In seinem 19. Fall ermittelt Harry Bosch zusammen mit seiner neuen Partnerin Lucia Soto vom Los Angeles Police Department in einem rätselhaften Mordfall, der weit in die Vergangenheit zurückreicht.. Vor zehn Jahren wurde der mexikanische Mariachi-Musiker Orlando Merced bei einem Live-Auftritt von einer angeblich verirrten Kugel schwer verletzt. Doch Harry Bosch glaubt nicht an diese offizielle Version. Wem galt die Kugel, die schließlich zu Merceds Tod führte, in Wirklichkeit? Und wer war der Schütze? Eine aufregende Spurensuche vor der Kulisse der US-Metropole Los Angeles nimmt ihren Lauf … (Verlagsinfo)
Und während Harry Bosch noch über dieses Rätsel grübelt, entdeckt er, dass seine neue Partnerin Lucia Soto insgeheim eine eigene Ermittlung gestartet hat. Sie will den kindlichen Opfern eines vor 20 Jahren gelegten Brandes Gerechtigkeit widerfahren lassen, dem sie als einzige lebend entkam.
Während der ›L.A. Riots‹, der schlimmsten Rassenunruhen, die Los Angeles je erlebt hat, ist die dänische Reporterin Anneke Jespersen regelrecht hingerichtet worden. Wegen ihrer hellen Haut, die sie von den meisten anderen Opfern unterscheidet, erhält ihr Fall den Codenamen ›Schneewittchen‹. Er wird nie gelöst. Zwanzig Jahre später darf Harry Bosch die Ermittlungen wieder aufnehmen. Die Patronenhülse, die er damals sicherstellen konnte, führt ihn endlich zur Tatwaffe – und bis zum US-Militär. Harrys Gerechtigkeitssinn treibt ihn unerbittlich voran in diesem Fall, selbst als er ins Visier der Inneren Abteilung gerät und schließlich Urlaub nehmen muss, um weiter ermitteln zu können… (Verlagsinfo)
Ein Jahr ist vergangen, seit Detective Renée Ballard den Dienst quittiert und die Late Show verlassen hat. Nun holt niemand Geringerer als der Polizeichef persönlich sie zurück zum LAPD – als Leiterin der neuen Einheit OffenUngelöst. Der Druck auf Ballard ist groß: Der Stadtrat, dem sie die Finanzierung der Abteilung zu verdanken hat, will Ergebnisse sehen. Seine Schwester wurde ermordet, der Fall nie geklärt. In Ballards Team aus Reservisten und Ehrenamtlichen darf einer nicht fehlen: Harry Bosch. Viel ist es nicht, womit Ballard ihren einstigen Kollegen locken kann: keine Waffe, keine Dienstmarke, aber ein eigener Schreibtisch – und stapelweise Akten. Doch Bosch verfolgt ohnehin seine eigenen Ziele. Zwar hat er in seiner dreißigjährigen Karriere mehr Morde aufgeklärt als die meisten anderen, aber ein cold case lässt ihn auch nach seiner Pensionierung nicht los: Finbar McShane hat eine vierköpfige Familie ausgelöscht und die Leichen in der Mojave-Wüste verscharrt – was Bosch ihm aber nie beweisen konnte. Als Mitglied der neuen Abteilung für ungelöste Fälle, mit den Ressourcen des LAPD im Rücken und Renée Ballard an seiner Seite, will Bosch den Mörder endlich überführen. (Verlagsinfo)
Jahrzehntelang blieb der Mord an Rebecca Lost ungeklärt. Bis Harry Bosch nach einer dreijährigen Auszeit zum LAPD zurückkehrt. In die Abteilung für Cold Cases versetzt, wird Bosch und seiner Partnerin Kiz Rider als Erstes der Fall aus dem Jahr 1988 vorgelegt. Seither hat die Kriminalistik entscheidende Fortschritte gemacht: Die Spuren auf der Tatwaffe werden erneut untersucht, und ein DNA-Abgleich führt die beiden Ermittler zu Roland Mackey, einem vorbestraften Kleinkriminellen. Hat er die erst sechzehnjährige Becky keine 500 Meter von ihrem Elternhaus entfernt erschossen? Liegt der Tat ein rassistisches Motiv zugrunde? Harry Bosch zweifelt an Mackeys Schuld. Je weiter seine Ermittlungen voranschreiten, desto größer wird der Widerstand in den eigenen Reihen. Und bald schon kommen menschliche Abgründe ans Licht, die Bosch bis ins Mark erschüttern. (Verlagsinfo)
Tote Frauen und die Gefahren der Stammbaumforschung
Jack McEvoy ist ein Reporter, der mehrere Erfolgsgeschichten über das Finden und Stellen eines Mörders vorweisen kann. Zu diesen gehören „Der Poet“ und „The Scarecrow“. Aber bislang wurde er noch nie beschuldigt, selbst ein Mörder zu sein. Bis zwei Beamte der Mordkommission des LAPD ihn befragen, was er mit der verstorbenen Christina Portrero zu tun gehabt habe.
Teils aus Trotz, teils wegen der bizarren Art und Weise, wie sein Beinahe-One-Night-Stand Tina zu Tode kam, beginnt er ihr nachzuforschen – und stößt auf eine Mordserie, die auf Genanalyse basiert. Während er diese Seite als „Verbraucherschutz“ an seinen Boss bei der Webseite „Fair Warning“ verkaufen kann, muss er sich entscheiden, welche Rolle er eigentlich selbst spielt: die des beobachtenden Reporters oder des beteiligten Ermittlers… Michael Connelly – Fair Warning (Jack McEvoy 3) weiterlesen →
Drei Jahre nach seinem Weggang vom LAPD kehrt Harry Bosch zur Truppe zurück, die inzwischen einen neuen Chef hat, der mit eisernem Besen fegt. Mit seiner früheren Polizeipartnerin Kiz Rider arbeitet Bosch ungelöste Fälle ab, von denen es im LAPD tausende gibt. Solche Polizeibeamte werden The Closers genannt, weil sie die offenen Fälle abschließen (sollen), zum Beispiel mit moderneren Ermittlungsmethoden.
Ihr neuester Fall ist reichlich brisant: Eine DNS-Übereinstimmung stellt eine Verbindung zwischen einem weißen Rassisten und der Ermordung der sechzehn Jahre alten Rebecca Verloren aus dem Jahr 1988 her. Becky war gemischtrassig und das ist angesichts der Pulverfasssituation vor den Rodney-King-Unruhen von besonderer Bedeutung: Wurde sie Opfer eines rassenpolitischen Mordes?
_Unter Verdacht: Gegen Harry Bosch wird ermittelt!_
Die bizarre Bilderwelt des Hieronymus Bosch scheint die entscheidenden Hinweise zur Aufklärung eines Mordes in Los Angeles zu geben. Diesmal arbeiten Michael Connellys zwei Oberschnüffler Harry Bosch und Terry McCaleb erst gegeneinander, dann zusammen an einem Fall, der ihnen beiden das Genick brechen könnte.
_Der Autor_
Michael Connelly war jahrelang Polizeireporter in Los Angeles und lernte das Polizeigewerbe von außen kennen. Bekannt wurde er mit seinen Romanen um die Gesetzeshüter Harry Bosch und Terry McCaleb, zuletzt besonders aufgrund der Verfilmung von „Das zweite Herz / Blood Work“ durch Clint Eastwood. Zuletzt erschienen „Der Mandant“, „Vergessene Stimmen“ und „Die Rückkehr des Poeten“ auf Deutsch.
Engelbert von Nordhausen wurde 1948 in Schmölln, Thüringen, geboren, seine Kindheit verbrachte er in West-Berlin. Ab 1966 nahm er Schauspielunterricht, bekam 1969 sein erstes Engagement an der Landesbühne Iserlohn, es folgten das Theater Saarbrücken, die Freie Volksbühne Berlin und das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg. 1988 begann seine Zeit als Dialogregisseur und Dialogbuchautor für die Synchronbranche, die bis heute währt.
Nordhausen ist die deutsche Stimmbandvertretung für die Hollywoodschauspieler Gene Hackman, Samuel L. Jackson und Bill Cosby.
Regie führte wie stets Stefan Hackenberg. Er studierte Jura, Anglistik und Germanistik in Köln. Ab 1986 war er Literaturdozent und Autor, ab 2000 arbeitete redaktionell und journalistisch für Fachmagazine, Hörfunksendungen wie die „Ohrenweide“ (WDR) und wurde Regisseur für Computerspiele (!) und bei künstlerischen Hör-Produktionen. Er bearbeitet Drehbücher, Hörbücher und Hörspiele. Lebt seit Jahren „bewusst“ in der Eifel. (Verlagsinfo)
_Handlung_
Harry Bosch, den Connelly-Leser schon aus mehreren Romanen kennen, soll diesmal als Hauptfigur der Anklage in einem Gerichtsverfahren gegen den allseits bekannten Hollywood-Regisseur David Storey aussagen, der sich für unantastbar hält. Das Medieninteresse ist entsprechend groß. Storey soll im Sexrausch eine junge Schauspielerin umgebracht und ihren Tod anschließend als Selbstmord durch autoerotische Strangulation inszeniert haben. Storeys wichtigster Helfer ist ein bulliger Ex-Polizist, Privatdetektiv und Kautionsvermittler namens Rudy Tafero, der im Hintergrund gegen Bosch und McCaleb agiert.
Terry McCaleb, Experte für Serienmorde und ehemaliger FBI-Angehöriger, lebt nun – mit zweitem Herzen und seiner Familie – auf der friedlichen Insel Catalina vor L. A., als eines Tages die leitende Polizistin Jaygee Winston bei ihm auftaucht, um ihn um beratenden Beistand bei einem ganz anderen Mord zu bitten. Der saufende Gelegenheitsarbeiter Edward Gunn wurde in einem Ritualmord getötet, bei dem er sich selbst erdrosselte.
Es ist McCaleb, der die Nachbildung einer Eule im Tatortvideo entdeckt. Aber in der Wohnung Gunns ist sie, als er mit Winston nachsieht, nicht mehr zu finden. Bei einer Erkundung des Areals entdeckt McCaleb sie auf dem Dach des Nebenhauses, das der Hausmeister ebenfalls verwaltet. Es ist ein umgebauter Vogelschreck, und die Firma, die sie in Kalifornien vertreibt, kann auch den Käufer nennen. Leider sind die Angaben alle gefälscht, aber sie passen ins Schema.
Die Eule und andere Symbole und Bildinschriften stammen alle aus dem Werk des flämischen Malers Hieronymus Bosch, und sogar der nackte Mann, dessen Füßen auf seinen Rücken gefesselt sind und der sich mit einer Schlinge um den Hals selbst stranguliert, kommt in Boschs Bildern vor. Doch warum musste Gunn überhaupt sterben? Da stößt McCaleb auf den Hinweis, dass es sein Ex-Kollege Harry Bosch, mit dem er im POET-Fall zusammengearbeitet hat, war, der Gunn in der Nacht vor dessen Tod in der Ausnüchterungszelle besucht hat. Bosch glaubt, dass Gunn vor sechs Jahren eine Prostituierte umgebracht hat. Und weil Boschs eigene Mutter eine Prostituierte war und ermordet wurde, schiebt Bosch nun einen Hass auf alle Nuttenmörder. Alles klar, Herr Kommissar?
McCaleb glaubt nicht an Zufälle. Er entdeckt zu seiner Bestürzung auch noch Folgendes: Detective Hieronymus „Harry“ Bosch trägt den gleichen Namen wie der mittelalterliche Maler, der eigentlich Jerome (= Hieronymus) van Aiken hieß, sich aber nach seiner Heimatstadt t’Hertogenbosch Hieronymus Bosch nannte. McCalebs Verdacht fällt unweigerlich auf Harry Bosch, und er muss an Winston weitergeben, was er entdeckt hat. Unglücklicherweise muss Winston ihre Information auch an das FBI weitergeben, und dessen hartnäckige Abteilung für Bürgerrechte schaltet sich ein. Allerdings fühlen währenddessen McCaleb und Winston bei Bosch und dessen Ex-Kollegin Kizmin Ryder so ungeschickt und auffällig vor, dass es Bosch nicht schwerfällt, zwei und zwei zusammenzuzählen. Die beiden sind auf seiner Fährte und glauben wohl am Ende noch, er hätte Gunn auf dem Gewissen, oder?
Gleich am nächsten Tag tritt ein findiger Reporter von „The New Times“ auf Bosch zu und bittet um einen Kommentar zu der Tatsache, dass das FBI gegen ihn ermittle. Bosch bleibt ganz cool und warnt McEvoy, seine Quellen ganz genau zu prüfen und sich zu fragen, welche Motive dahinterstecken, Bosch kaltzustellen. Denn sobald die „New Times“ hinausposaunen würde, dass Bosch unter Mordverdacht stehe, sei seine Aussage gegen David Storey keinen Pfifferling mehr wert. Und Storey könnte weitermorden. McEvoy gibt Bosch eine Galgenfrist, dann will er die Story bringen.
Zum Glück kann Bosch McCaleb von seiner Unschuld überzeugen und auch das Motiv ad absurdum führen. Gemeinsam bemühen sie sich zusammen mit Winston, die Verbindungen zwischen den zwei Mordfällen aufzudecken. Und als der hartnäckige McCaleb jemandem bei seinen Ermittlungen zu heftig auf die Zehen tritt, ist Bosch gefragt, um ihm in letzter Sekunde das Leben zu retten.
_Mein Eindruck_
Man merkt es dem spannenden und kunstvoll konstruierten Thriller durchweg an, dass Connelly jahrelang als Polizeireporter in L. A. gearbeitet hat. Nicht nur vermag der Autor Schauplätze und Menschen genau zu charakterisieren, er kennt auch die Methoden der Schnüffler wie der Verbrecher. Er kann das zentrale Gerichtsverfahren, das den roten Faden liefert, minutiös nachzeichnen und als kriminalpolitischen Schauplatz verständlich machen. Allerdings vermittelt er in der Mitte des Buches dabei den Eindruck, ein Gerichtsdrama zu liefern. Das legt sich zum Glück wieder, so dass der Showdown den Leser bzw. Hörer wirklich fesseln kann.
Mit Bosch und McCaleb tauchen zwei Figuren Connellys auf, deren Innenleben laufend erklärt wird. Leser, die schon Connellys Romane „Der Poet“ und „Das zweite Herz“ gelesen haben, werden die beiden Figuren, besonders McCaleb, weitaus besser verstehen, als es der Autor in „Dunkler …“ ermöglicht. „Dunkler …“ bedient nicht so stark voyeuristische Instinkte wie etwa Thomas Harris mit seinen Hannibal-Romanen.
Wir werfen dennoch einen Blick auf grausige Szenen, die aus dem Serienkillerfilm „Sieben“ stammen könnten – nichts für zarte Gemüter. Vielmehr richtet Connelly unser Augenmerk auf ganz normale Schnüffelarbeit bei Dutzenden von Zeugen an zahlreichen Orten. Erst hierdurch wird die Stadt Los Angeles als Organismus lebendig und erlebbar, mitunter sogar mit komischen Untertönen. Der Autor zeigt wie schon zuvor ein feines Gespür für Rhythmus: Solche heiteren Momente wechseln sich stets mit Hochspannung ab, aber auch mit bewegenden Szenen. Bosch gesteht zum Beispiel, dass er an der Ermordung seines ehemaligen Chefs Harvey Pounds Schuld hat. So etwas gibt nicht jeder Cop zu, schon gar nicht einer, gegen den wirklich gerade wegen Mordes ermittelt wird.
Man fragt sich nach sechs Jahren, ob die Klischees, die Connelly hier präsentiert, wirklich der Realität entsprechen. Das FBI beispielsweise ist grundsätzlich verbohrt und seine Agenten sind ziemliche Idioten. Dass eine Frau in die Ermittlungen eingeschaltet ist, grenzt schon fast an ein Alibi. Und dass Bosch zufällig in der Gegend ist, als McCaleb gerade das nächste Opfer des Gunn-Mörders werden soll, grenzt schon an göttliches Eingreifen.
|Der Maler|
Das wichtigste Bild, das Bosch im Roman erwähnt, ist „Der Garten der Lüste“, das heute im Madrider Prado hängt – ein riesiges Triptychon, das den Garten Eden, die Welt und die Hölle zeigt. Darauf sind mehrere Symbole für göttliche Strafe zu sehen, Eulen beispielsweise, denn Eulen stehen für Weisheit. Connelly zieht eine deutliche Parallele zwischen den Zuständen im Moloch L. A. und der Darstellung der Welt durch Hieronymus Bosch. Diese Korrespondenz mag zunächst etwas platt erscheinen, aber es ist für einen amerikanischen Thriller doch recht ungewöhnlich, Kunstwerke als Indiziengeber einzusetzen, zumal europäische. Aber Boschs Vorname lautet tatsächlich nicht Harry, sondern Hieronymus.
Der Buchtitel bezieht sich auf die Dunkelheit, mit der die Hölle gemalt ist: „a darkness more than night“ sagt der deutsche Restaurator im Getty Museum, der an einem Bosch-Gemälde arbeitet. Es ist die Dunkelheit der Verzweiflung und Verdammnis, darf man annehmen. „Bosch kannte alle Dämonen.“
|Die Übersetzung|
Die Übersetzung von Sepp Leeb ist gewohnt gut, doch ein wenig erstaunt das Titelbild: Da sitzt eine schwarze Krähe wie von Hitchcock auf einer Holzkugel. Im Buch hingegen ist ständig von Eulen als Verkörperungen des Bösen die Rede. Der Grund für die Wahl der Krähe dürfte darin zu suchen sein, dass Eulen heute als Symbol der Weisheit („Eulen nach Athen tragen“) gelten, Krähen aber nun deren üblen Ruf geerbt haben.
|Der Sprecher|
Wer einmal Filme mit Samuel L. Jackson gesehen hat (und wer hat das nicht?), erinnert sich wohl noch die tiefe Stimme der deutschen Stimmbandvertretungen des bekannten Schauspielers. In vielen Jackson-Filmen wird diese gesprochen von Engelbert von Nordhausen. Dieser ungewöhnliche Name, der an alte Ritterburgen denken lässt, soll nicht dazu verleiten, den Sprecher zu unterschätzen. Man wird schnell eines Besseren belehrt, wenn man Zeuge der Flexibilität wird, mit der der Sprecher sein Sprechinstrumentarium handhabt.
Schon in der ersten Szene, dem PROLOG, erklingt die Stimme von Harry, die die tiefste im ganzen Ensemble von „Figuren“ der Handlung darstellt. Gleich darauf ertönt das heisere Quengeln des Säufers Edwin Gunn in der Ausnüchterungszelle. Merke: Bosch ist auch noch in der Silvesternacht im Dienst. Als Kontrastprogramm beginnt die erste Szene, als McCalebs Frau Graciela mit einer sanften, geradezu lieblichen Stimme nach ihrem Mann ruft. Sie kündigt Sergeant Winston an. McCaleb klingt müde und behäbig im Unterschied zu der alerten Polizistin.
Viele Frauengestalten – nicht alle – sprechen so sanft wie Graciela, so etwa Mrs. Penelope Fitzgerald, Chefrestauratorin im Getty Museum. Die Zeugin Annabel Crowe hingegen klingt jung und naiv, eine typische Nachwuchsschauspielerin, die sich nach oben schläft (und der dies im Bett von Storey fast zum Verhängnis wird).
Fast ebenso tief wie Bosch dröhnt das Organ von Richter Hewton, der im Prozess gegen Storey den Vorsitz führt und auch schon mal ziemlich ungehalten rufen kann, wenn die Dinge nicht so laufen, wie er sich das vorstellt. Das muss er auch mehrmals tun, denn die Schurken im Stück machen ihm das Leben alles andere als leicht. Storey beispielsweise ist einfach nur ein verächtlicher Mistkerl, der am liebsten Bosch dorthin schicken würde, wo der Pfeffer wächst.
Mit seinen vielseitigen Mitteln gelingt es dem Sprecher, nicht nur die Figuren zum Leben zu erwecken, sondern sie auch jeweils einer Situation anzupassen. So brechen die Zeuginnen regelmäßig in Tränen aus, und bei Annabel Crowe klingt das schon ziemlich echt. Und auch Harry Bosch kann sich von einer anderen Seite zeigen. Einmal lacht er, das klingt dann ziemlich düster und nicht sonderlich heiter. Regelrecht verblüfft hat mich der Sprecher, als er auch einen Yuppie zu gestalten weiß. Der Drehbuchautor Hendricks klingt schon ziemlich tuntenhaft, als er mit seiner kultivierten und distinguierten Stimme sich selbst lobt, bis es nicht mehr auszuhalten ist.
Eindeutig meine Favoriten unter den vom Sprecher gestalteten Rollen sind Harry Bosch und Terry McCaleb. Man merkt einfach, dass im unter(st)en Tonbereich die Stärke von Nordhausen liegt. Seine Fähigkeiten werten das Hörbuch gegenüber dem Printmedium eindeutig auf. Außerdem wurden im Hörbuch die langen Passagen über den Maler Bosch zusammengestrichen, denn sie lenken meines Erachtens nur vom Plot ab.
_Unterm Strich_
In diesem Roman führt der Autor in mehr oder weniger geschickter Weise seine beiden Oberschnüffler McCaleb und Bosch zusammen, allerdings zunächst als Kontrahenten. Dabei erweist sich Bosch seinem Zunftkollegen als haushoch überlegen. Und es liegt nicht daran, dass McCaleb durch sein schwaches, transplantiertes Herz gehandikapt ist. Es ist nur so, dass Bosch niemandem vertraut und deshalb durch McCalebs Fragen, die auffällig unsachlich sind, stutzig wird.
Immer wieder erweist sich der Autor als sachkundiger Vermittler von kriminalistischem Wissen. So flicht er wie beiläufig ein, wie nützlich doch ein Strafzettel sein kann. Auf diese Weise entdecken Winston und McCaleb nicht nur, was ihr Hauptverdächtiger zu einem bestimmten Zeitpunkt getrieben hat, sondern mit einem Strafzettel wurde auch der Serienkiller „Son of Sam“ alias Sam Berkowitz in New York City dingfest gemacht.
Die Krönung des Gerichtsdramas, in das Bosch verwickelt ist, bildet jene Szene, als er Storey unter die Nase reiben kann, was mit dessen Machenschaften außerhalb des Gerichtssaal passiert ist. Sie gingen alle den Bach runter. Die Ironie bei dieser Szene: Es sind nicht die eigentlich zuständigen jungen Staatsanwälte, die den Angeklagten überführen, sondern der alte Hase, der auch abseits des Hauptschauplatzes erfolgreich zu agieren weiß.
Mir hat das Hörbuch ausnehmend gut gefallen, weil es diese verschlungenen Handlungsfäden durch diverse Kürzungen sauber herausarbeitet und dem Hörer so leichter verständlich macht. Der zweite dicke Pluspunkt ist der Sprecher, wie Bosch ein alter Hase im Geschäft. Engelbert von Nordhausen gelingt es, die Figuren zum Leben zu erwecken und ihre Darstellung zudem situationsbedingt anpassen. Dabei hilft ihm seine Schauspielerausbildung, und als Dialogregisseur war er vielleicht sogar an der Bearbeitung des Textes beteiligt.
|Originaltitel: A Darkness more than Night, 2001
Aus dem US-Englischen übersetzt von Sepp Leeb
376 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 978-3-86538-677-9
ASIN: B000QFBU1M|
http://www.delta-music.com
Vor vier Jahren hat Detective Harry Bosch einen vermeintlichen Serienmörder erschossen: den „Puppenmacher“. Nun bringt ihn die Witwe wegen Mordes vor Gericht. Kaum hat der Prozess begonnen, wird die Polizei mit einem anonymen Brief im Stil des „Puppenmachers“ auf eine einbetonierte Frauenleiche aufmerksam gemacht. Dieser Fund lässt es zweifelhaft erscheinen, dass der als „Puppenmacher“ Erschossene tatsächlich der Mörder gewesen sind.
Rauschgift und Diamanten – eine tödliche Mischung, wie sich für manchen Vietnamveteranen herausstellt. Bill Meadows hat das zwar zu spät gemerkt, seinem früheren Mitsoldaten aber einen brisanten Hinweis hinterlassen. Und wieder einmal versuchen zahlreiche offene und versteckte Gegner, Detective Harry Bosch an der Aufklärung des Todes von Bill Meadows zu hindern. Michael Connelly – Schwarzes Echo (Harry Bosch 1) weiterlesen →
Detective Renée Ballard bekommt die Chance ihres Lebens: die alte Cold-Case-Abteilung des LAPD wiederzubeleben und Gerechtigkeit für die Familien der Vergessenen zu erreichen. Zusammen mit Harry Bosch, ihrem widerwilligen Mentor, muss sie zuerst den Mörder der Schwester des Stadtrats Jake Pearlman finden, der die Abteilung sponsert, oder alles verlieren.
Harry Bosch steht auf ihrer Liste der Ermittler ganz oben. Der pensionierte Kripomann ist eine lebende Legende, verhält sich aber unorthodox und verfolgt seine eigenen Pläne: Die Ermordung einer ganzen Familie namens Gallagher, die mitten in der Mojave-Wüste vergraben wurde, verfolgt ihn seit Jahren. Doch sein Hauptverdächtiger McShane scheint untergetaucht zu sein. Schließlich steht er vor einer Wahl, von der er hoffte, sie nie machen zu müssen. Michael Connelly – Desert Star. A Ballard & Bosch Thriller 04 weiterlesen →
Rape as a service: Bosch & Ballard gegen die Midnight Men
An Silvester 2020 wird Detective Renee Ballard zu einem Toten gerufen, der auf der Westseite der Straße der Filmstudios von einer Kugel in den Kopf getroffen wurde. Javier Raffa war Besitzer einer Autowerkstatt. Sie stößt auf seine dunkle Vergangenheit, und eine der Spuren führt sie zu einem alten Fall, den Detective Harry Bosch bearbeitete. Gleichzeitig ermittelt sie mit ihrer Kollegin Lisa Moore gegen die sogenannten „Midnight Men“, die bislang drei Frauen vergewaltigt haben.
Endlich hat der frühere FBI-Agent Terry McCaleb seine Herz-OP hinter sich. Von Erholung kann aber keine Rede sein, denn eine junge Frau braucht seine Hilfe: Ihre Schwester wurde ermordet. Als McCaleb erfährt, dass in seiner Brust das Herz der Toten schlägt, sucht er ihren Mörder. Doch jemand spielt Katz und Maus mit ihm. McCaleb schwebt in tödlicher Gefahr.
Der |ADAC| hat hier die von |Delta Music| 2007 produzierte Ausgabe lizenziert und bringt sie über |Audio Media| erheblich preisgünstiger auf den Markt: für 12,90 statt 24,90 €uronen. Michael Connelly – Das zweite Herz (Lesung) weiterlesen →
Eigentlich sollte LAPD-Drogenfahnder Cal Moore den neuesten Drogenmord untersuchen. Doch er muss seine Pläne geändert haben, denn man findet ihn eine Woche später in einer Absteige in LA: mit weggeschossenem Kopf. Auch die Abschiedsnotiz in seiner Hosentasche deutet an, dass es sich um einen Freitod handelt.
Doch der geschasste LAPD-Polizeiinspektor Harry Bosch findet bei den Ermittlungen an zwei anderen Morden heraus, dass es sich bei Moores Tod nicht um Selbstmord handelt. Wegen seiner Verbindungen zur mexikanischen Drogenmafia könnte Moore zwischen die Fronten geraten sein – oder lief sogar über. Aber warum will dann die eigentlich damit befasste LAPD-Abteilung die ganze Sache unter den Teppich kehren? Wenn Bosch nicht aufpasst, gerät er selbst zwischen die Fronten und endet wie Moore … Connelly, Michael – Schwarzes Eis (Harry Bosch 2) weiterlesen →
Drei Handlungsstränge, drei Ermittler: In L.A. wird ein Richter im Park erstochen, und Mickey Haller verteidigt den schizophrenen Mann, der dafür auf der Anklagebank sitzt. Sein Halbbruder Harry Bosch beschafft ihm den entscheidenden Zeugen…
Bosch bekommt von der Witwe seines Mentor John Jack Thompson eine Mordakte anvertraut: Darin befinden sich zahlreiche Unterlagen über den Tod eines Drogensüchtigen und Polizeispitzels – vor 29 Jahren. Da er selbst nicht mehr ermitteln darf, übergibt er die Mordakte an Detective Renee Ballard, die in der Nachtschicht der Hollywood-Kripo arbeitet. Ballard untersucht selbst bereits den Fall eines durch Feuer getöteten Obdachlosen. Doch wenige Tage später berichtet das CSI, dass der Brand gelegt wurde. Aber von wem?
Kaum ist der Unternehmer Henry Pierce in seine neue Wohnung in L. A. eingezogen, bekommt er seltsame Anrufe von wildfremden Männern. Alle erkundigen sich nach einer gewissen Lilly. Als sich Pierce seinerseits nach Lilly erkundigt, merkt er, dass sie seit einigen Wochen verschwunden ist. Das weckt alte Schuldgefühle, die er gegenüber seiner verstorbenen Schwester hegt und veranlasst ihn, sich als guter Samariter zu betätigen.
Allerdings hat jemand ganz entschieden etwas gegen Henrys Schnüffelei und zögert auch nicht, sehr deutlich zu werden, wenn’s darum geht, Henry abzuschrecken. Ziemlich spät stellt Henry sich selbst die Frage: Was oder wer steckt dahinter? Denn all dies ist kein Zufall.
|Der Autor|
Michael Connelly war jahrelang Polizeireporter in Los Angeles und lernte das Polizeigewerbe von außen kennen. Bekannt wurde er mit seinen Romanen um die Gesetzeshüter Harry Bosch und Terry McCaleb, zuletzt besonders aufgrund der Verfilmung von „Das zweite Herz / Bloodwork“ durch Clint Eastwood. Zuletzt erschien im August 2003 der Thriller „Kein Engel so rein“ („City of Bones“, 2002).
Weitere wichtige Romane:
Schwarze Engel (1998); Der Poet; Schwarzes Echo (1991); Lost Light (2003); The Narrows (2004).
Henry Pierce ist ein vielbeschäftiger Wissenschaftler, der an einer bahnbrechenden Computererfindung forscht. Seine Firma |Amedeo Technologies| entwickelt wesentliche Bausteine für die Entwicklung eines schnelleren und kleineren Computers auf Molekülbasis. Solche Mikrorechner ließen sich in Brillengestellen, Handys, Uhren und sogar in der Wandfarbe des Wohnzimmers unterbringen – und wären dennoch schneller als heutige Rechner. Dieser Rechner soll auf ein amerikanisches Zehncentstück passen, einen Dime. Und von dieser Jagd auf den Dime hat der Roman seinen Originaltitel.
Diese Jagd fordert Opfer. Das wichtigste davon ist Henrys Freundin und Angestellte Nicki. Weil sie ihn wegen Vernachlässigung rausgeschmissen hat, zieht er in eine neue Wohnung. Seine neue Telefonnummer hat er sich nicht selbst ausgesucht, sondern diese über seine persönliche Assistentin Monica organisieren lassen. Ständig rufen wildfremde Männer an, die eine gewisse „Lilly von der Website“ sprechen wollen. Es handelt sich tatsächlich um die gleiche Nummer, die eine „Hostess“ auf einer Seite von „L. A. Darlings“ angibt. Ihre Pose auf dem Foto gibt ziemlich eindeutig kund, welche Art von intimer Dienstleistung sie anbietet.
Nun ist Henry keine Trantüte, sondern ergreift die Initiative. Dieser Telefonterror muss aufhören! Über – mehr oder weniger legale – Umwege findet er heraus, dass sie schon seit Wochen nicht mehr in ihrer Wohnung war. Lillys Mutter, ihr Vermieter, ja, selbst ihre Kollegin „Robin“ haben keine Ahnung, wo sie abgeblieben ist. Doch für knapp 700 Dollar lässt sich Robin dazu bewegen, ihm die Wohnung zu zeigen, in der Lilly ihre Freier empfing. Dort ist die Matratze mit Blut getränkt …
Detective Robert Renner von der Mordkommission ist wenig entzückt über den schrägen Vogel, der ihm da ins Nest geflogen ist. Pierce hat selbst die Polizei gerufen, aber wie kam er überhaupt in die Wohnung, an die Adresse, an die Details über Lillys Leben und Aufenthalt? Sehr dubios. Und außerdem ist Pierce zweimal vorbestraft. Er war einst einer der ersten Hacker an der Westküste, flog bei einem „Streich“ auf und wurde zu Sozialarbeit verknackt. Später gab er sich mal als Polizist aus – Pierce nennt das „angewandte Psychologie“. Andere nennen es Vorspiegelung falscher Tatsachen.
Renner will – und wird – Pierce etwas anhängen; ein Durchsuchungsbefehl ist nur noch eine Frage der Zeit. Das kann Pierce am allerwenigsten gebrauchen. In zwei Tagen steht die Präsentation seiner Erfindung bei einem Investor bevor. Der würde garantiert abspringen, wenn Pierce auch nur den Schatten von Unseriosität an den Tag legen würde. Auch andere Firmen und natürlich auch die Regierung liegen im Rennen um den Molekularcomputer.
Als zwei Gauner Henry in seiner Wohnung in die Mangel nehmen, glaubt er, sein letztes Stündlein habe geschlagen. Sie schlagen ihn krankenhausreif. Als Henry aufwacht, sieht er ein, dass er einen Anwalt braucht, denn schon wieder nimmt ihn der hartnäckige Detective Renner in die Mangel. Von Medikamenten benebelt, erzählt Henry von seiner Schwester Isabelle, die einst ebenso unter die Räder kam wie Lilly und Robin. Ihr Tod hatte Henry sehr erschüttert und ihm ein Schuldgefühl eingepflanzt, das bei ihm zum Guter-Samariter-Syndrom führte.
Renner ist happy, Henry nimmt sich eine Anwältin und verlangt von seinem alten Kumpel, dem Hacker und Spezialisten für Rechnersicherheit Code Zeller, alles über Billy Wentz herauszufinden.
Henry droht nicht nur, Amedeo Technologies und damit sein Lebenswerk zu verlieren, sondern auch sein Leben selbst. Aber ist der kleine Brutalo Billy Wentz wirklich derjenige, der hinter all dem steckt?
_Mein Eindruck_
Vordergründig scheint es um eine verschwundene (getötete?) Prostituierte zu gehen. Doch diese ist ein Opfer der milliardenschweren Industrie, die sich ‚Sex im Internet‘ nennt. Eigentlich wird im Web nur mit Sex Geld wirklich verdient. Okay, es gibt noch Amazon und eBay, aber das ist ein bisschen wenig, nicht wahr? Schließlich gibt es Millionen weiterer Sites, die dem Surfer an den Geldbeutel wollen. Richtig abgezockt wird nur mit Sex. Und dabei kämpfen die Betreiber offenbar mit harten Bandagen, wie Henry Pierce, der ihnen in die Quere kommt, schmerzhaft feststellen muss.
Das eigentliche Thema ist ein Wirtschaftskrieg, in dem auch Spionage, Sabotage und Diffamierung zu den üblichen Waffen im Arsenal gehören. Ziel ist natürlich für jedes Unternehmen, dass es einem anderen die Rücklichter zeigt, indem es eine bahnbrechende Erfindung aus dem Hut zaubert. Und da ist Amedeo Technologies einer der Top-Kandidaten. Die Hintermänner? Man braucht nur mal kurz zu überlegen, welche Industrien durch Henrys Erfindung für den Molekularrechner in Gefahr geraten. Eure Intel-Aktien könnt ihr dann in die Tonne treten. 😉
|Spannende Lektüre|
Ich habe „Unbekannt verzogen“ in nur zwei Tagen verschlungen, denn die Story ist ungemein spannend und actionreich erzählt. Natürlich kann man sich bei Henrys Schnitzeljagd nach der verschwundenen Lilly schon bald einen Reim darauf machen, wer hinter dem Ganzen stecken könnte. Ihr werdet trotzdem nie drauf kommen. Es gibt einen tollen Showdown.
Es wird einem ganz beklommen ums Herz, mitverfolgen zu müssen, wie sich das Netz der Indizien gegen unseren Helden zusammenzieht. Man braucht nur mal seine Aktionen mit den Augen Detective Renners zu betrachten – und schon wird aus einem Samariter ein Mordverdächtiger. Was noch fehlt, ist Lillys Leiche. Dann noch ein, zwei Gerichtsverhandlungen, und er landet in der Gaskammer.
Henry ist zwar ein Selfmademan und potenzieller Multimilliardär, aber auch ein Opfer seiner Vergangenheit. Doch fast niemand weiß von dem wirklichen Grund seines Schuldgefühls, nur einer. Und auf diesen einen Menschen fällt sein erster Verdacht.
Das Einzige, was Henry retten kann, so sieht er in höchster Not ein, ist Henry selbst. Oder vielmehr sein rational folgernder Verstand, den er als Wissenschaftler jahrelang trainiert hat. Neun Fakten trägt er zusammen, dann hat er schon einen Verdächtigen, der für das Komplott in Frage kommt. Wer könnte ihn an die Konkurrenz verraten haben?
|Paranoia|
Das Klima der Paranoia, des Verfolgungswahns, herrscht in der gesamten Hightech-Industrie. Die Jagd nach dem Dime erzeugt eine Mentalität, in der Hochsicherheitstechnik überall notwendig erscheint und auch eingesetzt wird. Henry benutzt kein Handy, denn das kann abgehört werden. Er verschickt keine Mails außerhalb der Firma, denn die können abgefangen werden. Dokumente werden nur per Werttransport verschickt, die neuen Patente muss der Firmenanwalt persönlich nach Washington, D.C., bringen und beim Patentamt einreichen.
Doch Henry hat andererseits selbst keine Skrupel, Codeknacker wie Code Zeller einzusetzen. Er sagt sich, er will ein Menschenleben – Lilly – retten, aber rechtfertigt das auch dieses Mittel? So etwas wie Privatsphäre scheint der Vergangenheit anzugehören.
Der Wirtschaftskrieg ist unsichtbar geworden, seitdem er in die Datenwelt abgetaucht ist. Doch die menschlichen Opfer sind immer noch sehr real: vernichtete Existenzen. Und was eine kleine Firma wie Amedeo Technologies kann, das kann die US-Regierung nach dem „Patriot Act“ schon lange.
_Unterm Strich_
Wie gesagt, liest sich dieser relativ kurze Thriller sehr schnell, leicht verständlich und ungemein spannend. Die paar Vorträge über Amedeos Erfindungen sind nicht besonders anspruchsvoll, denn sie werden so gehalten, dass sie auch ein Investor aus der Businesswelt kapiert.
Den Science-Fiction-Film „Die fantastische Reise“ aus dem Jahr 1966, auf den mehrmals verwiesen wird, dürfte so ziemlich jeder kennen. Weniger bekannt ist da schon das Märchen „Horton findet ein Hu“ von „Grinch“-Erfinder Dr. Seuss. Die Parallelen werden ziemlich ausgewalzt, so dass sie auch jeder versteht.
|Sonderstellung|
Innerhalb des Werkes von Michael Connelly nimmt „Chasing the dime“ eine Sonderstellung ein. Hier treten seine Serienhelden Hieronymus Bosch und Terry Caleb überhaupt nicht auf. Und nur Janis Langwieser, Strafverteidigerin, ist schon mal in „Schwarze Engel“ aufgetaucht. Sie ist die Einzige, die (ohne Namen zu nennen) kurz mal auf die genannten Schnüffler verweist. Daher lässt sich der Roman als völlig eigenständiger Thriller lesen, dessen Verständnis nicht von der Kenntnis anderer Romane abhängig ist. Der ideale Thriller für zwischendurch.
|Übersetzung|
Sepp Leeb hat eine fehlerlose Übersetzung abgeliefert, die sich auch im Deutschen sehr flüssig und anschaulich liest. Und Wunder aller Wunder: Auch Druckfehler waren keine festzustellen!
|Originaltitel: Chasing the dime, 2003
Aus dem US-Englischen übersetzt von Sepp Leeb.|
_Vorhersehbar und unoriginell: Ermittlung plus Gerichtsverfahren_
Strafverteidiger Mickey Haller wird vom Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles County eingeladen, an dessen Stelle einen freigelassenen Kindermörder erneut vor Gericht zu stellen. Obwohl Mickey riecht, dass er hier (wieder mal) übern Tisch gezogen werden soll, nimmt er die Herausforderung an. Jason Jessup tötete offenbar vor 24 Jahren die zwölfjährige Melissa Landy. Doch eine DBS-Probe entlastet ihn nun, er wird freigelassen.
Mickey und sein Hauptermittler Harry Bosch sind überzeugt, dass Jessup erneut töten würde. Also müssen Haller und sein Halbbruder, der LAPD-Veteran Harry Bosch, den Fall unbedingt gewinnen. Doch ohne es zu wollen, bringt Mickey damit seine eigene und auch Harrys Tochter in tödliche Gefahr …
_Der Autor_
Michael Connelly war jahrelang Polizeireporter in Los Angeles und lernte das Polizeigewerbe von außen kennen. Bekannt wurde er mit seinen Romanen um die Gesetzeshüter Harry Bosch und Terry McCaleb, zuletzt besonders aufgrund der Verfilmung von „Das zweite Herz / Bloodwork“ durch Clint Eastwood. Auch „Der Mandant“, der erste Mickey-Haller-Roman soll hochkarätig verfilmt werden, doch es gibt „künstlerische Differenzen“, und so wurde der Regisseur ebenso gefeuert wie der Star Matthew „Hochzeitsplaner“ McConnaughey.
Zuletzt erschienen „So wahr uns Gott helfe“, „The Overlook / Kalter Tod“, „The Scarecrow/Sein letzter Fall“ (siehe meine Berichte) und „Nine Dragons/Neun Drachen“.
Weitere wichtige Romane:
„Schwarze Engel“ (1998)
„Der Poet“ (1996)
Schwarzes Echo (1991)
„Kein Engel so rein“ (City of Bones, 2002)
„Unbekannt verzogen“ (Chasing the dime)
„Letzte Warnung“ (Lost light)
„Die Rückkehr des Poeten“ (The narrows)
The Overlook (2008)
_Handlung_
|Das Angebot |
Bei einem teuren Mittagessen bekommt Rechtsanwalt Mickey Haller vom Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles County, Gabriel Williams, ein ungewöhnliches Angebot, das er fast nicht ablehnen kann. Haller soll diesmal an Williams‘ Stelle treten und die Staatsanwaltschaft gegen Jason Jessup vertreten. Das bedeutet, die Seiten von der Verteidigungs- zur Anklagebank zu wechseln.
Dafür braucht Mickey einen echt guten Grund. Null Problemo: Jason Jessup wurde vor 24 Jahren für den Mord an einer Zwölfjährigen zu Lebenslang verurteilt, allerdings nur aufgrund von wenigen Indizien, darunter einer DNS-Spur. Diese DNS-Spur wurde kürzlich von einem bürgerlichen Überprüfungsinitiative, dem GJP (Genetic Justice Project), als nicht zu Jessup gehörig identifiziert. Daher hat der Oberste Gerichtshof Jessup freigesprochen. Gleich darauf erhob die Staatsanwaltschaft erneut Anklage, denn nicht nur die DNS-Spur hat seinerzeit zu Jessups Verurteilung geführt. Leider ist die Staatsanwaltschaft mit dem Makel behaftet, sie habe Beweise manipuliert. Folglich bracuht sie einen Juristen besten Rudes, einen wie Mickey Haller.
|Harry Bosch|
Mickey will nicht, dass der Mörder erneut frei herumläuft, denn er hat selbst eine Tochter im Teenageralter. Doch natürlich stellt er Bedingungen. Harry Bosch, ein Cop, soll sein Ermittler sein und Margaret McPherson, Mickeys Exfrau, soll seine rechte Hand sein und nach Zentral-L.A. ziehen dürfen. Williams willigt ein, denn er bangt um seine Karriere als Bezirksstaatsanwalt. Doch schon bei der ersten Pressekonferenz muss er Mickey zurechtweisen. Mickey nimmts gelassen: Williams‘ könne ihn nicht mehr entlassen, sonst würde er unglaubwürdiger wirken, als er es eh schon ist.
|Die Ermittlung|
Mit seinen beiden Helfern macht sich Mickey ans Werk. Bosch hat den Verbrecher ins Gerichtsgebäude überstellt und die Beweise und Akten besorgt. Maggie hat die Geschichte des Falls aufgerollt. Melissa Landy lebte bis zu ihrem Tod in einer wohlhabenden Gemeinde von L. A., die unweit einer beliebten Kirche lag. Um die Kirche kurvten sonntags Abschleppwagen, um unrechtmäßig abgestellte Autos der Kirchgänger abzuschleppen und so ein gutes Geschäft zu machen. Jason Jessup war so ein Fahrer. Er wurde von Melissas Schwester Sarah identifiziert: Er habe Melissa entführt. Deren Leiche wurde in einem Müllcontainer gefunden, wenigstens wurde sie nicht vergewaltigt.
Aber Bosch hat mit Jessup kurz gesprochen. Er stellt Mickey eine unangenehme Frage: Was, wenn es nicht Jessup um seine Haftentschädigung gehe, sondern auch der Staatsanwaltschaft darum, eine millionenschwere Entschädigungszahlung zu umgehen? Was, wenn keiner Jessup verurteilt haben wolle, sondern es in Wahrheit nur um Geld ginge? Mickey ist jedoch überzeugt, dass es Williams ernst meinte, als er Mickey auf Jessup ansetzte. Wirklich?
Bosch gelingt es, die wichtigste Zeugin selbst nach 24 Jahren ausfindig zu machen: Sarah, Melissas Schwester, lebt nahe Seattle. Als er mit der Staatsanwältin Maggie dort eintrifft, findet er Sarah bei einer ehrlichen Arbeit vor: Sie ist künstlerische Glasbläserin. Und endlich runter von den Drogen, die ihr Leben zerstört haben. Zum Glück erkennt sie Jessup auf dem Foto sofort. Und sie hat eine Erklärung für die DNS ihres Stiefvaters auf ihrem Kleid, das an jenem Tag von Melissa getragen wurde …
|Mulholland Drive|
Der Special Investigation Service des LAPD sorgt für eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung von Jessup. Bosch liest die Protokolle und stößt auf eine Besonderheit. Während sich Jessup in der ganzen Stadt seiner neuen Freiheit erfreut, treibt er sich nachts im Rotlichtviertel herum – und in den Parks am Mulholland Drive, hoch über dem Lichtermeer der Stadt. Was hat er dort zu suchen, wundert sich Bosch. Die Überwacher sagen ihm, Jessup sitze bloß da. Mitten in der Nacht? Soll das wirklich alles sein? Bosch beschließt, der Sache selbst vor Ort auf den grund zu gehen.
Im Park findet Bosch eine Stelle am Fuße eines großen Baums, an der eine Kerze angezündet wurde. Aus welchem Grund, fragt er sich, und entgegen der Vorschrift, im Park kein offenes Feuer zu entzünden. Er trifft Rachel Walling, die FBI-Agentin, der er seine Unterlagen zum Durchlesen gegeben hat. Sie eröffnet ihm, dass der Fall Jessup von Anfang an falsch interpretiert worden sei. Und dass Jason Jessup ein Wiederholungstäter ist, der wieder anfangen könnte, Kinder zu ermorden …
_Mein Eindruck_
Im Roman führt der Autor die zwei Erzählfäden um Mickey Haller auf der einen Seiten und Harry Bosch auf der anderen annähernd parallel. Das ist gar nicht mal so langweilig. Denn was Bosch, der paranoide Schnüffler, herausfindet, läuft so ziemlich dem zuwider, was Mickey Haller vor Gericht beweisen möchte: Dass Jessup vor 24 Jahren Gelegenheit und Motiv hatte, um ein zwölfjähriges Mädchen zu töten – was es nun neu zu verhandeln gilt.
Bosch findet jedoch heraus, dass Jessup eine ganze Reihe von Mädchenmorden auf dem Gewissen haben könnte. Und was macht die Verteidigung? Jessups Anwalt mag zwar aus England kommen, ist aber mit allen Wassern gewaschen. Er will die Schuld von seinem Mandanten – logisch! – abwälzen und beschuldigt seinerseits die Kronzeugin, es mit ihrem Stiefvater getrieben zu haben. Dieser vielmehr habe ihre Schwester auf dem Gewissen, nicht etwa Jessup.
Vor Gott und vor Gericht sind die Menschen bekanntlich wehrlos. Und so ist einfach alles möglich. Das ist ebenfalls spannend zu lesen – falls man auf Gerichtsverfahren steht, deren Ausgang schon meilenweit im Voraus abzusehen ist. Und das ist hier leider der Fall, guter Mickey. Dass Jessups Verteidiger es ausgerechnet mit der Richterin des Verfahrens verdirbt, ist zwar schön für Mickey, aber schlecht für die Spannung der Story: Das Pendel schwingt viel zu früh auf die eine von zwei Seiten.
Die wirkliche – und so ziemlich einzige – Überraschung folgt NACH dem Schuldspruch, jedoch vor dem Urteil, das eine Jury aus Schöffen zu fällen hat. Und mehr soll darüber nicht verraten werden, um nicht die Spannung zu verderben.
_Die Übersetzung _
Der Veteran Sepp Leeb hat auch diesen Connelly-Titel bestens übertragen, so dass sich der Text flüssig liest und der Jargon natürlich klingt. Druckfehler, die ja besonders im Taschenbuch verbreitet sind, konnte ich erstaunlicherweise keine entdecken.
_Unterm Strich_
Mickey Hallers ungewöhnlicher neuer Fall findet ihn diesmal auf der anderen Seite des Gerichtssaales. Es ist eine Erfahrung, die er allerdings nicht wiederholen möchte. Das Gerichtsverfahren und die es begleitende Ermittlung durch Harry Bosch liefern Wendung auf Wendung, doch das Ziel ist von vornherein ebenso klar wie der Ausgang den Erwartungen entsprechend.
Die eigentliche Überraschung erfolgt bei diesem nur mäßig spannenden Verlauf erst NACH dem Schuldspruch. Doch wer hofft, nun käme Bosch endlich zu seinem Recht, irrt leider auch hier, und der Showdown ist viel zu kurz. Der Autor ist eben ein grundsolider Polizeireporter, aber als Thrillerautor hätte er hier noch ein oder zwei Schippen Spannungsmomente drauflegen sollen. Irgendwie fehlte mir hier der ersehnte Adrenalinschub.
|Der arme Staatsanwalt?|
Gut möglich, dass Hallers Schöpfer, der hochgelobte und folglich einflussreiche Thriller-Autor Michael Connelly, in seinem Gerichtsroman diesmal der anderen Seite Gerechtigkeit widerfahren lassen wollte. Ach, wie schwer ist doch das Werk des Staatsanwalts! So soll wohl der erwünschte Stoßseufzer des mitleidigen Lesers klingen.
Leider verfehlte die Story diese Wirkung bei mir völlig. Staatsanwälte werden nämlich in den USA gewählt, ähnlich wie Sheriffs oder Bürgermeister. Das ist OK. Das ist Demokratie, also Volksherrschaft. Weniger OK ist, dass sie ihre politische Karriere, die sie durchaus zum Amt des Gouverneurs führen kann (nicht jeder Gouverneur muss ein Filmstar wie Reagan oder Schwarzenegger sein), von entsprechenden Lobbyisten bezahlen lassen und natürlich nicht vermeiden können, sich diesen Lobbys gefällig zu erweisen.
Der einzige Pfiff an diesem Thema besteht also darin, im Roman den Staatsanwalt wg. Befangenheit außen vor zu lassen und stattdessen einen Verteidiger diese Position einnehmen zu lassen. Zwar unterlaufen Mickey Haller ein paar Schnitzer, weil er manchmal die Seiten verwechselt, aber mit Hilfe seiner tüchtigen Sekundantin MacPherson kriegt er den Ball doch noch ins Tor. Man fragt sich daher: Wann macht es Michael Connelly endlich wie der selige Robert P. Parker und schreibt einen Roman über eine weibliche Anwältin oder Detektivin?
Ich jedenfalls hatte das Gefühl, für mein Geld nicht die erhoffte Unterhaltung geboten bekommen zu haben. Connelly hat inzwischen schon den nächsten Mickey-Haller-Roman veröffentlicht: „The Fifth Witness“.
_Der Jäger geht in Rente: Dürfen Serienkiller aufatmen?_
In der Abteilung für ungelöste Fälle betraut die Leiterin Harry Bosch mit einem widersprüchlichen Fall aus dem Jahr 1989: Ein Sexualmord soll laut DNS-Beweis von einem Achtjährigen begangen worden sein? Ziemlich unwahrscheinlich, oder? Der Widerspruch könnte aber die Beweiskraft zahlreicher auf DNS basierender Verfahren unterminieren und muss schleunigst gelöst werden.
Plötzlich ruft der Polizeipräsident bei Bosch an. Der Stadtrat Irvin Irving persönlich hat Bosch, seinen früheren Intimfeind, als Ermittler angefordert, um den möglichen Selbstmord seines Sohnes aufzuklären, der sich im Hotel Chateau Marmont vom Balkon gestürzt haben soll. Bosch riecht sofort eine Falle und agiert extrem vorsichtig. Schon bald stößt er in beiden Fällen auf erschreckende Weiterungen …
_Der Autor_
Michael Connelly war jahrelang Polizeireporter in Los Angeles und lernte das Polizeigewerbe von außen kennen. Bekannt wurde er mit seinen Romanen um die Gesetzeshüter Harry Bosch und Terry McCaleb, zuletzt besonders aufgrund der Verfilmung von „Das zweite Herz / Bloodwork“ durch Clint Eastwood.
Auch „Der Mandant“, der erste Mickey-Haller-Roman ist hochkarätig verfilmt worden, doch es gibt „künstlerische Differenzen“, und so wurde der Regisseur gefeuert. Inzwischen ist der Streifen mit Matthew McConnaughey in der Titelrolle auch auf DVD zu haben.
Zuletzt erschienen „Echo Park“, „The Overlook / Kalter Tod“, „The Scarecrow“ und „Nine Dragons“ (siehe meine Berichte). „Der fünfte Zeuge“ soll Anfang 2013 bei Knaur auf Deutsch erscheinen. Der Autor lebt mit seiner Familie in Tampa, Florida.
_Handlung_
Harry Bosch hätte eigentlich schon in Rente gehen können, aber nach zwei Jahren als Privatdetektiv ist er wieder zum LAPD zurückgekehrt. Nach einer Zeit beim Morddezernat (s. o.) und einem Treffen mit seinem Halbbruder Mickey Haller, dem Strafverteidiger, hat er sich in die Abteilung für ungelöste Fälle versetzen lassen.
Seinem Gesuch um einen DROP, einen hinausgeschobenen Rentenbezug (Deferred Retirement Option Plan), wurde stattgegeben: Er darf noch exakt drei Jahre und drei Monate länger bleiben. Gut so, denn Harry Bosch ist ein Mann mit einer Mission. Er will die Verbrecher alle erwischen, alle, ohne Ansehen der Person. Sein Credo: „Jeder zählt, oder keiner zählt.“
|Cold hit|
Die Abteilungsleiterin Lt. Duvall gibt Bosch und seinem Partner Chu einen widersprüchlichen Fall: Eine 19 Jahre alte Sonnenanbeterin namens Lily Price wurde 1989 am weltberühmten Venice Beach entführt, vergewaltigt und anschließend erdrosselt. Das Seltsame daran: Ein Blutstropfen an ihrem Hals weist die DNS eines damals Achtjährigen auf. Boschs Aufgabe besteht nun darin, herauszufinden: Hat jemand in der Erstellung der Beweismittel oder bei der Erstellung der Akte Mist gebaut?
|Aufschlag|
Er und Chu können sich aber nicht sofort auf die Suche begeben, denn der Polizeipräsident besteht darauf, dass Harry persönlich die Ermittlungen im Fall eines möglichen Selbstmörders leitet, der an diesem Morgen vor dem Hotel Chateau Marmont gefunden wurde. Das Hotel ist bei Stars aller Art beliebt, denn es schützt die Privatsphäre als höchstes Gut. Auch Helmut Newton, der bekannte Starfotograf, starb dort: Herzinfarkt am Steuer seines Wagens. Und Jim Morrison fiel hier 1970 mal vom Balkon.
Warum sich der Polizeipräsident hierbei engagiert, wird Harry schnell klar: Der sogenannte Selbstmörder ist der Sohn seines langjährigen Intimfeindes Irvin Irving, der mittlerweile einer der bestgehassten Stadträte von Los Angeles ist, jedenfalls was die Polizei betrifft: Er hat 100 Mio. Dollar für Überstunden gekappt. Und wer weiß, wozu er noch imstande ist – daher setzt er den Polizeipräsidenten unter Druck. Bosch agiert dementsprechend vor- und umsichtig: Ihm darf kein Fehler unterlaufen, oder seine Zeit beim LAPD ist schneller um, als er „Justizirrtum“ sagen kann. Irving setzt auch ihn unter Druck.
Die Hinweise im Hotel sind mager, aber es gibt sie: ein abgerissener Hemdknopf, ein woanders abgestellter Wecker – und in der Leiche des Unternehmensanwalts George Irving sind viel zu viele Knochen gebrochen. Entweder wurde er aus dem siebten Stock gestoßen, fallengelassen – oder er sprang mit sehr wenig Schwung. Aber warum hat niemand Schreie gehört? Es gibt also drei Möglichkeiten: Unfall, Selbstmord oder Mord.
|CHILL|
Auf der Suche nach dem achtjährigen Jungen, von dem das Blut auf der ermordeten Lily Price stammte, kommt Harry ein gutes Stück weiter. Er findet den mittlerweile ca. 30-dreißigjährigen Clayton S. Pell in einer Einrichtung für die Therapierung von Serientätern. Von Doktor Hannah Stone erfährt Harry aber zu seinem Erstaunen, dass Pell nicht hinter Mädchen her war, sondern ein Pädophiler ist: Er steht auf Jungs zwischen acht und zehn Jahren. Harry ersieht aus den psychologischen Akten, dass sich Pell als Zeuge im Fall Price eignet: Er kannte eventuell den Täter.
In einem Gespräch unter sechs Augen erzählt der kleinwüchsige Clayton von seinem eigenen Peiniger, der ihn im Alter von acht Jahren auf die schiefe Bahn brachte: Der Mann, den er in den Akten „Johnny“ nannte, wurde in Wahrheit CHILL genannt, weil seine Initialen C. H. in die schwere Schnalle seines Gürtels eingelassen waren – und mit diesem schweren Instrument pflegte CHILL, seine Opfer zu verprügeln …
|Die hohe Politik|
Harry erfährt von einem Kontakt im Büro des Polizeipräsidenten, dass Irvin Irving ständig nach Bosch fragt, um auf dem neuesten Stand der Ermittlungen gehalten zu werden. Harry weigert sich, irgendetwas preiszugeben. Nicht einmal die Autopsie von George Irving liefert Aufschluss über den Tathergang.
Aber als Harry unverkennbare Kampfspuren auf Georges Schulterblatt entdeckt, führt die Spur in den Kreis alter Polizisten. Die Kampfspur ist die Hinterlassenschaft eines mittlerweile verbotenen Würgegriffs, der nur an der Polizeiakademie von Los Angeles gelehrt wurde …
_Mein Eindruck_
Die Spur scheint in die Mitte eines Korruptionsskandals zu führen, in die Irvin irving als Drahtzieher verwickelt ist. Sein Sohn George sollte eine lukrative Taxilizenz einem anderen Unternehmen, nämlich Regent Taxi, zuschanzen und dafür den bisherigen Lizenznehmer, Black & White Taxi, durch polizeiliche Falschmeldungen in Verruf bringen. Hat Black & White Taxi davon Wind bekommen und George in den Tod gestürzt? Ein Motiv ist eindeutig erkennbar. Aber wird es auch durch die Fakten gestützt, fragen sich Harry und Chu, als sie die Beweise durchforsten.
Am Schluss ist Harry klar, dass er von Anfang an für die hohe Polizeipolitik – High Jingo – benutzt worden ist, um Irving zu entmachten. Was ihn besonders schmerzt, ist jedoch der Umstand, dass es gerade der einzige Cop, dem er meinte, vertrauen zu können – Kiz Rider, seine einstige Partnerin bei den „Closern“ – die Strippen gezogen hat, um Harry hereinzulegen. Die Ironie dabei: Es ist Irving selbst, der Harry den Beweis dafür liefert.
Als wäre dies nicht schon Verrat genug, sieht sich Harry auch noch von seinem aktuellen Partner David Chu hintergangen. Harry wird bleich, als eine Journalistin der „Los Angeles Times“ ihn fragt, wann die Mordermittlung mit dem Nennen des neuen Verdächtigen an die Öffentlichkeit gebracht wird. Erstens, stellt Harry konsterniert klar, ist gar nicht sicher, dass es sich bei George Irvings Tod um Mord handelt. Und zweitens gibt es momentan keinen Verdächtigen.
Dann beschattet er David Chu, der sich mit der Journalistin trifft und ihr die heißesten News im Fall verklickert. Harry macht Chu klar, dass er nach diesem Fall nicht mehr sein Partner sein werde. Chu, der sich unversehens von der Journalistin im Stich gelassen sieht – sie verkauft Sex für Infos -, verspricht, seinen Fehler wiedergutzumachen. Konzentriert stürzt er sich auf die Aufklärung des zweiten Falls: CHILL. Kann er sich rehabilitieren?
Das letzte Viertel beschäftigt sich in einer erstklassigen Engführung mit dem Aufspüren, Überführen und verhaften von CHILL, dem Serienkiller, der damit prahlt, 37 Opfer ins Jenseits befördert zu haben. Er will in die Annalen eingehen und ins Fernsehen kommen, so mediengeil ist er. Er hat alle seine Taten dokumentiert, und Harry und Chu werden bleich, als sie die Bilder und Videos ansehen.
Doch der Fall CHILL erhält noch mehrere überraschende Wendungen, über die hier nichts verraten werden soll. Sie sorgen dafür, dass Action und Spannung bis zum Schluss aufrechterhalten werden. CHILL wirkt deshalb so bedrohlich, weil Harrys neue Liebe, Dr. Hannah Stone, mit Serientätern umgeht und weil Harrys 15-jährige Tochter, die Polizistin werden möchte, jederzeit ein potenzielles CHILL-Opfer werden könnte. Stone ermahnt Harry, seine Tochter in seiner Nähe zu behalten. Er verspricht es.
Dr. Stone tritt nicht ohne Grund auf. Sie hat einen Sohn, der seit jahren im Knast sitzt, weil er ein Mädchen betäubt und vergewaltigt hat. Soll sie sich selbst die Schuld geben, will sie von dem verlegenen Harry wissen. Er weiß, dass das Böse existiert, er hat es oft genug gesehen. Aber ist es ein Produkt der Natur oder der Gesellschaft („nature“ oder „nurture“ im Englischen)?
Diese uralte, anhaltende Streitfrage durchzieht auch die beiden Fälle, mit denen es Harry Bosch diesmal zu tun hat. Hat sich CHILL zu einem Serienkiller stilisiert – oder ist er ein Opfer-Täter wie Clayton Pell? Dass selbst „zivilisierte“ Personen das Böse hervorbringen können, stellt Kiz Rider unter Beweis. Sie hat Harry Bosch für ihre eigenen und die Ziele des Polizei-Departments LAPD benutzt. Er werde die gute Seite schon noch einsehen, versichert sie ihm. Er ist sich bereits sicher, dass dies niemals geschehen wird. Er hat zuviele benutzte Menschen in seinem Leben gesehen.
|Textfehler|
Auf S. 248 ist ein übler Druckfehler zu finden. „Bosch decided to give him just want he wanted.“ Statt „want“ müsste es „what“ heißen.
_Unterm Strich_
Was ist nur aus dem actiongeladenen Harry Bosch geworden, den ich aus seinen ersten Romanen kenne, etwa aus „Schwarzes Echo“ und „Das Comeback“ (Trunk music), frage ich mich als Connelly-Fan. Harry ist zwar immer noch ein Mann mit einer Mission, dem das Adrenalin ins Blut schießt, wenn er die Spur eines Killers aufnimmt. Doch er nimmt sich zunehmend vor Verrätern in der eigenen Organisation in Acht und spürt selbst immer welche auf. Die Action bleibt zunehmend auf der Strecke.
Andererseits ist dieses neue Verhalten an Harry nun auch ein Vorteil. Der doppelte Plot des vorliegenden Romans weist selbst wieder Falltüren und unerwartete Wendungen auf. Etwa in der Mitte des Buches wird Harry klar, dass er sich auf dem völlig falschen Dampfer befindet. Die Ermittlung in Sachen George Irving führt fortan in eine völlig neue Richtung – oder sie wird eingestellt.
|Der CHILL-Faktor|
Das letzte Viertel ist hingegen das Beste, selbst wenn es ein wenig an Finesse fehlen lässt: Die überraschende Entdeckung und Überführung von CHILL beweist wieder einmal, dass sich kaum ein anderer Autor so gut mit authentischer Polizeiarbeit auskennt wie der frühere Polizeireporter Connelly.
Allein die Art und Weise, wie Bosch und Chu es deichseln, ohne Durchsuchungsbefehl in eine fremde Wohnung einzubrechen und dies alles zu rechtfertigen, ist ein Meisterstück an polizeilicher Logik. Der Fall nimmt eine actiongeladene Wendung, als Harry entdeckt, dass CHILL und sein Opfer Clayton Pell in ein und demselben Gefangenenbus sitzen…
|Früh übt sich|
Sehr gut gefielen mir auch alle Szenen mit Boschs Tochter Maddie, die er seit „Nine dragons“ und dem Tod ihrer Mutter in seiner Obhut hat. Es wird deutlich, dass der Autor in Madeleine eine Nachfolgerin des doch etwas müde gewordenen Serienhelden aufbaut. Sie kann schon besser schießen als er, kann die Körper und Mienen der Menschen „lesen“ und beherrscht das Alphabet des LAPD (O für Ocean).
Was bleibt ihr auch anderes übrig bei einem Dad, der spät nachts noch Mordakten studiert? Kein Wunder, dass sie die Schule stinklangweilig findet. Sie würde viel lieber Verbrecher jagen wie ihr Dad. Ich warte schon auf ihren ersten Krimi, der bestimmt folgenden Titel trägt: „Harry junior – Boschs Vermächtnis“!
Mickey Haller ist wieder zurück in seinem alten Job als Strafverteidiger und vertritt vor Gericht insolvente Hausbesitzer. Seine Klientin Lisa aber hat noch weit größere Sorgen als nur ihre Hypothek. Sie ist des Mordes angeklagt, weil sie den Chef ihrer Bank erschlagen haben soll. Für Mickey deutet alles darauf hin, dass in Wirklichkeit jemand anderes hinter Gitter gehört.
Als er überfallen und zusammengeschlagen wird, begreift Mickey, dass seine unbekannten Gegenspieler wenig Skrupel kennen. Doch wie kann er die erdrückenden Beweise gegen Lisa entkräften? Und was, wenn Lisas Unschuldsmiene trügen sollte? (Verlagsinfo)
Mickey Haller ist wieder zurück in seinem alten Job als Strafverteidiger und vertritt vor Gericht insolvente Hausbesitzer, denen die Enteignung droht. Seine Klientin Lisa aber hat noch weit größere Sorgen als nur ihre Hypothek. Sie ist des Mordes angeklagt, weil sie den Chef ihrer Gläubiger-Bank erschlagen haben soll.
Für Mickey deutet alles darauf hin, dass in Wirklichkeit jemand anderes hinter Gitter gehört. Als er überfallen und zusammengeschlagen wird, begreift Mickey, dass seine unbekannten Gegenspieler wenig Skrupel kennen. Doch wie kann er die erdrückenden Beweise gegen Lisa entkräften? Und was, wenn Lisas Unschuldsmiene trügen sollte? (dt. Verlagsinfo)
Ein äußerst spannender Thriller um eine Profi-Diebin und ihren kaltblütigen Verfolger – im Mittelpunkt das Spielerparadies von Las Vegas. Im Unterschied zu Connellys anderen Roman fehlen diesmal Polizisten fast völlig: Diese Geschichte schildert die Schattenseite des Verbrechermilieus – und wie man ihm entkommt.
_Der Autor_
Michael Connelly arbeitete einige Jahre als Polizeireporter für die Los Angeles Times. In den meisten seiner Romane spielt der L. A. Police Detective Harry Bosch (von Hieronymus Bosch ist auch der Name von Connellys Firma Hieronymus Inc. abgeleitet) die Hauptrolle. Connelly schrieb u. a. die Bestseller „Der Poet“, „Das zweite Herz“ (das Clint Eastwood unter dem Titel „BloodWork“ verfilmt hat), „Schwarze Engel“ und „Dunkler als die Nacht“. Connelly lebt in L.A.
_Handlung_
Die auf Bewährung freigelassene Cassie Black schaut nicht gerne zurück, aber sie muss. Jahrelang hatte sie erfolgreiche Spieler in Las Vegas, der Hauptstadt des Glücksspiels, ausgeraubt. Am Schluss verlor sie ihren Geliebten und Mentor Max Freeling, danach verbrachte sie fünf elende Jahre im Knast.
Jetzt verkauft Cassie Luxusautos an Hollywoodgrößen wie etwa erfolgreiche Drehbuchautoren. Ihr streng gehütetes Geheimnis hat ihr ermöglicht, die schwärzesten Stunden der Hoffnungslosigkeit zu überstehen. Doch mittlerweile hat Cassie die Nase voll vom ehrenhaften Leben. Sie nimmt Kontakt zu ihrem alten Helfer Leo Renfro auf, der ihr einen „Job“ in Vegas verschafft. Natürlich sofort. Cassie muss nämlich möglichst schnell an Geld kommen, um ihr Geheimnis weiterhin bewahren zu können, das in Gefahr ist aufzufliegen …
In Vegas sieht der Job zunächst wie ein Kinderspiel aus: Ein erfolgreicher Baccarat-Spieler namens Hernandez wird ihr als Zielobjekt zugewiesen. Sie erhält seine Zimmerschlüssel und ein Zimmer direkt neben seinem. Offenbar steckt in der Hotelorganisation ein Maulwurf. Obwohl sich Cassie nicht hundertprozentig wohl in dem Hotel, dem (fiktiven) Cleopatra, fühlt, in dem ihr Geliebter Max starb, zieht sie den Job durch. Alles verläuft nach Plan, bis sie den Aktenkoffer ihres auserkorenen Opfers öffnet: Mafiageld!
In diesem Moment fällt ihr die Warnung des Strohmannes Leo Renfro ein, der ihr diesen „Job“ vermittelt hat: Sie solle sich vor jenen Minuten in der Tatnacht in Acht nehmen, in denen der Mond sein altes astrologisches „Haus“ verlässt, um in ein neues zu wechseln: vor dem „kritischen Mond“ (O-Titel: „Void Moon“).
Nun beginnt die Jagd nach dem Mafiageld – für Cassie und ihren kaltblütigen Jäger ein Rennen gegen die Zeit …
_Mein Eindruck_
Bis Seite 160 dachte ich, dass dieses Buch doch ein wenig spannender sein könnte. Ich meine: Es ist zwar recht kitzlig, in einem fremden Hotel einen Raubüberfall durchzuziehen, ohne dass weder der Überfallene noch der Sicherheitsdienst etwas davon merken. Das erinnert ein wenig an die seligen Zeiten von Forsyths „Der Schakal“.
Aber dann, ab Seite 160, kam Jack Karch ins Spiel, und das ist ein mindestens ebenso interessanter Charakter wie Cassie. Jack ist ein korrupter Privatdetektiv, hat aber sehr viel mit der Geschäftsleitung des Cleopatra-Casinos zu tun. Und wie es scheint, war er an Max Freelings Tod nicht ganz unschuldig.
Was diesen psychopathischen Killer – man nennt ihn „Jack of Spades“ wegen seines Geschicks im Umgang mit dem Spaten – so unheimlich macht, sind seine zwielichtigen Taschenspieler- und Zauberertricks, die er von seinem Vater erlernt hat (der aber schon lange unter der Erde ist). Außerdem verfolgt Jack seine eigenen Pläne mit dem Cleopatra.
Ab Jacks Auftritt wird das Leben für Cassie, Leo und alle, die ihnen nahe stehen, reichlich ungemütlich. Natürlich kommt es nach etlichen Scharmützeln zu einem ordentlichen Showdown in Vegas.
Doch im Verlauf von Cassies Verfolgung durch Jack und dieses Finales ergeben sich zahlreiche Überraschungen. Wir erfahren endlich von Cassies Wünschen, Träumen und ihrem Geheimnis. Der Autor bringt uns dazu, dieser Diebin sämtliche Daumen zu drücken. Und wir erfahren endlich, was in jener verhängnisvollen Nacht vor sechs Jahren wirklich passierte. Auch Jack fällt aus allen Wolken – und dann noch etwas tiefer …
_Unterm Strich_
„Im Schatten des Mondes“ fängt langsam an, denn es ist sorgfältig erzählt. Der Erzähler gerät nie ins Schwafeln, wenn er seine Figuren vorstellt, schon gar nicht, wenn sie allmählich in eine spannende Handlung verwickelt werden.
Gegen Schluss wird eine rasante und höchst überraschende Katz-und-Maus-Jagd zwischen Jack und Cassie, seiner hübschen Widersacherin, inszeniert, bei der nicht nur viel Geld auf dem Spiel steht, sondern mehrere Menschenleben. Der Thrillerfreund kann absolut zufrieden sein. Ich war es jedenfalls. Schade, dass das Buch nach 445 Seiten schon zu Ende ist.
|Originaltitel: Void Moon, 2000
Aus dem US-Englischen von Sepp Leeb|
Geist ist geil! Seit 2002 – Ständig neue Rezensionen, Bücher, Lese- und Hörtipps