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Koontz, Dean – Schattennacht (Odd Thomas)

_Frankenstein trifft Dr. Jekyll und Mr. Hyde_

Nach den Ereignissen in [„Seelenlos“ 4825 hat sich Grillkoch Odd Thomas, der die Toten sehen kann, in ein einsam gelegenes Kloster in der Sierra Nevada zurückgezogen. Doch nach sieben Monaten des Friedens verschwindet einer der Mönche spurlos, und die Bodachs tauchen im nahegelegenen Internat auf, bösartige Schattenwesen und die Vorboten blutiger Katastrophen.

_Der Autor_

Dean Koontz wurde 1945 in Pennsylvania geboren, musste in seiner Jugend hungern, schrieb Schundromane für einen Hungerlohn, lernte seine Frau Gerda kennen und konnte schließlich mit ihr nach Kalifornien ziehen, wo das Ehepaar seither stets mit einem Golden Retriever zusammenlebt. Es gibt kein einziges Koontz-Buch der letzten Jahre – etwa seit „Geschöpfe der Nacht“, in dem nicht mindestens ein Loblied auf diese Hunderasse angestimmt wird.

Die zahlreichen Thriller und Horror-Romane des schärfsten Konkurrenten von Stephen King wurden sämtlich zu Bestsellern und in über 30 Sprachen übersetzt. Weltweit hat Koontz laut Verlag über 400 Millionen Exemplare verkauft. Leider wurden bislang nur wenige von Koontz‘ Büchern verfilmt, so etwa „Watchers“. Die beste Verfilmung ist meiner Meinung nach „Intensity“, aber der Film strapaziert die Nerven derart, dass er höchst selten gezeigt wird.

Der Odd-Zyklus bislang:

1) Odd Thomas (2004, deutsch 2006 als „Die Anbetung“)
2) Forever Odd (2005, deutsch 2007 als „Seelenlos“)
3) Brother Odd (2006, deutsch 2008 als „Schattennacht“)
4) Odd Hours (Mai 2008)
4) In Odd We Trust (Graphic Novel, Juli 2008)

Dean Koontz auf |Buchwurm.info|:

[„Die Anbetung“ 3066
[„Seelenlos“ 4825
[„Todeszeit“ 5423
[„Todesregen“ 3840
[„Irrsinn“ 4317
[„Frankenstein: Das Gesicht“ 3303
[„Kalt“ 1443
[„Der Wächter“ 1145
[„Der Geblendete“ 1629
[„Nacht der Zaubertiere“ 4145
[„Stimmen der Angst“ 1639
[„Phantom – »Unheil über der Stadt«“ 455
[„Nackte Angst / Phantom“ 728
[„Schattenfeuer“ 67
[„Eiszeit“ 1674
[„Geisterbahn“ 2125
[„Die zweite Haut“ 2648

_Handlung_

Odd Thomas hat in Pico Mundo gelebt, einer 40.000-Seelen-Stadt irgendwo in Südkalifornien unweit einer Luftwaffenbasis, und arbeitete in einer besseren Frittenbude als Garkoch. Eines Tages musste er sehr zu seinem Leidwesen feststellen, dass er die Fähigkeit besitzt, die Toten zu sehen. Jedenfalls diejenigen, die sich noch an irdische Dinge klammern, so etwa Elvis Presley, der ständig flennt. Aber er sieht auch hyänenartige Schattenwesen, die er nach einem englischen Ausdruck „Bodachs“ nennt. Sie erscheinen dort, wo der Tod bald seine Arbeit verrichten wird, denn sie nähren sich von Todesangst und Verzweiflung.

Doch als im letzten August ein Irrer ein Massaker in einem Einkaufszentrum anrichten wollte, da war es Odd, dem es gelang, die meisten der Eingesperrten vor der Lastwagenbombe in Sicherheit zu bringen. Bei 41 gelang ihm dies nicht, und 19 von ihnen starben, darunter auch seine geliebte Freundin Stormy. In seinem letzten Abenteuer wurde sein bester Freund von einer Sekte entführt. Nachdem Odd es gelungen ist, ihn zu befreien, fühlt er sich ausgelaugt. Also ist er in die Sierra Nevada gezogen, um im Kloster der Mönche von St. Bartholomew seinen Frieden zu finden.

|Sieben Monate später|

Ein Schneesturm ist im Anzug, und als Odd nicht schlafen kann, geht er Patrouille. Sowohl für die Abtei der Mönche, in deren Gästehaus er logiert, als auch für das Nonnenkloster und das angeschlossene Internat hat er einen Generalschlüssel. Sein sechster Sinn führt ihn in das Wohnheim für behinderte Kinder, und er folgt einem Bodach, der schnurstracks in Zimmer 32 eindringt.

Dort stehen bereits zwei weitere Bodachs um das Bett von Justine herum, dem zehnjährigen Mädchen, das geistig behindert ist, seit sein Daddy versucht hat, es zu ertränken. Justine sieht Odd genau und da sie selbst nicht sprechen kann, benutzt ihr Geist die Zunge ihrer Bettnachbarin Annamarie. Odd ist erschüttert: Es ist die Stimme Stormys, seine toten Freundin. Doch er reagiert nicht, denn er weiß, dass er sie erst in der nächsten Welt wiedersehen wird.

Das Erscheinen der Bodachs verheißt eine Bluttat in der nahen Zukunft, und er warnt sowohl die Mutter Oberin als auch den Abt, die beide in sein Geheimnis eingeweiht sind. Außerdem spricht er mit Bruder John, einem ehemaligen Physiker und vierfachen Milliardär, der immer noch in einem Hochsicherheitslabor experimentiert, und mit dem verdächtigen Russen Rodion Romanovich. Doch nichts bereitet ihn auf den bewusstlos daliegenden Mönch Timothy vor, der die computerisierte Betriebsanlage zu überwachen hat. Als er sich über den schweren Mann beugt, um ihn umzudrehen, erhält er einen schweren Schlag auf die Schulter, der seinem Kopf gegolten hat. Er rollt sich gewandt ab und bringt sich in Sicherheit. Als er zurückkehrt, ist der Mönch ebenso weg wie der Angreifer.

Ob er sich den Männern des Sheriffs anvertrauen soll? Er fragt Bruder Knoche, einen ehemaligen Handlanger der Mafia, der zum Glauben bekehrt worden ist. Knoche warnt ihn eindringlich, dass die Cops keine Ahnung haben, was mit den Mönchen hier los ist. Die meinen sogar, Bruder Timothy sei nach Reno ins Spielkasino gefahren – was für ein Blödsinn. Der Schneesturm zwingt die Bullen dazu, wieder abzuziehen, um sich um verunglückte Autofahrer zu kümmern.

|Die Kreatur|

Die Abtei versinkt zunehmend in Schneemassen, wie sie der Wüstenbewohner Odd noch nie in seinem Leben gesehen hat. Wieder verlässt sich Odd auf seinen sechsten Sinn. Der führt ihn erneut zum Nonnenkloster. Im Schneegestöber kann er kaum vier Meter weit sehen. Aus dem Augenwinkel bemerkt er eine Bewegung und beeilt sich, den Eingang des Klosters zu erreichen. Es ist kein Bodach, denn das Wesen ist weiß wie Eis. Und es verfolgt ihn.

Kaum hat er die Tür hinter sich geschlossen, beobachtet er, wie das weiße, halb durchsichtige Wesen gegen die Türscheibe klatscht und dann gegen die Scheibe des benachbarten Fensters drückt. Die Scheibe knackt und bekommt einen Sprung. Odd wird mit Schrecken erfüllt. Das Wesen hat kein Gesicht, erinnert an zusammengesetzte Knöchelchen, die sehr beweglich sind.

Er starrt ihm hinterher, als es bereits verschwunden ist. Da legt sich eine Hand auf seine Schulter, und eine Stimme sagt: „Kind …“

_Mein Eindruck_

Dean Koontz hat einfach zu viele Frankenstein-Romane geschrieben, will mir scheinen. Er schreibt ja die Romane, die eigentlich für eine TV-Serie gedacht waren (es gibt nur den Pilotfilm), alleine und mit Ko-Autoren fort. Wieder einmal haben wir es mit einem solchen Burschen zu tun. Aber ich werde nicht verraten, um welchen der Mönche es sich handelt (wenn ich das nicht schon getan habe). Wieder einmal zeigen sich Koontz‘ Wurzeln in der Sciencefiction und dem Horror vor Technik, die dem Menschen nicht nützt, sondern schadet. Von unerfreulichen Nebenwirkungen wie etwa mörderischen Skelettwesen mal ganz abgesehen.

Von geruhsamer Meditation in reiner Bergluft kann jedenfalls für Bruder Odd keine Rede mehr sein. Er muss sich vielmehr wie weiland Sherlock Holmes, den er des Öfteren ironisch zitiert, um die Aufklärung eines mysteriösen Falls von Verschwinden kümmern: Wo ist Bruder Timothy abgeblieben? Da der Schneesturm die Abtei und das Kloster ähnlich isoliert hat wie in Stephen Kings „Shining“ das Overlook-Hotel, ist a) die Zahl der Verdächtigen begrenzt, und b) kann er in aller Ruhe die Katakomben der Heizungs- und Maschinenräume erforschen. Ein treuer Geisterhund leistet ihm ebenso Gesellschaft wie der gute alte Elvis, der auch nicht in die nächste Welt weiterziehen will.

|Psychologie|

Das Auftreten unheimlicher Wesen wie der Skelettmaschinen und der Bodachs hat durchaus einen psychologischen Grund. Diesen versucht Oddie durch eingehende Befragungen der behinderten Kinder im Internat herauszufinden. Unglaublich, welchen familiären Katastrophen er dabei auf die Spur kommt. Justine und Annamarie habe ich bereits erwähnt, aber die Stimme Stormys weist Oddie auf einen jungen Mann namens Jacob hin. Jacob kann phantastisch zeichnen, hat sich aber von der Welt abgekapselt, als wäre er ein Autist. Zudem ist sein Gesicht deformiert.

Durch geduldiges, mehrmaliges Befragen gelingt es Odd, einen schrecklichen Moment in Jacobs Vergangenheit ausfindig zu machen, der dessen Psyche traumatisierte. Als er krank im Krankenhaus lag, wollte sein Vater, der deformierte und behinderte Menschen ablehnte, ihn sterben lassen. Jacob nennt seinen Vater den „Nimmerwar“, denn „nimmer war“ er für seine Familie da, und schon gar nicht für seinen Sohn. Jacobs zweites Trauma rührt von der Aschenbestattung seiner Mutter her, die auf See stattfand, als er etwa 15 Jahre alt war. Wieder war Nimmerwar abwesend.

|Finale|

Die Zusammenführung des Frankensteinthemas und des Geheimnisses, das Jacobs Vater umgibt, bildet den psychologischen Kulminationspunkt der Handlung. Dieses Finale wird begleitet vom Angriff der Skelettwesen auf Jacob und diejenigen Klosterbrüder, die ihn verteidigen. Dabei erweist es sich als nützlich, dass Rodion Romanovich alles andere als ein russischer Bibliothekar aus Indianapolis ist. Das war nur seine Tarnung …

|Die Hauptfigur|

„Odd“ bedeutet im Englischen „ungleich, schräg, sonderbar“. Doch das ist das Letzte, das Odd Thomas sein will. Denn es bedeutet, einsam zu sein und jede Hoffnung zu verlieren. Er ist auf seine Freunde angewiesen, und seine Freundin Stormy liebte er innig, auch wenn sie ihn ständig triezte. Aber wie sich herausstellt, ist Odd um einiges normaler und menschlicher als so mancher seiner Zeitgenossen. Sein Sinn für Humor ist ziemlich sarkastisch, und die Art, wie er über die Auswüchse des modernen amerikanischen Lebens, wie etwa Fernsehshows und gefährliche „Politiker mit einer Idee“, herzieht, ist erstens lesenswert und sorgt zweitens für eine Reihe von Lachern.

Andererseits ist dieser Humor nur der Ausgleich für das bei Koontz‘ Odd-Thomas-Romanen immer wieder zu findende Predigen: über die Schlechtigkeit der Menschen, ihren Dünkel, ihre Barbarei ganz allgemein. Sicher, die Predigten, die sich in „Intensity“ fanden, sind sehr kurz gehalten, aber wenn man sie summiert, bilden sie eine harsche Kritik am modernen Leben. Leider bietet auch das Klosterleben keine Alternative. Denn auch hier verbergen sich wie überall Gier, Dünkel und Überheblichkeit – wieder sind wir beim Frankensteinthema, sogar bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Das Einzige, was Odd Thomas wirklich befürwortet, sind Demut und Liebe, für seine Mitmenschen und besonders für jene, die sich im Namen Gottes für die Armen, Schwachen und Behinderten einsetzen.

|Die Gabe|

Odd selbst kann sich nicht entscheiden, ob die Gabe, Totengeister und Bodachs – sie erinnern an die „Besucher“ in „The Gathering“ – sehen zu können, ein Segen oder ein Fluch ist. Doch mit dem Helden in der Christopher-Snow-Trilogie hat Odd gemein, dass er zwar außerhalb der Gesellschaft der Normalos steht, ihr aber zu Hilfe und Beistand verpflichtet ist. Denn nur dort findet er jene menschliche Wärme, die ihm Vater und Mutter verweigerten. Dass ihn dies zu einer Art Samariter oder klassischem Marvel-Comics-Supermenschen macht, ist klar, ihm aber nicht bewusst. Und wenn man Odds Weg ein paar Stunden lang gefolgt ist, dann will man garantiert nicht mehr mit ihm tauschen.

|Die Übersetzung|

Bernhard Kleinschmidt hat sehr gut übersetzt, und zwar häufig genauso, wie man sich in Deutschland ausdrücken würde, also beispielsweise mit „Denkste!“ und dergleichen. Aber unter einem „Karpaltunnelsyndrom“ konnte ich mir beim besten Willen nichts vorstellen. Ich tippe mal auf eine Eins-zu-eins-Übersetzung, denn „carpal tunnel syndrome“ gibt es. Es ist wohl hierzulande besser unter der Bezeichnung „Handwurzelentzündung“ bekannt, das bei Vielschreibern auftritt.

_Unterm Strich_

Ich habe den Roman in nur zwei Tagen gelesen. Es ist ja bekannt, dass Koontz ungemein lesbar und verständlich schreibt, dabei aber auch die Spannung nicht vergisst. Jede Menge Rätsel wollen gelöst sein. Odd Thomas zeichnet sich zudem durch seine Gabe als „Sprecher für die Toten“ und seinen scharfen Witz aus, der auch vor Politikern nicht Halt macht. (Keine Angst: Es werden nie Namen genannt.)

Der vorliegende dritte Band der Reihe könnte Besorgnis wecken, dass es aufgrund des religiösen Schauplatzes besonders um Gottes- und Glaubensfragen geht. Das mag schon zutreffen, besonders im Finale. Doch die Gottesmänner und -frauen sind alles andere als Heilige. Bei einigen ist es sogar lediglich Tarnung. Doch diejenigen, die echt sind, behandelt Koontz mit Respekt, denn sie versuchen, nichts Böses mehr zu tun und zudem zum Wachsen des Guten beizutragen, etwa durch Kinderpflege und -unterricht.

Ein wenig übertrieben fand ich Koontz‘ gewohntes Predigen, das er Odd Thomas in den Mund legt. Und ebenso übertrieben fand ich die Vorstellung, dass alleine schon zwei besondere Kinderbücher ausreichen könnten, um einen Mafia-Handlanger vom „Pfad des Bösen“ abzubringen. Bei diesen Kinderbüchern handelt es sich um [„Die wundersame Reise von Edward Tulane“ 2621 und „Despereaux – Von einem, der auszog, das Fürchten zu verlernen“. Beide Bücher stammen stammen von Kate DiCamillo. Sie sind auch in Deutschland ziemlich erfolgreich. Aber wer weiß: Sobald ich sie gelesen haben, werde ich vielleicht auch bekehrt, böser Junge, der ich bin …

|Originaltitel: Brother Odd, 2006
Aus dem US-Englischen von Bernhard Kleinschmidt
400 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN-13: 978-3-453-26584-4|

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http://www.dean-koontz.de

Dean Koontz – Forever Odd (Odd Thomas 2)

Spannend & fesselnd: Kampf gegen die Todesgöttin

Odd Smith, ein Koch in einer Frittenbude in Südkalifornien, hat eine einzigartige Fähigkeit: Er kann die Toten sehen. Nur sehr wenige Mitmenschen wissen davon, doch einer seiner Freunde hat einem Außenseiter davon erzählt. Dieser Außenseiter ist gekommen, um sich Odds Fähigkeit anzueignen. Wenn er sie nicht bekommt, wird Odds bester Freund dafür mit dem Leben bezahlen. Odd muss nicht nur seinen übernatürlichen Spürsinn einsetzen, sondern auch sein Köpfchen, um Danny aus dieser Patsche zu helfen.

Diese Besprechung basiert auf der englischsprachigen Originalausgabe.

Der Autor

Dean Koontz wurde 1945 in Pennsylvania geboren, musste in seiner Jugend hungern, schrieb Schundromane für einen Hungerlohn, lernte seine Frau Gerda kennen und konnte schließlich mit ihr nach Kalifornien ziehen, wo das Ehepaar seither stets mit einem Golden Retriever zusammenlebt. Es gibt kein einziges Koontz-Buch der letzten Jahre – etwa seit „Geschöpfe der Nacht“ -, in dem nicht mindestens ein Loblied auf diese Hunderasse angestimmt wird.

Die zahlreichen Thriller und Horror-Romane des schärfsten Konkurrenten von Stephen King wurden sämtlich zu Bestsellern und in über 30 Sprachen übersetzt. Weltweit hat Koontz laut Verlag über 250 Millionen Exemplare verkauft. Leider wurden bislang nur wenige von Koontz‘ Büchern verfilmt. Die beste Verfilmung ist meiner Meinung nach „Intensity“, aber der Film strapaziert die Nerven derart, dass er höchst selten gezeigt wird.

Der Odd-Zyklus bislang:

1) Odd Thomas (2004, deutsch 2006 als [„Die Anbetung“) 3066
2) Forever Odd (2005)
3) Brother Odd (2006)

|Dean Koontz auf Buchwurm.info:|

[„Irrsinn“ 4317
[„Todesregen“ 3840
[„Frankenstein: Das Gesicht“ 3303
[„Die Anbetung“ 3066
[„Kalt“ 1443
[„Der Wächter“ 1145
[„Der Geblendete“ 1629
[„Nacht der Zaubertiere“ 4145
[„Stimmen der Angst“ 1639
[„Phantom – »Unheil über der Stadt«“ 455
[„Nackte Angst / Phantom“ 728
[„Schattenfeuer“ 67
[„Eiszeit“ 1674
[„Geisterbahn“ 2125
[„Die zweite Haut“ 2648

Handlung

Odd Thomas lebt in Pico Mundo, irgendwo in Südkalifornien unweit einer Luftwaffenbasis, und arbeitet hier in einer besseren Frittenbude als Garkoch. Eines Tages musste er sehr zu seinem Leidwesen feststellen, dass er die Fähigkeit besitzt, die Toten zu sehen. Jedenfalls diejenigen, die sich noch an irdische Dinge klammern, so etwa Elvis Presley. Doch als im letzten August ein Irrer ein Massaker in einem Einkaufszentrum anrichten wollte, da war es Odd, dem es gelang, die meisten der Eingesperrten vor der Lastwagenbombe in Sicherheit zu bringen. Bei 41 gelang ihm dies nicht, und 19 von ihnen starben, darunter auch seine Freundin Stormy.

Odd Thomas ist es inzwischen gelungen, sowohl dank seiner Freunde den Verlust zu verwinden als auch von den Medien unbehelligt zu bleiben, was er vor allem der Unterstützung durch Sheriff Wyatt Porter zu verdanken hat, der ihn wie einen Sohn behandelt. Sein bester Freund ist Danny Jessup, doch dieser intelligente junge Mann ist mit Glasknochen (vgl. „Unbreakable“) gestraft, die nicht nur leicht brechen, sondern ihn, nachdem viele Knochen ungleich zusammengewachsen sind, wie einen Krüppel aussehen lassen. Die Schmerzen, die er hat, wenn er sich bewegt, sieht man ihm natürlich nicht an.

In dieser Nacht weckt Odd Thomas die Erscheinung von Dannys Ziehvater, des Radiologen Dr. William Jessup. Der Umstand, dass Jessup nichts sagt, macht Odd klar, dass es sich um einen Geist handelt. Aber wo ist der dazugehörige Tote? Ein Gang zu Jessups Haus zeigt ihm den vermissten Körper, der übel zugerichtet ist. Von Danny jedoch keine Spur. Wurde er entführt? Nach einer kurzen Verfolgung durch die Nacht und den anbrechenden Morgen weiß Odd, wohin die Leute verschwunden sind, die Danny entführt haben. Denn Odd hat einen übernatürlichen Spürsinn für Lebende – er nennt dies seinen psychischen Magnetismus.

Die Spur führt durch ein gigantisches Wasserabflusssystem unter dem Luftwaffenstützpunkt hin zu den Hügeln, in denen die Panaminta-Indianer ein Spielcasino errichtet hatten. Ein Erdbeben ließ hier vor fünf Jahren ein Feuer ausbrechen, das aber Hotel und Spielhölle keineswegs einäscherte. Aufgrund des nachfolgenden Prozesses sind Instandsetzung und Nutzung des Komplexes unterblieben, ja, sogar untersagt. Die psychomagnetische Spur führt hierher.

Aber garantiert wird Odd bereits von Dannys Entführern erwartet. Die Geister der Toten im Casino schrecken ihn nicht, nur die lauernden Leibwächter Dannys – es müssen zwei sein – und deren Anführer, möglicherweise eine Frau, denn Odd hat ihre Fußspuren im Schwemmsand der Kanalröhren gelesen. Sein sechster Sinn warnt Odd vor den Schützen, und so nimmt er den Weg durch einen Aufzugschacht – ins zwölfte Stockwerk.

In Zimmer 1242 sitzt Danny tatsächlich. Odd ist froh, ihn lebend wiederzusehen. Die schlechte Nachricht: Danny sitzt auf einer Bombe und kann sich nicht davon entfernen. Die Bombe kann von der Anführerin der Kidnapper ferngezündet werden. Dieses Problem kann Odd trotz seiner vielen Talente nicht beheben. Bleibt nur das Gespräch mit der Frau, die Geister sehen will. Und das Hoffen auf eine günstige Gelegenheit.

Draußen vor dem Casino-Komplex bricht ein Gewitter los …

Mein Eindruck

„Odd“ bedeutet im Englischen „ungleich, schräg, sonderbar“. Doch das ist das Letzte, das Odd Thomas sein will. Denn es bedeutet, einsam zu sein und jede Hoffnung zu verlieren. Er ist auf seine Freunde angewiesen, und das ist der Hauptgrund, warum er Danny Jessup retten will. Doch dies stellt sich als gar nicht so einfach heraus. Odd kann zwar viel Humor aufbringen, aber bei dieser Gegnerin ist Humor glatter Selbstmord.

Datura, so nennt sich die Frau, war mal Pornodarstellerin, bis sie von ihrem verstorbenen Mann eine Firma für Telefonsex erbte. Über diese lernte sie Danny kennen. Weil sie ein intensives Interesse an allem Okkulten hat, fand sie die Gespräche mit Danny erst dann interessant, als er ihr von Odd Thomas, seinem Freund, erzählte. Doch wo Odd seine übernatürlichen Fähigkeiten stets nur zum Guten einsetzt, will Datura mit solchen Kräften nur ihre Macht vergrößern. Sie hat bereits zwei Muskelmänner zu ihren Zombies gemacht, die ihr aufs Wort gehorchen, aber nie selbst ein Sterbenswörtchen sagen.

Als die ehemalige Pornoqueen mit einem der Totengeister des Casinos spricht, die Odd gerufen hat, enthüllt sie ihre grenzenlose Bosheit. Odd wird geradezu schlecht davon. Glücklicherweise befindet sich unter den Geistern auch ein Poltergeist, der in der Lage ist, unbelebte Objekte zu bewegen. Der von ihm entfachte Sturm aus Trümmern bringt Datura zur Räson – ein wenig. Odd hat endlich die Gelegenheit, sich abzusetzen. Später muss Datura feststellen, dass es noch einen Bewohner des Casinos gibt, und dieser betrachtet es als sein Jagdrevier und Datura demzufolge als seine Beute. So wie Datura kennt die Natur kein Erbarmen – aber auch keine Bosheit.

Manche Elemente der Geschichte erinnerten mich an die Hauptfigur Christopher Snow aus „Geschöpfe der Nacht“ und „Im Bann der Dunkelheit“. Dazu gehören der sonderbare männliche Hauptdarsteller, das unterirdische Tunnelsystem, die mysteriöse Luftwaffenbasis und natürliche die Auseinandersetzung mit übernatürlichen Phänomenen. Doch von Zeitreisen und dergleichen Scherzen hat sich Koontz, der in den 1970er Jahren selbst mal Science-Fiction veröffentlichte, längst verabschiedet. Außer psychischem Magnetismus, Totengeistern und zombieähnlichen Muskelmännern kommen in den Odd-Romanen keine außergewöhnlichen Phänomene vor. Dadurch eignen sie sich auch für Leser von Mainstream-Unterhaltung, die sonst nur einen Krimi in die Hand nehmen würden.

Wie in vielen seiner Romane kommt auch hier ein Schriftsteller vor. Zu allem Überfluss ist der fettleibige Ozzie Boone auch noch ein Autor von Krimis (die im Englischen „Mystery“ heißen, aber nichts mit Mysterien zu tun haben). Mit Odd versteht sich Ozzie ausgezeichnet, und die Unterhaltung, die sie an Ozzies Frühstückstisch führen, ist eine der vergnüglichsten, schrägsten Lektüren, die ich in den letzten Jahren genießen durfte. Nur Ozzies Kater „Terrible Chester“ bereitet Odd wirklich Sorgen, weil er ihn unverwandt anstarrt.

Odd ist ein Ausbund an Selbstironie. So entschuldigt er sich einmal, dass er nicht der Ritter sei, den den schrecklichen Jabberwock erlegt. Das ist ein Hinweis auf das gleichnamige Nonsensgedicht „Jabberwocky“ von Lewis Carroll, dem Schöpfer von Alice im Wunderland (es steht im zweiten Band). Warum sollte sich ein junger Mann mit einem Ritter vergleichen, den sowieso niemand ernst nehmen kann? Das ist ja gerade der Witz.

Auch die Begegnungen mit Elvis „The King“ sind einerseits ironisch, andererseits von echtem Mitgefühl geprägt. Odd hat wie der King seine Mutter verloren und kann nachfühlen, wie es Elvis geht. Wie jeder, der Elvis‘ Biografie gelesen hat, weiß, liebte er seine Mutter Gladys über alles, doch sie starb, bevor er noch den Gipfel seines Ruhm erklommen hatte und geriet – wie sie gesagt hätte – auf Abwege, indem er Drogen missbrauchte und von Medikamenten abhängig wurde. Daher starb er bereits mit 42 Jahren. Der Geist des toten Elvis kann nicht von der Erde lassen, weil er hofft, durch Odd noch einmal seine Mutter sehen zu können – oder weil er fürchtet, was seine Mutter zu ihm als Tadel sagen würde, würde er ihr in die jenseitige Welt folgen. Dem Lesepublikum des Autors dürfte diese Geschichte ganz besonders nahegehen.

Unterm Strich

Ich habe den Roman in zwei Tagen gelesen, denn wie alle Koontz-Romane seit „Dunkle Flüsse des Herzens“ liest sich das Buch leicht, flüssig, amüsant und vor allem spannend. Das Buch ist eine Abrechnung mit den Auswüchsen des Okkultismus, der gerade auch in USA, wo es viele Sekten gibt, verbreitet ist. Datura, die Odd stark an die hinduistische Todesgöttin Kali erinnert, ist eine Art Sektenführerin, und sie ist deshalb so furchteinflößend, weil sie die Macht besitzt, ihre Anhänger in willenlose Zombies und Henkersmaschinen zu verwandeln. Das Gleiche versucht sie natürlich auch bei Odd, doch da beißt sie auf Granit.

Wird es einmal so spannend, dass der Leser an den Nägeln zu kauen beginnt, dann legt der Ich-Erzähler wieder einmal eine seiner Denkpausen ein – und macht als nächstes etwas ganz Anderes als das, was man erwartet hat. So benutzt Odd Thomas beispielsweise Schusswaffen nur im äußersten Notfall und muss sich häufig mit einer alternativen Strategie aus der Patsche helfen.

Das fand ich sehr sympathisch, denn es zeigt Waffenfetischisten (von denen es in Koontz‘ Heimat jede Menge gibt), dass man sich auch auf andere Weise verteidigen kann. Überhaupt ist Odd bzw. Koontz in der Lage, die Amerikaner auch von außen in ihren Eigenarten anzusehen, was bei einem amerikanischen Unterhaltungsschriftsteller ein seltenes Phänomen ist. Vielleicht hat ja seine deutsche Frau Gerda dazu beigetragen.

Auch wenn der Roman für den Krimifan ein paar Längen bereithält und mir einige Elemente schon bekannt vorkamen, so wusste mich die Geschichte von Odd Thomas‘ zweitem Abenteuer zu fesseln und zu unterhalten. Ich werde auf jeden Fall noch sein erstes Abenteuer lesen.

Ausblick

Am Schluss entschließt sich Odd, sich von all den Aufregungen erholen zu wollen und einen „ruhigen“ Ort aufzusuchen. Er erhält die Erlaubnis der katholischen Kirche, der er angehört, als Laie ein Jahr lang in einem Kloster wohnen zu dürfen. Diesen Aufenthalt schildert der Roman „Brother Odd“, der bereits veröffentlicht ist.

Koontz, Dean – Seelenlos (Odd Thomas)

_Kampf gegen die Todesgöttin_

Odd Smith, ein Koch in einer Frittenbude in Südkalifornien, hat eine einzigartige Fähigkeit: Er kann die Toten sehen. Nur sehr wenige Mitmenschen wissen davon, doch einer seiner Freunde hat einem Außenseiter davon erzählt. Dieser Außenseiter ist gekommen, um sich Odds Fähigkeit anzueignen. Wenn er sie nicht bekommt, wird Odds bester Freund dafür mit dem Leben bezahlen. Odd muss nicht nur seinen übernatürlichen Spürsinn einsetzen, sondern auch sein Köpfchen, um Danny aus dieser Patsche zu helfen.

„Seelenlos“ ist die direkte Fortsetzung von [„Die Anbetung“, 3066 in dem Odd Thomas seinen ersten Auftritt hatte.

_Der Autor_

Dean Koontz wurde 1945 in Pennsylvania geboren, musste in seiner Jugend hungern, schrieb Schundromane für einen Hungerlohn, lernte seine Frau Gerda kennen und konnte schließlich mit ihr nach Kalifornien ziehen, wo das Ehepaar seither stets mit einem Golden Retriever zusammenlebt. Es gibt kein einziges Koontz-Buch der letzten Jahre – etwa seit „Geschöpfe der Nacht“ -, in dem nicht mindestens ein Loblied auf diese Hunderasse angestimmt wird.

Die zahlreichen Thriller und Horror-Romane des schärfsten Konkurrenten von Stephen King wurden sämtlich zu Bestsellern und in über 30 Sprachen übersetzt. Weltweit hat Koontz laut Verlag über 300 Millionen Exemplare verkauft. Leider wurden bislang nur wenige von Koontz‘ Büchern verfilmt. Die beste Verfilmung ist meiner Meinung nach „Intensity“, aber der Film strapaziert die Nerven derart, dass er höchst selten gezeigt wird.

Der |Odd|-Zyklus bislang:

1) Odd Thomas (2004, deutsch 2006 als „Die Anbetung“)
2) Forever Odd (2005)
3) Brother Odd (2006)
4) Odd Hours (Mai 2008)
5) In Odd We Trust (Juli 2008, Graphic Novel)

|Dean Koontz auf Buchwurm.info:|

[„Irrsinn“ 4317
[„Todesregen“ 3840
[„Frankenstein: Das Gesicht“ 3303
[„Die Anbetung“ 3066
[„Kalt“ 1443
[„Der Wächter“ 1145
[„Der Geblendete“ 1629
[„Nacht der Zaubertiere“ 4145
[„Stimmen der Angst“ 1639
[„Phantom – »Unheil über der Stadt«“ 455
[„Nackte Angst / Phantom“ 728
[„Schattenfeuer“ 67
[„Eiszeit“ 1674
[„Geisterbahn“ 2125
[„Die zweite Haut“ 2648

_Handlung_

Odd Thomas lebt in Pico Mundo, irgendwo in Südkalifornien unweit einer Luftwaffenbasis, und arbeitet hier in einer besseren Frittenbude als Garkoch. Eines Tages musste er sehr zu seinem Leidwesen feststellen, dass er die Fähigkeit besitzt, die Toten zu sehen. Jedenfalls diejenigen, die sich noch an irdische Dinge klammern, so etwa Elvis Presley. Doch als im letzten August ein Irrer ein Massaker in einem Einkaufszentrum anrichten wollte, da war es Odd, dem es gelang, die meisten der Eingesperrten vor der Lastwagenbombe in Sicherheit zu bringen. Bei 41 gelang ihm dies nicht, und 19 von ihnen starben, darunter auch seine Freundin Stormy.

Odd Thomas ist es inzwischen gelungen, sowohl dank seiner Freunde den Verlust zu verwinden als auch von den Medien unbehelligt zu bleiben, was er vor allem der Unterstützung durch Sheriff Wyatt Porter zu verdanken hat, der ihn wie einen Sohn behandelt. Sein bester Freund ist Danny Jessup, doch dieser intelligente junge Mann ist mit Glasknochen (vgl. „Unbreakable“) gestraft, die nicht nur leicht brechen, sondern ihn, nachdem viele Knochen ungleich zusammengewachsen sind, wie einen Krüppel aussehen lassen. Die Schmerzen, die er hat, wenn er sich bewegt, sieht man ihm natürlich nicht an.

In dieser Nacht weckt Odd Thomas die Erscheinung von Dannys Ziehvater, des Radiologen Dr. William Jessup. Der Umstand, dass Jessup nichts sagt, macht Odd klar, dass es sich um einen Geist handelt. Aber wo ist der dazugehörige Tote? Ein Gang zu Jessups Haus zeigt ihm den vermissten Körper, der übel zugerichtet ist. Von Danny jedoch keine Spur. Wurde er entführt? Nach einer kurzen Verfolgung durch die Nacht und den anbrechenden Morgen weiß Odd, wohin die Leute verschwunden sind, die Danny entführt haben. Denn Odd hat einen übernatürlichen Spürsinn für Lebende – er nennt dies seinen psychischen Magnetismus.

Die Spur führt durch ein gigantisches Wasserabflusssystem unter dem Luftwaffenstützpunkt hin zu den Hügeln, in denen die Panaminta-Indianer ein Spielcasino errichtet hatten. Ein Erdbeben ließ hier vor fünf Jahren ein Feuer ausbrechen, das aber Hotel und Spielhölle keineswegs einäscherte. Aufgrund des nachfolgenden Prozesses sind Instandsetzung und Nutzung des Komplexes unterblieben, ja, sogar untersagt. Die psychomagnetische Spur führt hierher.

Aber garantiert wird Odd bereits von Dannys Entführern erwartet. Die Geister der Toten im Casino schrecken ihn nicht, nur die lauernden Leibwächter Dannys – es müssen zwei sein – und deren Anführer, möglicherweise eine Frau, denn Odd hat ihre Fußspuren im Schwemmsand der Kanalröhren gelesen. Sein sechster Sinn warnt Odd vor den Schützen, und so nimmt er den Weg durch einen Aufzugschacht – ins zwölfte Stockwerk.

Die gute Nachricht: In Zimmer 1242 sitzt Danny tatsächlich. Odd ist froh, ihn lebend wiederzusehen. Die schlechte Nachricht: Danny sitzt auf einer Bombe und kann sich nicht davon entfernen. Die Bombe kann von der Anführerin der Kidnapper ferngezündet werden. Dieses Problem kann Odd trotz seiner vielen Talente nicht beheben. Bleiben nur das Gespräch mit der Frau, die wie Odd Thomas die Geister sehen will – und das Hoffen auf eine günstige Gelegenheit …

_Mein Eindruck_

„Odd“ bedeutet im Englischen „ungleich, schräg, sonderbar“. Doch das ist das Letzte, das Odd Thomas sein will. Denn es bedeutet, einsam zu sein und jede Hoffnung zu verlieren. Er ist auf seine Freunde angewiesen, und das ist der Hauptgrund, warum er Danny Jessup retten will. Doch dies stellt sich als gar nicht so einfach heraus. Odd kann zwar viel Humor aufbringen, aber bei dieser Gegnerin ist Humor glatter Selbstmord.

Datura, so nennt sich die Frau, war mal Pornodarstellerin, bis sie von ihrem verstorbenen Mann eine Firma für Telefonsex erbte. Über diese lernte sie Danny kennen. Weil sie ein intensives Interesse an allem Okkulten hat, fand sie die Gespräche mit Danny erst dann interessant, als er ihr von Odd Thomas, seinem Freund, erzählte. Doch wo Odd seine übernatürlichen Fähigkeiten stets nur zum Guten einsetzt, will Datura mit solchen Kräften nur ihre Macht vergrößern. Sie hat bereits zwei Muskelmänner zu ihren Zombies gemacht, die ihr aufs Wort gehorchen, aber nie selbst ein Sterbenswörtchen sagen.

Als die ehemalige Pornoqueen mit einem der Totengeister des Casinos spricht, die Odd gerufen hat, enthüllt sie ihre grenzenlose Bosheit. Odd wird geradezu schlecht davon. Glücklicherweise befindet sich unter den Geistern auch ein Poltergeist, der in der Lage ist, unbelebte Objekte zu bewegen. Der von ihm entfachte Sturm aus Trümmern bringt Datura zur Räson – ein wenig. Odd hat endlich die Gelegenheit, sich abzusetzen. Später muss Datura feststellen, dass es noch einen Bewohner des Casinos gibt, und dieser betrachtet es als sein Jagdrevier und Datura demzufolge als seine Beute. So wie Datura kennt die Natur kein Erbarmen – aber auch keine Bosheit.

Wieder einmal hat Koontz sein Urthema umgesetzt: Der Kampf gegen das Böse fordert Freundschaft und Menschlichkeit gleichermaßen heraus. Diesmal haben die „Guten“ aber auch die Toten und die Natur auf ihrer Seite.

|Vorbilder|

Manche Elemente der Geschichte erinnerten mich an die Hauptfigur Christopher Snow aus „Geschöpfe der Nacht“ und „Im Bann der Dunkelheit“. Dazu gehören der sonderbare männliche Hauptdarsteller, das unterirdische Tunnelsystem, die mysteriöse Luftwaffenbasis und natürlich die Auseinandersetzung mit übernatürlichen Phänomenen. Hier ist also nichts Neues zu erhalten.

Doch von Zeitreisen und dergleichen Scherzen hat sich Koontz, der in den 1970er Jahren selbst mal Sciencefiction veröffentlichte, längst verabschiedet. Außer psychischem Magnetismus, Totengeistern und zombieähnlichen Muskelmännern kommen in den Odd-Romanen keine außergewöhnlichen Phänomene vor. Dadurch eignen sie sich auch für Leser von Mainstream-Unterhaltung, die sonst nur einen Krimi in die Hand nehmen würden.

|Autor|

Wie in vielen seiner Romane kommt auch hier ein Schriftsteller vor. Zu allem Überfluss ist der fettleibige Ozzie Boone auch noch ein Autor von Krimis (die im Englischen „Mystery“ heißen, aber nichts mit Mysterien zu tun haben). Mit Odd versteht sich Ozzie ausgezeichnet, und die Unterhaltung, die sie an Ozzies Frühstückstisch führen, ist eine der vergnüglichsten, schrägsten Lektüren, die ich in den letzten Jahren genießen durfte. Nur Ozzies Kater „Terrible Chester“ bereitet Odd wirklich Sorgen, weil er ihn unverwandt anstarrt.

|Ritter|

Odd ist ein Ausbund an Selbstironie. So entschuldigt er sich einmal, dass er nicht der Ritter sei, der den schrecklichen Jabberwock erlegt. Das ist ein Hinweis auf das gleichnamige Nonsensgedicht „Jabberwocky“ von Lewis Carroll, dem Schöpfer von Alice im Wunderland (es steht im zweiten Band). Warum sollte sich ein junger Mann mit einem Ritter vergleichen, den sowieso niemand ernst nehmen kann? Das ist ja gerade der Witz.

|The King|

Auch die Begegnungen mit Elvis „The King“ sind einerseits ironisch, andererseits von echtem Mitgefühl geprägt. Odd hat wie der King seine Mutter verloren und kann nachfühlen, wie es Elvis geht. Wie jeder, der Elvis‘ Biografie gelesen hat, weiß, liebte er seine Mutter Gladys über alles, doch sie starb, bevor er noch den Gipfel seines Ruhm erklommen hatte, und er geriet – wie sie gesagt hätte – auf Abwege, indem er Drogen missbrauchte und von Medikamenten abhängig wurde. Daher starb er bereits mit 42 Jahren. Der Geist des toten Elvis kann nicht von der Erde lassen, weil er hofft, durch Odd noch einmal seine Mutter sehen zu können – oder weil er fürchtet, was seine Mutter zu ihm als Tadel sagen würde, würde er ihr in die jenseitige Welt folgen. Dem Lesepublikum des Autors dürfte diese Geschichte ganz besonders nahegehen.

|Die Übersetzung|

Die Übersetzung durch Bernhard Kleinschmidt zeugt von großer Sorgfalt und einem breitgefächerten wie auch tiefreichenden Verständnis der amerikanischen Sprache (die sich deutlich von der britischen unterscheidet). Wie ich an dem Originaltext von „Seelenlos“ nachgelesen habe, ist Koontz ein äußerst präzise beschreibender Stilist, der selbst für die ausgefallensten Tätigkeiten und Dinge stets das einzige genau passende Wort findet.

Das stellt hohe Anforderungen an jeden Übersetzer, denn manchmal ist die deutsche Sprache nicht präzise genug, um die genaue Entsprechung liefern zu können. Dann muss sich der Übersetzer einen Ersatz einfallen lassen, der nicht plump und nach Umgangssprache klingt. Kleinschmidt ist dies durchweg überzeugend gelungen.

_Unterm Strich_

Ich habe den Roman in zwei Tagen gelesen, denn wie alle Koontz-Romane seit „Dunkle Flüsse des Herzens“ liest sich das Buch leicht, flüssig, amüsant und vor allem spannend. Das Buch ist eine Abrechnung mit den Auswüchsen des Okkultismus, der gerade auch in den Vereinigten Staaten, wo es bekanntlich viele Sekten gibt, verbreitet ist.

Datura, die den Helden stark an die hinduistische Todesgöttin Kali erinnert, ist eine abgebrühte Sektenführerin, und sie ist deshalb so furchteinflößend, weil sie die Macht besitzt, ihre Anhänger in willenlose Zombies und Henkersmaschinen zu verwandeln. Das Gleiche versucht sie natürlich auch bei Odd, doch da beißt sie auf Granit.

Wird es einmal so spannend, dass der Leser an den Nägeln zu kauen beginnt, dann legt der Ich-Erzähler wieder einmal eine seiner Denkpausen ein – und macht als Nächstes etwas ganz anderes als das, was man erwartet hat. So benutzt Odd Thomas beispielsweise Schusswaffen nur im äußersten Notfall und muss sich häufig mit einer alternativen Strategie aus der Patsche helfen.

Das fand ich sehr sympathisch, denn es zeigt Waffenfetischisten (von denen es in Koontz‘ Heimat jede Menge gibt), dass man sich auch auf andere Weise verteidigen kann. Überhaupt ist Odd bzw. Koontz in der Lage, die Amerikaner auch von außen in ihren Eigenarten anzusehen, was bei einem amerikanischen Unterhaltungsschriftsteller ein seltenes Phänomen ist. Vielleicht hat ja seine deutsche Frau Gerda dazu beigetragen.

Auch wenn der Roman für den Krimifan ein paar Längen bereithält und mir einige Elemente schon bekannt vorkamen (siehe oben), so wusste mich die Geschichte von Odd Thomas‘ zweitem Abenteuer zu fesseln und zu unterhalten. Ich werde auf jeden Fall noch sein erstes Abenteuer lesen.

|Ausblick|

Am Schluss entschließt sich Odd, sich von all den Aufregungen erholen zu wollen und einen „ruhigen“ Ort aufzusuchen. Er erhält die Erlaubnis der katholischen Kirche, der er angehört, als Laie ein Jahr lang in einem Kloster wohnen zu dürfen. Diesen Aufenthalt schildert die Fortsetzung „Brother Odd“, die bereits im Original veröffentlicht wurde.

|Originaltitel: Forever Odd, 2005
368 Seiten, Hardcover
Aus dem US-Englischen von Bernhard Kleinschmidt|
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[NEWS] Dean Koontz – Opferweg (Odd Thomas 7)

Odd Thomas ist am Ende seiner Reise angekommen. Seit seine Freundin ermordet wurde, hat er Entsetzliches erlebt und grauenhafte Untaten verhindert, er hat blinden Hass und Mordlust kennengelernt, aber auch tiefste menschliche Liebe. Nun kehrt er zurück in seinen Heimatort Pico Mundo, wo seine Feinde ein letztes blutiges Komplott planen. Sie sind viel mächtiger als er, der Tod scheint ihm gewiss – aber wer sollte sonst seine Freunde retten? (Verlagsinfo)

Taschenbuch: 400 Seiten
Originaltitel: Saint Odd
Heyne