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Minte-König, Bianka – Louisa – Mein Herz so schwer (Die dunkle Chronik der Vanderborgs 3)

_|Die dunkle Chronik der Vanderborgs|:_

Band 1: [„Estelle – Dein Blut so rot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6693
Band 2: [„Amanda – Deine Seele so wild“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7283
Band 3: _“Louisa – Mein Herz so schwer“_

Mit „Louisa – Mein Herz so schwer“ hat Bianka Minte-König nun den dritten und abschließenden Teil ihrer Chronik um die Familie Vanderborg vorgelegt und ihr einen würdigen (und für manche vielleicht überraschenden) Abschluss verliehen.

Zeitlich macht Minte-König diesmal einen gewaltigen Sprung nach vorn, denn das neue Buch spielt nach der Wiedervereinigung. Louisa, die letzte Nachfahrin der Vanderborgs studiert gerade in Berlin Schauspiel, als ihre Mutter Post von einer Anwaltskanzlei bekommt. Man informiert sie, dass eventuell Ansprüche auf die Rückgabe des Guts Blankensee bestünden. Ob sie Interesse hätte? Louisas Mutter will mit dem Gut nichts zu tun haben und lehnt weitere Schritte kategorisch ab. Louisa selbst – offensichtlich von der Energie der Jugend ergriffen – sieht sich bereits als Gutsbesitzerin und ist ihrerseits von der Idee begeistert. Also nimmt sie Kontakt mit der Kanzlei auf, bis ihr schließlich das Gut zugesprochen wird. Die Tatsache, dass es eigentlich nur noch eine Ruine ist, wird gemildert von dem glücklichen Zufall, dass in ihrer WG auch ein angehender Architekt wohnt, der Blankensee sofort zu seinem Projekt erklärt.

Noch während ihr das Gut überschrieben wird, ereilen sie plötzlich erotische Träume. Ihre Überraschung ist groß, als sie feststellt, dass sich unter dem Gut ein geheimes Gewölbe befindet, unter dem der geheimnisvolle Mann ihrer Träume auf sie wartet. Er stellt sich als Amadeus vor und Louisa soll bald lernen, dass er ein Vampir ist. Er will ihr unbedingt den Blutkuss geben, da er überzeugt ist, sie beide seien füreinander bestimmt. Auch Louisa fühlt sich von Amadeus magisch angezogen, doch gleichzeitig wird auch ihre Beziehung zu dem Architekten Marc immer enger. Für wen soll sie sich also entscheiden?

Und auch alte Feinde und Freunde spielen in „Louisa – Mein Herz so schwer“ natürlich wieder eine Rolle, denn auch Karolus Utz sinnt immer noch darauf, das Geschlecht der Vanderborgs auszulöschen. Das bringt Louisa genau in die Schusslinie und so hat sie einige Abenteuer zu bestehen, bis sie in die Arme ihres Erwählten fallen darf.

Zunächst erscheint der Zeitsprung in die Gegenwart wie eine kalte Dusche, die den Leser recht unvorbereitet trifft. Schließlich hatte man es sich im historischen Setting so gemütlich eingerichtet. Offensichtlich hatte auch die Autorin ihre liebe Not, sich der Gegenwart anzunähern. Zwar bringt sie Zeitbezüge, um ihre Handlung zu verorten (so sieht sich Louisa im Kino „Fluch der Karibik“ an), doch sprachlich fühlt sie sich offenbar in der Vergangenheit wohler. So tauchen von Zeit zu Zeit veraltete Redewendungen oder Wörter auf, die ein zwanzigjähriges Mädchen wohl so nicht gebrauchen würde (z. B. „unschicklich“ oder „delektieren“). Doch ein großer Teil des Charmes der Reihe war ja bisher die verschnörkelte, fast antiquierte Sprache und so kann man diese Ausrutscher der Autorin verzeihen.

Besonders schön gelungen ist Minte-Königs Beschreibung von Gut Blankensee. Zwar bleibt schleierhaft, wie es Louisa mit ihrem BAFÖG schafft, ein Gut zu renovieren (auch eine Muskelhypothek schützt schließlich nicht davor, Baumaterial kaufen zu müssen), doch Louisas ganz altmodische Bindung an die „Scholle“ ist ein wunderbares Thema des Romans. Zunächst sieht sie sich – ganz naiv – als Gutsbesitzerin auf der Freitreppe stehen und Gäste begrüßen, doch je mehr Zeit sie in Blankensee verbringt, desto mehr wächst ihr das Haus tatsächlich ans Herz. Dass sie sich trotz aller Widrigkeiten – und der dunklen Vergangenheit des Guts – für den Besitz entscheidet, ist in einer von Rastlosigkeit geprägten Zeit vielleicht altmodisch, aber darum umso sympathischer. Letztendlich ist das Gut das eigentliche Zentrum der Trilogie, denn es ist die Konstante, die sich durch alle drei Romane zieht. Die Charaktere wechseln und die Zeit vergeht, doch das Gut ist eine steinerne Erinnerung an die Vergangenheit und ein Versprechen an die Zukunft. Louisa hat das begriffen. Ohne Familiengeschichte oder Verwandtschaft aufgewachsen findet sie in Blankensee das, wonach sie ein Leben lang gesucht hat – einen Ort, an den sie gehört.

Überraschend ist wohl, dass Minte-König mit „Louisa“ einen Anti-Vampir-Liebesroman geschrieben hat. Denn auch wenn sich Louisa magisch zu Amadeus hingezogen fühlt, so weiß sie doch, dass seine Liebe eine zerstörerische ist, die keine Zukunft hat. Hat nicht der Blutkuss bisher allen in ihrer Familie nur Unglück gebracht? Gilt nicht das gleiche für die alles verzehrende Liebe, der sich die Vanderborg-Frauen bisher immer unterwarfen und die stets zu ihrem Untergang führten? Louisa entscheidet sich schließlich für die vermeintlich langweiligere Alternative: Sie gibt Amadeus den Laufpass und bindet sich an Marc – den bodenständigen, menschlichen Marc. Diese Beziehung ist vielleicht unspektakulär, aber sie ist zukunftsfähig. Damit hat Louisa begriffen, was tausende Twilight-Mädels noch erkennen müssen: Dass nämlich die überlebensgroße, alles verzehrende Liebe zerstörerisch ist und in eine Sackgasse führt. Es gibt sie auch in „Louisa“ – Amadeus propagiert sie unablässig, indem er Louisa die vermeintliche Schicksalhaftigkeit ihre Liebe vor Augen zu führen versucht. Doch in ihrer Intensität haben Amadeus‘ Gefühle etwas Beängstigendes, da Absolutes. Er akzeptiert kein Nein – nicht einmal von Louisa selbst. Dass Mensch (und Vampir) sich widerstandslos dem Gefühl unterwerfen müssen, ist ein Topos der Dark Romance. Umso erfrischender ist, dass Binka Minte-König sich hier gegen den Mainstream stellt und die normale, menschliche, alltägliche Liebe siegen lässt. Denn diese ist es, die ein Leben lang wärmen kann. Wohingegen Amadeus‘ Liebe alles in ihrem Umkreis verbrennt.

Und damit ist auch der Vampirfluch gebrochen, denn es wird keine weiteren Blut trinkenden Frauen in der Familie geben. Die tragischen Geschichten von Estelle und Amanda werden versöhnt durch Louisa, die sich nach einem Jahrhundert der schicksalhaften Unglücke wieder dem Licht und dem Leben zuwendet. Demnach sei das Buch allen ans Herz gelegt, die meinen, von einem selbstzerstörerischen und überdramatischen Vampir geküsst zu werden, sei das Maß aller Dinge.

|Taschenbuch: 448 Seiten
ISBN-13: 978-3800095476|
[www.otherworld-verlag.com]http://www.otherworld-verlag.com

Minte-König, Bianka – Amanda – Deine Seele so wild (Die Dunkle Chronik der Vanderborgs 2)

_|Die dunkle Chronik der Vanderborgs|:_

Band 1: [„Estelle – Dein Blut so rot“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6693
Band 2: _“Amanda – Deine Seele so wild“_
Band 3: „Louisa – Mein Herz so schwer“ (September 2011)

In „Estelle – Dein Blut so rot“ beschrieb Bianka Minte-König eine große vampirische Romanze zwischen ihrer Titelheldin Estelle und deren Liebhaber Amadeus. Aus dieser Beziehung ging eine Tochter hervor, Amanda, und um diese entspinnt Minte-König im zweiten Teil der „Dunklen Chronik der Vanderborgs“ eine neue Geschichte um Liebe, Identität und deutsche Geschichte.

Amanda wächst zunächst behütet auf dem Gut Blankensee unweit von Berlin auf. Ihre Mutter jedoch verfällt nach dem Tod ihres Geliebten in Depressionen und verschwindet schließlich sogar. Als mit vierzehn Jahren Amandas vampirisches Erbe hervorbricht und sie ihr Dienstmädchen in den Hals beißt, steckt sie ihr Onkel in die Nervenheilanstalt. So ist er das verrückte Kind los und kann sich dessen Erbe unter den Nagel reißen. Amanda wird derweil von Professor Müller-Wagner einer revolutionären Therapie unterzogen – man malträtiert sie mit Elektroschocks, in der Hoffnung, ihr Hirn wieder richtig zu polen. Erst nach drei Jahren entkommt sie dieser Hölle, als sich ein Freudianer, der junge Conrad Lenz, in der Anstalt einfindet und sich der mittlerweile katatonischen jungen Frau annimmt. Mit Hilfe der Psychoanalyse versucht er zu Amanda durchzudringen, die aufgrund der brutalen Elektroschockbehandlung unter Amnesie leidet.

So vergeht der erste Teil des Romans damit, dass Amanda ihre Vergangenheit langsam wieder zusammensetzt, bevor sich eine zarte Liebe zwischen ihr und Conrad entspinnt. Als dann überraschend ein Brief ihrer Mutter eintrifft, macht es Amanda sich zur Aufgabe, Estelle aus den Fängen ihres Ehemanns Karolus Utz zu befreien, der sie auf der karpatischen Familienburg gefangen hält. Zu diesem Zweck reisen Amanda, Conrad und der alte Vanderborg zurück in die polnischen Karpaten, wo sie auch tatsächlich Estelle – aber eben leider auch Utz vorfinden. In einer dramatischen Flucht von der Burg kommen sie gerade so mit dem Leben davon. Zurück in Berlin wird das Glück, dass Conrad und Amanda miteinander empfinden durch Kinder gekrönt. Allerdings werden die gesellschaftlichen und politischen Umstände bald wieder prekär und als Hitler an die Macht kommt, ist den beiden klar, dass ein neuer Krieg am Horizont heraufzieht.

_Bianka Minte-König ist_ dem Konzept, das sie für „Estelle“ entwickelt hatte, auch in dieser Fortsetzung treu geblieben. Die Handlungsschauplätze pendeln zwischen Berlin, Blankensee und den Karpaten und auch die Liebesgeschichte zwischen Amanda und Conrad verläuft in durchaus erwartbaren Bahnen. Aus dieser Richtung sind also kaum Überraschungen zu erwarten. Am besten gelungen ist Minte-König wohl der Beginn des Romans: Der Handlungsschauplatz der Nervenheilanstalt ist mit kalter Präzision beschrieben und Amandas Grauen angesichts dieser modernen Folterkammer kommt ungefiltert beim Leser an. Ebenso interessant lesen sich die Passagen zum Thema Psychoanalyse und Freud, die in krassem Gegensatz zu Müller-Wagners mittelalterlich anmutender Schocktherapie steht. Dass Amanda zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hat, dass sie ein Vampir ist, macht die ganze Sache nur noch spannender, denn so können Therapeut und Patientin über ihr dunkles Es spekulieren, ohne zu realisieren, dass es eben nicht Amandas Unbewusstes ist, dass ihr solche Probleme bereitet, sondern ihr ganz realer Blutdurst. Eine psychoanalytische Interpretation des Vampirthemas ist nicht neu und drängt sich in diesem Sujet geradezu auf. Trotzdem gehen diese Passagen kaum in die Tiefe und kratzen nur küchenpsychologisch an Amandas „so wilder Seele“. Immerhin, einen Vampir in eine Nervenheilanstalt zu stecken ist eine durchaus originelle Idee, gerade weil hier sowohl Vampir als auch Therapeut im Dunkeln tappen.

Leider versteht es Minte-König nicht, die moralische Problematik des Vampirismus wirklich auszuloten, stattdessen lässt sie ihre Heldin im Angesicht ihres Blutdursts mal mitfühlend, mal kaltherzig reagieren – gerade wie es die Handlung im Moment verlangt. So pendelt Amanda stets zwischen Gutmenschentum und geradezu lästerlicher Menschenverachtung. Im einen Moment noch lamentiert sie darüber, dass das Töten von Menschen ihr moralisch zu schaffen macht und im nächsten erörtert sie, dass es geradezu ein Gnadenakt sei, Arbeitslose und Kriegsversehrte per Vampirbiss von ihrem tristen irdischen Dasein zu befreien. Minte-König lässt diese zweifelhaften Gedankengänge unkommentiert im Text stehen. Nie erlaubt sie ihrer Protagonistin eine wirklich ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen Problemen und so schleicht sich die Schizophrenie, die Conrad Lenz zu Beginn noch heilen wollten, durch die Hintertür dann doch wieder in Amandas Psyche.

Grundsätzlich scheint Bianka Minte-König nach dem Motto „Drama, Baby!“ zu arbeiten, denn an jeder Weggabelung in Amandas Leben wählt die Autorin den Pfad, der ihrer Heroine den meisten Herzschmerz bereiten wird. Amanda verliert ihre Mutter. Amanda kommt in die geschlossene Anstalt. Amanda erringt die Freiheit, hat aber keine Bürgerrechte mehr. Amanda findet ihre Mutter wieder, nur um sie sofort wieder zu verlieren. Amanda verliebt sich in Conrad, den aber auch ein düsteres Schicksal ereilt. Amanda bekommt Zwillinge, doch ein Kind stirbt tragisch … und so weiter. Amandas Leben verläuft damit auf dermaßen hohem dramatischem Level, dass dem Leser von Zeit zu Zeit die Puste auszugehen droht. So viel Pech kann doch eine einzelne Romanfigur gar nicht haben, oder? Und wenn Minte-König dann nicht nur das Level, sondern auch noch das Tempo des Dramas anhebt, dann bleibt der Leser vollends auf der Strecke. So krankt leider der gesamte Handlungsstrang in den Karpaten daran, von allem einfach zu viel vorzuweisen – zur völligen Aufgabe jeglicher Plausibilität. Da präsentiert Minte-König ausgestorbene Dörfer, Mädchenleichen, die auf Misthaufen entsorgt werden, ein mittelalterliches Bankett, Blutsklavinnen, eine brennende Burg, eine Flucht über unwegsame Bergpässe und natürlich heulende Wolfsrudel. Damit allein hätte sich ein ganzer Roman füllen lassen – Minte-König stopft all diese Handlungselemente jedoch in 100 Seiten, die den Leser reichlich atemlos und verwirrt zurücklassen.

Etwas beschaulicher geht es im letzten Teil des Romans zu, wo sich Minte-König wieder darauf beschränkt, ihre Figuren als exemplarische Vertreter ihrer Zeit in ein sprudelndes Berlin zu stellen. Da geht es um politische und gesellschaftliche Umbrüche, den Aufstieg des Nationalsozialismus, Amandas Arbeit in der Gewerkschaft und es gibt – wie auch schon in „Estelle“ – viele gut gelungene Szenen über das Berliner Leben, komplett mit Kleinkunst, Kabarett und Berliner Schnauze. Darüber gerät Minte-König manchmal ins referieren und vergisst ihre eigentliche Handlung, doch das ist nach dem völlig unüberschaubaren Karpatenplot geradezu erholsam.

_“Amanda – Deine Seele so wild“_ ist eine etwas unausgegorene Fortsetzung, die vielversprechend beginnt und nach einer chaotischen Mitte eher bedächtig ausklingt. Doch wie im Liebesroman üblich, ist auch hier alles besonders groß: Die Liebe, das Drama und der Herzschmerz. Darüber hinaus punktet die Autorin auch hier wieder mit einem detailliert recherchierten Setting, das der eigentlichen Vampirstory fast die Schau stielt. Wer sich also bei der Lektüre in ganz große Gefühle fallen lassen will, der ist bei Bianka Minte-König richtig. Realisten sind hier eher fehl am Platze.

|Taschenbuch: 424 Seiten
ISBN-13: 978-3800095346|
[www.otherworld-verlag.com]http://www.otherworld-verlag.com/index.php?set__language=de&cccpage=bucher__toptitel

Gord Rollo – Amputiert

Obdachlos und verzweifelt gerät Michael Fox in die Fänge eines skrupellosen ‚Arztes‘, der ihn im Verlauf wahnwitziger ‚medizinischer‘ Experimente buchstäblich in Stücke schneidet … – Die simple bzw. geradlinige und mit drastischen Effekten nicht sparende Story erinnert an den Trash-Horror-Papst Richard Laymon, ist aber vor allem stilistisch besser geraten: Splatter-Grusel mit gefühlvoll gedachten jedoch klischeestarken Zwischenspielen.
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Minte-König, Bianka – Estelle – Dein Blut so rot (Die dunkle Chronik der Vanderborgs 1)

Bianka Minte-König schreibt eigentlich Jugendbücher für pubertierende Mädchen, gern auch mit tatkräftiger Unterstützung ihrer eigenen Tochter Gwyneth Minte. Mit „Estelle – Dein But so rot“ jedoch, dem ersten Teil der „Dunklen Chronik der Vanderborgs“, wagt sie sich nun vor ins Erwachsenengenre, leicht zu erkennen an der blassen Schönheit auf dem Cover, die lüstern-mysteriös vom Buchdeckel herabschaut. Es fehlt eigentlich nur noch der halbnackte, langhaarige Mann, der sie in seine Arme schließt, um programmatisch klarzumachen, worum es in „Estelle“ geht: Denn natürlich handelt es sich beim vorliegenden Roman um eine dieser Vampirromanzen, die momentan den Buchmarkt zu überschwemmen drohen und innerhalb klar abgesteckter Handlungsschemata immer wieder die gleiche Geschichte erzählen. Immerhin hat Bianka Minte-König versucht, dem Genre ihren eigenen Stempel aufzudrücken, unter anderem auch, indem sie die Handlung ganz bodenständig nach Deutschland verlegt. Zumindest für große Teile …

_Wir befinden uns_ im Berlin der Jahrhundertwende. Vanderborg ist ein Tüftler, der von allem fasziniert ist, was mit Elektrik und Strom zu tun hat. Für den Großen Pilati, einen Zauberkünstler, baut er Maschinen, um dessen Illusionen überhaupt erst möglich zu machen. Seine neueste Erfindung ist eine Vampirfangmaschine, und weil so ein Vampir eine absolute Attraktion in Pilatis Bühnenshow wäre, fährt Vanderborg – seinen Sohn Friedrich, seine Tochter Estelle und eben jene Maschine im Gepäck – nach Polen, um sich dort einen Vampir zu fangen. Das kann so schwierig schließlich nicht sein! Leider geht die ganze Aktion jedoch vollkommen schief. Estelle wird während der Fangaktion vom Blitz getroffen. So scheint es jedenfalls. Was jedoch weder Vanderborg noch Friedrich begreifen ist, dass ihnen tatsächlich ein Vampir ins Netz gegangen ist: Im entscheidenden Moment ist nämlich die Vampirin Eleonore in Estelle gefahren, um fortan in deren Körper zu leben.

Für sie ist es eine Chance und ein Neuanfang. Mit Vanderborg und Friedrich fährt sie zurück nach Berlin. Zwar stellt sie bald fest, dass sie immer noch ein Vampir ist (so verträgt sie kaum Sonnenlicht und braucht regelmäßig Blut), doch eröffnen sich ihr auch ganz neue Möglichkeiten. Zusammen mit den beiden Männern fährt sie zur Weltausstellung nach Paris, da der Große Pilati dort eine Anstellung hat. Seine Illusionsmaschinen werden jedoch nicht geliefert und die ganze Reise endet in der Katastrophe – und in der Pleite. Den Karren aus dem Dreck zu ziehen fällt an Estelle. Sie soll den reichen Bankier Karolus Utz heiraten, um die Familie wieder solvent zu machen. Die Ehe steht jedoch unter einem schlechten Stern. Utz ist nicht gerade ein vorbildlicher Ehemann. Er hat eine Geliebte, die Estelle verabscheut. Doch kann Estelle Utz diese Tatsache moralisch bald nicht mehr vorwerfen, denn als sie den Soldaten Amadeus kennenlernt, beginnt auch sie eine Affäre. Das kann natürlich nicht endlos gut gehen, doch zunächst kommt der Erste Weltkrieg dazwischen und Liebesdinge müssen hintan gestellt werden.

_In vielerlei Hinsicht_ ist „Estelle“ ein Roman wie tausend andere. Die Hauptfigur ist eine vom Schicksal gebeutelte Heroine, wunderschön und eigentlich gutherzig, der jedoch aufgrund der äußeren Umstände ein tragisches Schicksal zugefallen ist. In Estelles (bzw. Eleonores) Fall begann alles damit, dass der Gutsherr ihres Dorfes sie töten ließ. Sterbend, verfluchte sie ihn und sein Geschlecht und kam als Wiedergänger wieder, um jeden in der Familie des Gutsherren ins Jenseits zu befördern. Dass diese Art der Vampirwerdung auch innerhalb des Romans eine Sonderstellung einnimmt (alle anderen Vampire werden klassisch durch Biss vampirisiert), wird zwar thematisiert, jedoch nie logisch aufgeklärt. Vermutlich ging es Minte-König allein darum zu zeigen, dass Eleonore unschuldig an ihrem Schicksal ist, um ihr keine Lesersympathien zu entziehen.

Und natürlich gibt es eine überlebensgroße, alles verschlingende Liebe. Zunächst fühlt sich Estelle zwar zu Friedrich hingezogen, bemerkt aber bald, dass dies eine Sackgasse ist. Nicht nur würde die Welt eine solche Partnerschaft für Inzest halten, auch überkommt sie jedes Mal der Blutdurst, wenn sie Friedrich nahekommt. Als sie dann jedoch Amadeus kennenlernt, wird alles anders. Ihr innerer Vampir meldet sich nicht, wenn sie sich küssen. Das einzige, was zwischen ihnen steht, ist Utz. Zwar versucht Estelle halbherzig, die Affäre zu beenden, doch wird daraus nichts. Eine überlebensgroße Liebe wäre schließlich nicht überlebensgroß, wenn nicht er androhen würde, sich zu erschießen, sollte sie sich entscheiden, ihn nicht wiederzusehen. Und sie wäre ebenso wenig überlebensgroß, würde sie nicht praktisch an Melancholie eingehen, wenn sie von ihm getrennt ist. Dass solcherart destruktive Gefühle nicht wirklich etwas mit Liebe, sondern eher mit pathologischer Besessenheit zu tun haben, wird natürlich nicht thematisiert. Schließlich ist es ein Topos des Liebesromans, dass A ohne B nicht leben kann – eine sehr literarische Vorstellung, die sich im wahren Leben in der Regel nicht bestätigt (zum Glück).

Von den Charakteren und der Liebesgeschichte ist also kaum Überraschendes zu erwarten. Die Beschreibung der Liebesszenen dümpelt auch eher zwischen durchschnittlich und geradezu unterirdisch dahin. Minte-König beweist zumindest genügend Geschmack, die Bettgeschichten nicht überhand nehmen zu lassen und die entsprechenden Szenen immer der eigentlichen Handlung unterzuordnen. Wenn aber Estelle beispielsweise mit ihrem Liebhaber schläft und seine männliche Schönheit vor sich ausgebreitet sieht “wie ein geschmeidiges Wild, frisch erlegt, dem Jäger zum baldigen Genusse präsentiert”, dann ist das so unappetitlich wie metaphorisch schief. Da schaudert es den Leser unwillkürlich. Liebe mag zwar durch den Magen gehen, aber das Sprichwort bezieht sich wohl eher nicht auf einen derartigen Vergleich.

Was „Estelle“ aus der reinen Schnulze heraushebt, ist das gut ausgearbeitete Setting. Dass Bianka Minte-König in Berlin geboren wurde, zeigt sich deutlich. Die Stadt beschreibt sie mit einem guten Blick fürs (auch historische) Detail und so wird der Moloch Berlin bald selbst zum überzeugendsten Charakter innerhalb des Romans. Ebenso gut gelingen ihr die vielen kleinen literarischen Anspielungen, von denen der eine Leser wohl mehr, der andere weniger versteht. So gibt sie literarischen Größen Cameo-Auftritte (z.B. Georg Heym oder Georg Trakl). Sie lässt den berühmten Zille ein Porträt von Estelle malen und legt den handelnden Figuren wiederholt literarische Zitate in den Mund. Diese Passagen geben der doch recht geradlinigen und klischeehaften Handlung eine weitere Dimension und zeigen deutlich die germanistischen Wurzeln der Autorin. Da „Estelle“ noch zwei weitere Romane folgen sollen, darf man gespannt sein, welcher literarischen Epoche sich Minte-König dann so leidenschaftlich widmet.

_Wer Paranormal Romances_ bzw. Vampirroman(z)en mag, der ist mit „Estelle“ in jedem Fall besser bedient als mit der amerikanischen Massenware, die im Buchhandel erhältlich ist. Bianka Minte-König hat sich mit dem gut recherchierten historischen Setting viel mehr Mühe gegeben als es im Liebesroman-Genre in der Regel üblich ist. Dass die Liebesgeschichte dennoch in vorgefertigten Bahnen verläuft, ist vermutlich den Anforderungen des Genres und den Vorlieben des Publikums geschuldet.

|Broschiert: 423 Seiten
ISBN-13: 978-3800095247|

http://www.otherworldverlag.de

Lynn Flewelling – Die prophezeite Königin (Tamír Triad 3)

Tamír Triad
Band 1: Der verwunschene Zwilling
Band 2: Die verborgene Kriegerin
Band 3: Die prophezeite Königin

Tobin hat endlich die Haut seines toten Bruders abgestreift und mit ihr ihren alten Namen. Jetzt nennt sie sich Tamír und hat vorerst alle Hände voll damit zu tun, die Menschen der zerstörten Stadt Ero zu versorgen. Zurück in Atyion lässt sie sich dazu überreden, zögerlichen Adligen ein Ultimatum zu stellen, doch noch immer will sie sich nicht gegen Korin wenden. Statt dessen sucht sie wie ihre Vorgängerinnen das Orakel von Afra auf. Und ist von der Vision, die sie erhält, entsetzt …!

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Lynn Flewelling – Der verwunschene Zwilling (Tamír Triad 1)

Tobin ist von königlicher Abstammung. Aber obwohl er einerseits behütet aufgewachsen ist, fernab vom Königshof und seinen Intrigen, hat er keine leichte Kindheit gehabt. Seine Mutter ist seit seiner Geburt geistig verwirrt, und sein Vater liebt ihn zwar innig, ist aber selten Zuhause, da der König häufig seine Anwesenheit bei Hofe fordert und das Nachbarland Plenimar immer wieder Plünderer nach Skala schickt. Und außerdem ist da auch noch der Geist von Tobins totem Zwilling …

Doch dann verliert Tobin seinen Vater. Der König lässt Tobin an den Hof holen, und schon bald wünscht sich der Junge, es wäre alles wieder wie früher. Dabei sind die boshaften Intrigen unter den Gefährten des Kronprinzen noch sein geringstes Problem, wovon Tobin allerdings noch gar nichts weiß.

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Stephan R. Bellem – Amulett, Das (Die Chroniken des Paladins 2)

Band 1: [„Tharador“ 4202

_Handlung_

Der böse Mager Xandor ist von Tharador und seinen Freunden vernichtet worden. Doch die Gefahr durch das Buch Karand schwebt immer noch wie ein Damoklesschwert über Kanduras. So bleibt den Freunden wenig Zeit zur Erholung, denn nicht nur das Zauberbuch bedroht die Bewohner des Kontinents, sondern ebenfalls das riesige Heer der Goblins und natürlich auch noch Tharadors Nemesis Dergeron Karolus, der seine Rachepläne gegen Tharador gnadenlos weiterverfolgt.
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David Moody – Herbst: Beginn (Autumn 1)

Eine Virusinfektion streckt 95% der Weltbevölkerung nieder. Die Überlebenden versuchen den Neuanfang, als die Toten plötzlich erwachen und sich in menschenfleischhungrige Zombies verwandeln … – Die bekannte Mär vom zombiestigen Untergang der Zivilisation kleidet der Verfasser routiniert in Bilder, die sich immerhin nicht ausschließlich auf die Ausmalung des Scheußlichen und Blutigen verlassen. Fortsetzung folgt selbstverständlich, was die Mär hoffentlich zum schmerzlich vermissten roten Faden finden lässt. David Moody – Herbst: Beginn (Autumn 1) weiterlesen

Stephan R. Bellem – Tharador (Die Chroniken des Paladins 1)

Handlung

Tharador Suldras ist Kommandant der Stadtgarde von Surdan. Doch er wird von ständig wiederkehrenden Albträumen geplagt, die ihn immer mehr dazu bringen, in den Norden gehen zu wollen. Also desertiert er zusammen mit seinem Freund Queldan und macht sich auf über das Gebirge in Richtung Norden. Dort treffen die beiden den Zwergenprinzen Khalldeg, der zur Gruppe der Berserkerzwerge gehört.

Währenddessen hat der Magier Tarvin Xandor alle anderen Magier in Surdan getötet und hilft den Orks und deren Häuptling Ul’goth mit seiner schwarzen Magie dabei, die Mauern von Surdan zu erstürmen und die Stadt einzunehmen. Xandors Plan sieht vor, die Orks weiter gen Süden zu schicken, und die anderen Städte in einen Krieg zu verwickeln, um von seinen Plänen. das mächtige Zauberbuch Karand zu finden, abzulenken. Doch Ul’goth will nicht weiter in den Krieg ziehen, sondern sich mit seinem Stamm in Surdan niederlassen.

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