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Pratchett, Terry – Wachen! Wachen! (Hörspiel)

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist sicher eine der glorreichsten Erfindungen Terry Pratchetts für seine Scheibenwelt. Auch wenn sie selbst nicht immer die glorreichste Rolle bei ihren Einsätzen spielt. Dieses Hörspiel, das es seit Herbst 2004 gibt, schildert eines der bekanntesten Abenteuer der Wache: das mit dem Drachen und dem König.

Der Autor
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Pratchett, Terry – Lords und Ladies

_Ritter Magrat tritt gegen die Elfenkönigin an_

Mittsommernacht: Alles gerät durcheinander. Kornkreise fallen vom Himmel, die Bienen werden nervös. Sogar Zwerge und Trolle sind besorgt. Im kleinen Scheibenwelt-Königreich Lancre pfuschen ein paar selbsternannte Nachwuchshexen an der Kausalität herum, während die drei alteingesessenen Hexen von Lancre ihre eigenen Probleme haben. Magrat Knoblauch soll mit König Ferenc vermählt werden und wächst über sich selbst hinaus. Nanny Ogg spürt den x-ten Frühling. Und Oma Wetterwachs steht vor ihrer größten Herausforderung. Eine fremde Präsenz streift durch die Wälder. Die Elfen kommen. Sie sind nicht das, was sie zu sein scheinen, sondern böse und gemein. Ein Sommernachtsalbtraum nimmt seinen humoristischen Lauf …

_Der Autor_

Terry Pratchett und seine Frau Lynn sind wahrscheinlich die produktivsten Schreiber humoristischer Romane in der englischen Sprache – und das ist mittlerweile ein großer, weltweiter Markt. Obwohl sie bereits Ende der siebziger Jahre Romane schrieben, die noch Science-Fiction-Motive verwendeten, gelang ihnen erst mit der Erfindung der Scheibenwelt (Disc World) allmählich der Durchbruch. Davon sind mittlerweile etwa drei Dutzend Bücher erschienen. Nachdem diese für Erwachsene – ha! – konzipiert wurden, erscheinen seit 2001 auch Discworld-Romane für Kinder. Den Anfang machte das wundervolle Buch [„The Amazing Maurice and His Educated Rodents“, 219 worauf „Die kleinen freien Männer“ folgte.

Doch auch andere Welten wurden besucht: ein Kaufhaus, in dem die Wühler und Trucker lebten, und eine Welt, in der „Die Teppichvölker“ leben konnten. Die [Nomen-Trilogie 2998 „The Bromeliad“ soll zu einem Zeichentrickfilm gemacht werden.

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Die Regie führte wie bei den Terry-Pratchett-Vertonungen Raphael Burri, der auch den Text bearbeitet hat. Aufnahmeleitung und Regieassistenz übernahm Ralf Grunwald. Booklet- und CD-Illustrationen stammen wie stets von Josh Kirby. Für den guten Ton sorgten Olifr Maurmann, Gavin Maitland und andere vom StarTrack-Tonstudio Schaffhausen. Das Hörspiel entstand im Jahr 2006.

Die Sprecher und ihre Rollen sind:

Ludwig Schütze: Der Erzähler
Nikola Weise: Oma Wetterwachs
Anny Weiler: Nanny Ogg
Anja Scheffer: Magrat Knoblauch
Ruth Maria Ruben: Elfenkönigin
Helmut Schüschner: Erzkanzler Mustrum Ridcully
Walter Millns: Shawn Ogg
Marcus Signer: Jason Ogg
Pascal Holzer: Ponder Stibbons
David Steck: Quästor der Unsichtbaren Universität
Bodo Krumwiede: Lankin
Sylvia Garatti: Junghexe Diamanda Tockley
Raphael Burri: TOD und Räuberhauptmann
Rolf Strub: Bibliothekar, Giamo Casamundo und Weber der Dachdecker
Ralf Grunwald: Tischler der Schneider
Hansruedi Spühler: Elfenkönig
Dirk Vittinghoff: 1. Elf
Thomas Monn: 2. Elf und William Pirsch
Ruth Schwegler: 3. Elf und Frau Quarney
Stefan Colombo: Elfenpferd
Armin Kopp: Festgreifaah und Höhlenkrieger
Friedrich Schneider: Dozent für neue Runen
und viele andere.

Alle Rollen sind im Booklet aufgelistet. Hier gibt es Kurzbiografien zu:
– Ludwig Schütze (Erzähler);
– Nikola Weisse (Oma Wetterwachs);
– Anny Weiler (Nanny Ogg);
– Anja Scheffer (Magrat Knoblauch);
– Ruth Maria Ruben (Elfenkönigin);
– Helmut Schüschner (Erzkanzler)

Mehr Infos und Hörproben gibt es unter http://www.bookonear.com. (ohne Gewähr)

|Die Musik|

Die – zurückhaltende – Moriskentanz-Musik wurde von Urs Klauser und Daniel Som beigesteuert und basiert auf zwei Werken aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Nanny Oggs Banjo spielte Tonmeister Olifr Maurmann, das Kutschhorn und Shawn Oggs Fanfare blies Rolf Strub.

_Vorgeschichte_

Wo die Scheibenwelt liegt, weiß keiner, aber Hauptsache, sie ist flach. Meist sind die Romane darüber abgeschlossene Werke, aber bei den Hexenromanen ist das anders. Daher ein kleine Rekapitulation. Oma (Esmeralda) Wetterwachs tauchte zum ersten Mal in „Das Erbe des Zauberers“ auf, und in „MacBest“ wurde sie zum inoffiziellen Oberhaupt eines kleinen Hexenzirkels, bestehend aus der lebenslustigen und viel verheirateten Nanny (Gitta) Ogg sowie der jungen Magrat mit der roten Nase, dem ungekämmten Haar und der Neigung zur Rührseligkeit in Bezug auf Regentropfen, Rosen und Schnurrhaare kleiner Kätzchen.

„MacBest“ endete damit, dass Verence II. zum König des kleinen, hügeligen und bewaldeten Landes Lancre wurde. Er war zwar nicht der Erbe, aber als Hofnarr der „beste Mann für den Job“, wie Oma Wetterwachs fand. Magrat erzielte ein sehr zaghaftes „Einvernehmen“ mit Verence. Vermutlich handelt es sich um Liebe – oder um die nächstbeste Sache.

In „Total verhext“ mussten die drei Hexen durch den halben Kontinent reisen, um der Patin entgegenzutreten (die dem Schicksal ein Angebot unterbreitet hatte, das es nicht ablehnen konnte). „Lords und Ladies“ handelt davon, was geschah, als das Trio wieder heimkehrte. Natürlich geht in Lancre inzwischen alles drunter und drüber …

_Handlung_

Noch zwei Wochen bis zur Mittsommernacht, und schon künden sich große Ereignisse an. Unsere drei Hexen sind nach Hause zurückgekehrt, doch schon eine Woche später streiten sie sich mit Magrat. Sie freut sich darauf, endlich Königin dieses Landes zu werden; dann müssten alle sich vor ihr verneigen. Pustekuchen! Nanny Ogg hustet ihr was von wegen „Böses Omen, ausgerechnet am Mittsommertag“ heiraten zu wollen und nimmt ihr den Hexenbesen weg.

Magrat marschiert wütend ins Schloss, um mit den Vorbereitungen für die Hochzeit des Jahres zu beginnen. Dass es überall im Land Kornkreise regnet, interessiert sie nicht die Bohne. Nur der Umstand, dass der junge König noch nicht einmal um ihre Hand angehalten hat – macht man das nicht so? -, stört sie ein wenig.

Oma Wetterwachs und Nanny Ogg sind sich einig, dass die Elfenkönigin hinter den Kornkreisen steckt. Denn jeder Kreis ist ein halb geöffnetes Dimensionstor ins Land der Elfen. Und am Mittsommerabend sind die Grenzen zwischen Dimensionen besonders dünn. Wer weiß, ob die Königin nicht eine Invasion plant.

|Exkurs: Über Elfen|

Das Wichtigste, was man über Elfen wissen muss: Sie sind nicht nett zu Menschen. Tatsächlich hassen sie sie sogar, denn Elfen verfügen nicht über jene Eigenschaft der Sterblichen, die man als Empathie bezeichnet, also ein absolutes Mindestmaß an Mitgefühl und Einfühlungsvermögen. Statt eines Herzens haben Elfen etwas anderes: Sie haben Glamour. Das klingt zwar wie etwas Positives, doch seine Auswirkungen sind alles andere als das. Wirft ein Elf seinen Glamour über einen Menschen, so wird dieser davon so betört, dass er sogar den Hintern einer Sau küssen würde, in dem Glauben, seine oder ihren Herzensliebste(n) zu umarmen. Will heißen: Glamour macht Menschen dümmer als dumm. Es gibt nur einen Schwachpunkt der Elfen: Sie fürchten Eisen, denn es raubt ihnen alle Kraft.

|Ein Fall für Hexen|

Ein bizarrer Mordfall erschüttert den Hexenzirkel, wenn auch sonst kaum jemanden. Nanny Ogg hat Oma Wetterwachs herbeigerufen, und nun beraten sie, wie es zu dem Tod des armen Waidmannes William Pirsch kommen konnte. Er wurde von einem spitzen Gegenstand tödlich getroffen – ein Messer oder ein Pfeil. Der Tatort ist schon mal sehr verdächtig: William liegt direkt außerhalb des geheimnisvollen Steinkreises, den die Lancrianer „die Tänzer“ nennen. Es handelt sich um acht aufrecht stehende Megalithen, und was das Sonderbarste an ihnen ist: Sie ziehen Eisen magnetisch an.

Oma Wetterwachs kennt diesen Ort aus eigener intensiver Anschauung. Vor etwa 50 Jahren hat sie innerhalb des verbotenen Steinkreises eine Begegnung mit der Elfenkönigin gehabt und ihr standgehalten. Die Hexen vertrieben die Elfen mit Eisen und seitdem versuchen die Elfen, aus dem Bannfeld des Steinkreises auszubrechen, um in der Scheibenwelt ihre Herrschaft auszuüben und die Sterblichen zu Untertanen zu machen.

Um herauszubekommen, was die Elfen vorhaben, legt sich die Oberhexe in ihrem Haus auf den Boden, legt sich einen Zettel („Ich bin nicht tot!“) auf die Brust und schickt ihren Geist auf Erkundung. Meist in der Verkleidung eines Bienenschwarms. Sie spürt eine fremde Präsenz in Lancre. Sie sucht und findet – ein Einhorn! Könnte es den armen William Pirsch in die Brust getroffen haben?

|Das Hexenduell|

Unterdessen erfährt Nanny Ogg von ihrem braven Sohn Jason, dem Schmied, dass sie neuerdings Konkurrenz hat. Drei Junghexen unter der Führung von Diamanda Tockley lehnen die alten Traditionen der Zauberei ab und bringen sich selbst die Magie bei. Jason flüstert, dass die drei Junghexen angeblich nächtens nackt um den Steinkreis tanzen. Nanny Ogg macht ein finsteres Gesicht. Dieses Jungvolk!

Zusammen mit der zurückgekehrten Oberhexe begibt sie sich zum Selbstunterricht der Junghexen. Die nehmen die Alten überhaupt nicht für voll und fordern sie zu einem Duell heraus. Ist gebongt: morgen Schlag zwölfe auf dem Dorfplatz. Oma Wetterwachs schreibt ihr Testament, denn sie weiß die Stunde ihres Todes. Das Einhorn auf ihrem Rasen schickt sie zu seiner Herrin zurück. Dann begibt sie sich zum Hexenduell.

|Parallele Leben|

In der Zwischenzeit ereignen sich andere Dinge in und um Lancre. Die Unsichtbare Universität hat eine Einladung von König Verence II. erhalten. Erzkanzler Ridcully will gerne zur Hochzeit des Jahres fahren, doch nicht alleine. Der Bibliothekar (ein Orang-Utan) und Magister Ponder Stibbons sollen mitkommen. Stibbons glaubt an die Quantentheorie und Parallelwelten, doch Ridcully lehnt solche Faxen ab. Er löst Tickets für drei und nimmt die Postkutsche. Sie werden zweimal überfallen und ein Troll verlangt Zoll.

Im Wald nahe der Hauptstadt proben die Handwerker der Stadt, die normalerweise nur für Moriskentänze zuständig sind, ein Stück, das sie zu Ehren der neuen Königin aufführen wollen. Darin sollen ein Löwe und die Feenkönigin vorkommen. Warum ein Mann eine Frau spielen sollte, will die „Feenkönigin“ partout nicht einsehen. Der „Löwe“ erst recht nicht.

Magrat Knoblauch, die Königin in spe, hat sich inzwischen mit den seltsamen Klamotten ihrer neuen Stellung angefreundet. Ihre Zofe Millicilla hat sie eingewiesen. Da erfährt sie von Nanny Oggs anderem Sohn Sean, dass seine Mutter und Oma Wetterwachs ein Hexenduell veranstalten. Sie eilt sofort zum Dorfplatz, um mit diesem unwissenschaftlichen Unsinn ein Ende zu machen. Leider hat die junge Magrat gegen den Eigensinn ihrer älteren Kolleginnen nicht die geringste Chance.

Sie muss ebenso wie der Rest der Bevölkerung hilflos mit ansehen, wie Nanny Ogg mit ihrem Stiefelabsatz einen Kreis in den Dreck des Platzes zieht. Nannys jüngster Enkel Pewsey, gerade mal vier Jahre alt, plärrt, er wolle ein Bonbon und rennt halbnackt über den Platz.

Doch die Duellanten stehen bereits Aug in Aug einander gegenüber und lassen sich nicht stören. Oma Wetterwachs macht klar, dass diese Stadt zu klein für zwei Oberhexen sei und die Verliererin verschwinden müsse. Diamanda ist mit dieser Bedingung einverstanden. Denn sie darf wählen, in welcher Disziplin sich die Alt- und Junghexe miteinander messen sollen. Oma Wetterwachs ist mit dieser Disziplin einverstanden. Und so beginnt ein historisches Duell mit weit reichenden Folgen …

_Mein Eindruck_

„Lords und Ladies“ ist die lineare Fortsetzung von Terry Pratchetts Hexenzyklus, der mit „MacBest“ beginnt und mit „Total verhext“ weitergeführt wurde (gibt’s noch nicht als Hörspiel). Sowohl „MacBest“ als auch „Lords und Ladies“ nehmen Bezug auf Dramen von William Shakespeare. Dessen Komödie „Ein Mittsommernachtstraum“ von 1595 wurde inspiriert durch das Buch „Metamorphosen“ des römischen Exildichters Ovidius Naso.

Es geht darin, grob vereinfacht, um Liebesirrungen und -wirrungen unter Menschen und Elfen sowie um die Umkehrung der beiden Welten. Im Mittelpunkt stehen sowohl bei Shakespeare als auch bei Pratchett die Fragen: Wer war ich? Wer könnte ich werden? Wer könnte ich (in einem Paralleluniversum) sein? Wer bin ich tatsächlich? Wie um Himmels willen bin ich hierher gekommen? Und: Wie viele Beine habe ich überhaupt?!

In der Aufstellung der Figuren fällt auf, dass es sich oft um komplementäre Paare handelt. Das Witzige dabei ist jedoch, dass es dabei zu den unwahrscheinlichsten Paarungen kommt. Oma Wetterwachs trifft in Ridcully einen früheren Verehrer wieder, Nanny Ogg findet den Zwerg Casamunda ganz attraktiv, doch Magrat Knoblauch hat ihre liebe Not mit ihrem Verlobten, dem König. Der hat seine Weisheit nämlich ausschließlich aus Büchern und für das Kapitel Sex in seinem Leben braucht er noch das passende Handbuch. (Was bei dessen Übergabe zu wundervollen Peinlichkeiten führt.) Dass die böse Elfenkönigin auch einen besänftigenden Gatten benötigt, dürfte klar sein. Nur: Wo hat sich dieser Bursche mal wieder verkrochen?

Ein weiteres Spannungspaar ist das Aufeinandertreffen von Alt und Neu. Da ist beispielsweise der Konflikt der Althexen mit den Junghexen, die nichts mehr von altmodischen Dingen wie Geistreisen wissen wollen (falls sie je davon gehört haben), sondern lieber Bücher büffeln und sich absurde Zaubersprüche à la Harry Schotter ausdenken. Dieses Thema wird in den Abenteuern der alternativen Junghexe Tiffany Weh noch vertieft. Diamanda Tockley, Anführerin der arkanen Rebellinnen, hat jedenfalls gegen den Glamour der Elfen nicht die geringste Chance. So viel dazu.

Ein weiterer Themenkreis, bei dem Alt und Neu auf erfrischende Weise miteinander kollidieren, ist natürlich die Invasion der Elfen, die auf das von wissenschaftlich-fortschrittlichem Gedankengut geprägte Königreich Lancre prallt. Leider hat Letzteres keine Chance gegen die blutrünstigen Elfen, so dass es erst zweier weiblicher Heldinnen bedarf, wie sie verschiedener nicht sein könnten. Oma Wetterwachs stellt ihre Erdmagie der Elfenmagie der Königin entgegen. Und man höre und staune: Magrat Knoblauch hat in ihrer königlichen Ahnengalerie die Rüstung einer Königin gefunden, mit der sie nun in die Schlacht zieht – ohne einen einzigen Zauberspruch am Leib.

|Psst, nicht so laut: Sex!|

Eigentlich sollen dieses Hörspiel auch die lieben Kleinen hören und verstehen. Also jeder, der Terry Pratchett toll findet, und das sind nicht wenige, wenn man nach der Auflagenhöhe seiner Bücher urteilt. Weil es aber in der Mittsommernacht, wie oben gezeigt, um jede Menge „menschliche Annäherungen“ geht, taucht auch unweigerlich das Thema Sex und anderes schlüpfrige Zeug auf. Das Sexhandbuch für König Verence II. wurde bereits erwähnt.

Damit nicht jeder versteht, um was es geht, wird alles verschlüsselt und mit Auslassungen (Ellipsen) formuliert. Diese Methode, die vermutlich der Autor praktiziert, macht seinen Text selbst noch in der Hörspielfassung so wunderbar ironisch und humorvoll. Hier kann der Zuhörer seine Vorstellungskraft einbringen, die manchmal auch richtig gefordert wird. Magrat und der König reden ständig um den heißen Brei herum, teils aus Rücksichtnahme, teils aus Unwissenheit (das war schon in „Total verhext“ so).

Wer genau hinhört, wird mit Hilfe der Stereophonie feststellen, dass die beiden Verlobten an einem Esstisch sitzen müssen, der ganz schön lang ist. Das bedeutet nicht, dass sie nebeneinander sitzen, sondern dass jeder am entgegengesetzten Ende sitzt. Das ist ebenso vornehm wie bescheuert – und komisch. Es bezeichnet aber auch ihre Position im Bett …

Recht derb und beinahe offensichtlich werden die Dinge formuliert, sobald der Elfenkönig himself auftritt. Ihn überhaupt dazu zu bringen, hat Nanny Ogg schon eine Menge Schweiß und Überredung gekostet. Der Hammer, dem sich dann jedoch die sterblichen Oberirdischen gegenübersehen, ist genau das, was er zwischen den großen, äh, Hufen trägt: Er ist ein sehr offensichtlich männlicher Hirsch, und zwar prächtig ausgestatteter …

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Von dem Schweizer Studio „Bookonear“ habe ich bislang bei „Wachen! Wachen!“ etwas gehört. Die Produktion, die es damit vorgelegte, ist jedoch in vielerlei Hinsicht professionell zu nennen. Die Sprecher, die bei uns allesamt unbekannt sind, legen eine bühnenreife Darbietung hin. Wahrscheinlich sind sie in der Schweiz sogar die erste Garde der Bühnenschauspieler. Alle sprechen akzentfrei deutsch.

|Die Geräusche|

… tragen ein wenig zum Eindruck der Realität bei, die ein filmisch inszeniertes Hörspiel aufweisen sollte. Wir hören ziemlich laute Geräusche wie eine Turmglocke, aber auch recht leise wie etwa ein schnaubendes Einhorn oder eine Pfeife paffende Nanny Ogg. Fallende Kornkreise sind leider zu leise, um sie aufnehmen zu können. Es gibt Haustiergeräusche und Klänge, die am besten in eine Schmiede passen.

Hier wirkt Jason Ogg, und wie jedes Jahr muss er sich an einem bestimmten Tag die Augen verbinden. Ein mit sehr tiefer Stimme und in GROSSBUCHSTABEN sprechender Fremder (dreimal darf man raten, um wen es sich handelt) bringt sein Pferd zum Beschlagen zu Jason. „Pling! Pling!“, macht der Hammer Jasons. Wahrscheinlich hören wohl nur die Eingeweihten unter den Hörern auch die GROSSBUCHSTABEN des Fremden.

|Musik|

Die Götter der Audioproduktion sind uns diesmal gnädig. Die mittelalterlichen Instrumentaleinlagen, die mein Ohr noch in „Wachen! Wachen!“ so plagten, wurden diesmal auf ein Minimum zurückgenommen. Da es sich bei den Leuten, die das Theaterstück in Lancre aufführen sollen, um Moriskentänzer handelt, lag es für den Regisseur nahe, auch entsprechende Musik einzusetzen.

In England habe ich einmal solche Morris Dancers gesehen, und es war ein ungewöhnlich archaischer Anblick. Dies Musik ist ja schon uralt, aber auch die Kostümierung stammt aus längst versunkenen Jahrhunderten. Schellen gehören jedenfalls immer dazu. Wer will, kann dazu tanzen – auch zu der Musik im Hörspiel. Sie wird mit Dulzimer, Sackpfeife und anderen Tonschleudern produziert.

|Das Booklet|

Das Beiheft ist liebevoll gestaltet und einer so von Liebhabern der Scheibenwelt gestalteten Produktion angemessen. Da findet sich ein Lebenslauf des Autors ebenso wie Hintergrundinfos über die Musik, die Gestalter und sämtliche Sprecher. Am schönsten aber sind zwei weitere Elemente: die detaillierte Tracklist für jede einzelne CD, von denen jede einen eigenen Titel trägt, z. B. „Hexenzirkel“. Und natürlich die knuddeligen Zeichnungen Josh Kirbys, die allesamt der doppelseitigen Titelillustration entnommen sind. Auch die Cover der einzelnen CDs wie auch die Einsteckplätze der CDs im Karton sind damit geschmückt.

_Unterm Strich_

Dieses Hörspiel eignet sich für ein Publikum von 8 bis 80 Jahren. Die Kinder und Jugendlichen können sich auf die vordergründige, meist recht komisch inszenierte Action konzentrieren. Doch auch Erwachsene haben jede Menge zu entdecken: Neben den oben skizzierten Gegensatzpaaren finden sie eine Philosophie über Magie und deren Vertreter, die vom Tolkienstandard meilenweit abweicht.

Hier sind zum Beispiel auch keltische Einflüsse zu finden, denn Pratchett lebt in Wiltshire nicht weit von den Walisern entfernt und die alt- und mittelenglische Literatur, die überlebt hat, ist reich an solchen Einflüssen, und dazu gehört auch die mündliche Überlieferung in Volkssagen und Märchen. Erwachsene werden auch die zahlreichen schlüpfrigen Anspielungen finden, die sich zwischen den Dialog-Zeilen verstecken. Und da es nicht zuletzt in der Mittsommernacht auch um Liebe geht, haben die Pratchetts das eine oder andere zu sagen, was man für sich selbst umsetzen könnte.

Die Fantasykomödie unterhielt mich mit ihrer kurzweiligen Dramatik ebenso gut wie mit ihrem hintergründigen Humor, der typisch ist für Pratchett. Klamauk gibt es allerdings auch, und das finden wohl Kinder lustiger als ich. Die großzügig eingesetzten Geräusche verleihen der Handlung einen Anstrich von filmischem Realismus (wenn es das gibt), so dass sich ein Gefühl des Kinos für die Ohren einstellt – allerdings mit rasanten Szenenwechseln.

Die Musik hält sich diesmal sehr zurück und dient nur dazu, das Thema des Moriskentanzes zu illustrieren. Dadurch hebt sich das Hörspiel gegenüber den Übertreibungen in den |Bookonear|-Produktionen [„Wachen! Wachen!“ 787 und „Die Piraten“ wohltuend ab. Endlich hat der Tonmeister Maurmann das rechte Mittelmaß gefunden.

|Originaltitel: Lords and Ladies, 1992
Aus dem Englischen übertragen von Rolf Strub und Andreas Brandhorst 2005
300 Minuten auf 4 CDs in Stereo, mit von Josh Kirby (!) illustriertem Booklet|
http://www.luebbe-audio.de
http://www.bookonear.com