Kein guter Sommer für Staatsanwältin Chas Riley: Regen, Regen, Regen – und ein brutaler Polizistenmord in den Elbvororten. Die Ermittlungen schieben Chas und ihre Kripokollegen in ein schmieriges Karussell aus Korruption, Gefälligkeiten und Männerfreundschaft. Am Ende ist ein weiterer Kollege am Ende, eine Frau verschwunden, eine Freundin verheiratet. Und der große Gangster lernt, dass gegen die große Einsamkeit keine Knarre gewachsen ist. (Verlagsinfo)
Kurz vor Weihnachten, Sankt Pauli ruht. Und doch verprügelt irgendwer Obdachlose im idyllischen Karolinenviertel. Dann verschwindet ein Teenagerpärchen. Staatsanwältin Chas Riley bekommt währenddessen zweimal Höchststrafe: Urlaub und Besuch von ihrer Mutter. Sie ermittelt trotzdem, findet ein uraltes Labyrinth – und hochmoderne Verwahrlosung … (Verlagsinfo)
Ein neuer Fall für Staatsanwältin Chas Riley: „Bullenpeitsche“ von Simone Buchholz erscheint bei Droemer.
Kein guter Sommer für Staatsanwältin Chas Riley: Regen, Regen, Regen – und ein brutaler Polizistenmord in den Elbvororten. Die Ermittlungen schieben Chas und ihre Kripokollegen in ein schmieriges Karussell aus Korruption, Gefälligkeiten und Männerfreundschaft. Am Ende ist ein weiterer Kollege am Ende, eine Frau verschwunden, eine Freundin verheiratet. Und der große Gangster lernt, dass gegen die große Einsamkeit keine Knarre gewachsen ist.
Staatsanwältin Chas Riley ist zurück. In „Knastpralinen“ hat die trinkfreudige Heldin von Simone Buchholz ihren zweiten Auftritt und dabei nicht nur einen kniffligen Fall zu lösen, sondern sie muss auch ihr eigenes Privatleben entwirren.
Ein Baggerführer findet kurz nacheinander in der Elbe zwei Plastiksäcke, in denen sich jeweils der Kopf, die Hände und die Füße eines Mannes befinden. Als schließlich eine ähnlich eingewickelte ganze Leiche auftaucht, steht fest: Irgendjemand in der Stadt hat es auf Männer abgesehen, die mit Frauen nicht unbedingt zimperlich umgegangen sind. Zwei waren dafür bekannt, ihre Freundinnen zu schlagen, der dritte, ein Sohn aus reichem Hause, hatte eine Anzeige wegen Vergewaltigung. Nun liegt es an Chas und ihrem Kollegen Calabretta, die Täterin zu finden, was sich nicht gerade einfach gestaltet.
Doch das sind nicht Chas‘ einzige Probleme. Ihre beste (und einzige) Freundin Carla wird in ihrem eigenen Café von zwei Männern vergewaltigt. Chas‘ Nachbar Klatsche, ein ehemaliger Kleinkrimineller, mit dem sie mehr verbindet als lauschige Bierabende, kümmert sich daraufhin rührend um Carla, was Chas auf unerklärliche Weise neidisch macht. Sie, die so gar nicht für die Liebe geschaffen ist. Und dann ist da noch der Alkohol …
Hauptfigur Chas Riley, die deutsch-amerikanische Staatsanwältin mit der traurigen Familiengeschichte, ist auch in „Knastpralinen“ der eigentliche Star. Genau wie die anderen Charaktere ist sie unglaublich skurril und dabei sehr liebenswert. Buchholz macht glücklicherweise nicht den Fehler, es damit zu übertreiben. Sie schafft einfach ein paar tolle Originale mit Ecken und Kanten, einer Vergangenheit und mehr als genug gegenwärtigen Problemen. Dieses Mal gibt es beispielsweise richtig was fürs Herz. Die Beziehung zwischen Chas und Klatsche macht einige Entwicklungen durch, die selbst den Leser, der mit Romantik wenig anfangen kann, zum Seufzen bringen sollten. Chas ist eben auch nicht besonders romantisch und deshalb läuft alles ein wenig anders ab. Etwas raubeiniger, als man es von einer Frau vielleicht erwartet, aber Chas passt nun mal nicht besonders gut in bestehende Frauenstereotype. Dafür trinkt sie zu gerne Bier und hat einen zu trockenen Humor.
Da größtenteils aus der Ich-Perspektive erzählt wird, ist der Humor dauerpräsent. Das ist gut, weil die Geschichte dadurch wunderbar heiter wird. Die Dialoge beispielsweise sind durch die Bank gelungen, die legere Sprache ist das Hamburger Pendant zur Berliner Schnauze. Buchholz hat ihren eigenen Stil gefunden, der perfekt zu Chas passt, auch wenn die englischen Begriffe, die die Autorin häufig verwendet, an der einen oder anderen Stelle unnötig sind. Denn Chas hat zwar Wurzeln in den Vereinigten Staaten, doch davon ist in der Geschichte ansonsten nicht viel zu spüren. Obwohl aus Hessen stammend, wirkt sie wie ein echtes St-Pauli-Urgewächs.
Bei all dem Lob muss man sich als Krimileser aber damit arrangieren, dass nicht die Handlung, sondern Chas und stellenweise auch ihre privaten Probleme im Vordergrund stehen. Die Ermittlungen verlaufen ohne besondere Höhepunkte, der Fall ist eher simpel gestrickt: Mehrere Leichen werden gefunden und dann wird der Täter gesucht. Zwischendrin befindet sich niemand der Charaktere in wirklicher Gefahr, falsche Spuren oder mehrere Verdächtige gibt es auch nicht.
Mit dem zweiten Auftritt von Chas Riley wächst einem die Krimi-Reihe von Simone Buchholz zwar noch stärker ans Herz, doch perfekt ist auch „Knastpralinen“ noch nicht. Eine etwas ausgefeiltere Handlung hätte der Geschichte gut getan. Fans von Hamburg und originellen Charakteren kommen trotzdem auf ihre Kosten.
Simone Buchholz, leidenschaftliche Wahlhamburgerin, ist keine Unbekannte. Sie hat als Redakteurin gearbeitet und bereits mehrere Sachbücher verfasst oder mitgeschrieben. Nun wagt sie sich an ihr Romandebüt, wobei sich zwischen ihr und ihrer Heldin Chastity Riley ein paar Parallelen erkennen lassen. Beide haben ihre jungen Jahre in Hanau verbracht und sind später an die Elbe gezogen. Noch etwas scheinen sie zu teilen: den Enthusiasmus für den Stadtteil St. Pauli. Das sollte spätestens dann klar geworden sein, wenn man „Revolverherz“ zuschlägt.
Chastity Riley ist Staatsanwältin und die Ich-Erzählerin der Geschichte. Sie ist gerade in einen besonders widerlichen Fall verwickelt. Im Hafen wurde eine junge Frau gefunden, erdrosselt und nackt. Auf ihrem Kopf thront eine blaue Perücke, sie wurde skalpiert. Chastity und dem alten, väterlichen Kommissar Faller wird schnell klar, dass sie es hier nicht mit einem normalen Mörder zu tun haben. Sie setzen alles daran, um die Ermittlungen voranzutreiben. Chas, die im Herzen von St. Pauli wohnt, hört sich dort auf eigene Faust um, weil die Tote im Stripclub „Acapulco“ auf dem Kiez getanzt hat. Dabei holt sie sich ihren Nachbarn, den ehemaligen Kleinkriminellen Klatsche zur Hilfe, der ihr, obwohl deutlich jünger als sie, eindeutige Avancen macht.
Wenig später finden sie eine zweite Leiche, ebenfalls Stripperin im „Acapulco“ und blutjung. Es gibt keine Verbindung zwischen den beiden Opfern. Anscheinend mordet der Täter wahllos, was die Ermittlungen nicht unbedingt leichter macht. Chas, Faller und ihre Kollegen haben ganz schön zu tun. Nebenbei hat Chas auch noch ihr Privatleben in Einklang zu bringen: Ihre Vergangenheit jagt sie, ihre Freundin Carla möchte sie erst mit einem älteren Herren verkuppeln und ist dann auf einmal verschwunden, Klatsche benimmt sich wie ein liebestoller Hengst und der FC St. Pauli verliert wie immer. Gerade in dem Moment, als der jungen Frau alles über den Kopf zu wachsen scheint, muss sie feststellen, dass der Fall vielleicht mehr mit ihrem Leben zu tun hat, als sie glaubt …
Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte es auch sehr gewundert. Chastity steht für einen Krimi sehr stark im Vordergrund. Das ist logisch, schließlich wird aus ihrer Erzählperspektive erzählt. Die Autorin verwendet allerdings zusätzlich Zeit darauf, das Privatleben der Staatsanwältin auszuleuchten. Das gelingt ihr sehr gut. Chastity ist interessant und gut ausgearbeitet und wirkt stellenweise wie eine kühlere, erfolgreichere Bridget Jones – und das ist ein positiver Vergleich! Chas ist umwerfend ironisch, kantig und voller Widersprüche. Sie hat düstere, schmerzhafte Geheimnisse, die sie dem Leser nicht vorenthält, und begeht viele Fehler, was sie menschlich erscheinen lässt. Hinzu kommt, dass sie nicht so einfach einem der existierenden Literaturklischees von Frauen zugeordnet werden kann. Sie ist keine Witzfigur aus einem Frauenroman, für die taffe Anwältin ist sie zu verletzlich und für die Karrierefrau trinkt sie zu viel Bier und mag Fußball zu sehr.
Die anderen Figuren im Buch sind amüsant und gut ausgearbeitet, lehnen sich aber zumeist an Klischees vom Kiez oder der Krimiliteratur an. Dass dies nicht störend wirkt, ist der Autorin hoch anzurechnen und hängt damit zusammen, dass sie trotzdem jeder Figur eine eigene Note zu verleihen weiß. Klatsche beispielsweise ist auf der einen Seite das Schlitzohr, hat aber auf der anderen Seite ein goldenes Herz und versucht, sein Geld mittlerweile legal zu verdienen – mit einem Schlüsseldienst, naheliegend für einen ehemaligen Einbrecher.
So viel Positives lässt sich über die Handlung nicht berichten. Die wirkt aufgrund Chastitys Dauerpräsenz häufig wie die Zweitbesetzung, was nicht unbedingt ein Fehler sein muss. Allerdings macht die Autorin den Fehler, es mit den düsteren Erinnerungen von Chas ein wenig zu übertrieben. Häufig wirken diese deplatziert und die Nähe zum Kriminalfall ist an einigen Stellen fraglich, was dem Buch ein paar Längen beschert. Des Weiteren lässt sich Buchholz‘ Lokalkolorit kritisieren. Wer nicht gerade in Hamburg wohnt, wird mit vielen ihrer Beschreibungen nur wenig anfangen können. Da sie wirklich ständig auf den besonderen Merkmalen der Stadt herumreitet, geht dem Leser Hamburg nach einer Weile auf die Nerven und Chastitys Liebe zur Elbstadt wird stellenweise unrealistisch. Ähnliches gilt für die Handlung, die nicht nur durch diesen Füllstoff gestört wird. Insgesamt ist der Kriminalfall, den es zu lösen gilt, nicht wirklich innovativ. Das Rotlichtmilieu mit seinen skurrilen Gestalten – sei es in Hamburg, Berlin oder in jeder anderen, größeren Stadt dieser Welt – ist immer wieder gerne ein Ansatzpunkt für Geschichten. Simone Buchholz schafft es nicht, ihre Handlung so zu zeichnen, dass sie eigenständig wirkt. Man glaubt nicht nur, Ähnliches schon einmal gelesen zu haben, sondern kann sich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier an Spannung fehlt. Es fällt schwer, eine Spannungskurve auszumachen; vielmehr wirkt die Geschichte stellenweise wie eine Aneinanderreihung verschiedener Ereignisse und einiger Zufälle, die in der Summe doch ein bisschen zu häufig auftreten.
Das Buch ist im Präsens geschrieben, was bereits auf der ersten Seite für hochgezogene Augenbrauen sorgt. An diesem Erzähltempus sind schon ganz andere Autoren gescheitert. Häufig wirkt es holprig und verhindert das Aufkommen einer gewissen Atmosphäre. Bei „Revolverherz“ ist der Fall ähnlich gelagert. Der Krimi lässt sich, besonders am Anfang, nicht wirklich flüssig lesen und scheint zu ‚eiern‘. Buchholz überspielt dies allerdings recht erfolgreich mit den anderen Komponenten ihres Schreibstils, die da vor allem ihr Humor und ihre Ironie wären. Sie kann richtiggehend boshaft-bissig sein und ihr feiner, schwarzer Humor sorgt dafür, dass sie nie in die Nähe des seichten Frauenromanwitzes kommt. Sie schöpft aus einem breiten, alltäglichen Wortschatz, der auch den einen oder anderen vulgären Ausdruck enthält und manchem Leser vielleicht schon wieder zu flapsig sein wird.
Als Fazit lässt sich sagen, dass Simone Buchholz‘ belletristisches Debüt gute Ansätze zeigt, aber die eine oder andere Schwäche aufweist. Diese finden sich vor allem bezüglich der Handlung, die gerne etwas straffer und besser konstruiert sein dürfte. Die Figur der Chastity Riley ist dagegen sehr interessant und auch der Schreibstil hat seine guten Seiten.
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