Im letzten Band der Serie, [„Zorn des Drachen“, 5032 begann das Autorenduo Alisha Bionda und Jörg Kleudgen einen neuen Gegner für den Bund der Fünf und die Vampire im Allgemeinen vorzustellen: Ein geheimnisvoller Chinese pirschte sich an Dilara und ihre Gefährten heran und hatte offensichtlich nichts Gutes im Sinn. Bisher hielten sich die Autoren allerdings reichlich bedeckt zu der Frage, was es mit dieser neuen Unbekannten in der Welt der Schattenchronik auf sich hatte. Der achte Band der Serie, „Das Seelentor“, soll nun jedoch etwas Licht ins Dunkel bringen.
Lee Khan ist der Name des Drachens, der in London Unruhe in der Gemeinschaft der Vampire verbreitet. Wie ein Schnitter geht er durch ihre Reihen und befördert sie in die ewigen Jagdgründe, ohne dass jemand dazu fähig wäre, den Drachen aufzuhalten. Zu allem Überfluss entführt er dann auch noch Dilara ins ferne China, um den Bund zu spalten und ihre Freunde in eine Falle zu locken.
Natürlich ist Calvin, Dilaras Gefährte, außer sich vor Wut und Sorge. Zwar kann er selbst über diese Entfernung spüren, dass Dilara noch am Leben ist, doch ist der Drachen noch immer eine unbekannte Größe, und so ist es schwierig, seinen nächsten Schachzug vorherzusagen. Zusammen mit dem Cop Mick macht sich Calvin also nach China auf, um die Fährte des Drachen aufzunehmen und Dilara aus seinen Fängen zu befreien.
Dilara wiederum wird vom Drachen in einem fensterlosen Zimmer gehalten und bekommt von Zeit zu Zeit ein Kaninchen zugeschoben, damit sie nicht vollkommen vom Fleische fällt. Da sie nichts hat, womit sie sich die Zeit vertreiben könnte, erinnert sie sich an ihren ersten Besuch in China im Jahre 1908. Damals hatte sie Antediluvian ins Reich der Mitte geschickt, um der dort herrschenden Vampirin ein Geschenk zu überreichen. Dilara ist fasziniert von der vollkommen gegensätzlichen Kultur und lässt sich gern von Tai Xian, der Antediluvians Statthalter in Shanghai ist, führen, um diese fremde Welt zu erkunden. Gemeinsam reisen sie in die Verbotene Stadt, wo sie feststellen muss, dass dieses Zentrum chinesischer Macht ausschließlich von Vampiren bewohnt wird. Selbst Tze Hsi, die Nebenfrau des verstorbenen Kaisers, die nun die Geschicke des Landes führt, hat den Kuss der Verdammnis empfangen, und sie ist es, für die Antediluvians Geschenk bestimmt ist.
Tze Hsi findet Gefallen an Dilara (und ihrem Geschenk) und lädt sie ein, der Vernichtung einiger Vampire beizuwohnen, die die Gunst der Kaiserwitwe verloren haben. Die chinesischen Vampire bedienen sich dazu des Seelentors, durch das ein in Ungnade gefallener Vampir treten muss, um daraufhin ins ewige Nichts einzugehen. Die Vampire verschwinden einfach und niemand weiß so genau, was eigentlich mit ihnen geschieht. Das Schauspiel ist faszinierend und angsteinflößend zugleich.
Während Dilara also ihren Gedanken nachhängt, reisen Calvin und Mick nach Shanghai, um dort die Spur des Drachen aufzunehmen. Durch seinen Job bei der Polizei kann Mick der ganzen Sache einen halboffiziellen Anstrich verleihen, und so wird ihnen bei ihrer Ankunft die Geheimdienstlerin Suemi an die Seite gestellt, die sie bei ihren Ermittlungen unterstützen soll. Es dauert nicht lange, bis die beiden Männer wissen, wo der Drache zu finden ist. Doch Dilara zu befreien, wird sich schwierig gestalten, schließlich rechnet Lee Khan mit der Ankunft der beiden und sehnt sie sogar herbei. Die Befreiungsaktion der beiden ist das letzte Puzzlestück in Lee Khans Racheplan.
Nach dem eher beschaulicheren siebten Teil dreht die „Schattenchronik“ nun wieder auf und liefert mehr Action, mehr wechselnde Schauplätze und mehrere Zeitebenen, auf denen die Geschichte spielt. Bionda und Kleudgen haben sich diesmal China vorgenommen und entführen den Leser sowohl in das heutige Shanghai, das sich als pulsierende Metropole präsentiert, als auch in das vergangene Kaiserreich China, das exotisch und gleichzeitig gefährlich daherkommt. Wieder einmal sind diese Passagen das Highlight des Bandes – sie erweisen sich als gut recherchiert und überzeugend dargestellt. Besonders die Tatsache, dass die Autoren reale Personen in ihre Handlung einweben, macht die China-Passagen reizvoll.
Hinter dem schillernden China des beginnenden 20. Jahrhunderts verblasst das heutige Shanghai etwas, in das es Calvin und Mick verschlägt. Die beiden geben kein besonders gutes Team ab: Während Calvin von einer Depression in die nächste verfällt, weil er sich Sorgen um Dilara macht, versucht Mick mit coolen Sprüchen zu punkten, die zu salopp und gekünstelt für die eher ernste Situation wirken. Beide Charaktere verfallen in Extreme, die übertrieben wirken – der eine erscheint zu leidend, während der andere zu forsch wirkt. Ein wirklich gutes Gleichgewicht stellt sich nicht ein.
Auch der Drache Lee Khan gibt längst nicht alle seine Geheimnisse preis. Der Leser lernt zwar, warum er Rache an den Vampiren nehmen will, doch bleibt im Dunkeln, warum es gerade diese Vampire sein müssen. Ist Dilara persönlich für Lee Khans Unglück verantwortlich oder hofft er, die Vampirgemeinschaft völlig zu zerschlagen, indem er ihre Führer tötet? Lee Khan lässt sich nicht vollkommen in die Karten schauen, und so steht zu vermuten, dass der Leser noch nicht alles von ihm gesehen hat.
In guter Serienmanier dreht „Das Seelentor“ gerade am Schluss so richtig auf, wenn es zur Konfrontation zwischen den Vampiren und dem Drachen kommt. Der Showdown ist actionlastig und schnell, und mit sadistischer Freude reißen Bionda und Kleudgen auf der letzten Seite das Ruder noch einmal komplett herum und drehen die Handlung in eine neue beunruhigende Richtung. Wie immer darf man gespannt sein, wie Dilara und Calvin sich aus dieser misslichen Lage befreien!
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_Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik auf |Buchwurm.info|:_
Band 1: [„Der ewig dunkle Traum“ 1899
Band 2: [„Kuss der Verdammnis“ 1900
Band 3: [„Die Kinder der fünften Sonne“ 1949
Band 4: [„Blutopfer“ 1977
Band 5: [„Der Schattenkelch“ 2483
Band 6: [„Calvin“ 2490
Band 7:
[„Zorn des Drachen“ 5032
Band 9: [„Der Vampir von Düsseldorf“ 4100
Band 10: [„Vabanque“ 4787
Band 11: [„Der Sturz des Drachenthrons“ 4809