Schlagwort-Archive: Robert A. Heinlein

Robert A. Heinlein – Fremder in einer fremden Welt (ungekürzte Fassung)

In diesem Roman wird die Geschichte von Valentine Michael Smith erzählt, einem Menschen, der von Marsianern auf dem Mars aufgezogen wurde und nun als junger Mann zur Erde zurückkehrt. Es wird erzählt, wie er die zunächst fremde irdische Kultur erlebt – und wie er sie verändert.

Robert Anson Heinlein ist einer der bekanntesten Science Fiction-Autoren, und „Stranger in a Strange Land“ ist sein bekanntestes Buch, das auf dem Uni-Campus der sechziger Jahre Kultstatus erlangte. Als es 1961 erschien, brachte der Verlag allerdings nur eine gekürzte – man könnte auch sagen: zensierte – Version auf den Markt. Auf Wunsch der Verleger wurde der Roman zunächst in einer um ein Viertel gekürzten Version (dt. Titel Ein Mann in einer fremden Welt) veröffentlicht, in der unter anderem auch „anstößige“, also Sexszenen, gestrichen worden waren. Die restaurierte Fassung, die Bastei-Lübbe 1996 vorlegte, wurde erst 1991 veröffentlicht, zwei Jahre nach Heinleins Tod und betreut von seiner Witwe Virginia. „Der Titel des Romans ist dem Buch Exodus des Alten Testaments entnommen.“ (Wikipedia)

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Robert A. Heinlein – Gestrandet im Sternenreich

Karriere im All: Vom Tierpfleger zum Kapitän

Dieser Roman gehört in die Reihe ausgezeichnet erzählter Jugendromane, die Heinlein für den Jugendbuchverlag |Scribner’s| verfasste. Sie gehören ohne Zweifel zum Besten, was sowohl Heinlein als auch das Genre hervorgebracht haben, und eignen sich ideal zum Einstieg in die Science-Fiction. Diese 1947 begonnene Reihe beendete Heinlein erst 1959 mit dem unsäglichen [„Starship Troopers“ (ebenfalls bei Bastei Lübbe). |Bastei Lübbe|bringt eine bearbeitete, ergänzte und zum Teil neu übersetzte Ausgabe auf den Markt.

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John Varley – Das Stahl-Paradies. SF-Krimi


Texas auf dem Mond

„Hildy Johnson ist Zeitungsreporter in der Kolonie Luna, einer Welt, in der alle Probleme wie Krankheit und Umweltzerstörung gelöst zu sein scheinen. Doch sind die Menschen von Luna wirklich glücklich? Immer mehr Menschen zeigen seltsame Veränderungen. Die Selbstmordrate steigt. CC, der Computer der die ganze Kolonie steuert, beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Das Maschinenwesen aber braucht eine Testperson – Hildy Johnson.

Ein Roman voller origineller Einfälle, faszinierender Charaktere und phantastischer Schauplätze. Dieses neue, lang erwartete Buch von John Varley ist mit Sicherheit einer der besten SF-Romane des Jahres.« Publishers Weekly“ (Verlagsinfo 1994)

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Robert A. Heinlein – Farnhams Oase. Sechs Amerikaner auf einer Reise in die Zukunft

Versklavte Amerikaner

Farnham, ein umsichtiger Makler, hat vorgesorgt. Er überlebt mit fünf Gefährten einen atomaren Angriff, weil er sich zu Friedenszeiten einen Bunker gebaut hat. Doch sein scheinbar so sicherer Bunker wird in eine Welt der Zukunft gescheudert … (Verlagsinfo)

Dieser Roman ist unter dem Titel „Reise in die Zukunft“ 1967 als Heyne SF 3087 und 1977 als Heyne SF 3535 erschienen. Bastei-Lübbe veröffentlichte 1994 die ungekürzte Fassung.

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Terry Carr (Hrsg.) – The Others (Anthologie)

Classic Science Fantasy: Die superschnellen Teufel sind unter uns

SIE sind bereits unter uns! Das Problem besteht zunächst darin, SIE überhaupt zu erkennen. Denn die meisten sehen aus wie WIR. Doch was wollen SIE? In dieser Anthologie sind sieben Phantastik-Erzählungen amerikanischer und englischer AutorInnen, die zwischen 1941 und 1969 veröffentlicht wurden, vereinigt:
– die Story „Roog“ von Philip K. Dick;
– die Story „They“ von Altmeister Heinlein;
– die Story „The Six Fingers of Time“ von Spaßvogel R.A. Lafferty;
– die Novelle „Be My Guest“ von Damon Knight, selbst ein fleißiger Herausgeber;
– die Story “ Shipshape Home“ (wörtlich: sehr aufgeräumtes Zuhause) von Richard Matheson („I Am Legend“, „The Incredible Shrinking Man“ u.a.);
– die Story „Eight O’Clock in the Morning“ von Ray Nelson (ein Nobody);
– sowie die berühmte Kurzgeschichte „The Blue Lenses“ von Daphne du Maurier, der Autorin von „Rebecca“ und „Wenn die Gondeln Trauer tragen“.
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Robert A. Heinlein – Grumbles from the Grave. The Letters

Ein Denkmal aus Briefen

Robert A. Heinleins Witwe Virginia ist die Herausgeberin dieser Sammlung von Briefen des 1988 verstorbenen Großmeisters der Science Fiction. Aufgrund dieser Tatsache sollte man nicht vergessen, dass es sich hier kaum um besonders Heinlein-kritische Episteln handelt. Im Gegenteil: Wie der Titel schon nahelegt, „grummelt“ der Autor selbst noch aus dem Grab heraus.

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Robert A. Heinlein – Das geschenkte Leben. SF-Roman

Leiden und Freuden der Superreichen

Johann Sebastian Smith ist reich. So reich, dass er sich alles im Leben kaufen kann. Sogar das Leben selbst. Als er im stolzen Alter von fünfundneunzig Jahren im Sterben liegt, beschließt der geistig topfitte Smith sein Gehirn in einen anderen Körper transplantieren zu lassen. Die Operation ist ein voller Erfolg: Der alte, gebrechliche Mann erwacht im gesunden, jungen Körper … einer schönen Frau! (Verlagsinfo) Aus dem geistigen Duo wird jedoch alsbald ein Trio…

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Robert A. Heinlein – Starship Troopers. Der Roman zum Film von Paul Verhoeven

Interstellare Käferjagd

Starship Troopers“ ist einer der umstrittensten Romane in der Science Fiction überhaupt. Durch seine militaristische, antidemokratische Haltung rief dessen Autor, Robert Heinlein, auf Jahre hinaus heftige Kritik hervor, die zu dem preisgekrönten Antikriegsroman „Der ewige Krieg“ (1974) von Joe Haldeman, aber auch zu Parodien wie Harry Harrisons „Der Chinger-Krieg“ (1965 als „Bill the Galactic Hero“) führte. Dennoch bekam der Autor dafür 1960 einen HUGO Award.
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Robert A. Heinlein – Die Tür in den Sommer. SF-Roman

Humorvolle Odyssee durch die Zeit

Der geniale Ingenieur Dan Davis hat eigentlich alles, was man sich nur wünschen kann: Er ist erfolgreich, mit einer schönen Frau verlobt und hat in seinem Geschäftspartner Miles einen echten Freund gefunden – das glaubt er zumindest. Doch dann wird er von seiner Verlobten Belle und von Miles betrogen und in einen Kälteschlaf versetzt. Als Dan dreißig Jahre später wieder erwacht, ist nichts mehr, wie es war: Er befindet sich in der Zukunft. Einer Zukunft, in der inzwischen die Zeitreise erfunden wurde. Dan beschließt, in die Vergangenheit zurückzukehren und sich an Belle und Miles zu rächen. (Verlagsinfo)

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Robert A. Heinlein – Entführung in die Zukunft. SF-Erzählungen

Durchwachsende Auswahl an Erzählungen vom Großmeister

Ein Mann heuert einen Privatdetektiv an, weil er sich nicht daran erinnern kann, wie er seine Tage verbringt. Ein Witwer, der um die Welt reist und dabei von imaginären Tieren begleitet wird. Ein junger Mann, der sich in der Vergangenheit selbst begegnet – mit fatalen Konsequenzen. Dies sind nur drei der insgesamt sechs Geschichten, mit denen uns Robert A. Heinlein in seinem Storyband Entführung in die Zukunft in seine einzigartige Gedankenwelt mitnimmt. Eine Gedankenwelt, die wahrhaftig den Weg in die Zukunft bereitet hat …(Verlagsinfo)

Diese kleine Storysammlung enthält einen Kurzroman und fünf Kurzgeschichten. Davon ist die Titelgeschichte eine der am häufigsten anthologisierten Erzählungen in der Geschichte der Science Fiction. Leider liegen in der Ausgabe von 1980 Textfassungen vor, die noch aus den fünfziger Jahren stammen. Entsprechend viele Druckfehler und altertümliche Ausdrücke gibt es. Dies hat sich hoffentlich in der Ausgabe von 2019 gebessert.
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Robert A. Heinlein – Die Sternenbestie

Alien-Prinzessin unter Naturschutz

Eigentlich wollte John nur das Alien-Schoßtierchen Lummie aufziehen, doch als es so groß wird wie ein Dinosaurier und das Metall von Nachbars Garten frisst, läuft die Sache aus dem Ruder. Ihm soll der Prozess gemacht werden, was für Lummie nichts Gutes verheißt. Da landen die Aliens und wollen „Ihre Kaiserliche Hoheit“ zurückhaben. Wen können sie bloß meinen?

„Die Sternenbestie“ gehört mit zu den besten Büchern aus der zweiten Schaffensperiode des Meisters zwischen 1947 und 1959, als er eine Reihe von Jugendromanen verfasste, die zum Besten gehören, was die Science Fiction dem Einsteiger in das Genre zu bieten hat.
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Robert A. Heinlein – Von Stern zu Stern

Zwillinge im Weltall

Die Zwillinge Tom und Pat sind telepathisch verbundene Zwillinge. Auf der Suche nach einer zweiten Erde stößt die Expedition, an der Tom teilnimmt, im System Beta Ceti auf einen Planeten, der optimale Bedingungen zu bieten scheint. Doch dann tauchen aus dem Ozean unheimliche Wesen auf…

Dieser Abenteueroman gehört in die Reihe ausgezeichnet erzählter Jugendromane, die Heinlein für Scribner’s verfaßte. Sie gehören ohne Zweifel zum Besten, was sowohl Heinlein als auch das Genre hervorgebracht haben und eignen sich ideal zum Einstieg in die Science Fiction. Diese 1947 begonnene Reihe beendete Heinlein erst 1959 mit dem unsäglichen „Starship Troopers“ (ebenfalls bei Bastei-Lübbe, 1998).
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Robert A. Heinlein – Der rote Planet (Ungekürzte Ausgabe)

Jugend-SF-Klassiker: Noch eine Mars-Revolution

Die Menschen sind dabei, den Mars zu besiedeln. Geschildert werden die Abenteuer von Frank und Jim, die auf dem Mars aufgewachsen sind. Sie kommen einem abgefeimten Plan der Siedlungsgesellschaft auf die Spur, die aus Kostengründen die Kolonialisierung verhindern will. Zusammen mit ihremn eingeborenen Freund, dem kugelförmigen Genie Willis, besuchen Frank und Jim die alten, rätselhaften Städte der Marianer und gewinnen das Vertrauen ihrer seltsamen Bewohner. Diese verfügen über paranormale Fähigkeiten und stehen den bedrängten Kolonialisten auf ganz eigene Art gegen deren Gegner bei. (Verlagsinfo)

Dies ist der dritte Roman in Heinleins Jugendroman-Reihe, die er für den Scribner’s-Verlag schrieb. Das Buch gehört mit zum Besten, mit dem ein Einsteiger Zugang zur Science Fiction-Literatur finden kann. Der Verlag hängt sich an die gegenwärtige Mode an, in deren Mittelpunkt die Erforschung des Mars steht.
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Robert A. Heinlein – Podkayne of Mars: Her Life and Times / Bürgerin des Mars


Tragisch: eine Heldin des Mars?

Podkayne, ganze 15 Erdjahre jung, ist auf dem republikanischen Mars aufgewachsen, doch ihr sehnlichster Wunsch ist es, der Kapitän eines Erkundungsschiffes zu werden. Zusammen mit ihrem Onkel, Senator Tom, und ihrem unausstehlichen jüngeren Bruder Clark unternimmt sie eine Reise zur Erde, um sich dort für die entsprechende Laufbahn zu bewerben. Doch schon diese Reise verläuft völlig anders als erwartet.

Der Autor
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Robert A. Heinlein – Mondspuren. SF-Roman

Revolution Number Nine: Aufruhr auf dem Mond

Der Mond, Ende des 21. Jahrhunderts: Die Kolonie auf dem Erdtrabanten wird hauptsächlich von Strafgefangenen und ihren Nachkommen bewohnt, die sich an die dort herrschenden physikalischen Verhältnisse angepasst haben. Die auf dem Mond erzeugten Lebensmittel werden zur Erde geschickt – aber als Berechnungen ergeben, dass dem Mond eine Hungersnot droht, bricht eine Revolution aus… (Verlagsinfo)

Der Autor
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Heinlein, Robert A. – Tunnel zu den Sternen

Pfadfinder- und Siedler-Utopie: Klischees im Dutzend billiger

Rod Walker, ein Schüler in ferner Zukunft, steht vor einer schwierigen Prüfung: Seine Aufgabe besteht darin, sich auf einem unbekannten Planeten zu behaupten, nur mit seiner Intelligenz und seinen Instinkten ausgerüstet. Gegen den Willen seiner Eltern wagt er den Sprung durch das große Dimensionstor zu den Planeten – und landet inmitten eines undurchdringlichen Dschungels, wo auf Schritt und Tritt Gefahren drohen. Nach und nach trifft Rod auf Kameraden, die wie er ums Überleben kämpfen. Und bald stellen sie mit Entsetzen fest, dass man auf der Erde offenbar vergessen, sie zurückzuholen. Aus dem „Spiel“ wird tödlicher Ernst …

Dieser Roman gehört in die Reihe ausgezeichnet erzählter Jugendromane, die Heinlein für Scribner’s verfaßte. Sie gehören ohne Zweifel zum Besten, was sowohl Heinlein als auch das Genre hervorgebracht haben und eignen sich ideal zum Einstieg in die Science-Fiction. Diese 1947 begonnene Reihe beendete Heinlein erst 1959 mit dem „Starship Troopers“ (ebenfalls bei Bastei-Lübbe, 1998).

Der Autor

Robert Anson Heinlein (1907-1988) wird in den USA vielfach als Autorenlegende dargestellt, sozusagen der „Vater der modernen Science-Fiction“. Allerdings begann er bereits 1939, die ersten Storys im Science-Fiction-Umfeld zu veröffentlichen. Wie modern kann er also sein?

Wie auch immer: Heinleins beste Werke entstanden zwischen 1949 und 1959, als er für den Scribner-Verlag (bei dem auch Stephen King veröffentlicht) eine ganze Reihe von Jugendromanen veröffentlichte, die wirklich lesbar, unterhaltsam und spannend sind. Am vergnüglichsten ist dabei „The Star Beast / Die Sternenbestie“ (1954). Auch diese Romane wurden vielfach zensiert und von Scribner gekürzt, so etwa „Red Planet: A Colonial Boy on Mars“ (1949/1989).

Allerdings drang immer mehr Gedankengut des Kalten Krieges in seine Themen ein. Dies gipfelte meiner Ansicht nach in dem militärischen Roman „Starship Troopers“ von 1959. Im Gegensatz zum Film handelt es sich bei Heinleins Roman keineswegs um einen Actionknaller, sondern um eine ziemlich trockene Angelegenheit. Heinlein verbreitete hier erstmals ungehindert seine militaristischen und antidemokratischen Ansichten, die sich keineswegs mit der der jeweiligen Regierung decken müssen.

Mit dem dicken Roman „Stranger in a Strange Land“ (1961/1990), der einfach nur die Mowgli-Story auf mystisch-fantastische Weise verarbeitet, errang Heinlein endlich auch an den Unis seines Landes Kultstatus, nicht nur wegen der Sexszenen, sondern weil hier mit Jubal Harshaw ein Alter Ego des Autors auftritt, der als Vaterfigur intelligent und kühn klingende Sprüche von sich gibt. „Stranger“ soll Charles Manson zu seinen Morden 1967 im Haus von Sharon Tate motiviert haben. Sharon Tate war die Gattin von Regisseur Roman Polanski und zu diesem Zeitpunkt schwanger.

Als eloquenter Klugscheißer tritt Heinlein noch mehrmals in seinen Büchern auf. Schon die nachfolgenden Romane sind nicht mehr so dolle, so etwa das völlig überbezahlte „The Number of the Beast“ (1980). Einzige Ausnahmen sind „The Moon is a Harsh Mistress“ (1966, HUGO), in dem der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg auf dem Mond stattfindet, und „Friday“ (1982), in dem eine weibliche und nicht ganz menschliche Agentin ihre Weisheiten vertreibt.

Größtes Lob hat sich Heinlein mit seiner Future History (1967) verdient, die er seit den Vierzigern in Form von Storys, Novellen und Romanen („Methuselah’s Children“, ab 1941-1958) schrieb. Dieses Modell wurde vielfach kopiert, so etwa von seinem Konkurrenten Isaac Asimov.

Heinleins Werk lässt sich sehr einfach aufteilen. In der ersten Phase verarbeitet er auf anschauliche und lebhafte Weise physikalische und soziologische Fakten, die zweite Phase ab 1947 wurde bis 1958 mit Jugendromanen bestritten, die ebenfalls sehr lesbar sind. Die dritte Phase beginnt etwa ab 1959/1960 und ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass, wie ein Kenner anmerkte, Heinlein Meinungen als Fakten ausgibt. Daher lesen sich diese überlangen Schinken wie Vorlesungen und Traktate statt eine gute Geschichte zu erzählen.

Hinzukommt, dass Heinlein rekursiv wird: Er klaut bei sich selbst und besucht, etwa in „Die Zahl des Tiers“ (1980), die Universen seiner Zunftkollegen – hier wird die Science-Fiction inzestuös. Das mag für eingefleischte SF-Fans ganz nett sein, die ihre Insider-Gags sicherlich genießen, doch für Outsider ist es einfach nur langweilig zu lesen.

Handlung

Roderick Walker studiert an der Highschool in New York City, als er eines Tages einen Anschlag sieht, der ankündigt, dass Kandidaten für eine Prüfung in Überlebenstraining für Fortgeschrittene gesucht werden. Rod denkt, dass er dieses Zertifikat gut für seine Karriere als Manager in den Kolonien der Siedlerwelten gebrauchen könnte und schreibt sich ein. Doch Dekan Matson, ein hochdekorierter „Überlebenskünstler“, warnt ihn vor falschem Idealismus. Tatsächlich würde er Rod bei einer idealistischen Begründung seiner Teilnahme aus dem Kurs werfen. Der soll zwei bis zehn Tage auf einer fremden Welt dauern.

Am Nachmittag schaut sich Rod die Tore an, wo die Siedler zu ihren neuen Welten aufbrechen. Eine Gruppe, die nach Neu-Kanaan aufbricht, wird von einer ganzen Viehherde gefolgt. Die scheinen ja sehr selbstsicher hinsichtlich ihres Erfolgs zu sein, denkt Rod. Die Transport-Tore, die den verzögerungsfreien Transfer an einen Lichtjahre entfernten Ort gestatten, sind eine Erfindung von Jesse Evelyn Ramsbotham, der eigentlich nach einer Zeitmaschine geforscht hatte. Und der Druck der Überbevölkerung, die nach dem Dritten Weltkrieg wieder zunimmt, macht die Übersiedlung auf fremde Welten verlockend. Vor allem für Amerikaner, die eine Tradition fortsetzen wollen: Die Leute von Neu-Kanaan fahren in Planwagen wie ihre fernen Vorfahren im Wilden Westen.

Mit einem Dimensionstorsprung ist Rod im heimatlichen Arizona, wo er es nicht weit bis zu seinem Elternhaus hat. Aber die Stimmung ist irgendwie gedrückt, und seine fast zehn Jahre ältere Schwester Helen führt das Wort. Sie ist Captain in der Kampftruppe der Amazonen. Als Rod seinen Entschluss zum Überlebenstraining bekanntgibt, ist sein Vater erst dagegen, doch Helen überzeugt ihn, Rod diese einmalige Chance zu geben. Wer weiß, wozu es noch gut sein wird? Später kommt sie in Rods Zimmer und berichtet von der degenerativen Krankheit, an der sein Vater leidet. Vater wird deshalb in einer Ramsbotham-Maschine zwanzig Jahre verbringen, subjektiv aber nur zwei Wochen. Bis in 20 Jahren dürfte die Medizin soweit sein, ihn heilen zu können. Danach sichtet sie mit Rod dessen Ausrüstung.

So kommt es, dass Rod nur mit zwei Messern bewaffnet, etwas Proviant und fünf Litern Wasser an der Highschool eintrifft. Nach der medizinischen Musterung darf er als Nr. 7 vor dem Ausgangstor Aufstellung nehmen. Er freut sich, dass sein Jimmy Throxton schließlich doch noch teilnehmen will, und bewundert das vollautomatische Thunderbolt-Gewehr seines Mitschülers Johann Braun. Eine superteure, aber hyperintelligente Waffe, fürwahr. Und mit dem bissigen Boxer an seiner Seite kann Johann eigentlich nichts passieren – wo auch immer.

Nr. 7 wird aufgerufen und durchgeschickt. Im ersten Vorbereitungsraum erhält Rod einen Zettel mit ein paar Warnhinweisen von Dekan Matson. Besonders vor den mysteriösen „Stobors“ wird der Prüfling gewarnt. Dann geht’s durch das zweite Tor zur Endstation: einen Dschungelplaneten. Rod beherzigt Schwester Helens Rat und spielt Karnickel: Er schleicht durchs Gras zu einem Aussichtspunkt. Jenseits dieses Felsens erblickt zwei Flecken in einem Tal: Johann Braun und sein Boxer sind tot. Hat ein „Stobor“ sie erwischt? Doch nein – die Thunderbolt ist verschwunden. Offenbar gibt es hier auch zweibeinige Raubtiere, die keine Skrupel kennen …

Vor einem Löwen, der etwa sechs Meter groß ist, rettet sich Rod auf einen Baum, auf dem er auch unbehelligt die Nacht in seiner Hängematte verbringt. Am nächsten Tag macht er sich auf den Weg, um Jimmy zu suchen. Auf dem Zettel, den man ihm am Zwischenstopp – wohl auf dem Mond – wieder abnahm, lautete eine Anweisung, sich 20 Kilometer Richtung Sonnenaufgang zu begeben, um zu Tor für die Rückkehr zu gelangen. Das ist also die „Teststrecke“. Und offensichtlich sind die Prüflinge verschiedener Schulen durch veränderte Ausrichtung der Tore auf die Zielumgebung verteilt worden.

Schon bald hat Rod das Gefühl, selbst das Opfer eines Anschleichversuchs zu sein, und wird noch vorsichtiger. Als er einen Flusslauf ausspäht, trifft ihn jedoch ein heftiger Schlag auf den Kopf. Als er aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht, ist er nackt bis auf seine Shorts, und ein Schakal schnuppert bereits an ihm. Nachdem er das Tier vertrieben hat, macht er Inventur: Das einzige Hilfsmittel, das der Räuber nicht entdeckt hat, ist Rods zweites Bowiemesser, das unter seinem Beinverband versteckt war. Damit kann er wenigstens wieder jagen, wenn auch sehr mühselig. Er magert binnen Tagen bis auf die Knochen ab.

Doch auch bei der Jagd erhält er Konkurrenz: ein Junge, der sich Jack Daudet nennt, kommt ihm an einem von Rod getroffenen Tier zuvor. Rod und Jack schließen Freundschaft und teilen sich die Beute, dann bringt Jack, der eine kugelsichere Weste trägt (die ihn sicher heftig ins Schwitzen bringt, denkt Rod), in Jacks Lager, eine Felshöhle. Hier lässt es sich gut leben, auch wenn Rod lernen muss, nicht so rechthaberisch zu sein und besser seinen gesunden Menschenverstand einzusetzen als seine Logik.

Doch als sie endlich den bewusstlosen Jimmy Throxton finden, ergeben sich eine Reihe von Überraschungen: 1) Rod behauptet, dass dies die Erde sein müsse und nichts anderes. Die anderen halten dagegen, dass die Sternbilder ganz andere seien. 2) Jimmy sagt Rod, dass er wohl Tomaten auf den Augen haben müsse, denn Jack sei alles, nur kein Junge!

Mein Eindruck

Die jungen Helden – Jungs wie Mädchen, Weiße wie Schwarze – gelangen per Dimensionstor zu ihrem Bestimmungsort. Der Jugendroman aus der Mitte der fünfziger Jahre beginnt somit als ziemlich durchschnittlicher Pfadfinderroman, ohne jedoch militärische Andeutung verleugnen zu können. Aus den Überlebenstrainingsprüflingen könnten nach dem Vorbild von Captain Helen Walker durchaus ausgezeichnete Rekruten werden. Und wie das Beispiel von Caroline Mshiyeni, der Zulu-Nachfahrin am Schluss zeigt, ist der Weg von der kampf- und jagderprobten Kolonistin zur Amazonen-Kämpferin nicht weit.

|Siedler zu den Welten|

Doch anders als in „Glory Road“ zeigt der Autor diesmal nicht die Soldatenlaufbahn als Straße des Ruhms. Dieser liegt vielmehr im Aufbau einer irdischen Kolonie nach amerikanischem Vorbild. Sobald sich Rod, seine Freunde Jimmy, Jack alias Jacqueline und Caroline in einer Höhle häuslich eingerichtet haben, bestimmen nicht Kriegführung, sondern Siedlerprobleme ihr Leben. Die Mutter Erde hat sie, so glauben sie, kaltschnäuzig im Stich gelassen (was sich später als Irrtum herausstellt), weshalb sie auf sich allein gestellt sind.

|Das Ende der Kolonie|

Sobald die Handlung dieses Stadium erreicht hat, passiert im Grunde nicht mehr allzu viel. Die Siedlung wird immer weiter nach amerikanisch-demokratischem Muster ausgebaut, Hochzeiten finden statt, Revolten, Exkursionen und schließlich das unausweichliche Ende in mehrfacher Hinsicht. Weil die Führung Grant Cowpers nicht auf Sicherheit, sondern vielmehr auf Bequemlichkeit geachtet hat, hat die gefährlich bissige Tierwelt leichtes Spiel mit den lächerlichen Verteidigungsanlagen der Siedlung. Der Anführer, der sich großspurig „Bürgermeister von Cowpertown“ nennt, geht dabei folgerichtig drauf. War ja nicht anders erwarten. Nur Rod, der auf Sicherheit und Verteidigung bedachte Anführer, ist der richtige Mann an der Spitze.

|Liberalkonservativ – geht das?|

Robert Heinlein war ein Mann der Konservativen, aber in dem Sinne, dass er die Freiheiten, die die amerikanische Verfassung garantierte (und die heute meist längst Geschichte sind), verteidigte, wo er nur konnte. Er war nicht für Unterdrückung, sondern für Gerechtigkeit für jedermann – solange es ein Gesetz gibt, das gerecht genannt werden kann. Deshalb kommt es in der jungen Kolonie Cowpertown zu pittoresk anmutenden Versammlungen, um eben solche Grundlagen zu schaffen und die zuständigen Leute zu wählen.

Denn wie lautet die größte Errungenschaft des Menschen? Nein, weder Rad noch Atomkraft, sondern Selbstregierung, also Demokratie, Autarkie und Autonomie. Rod Walker hat diese Werte verinnerlicht und handelt ihnen entsprechend. Aber er muss sie auch gegen Faulenzer verteidigen, selbst wenn sie stärker sind als er. Denn merke: Der Einzelne ist nur in der Gruppe stark, und Rods Gruppe hält treu zu ihm.

|Single forever|

Es war mir aber ein Rätsel, warum Rod Walker die ganze Zeit über solo bleibt, obwohl alles dagegen spricht. Rings um ihn herum gehen alle Pärchen Freundschaften und schließlich Ehen ein – der jeweilige Bürgermeister nimmt die Trauung vor. Kinder werden geboren, die Kolonie wächst während der zwei Jahre, bis die Erde die Verbindung wiederherstellt, auf über 40 Leute. Immer noch ist Rod solo, obwohl sich die ebenfalls solo gebliebene Caroline Mshiyeni rührend und eifrig um ihn bemüht.

|Zensur|

Der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, warum aus dem weißen Rod und der schwarzen Zulu-Amazone kein Paar wird, sind die Vorbehalte der Zensur, vertreten durch Heinleins Verlag Scribner’s. Entweder wurde sein Manuskript, wie schon etliche zuvor (siehe die Briefe in „Grumbles from the Grave“) entsprechend gekürzt oder von Heinlein schon vorab zensiert, was ich mir aber bei einem solchen Freigeist nicht vorstellen kann. Anno 1955 herrschte jedenfalls noch in alle Teilen der USA strikte Rassentrennung, bis genau im Jahr 1955 eine schwarze Frau in Montgomery, Alabama, sich weigerte, ihren Platz für einen weißen Buspassagier zu räumen. Damit begann die amerikanische Bürgerrechtsbewegung. Diese tapfere Lady starb erst vor wenigen Jahren.

|Sternentore|

Die Dimensionstore mit der Ramsbotham-Technik, die Heinlein hier einsetzt – er verschweigt ihren immensen Energieverbrauch an Atomstrom keineswegs – tauchen später in zahlreichen SF-Romanen wieder auf. Ich habe einige von John Brunners Romanen besprochen. In mehreren davon tauchen diese Dimensionstore wieder auf, so etwa als „Poster“ in „Der Infinitiv von Go“ (1980), in „Das öde Land“ (zuerst 1963), „Sonnenbrücke“ (zuerst 1964) und „Im Zeitalter der Wunder“ (zuerst 1965).

Der Grund, warum Poster so viel effizienter, wenn auch energieaufwendiger als Raumschiffe eingesetzt werden können: Es vergeht keine Zeit, um selbst größte Distanzen zu überbrücken. Deshalb ist auch die Erfindung von Superantrieben, Hyperraumsprüngen oder gar Generationenraumschiffen unnötig. Mit Postern geht alles recht zivilisiert zu, fast wie auf der guten alten terra firma. Und der Autor braucht sich auch nicht mit der Physik des Sternenantrieb herumzuschlagen …

Die Übersetzung

Was habe ich mich über die Übersetzung geärgert! Sie ist eine hybride Mischung aus der allerersten deutschen Übersetzung von Kurt Seibt aus dem Jahr 1956 (erschienen im Gebrüder Weiß Verlag, Berlin) und einer oberflächlichen Anpassung durch Wolfgang Neuhaus im Jahr 1998. Soweit ich sehen kann, hat sich Neuhaus nur auf den Stil beschränkt, aber keinerlei Grammatik- und Syntaxfehler ausgemerzt. Wenn er wenigstens auch den Stil der Dialoge verbessert hätte. Sie klingen heute so abgestanden und veraltet, dass manche Wörter nicht nur gestelzt klingen („gewiß, Vater“), sondern auch noch unverständlich. Hier ist die Rede von „Schweißen“ statt „Bluten“ die Rede und von einem „Pfuhl“ statt eines „Teiches“.

Das ist noch harmlos gegen die Fälle von verdrehter Syntax, die ich auf mehreren Seiten (130, 139, 150) gefunden habe. Hat Neuhaus‘ Textprozessor (lies: Textverarbeitungsprogramm) versagt? Das würde auch die verdrehte Grammatik in einem Satz auf Seite 185 erklären, über den ich minutenlang grübelte:

„Die schwierige Frage dabei ist nur, wie man während einer Übergangsperiode, wie wir sie im Augenblick verfahren muß, wie wir sie zur Zeit erleben.“ Aber hallo! Das steht wirklich da. Korrekt muss der Satz wie folgt lauten: „Die schwierige Frage dabei ist nur, wie man während einer Übergangsperiode, wie wir sie zur Zeit erleben, verfahren muss.“ Eigentlich ganz einfach.

Es gibt dann noch etliche fehlende Wörter und so bekloppte Flüchtigkeitsfehler wie „Eheschließungen vollnehmen“ statt „vornehmen“. Damit will ich es bewenden lassen. Es ist so ziemlich die mieseste Übersetzung, die ich je gelesen habe. Und ich habe schon viele gelesen.

Unterm Strich

Der Roman fängt recht vielversprechend an, indem er eine veränderte Erde der Zukunft zeigt, der alle Möglichkeiten zur Besiedlung fremder Welten offenstehen. Das Überlebenstraining auf der unbekannten Welt erweist sich ebenfalls als ziemlich spannend, bevor die Geschichte schrittweise zu der guten alten Klischee-Story „Wie errichten wir bloß eine amerikanische Kolonie?“ gerinnt und einfach nicht mehr vom Fleck kommt. Das war schon ziemlich enttäuschend.

Noch bitterer ist die Erkenntnis, dass an irgendeinem Punkt Zensur stattgefunden haben muss, als es darum ging, die Beziehung des Weißen Rod zur Schwarzen Caroline Mshiyeni zu schildern – dürfen die beiden nun miteinander oder dürfen sie nicht? Nein, sie dürfen auf gar keinen Fall. Das zweijährige Zölibat (so ein Schwachsinn!) lässt Rod den Weg offen, schließlich seiner Bestimmung zu folgen: als Anführer einer Siedlerkarawane à la Wilder Westen. Noch ein Klischee.

Dass die Übersetzung so hundsmiserabel ist, hätte ich in dieser Klassikersammlung nicht erwartet, was mir dann zum dritten Mal eine Enttäuschung bereitete.

Taschenbuch: 287 Seiten
Originaltitel: Tunnel in the Sky (1955)
Aus dem US-Englischen übertragen von Kurt Seibt/Wolfgang Neuhaus
ISBN-13: 978-3-404-23201-7

http://www.luebbe.de/

_Robert A. Heinlein bei |Buchwurm.info|:_
[„Fremder in einer fremden Welt“ 43
[„Starship Troopers – Sternenkrieger“ 495
[„Zwischen den Planeten“ 663
[„Reiseziel: Mond“ 768
[„Die Marionettenspieler“ 2625
[„Titan-10“ 3687
[„Gestrandet im Sternenreich“ 3808
[„Methusalems Kinder. Die komplette Future History“ 4732

Heinlein, Robert A. – Methusalems Kinder. Die komplette Future History

_Viele Höhen und Tiefen: die Geschichte der Zukunft_

Dieser Sammelband umfasst vier Romane und 17 Erzählungen. Diese Erzählungen wurden früher in verschiedenen Bänden zusammengefasst, und diese Unterschiede merkt man ihnen schnell an. Heinleins FUTURE HISTORY begann er bereits 1939 mit seiner ersten Story „Life-Line“. Die letzte Story in diesem Band stammt von 1962. Der Autor entrollte mit dieser Serie ein detailliertes Panorama der Zukunft bis weit ins 23. Jahrhundert hinein. Der Wälzer stellt die Werke in ungekürzter (stets ein Problem bei Heinlein) Neuübersetzung vor.

Das Werk wird ergänzt durch eine Zeittafel des Autors, in der er nicht nur die Handlung der einzelnen Erzählungen, sondern auch die handelnden Personen und die Ereignisse vor einem fiktiven politischen, sozialen und kulturellen Hintergrund eingebunden hat. Eine informative Einleitung von Damon Knight, einem legendären Herausgeber des Science-Fiction-Feldes, ergänzt den Band sinnvoll. Die Anmerkungen des Autors selbst, die sich in der Originalausgabe von „Revolt in 2100“ finden, fehlen jedoch. Mehr dazu weiter unten.

_Der Autor_

Robert Anson Heinlein (1907-1988) wird in den USA vielfach als Autorenlegende dargestellt, sozusagen der „Vater der modernen Science-Fiction“. Allerdings begann er bereits 1939, die ersten Storys im Science-Fiction-Umfeld zu veröffentlichen. Wie modern kann er also sein?

Wie auch immer: Heinleins beste Werke entstanden zwischen 1949 und 1959, als er für den |Scribner|-Verlag (bei dem auch Stephen King veröffentlicht) eine ganze Reihe von Jugendromanen veröffentlichte, die wirklich lesbar, unterhaltsam und spannend sind. Am vergnüglichsten ist dabei „The Star Beast / Die Sternenbestie“ (1954). Auch diese Romane wurden vielfach zensiert und von |Scribner| gekürzt, so etwa „Red Planet: A Colonial Boy on Mars“ (1949/1989).

Allerdings drang immer mehr Gedankengut des Kalten Krieges in seine Themen ein. Dies gipfelte meiner Ansicht nach in dem militärischen Roman „Starship Troopers“ von 1959. Im Gegensatz zum Film handelt es sich bei Heinleins Roman keineswegs um einen Actionknaller, sondern um eine ziemlich trockene Angelegenheit. Heinlein verbreitete hier erstmals ungehindert seine militaristischen und antidemokratischen Ansichten, die sich keineswegs mit denen der jeweiligen Regierung decken müssen.

Mit dem dicken Roman [„Stranger in a strange Land“ 43 (1961/1990), der einfach nur die Mowgli-Story auf mystisch-fantastische Weise verarbeitet, errang Heinlein endlich auch an den Unis seines Landes Kultstatus, nicht nur wegen der Sexszenen, sondern weil hier mit Jubal Harshaw ein Alter Ego des Autors auftritt, der als Vaterfigur intelligent und kühn klingende Sprüche von sich gibt. „Stranger …“ soll Charles Manson zu seinen Mordaufträgen 1967 im Haus von Sharon Tate motiviert haben. Sharon Tate war die Gattin von Regisseur Roman Polanski und zu diesem Zeitpunkt schwanger.

Als eloquenter Klugscheißer tritt Heinlein noch mehrmals in seinen Büchern auf. Schon die nachfolgenden Romane sind nicht mehr so dolle, so etwa das völlig überbezahlte „The Number of the Beast“ (1980). Einzige Ausnahmen sind „The Moon is a harsh Mistress“ (1966, HUGO), in dem der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg auf dem Mond stattfindet, und „Friday“ (1982), in dem eine weibliche und nicht ganz menschliche Agentin ihre Weisheiten vertreibt.

Größtes Lob hat sich Heinlein mit seiner Future History (1967) verdient, die er seit den Vierzigern in Form von Storys, Novellen und Romanen („Methuselah’s Children“, ab 1941-1958) schrieb. Dieses Modell wurde vielfach kopiert, so etwa von seinem Konkurrenten Isaac Asimov.

Heinleins Werk lässt sich sehr einfach aufteilen. In der ersten Phase verarbeitet er auf anschauliche und lebhafte Weise physikalische und soziologische Fakten, die zweite Phase ab 1947 wurde bis 1958 mit Jugendromanen bestritten, die ebenfalls sehr lesbar sind. Die dritte Phase beginnt etwa ab 1959/1960 und ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass, wie ein Kenner anmerkte, Heinlein Meinungen als Fakten ausgibt. Daher lesen sich diese überlangen Schinken wie Vorlesungen und Traktate statt eine gute Geschichte zu erzählen.

Hinzu kommt, dass Heinlein rekursiv wird: Er klaut bei sich selbst und besucht, etwa in „Die Zahl des Tiers“ (1980), die Universen seiner Zunftkollegen – hier wird die Science-Fiction inzestuös. Das mag für eingefleischte SF-Fans ganz nett sein, die ihre Insider-Gags sicherlich genießen, doch für Outsider ist es einfach nur langweilig zu lesen.

Robert A. Heinlein auf |Buchwurm.info|:

[„Fremder in einer fremden Welt“ 43
[„Starship Troopers – Sternenkrieger“ 495
[„Zwischen den Planeten“ 663
[„Reiseziel: Mond“ 768
[„Der Marionettenspieler“ 2625
[„Gestrandet im Sternenreich“ 3808

_Die Beiträge_

Zu den FUTURE HISTORY-Büchern gehören die drei Sammelbände „Der Mann, der den Mond verkaufte“, „Die grünen Hügel der Erde“ sowie „Revolte im Jahr 2100“. Abschließend ist noch der Roman „Methusalems Kinder“ aufgenommen worden, dessen Hauptfigur Lazarus Long später in einem weiteren Roman mit dem Titel „Die vielen Leben des Lazarus Long“ wiederkehrte (1973 als „Time enough for Love“).

1) _Lebenslinie_ (Life-Line, 1939)

Als Dr. Pinero behauptet, er sei mit seiner neuen Maschine in der Lage, sowohl den Zeitpunkt der Geburt eines Menschen wie auch den genauen Zeitpunkt seines Todes abzulesen und vorherzusagen, schlägt ihm eine Welle des Unglaubens, der Ablehnung und schließlich auch der Missgunst entgegen. Denn als immer mehr Menschen merken, dass seine Methode hundertprozentig funktioniert, kapieren sie auch, dass sie keine Lebensversicherung mehr brauchen. Das finden die Lebensversicherer reichlich geschäftsschädigend, und einer davon, Bidwell, belässt es nicht bei Worten, sondern greift zu Maßnahmen. Dr. Pineros Tage sind leider gezählt. Vermutlich hat er es gewusst.

|Mein Eindruck|

Ähnlich wie Asimovs Story „Tendenzen“ muss das Neue eine Menge Widerstand überwinden, bevor es sich durchsetzen kann. Doch es geht um mehr. Für den Erfinder selbst hat seine Fähigkeit tragische Aspekte. So versucht er etwa den ihm bekannten Sterbezeitpunkt eines frischgebackenen, jungen Elternpaares hinauszuzögern – vergeblich. Die Reaktion der Menschen, die erfahren können, wann sie sterben würden, ist typisch: Sie weigern sich, das bereits aufgeschriebene Datum zu veröffentlichen, wollen lieber unbeschwert von diesem Wissen weiterleben. Die Bibel verspricht: „Die Wahrheit macht euch frei“, aber es gibt offenbar eine Wahrheit, die niemand wissen will. Nicht wirklich.

2) _Die Straßen müssen rollen_ (The Roads must roll, 1940)

Im 21. Jahrhundert ist Öl knapp geworden und steht nur noch der Regierung und ihren Truppen zur Verfügung. In der Übergangsphase haben sich die Städte daher etwas Neues einfallen lassen müssen, um ihre Bürger und Arbeiter von ihren Heimen zu den Arbeitsstätten zu transportieren und umgekehrt. Was lag näher, als eine Art mobilen Gehweg anzulegen? Doch beim Gehweg, der mit gemächlichen 10 km/h durchs Land zieht, ist es natürlich nicht geblieben. Vielmehr sind inzwischen rollende Überlandstraßen mit einer Spitzengeschwindigkeit von 100 Meilen, also über 160 km/h, gebaut worden, und sie bringen die Reisenden und Güter von Chicago bis nach Los Angeles. Am Rand der Straßen schießen Läden und Restaurants aus dem Boden.

Diese gigantische neue Infrastruktur wird solarbetrieben und jemand muss sich um sie kümmern. Das sind zwei Kasten technischen Personals, zum einen auf der oberen, leitenden Ebene die paramilitärisch ausgebildeten Ingenieure und ihre Kadetten, zum anderen, auf der unteren Ebene, die einfachen Techniker. Im folgenden Konflikt wird die obere Ebene der Region Kalifornien von Chefingenieur Gaines geleitet, die untere Ebene der Techniker von seinem Stellvertreter Van Kleeck, der zugleich Personalchef ist.

Gaines zeigt gerade dem Verkehrsminister von Australien, wie wunderbar die 20. Geschwindigkeitsstraße der STRASSE funktionieren, als Streifen 20 plötzlich scharf abbremst und zum Stillstand kommt. Da gleich daneben Streifen 19 mit unverminderten 95 Meilen dahinrast, kommt es zu verhängnisvollen Kontakten, die auf der Hunderte von Kilometern langen Strecke zu Ketten von Unglücken führen. Viele Passagiere sterben, noch mehr werden verwundet.

Gaines verliert keineswegs den Kopf, sondern ergreift die Initiative. Sein bedauernswerter Besucher, ein Oxfordmann mit Hut und Regenschirm, hat alle Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Doch als Gaines sein eigenes Leben einsetzt, muss auch der Besucher zurückbleiben.

|Mein Eindruck|

Ähnlich wie Heinleins Novelle „Katastrophen kommen vor“ ein AKW-Unglück schildert, so setzt sich auch „Die Straßen müssen rollen“ mit den möglicherweise katastrophalen Folgen des Einsatzes einer neuen Technologie auseinander. Wenn Technik und Gesellschaft aufeinandertreffen, dann werden Brüche und Defizite sichtbar, und es wird deutlich, welche Änderungen vorzunehmen sind. Mit der Schilderung solcher Szenarien betätigte sich Heinlein in seiner fruchtbaren frühen Phase (1939-1941) als kenntnisreicher und glaubwürdiger Warner, der mit realistischen Szenarien zu überzeugen und zugleich zu unterhalten wusste.

In zwei „Kapiteln“ seiner Novelle zeigt der Autor, was er draufhat. Zunächst liefert er den Hintergrund über die Entwicklung der Straßentechnologie und die Entstehung zweier Kasten von Technikern und Ingenieuren. Deren Konflikt ist quasi synonym mit dem zwischen gewerkschaftlich organisierten Arbeitern und paramilitärisch organisierten Führungskräften, wie sie noch heute vielerorts in der Wirtschaft der Vereinigten Staaten vorzufinden ist (die Führungskräfte heißen z. B. stets „Officer“).

Allerdings stellt sich der Autor, selbst ein langjähriger Offizier, klar auf die Seite der Ingenieure. Der autoritäre, aber stets kontrollierte Gaines bewältigt die Krise, und sein Gegenspieler Van Kleeck wird als introvertiert, labil und mit einem Minderwertigkeitskomplex behaftet gezeichnet. Klar, dass wir keinerlei Sympathie für dieses „arme Würstchen“ aufbringen können, das zahllose Menschenleben auf dem Gewissen hat und als nächste Untat die Straßen komplett zu sprengen gewillt ist.

Dass der Konflikt hauptsächlich mit militärischen Mitteln gelöst wird, ist bei einem Ex-Offizier wie Heinlein abzusehen, aber Gaines‘ Endkampf gegen Van Kleeck wird völlig unblutig und mit einem psychologisch fundierten Gespräch geführt. Das hat mir sehr gut gefallen, denn schließlich sollte in Zukunft Schluss mit Wildwestmethoden sein. Gaines kommt zu dem Schluss, dass es nicht reicht, Wächter über Personal und Sicherheit einzusetzen, man muss, getreu den alten Römern, auch die Wächter selbst überwachen, auch auf Kosten der Effizienz.

3) _Katastrophen kommen vor_ (Blow-ups happen, 1940)

Im größten Atomkraftwerk Südkaliforniens kommt es immer wieder zu neurotischen Anfällen der Ingenieure. Dr. Silard, der überwachende Psychologe, erklärt dem Direktor King, dass es an der permanenten Gefahr liege, die vom Reaktor ausgehe. Dies lasse die Leute paranoid und psychotisch werden. Auf Dauer könne das nicht gutgehen. Der von ihm hinzugezogene Psychologieprofessor Lentz von der Harvard-Uni kommt zu dem Schluss, dass die einzige realistische Möglichkeit, dem Problem abzuhelfen, in der Abschaltung des Reaktors liege, der einfach eine Fehlkonstruktion sei. Eine Marineoffizier bestätigt sogar einen Fehler in den zugrunde liegenden Gleichungen.

Nach anfänglichem Zögern schlägt King diese Maßnahme den Betreibern vor. Doch im Aufsichtsrat wird knallhart zurückgeschlagen. Die Mehrheitsinhaber wollen ihn ersetzen. Da ergeben sich zwei Alternativen. Zwei Techniker haben einen atomaren Brennstoff gefunden, der sicher ist und den gegenwärtigen Reaktortyp überflüssig macht. Und Dr. Lentz sieht einen Weg, wie er den Aufsichtsrat auf seine Seite bringt. Es ist alles eine Frage der Überzeugungskraft.

|Mein Eindruck|

Wieder einmal stellt Heinlein unter Beweis, dass er sich in Ingenieurskunst, Wissenschaft, Psychologie, Astronomie und Betriebswirtschaft hervorragend auskennt. Das ist einer der Gründe, warum er so großen Einfluss auf die neuen Autoren ausübte (bis er 1941-1946 wegen des Krieges pausieren musste). Außerdem ist seine Novelle zielgerichtet und spannend geschrieben. Am Anfang und am Ende gibt es ein wenig Action, und dazwischen geht es um Wege zur Problembewältigung. Saubere Arbeit.

Mich hat immer wieder verwundert, wie Heinlein fünf Jahre vor der ersten Atombombe derartig kenntnisreich und detailliert über Kernspaltung und Atomenergie schreiben konnte. Allerdings konnten dies auch Lester del Rey in „Nerven“ und Clive Cartmill in „Deadline“ (1944). Cartmills Story rief wegen der Erwähnung gewisser Feinheiten bei der Kernspaltung sogar das FBI auf den Plan.

Daher ist diese Story vielfach als Beispiel für die angebliche Fähigkeit der SF herangezogen worden, die Zukunft vorherzusagen. Viele Autoren würden ihr diese Fähigkeit absprechen, denn schließlich schreibt man für heutige Leser und nicht für künftige. Aber dennoch wird „Deadline“ immer wieder erwähnt. Asimov hatte sie in seinen Auswahlband „SF aus den goldenen Jahren“ (|Heyne| 06/4600) aufgenommen.

4) _Der Mann, der den Mond verkaufte_ (The Man who sold the Moon, 1949)

Delos David Harriman, ein erfolgreicher amerikanischer Unternehmer, hat es sich in den Kopf gesetzt, so bald wie möglich eine Rakete zum Mond zu schicken. Aber was er seinen Kollegen vom Industriellensyndikat vorstellt, geht noch weit darüber hinaus: eine Kolonie auf dem Mond namens Luna City, mit ihm selbst als Bürgermeister, sowie eine Fluglinie zwischen Erde und Trabant. Sie schütteln lediglich ihre Köpfe ob solcher Phantastereien. Doch am Schluss verkaufen sie ihm ihre Ansprüche für zehn Dollar das Stück.

Und als es ihm gelingt, einen Chefingenieur und einen Generalmanager einzustellen, die eine richtige Konstruktionsfirma für Raketen auf die Beine stellen, da vergeht den Konzernchefs das Grinsen. Gegenüber jeglicher Einmischung seitens der Regierung der Vereinigten Staaten und des Militärs hat sich Harriman ebenfalls abgesichert. Er will alles in privatwirtschaftlicher Eigeninitiative auf die Beine stellen, und wenn die Regierung Ansprüche auf den Mond erheben will, so wird sie feststellen, dass es eine gemeinnützige Gesellschaft der UNO gibt, die alle Ansprüche vertritt – und die Harriman dirigiert.

Die erste Rakete erhebt sich mit dem Piloten LeCroix in den Himmel über Colorado, doch Harriman ist nicht an Bord. Tatsächlich ist es ihm vorerst nicht vergönnt, einen Fuß auf den Erdtrabanten zu setzen, den er selbst zu erobern half. (Das gelingt ihm erst in der Erzählung „Requiem“.) Durch einen Trick streut er das Gerücht, auf dem Mond gebe es möglicherweise Diamanten – und der Run geht los.

|Mein Eindruck|

Wieder einmal zeigt Heinlein, was privatwirtschaftliche Eigeninitiative auf die Beine zu stellen vermag – wenn man es von Behördenseite zulässt. Harriman hat einige Kämpfe auszufechten, doch nur einer davon wird stellvertretend geschildert, nämlich jener mit der Atomenergiekommission. Dieses langweilige Zeug lässt Heinlein lieber weg, was dem Leser nur recht sein kann. Besonders der Anfang mit DDs tollkühn erscheinendem Vorschlag ist brillante Unterhaltung, doch mir fiel auf, dass hier knallharte Yankee-Geschäftemacherei den Ton angibt. Von sozialer Marktwirtschaft kann keinerlei Rede sein. Hier geht’s nur um den Dollar, zumindest für die Industriellen. Aber wenigstens einer behält die große Idee im Auge: Harriman selbst. Das ist der einzige Grund, warum wir ihm Sympathie entgegenbringen.

Diese Textfassung ist 23 Seiten länger als diejenige, die von Fritz Steinberg angefertigt und zuletzt im „Heyne SF Jahresband 1980“ abgedruckt wurde. Dennoch hat Rosemarie Hundertmarck, die Übersetzerin, auf Seite 251 und 253 Fehler gemacht. Da ist die Rede von Raketenstufe eins, doch dabei sollte Stufe fünf gemeint sein. Und auf Seite 253 wird eine Radarstation zu einem Neutrum gemacht.

5) _Delila und der Raummonteur_ (Delilah and the Space-Rigger, 1949)

Die erste Raumstation wird von Tiny Larsen und „Dad“ Witherspoon in der Kreisbahn gebaut. Larsen hat seine Männer alle fest im Griff, doch als mit dem nächsten Shuttle eine Frau eintrifft, rastet er selbst aus. Gloria Brooks McNye soll die neue Funkerin werden, doch angeblich gefährdet sie die Moral von Tinys Truppe. Sie selbst ist nicht auf den Mund gefallen und gibt ihm Saures. Schließlich kündigt er ihr, doch das löst unerwartete Folgen aus: Viele der Monteure, die sich in Gloria verliebt haben, wollen lieber kündigen als die Schikanen Tinys länger zu ertragen. Es ist kein Streik, und deshalb kann Tiny nichts gegen diese Solidaritätskundgebung unternehmen. Was tun? Dad schlägt vor, weitere Frauen auf die Station zu holen. Dann wäre die Gefahr, die angeblich von einer einzigen Frau ausgehe, beseitigt. Am besten lässt man auch gleich einen Pfarrer kommen …

|Mein Eindruck|

Die Story ist ein typisches Beispiel, wie Heinlein Technik und Gesellschaft verknüpft. Frauen auf der Baustelle – ein Graus! Aber nicht für Heinlein, der mit der selbstbewussten Virginia verheiratet war.

6) _Raum-Jockey_ (Space Jockey, 1947)

Jake Pemberton will gerade mit seiner Frau Phyllis ins Theater gehen, als ihn der Ruf erreicht, sich zum Dienst zu melden. Er ist Pilot für die Raumschiffe, die zwischen den Raumstationen von Erde und Luna verkehren, also Kurzstrecke. Während sich Phyllis aufregt und um ihn sorgt, düst Jake zur Station Supra-New-York, lässt sich seinen Kurs vom Computer geben und nimmt auf dem Schiff seinen Pilotensitz ein. Kapitän Kelly heißt ihn an Bord willkommen.

Doch auf halber Strecke besucht ein VIP mit seinem 13-jährigen Sohn den Kontrollraum. Jake denkt, er hätte an alles gedacht, indem er die Stromzufuhr zu den Kontrollen abstellte, doch der Junge ist erfinderisch: Er löst den Meteoralarm aus. Sofort zünden die Triebwerke automatisch, und wegen der einsetzenden Schwerkraft purzeln alle Anwesenden durch die Gegend. Jake wird kurz bewusstlos.

Als er wieder erwacht, befindet sich das Schiff auf dem falschen Kurs. Nachdem er es geschafft hat, die verwünschten VIP von der Brücke zu schaffen, berechnet er einen neuen Kurs auf eigene Faust und ohne Computerhilfe. Er hofft, keinen Ballast abwerfen zu müssen, wie der Kapitän befürchtet …

|Mein Eindruck|

Die Story ist eine typische Home-Story über die Ehepartner, die auf verschiedenen Welten leben und deren Ehe einer Zerreißprobe ausgesetzt wird. Aber es ist auch ein Abenteuer auf einem Passagierschiff, das zeigt, was alles auf der Kurzstrecke passieren kann. Die astrogatorischen Angaben erscheinen höchst glaubwürdig. Vielleicht hatte der Autor auch Hilfe, um sie zu berechnen. Der technische Realismus der Schilderung trägt viel dazu bei, die Handlung für männliche Leser interessant zu machen. Aber die psychologische Seite, für die vor allem die Frauen zuständig sind, wird ebenfalls nicht vernachlässigt.

Es gibt einen kleinen Widerspruch. Erst denkt Jake, dass seine Frau auf dem Mond verrückt werden würde, doch dann holt er sie dorthin. Der Widerspruch lässt sich auflösen, weil Jake seinen Job wechselt – vom Raumpiloten zum lunaren Oberflächenpiloten. Er wird also Phyllis viel häufiger sehen können. Was das Verrücktwerden wohl verhindern soll.

7) _Requiem_ (Requiem, 1939)

Delos David Harriman ist „Der Mann, der den Mond verkaufte“ (s. o.). Er begründete die Raumfahrt und erschloss den erdnahen Raum für regelmäßige Flüge von der Erde nach Luna City. Nun ist Harriman ein alter Mann, war aber selbst noch nie auf dem Erdtrabanten. Ihm gilt daher seine größte ungestillte Sehnsucht.

Als er in Missouri auf einem Jahrmarkt eine Mondrakete als Attraktion ausgestellt sieht, engagiert er die beiden Männer, denen sie gehört, vom Fleck weg: den Piloten McIntyre und seinen Techniker Charlie. Sie stecken laufend in Geldschwierigkeiten und sind froh über den Auftrag, Harriman – sie haben natürlich von ihm gehört – helfen zu können. Nachdem sie eine gebrauchte Rakete zurechtgebastelt und als Stratosphärenyacht getarnt transportiert haben, stellen sie sie im Südwesten der USA zum Start bereit. Aber als der Hilfssheriff des Marshals mit Haftbefehlen und Pfändungssiegel auftaucht, wissen sie, dass es Zeit ist abzudüsen.

Für den alten Mann ist der Start eine Riesenbelastung, die ihm zwei Rippen bricht und Herzrasen verursacht. Aber die Landung auf dem Mond klappt, wenn auch etwas holprig. Doch hier wiegt Harriman nur zehn Kilo – ein Klacks. Er darf sich im Sand ausstrecken und die Erdsichel bewundern. Sie ist wunderschön. Rundum zufrieden schläft er ein. Für immer.

|Mein Eindruck|

Ursprünglich erschien „Requiem“ als Nachspiel zum oben erwähnten Kurzroman „Der Mann, der den Mond verkaufte“. Und das ist auch sehr passend, schildert die Story doch die letzten Tage des berühmten D. D. Harriman. Die Geschichte beginnt mit einer Grabinschrift über die letzte Ruhestätte eines Seemanns. Die Story ist die Grabinschrift für den Pionier der Raumfahrt.

Klar, dass sie daher sein Leben ein wenig nachskizziert, seine Kämpfe und Opfer streift, aber auch seine Errungenschaften aufzählt. Dann endet das Requiem, was sinngemäß „Lied für die Grablegung“ bedeutet. Es ist keine Totenklage, sondern die Entsprechung zum Spruch „Er ruhe in Frieden“. Der Autor macht keine große großen Worte, sondern stellt dar, worauf es ankommt, statt dies zu behaupten. Das war schon immer Heinleins früher Stil, jedenfalls bis 1959, als er „Starship Troopers“ veröffentlichte (und prompt den |HUGO Award| dafür bekam). Danach begann er zu predigen.

8) _Die lange Wache_ (The long Watch, 1948)

Im Jahr 1999 versucht die militärische Raumpatrouille, die auf Luna stationiert ist, einen Umsturz, um die Kontrolle über die Erde zu gewinnen. Anführer der Rebellen ist der Stellvertretende Kommandant Towers. Er stellt den Bombenoffizier John Ezra Dahlquist vor die Wahl, sich ihnen anzuschließen oder liquidiert zu werden. Dahlquist erbittet Bedenkzeit. Towers verrät ihm, dass von den Atombomben, die auf der Basis stationiert sind, ein oder zwei auf Städte der Erde abgeschossen werden sollen – als Warnung.

In seiner Bedenkzeit eilt Dahlquist zum Bombenlager, überlistet den Wachposten und schließt sich ein. Dann macht er alle Bomben außer einer unschädlich. Doch dabei zieht er sich eine tödliche Strahlenvergiftung durch das Plutonium zu. Nur durch eine Totmannschaltung kann er Towers‘ Männer davon abhalten, das Lager zu stürmen. Würden sie Dahlquist erschießen, verlöre er den Griff um die T-Schaltung, die dann wiederum die letzte Atombombe zur Explosion brächte.

In der Zwischenzeit gelingt es einem regierungstreuen Raumschiff, die Rebellion niederzuschlagen. Dahlquist stirbt nicht umsonst.

|Mein Eindruck|

Obwohl nicht allzu viel passiert, ist die Story doch spannend. Ganz besonders der Umgang mit dem tödlichen Plutonium macht den Nervenkitzel aus. Die Zeitgenossen wussten anno 1948 noch gut über das „Manhattan“-Projekt zum Bau der ersten amerikanischen Atombombe Bescheid. Dahlquist wird wie zahlreiche Vorgänger zum Nationalhelden. Dadurch erhält die Story einen patriotischen Tenor, der sich nur dadurch erklären lässt, dass der Autor die Geschichte der American Legion geschenkt hat, die nun das Copyright innehat.

9) _Nehmen Sie Platz, meine Herren!_ (Gentlemen, be seated!, 1948)

Reporter Jack Arnold will eine Story über den Mond schreiben, der Zahlmeister des Richardson-Forschungsprojekts, Mr. Knowles, führt ihn herum. Natürlich nur in den unterirdischen Tunneln. Diese werden unter der Leitung von Mr. Fatso Konski vorgetrieben. Das Einzige, was diese Tunnel beschädigen kann, seien Mondbeben, sagt Knowles. Plötzlich wackelt die Welt und die Lichter gehen aus.

Als Arnold wieder zu sich kommt, sieht er im Schein von Konskis Taschenlampe, wie dieser ein Leck im Tunnelboden inspiziert. Es ist mehr als fingerdick, saugt kostbare Atemluft und Wärme ab. Eines der den Tunnelabschnitt verschließenden Schotts ist zu, und durch das andere muss jemand gehen und Hilfe holen. Gleichzeitig muss aber auch jemand dafür sorgen, dass das Leck abgedichtet wird. Konski teilt die Aufgaben, dann beginnt ein Wettlauf um Leben und Tod. Doch woher rührt die Beschädigung?

|Mein Eindruck|

Das ist wirklich ein winziges Abenteuerchen, das der Autor hier erzählt. Und er tut es auch noch auf so läppische Weise, die angestrengt humorvoll sein will, dass absolut kein Vergnügen aufkommt. Hier biedert sich Heinlein an die Arbeiterklasse an, die sich mit dem fettarschigen (daher der ach so lustige Titel!) Konski identifizieren soll. Schwamm drüber.

10) _Die schwarzen Klüfte Lunas_ (The black pits of Luna, 1947)

Die Familie von Richard Logan unternimmt einen Ausflug auf den Mond. Sogar der etwa 13- bis 15-jährige Sohn Dickie und der Knirps dürfen mit, aber nur weil sie Mutter und Vater überreden. Das Gleiche passiert auf dem Mond selbst und dann, wenn es darum geht, auf der Mondoberfläche einen Spaziergang zu machen. Mr. Perrin, der Ranger, führt sie zum Naturdenkmal des Teufelsfriedhofs und zu einem Mahnmal, das anlässlich einer Katastrophe aus dem Jahr 1984 errichtet wurde.

Plötzlich ist der Knirps verschwunden. Während die Mutter einen Schwächeanfall nach dem anderen erleidet, beginnt eine hektische Suche, denn der Knirps hat nur Luft für vier Stunden …

|Mein Eindruck|

Noch so eine Familiengeschichte, noch dazu auf dem Niveau von kleinen Kindern. Für die könnte das kleine Abenteuerchen ganz unterhaltsam sein, für Erwachsene ist es todlangweilig oder nervend.

11) _“Wie schön, wieder zu Hause zu sein!“_ („It’s great to be back!“, 1946)

Allan und Josephine McRae haben drei Jahre auf dem Mond gelebt und sich an das dortige Leben gewöhnt. Doch nun hat Jo so großes Heimweh nach dem blauem Himmel der Erde entwickelt, dass sie zurückkehren. Was – zurück zu den „Erdschweinen“?, spottet man. Doch ihr Entschluss steht fest. Allan nimmt seine Forschungsunterlagen mit, denn er plant, auf der Erde ein Buch daraus zu machen.

Auf dem Flug zur Erde wird beiden schlecht, denn mit dem freien Fall kommen sie nicht zurecht. Und als sie dann auf der Erde stehen, brechen sie fast zusammen. Sie sind die sechsmal höhere Schwerkraft physisch nicht gewöhnt. An all dies könnten sie sich gewöhnen, aber es ist auch die Borniertheit der Erdschweine, die den rückfälligen „Mondsüchtigen“ den letzten Nerv raubt. Als sie dann aufs Land in ein geerbtes Haus ziehen, bekommen sie es mit feindseligen Dorfbewohnern zu tun. Die wollen die Mondsüchtigen einfach nicht mehr bedienen.

Schon bald steht ihr Entschluss: schnellstens zurück nach Luna City, wo es wenigstens Zivilisation gibt! Dort werden sie schon erwartet.

|Mein Eindruck|

Die Ironien in dieser Geschichte zwischen Erde und Mond nehmen fast kein Ende, und das macht sie so amüsant. Allerdings gibt es auch ein paar Merkwürdigkeiten. So wird die Erde etwa als „grüner“ Planet beschrieben, während sie in Wahrheit blau und braun ist. Liegt das am Wunschdenken des Autors? Außerdem kommen mir die beiden McRaes sehr naiv vor. Wissen sie nichts von der höheren Schwerkraft auf der Erde? Wahrscheinlich schon, denn sie sind intelligent, aber warum haben sie dann nicht ihre Muskulatur und ihren Kreislauf dafür gestärkt? Schließlich wird heute auf jeder Raumstation auf diese Fitness geachtet.

12) _“Wir führen auch Hunde spazieren“_ („We also walk Dogs“, 1941)

General Services ist ein Dienstleistungskonzern der besonderen Art. Die Feldagenten führen nicht nur Hunde aus, wie es das Firmenmotto vorschreibt, sondern organisieren auch mitunter exklusive Partys in letzter Sekunde. Heute bekommt Firmenchef Jay Clare Besuch von einem Geheimagenten der Regierung. Der bittet um Mithilfe bei der supergeheimen Vorbereitung einer supergeheimen Konferenz aller supergeheimen Teilnehmer aller besiedelten Welten, also auch von den Jupitermonden etc.

Damit gibt es natürlich ein kleines Problem: die irdische Schwerkraft. Sie würde die Niedrigschwerkraftbewohner einfach zerquetschen. Ausweichen gilt nicht, der Mond kommt nicht infrage, sagt der Agent der Regierung. Der Boss bittet um 24 Stunden Bedenkzeit, ob es sich machen lässt. Wie sich herausstellt, lässt es sich machen. Das Problem besteht allerdings darin, den entsprechenden Physikexperten O’Neil zur Zusammenarbeit zu bewegen. Dafür muss General Services auf unorthodoxem Wege besorgen, was sein Herz begeht: eine kleine Porzellan-Schale aus der Ming-Epoche. Sie ist Eigentum des Britischen Museums …

|Mein Eindruck|

Diesmal beschäftigt sich der Autor wieder mit Erwachsenen und technischen Problemen. Die Story ist ein weiteres Beispiel für Heinleins Credo: dass Ingenieure Lösungen für fast alles liefern können und dass es besser sei, die Privatwirtschaft für diese Lösungen zu engagieren statt die Regierung (die aus unfähigen Politikern, zwielichtigen Agenten und überflüssigen Bürokraten besteht).

Schon die bemannte Raumfahrt zum Mond wurde von dem Privatmann Harriman auf die Beine gestellt, dagegen ist doch die Erfindung einer Antischwerkraft-Vorrichtung ein Klacks für einen Konzern wie General Services. Allerdings hütet sich der Autor davor, auch nur ansatzweise das Funktionsprinzip des Apparats zu beschreiben. Aber ihm ist zumindest klar, wie groß der wirtschaftliche Nutzen dieser Erfindung ist, da sie sich auf allen möglichen Gebieten einsetzen lässt.

13) _Suchscheinwerfer_ (Searchlight, 1962)

Die blinde Konzertpianistin Betty Barnes, ein junges Wunderkind, ist auf dem Mond verschollen. Ihre von einem erfahrenen Piloten gesteuerte Rakete verschwand von den Radarschirmen. Kein Notsignal verrät ihre Position, und die Oberfläche des Mondes ist 15 Mio. Quadratmeilen groß. Das Militär sucht dringlich nach ihr und hat auch eine Methode, um Betty zu finden. Mit Hilfe eines Laserstrahls, der von einer Sonde abgestrahlt wird, schickt man einen Trägerstrahl mit Musiknoten, der von Bettys Anzugempfänger aufgefangen wird. Je nach Gebiet wird eine andere Musiknote gesendet. Betty braucht bloß die richtige Note zu wählen, und schon gelingt die Ortung und Einkreisung.

|Mein Eindruck|

Die nur wenige Seiten lange Geschichte verleiht dem Begriff „Suchscheinwerfer“ eine ganz neue Bedeutung. Sie ist aber ansonsten belanglos. Warum die Rakete vom Kurs abkam, wird nie erklärt.

14) _Zerreißprobe im All_ (Ordeal in Space, 1947)

Bill Cole war Ersatzpilot auf dem Passagierschiff „Walküre“, als ihn die Höhenangst befiel. Er tauschte eine Außenantenne auf der Hülle des Schiffs aus, als ihm der Schraubenschlüssel aus der Hand rutschte und er in den Abgrund der Sterne blickte. Fortan war er unfähig, sich zu bewegen und zurück in die Sicherheit des Schiffsinneren zu gelangen. Ein Patrouillenboot des Mars fischte ihn auf.

Nun hat Bill den Raumdienst quittiert. Er will sich nicht den merkwürdigen Blicken und dem Getuschel der Veteranen aussetzen. Unter falschem Namen tritt er in eine Elektronikfirma ein und verrichtet einen sehr einfachen Job. Seine Kollegin Tully verschmäht ebenfalls den Fallschacht und zieht den Lift vor, daher gehen sie regelmäßig zusammen zum Essen. Tully lädt ihn zum Abendessen ein.

In der Nacht, nach einem weiteren Albtraum, hört er ein Miauen. Ein kleines Kätzchen hat sich auf einem Außensims des Hochhauses verirrt. Schon der Anblick lässt es Bill schlecht werden. Doch wenn er daran zurückdenkt, wie es zu seiner Höhenangst gekommen ist, merkt er, dass er ja nicht ewig damit leben kann. Er beschließt, alles auf eine Karte zu setzen und zu versuchen, das Kätzchen zu retten – und so auch sich selbst.

|Mein Eindruck|

Diese feine Story widerlegt das Vorurteil, dass Ingenieursgeschichten keine tiefere Psychologie aufweisen würden. Sie ist spannend, aber einfach gestrickt. Und der Autor hat eine Rückblende eingebaut, einen literarischen Kniff, den man bei Heinlein nur selten findet.

15) _Die grünen Hügel der Erde_ (The green Hills of Earth, 1947)

„Noisy“ Rhysling ist der Barde, der die Hymne „Die grünen Hügel der Erde“ schuf, die inzwischen jedes Schulkind und jeder Raumfahrer kennt. Doch wer war Rhysling und wie entstand dieses wundervolle Lied? Davon erzählt diese Geschichte.

Rhysling war ein Raumschifftechniker, der alle Häfen zwischen Mars, Jupiter, Venus und Erde besuchte und die Bars mit seinem Durst beehrte. Daher war er bei allen anderen Technikern relativ bekannt. Doch als er einen defekten Raumantrieb reparierte und so das Schiff rettete, erblindete er. Nun lebte er nur noch von einer kleinen Abfindung und den Almosen, die ihm seine Lieder in den Bars und Kneipen einbrachten. Er wurde wesentlich bekannter.

Schließlich wurde er ein alter Mann und will zurück in seine Heimat, die terranischen Ozark Mountains. Er besteigt ein Schiff auf der Venus, doch der Kapitän ist ein junger Schnösel, der direkt von der Harriman-Akademie kommt, und will ihn nicht an Bord bleiben lassen. Doch als er seinem Profos befiehlt, den bekannten Barden rauszuwerfen, entschuldigt sich dieser mit einer verrenkten Schulter und die Mannschaft macht sich dünne. Rhysling beruft sich auf eine Sonderklausel für die Passagierbeförderung. Wider Erwarten kann er doch mit.

Er begibt sich an seine gewohnte Arbeitsstation, wo er sich als Blinder eben am besten auskennt: im Reaktorkontrollraum. Der dortige Mechaniker Macdougal hat jedoch einen Fehler gemacht, und es kommt zu einem Notfall. Nur Rhysling kann das Schiff vor einem explodierenden Reaktor bewahren, aber dafür muss er bis zum letzten Moment in einer Strahlenhölle ausharren. Die letzten Worte, die er durchgibt, sind die der Hymne „Die grünen Hügel der Erde“.

|Mein Eindruck|

Die letzten Zeilen sind wirklich ergreifend, wie sich leicht vorstellen lässt, und setzen dem blinden Barden des Weltraums und seiner Eroberer ein bleibendes Denkmal. Deshalb taucht Rhysling als eine der wenigen Figuren in der Chronologie der FUTURE HISTORY auf. Es ist eine sentimentale Story über einen Helden der besonderen Art, halb Ingenieur, halb Dichter. Eine Story voll Stimmung und vielen Liedern, so dass sie lange in Erinnerung bleibt – passend als Titelgeschichte für die gleichnamige Story-Sammlung.

16) _Imperialistische Logik_ (Logic of Empire, 1941)

Humphrey Wingate ist ein Rechtsanwalt von der Erde. Leider wettet er betrunken in einer Kneipe, dass es keine Sklaven mehr gebe. 24 Stunden später findet er sich zwangsverpflichtet, und zwar zum Arbeitsdienst auf der Venus. Als ihm der zuständige Beamte den entsprechenden Vertrag zeigt, befindet sich Humphreys Unterschrift darauf. Die moderne Sklaverei sieht nicht viel anderes aus als die im Jahre 1864: Er wird an den Meistbietenden auf einer Auktion verkauft. Sein neuer Herr ist ein Unternehmen namens Van Huysen. Die Vertragslaufzeit lautet auf fünf Jahre.

Tagsüber schuftet Humphrey nun in den Sümpfen, zusammen mit den amphibischen Eingeborenen der Venus. Sie ernten eine bestimmte Wurzel. Doch nachts muss sich Humphrey erst mit Alkohol betäuben, um einschlafen zu können, aber der Schnaps wird ihm auf die Vertragslaufzeit draufgeschlagen – ein Teufelskreis. Deshalb beschließt Humphrey, der sich mit der Tochter des Gutsbesitzers angefreundet hat, zu fliehen. Sie hilft ihm, Hartley und Jimmie. Zusammen schaffen sie es in die nebligen Sümpfe.

Zu Humphreys Erstaunen existiert hier eine Rebellenregierung, die sogar einen eigenen Gouverneur hat. Aber auch diese Kolonie ist in Gefahr, durch ihren Funkverkehr von der Company aufgespürt und zerschlagen zu werden. Humphrey erinnert sich an seine technischen Fähigkeiten beim Bau eines Funkgeräts. Nach sechs Wochen hat er ein abhörsicheres Gerät fertig und installiert es in anderen Rebellennestern. Außerdem schreibt er ein Buch über seine Erlebnisse.

Wenig später taucht endlich sein Kumpan Sam Houston Jones auf, der mit ihm in die Bredouille und in die venusianische Sklaverei geraten ist. Er will Humphrey befreien. Das stellt Humphrey vor eine ungewöhnliche Wahl – er hat die Venus liebgewonnen.

|Mein Eindruck|

Die lange Erzählung liest sich stellenweise wie der Entwurf zu einem Roman. So erfahren wir nie, wie der Name des Rebellen-Gouverneurs lautet. Er ist also nur aufgrund seiner Funktion für die Handlung wichtig. Auch Abläufe wie die Gründe, die zur Rückkehr von Sam Houston Jones führten, werden nur gerafft dargestellt, so dass sie mitunter wenig realistisch erscheinen. Aber was ist an einer tropischen Venus, wie man sie sich noch 1941 vorstellte, realistisch?

Wichtig ist jedoch das Grundthema, auf das der Titel hinweist: Logik des Imperiums impliziert, dass dieses Imperium Kolonien besitzt, die es ausbeutet: Venus & Co. Dort schuften die Sklaven als billige Arbeitskräfte, während auf der Zentralwelt hochbezahlte, teure Arbeitskräfte die Produkte dieser Kolonien verwalten und für ihre Weiterverarbeitung sorgen. Der wirtschaftliche Mechanismus ist seit dem 17. Jahrhundert bekannt, seit in Frankreich und Großbritannien Manufakturen errichtet wurden.

Trotzdem stellt Heinlein diese Art der Kolonialwirtschaft als einen Auswuchs von Dummheit dar (Wingate will das System als Auswuchs von Schlechtigkeit hinstellen, aber das wird als moralische Diffamierung abgelehnt). Wenn Sklavenwirtschaft „dumm“ ist, warum hat sie dann seit der Antike funktioniert? Und zur Sklaverei zählen auch Lohn- und Zinsknechtschaft sowie Leibeigenschaft in einem Feudalsystem.

Wie man sieht, packt Heinlein auf halbwegs unterhaltsame Weise ein heißes Eisen an. Er hätte auch einen Schundroman schreiben können, so wie ihn Wingates Ghostwriter fabriziert. Bemerkenswert ist die Story u. a. auch, weil in ihr der Fernsehprediger Nehemiah Scudder zweimal erwähnt wird. Mehr dazu weiter unten.

17) _Das Ekel von der Erde_ (The Menace from Earth, 1947)

Luna City ist inzwischen eine blühende Metropole, allerdings unter der Oberfläche, die vom Meteorschild bedeckt wird. Zwanzig Stockwerke tief erstreckt sich die Stadt, und ein Stadtplan ist dafür ziemlich sinnlos. Genau so einen Stadtplan will aber die Erdtouristin Ariel Brentwood, die an die 16-jährige Lunarierin Holly Jones verwiesen wird.

Die Fremdenführerin Holly erzählt uns, was sie mit diesem Erdschwein-Playgirl alles erlebt. Den Guide-Job macht Holly nur als Zubrot, um ihr Studium der Raketenkonstruktion zu finanzieren. Sie hat mit Jeff Hardesty ein eigenes kleines Konstruktionsbüro und entwirft das nächste Generationenraumschiff, die „Prometheus“. Kein Wunder, dass sie sich am Riemen reißen muss, als das Erdschwein Brentwood ihr die üblichen dummen Fragen stellt.

Doch dann will die Dame einen Ausflug auf die Oberfläche machen. Weil Holly dafür keine Lizenz hat, springt ihr Partner Jeff ein. Der verliebt sich allerdings in die kurvenreiche Schönheit von der Erde. Holly, die dachte, sie wäre über Eifersucht erhaben, versucht sich mit Arbeit abzulenken. Aber eine Woche später bittet Jeff Holly, Brentwood das Fliegen beizubringen. Dies geht im Lüftungsschacht, der drei Kilometer hoch und mehrere Kilometer breit ist, ausgezeichnet. Die Frau stellt sich auch nicht dumm an, aber als sie dann mal nach unten schaut, wird sie von Panik ergriffen und stürzt ab. Obwohl die Schwerkraft nur ein Sechstel der auf der Erde beträgt, kann Holly sie nur in letzter Sekunde vor einem Aufschlag bewahren, der ihr sämtliche Rippen gebrochen hätte …

|Mein Eindruck|

In eine simple Dreiecksgeschichte eingebettet, greift Heinlein die alte Rivalität zwischen Erdschweinen und Mondsüchtigen auf, verknüpft diese mit einer höchst anschaulichen und unterhaltsamen Freiflugszene und lässt ganz nebenbei die Idee mit dem Generationraumschiff anklingen. Diese Mischung haben ihm viele Autoren wie Niven, Pournelle, John Barnes, Spider Robinson und John Varley abgeschaut – und nur selten mit der gleichen Qualität erreicht. Es ist eine von Heinleins gelungensten Geschichten, vor allem weil die Ich-Erzählerin ein ungewöhnlicher Typ Frau ist: selbstbewusst, selbständig, eine Ingenieurin im Teenageralter, die aber auf reizvolle Weise erst noch ihre Gefühle erkunden muss.

_HINWEIS:_ Hier endet der zweite Sammelband von FUTURE-HISTORY-Geschichten (in manchen Ausgaben ist es sogar der dritte Band). In der Chronologie tritt eine Lücke von 75 Jahren bis zum Zeitpunkt ein, an dem die nächste Erzählung beginnt. Diese Lücke sollten ursprünglich die Erzählungen „The Sound of His Wings“, „Eclipse“ und „The Stone Pillow“ füllen. Sie schildern den Absturz der USA von einer imperialen, interplanetaren Großmacht in eine isolationistische Theokratie unter dem Fernsehprediger Nehemiah Scudder.

Diese Diktatur der Fundamentalisten nach dem Vorbild des heutigen Iran wird erst durch die Zweite Amerikanische Revolution beendet, welche durch eine Untergrundorganisation initiiert wird. Dabei scheint es sich nicht um die Langlebigen zu handeln, die in „Methusalems Kinder“ beschrieben werden.

Weitere Details sind der grafischen Chronologie zu entnehmen sowie Heinleins Postskriptum (Okt. 1952) zu „Revolte im Jahr 2100“, dem dritten Band der FUTURE HISTORY-Storybände.

18) _“Wenn das so weitergeht“_ („If this goes on“, 1939 / revidiert 1953)

Nehemiah Scudder, ehemals Fernsehprediger, ist zum Heiligen und Propheten aufgestiegen, in seiner Burg in New Jerusalem residiert er als Priesterdiktator über ganz Amerika. Aber selbst nach drei Generationen ist seine Herrschaft nicht unumstritten. Die Gazetten munkeln etwas von einer „Loge“, die im Untergrund seinen Sturz vorbereite.

John Lyle, der Ich-Erzähler, gehört zur Wache von New Jerusalem. Er kommt frisch von der Militärakademie und ist noch ziemlich feucht hinter den Ohren. Doch sein Kollege Zebadaiah ist schon länger hier und kennt die ganzen Tricks und Schliche hier auf der Burg. Als John Lyle sich in die schöne, aber ängstliche Novizin Judith verliebt, vertraut sich John seinem Kumpel wegen seiner Gewissensbisse an. Zeb winkt ab: Wenn Johnny wüsste, was zwischen den Priestern des Heiligen und den Schwestern des Ordens laufe, würde er mit den Ohren schlackern.

Eines Nachts hört John Schreie aus den Korridoren vor den Gemächern des Propheten. Es ist Judith, die jammert und weint. Die anderen Schwestern verscheuchen John, der ihr helfen will, und er tritt den Rückzug an. Zeb findet mit Hilfe seiner Freundin Margarete heraus, was passiert ist. Judith sollte dem Heiligen auch im Bett zu Diensten sein – schließlich hat der ja das Recht, die Menschheit mit Hilfe jeder Frau zu vermehren, die ihm beliebe. Doch Judith drehte durch und verließ in Panik die Gemächer. Das werde sie wohl schon bald büßen müssen.

Für John ist die Sache klar: Judith muss fliehen! Am liebsten würde er mit ihr fliehen, doch sein Kumpel Zeb rät handgreiflich davon ab. Das könnte böse Folgen für die ganze Burgwache haben. Die Inquisition ist eh schon überall wegen der Loge gegenwärtig. Einen Schnüffler haben Zeb und John bereits erledigt, doch das zieht bestimmt eine Untersuchung nach sich. Wie sich herausstellt, kann nur eine Gruppierung Judith und John helfen: die Loge. Zum Glück ist auch der Chef der Wache, ein gewisser Peter van Eyck, Mitglied der Loge, ja sogar deren lokaler Chef. Aber John ist derjenige, der Judith zur Flucht verhelfen muss.

In den Geheimgängen verschwinden sie und treten der Loge bei. John und Judith schwören feierliche Eide, doch dann trennen sich ihre Wege. Judith wird sofort außer Landes geschafft, doch John wird von der Inquisition in die Mangel genommen …

|Mein Eindruck|

So weit, so gut. Dieses erste Drittel des Kurzromans ist anschaulich, actionreich, voller Wendungen. Doch dann versackt die Erzählung in einer beschreibenden Prosa, in welcher der Autor meist summarisch zusammenfasst statt anschaulich zu schildern. Nur die persönlichen Höhepunkte des Erzählers John Lyle während dessen Aufstiegs in der Hierarchie der „Loge“ erlangen den Status von Szenen. Die meisten haben mit Lyles Verhältnis zu Männlein und Weiblein zu tun. Bemerkenswert ist hierbei für die Leser des Romans vor allem die Nacktbadeszene in einer unterirdischen Höhle. Solche Szenen dienen dazu, Lyles weiterhin konservative Konditionierung durch die Religion des Propheten zu veranschaulichen.

Erst ganz am Schluss beginnt der Angriff auf die Burg des Propheten. Doch auch hier wird die Action sehr zurückgenommen geschildert, so dass von Kampfhandlungen keine Rede sein kann. Insgesamt konnte ich dem Kurzroman daher nur am Anfang etwas abgewinnen, doch nach Lyles Flucht wird die Erzählung nur zu einer weiteren Militärstory, wie Heinlein sie so oft verbraten hat.

Immerhin beschäftigt sich der Autor mit zwei heiklen Themen: Religion und deren Unterdrückungspotenzial sowie mit Sex und dessen Befreiungspotential. In beiden Fällen nimmt er die Position des rechtskonservativen Liberalen ein, der die Freiheit des Individuums auch und besonders gegen Bevormundung durch Armee (auch die der Befreier) und jegliche Regierung verteidigt. Dazu gehören besonders auch die Verwirklichung von Religionsausübung und das Ausleben von Sexualität. Die Frauen in dieser Erzählung erscheinen durchaus realistisch, erinnern aber allesamt an Kriegsbräute, sei es nun Schwester Judith oder die Rebellin Margarete, die Lyle schließlich heiratet.

19) _Coventry_ (Coventry, 1940)

Nach der Zweiten Revolution – siehe oben – hat die Gesellschaft einen Vertrag geschlossen, der das Konzept der Gerechtigkeit und das Strafgesetzbuch abschaffte. Als David McKinnon also einem Mann, der ihn beleidigt hat, mit einem Schlag die Nase bricht, wird er nicht in den Knast gesteckt. Vielmehr stellt ihn der Richter vor die übliche Wahl: sich der psychiatrischen Reorientierung zu unterziehen oder nach Coventry zu gehen. Nachdem er gegen diese Behandlung protestiert hat, wählt er Coventry. Ein Hubschrauber des Militärs bringt ihn und seine Habseligkeiten hin.

Coventry ist eine riesige Reservation für charakterlich labile Personen, wie David eine ist. Sie existiert hinter einer Barriere, die durch ein Kraftfeld gebildet wird. Ein Tor öffnet sich, und McKinnon kann mit seinem Krempel hindurchfahren. Die Hügel sind leer, doch schon bald stoppt ihn eine Zollpatrouille, die ihm die Hälfte seiner Sachen abknöpft. Weil er sich auch jetzt zur Wehr setzt, kommt sein Fall vor Gericht. Er befindet sich in Neu-Amerika, doch der Richter kennt keine Gnade mit Störenfrieden wie ihm. David verliert seine restlichen Sachen und landet im Knast.

Sein Zellengenosse Magee wird nur „Schatten“ genannt. Er verhilft David nicht nur zu einigen Einsichten, sondern auch zur Flucht. Neben Neu-Amerika gebe es in Coventry noch den Freistaat, eine absolutistische Diktatur, und die Engel, eine theokratische Diktatur, genau wie jene, die durch die Zweite Revolution überwunden wurde. So gesehen, hat es David also noch recht gut getroffen, als er in Neu-Amerika landete. Magee versteckt ihn bei den Dieben. Doch als Magee verletzt von einem „Ausflug“ zurückkehrt, muss ihn David, der sich wandelt, zum Doktor schaffen. Dessen Tochter Persephone ist eine wandelnde Bibliothek in einem Teenagerkörper.

Nun steht David vor der Wahl: Will er bleiben und sich verstecken oder die Vereinigten Staaten im Draußen vor dem Angriff warnen, den Neu-Amerika und Freistaat vorhaben? Die richtige Wahl könnte sein ganzes Leben verändern.

|Mein Eindruck|

Diese Erzählung setzt sich mit dem Problem der Gerechtigkeit auseinander. Wie könnte sich dieses immaterielle Konzept verändern, wenn man die Bestrafungsmethoden, die heute angewendet werden, abschafft, weil es eine neue Wissenschaft erlaubt und empfiehlt? Eine riesiges Gebiet an Außenseiter abzutreten, erscheint uns wie ein großer Luxus, aber nach dem Krieg der Zweiten Revolution dürfte das Gebiet relativ menschenleer sein. Erzähltechnisch und philosophisch gesehen, ist Coventry eine Art soziologisches Experimentierlabor.

David MacKinnon ist eine Art Gulliver, der bislang klassische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts studiert hat. Er erwartet in Coventry ein anarchistisches Utopia. Darin wird er grob enttäuscht, und wenn er kurz nachgedacht hätte, hätte es ihm einleuchten müssen, dass nur „antisoziale“ Personen nach Coventry gehen – was zu einer entsprechenden Gesellschaftsform führt. Geradezu satirisch mutet die Idee an, einer Diktatur den Namen „Freistaat“ zu geben und den Diktator als obersten „Befreier“ zu bezeichnen (und das bereits 1940!). Könnte Heinlein an die sowjetischen Säuberungen unter Berija und Stalin oder an Hitler gedacht haben?

Wie so oft bei Heinlein, wird der Held nur dadurch aus seiner Verdammnis erlöst, dass er sich für das Wohl der Gemeinschaft einsetzt. David MacKinnon rehabilitiert sich, indem er die Vereinigten Staaten warnt. Und dort erlebt er eine Überraschung. Die Erzählung ist spannend und lehrreich, doch den wissenschaftlichen Hintergrund hat der Autor irgendwo in die Mitte gepackt und in einem kurzen Unterkapitel abgehandelt. Dennoch hat das Sozialexperiment „Coventry“ Hand und Fuß und verdient eine Diskussion.

20) _Außenseiter_ (Misfit, 1939)

Eine Gruppe unangepasster junger Männer wird im 21. Jahrhundert in die Space Marine aufgenommen, um sich dort zu bewähren. Man steckt sie in einen Raumtransporter, der zum 200 Millionen Meilen entfernten Asteroidengürtel fliegt. Nachdem sie die Raumkrankheit überwunden haben, dürfen sie auf dem Felsbrocken mit dem schönen Namen HS-5388 eine große Grube ausheben, in der eine Raumstation gebaut und der Antrieb des Felsbrockens eingebaut wird. Denn der Planetoid soll eine der drei künftigen Raumstationen zwischen Erde und Mars bilden, muss also vorher noch ein paar Kilometer Richtung Erde gewuchtet werden.

Bei diesem Unternehmen erweist es sich, dass der Rekrut Andrew Jackson Libby ein natürliches, aber leider bislang verkanntes Mathematikgenie ist. Er rettet nicht nur Leben, sondern ersetzt sogar einen ganzen Navigationscomputer – sobald man ihn erstmal ausgebildet hat.

|Mein Eindruck|

Wer jetzt an Heinleins Jugendbuch „Starman Jones / Gestrandet im Sternenreich“ denkt, liegt genau richtig. Darin bringt es ein verkapptes Mathegenie sogar zum Raumschiffkapitän und Obernavigator. Auch in der Story wird die Raummarine – Heinlein war selbst ein Navy-Akademieabsolvent – als Ort und Chance für die Bewährung von jungen Männern dargestellt. Mutter Navy sorgt für ihre Jungs, selbst wenn sie sich die Seele aus dem Leib kotzen. In den Groschenheften ist die Story gut aufgehoben, doch mit dem Mathe- und Navigationsjargon dürfte so mancher Leser auch heute noch seine Probleme haben.

21) _Methusalems Kinder_ (Methuselah’s Children, 1941/1958)

In der Mitte des 22. Jahrhunderts gibt es von Langlebigen schon rund hunderttausend Mitglieder. Sie sind in Familien organisiert, denn sie alle sind aus den Anfängen des genetischen Programms hervorgegangen, das die „Howard-Stiftung“ im Jahr 1870 ins Leben rief. Daraufhin wurden Langlebige mit Langlebigen gepaart, so dass schließlich im 22. Jahrhundert ein zweihundert Jahre alter Kerl auftreten kann, der anno 1912 geboren wurde: Er nennt sich „Lazarus Long“, wurde aber als Woodrow Wilson Smith geboren. Er ist ein Überlebenskünstler, denn natürlich darf keiner der Kurzlebigen erfahren, dass es so etwas wie ihn gibt.

Bis jetzt. Etwa neuntausend Mitglieder der Howard-Familien haben sich geoutet. Zunächst ist die Nachricht kaum registriert worden, doch nach einigen Monaten zeigen sich starke Emotionen unter der Bevölkerung Nordamerikas. Sie neiden den Langlebigen die zusätzlichen Jahren und wollen ihnen unbedingt das Geheimnis ihrer besonderen Fähigkeit abluchsen, um es einer ausgewählten Elite (= Regierungsbeamte und ihre Frauen) zugute kommen zu lassen.

Doch was dies im Einzelnen bedeutet, wird erst im Verlauf der Verfolgung der geouteten Howard-Familienmitglieder deutlich. Es bedeutet Aberkennung der Bürgerrechte, Verfolgung und Unterbringung in KZs (genannt „Coventry“) sowie Folterung, um die geheime Droge der Langlebigen in die Hände zu bekommen. Die Führung der Langlebigen, der Rat, ist entsetzt, doch zunächst ohne Entschluss. Lazarus Long allerdings ist es gewohnt, pragmatisch zu handeln und zeigt dem Rat die Optionen auf. Alle außer einer scheiden aus: Sie müssen das Sonnensystem in einem Langstreckenraumschiff verlassen. Ein solches befindet sich zum Glück gerade im Bau und ist in einer Erdumlaufbahn leicht zu erreichen.

Doch werden die Kurzlebigen sich das vermeintliche Geheimnis des Jungbrunnens so einfach entziehen lassen? Nein, natürlich nicht, aber die führenden Köpfe der Langlebigen erreichen einen geheimen Pakt mit dem Administrator der Regierung …

Eines Tages lässt die Regierung alle hunderttausend Mitglieder der Howard-Familien verhaften und in ein Reservat in Oklahoma deportieren. Lazarus Long gelingt es, den Häschern zu entkommen und macht sich nun ans Werk, um seinen Schicksalsgenossen zur Freiheit zu verhelfen. Doch wie schafft man es, hunderttausend Leute von der Erdoberfläche in ein Raumschiff zu transportieren, das diese Leute weder besitzen noch überhaupt bemannen wollen?

|Mein Eindruck|

Wieder einmal tobt sich Heinlein auf seinen Spielwiesen Technik, Quasi-Mutanten und künftige Gesellschaft aus. Die Gesellschaft der Bürgerlichen hat faschistische Züge angenommen (diesbezügliche Erzählungen wurden leider nie realisiert), und die Langlebigen leben halb im Verborgenen, halb im Untergrund. Das kommt jedem Dissidenten, Studenten und Dropout sehr entgegen, wie man später an dem Erfolg von Heinleins Roman „Stranger in a strange Land“ (1961) gesehen hat.

Aber die Reise selbst und dann der Aufenthalt auf einer fremden Welt voller Aliens sind denn doch etwas andere Kost. Auf der Fremdwelt kann man zwar nackt herumlaufen, wenn einem der Sinn danach steht, doch eine Sache haben die Kolonisten von der Erde nicht bedacht: Dass die Eingeborenen eine ebenso verborgen gehaltene Religion besitzen, die unter anderem Menschenopfer verlangt … Wieder einmal obliegt es Lazarus Long, seine Mitmenschen zu retten. Das Paradies hat eine finstere Seite. Wie es scheint, ist dies eigentlich überall so, wohin Heinlein seine Protagonisten schickt.

Leider zieht sich die Story des Roman auf der Fremdwelt so langweilig hin, dass ich wenig Lust hatte weiterzulesen, doch schließlich bekam sie doch noch die Kurve. Leider macht ein solcher Handlungsverlauf wenig Appetit auf die Fortsetzung „Die Leben des Lazarus Long“ (Time enough for love, 1973).

_Unterm Strich_

Manche Storys würde man heute sicherlich nicht mehr in dieser Form schreiben, aber das tut der Bedeutung dieses Zukunftsepos keinen Abbruch. Diese klassischen Novellen – beispielsweise „Katastrophen kommen vor“ über einen AKW-Unfall – dürften viele Leser zufriedenstellen, die seine letzten Romane nicht so gelungen fanden. Und einen Klassiker wie „Methuselah’s Children“, der erstmals die laufend bei Heinlein wiederkehrende Gestalt des Lazarus Long einführte (siehe „Time for Love“), kann man hier in der Urfassung von 1941 bewundern. Für Sammler ein absolutes Muss und für jeden, der in der SF mitreden will.

Für junge Leser eignen sich meiner Ansicht nach nur jene Erzählungen, die sich um „Die grünen Hügel der Erde“ und „Das Ekel von der Erde“ gruppieren lassen. Diese Geschichten sind von deutlich leichterem Gewicht als solche soziologischen Abenteuer wie „Coventry“ oder „… wenn das so weitergeht“. Zudem hat die Sammlung eine paar chronologische Löcher, die sich um das Auftauchen jenes falschen Propheten namens Nehemiah Scudder Ende des 20. Jahrhunderts, Anfang des 21. Jahrhundert lokalisieren lassen. Da hatte der Meister nach eigenem Bekunden (in der Originalausgabe von „Revolt in 2100“) selbst keine Lust, dieses Thema noch weiter zu vertiefen.

Rosemarie Hundertmarcks Neuübersetzung aus dem Jahr 1988 ist den früheren Übertragungen haushoch überlegen, denn diese waren meist gekürzt – eine übliche Praxis im deutschen Taschenbuchmarkt.

|Originaltitel: The Past through Tomorrow – Future History Stories – Complete in one Volume, 1967
1114 Seiten
Aus dem US-Englischen übertragen von Rosemarie Hundertmarck|

Heinlein, Robert A. – Zwischen den Planeten

_Jugend-SF: Abenteuer mit den Venusrebellen_

Die Botschaft scheint einfach: Don Harvey soll die Erde verlassen und zu seinen Eltern auf den Mars fliegen. Man sagt ihm, sein Leben hinge davon ab. Doch stellt sich die Ausführung dieses Auftrags als schwierig, ja geradezu lebensgefährlich heraus. Aus unerfindlichen Gründen ist die Geheimpolizei der Erde hinter Don her. Als der Krieg mit der Venusrepublik ausbricht und die venusianischen Rebellen ihn entführen, erkennt er, dass er sich mitten in einem Krieg der Planeten befindet. Ob er seine Eltern jemals wiedersehen wird? (abgewandelte Verlagsinfo)

_Der Autor_

Robert Anson Heinlein (1907-1988) wird in den USA vielfach als Autorenlegende dargestellt, sozusagen der „Vater der modernen Science-Fiction“. Allerdings begann er bereits 1939, die ersten Storys im Science-Fiction-Umfeld zu veröffentlichen. Wie modern kann er also sein?

Wie auch immer: Heinleins beste Werke entstanden zwischen 1949 und 1959, als er für den |Scribner|-Verlag (bei dem auch Stephen King veröffentlicht) eine ganze Reihe von Jugendromanen veröffentlichte, die wirklich lesbar, unterhaltsam und spannend sind. Am vergnüglichsten ist dabei „The Star Beast / Die Sternenbestie“ (1954). Auch diese Romane wurden vielfach zensiert und von |Scribner| gekürzt, so etwa „Red Planet: A Colonial Boy on Mars“ (1949/1989).

Allerdings drang immer mehr Gedankengut des Kalten Krieges in seine Themen ein. Dies gipfelte meiner Ansicht nach in dem militärischen Roman „Starship Troopers“ von 1959. Im Gegensatz zum Film handelt es sich bei Heinleins Roman keineswegs um einen Actionknaller, sondern um eine ziemlich trockene Angelegenheit. Heinlein verbreitete hier erstmals ungehindert seine militaristischen und antidemokratischen Ansichten, die sich keineswegs mit jenen der jeweiligen Regierung decken müssen.

Mit dem dicken Roman „Stranger in a strange land“ (1961/1990), der einfach nur die Mowgli-Story auf mystisch-fantastische Weise verarbeitet, errang Heinlein endlich auch an den Unis seines Landes Kultstatus, nicht nur wegen der Sexszenen, sondern weil hier mit Jubal Harshaw ein Alter Ego des Autors auftritt, der als Vaterfigur intelligent und kühn klingende Sprüche von sich gibt. „Stranger“ soll Charles Manson zu seinen Morden 1967 im Haus von Sharon Tate motiviert haben. Sharon Tate war die Gattin von Regisseur Roman Polanski und zu diesem Zeitpunkt schwanger.

Als eloquenter Klugscheißer tritt Heinlein noch mehrmals in seinen Büchern auf. Schon die nachfolgenden Romane sind nicht mehr so dolle, so etwa das völlig überbezahlte „The Number of the Beast“ (1980). Einzige Ausnahmen sind „The moon is a harsh mistress“ (1966, HUGO), in dem der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg auf dem Mond stattfindet, und „Friday“ (1982), in dem eine weibliche und nicht ganz menschliche Agentin ihre Weisheiten vertreibt.

Größtes Lob hat sich Heinlein mit seiner Future History (1967) verdient, die er seit den Vierzigern in Form von Storys, Novellen und Romanen („Methuselah’s Children“, ab 1941-1958) schrieb. Dieses Modell wurde vielfach kopiert, so etwa von seinem Konkurrenten Isaac Asimov.

Heinleins Werk lässt sich sehr einfach aufteilen. In der ersten Phase verarbeitet er auf anschauliche und lebhafte Weise physikalische und soziologische Fakten, die zweite Phase ab 1947 wurde bis 1958 mit Jugendromanen bestritten, die ebenfalls sehr lesbar sind. Die dritte Phase beginnt etwa ab 1959/1960 und ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass, wie ein Kenner anmerkte, Heinlein Meinungen als Fakten ausgibt. Daher lesen sich diese überlangen Schinken wie Vorlesungen und Traktate statt eine gute Geschichte zu erzählen.

Hinzukommt, dass Heinlein rekursiv wird: Er klaut bei sich selbst und besucht, etwa in „Die Zahl des Tiers“ (1980), die Universen seiner Zunftkollegen – hier wird die Science-Fiction inzestuös. Das mag für eingefleischte SF-Fans ganz nett sein, die ihre Insider-Gags sicherlich genießen, doch für Outsider ist es einfach nur langweilig zu lesen.

|Robert A. Heinlein auf Buchwurm.info:|

[„Fremder in einer fremden Welt“ 43
[„Starship Troopers – Sternenkrieger“ 495
[„Zwischen den Planeten“ 663
[„Reiseziel: Mond“ 768
[„Der Marionettenspieler“ 2625
[„Gestrandet im Sternenreich“ 3808

_Handlung_

Don Harvey ist etwa 18 Jahre alt und reitet durch New Mexico, als ihn die Nachricht erreicht. Ein Telegramm, das sein Eltern, die auf dem Mars leben, geschickt haben, beruft ihn aus seiner Schule ab und zu ihnen. Sie nennen ihm den Grund nicht, aber er solle sich beeilen. Don verschenkt sein Pferd und nimmt nur das Nötigste mit. Auf Bitten seiner Eltern besucht er vor dem Start mit der Rakete „Glory Road“ seinen „Onkel“ Dudley Jefferson in New Chicago.

|New Chicago|

Dr. Jefferson ist ein Gelehrter mit einer riesigen Bibliothek und zeigt Don die Stadt. Als sie ein Varieté besuchen, bemerkt Don zu seiner Verwunderung, dass sie von einem Sicherheitspolizisten des IBI beobachtet werden, den er schon auf dem Raumflughafen gesehen hat. Wird er etwa beschattet? Dr. Jefferson weiß Rat. Als es einen Probealarm gibt und die Lichter ausgehen, schlüpft er mit Don zur Hintertür hinaus und entkommt in die Tunnels, die zu seinem Haus führen. Offenbar sind überall Überwachungskameras angebracht, und natürlich werden auch die Taxis vom IBI überwacht.

Doch in Jeffersons Haus warten die IBI-Agenten bereits. Während Don sich ins Unvermeidliche fügt, wird Jefferson verhört und abgeführt. Später erfährt Don, dass er gestorben sei. Doch worin bestand das Verbrechen dieses freundlichen Mannes? Er war einfach nur von fragwürdiger Loyalität, meint der IBI-Lieutenant, der nun Dons Verhör übernimmt. Don wehrt sich vergeblich gegen diese entwürdigende Behandlung und erzählt dem Agenten fast alles. Allerdings sagt er nichts von dem Päckchen, das ihm Jefferson nach New Mexico geschickt hat.

Das IBI lässt ihn wieder laufen, was Don in Erstaunen versetzt. Das Päckchen kann er nun in seinem Hotel in Empfang nehmen: Es enthält einen Ring und ein weißes Blatt Papier. Das Papier, das vielleicht Geheimschrift enthält, beschreibt er mit einem netten Brief an die Eltern und den Ring versteckt er. Daran hat er gut getan, denn am Raumflughafen filzt ihn das IBI noch einmal. Von dem Brief sieht er nie wieder etwas. Endlich darf er an Bord der „Glory Road“, die ihn zur Raumstation Circum-Terra bringt. Dort soll er das Interplanetare Raumschiff „Valkyrie“ besteigen, das ihn zum Mars bringen soll.

Passagiere von allen besiedelten Welten des Sonnensystems gehen an Bord der „Glory Road“. Darunter ist auch ein Drache, der von der Venus stammt. Die Ureinwohner sind Don vertraut, denn er wuchs auf der Venus auf, und er kann ihre „wahre Sprache“ pfeifen. Der Drache, der sich als „Sir Isaac Newton“ vorstellt, kann sich mit Hilfe einer Sprachbox verständlich machen. Auf dieser kurzen Reise findet Don Gelegenheit, mit Sir Isaac zu plaudern und ihm sogar das Leben zu retten. Don ahnt nicht, dass der Drache in direkter Linie von ersten Ei abstammt und auf der Venus über immensen Einfluss verfügt.

|Circum-Terra|

Die Raumstation wird von Rebellenstreitkräften der Venusrepublik erobert. Sofort werden die Passagiere an Bord selektiert, doch Don kann gerade noch verhindern, dass er wieder zurück zur Erde geschickt wird. Stattdessen darf er mit dem Drachen, der ein anderes Schiff besteigt, zur Venus. Das rettet ihm das Leben, denn die Rebellen sprengen die Raumstation. Da diese mit Atomraketen bestückt ist, gibt es eine enorme Explosion. Die Rebellen hätten damit die Erde angreifen können, taten es aber aus humanitären Gründen nicht. Sie hoffen, die Erd-Föderation werde jetzt alle Hände voll zu tun haben, die Aufstände auf der Erde niederzuschlagen. Dadurch hätte sie keine Zeit, eine Strafexpedition zur Venus zu schicken. Falsch gedacht!

|Die Venus|

Seine Föderationsgelder sind auf der Venus, die sich für unabhängig erklärt hat, nichts mehr wert, höchstens auf dem Schwarzmarkt. Zwielichtige Subjekte hätten gerne sein Geld, aber auch seinen Ring, und so gibt Don beides in die Obhut von Isobel Costello, der Tochter eines Bankdirektors. Sie erweist sich als sehr vertrauenswürdig. Und hübsch ist sie auch. Aber der Kurs, den Mr. Costello anbieten kann, ist sehr ungünstig (und ein Telegramm zum Mars kann er auch nicht schicken), daher muss Don als Tellerwäscher arbeiten.

Wochen vergehen, und die politische Lage spitzt sich zu. Wird die Erde angreifen? Don lauscht den Streitgesprächen in der Imbisstube, und es sieht so aus, als würde die Venus mobil machen. Falls das passiert, will er sich zur Raumflotte, der Hohen Garde, melden, denn dann hat er die beste Chance, es bis zum Mars zu schaffen. Dummerweise denken das alle anderen Männer ebenfalls, und als sich Don meldet, sind alle Raumposten vergeben. Zu den Plattfüßen von der Infanterie will er nicht.

|Die Erde greift an|

Die venusianischen Raumschiffe werden noch in der Kreisbahn über dem Planeten abgeschossen. Dann landen die Terraner mit ihren Föderationssoldaten. Sie stecken New London, die Stadt am Raumhafen, in Brand. Don überlebt zwar, wird aber gefangen genommen. Schon wieder fragt man ihn nach dem Ring, als wäre der das kostbarste Objekt im Universum, dabei ist er bloß aus Plastik. Er verrät Isobel Costello natürlich nicht, sondern sieht zu, dass er aus dem Gefangenenlager entkommt.

In den Sümpfen der Venus kann er den Verfolgern entkommen. Nun muss er Sir Isaac finden und von Isobel den Ring zurückholen. Doch bevor es so weit ist, muss er noch viel mehr darüber erfahren, warum er selbst eigentlich so wichtig ist.

_Mein Eindruck_

Im Jahr 1947 begann Heinlein für den Verlag |Scribner’s| eine Reihe von Zukunftsromanen für Jugendliche zu schreiben, die allesamt sehr lesbar sind. Die Reihe, die 1959 mit dem unsäglichen „Starship Troopers“ und seinem Weggang von |Scribner’s| endete, begann 1947 mit „Rocketship Galileo“, das auch prompt verfilmt wurde. Es folgten 1948 „Space Cadet“, 1949 „Red Planet“ (Text 1989 wiederhergestellt) und 1950 „Farmer in the Sky“ („Farmer im All“, ebenfalls gekürzt). Als Heinlein 1951 „Between Planets“ veröffentlichte, war er schon ein alter Hase in diesem Metier und leistete bahnbrechende Arbeit für nachfolgende Autoren wie Asimov („Lucky Starr“-Serie) und John Christopher ([„Tripods“-Serie). 3727

So manchen heutigen Leser mag es vielleicht verwundern, wieso ein Jugendbuch vom Krieg zwischen Welten handelt. Doch die damaligen Leser hatten wohl alle schon H. G. Wells‘ Klassiker [„Krieg der Welten“ 1475 gelesen. Außerdem hatten viele gerade erst einen Weltkrieg überstanden und wussten ziemlich genau, was ein Krieg bedeutet: ständige Verfolgung und Bedrohung, vielleicht Gefangennahme, von Zerstörung und dem Verlust von Menschenleben ganz zu schweigen.

|Gedankenpolizei|

Ein Krieg bringt auch die Angst vor dem Feind im Inneren mit sich. Das mussten beispielsweise die japanischstämmigen Amerikaner am eigenen Leib erfahren, die einfach aus ihren Häusern entführt und in Internierungslager irgendwo in Kalifornien gesteckt wurden. Guttersons verfilmter Roman „Schnee, der auf Zedern fällt“ erzählt davon auf bewegende Weise. Die Frage der Loyalität wird hier vielfach gestellt, und so geschieht es auch in „Zwischen den Planeten“.

Donald Harvey muss sich mehrfach einer Loyalitätsprüfung unterziehen. Das erinnert nicht von ungefähr an die Furcht der Amerikaner vor dem Kommunismus und an Senator McCarthys „Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten“. Wo Don auch hinkommt, ständig wird er verhört, als habe er etwas Falsches getan. Das Einzige, womit die Prüfer nicht rechnen, ist seine Staatenlosigkeit – er wurde auf einem Raumschiff geboren. Er ist ein echter Bürger der Föderation der Planeten. Deshalb gelingt es ihm immer wieder, der Internierung, ja sogar der Vernichtung zu entkommen.

Aber er hat unwissentlich eine Verbindung zur einer umstürzlerischen Geheimorganisation: den Ring. Dr. Jefferson, selbst ein Opfer der Gedankenpolizei IBI, hat ihm den Ring gegeben. Und weil Don den Ring seinen Eltern bringen soll, müssen auch diese Teil der „Organisation“ sein. Das Rätsel, was es mit diesem Ding auf sich hat, baut einen Spannungsbogen auf, der den Roman im mittleren Drittel trägt. Nur dies lässt den Leser den langsamen Mittelteil bewältigen, denn er ist neugierig darauf, was es damit auf sich hat. Und weil der Ring für Menschenaugen ganz gewöhnlich aussieht, muss sich ein Spezialist das Ding ansehen: der Drache Sir Isaac Newton. Er ist eine Art König der Venus. Sein Auftauchen war ja zu erwarten, denn kein Erzähler kann eine so mächtige Figur aufbauen und sie dann einfach wieder in der Versenkung schwinden lassen, ohne von seinem Leser mit Kopfschütteln getadelt zu werden.

|Die Sümpfe der Venus|

Anfang der fünfziger Jahre glaubten die Astronomen noch, der zweite Planet des Sonnensystems, der ständig in Wolken gehüllt ist, müsse ein feuchtheißes Klima besitzen, ganz einfach deshalb, weil er vielleicht eine Wasserwelt wie die Erde war, aber weitaus näher zur heißen Sonne liegt. Ein solches tropisches Klima war den amerikanischen Soldaten und ihren Sprösslingen aus dem Krieg im Pazifik völlig vertraut. Dementsprechend „realistisch“ konnten sie den Planeten beschreiben. Dass die Atmosphäre der Venus für Menschen tödlich ist, stellte sich erst wenig später heraus.

|Draco veneris|

Die „Drachen“ auf der Venus stellen ein vertrautes Fantasyelement dar, doch sie können sich im Unterschied zu den meisten Drachen mit Hilfe eines Übersetzungsgeräts gut verständlich machen. Das brachte den Drachen der Venus eine bedeutende Stellung im Verkehr mit den Menschen ein, statt sie zu deren Beute zu degradieren. Diese Drachen sind die wahren Herrscher des Planeten und obendrein schon vor dem Homo sapiens intelligent gewesen. Wenn Sir Isaac vom ersten Ei abstammt, so kann man von Uradel sprechen. Dennoch ist er Don, seinem Lebensretter, gegenüber äußerst freundlich und zuvorkommend.

In einem Fantasykontext betrachtet, bürstet der Autor das Drachenklischee, die Viecher seien blutrünstig und verräterisch (siehe Glaurung in Tolkiens [„Die Kinder Húrins“), 4496 gehörig gegen den Strich. Er tut dies noch einmal, ebenso erfolgreich, in seinem Jugendroman „Die Sternenbestie“. Vielleicht weil Sir Isaac so gut bei den Kids ankam. Wie dessen Name schon sagt, ist er ein Wissenschaftler, noch dazu ein unabhängiger und nicht verfolgter, was in der Föderation rar ist. Und er lüftet das Geheimnis des Rings (das hier nicht verraten werden soll).

|Dons Alter|

Sir Isaac hat einen menschlichen Kollegen namens Montgomery Phipps. Der behauptet Don gegenüber jede Menge Dinge, die er nicht beweisen kann, verlangt aber dringend die Herausgabe des Dings. Don ist mittlerweile jedoch schon Soldat der venerianischen Rebellen und ein erprobter Kämpfer. Er geht auf Phipps‘ Forderungen nicht mehr ein und fordert Beweise, damit er Phipps trauen kann.

An dieser Stelle zeigt sich Dons wahres Alter. Anfangs scheint er 13 oder 15 Jahre alt zu sein, doch das kann nicht stimmen, denn Don darf sich schon zum Militär melden, wenn er wollte. Also müsste er schon 18 oder 19 sein. In der Szene vor Phipps erscheint er uns zwar immer noch jung, aber älter als 20 Jahre. Der Autor macht niemals Altersangaben, denn sonst könnte er seine jüngsten Leser verprellen.

|Showdown|

Der Roman geht nach der Enthüllung des Geheimnisses des Rings in eine Wartephase, um sodann endlich auf die Zielgerade einzuschwenken. Don und seine Freunde müssen die Kriegsschiffe der Erde abfangen, welche die Wissenschaftlerkolonie auf dem Mars – Dons Eltern – auslöschen wollen. Das muss natürlich um jeden Preis verhindert werden. Aber wie soll das gehen, wenn die Erdflotte doch einen so großen Vorsprung hat? Natürlich nur mit einem Trick. Und den sollte der Leser selbst nachlesen. Es bleibt also bis zum Schluss spannend.

_Unterm Strich_

Ich habe den Jugendroman, der in ziemlich großen Lettern gedruckt ist, binnen weniger Stunden gelesen. Das Buch ist leicht verständlich, und die knapp 290 Seiten lesen sich wie von alleine. Natürlich erschienen mir Ideen wie eine tropische Venus und dortselbst lebende intelligente Drachen als etwas unplausibel, aber ich schon ältere Science-Fiction gelesen, die noch wesentlich seltsamer und lächerlicher erscheinen würde, würde man sie heute veröffentlichen.

Außerdem ist es ein Buch über den Krieg und die Verwicklung eines jungen Mannes in die Kriegshandlungen. Der Autor war zwar nicht an Kriegshandlungen beteiligt (er durfte aus Gesundheitsgründen nicht zur Navy, was ihn tierisch wurmte), aber er arbeitete an Land für die Streitkräfte, genau wie viele andere SF-Autoren, so etwa Asimov. (Jack Vance wurde sogar versenkt!) Grundlegende Elemente, die das Leben im Krieg bestimmen, wie etwa Gefangenenlager und Loyalitätsprüfungen, sind hier wiederzufinden und werden absolut ernst genommen. Hiermit macht Heinlein niemals Scherze, wie jeder, der die – relativ frivole – Verfilmung von „Starship Troopers“ gesehen hat, bestätigen dürfte.

Zusammengenommen tragen diese Elemente dazu bei, diesen Roman zu einem der guten SF-Jugendromane Heinleins zu machen. Allerdings ist er nur für Jungs geeignet, denn Frauen kommen nur sehr am Rande vor. Isobel Costello wird von Don sogar scherzhaft „Großmutter“ genannt – na, wenn das nicht asexuell ist! Der Verlag |Scribner’s| achtete peinlich genau auf die Einhaltung solcher Feinheiten, denn Schulbüchereien gehörten zu seinen Hauptabnehmern. Und man hat in Schulbüchereien schon Bücher von Mark Twain verbrannt …

Die Übersetzung von Edda Petri ist ganz in Ordnung, aber sprachlich nicht gerade überragend. Sie hat sich auf anspruchslose Unterhaltungsliteratur spezialisiert, und da ihr Gatte Winfried Petri seit den Neunzigern nichts mehr für |Heyne| übersetzen durfte (er hatte bei Robinsons „Mars“-Trilogie Mist gebaut, der |Heyne| teuer zu stehen kam), rackerte Edda Petri bis 2000 für zwei, als ihr Mann starb. Die Druckfehler sprießen dennoch üppig allenthalben, und hier muss der Leser ein Auge zudrücken.

Anmerkungen: Warum der |Lübbe|-Verlag bislang noch nicht Heinleins Jugendbuchklassiker „Citizen of the Galaxy“ wiederveröffentlicht hat, ist mir ein Rätsel. Die erste deutsche Ausgabe stammt aus dem Jahr 1958 und erfolgte durch den Verlag |Gebrüder Weiß|. Auch „Podkayne of Mars“ alias „Bürgerin des Mars“ harrt meines Wissens noch der Wiederveröffentlichung bei |Lübbe|, denn die letzte Ausgabe erfolgte laut „Heyne SF-Lexikon“ durch |Goldmann| als Taschenbuch mit der Nr. 23354 und 23485, zwischen 1981 und 1985.

|Originaltitel: Between Planets, 1951
287 Seiten
Aus dem US-Englischen von Edda Petri|
http://www.bastei-luebbe.de

Heinlein, Robert A. – Zeit der Hexenmeister, Die

_Magier – Diktatur oder Segen? _

Dieses Buch besteht aus zwei Novellen, nämlich „Waldo“ (1940) und „Magie GmbH“ (1942). Sie wurden 1950 zusammengefasst veröffentlicht.
„Waldo“: Ein wissenschaftliches Genie umkreist die Erde in seiner privaten Raumstation und löst die Probleme der Welt – gegen hohe Honorare. Doch plötzlich bricht das ganze Fundament zusammen, und Waldo F. Jones ist gezwungen umzudenken.
„Magie GmbH“: Die Magier beherrschen Handel und Wirtschaft der USA, und sie scheuen weder schmutzige Tricks noch todbringenden Zauber, um ihr Monopol aufrechtzuerhalten. Bis zwei Geschäftsleute, eine Hexe und ein „Dämonenschnüffler“, sich gegen die Wirtschaftsdiktatur der Magier verschwören und den Monopolisten den Kampf ansagen (Verlagsinfo)

_1) |Waldo|_

Als die Flugzeuge vom Himmel fallen, ahnen die Techniker von North American Power-Air, dass etwas mit ihrer Technik nicht stimmt. Aber was, fragt sich der Ingenieur James Stevens. Und wenn er seinen Job behalten wolle, droht sein Chef, sollte er das schleunigst herausfinden, sonst hat es die Firma die längste Zeit gegeben.
Power-Air schickt die Energie, die die Flugzeugmaschinen benötigen, per Strahl in die Atmosphäre; dort wie sie aufgefangen und genutzt, um zu fliegen. Klar, dass dafür Unmengen billigster Energie nötig sind. Diese wird von Atomkraftwerken geliefert, die über die ganzen USA verteilt sind. Das Ergebnis ist ein WLAN für Energie, das man nur anzapfen muss, um alles Mögliche damit zu betreiben. Und Power-Air hat das Monopol dafür.

Stevens schlägt vor, sich mit dem größten technischen Genie der Welt, mit Waldo F. Jones, in Verbindung zu setzen. Au weia, stöhnen die Kollegen – jeder weiß, wie verschroben und einzelgängerisch Waldo ist. Außerdem lebt er im Orbit. Stevens gewinnt Waldos einzigen Freund, den Dozenten Augustus Grimes, für seine Sache und fliegt mit ihm zu Waldos Habitat in der Kreisbahn.

In der Tat sträubt sich Waldo zunächst, irgendjemandem auf der Erde zu helfen. Er hat künstliche Arme und Beine, die er per Gedankenbefehl steuert. Mit Power-Air hat Waldo noch ein Hühnchen zu rupfen: Er denkt, die Firma habe ihn um Tantiemen aus Patenten geprellt. Deshalb beleidigt er Stevens ziemlich. Doch als Onkel Gus ihn herausfordert, er KÖNNE gar nicht leisten, worum ihn Stevens bitte, muss sich Waldo der Herausforderung stellen. Er lässt sich also die entsprechenden Informationen schicken.

Gleich bei seiner Ankunft wird Stevens von der Information überrascht, ein alter Knacker, der in der Heimat eines seiner Piloten lebt, habe ein Antriebsaggregat OHNE TECHNISCHE HILFSMITTEL repariert – ein Wunder! Stevens schaut sich das Aggregat an: Die Antenne ringelt und windet sich, als wäre sie lebendig. Als Waldo davon hört, will er den Alten besuchen. Gramps Schneider oder Snyder redet mit ihm: Über Magie und die Andere Welt. Waldo zweifelt, aber als er die Geisteshaltung anwendet, die Snyder predigt, selbst anwendet, funktioniert es …

Und nicht nur Aggregate lassen sich mit der Energie aus der Anderen Welt heilen, sondern auch gelähmte Muskeln wie die von Waldo …

|Mein Eindruck|

Der Kurzroman hat vier grundlegende Ideen, von denen zwei oder gar drei noch heute relevant sind. Erstens heißen die hier vorgestellten, wenn nicht sogar erfundenen Waldos, also künstliche Gliedmaßen, bis heute noch so. Sie werden in allen Hochsicherheitsbereichen der Medizin, Chemie und Physik eingesetzt.

Zweitens ist der Gedanke, Elektrizität durch die Luft wie ein Gas zu übertragen, um verschiedene Geräte anzutreiben, bis heute nicht verschwunden. Tatsächlich wird bis heute daran geforscht – sozusagen eine Art WLAN oder Funknetz für Energie. Zwei Haken an dem Konzept hat Heinlein schon 1940 entdeckt: Es sind ungeheure Mengen von Energie zu produzieren, um entfernte Motoren anzutreiben – der Energieverlust auf dem Übertragungsweg ist enorm. Folglich muss dieses Grundproblem als erstes beseitigt werden.

Das zweite Problem ist die Auswirkung solcher freier Energiemengen auf den menschlichen Organismus. Es handelt sich ja um elektromagnetische Wellen, genau wie beim Mikrowellenherd oder beim Handy. Und so, wie man hierzulande schon lange vor zu starker Srahlung gewarnt hat (und immer noch warnt), so hat schon Heinlein eine fatale Auswirkung vorausgesehen: Muskelschwäche, hier Myasthenie genannt.

Waldo F. Jones erkennt in dieser Krankheit das gleiche Problem, unter dem er selbst leidet. Würde er dessen Ursache beheben, könnte er sich selbst heilen – ein starkes Motiv! (Tatsächlich besteht die Eröffnungsszene in dem Auftritt des artistischen Tänzers Waldo auf einer irdischen Bühne – und ebenso der Schluss.) Mit Hilfe der Energie aus der Anderen Welt schafft er dies.

Was ist die Andere Welt? Manche Unwissende könnten den Umgang damit „Magie“ nennen, doch Waldo zieht es wohlweislich vor, Ingenieuren gegenüber von einem „anderen Kontinuum“ zu sprechen. Tatsächlich hat die Teilchenphysik, insbesondere die Quantentheorie Platz für dieses Konzept geschaffen. Wie es allerdings dem Paralleluniversum ergeht, wenn ihm die Energie abgezapft wird, steht auf einem anderen Blatt.

_2) |Magie GmbH|_

Archibald Fraser ist ein unbescholtener, aber geschäftstüchtiger Bauhändler, der sich in einer Welt, die von Magie bestimmt wird, zu behaupten weiß. Schließlich bleibt im Baugeschäft nicht allzu viel Profit hängen. Als ein zwielichtiger Typ ihm eine Schutzgelderpressung aufzwingen will, schickt er ihn zum Teufel. Schließlich hat Archie gute Kontakte zu freischaffenden Magiern. Doch als er am anderen Morgen zu seinem Betrieb zurückkehrt, ist es nur noch ein Haufen Schutt.

Archies bester Kumpel ist Joe Jedson, ein Textilienhändler in der gleichen Straße. Joe untersucht den Schutthaufen mit Archie und entdeckt, dass gleich drei Elemente eingesetzt wurden, um diesen Schaden anzurichten: Wasser, Erde und Feuer – ganz schön aufwendig, findet er. Jemandem muss wirklich etwas an Archies Laden gelegen sein. Vielleicht dieser seltsame Mr. Ditworth, von dem der Schutzgelderpresser etwas erwähnte?

Den ersten Zauberer, den sie um Hilfe bitten, ist Mr Biddle. Leider taugt der rein gar nicht, sondern will bloß für eine Auskunft à la „Da kann man leider nichts machen“ 500 Kröten haben. Joe und Archie schicken ihn in die Wüste. Wenigstens bringen sie Archies Versicherung zum Einlenken, sodass sie weitere Magierhonorare übernimmt. Ein wohlmeinender Junior-Magier namens Jack Bodie gibt ihnen den Tipp mit einer Wahrsagerin, die aber auch Hexerei praktiziere.

Mrs Amanda Todd Jennings liest erst die Teeblätter, dann schreitet sie zur Tat. Sie findet heraus, dass ein Dämon hinter dieser Angelegenheit stecken muss. Doch wer hat ihn geschickt? Unterdessen ändert sich die Lage auf dem Markt für Magie grundlegend, und dahinter steckt kein anderer als Mr. Ditworth. Er errichtet ein Monopol. Schließlich wird es Joe und Archie, Amanda und Jack zu bunt: Sie beschließen, Ditworth das Handwerk zu legen. Leider sind Mr. Ditworth und der gesuchte Dämon ein und dasselbe …

|Mein Eindruck|

Der Markt für Magie ist nur einer wie viele andere, und so wird er von Heinlein auch behandelt. Der Markt unterliegt den gleichen kapitalistischen Prinzipien, wie sie in den USA gelten und wirken: Schutzgelderpressung, Monopole, Einschüchterung, Lizenzmissbrauch und vieles mehr. Der Witz dabei: All dies hat ein höllischer Dämon vollständig begriffen und konsequent in die Tat umgesetzt, ohne dass ihm Polizei und Justiz das Handwerk legen konnten.

Hinter der vordergründig so phantasievollen Story verbirgt sich eine handfeste Kritik des verhinderten Politikers Heinlein (er kandidierte 1938 für ein politisches Amt in Kalifornien) an den Auswüchsen des kapitalistischen Systems, vor allem an den Monopolen. Dabei gab es doch schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine amerikanische Anti-Trust-Gesetzgebung.

Wohlgemerkt: Heinlein redet hier nicht von dem Sozialismus als Wort, also der Vergesellschaftung der Produktionsmittel, sondern dem fairen Wettbewerb als Grundprinzip kapitalistischer Privatwirtschaft. Beste Vertreter dafür sind Joe und Archie.

Ein weiterer Witz an dieser netten Geschichte von anno 1942 ist die Lösung des Problems. Der Dämon Nebiros alias Mr. Ditworth hat sich ohne Erlaubnis Seiner satanischen Majestät auf der Erde breitgemacht. Folglich muss er nun zurechtgestutzt werden. Mit Hilfe eines afrikanischen „Dämonenschnüfflers“ (und des Schädels seines Großvaters) finden die Freunde den gesuchten Dämon selbst noch unter den sieben Millionen Soldaten von Satans Legionen.

Vor versammelter Heerschau macht Seine teuflische Lordschaft den unbotmäßigen Diener zur Schnecke und verbannt ihn für eine gewisse Zeit (welche allerdings sehr relativ ist, da Erde und Hölle bekanntlich ebenso abweisende Zeitabläufe wie zu den Leutchen im Himmel aufweisen). Wie auch immer: Es herrscht nun wieder eitel Sonnenschein, der Wettbewerb funktioniert wie die Magie prächtig.

Nur Archie ist ein wenig traurig: Amanda Jennings hatte sich in der Hölle in ein gar wunderschönes junges Weib verwandelt, mit dem er nur allzu gerne sündige Machenschaften ausgeführt hätte. Doch Hölle ist Hölle und Erde Erde – die Jugendpracht ist hienieden bald wieder verschwunden, und mit einer alten Schachtel will er nun klugerweise nichts anfangen. Das sagt sie ihm auch. Dafür gedeiht sein Geschäft. Man muss eben Prioritäten setzen, wenn man ein Amerikaner ist.

_Die Übersetzung _

Neben den allfälligen Ungenauigkeiten und falschen Endungen finden sich gerade nach Seite 150 doch einige Fehler, die hier nicht unerwähnt bleiben sollen.

Seite 150: „Ditworth mti (sic!) seinem hochgestochenen Geschwätz …“ Es sollte natürlich „mit“ heißen.

Seite 152: „Sie gab ihre Absicht bekannt, das Niveau der magischen Praxis in allen Bereichen aufzuheben …“ Gemeint ist natürlich „anzuheben“.

Seite 160: „Schilddrüsenwucherung“. Besser bekannt als „Kropf“. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

_Unterm Strich_

So mancher heutige Leser mag sich wundern, wieso in diesem Buch keine Hexenmeister vorkommen. Stets ist nur die Rede von ehrenwerten Magiern, seien sie nun ein verschrobener Greis auf dem Land, ein Ingenieur in der Kreisbahn oder nicht lizenzierte „Dämonenschnüffler“. Seit Arthur C. Clarke wissen wir allerdings, dass zwischen Technik und Magie nur das Maß der Betrachtungsweise liegt: „Jede hinreichend fortgeschrittene Technik ist von Magie nicht zu unterscheiden“, lautet Clarkes Axiom. Folglich ist es einem entsprechend fortschrittlich denkenden Ingenieur nicht unmöglich, technische Herausforderungen zu meistern: „Dem Indschenör ist nix zu schwör.“

Soweit die lustige Seite des Buches. Heinlein sah schon anno 1940/42 voraus, welche Krankheiten die ungehinderte Ausbreitung von elektromagnetischer Strahlung verursachen könnte. Strahlung, wie sie von PCs, Handys, Stromleitungen, Funkmasten, CAT-Scannern und vielen anderen elektronischen Dingen gestreut wird. Die Krankheit heißt bei ihm Myasthenie: „Eine Myasthenie ist ein Symptom verschiedener Erkrankungen, welches eine belastungsabhängig abnorm rasche Muskelermüdung und Muskelschwäche beschreibt“, schreibt die Wikipedia. Und die Deutsche Myasthenie-Gesellschaft nennt es sogar eine Autoimmunkrankheit.

Wie schon Heinlein schreibt, ist die Ursache eine fehlerhafte Übertragung des Bewegungsimpulses zwischen Nerv (Befehl) und Muskel (ausführendes Organ). Diese Übertragung, so Heinlein, werde durch die hochfrequente Strahlung gestört. Beunruhigend daher, was die Wikipedia schreibt: „Ungeklärt ist der Auslöser der schwankenden Symptomatik bei Umwelteinflüssen, Infekten, Entzündungen, seelischen und psychischen Belastungen.“ Welche Umwelteinflüsse könnten damit wohl gemeint sein?

In der zweiten Story nimmt sich Heinlein der Auswüchse der Privatwirtschaft an. Der verhinderte Offizier und Politiker – eine Krankheit versagte ihm den unaufhaltsamen Aufstieg – kritisiert das Monopol über die Magie, das ein Dämon errichtet. Pfui Deibel, mag da ein rechtschaffener Yankee fluchen. Folglich geht es bald darum, Seine Satanische Majestät dazu zu bringen, dem Übel des Monopols ein Ende zu bereiten und die höllischen Zustände auf Erden wiederherzustellen. Satan sieht die Nützlichkeit dieses Ansinnens sogleich ein und verbannt den unbotmäßigen Dämon aus der Unterwelt. Schon bald herrscht wieder fröhlicher Wettbewerb unter den Menschen – und folglich jede Menge Sündhaftigkeit. Q.E.D.

Vielleicht verbarg sich in Heinlein in seinen Anfangsjahren ja doch ein kleiner Satiriker. Wir sollten aber nicht zu viel erhoffen. Sein erster Roman „Die Nachgeborenen / For Us, the Living“ (1938, dt. Ausgabe bei Shayol), der fast 50 Jahre verschollen war, ist ein utopischer Entwurf für die ideale Gesellschaft. Und wie jeder weiß, haben Utopien die Eigenheit, nicht nur sehr streng gegenüber den Erdlingen der Gegenwart zu sein, sondern auch ungeheuer statisch. Zu ihrer Erleichterung erfuhren die Nachgeborenen erst spät, nach des Meisters Tod, welche Geißel ihnen in Form dieses Romans erspart geblieben ist.

Wie auch immer: Beide Erzählungen sind für Heinleins Verhältnisse äußerst lesbar und sowohl für Ingenieure als auch Fantasyliebhaber mit Gewinn zu genießen, selbst wenn die Übersetzung manchmal Ausrutscher aufweist. Kein Wunder also, dass die Heyne-Ausgabe vielfach neu aufgelegt wurde.

|Taschenbuch: 174 Seiten
Originaltitel: Waldo & Magic, Inc. (1940, 1942)
Aus dem US-Englischen von Walter Brumm
ISBN-13: 978-3453301092|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne

_Robert A. Heinlein bei |Buchwurm.info|:_
[„Fremder in einer fremden Welt“ 43
[„Starship Troopers – Sternenkrieger“ 495
[„Zwischen den Planeten“ 663
[„Reiseziel: Mond“ 768
[„Die Marionettenspieler“ 2625
[„Titan-10“ 3687
[„Gestrandet im Sternenreich“ 3808
[„Tunnel zu den Sternen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6109

Robert A. Heinlein – Die grünen Hügel der Erde. SF-Erzählungen


Klassische SF-Erzählungen vom Altmeister

Diese Erzählungen von einer Menschheit im Weltall, die in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden, sind heute zwar klassisch, aber meist bereits vergessen – allzu optimistisch ist ihr Grundton. Es ist, als würde der Propagandaminister der Raumfahrtbehörde NASA ein farbenfrohes Szenario nach dem anderen verbreiten wollen. Auch wenn es mal ironisch daherkommt.

Der Autor

Robert Anson Heinlein (1907-1988) wird in den USA vielfach als Autorenlegende dargestellt, sozusagen der „Vater der modernen Science Fiction“. Allerdings begann er bereits 1939, die ersten Storys im Science-Fiction-Umfeld zu veröffentlichen. Wie modern kann er also sein?

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