Sprachraum. Als einer der beliebtesten und erfolgreichsten amerikanischen Science-Fiction-Schriftsteller wurde er mit Auszeichnungen überhäuft, so dass es erstaunt, wie wenig davon über den großen Teich geschwappt ist. Allein seine Kurzgeschichten erhielten vor allen lebenden wie toten SF-Autoren die meisten Preise.

„Wilson Cole“ ist eine fünfteilige Geschichte um ein Raumschiff, seine Besatzung und ihren Captain, ebenso wie es eine Geschichte ist um Missbrauch von Staatsgewalt, Ethik, blinden militärischen Gehorsam und bedingungslose Freundschaft. „Die Rebellen“ ist der Titel des vierten Teils, der sich nahtlos in die Geschichte fügt.

Was bisher geschah:

Der unbequem gewordene Held der Republik Wilson Cole kommt als zweiter Offizier an Bord der Theodore Roosevelt. Nachdem sein dortiger Captain die sinnlose Vernichtung eines ganzen bevölkerten Planeten befiehlt, übernimmt Cole das Kommando und setzt den Captain in Haft, bis ein offizielles Kriegsgericht sich dem fehlgeleiteten Druck der Öffentlichkeit beugt und Cole verurteilen will. Die Mannschaft der Teddy R befreit ihn und sie flüchten an die Innere Grenze, einen weitgehend gesetzlosen und unabhängigen Bereich der Galaxis.

Hier versuchen sie sich als Piraten, was sich nicht mit ihrer Moral vereinen lässt. Also wird die Teddy R ein Söldnerschiff und erfüllt militärische Aufträge, wobei Cole Wert auf Menschlichkeit legt und dadurch immer neue Schiffe in seine wachsende Flotte eingliedern kann. Das Hauptquartier wird die elf Kilometer große Station Singapur.

Der vierte Roman

Die desertierten Republikaner gewinnen Freunde und Verbündete in ihrem Exil, doch als Coles erster Offizier und bester Freund Four Eyes von einem Schiff der Raumflotte gefangen und von deren Captain zu Tode gefoltert wird, startet er einen Vernichtungsfeldzug gegen die Teile der Flotte, die immer wieder in die Innere Grenze eindringen und sich mit erschreckender Brutalität (wobei sie auch vor Völkermorden nicht zurückschrecken) Rohstoffe, Nahrung und Besatzungen beschaffen. Cole stellt der Republik das Ultimatum, die Innere Grenze als unabhängigen Raum zu achten und von weiteren Übergriffen abzusehen.

Selbst aus der Republik kommen jetzt Sympathisanten und schließen sich Coles Flotte an, denn überall gährt der Unmut über die Republik und ihre Willkür. Schließlich kann die Republik die ständigen Attacken auf ihre Flottenschiffe nicht mehr tolerieren und startet einen Feldzug gegen Station Singapur …

Die wichtigen Charaktere festigen sich immer mehr und erlangen ein Eigenleben, das sie und ihre Handlungen bestimmt. Es gibt auch einige Nebendarsteller und Ausführende von Coles Befehlen (der natürlich nicht alles selbst machen kann), so gibt es Computerspezialisten, Piloten oder Buchhalter. Was er aber wirklich nicht brauchte, waren zwei Seelenklempner. Seine Gefährtin Sharon Blacksmith, zugleich Chef der Bordsicherheit, übernimmt diese Aufgabe immer besser, so dass Four Eyes in dieser Richtung immer weniger zu tun hatte. Er war als Erster Offizier immer dann im Geschehen, wenn Cole schlief oder sich anderswo aufhielt, und so gab es für Resnick wenig Chancen, ihn weiter als Charakter aufzubauen und ihm Tiefe zu schenken. Doch als Opfer der Republik, schwer verstümmelt und gefoltert, gibt er post mortem einen wichtigen Wendepunkt für die Geschichte her, so dass die bisher schon angedeutete Richtung einen klaren Ausgangspunkt erhält. Detailliert und überzeugend schildert Resnick Coles Rachedurst und die daraus entstehende Feinderkenntnis.

Zwar dreht sich im zweiten Teil des Romans alles um die Abwehr der republikanischen Flotte, doch Resnick entwickelt in den Zwischengesprächen seiner Protagonisten eine Stimmung und die Grundlage der neuen Fixierung, die Cole uns am Ende des Romans offenbart.

Das Tempo bleibt weiter hoch, denn obwohl es militärische Science Fiction ist, fokussiert sich Resnick weniger auf die Kämpfe, sondern eher auf die Ideen, die Cole und seine Leute immer wieder zum Sieg führen. Dabei bleibt auch weiterhin Zeit für kleine humoristische Einlagen, die meist zu Lasten des feigen Außerirdischen „David Copperfield“ gehen. Die Geschichte hat keine Auflockerung nötig, sonst könnte man die schrägen Figuren als zwischenzeitliche Auflockerungshelfer bezeichnen, doch Resnick erzählt flüssig und in sympathischer Geradlinigkeit seine Geschichte, die von der ersten Seite des ersten Romans bis jetzt einen sehr hohen Unterhaltungs- und Spaßfaktor bietet, und man lehnt sich nicht sehr weit aus dem Fenster, wenn man für den letzten Roman „Flaggschiff“ ein furioses Finale erwartet.

Broschiert: 352 Seiten
ISBN-13: 978-3404233427
Originaltitel: 
Starship: Rebel

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Mike Resnick – Wilson Cole 3: Die Söldner

3000 Jahre in der Zukunft: Die Menschheit hat sich in Form einer Republik über die Galaxis ausgebreitet. Der große Krieg gegen die Teroni-Föderation erfordert die Wehrpflicht der Menschen, doch ihr berühmtester Offizier Wilson Cole wurde wegen Meuterei (die einem Planeten mit mehreren Milliarden Bewohnern das Leben rettete) lebenslänglich verknackt. Seine Mannschaft befreite ihn aus dem Untersuchungsgefängnis und flüchtete mit ihm als Captain an Bord der Theodore Roosevelt in den Grenzbereich der Republik. Für Cole stellt sich eine wichtige Frage: Wie soll er das Schlachtschiff unterhalten und seine Mannschaft ernähren, geschweige denn bezahlen? Als Pirat hielt er sich mehr schlecht als recht, doch was kann ein Soldat besser, als seine Wehrkraft zu verkaufen? Kurzerhand werden sie zu Söldnern …

Auch als Söldner gibt es einiges an Bürokram zu erledigen, und so übernimmt der ehemalige Hehler David Copperfield den Job, die lukrativsten Aufträge an Land zu ziehen. Zum Leidwesen Coles und der Mannschaft geht Copperfield hierbei sehr unrealistisch zu Werke, denn obwohl sie es noch immer schaffen, ihren Auftrag zu erfüllen, gerät die Teddy R in immer stärkere Bedrängnis, je mehr der Job einbringen soll. Offenbar hat der Hehler kein Gespür für die militärische Stärke des Schiffes und demnach für die Jobs, bei denen sie auch eine Chance haben.

Um das Schiff zu überholen und neue Aufträge einzuholen lässt Cole die wichtigste Sektorstation mit dem Eigennamen Singapur ansteuern. Das Konglomerat aus tausenden einzelner Stationen ist neutrales Territorium für alle Interessenten, es bietet neben jeglichen Kontaktmöglichkeiten Bars, Spielkasinos, Hurenhäuser aller denk- und undenkbaren Ausrichtung sowie Hotels und Vergnügungsbezirke für jeden Geschmack. Mit ihrem Chef, dem „Platinherzog“, gelingt Cole ein wichtiges Arrangement für die Zukunft: Gegen eine Gewinnbeteiligung vermittelt der Herzog Kontakte und bietet der Teddy R die Station als Hauptquartier.

Während der Erfüllung seiner Aufträge gewinnt Cole einige kleinere Schiffe und ihre Mannschaften als neue Gefolgschaft hinzu, doch er muss auch zwei seiner Soldaten in einer stationären Krankenbehandlung lassen. Seine beste Kampfpartnerin, die eigenwillige Walli, geht im Suff einen Deal mit einem lokalen Kriegsherren ein und verlässt Coles Geschwader. Dumm nur, dass dieser Kriegsherr gerade den Planeten, den die Krankenstation umkreist, zum Ziel erkoren hat und Cole sich ihm deshalb in den Weg stellen muss. Aus Walli und Cole werden direkte Gegner mit ungewissem Ausgang …

Resnick produziert bisher nur einige wenige ausgefeilte Charaktere wie Cole selbst, seinen besten Freund Four Eyes, die Walküre Walli und Coles Freundin und Sicherheitschefin Sharon Blacksmith. Auch David Copperfield erhält in diesem dritten Band deutlich mehr Profil und zeigt der in Brutalität groß gewordenen Walküre (Resnicks „Piratenkönigin“), was echte Loyalität – und noch darüber hinaus gehendes Gemeinschaftsgefühl – erstens bedeuten und zweitens bewirken können.

Der neue Charakter, der Platinherzog, ist erneut eine aufgestaute Kuriosität wie zuvor Walli und David Copperfield. Sein Körper besteht aus Prothesen, deren sichtbare Oberflächen aus Platin bestehen. Offenbar gibt es noch natürliche Innereien, denn sowohl sind seine natürlichen Lippen durchblutet, als er auch mit menschlichem Wesen und den ebenfalls erhaltenen Geschlechtsteilen gesegnet ist. Bisher übernimmt dieser Charakter einen Teil der Rolle, die Copperfield noch zukam: Kontakte knüpfen, Beziehungen spielen lassen, den Vermittler für den doch noch immer recht fremden, da republikserzogenen Cole abgeben. Eigene Persönlichkeit entwickelt er dabei wenig.

Wieder sind Coles Gegner überwiegend brutale Kriegsherren, die sich einige Planeten der Zone unter den Nagel gerissen haben und ihnen Schutzgelder abpressen. Dabei stellt Resnick erneut die Überlegenheit von Coles Intelligenz über deren tumbe Gnadenlosigkeit heraus, auch wenn es in manchen Situationen durchaus auf Körperlichkeit ankommt, wie er Cole erleben lässt. Und natürlich ist und bleibt die Theodore Roosevelt als Militärschiff den meisten regionalen Schiffen überlegen. Man trifft hier also bis auf die zahlenmäßige Überlegenheit, die Cole mit Geist auszuschalten hat, nicht auf echte Schwierigkeiten – bis Walli zur direkten Konfrontation mit Cole gezwungen wird, was das entscheidende Konfliktthema des Romans ist.

Hier entwickelt Resnick aus den Charaktereigenschaften dieser Piratenkönigin einen Konflikt, auf den er schon seit Einführung von Walli hinarbeitet: Zwar führt ein im Suff geführter Streit mit Cole zu ihrer Entscheidung, sich dem Gegner anzubieten, doch hat Resnick sie schon vorher deutlich machen lassen, was sie von Coles Lebensachtung hält. Und in der folgenden Nüchternheit ist es ihre Ehre, die sie an einem Rückzieher hindert, und ihre Ehre bleibt ihr eigentlicher Gegner bis zuletzt.

Cole selbst merkt es nicht, aber seine Freunde, allen voran der Molarier Four Eyes, bemerken, wie seine Kräfte unter der Verantwortung schwinden, die er für das Schiff und seine Tätigkeiten übernommen hat. Der Molarier schließlich bringt das Problem zur Sprache und artikuliert auch Coles eigene Unzufriedenheit mit der Sinnlosigkeit ihrer Mühen. Nicht nur einmal wird scheinbar lapidar der Kommentar eingeworfen, bald könne Cole der Republik entgegentreten. Und auch der Titel des folgenden Bandes „Die Rebellen“ deutet in diese Richtung …

Es ist bemerkenswert zu lesen, wie sich die Ausrichtung von Coles Tätigkeitsschwerpunkten verschiebt und wohin (laut folgender Titel) das Ganze noch führen kann: Vom ungünstig positionierten und missverstandenen Offizier der Republiksflotte über den parasitären Piraten, als der er seine Fähigkeiten vergraben muss, bis zum jetzigen Söldner, der bereits deutlich mehr militärisches Geschick verlangt, sich aber keinem größeren Ziel unterordnen kann und darum in seinem Tun keinen Sinn sieht – deutlich zeichnet sich der Weg bereits jetzt ab, den Cole und seine Mitstreiter werden gehen müssen, um die Erfüllung zu finden. Während Cole als Captain auch mal zwiespältige Entscheidungen zu treffen hat, ist Four Eyes sein handelndes Gewissen. Cole würde dem widersprechen und sagen, er brauche kein Gewissen, und von seiner Mentalität her gesehen, müssten wir ihm zustimmen. Auch der dritte Band der Wilson-Cole-Geschichte ist ein Feuerwerk aus Action und spannender Unterhaltung, wie man es sich nur wünschen kann.

Broschiert: 366 Seiten
ISBN-13: 978-3404233373
Originaltitel:
Starshhip: Mercenary
Übersetzt von Thomas Schichtel

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Mike Resnick – Wilson Cole 2: Die Piraten

3000 Jahre in der Zukunft: Die Menschheit hat sich in Form einer Republik über die Galaxis ausgebreitet. Der große Krieg gegen die Teroni-Föderation erfordert die Wehrpflicht der Menschen, doch ihr berühmtester Offizier Wilson Cole wurde wegen Meuterei (die einem Planeten mit mehreren Milliarden Bewohnern das Leben rettete) lebenslänglich verknackt. Seine Mannschaft befreite ihn aus dem Untersuchungsgefängnis und flüchtete mit ihm als Captain an Bord der Theodore Roosevelt in den Grenzbereich der Republik. Für Cole stellt sich eine wichtige Frage: Wie soll er das Schlachtschiff unterhalten und seine Mannschaft ernähren, geschweige denn bezahlen? Er sieht einen Ausweg: als Pirat …

Der Job als Pirat stellt Cole und seine Mannschaft vor unerwartete Probleme: Zwar ist die alte, ausmusterungswürdige Teddy R hier außerhalb der Republik ein überlegenes Kriegsschiff, doch lässt es sich nicht mit der Moral der Besatzung verbinden, Unschuldige auszurauben, zu töten oder anders zu schädigen. Coles Idee: Man beraube Piraten und verkaufe die Beute an Hehler.

Schon beim ersten Versuch – sie geraten an einen außerirdischen Hehler, der sich David Copperfield nennt und alle echten Bücher Charles Dickens‘ mit völliger Verrücktheit sammelt – stellt Cole fest, dass dieser Weg nicht lukrativ genug ist, um dauerhaft für das Schiff sorgen zu können. Die neue, bessere Idee: Man beraube weiterhin Piraten, verkaufe die Beute aber an die zugehörige Versicherung, die den Betroffenen für den Schaden aufkommen muss und billiger davonkäme, wenn sie die Ware bei Cole zurückkaufte.

Nach wenigen Versuchen gerät Cole bei einer solchen Transaktion in einen Hinterhalt, aus dem er sich nur mit Hilfe einer außergewöhnlichen Piratin, die er auf Grund ihres Aussehens und ihrer Fähigkeiten „Walküre“ (kurz: Walli) nennt, retten. Sie wurde um ihr Schiff betrogen und lässt sich auf der Teddy R als Zweiter Offizier anstellen mit der Option, ihr Schiff bei Gelegenheit zurückzuerkämpfen. Der Gegner, ein berüchtigter Pirat mit dem Namen „Hammerhai“, bringt nicht nur Cole und seine Meute in Bedrängnis …

Dieser zweite Band des Fünfteilers um Wilson Cole bestätigt schnell den Eindruck, der schon im ersten Band „Die Meuterer“ entsteht: Eine kurzweilige, handlungs- und actionreiche Geschichte, angesiedelt in einem galaktischen Universum, dem es nicht an kreativen und ausgefallenen Details fehlt. Dabei kann man zwar den Eindruck gewinnen, mit Wilson Cole hätte Resnick einen übermächtigen Charakter geschaffen, doch entwickelt sich dieser Charakter im Laufe der Geschichte ständig weiter, da aus seiner Sicht erzählt wird und Resnick seine Entscheidungsfindung immer wunderbar illustriert.

Cole ist ein durchschnittlicher Mensch, der aber stets die passende Antwort parat hat, meist jedoch nicht die Antworten gibt, sondern die Fragen stellt. Er ist der Captain des Raumschiffs Theodore Roosevelt und sollte sich als solcher nach Meinung seiner Mitstreiter weitgehend aus der eigentlichen Handlung heraushalten, doch findet er immer wieder Argumente, die seinen persönlichen Einsatz rechtfertigen, so dass man hier einen echten Space-Opera-Captain vorfindet, der alle wichtigen Angelegenheiten selber regelt. Immerhin stellt er sich als ausnehmend menschlich dar wie ein Old Shatterhand der alten Garde, vergießt er doch nie ohne Not das Blut seiner Gegner, ohne allerdings zu zögern, wenn es ihm nötig erscheint. Gegen brutale Widersacher wie den Hammerhai setzt er sich geistig überlegen und energisch durch frei nach dem Motto: „Unter all den unbewussten Lebensformen gibt es wenige, die des Denkens fähig sind. Ich habe ein Gehirn und halte es für eine Straftat, es nicht zu benutzen.“

Die anderen Charaktere kann man weitgehend vernachlässigen, sie agieren meist im Hintergrund oder geben ihre Gedanken zu Coles Überlegungen hinzu, was schließlich für ihn und für den Leser zur Erkenntnis der neuen Strategie (oder des zum Erfolg führenden Tricks) führt. Die wichtigsten wurden bereits im ersten Band eingeführt und haben sich seither nicht merklich weiter entwickelt. Neu sind David Copperfield und Walli, die Piratenkönigin.

Copperfield ist zwar ein verrückter Außerirdischer, findet aber keinen richtigen Zugang zum Flair der Geschichte. Er wirkt etwas konstruiert und bleibt überwiegend uninteressant.

Walli bringt das in die Handlung, was Cole fehlt und was aus den beiden ein karrierefähiges Duo macht: überragende Kampfkunst und Angriffslust, bei Verhandlungen spielt sie Coles Rückendeckung und den aggressiven Verhandlungspartner. Sie kommt zwar erst in der zweiten Hälfte des Romans dazu, wird uns aber hoffentlich noch einige interessante Kämpfe liefern. Bis zu ihrem Auftritt gab es tatsächlich keinen Cole ebenbürtigen Charakter in der Geschichte, und so musste Resnick quasi mit Cole allein zurechtkommen. Mit Walli steht ein echter Partner bereit, der die Handlung auch mal übernehmen kann und ihr dadurch zu einem breiteren Spektrum verhilft.

Insgesamt bietet die Handlung ein fast klischéehaftes Umfeld mit ebensolchen Protagonisten, doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich mehr Tiefgang als erwartet. Wilson Cole ist schnelle, spannende Unterhaltung mit mal wieder interessanten und außergewöhnlichen Gedankengängen und überraschenden Tricks. Warum ist Mike Resnick hierzulande so überaus unbekannt? Seine Produktivität und die gelobte und bepreiste Qualität seiner Geschichten sollten doch auch hier ihre Fangemeinde finden.

Taschenbuch: 384 Seiten
ISBN-13: 978-3404233298
Originaltitel: 
Starship: Pirate
Übersetzt von Thomas Schichtel

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Mike Resnick – Wilson Cole 1: Die Meuterer

Auf Platz vier der meistgeehrten Science-Fiction-Autoren findet man Mike Resnick – noch vor bekannten Größen wie Asimov, Bradbury, Heinlein und Clarke. So teilt der Anhang des vorliegenden Romans mit und bezieht sich damit auf eine Liste, die vom Locus-Magazin geführt wird. Umso verwunderlicher, wie wenig ehrerbietige Nennung sein Name findet, so dass sich die Frage aufwirft, ob sich diese Preise an der Qualität einer Geschichte oder an ihrer jeweils aktuellen Beliebtheit orientieren (wobei Qualität auch ein zu definierender Begriff in diesem Zusammenhang wäre).

Resnick hält sich vor allem in seinem groß angelegten |Birthright|-Universum auf, das die Zukunft der Menschheit von der Entwicklung eines Überlichtantriebs bis zu ihrer Auslöschung umfasst. Natürlich spielt auch die Geschichte um Wilson Cole in dieser Welt und fügt ihr eine wichtige Facette hinzu.

Das altersschwache Kriegsschiff Theodore Roosevelt, von seiner Besatzung liebevoll „Teddy R“ genannt, fliegt abkommandiert als Patrouille eines großen Abschnitts des Randsektors mit einer explosiven Besatzung, die aus dem Flottenkommando unbeliebten Militärs besteht, in dieser weitgehend vom Krieg unbehelligten Zone seit Jahren ohne Feindkontakt und ist froh über diesen Zustand. Bis Wilson Cole als Zweiter Offizier an Bord geht und mit ihm die Probleme kommen: Plötzlich entdeckt man feindliche Aktivitäten in der Gegend, wird ihrer dank Coles intelligenten Einsatzes Herr, wird in einen ebenso abgeschiedenen Sternhaufen versetzt und dort erneut mit dem Feind konfrontiert, wobei der Captain sein Leben verliert und der paragrafentreuen Ersten Offizierin seinen Platz überlässt, die Coles erneuten erfolgreichen Einsatz als Fehlverhalten meldet und so eine neuerliche Versetzung des Schiffes bewirkt.

Cole, der eine eigene Auffassung von militärischem Gehorsam hat und stets so handelt, wie es ihm der Republik dienlich scheint, findet immer einen Weg, die Zurückhaltung seiner Captains zu umgehen und sich aktiv am Krieg zu beteiligen. So hindert er seine neue Captain am Völkermord und bekommt dafür lebenslänglich …

Wilson Cole ist ein Held und wird auch von der ersten Seite an als solcher eingeführt. Die Leute starren vor Lobhudelei und sind fassungslos, dass es einen Held der Republik – immerhin ist er der höchstdekorierte Offizier der Flotte – in dieses abgetakelte alte Schiff und die abgelegenste Gegend der Galaxis verschlagen hat. Und damit wird ein wichtiger Konfliktpunkt von Anfang an hervorgehoben: Die Heldenverehrung durch die Massen führt dazu, dass das Militär nicht anders kann, als diesen Mann zu ehren, obwohl es ihn lieber loswäre, da er ein unformbarer Charakter ist. Hinter den Kulissen versuchen sie ihren Helden kalt zu stellen, doch Cole schafft es an jedem Ort, wichtige Dienste für die Republik zu leisten – ob mit oder gegen den Willen seiner Vorgesetzten – und sich wieder ins Rampenlicht zu stellen, um die Bevölkerung hinter sich zu haben.

Resnick beschreibt seinen Helden deutlich als Teil der Gripsfraktion, Cole sieht sich weder als besonders draufgängerisch, noch wird er als überdurchschnittlich in irgend einem körperlichen Attribut geschildert. Trotzdem hat er ein großes Talent, Konfrontationen zu meistern und aus Krisensituationen gestärkt hervorzugehen. Er spannt jeden in seinem Umfeld für seine Zwecke ein und manipuliert selbst die scheinbar völlig regelkonforme und logisch denkende Frau aus dem Volk der Polonoi, die seine Vorgesetzte ist und eigentlich schon grundsätzlich völlig konträr zu Coles Ansichten steht.

Man könnte Cole als einen typischen Überhelden und Moralapostel sehen, wenn nicht auf spannende Art und Weise seine Ecken und Kanten ausgearbeitet würden. Sein Zweckegoismus, der im Endeffekt nur dem Erreichen von Militärzielen oder – später – der Ziele seiner Crew gilt, lässt ihn oft arrogant erscheinen, und auch seine verbalen Spielereien und diesbezüglichen perfekten Fähigkeiten schlagen in diese Kerbe. Seine hohen moralischen Ansprüche werden im Laufe des Buches immer deutlicher, bis er schließlich, um dem Titel des Buches gerecht zu werden, meutert, um einer kompletten Planetenbevölkerung das Leben zu retten. Und das wird schließlich zum Auslöser seiner Verknackung auf Lebenszeit sowie für sein Überdenken der Loyalität der Republik gegenüber. Mit diesem Charakter hat Resnick auf jeden Fall eine großartige Führerpersönlichkeit mit Legendenpotenzial geschaffen.

Relativ unkreativ sind allerdings Coles Mitstreiter: Die Sicherheitschefin, mit der er schläft und die ihn (auch vorher schon) völlig loyal unterstützt; die junge Offiziersanwärterin, die total verknallt ist; die junge, fähige Brückenoffizierin und der Waffensergeant, dem Cole die Vollmacht für körperliche Züchtigung bei Drogenmissbrauch erteilt. Allerdings sind dann noch einige außerirdische Attribute, die Resnick interessant schildert und einführt und damit noch einen Gegenpart zur menschlichen Übermacht konstruiert. Ihm fällt diese Übermacht dann auch leicht negativ auf, denn er lässt Cole einen frei gewordenen leitenden Posten extra mit einem Außerirdischen besetzen.

Insgesamt ein schneller Roman, den man ungern aus der Hand legt und der unbedingt nach mehr verlangt, denn sowohl die wunderbar unterhaltend geschriebene Geschichte als auch das Universum hinterlassen einen rundum positiven Eindruck.

Broschiert: 320 Seiten
ISBN-13: 978-3-404-23326-7
Originaltitel: Starship: Mutiny
Übersetzt von Thomas Schichtel

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)