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Bradbury, Ray – Mars-Chroniken, Die

_Der Mittelwesten in der Marswüste_

Dieses Buch gilt als das Hauptwerk des Erzählers Ray Bradbury, neben dem Band „Der illustrierte Mann“ ein Klassiker der Science-Fiction und vor allem des Mars-Subgenres. Die romanhaft zusammengefügten 26 Erzählungen berichten von der Begegnung zweier Rassen auf diesem Planeten, die einander völlig fremd – und im Grunde doch so ähnlich – sind.

Bei der Kolonisierung des Mars durch irdische Siedler bringen diese ihre alten Erinnerungen an die Erde mit. In der Episode „Die dritte Expedition“ finden die Kolonisten ein vollkommen aussehendes Städtchen aus dem US-Mittelwesten vor, mitten in der Marswüste. Das ganze Buch hindurch kehrt dieses Thema wieder: Erscheinung und Realität verschwimmen miteinander und trügen. Die Wirkung ist die eines Traumes. Umgekehrt erlangen Wünsche und Phantasien „reale“ Gestalt.

Aus dem feindlichen, unberührten Mars mit seinen seltsamen Bewohnern, die ihre Gestalt verändern können, wird bald eine übervölkerte, jeglicher Romantik beraubte Welt sichtbar, in der kurzbehoste, ignorante Menschen den stillen Zauber des Planeten verdrängen.

Die Marsbewohner sterben aus, und die Menschen verlassen den Mars, auf dem nun wieder Ruhe einkehrt – eine ewige Ruhe, die sich über die verlassenen Geisterstädte der Menschen und die ausgestorbenen Siedlungen der Marsianer senkt.

In der letzten Episode, „The Million-Year Picnic“ (zuerst 1946), suchen die menschlichen Kinder die Marsianer in einem der Kanäle. Doch dieser ist mit Wasser gefüllt, und die einzigen Marsianer, die sie erblicken, sind ihre eigenen Spiegelbilder – eine Wiederkehr des Motivs von traumgleicher Schein-Realität.

Die Geschichten vereinigen sich zur melancholischen, fein gesponnenen, nostalgischen Chronik, zu einem unvergleichlich dichten Stimmungsbild. Bradbury erzählt vom Scheitern der ersten Expedition, von der Landnahme, der stürmischen Entwicklung der Kolonie und vom Wiederverlassen des roten Planeten; vor allem aber vom Unverständnis gegenüber einer fremden Kultur. Daher stellen die Episoden vor allem eine Chronik des Menschen mit seinen Stärken und Schwächen dar, verfremdet aufgeführt auf der Bühne einer anderen Welt.

Ungeachtet des für die Science-Fiction typischen Szenarios fehlen in „Die Mars-Chroniken“ gängige Science-Fiction-Elemente fast vollkommen. Über dem ganzen Buch liegt ein Hauch Fernweh, Nostalgie und Trauer über den Verfall eines Paradieses, das von den unverständigen Menschen zerstört wird. Diese Stimmung könnte Bradburys eigenem Befinden entsprechen: Er wuchs in den 20er und 30er in einer kleinen Stadt im amerikanischen Mittelwesten (Waukegan, Illinois) auf, musste aber aus wirtschaftlichen Gründen (die große Depression) mit seiner Familie nach Kalifornien übersiedeln. Der Rückblick ist nostalgisch gefärbt. Bradbury ist anti-technologisch eingestellt, er feiert in den „Mars-Chroniken“ die Einfachheit und Unschuld, die er in Kalifornien verlor. Er thematisiert das Gefühl des Verlustes in der Übergangsphase zum Erwachsenensein sowie die Anziehungskraft und die Gefahr im Umgang mit Masken, seien sie Masken zu Halloween, zum Karneval oder Alien-Mimikry.

Das Buch wurde 1980 nicht sonderlich überzeugend als Miniserie für das Fernsehen verfilmt, mit Rock Hudson in einer Hauptrolle. Die Effekte und Kulissen waren als reine Staffage auszumachen. Der Roman selbst erlebte allein in den USA über 70 Auflagen und verhalf Bradbury nicht nur zu unsterblichem Ruhm im Genre, sondern auch in der amerikanischen Literaturgeschichte. Daneben bildete dieser Erfolg die Eintrittskarte zu den großen landesweit vertriebenen Mainstream-Literaturmagazinen. Für diese schrieb Bradbury weit über 300 Storys, hingegen nur noch wenige Romane. Sein zweiter bekannter Roman ist [„Fahrenheit 451“, 400 der 1966 von Francois Truffaut verfilmt wurde.

|Originaltitel: The Martian Chronicles, 1946-58
Aus dem US-Englischen übertragen von Thomas Schlück und Wolfgang Jeschke|

Ray Bradbury – Fahrenheit 451

In einem totalitären Zukunftsstaat sind Bücher verboten. Die Feuerwehr dient nicht dem Löschen von Feuer, sondern dem Verbrennen der gefährlichen Literatur. Einer der Feuerwehrmänner namens Guy Montag wandelt sich in seinen Ansichten zum Systemgegner, doch der Ausstieg ist gar nicht so einfach, wie er schnell herausfindet. (Diese Klassiker-Ausgabe ist mit einem Vorwort von Brian W. Aldiss versehen.)

_Der Autor_
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Bradbury, Ray – Leviathan \’99 (Hörspiel)

Ahabs Begegnung mit dem Monster der Leere

Ismael fliegt 2099 mit einer bizarren Mannschaft im Raumschiff „Cetus 7“ den Sternen entgegen. Dem Kapitän raubte vor 30 Jahren der Komet Leviathan das Augenlicht. Seitdem ist er – wie einst Ahab vom weißen Wal Moby Dick – besessen, sich mit dem Riesenkometen zu messen. Ob das wohl gut geht?

Der Autor

Raymond Bradbury, geboren 1920 (und immer noch quicklebendig!) in Waukegan, Illinois, ist einer der bekanntesten Erzähler der USA, und zwar nicht nur in der Science-Fiction, sondern auch im sogenannten Mainstream. Als Ray vierzehn Jahre alt war, übersiedelte seine Familie nach Kalifornien, wo er 1938 seinen Highschool-Abschluss machte. Diesen Verlust der Heimat hat er immer wieder verklärend thematisiert.

1937 kam er erstmals mit der Science-Fiction-Szene Kaliforniens in Kontakt, als er Ray Harryhausen (Film), Forrest Ackerman (Fandom) und Henry Kuttner (Autor) traf. Zum Teil konnte er seine Träume mit ihnen erfüllen. Harryhausen wurde zu einem der größten Trick- und Special-Effects-Könner auf dem Gebiet des phantastischen Films („Kampf der Titanen“ u.v.a.), während Bradbury später als Autor weit über die Grenzen des Genres hinaus bekannt wurde.

Die Schriftstellerin und Drehbuchautorin („Star Wars Episode V“) Leigh Brackett beeinflusste ihn wesentlich in seiner Entwicklung. 1943 wurde sein Stil poetischer, nostalgisch und zeigte einen Hang zum Makabren. Die damals großen Magazine wie die „Saturday Evening Post“ sollen sich angeblich um seine Storys gerissen haben. Er schrieb für John Huston 1955/56 das Drehbuch zu „Moby Dick“.

In letzter Zeit ist es still um Bradbury geworden, aber von ihm erscheinen immer noch aufwändig gemachte Novellen- und Storybände. Ridley Scott hat in seinem Film „Blade Runner“ eine Hommage eingebaut: Das Hotel, in dem der Showdown stattfindet, heißt „The Bradbury“. Und der Regen fällt wie in Bradburys Story „The Day It Rained Forever“ unablässig.

Seine wichtigsten Werke:

[Fahrenheit 451 400 (1953, verfilmt 1966 von F. Truffaut)
Der illustrierte Mann (1951, verfilmt 1968 mit Rod Steiger, dt. Titel: „Der Tätowierte“)
[Die Mars-Chroniken 1294 (1946-50, verfilmt 1980 mit Rock Hudson)

Die Sprecher und ihre Rollen

Ismael: Jürgen Goslar
Kapitän: Wolfgang Büttner
Quell: Günther Stutz
Redleigh: Heinz Stoewer
Rogers: Olaf Bison
Ellery Colworth: Anfried Krämer
Der Warner: Max Noack
Der Kleine: Yodok Seidl

Das Hörspiel hat Regisseur H. B. Fortuin 1969 für den Hessischen Rundfunk eingerichtet. Die Musik besorgte Tristram Cary.

Handlung

„Nennt mich Ismael.“ Man schreibt das Jahr 2099, und Ismael Jones, unser Erzähler, berichtet, dass er als erstes Kind im Weltraum geboren wurde und seine Eltern Ex-Marsianer waren. Sein Vater nannte ihn Ismael nach dem wandernden Gottessucher aus der Bibel. Und tatsächlich versteht sich Ismael als ein Wanderer, über Gras- und andere Meere, wie etwa die des unendlichen Kosmos, des Sternenmeers.

Eines Tages wird er im Raumfahrer-Wohnheim einem Zimmergenossen namens Quell zugewiesen. Quell ist drei Meter hoch und ein Telepath, er stammt von einer Inselwelt im Andromedanebel, wo Tiermenschen aufwachsen. Ismael fragt uns: „Was ist menschlich?“ Statt zu streiten, beschließen sie, lieber Freunde zu werden. Sie suchen eine neue Heuer, und ihre Wahl fällt auf die „Cetus 7“ (cetus = Wal), denn sie ist das größte jemals gebaute Raumschiff.

Hätten sie doch nur ein anderes Schiff gewählt! Ein „Warner“ namens Elias tut genau das: Er warnt sie vor dem Kapitän der Cetus 7, einem verrückten Albino, dem ein Unfall mit einem Kometen namens Leviathan die Augen ausgebrannt habe. Doch sie hören nicht auf ihn und helfen, das Schiff auszurüsten. Es ist eine seltsame Crew: zumeist Gnome und Zwerge, gezüchtete Genies, die allzu gerne spielen. Nur wenige Menschen sind an Bord, und der Käptn ist nirgends zu sehen. Vor dem Ablegen besuchen sie einen Gottesdienst und lauschen der Predigt des robotischen Pater Ellery Colworth, der schon seit hundert Jahren tot ist. Seine Botschaft: Alles ist Gottes Schöpfung, deshalb gilt es, alles Leben zu achten.

Am 2. August ’99 geht’s los. Vom Käptn hat Ismael nur ein seltsames Geräusch gehört: sein Körperradar, das der Blinde benötige, heißt es. Nach fünfzig Tagen nähert sich die Cetus 7, gesteuert vom Ersten Offizier Redleigh, einem Planeten im Sternbild Schwan. Doch statt ihn zu erkunden, befiehlt der Käptn eine Inspektion. Erstmals bekommt Ismael ihn zu Gesicht, den Albino mit dem Wärmesensor vor den Augen. Er kommt ihm unheimlich vor, wie „der Geist von Hamlets Vater, der neue Gespenster ausbrütet“.

Wer den Kometen Leviathan als Erster sichtet, bekommt eine Belohnung. Alle dreißig Jahre kommt das Ungetüm in diese Raumgegend, wo es einst dem Käptn das Augenlicht raubte. Dafür will er sich rächen und das Monster, diese „Lawine des Nichts“, für immer zerstören. Das ist der heilige Auftrag der Besatzung der Cetus 7. Und der Kapitän schwört sie gnadenlos darauf ein: den Kometen zerstören oder beim Versuch sterben. Es ist Wahnsinn.

Doch wo bleibt dabei die Achtung vor allen Geschöpfen Gottes, die Pater Colworth predigte, fragt der Erste Offizier. Das sei doch Gotteslästerung. Nichts da, bügelt der Kapitän die Kritik Redleighs nieder. Der Leviathan beging vielmehr als Erster eine Gotteslästerung an des Käptns Fleisch! Und für seine Rache sei er bereit, sich selbst zu opfern.

Die Monomanie des Kapitäns manifestiert sich immer wieder. Sie lassen einen Mond mit wundervollen toten Städten ebenso links liegen wie zwei irdische Raumschiffe. Nichts darf von der Jagd auf das Ungeheuer ablenken. Ismaels telepathischer Freund Quell ist von einer düsteren Vorahnung erfüllt; er „hört“ Stimmen von Toten und lässt sich eine Totenrüstung anfertigen (keinen Sarg).

Nach einem Hinweis von einem anderen Kapitän kommt es endlich zur finalen Konfrontation. Doch sie verläuft viel schrecklicher, als Ismael sich das hätte ausmalen können. Denn Leviathans furchtbare Kraft liegt nicht so sehr in seiner „körperlichen“ Erscheinung, sondern vielmehr in seiner Beeinflussung der Zeit …

Mein Eindruck

Die Zeit ist das zugrunde liegende Hauptthema der Erzählung, die 1968 zuerst veröffentlicht wurde. Das Universum wird hier endlich als das begriffen, was zu begreifen am schwersten fällt: Dass relativistische Zeit nicht immer die gleiche Rolle spielt und stets relativ zum Ort und zum Betrachter existiert.

Der Leviathan, der alle dreißig Jahre in die Nähe der Erde fliegt, ist wie ein Pendel der Regelmäßigkeit, während alles andere vergeht und verschwindet. Ganz besonders natürlich der Mensch. Deshalb muss der Kapitän aufbegehren. Allein schon der Flug mit Lichtgeschwindigkeit, den die Cetus unternimmt, entfernt die Besatzungsmitglieder mit relativistischer Geschwindigkeit von allen ihren momentanen Zeitgenossen. Sie stranden in ihrer eigenen Zeit, die sie wie in einer Kapsel mit sich nehmen: eine zusammengeschweißte Gruppe.

Sie begegnen auf ihrem Flug durch die Sternenmeere den „verlorenen Kindern der Zeit“: Radio- und Fernsehbotschaften aus dem Jahr 1939. Wir hören Reden des „Führers“, eine Ansprache von Chamberlain aus dem Jahr 1938, dann das Lied „Lili Marleen“ und dergleichen mehr. Doch für den Kapitän hat dies natürlich keine Bedeutung. Sollte es aber, ist er doch ebenfalls ein Rattenfänger, der seine Anhänger in den Untergang führt und den Rest der Welt mitreißt.

Und dann die erste Begegnung mit Leviathan. Seine unheimliche Weiße setzt Strahlen frei, die gemäß der Phantasie des Autors die Zeit krümmen. Die Cetus 7 gerät in ein Sargassomeer der Zeit, dümpelt in einer Flaute irgendwo im Abseits dahin, bevor sie sich aus eigener Kraft wieder befreit. Erneuter Angriff auf den Kometen, das große weiße Ungeheuer, zu dem der Kapitän es hochstilisiert.

Und als Ergebnis versprengt das große weiße Geheimnis die kleinen Menschlein in alle Zeiten, sei es in die Zeit Shakespeares oder in die Lincolns. Nur Quell in seiner Totenrüstung und Ismael, obwohl gestrandet in der Zeit, können hoffen, jemals wieder von einem Raumschiff gefunden zu werden. Und da Ismael uns Bericht erstattet, gelingt ihm das wohl auch. Er ist nicht nachtragend. Leviathan ist eben nur ein Geschöpf Gottes, nicht etwa Shiva selbst, der Gott der Zerstörung. Wer immer wieder vergeblich versucht, gegen das Universum aufzubegehren wie einst Faust und viele Heroen mehr, das sind gebrochene und wütende Menschen wie der Kapitän. Und dabei werden sie eins mit ihrem Ziel, das sie aufnimmt.

Besonders interessant ist vielleicht in diesem Zusammenhang, nun, da die Anklänge an „Moby Dick“ unübersehbar sind, dass es der Autor selbst war, der zusammen mit Regisseur John Huston das Drehbuch zur famosen Verfilmung von 1956 ablieferte. Diese Arbeit, die er 1955/56 in London verrichtete, hinterließ sicherlich einen bleibenden Eindruck bei Bradbury. Und nur ein Dutzend Jahre später wurde daraus die vorliegende Erzählung. Diese hat der Hessische Rundfunk in ein Hörspiel umgesetzt.

Die Sprecher

Es gibt drei oder vier Kategorien von Sprechern. Sie lassen sich gemäß ihrer Einstellung zum numinosen Leviathan einteilen. Da sind einmal die romantischen Träumer wie Ismael und Quell. Sie achten den Kometen als Gottes Schöpfung, bewundern auf eine passive Weise die Wunder des Weltraum. Ihnen diametral gegenüber steht der Kapitän, ein reiner Tatmensch, der keinen Zweifel an der Notwendigkeit zur Vernichtung des Kometen aufkommen lässt.

Und doch gibt es Zweifler. Zu ihnen gehört der Erste Offizier, der sogar an Meuterei denkt und den Kapitän, den er für offensichtlich wahnsinnig hält, mit der Pistole bedroht. In die gleiche Kategorie gehört der Warner Elias, dessen Worte Ismael und Quell in den Wind schlagen. Als letzte Kategorie könnte man diejenigen Crewmitglieder zählen, die kaum zu Wort kommen und einfach nur Mitläufer sind.

Der wichtigste Sprecher in diesem Reigen ist natürlich derjenige, der die Handlung am meisten bewegt: der Kapitän. Selbst wenn er nicht körperlich anwesend ist, so beherrscht sein Geist doch sein Schiff und die gesamte Besatzung. Durch die Weißheit seiner Haut, seine Blindheit, die Kyborg-Gerätschaften ist er als Über-Mensch ausgewiesen, und seine angeblichen Visionen heben ihn sowieso in den Status eines religiösen Führers empor. Einem solchen Mann zu trotzen, grenzt schon an Frevel.

Wolfgang Büttner füllt diese faustische Ahab-Figur mit einem enormen Stimme aus, die zum schmeichelnden Raunen ebenso fähig ist wie zum tobenden Brüllen. Das klingt dann sehr theatralisch. Und zudem kann er hier einen ellenlangen Monolog halten, als sei er Hamlet, der seines Vaters Tod kontempliert. Aber so wird „Ahab“ als ein gequälter Mensch sicht- und hörbar, der in der Vernichtung seines Zerstörers endlich Erlösung aus seiner Qual finden will. Untergang ist Befreiung. Galt das auch für Hitler? Diese Radiozitate aus den Jahren 1938/39 wurden nicht zufällig ausgewählt.

Jürgen Goslar als Ismael hingegen ist der genaue Gegensatz. Er hat stets etwas Heiteres, Insichruhendes in seiner Stimme, und wir können uns auf ihn verlassen, denn offensichtlich hat ihn „Ahabs“ Wahnsinn nicht angesteckt. Beim Angriff bleibt er als Einziger auf der Cetus 7 zurück. Er ist der außenstehende Beobachter, der nur berichtet, aber nicht wertet. Quell trägt ihm zu, was zwischen dem Kapitän und seinem Ersten Offizier vor sich geht. Wir müssen uns selbst einen Reim darauf machen, was passiert.

Musik und Geräusche

Die Musik wurde vollständig auf einem elektronischen Instrument erzeugt, das ich als Laie für einen Synthesizer halte. Für eine Orgel wären diese Töne und Klangfarben jedenfalls sehr ungewöhnlich, klassische Instrumente kommen überhaupt nicht vor. Da Synthis heutzutage völlig out sind, klingt diese Klanguntermalung ebenfalls antiquiert, und zwar so sehr, dass sie an „Raumpatrouille Orion“ erinnert und, wie die Kultserie, einen gewissen Retro-Charme ausübt. Die wenigen Geräusche, die vorkommen, sind nicht der Rede wert.

Unterm Strich

Obwohl das Hörspiel in der Art seiner Darstellungstechniken seine Entstehungszeit nicht verleugnen kann, so bietet es doch eine recht interessante Geschichte, die im Grunde von überzeitlicher Bedeutung ist: Der tätige Mensch muss es mit den Kräften des Kosmos aufnehmen, will er es wagen, dorthin vorzudringen. Und so ist das Scheitern immer ganz nahe im Bereich des Möglichen. Dass eine Raumreise aber auch die Begegnung mit dem Göttlichen sein kann, will jedoch dem Kapitän der „Cetus 7“ nicht in den Sinn: Er hält den Kometen Leviathan für eine Ausgeburt der Hölle.

Die recht geschickt und nah am Vorbild erzählte Geschichte ähnelt Herman Melvilles „Moby Dick“ bis ins Detail, denn Bradbury schrieb schließlich das Drehbuch für John Hustons famose Verfilmung des Romans. Wer sich jedoch ebenso deftige Action erhofft wie im Film, der wird vom Hörspiel ziemlich enttäuscht sein. Das Vergnügen ist eher intellektueller Natur, wenn auch die Regie versuchte, die Konfrontationen zur Erzeugung von Spannung zu nutzen. Der Erfolg dieser Bemühung hält sich in Grenzen.

Für Science-Fiction-Freunde ist das Hörspiel eine Gelegenheit, mal wieder eine Story aus dem Storyband „I sing the body electric!“ zu genießen. Doch schon 1968 war Bradburys Erzählkunst nicht mehr ganz taufrisch – kein Wunder, nach 30 Jahren ständiger Produktion (und der Mann schreibt heute noch!). Die große Erleuchtung oder Entdeckung sucht man deshalb in der Story vergeblich.

Originaltitel: Leviathan, 1968
Übersetzung von Hanns A. Hammelmann
80 Minuten auf 1 CD