Schlagwort-Archive: Titania Medien, Gruselkabinett

Gruselkabinett

Leopold von Sacher-Masoch – Die Toten sind unersättlich (Gruselkabinett 99)

Trugbild der Erotik: ein weiblicher Vampir

In den verschneiten Karpaten in den 1880er Jahren: Auf einem einsamen Felsen erhob sich einst das alte, halbverfallene Schloss Tartakow, von dem der Volksmund mancherlei unheimliche Sagen zu berichten wusste. Immer wieder fühlten sich junge Männer davon angezogen und wagten es, das alte Gemäuer zu betreten, um hinter sein Geheimnis zu kommen … (Verlagsinfo)

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Bram Stoker – Die Squaw (Gruselkabinett 48)

Vom Marterpfahl in die Eiserne Jungfrau

Frankfurt am Main um 1883: Amelia und George Price, ein junges Paar in den Flitterwochen, macht während seiner Reise durch das romantische Deutschland die Bekanntschaft von Elias P. Hutcheson, einem verwegenen Abenteurer aus Nebraska. Die drei planen eine gemeinsame Besichtigung der Burg zu Nürnberg, in der die berühmte „Eiserne Jungfrau“, eines der grauenvollsten je erdachten Folterwerkzeuge, ausgestellt wird …

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 14 Jahren.

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Arthur Conan Doyle – Die fünf Orangenkerne (Sherlock Holmes 17)

Der Fluch des Hauses Openshaw: Sherlock Holmes wird nachlässig

An einem verregneten Abend sucht der junge John Openshaw den Rat des Meisterdetektivs in der Baker Street 221b. In seiner Familie ereignen sich seit einigen Jahren mysteriöse Todesfälle, die stets mit der Zusendung von fünf Orangenkernen angekündigt werden… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 12 Jahren.

Der Autor
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H. P. Lovecraft – Berge des Wahnsinns (Teil 2) (Gruselkabinett 45)

Das Ende der verhängnisvollen Antarktis-Expedition

New England 1930: Der Geologe William Dyer, ein Professor an der Miskatonic University, ist der Kopf einer großangelegten Expedition in die Antarktis. Gemeinsam mit seinem Assistenten Larry Danforth, seiner Kollegin Dr. Leni Lake, deren Assistentin Leslie Carroll, dem Ingenieur Prof. Frank Pabodie, dem Physiker und Meteorologen Prof. Atwood und diversen Hilfskräften bricht Dyer auf, den unwirtlichsten Kontinent der Erde zu erkunden. Ein sehr gefahrvolles Unterfangen, wie sich herausstellt.

In den Weiten der Antarktis 1931 fliegen Dyer und Pabodie mit Danforth im letzten verbliebenen Flugzeug in Richtung der neu entdeckten Bergkette. Was wird sie dort nach dem dramatischen letzten Funkspruch, den die Kollegen gesendet haben, erwarten?
(Verlagsinfo)
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Lovecraft, H. P. – Der Fall Charles Dexter Ward (Gruselkabinett 24/25)

Die Wiederkehr des Hexenmeisters

Providence, USA, 1928: Der junge Charles Dexter Ward verschwindet am 13. April spurlos aus der Nervenheilanstalt von Dr. Waite. Sein Hausarzt Dr. Marinus B. Willet, ein guter Freund seiner Eltern, blickt zurück auf den äußerst befremdlichen Fall eines Wahnsinns, der offenbar aus der Beschäftigung des jungen Mannes mit der eigenen Familiengeschichte herrührte …

Der Autor
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Edgar Allan Poe – Grube und Pendel (Gruselkabinett 111)

Inquisitionsfoltern und späte Rache: Poe im Doppelpack

Rom 1846: Der Edelmann Montrésor sieht sich seit Jahren der infamen Verspottung durch Fortunato ausgesetzt und ersinnt daher einen perfiden Plan, sich dieses Plagegeistes zu entledigen – vor allem, da die beiden, was Fortunato gar nicht mehr gegenwärtig hat, eine gemeinsame Vergangenheit haben, die bis in das Jahr 1796 zurückreicht… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 14 Jahren.

Der Autor
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Robert E. Howard – Das Feuer von Asshurbanipal (Gruselkabinett 77)

Echtes INDY-Feeling: Showdown mit dem Dämon

Steve Clarney, ein unerschrockener, verwegener amerikanischer Schatzjäger, durchforstet mit seinem Diener Yar Ali bereits seit Langem den asiatischen Kontinent, um endlich eines sagenumwobenen Juwels habhaft zu werden: des größten Rubins der Welt, bekannt als „Das Feuer von Asshurbanipal“. Doch wo befindet sich bloß die im „Necronomicon“ des verrückten Arabers Abu al-Hazred erwähnte vergessene Stadt, die übersetzt „Stadt der Teufel“ heißt? (korrigierte und ergänzte Verlagsinfo)

Bei der Erwähnung des Necronomicons“ müssen jedem Lovecraft-Fan die Ohren zucken: Und tatsächlich passt diese Erzählung des langjährigen Lovecraft-Freundes Howard genau in den Cthulhu-Mythos von den Großen Alten.

Der Autor
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Per McGraup – Heimgekehrt (Gruselkabinett 89)

Packend: Teufelsaustreibung im Ex-Bordell

England 1927: Colin und Alwyne Hargreaves, das Ermittlerpaar aus „Heimgesucht“ (Gruselkabinett 83), wird von Colins Tante Marilyn gebeten, sich eines neuen Spuk-Falls anzunehmen. In dem ländlich gelegenen White-Horse-Hotel häufen sich Hinweise, dass es dort nicht recht geheuer ist. Für die neuen Besitzer, die ihr gesamtes Erspartes in die Renovierung des alten Landgasthofs gesteckt haben, ist dies eine Katastrophe. Sie ahnen noch nicht, dass das Problem, welches sie haben, viel größer ist als sie zunächst annahmen … (Verlagsinfo)

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Doyle, Arthur Conan / Gruppe, Marc – Sherlock Holmes – Das Zeichen der Vier (Krimi-Klassiker 2)

London 1888: In Mary Morstans Leben ereignet sich Merkwürdiges. Alljährlich erhält sie anonym ein wertvolle Perle zugesandt. Nun hat ein Unbekannter sie auch noch zu einem Treffpunkt bestellt. Besteht ein Zusammenhang mit ihrem vor zehn Jahren spurlos verschwundenen Vater?

Sherlock Holmes und Dr. Watson tun ihr Bestes, den mysteriösen Fall ihrer jungen Klientin aufzuklären. Dabei geraten sie in ein gefährliches Abenteuer um einen märchenhaften Schatz. Schon bald gibt es den ersten Toten. Die Tatwaffe: ein vergifteter Dorn. Wer benutzt denn sowas?!

_Der Autor_

Sir Arthur Conan Doyle lebte von 1859 bis 1930 und gelangte mit seinen Erzählungen um den Meisterdetektiv Sherlock Holmes zu Weltruhm. Dabei begann der Mediziner, der eine eigene Praxis hatte, erst 1882 mit dem Schreiben, um seinen Einkommen aufzubessern. Neben mystischen und parapsychologischen Themen griff er 1912 auch die Idee einer verschollenen Region (mit Dinosauriern und Urzeitmenschen) auf, die von der modernen Welt abgeschnitten ist: „The Lost World“ erwies sich als enorm einflussreich und wurde schon 13 Jahre später von einem Trickspezialisten verfilmt. Bereits 1913 ließ Doyle eine Fortsetzung unter dem Titel „The Poison Belt“ (dt. als „Im Giftstrom“, 1924) folgen.

_Die Sprecher_

Sherlock Holmes, Privatdetektiv: Joachim Tennstedt (dt. Stimme von John Malkovich)
Dr. John H. Watson, Militärarzt: Detlef Bierstedt (dt. Stimme von George Clooney u.a.)
Mrs. Smith, Bootsvermietersgattin: Arianne Borbach (dt. Stimme von Uma Thurman)
Thaddeus Sholto, Privatier: Peer Augustinski (dt. Stimme von Robin Williams)
Mrs. Hudson, Holmes‘ Haushälterin: Regina Lemnitz (dt. Stimme von Kathy Bates)
Inspektor Jones: Christian Rode (dt. Stimme von Christopher Lee)
u. v. a.

Die orchestrale Musik stammt von Manuel Rösler, Ko-Produktion, Buch & Regie steuerte Marc Gruppe bei, Aufnahme und Abmischung erfolgten durch Bionic Beats.

_Handlung_

Die Chronologie der Ereignisse wird in der berühmten Erzählung bzw. im Hörspiel ziemlich verschachtelt und häppchenweise vorgelegt. Daher versuche ich, ein wenig Licht in diesen Dschungel zu bringen, ohne das Meiste zu verraten.

Es waren einmal zwei dicke Freunde, die als Gefängnisaufseher auf den anglo-indischen Andamanen-Inseln arbeiteten: Sholto und Morstan. Durch glückliche Umstände gelangten sie in den Besitz eines großen Schatzes, den sie sich brüderlich teilen wollten. Doch es kam alles ganz anders …

Am 18. April 1882 kehrt Bartholomew Sholto vom Studium in sein Elternhaus Pondycherry Lodge in der Nähe von London zurück. Sein Zwillingsbruder Thaddeus ist froh, ihn wiederzusehen, denn in letzter Zeit leidet ihr Vater an einem beunruhigenden Verfolgungswahn. Er hat zwei Preisboxer als Leibwächter eingestellt, nachdem er Eindringlinge am Fenster gesehen habe. Insbesondere Einbeinige lasse er verfolgen. Da bringt der Butler einen Brief aus Indien, der Major Sholto in Angst und Schrecken versetzt: Eine Gruppe, die sich „Das Zeichen der Vier“ nennt, hat darin gedroht, sich das, was er geraubt habe, zurückzuholen und ihn für seinen Verrat zu bestrafen. Er erleidet einen Schwächeanfall, flüstert noch ein paar letzte Worte von einem „Schatz“ und einer Mary Morstan – und gibt den Löffel ab.

1888, sechs Jahre später.

Eben jene Mary Morstan besucht Sherlock Holmes und Dr. John Watson, einen jungen mittellosen Militärarzt, in Holmes‘ Büro in London, Baker Street 221B. Holmes hat sich mal wieder eine seiner, wie Watson sagen würde, „entsetzlichen“ Kokainspritzen gesetzt und ist folglich bester Laune. Diese hebt sich noch viel mehr angesichts des wunderschönen Geschöpfes, das durch seine Tür tritt. Denn im Gegensatz zu manchen Darstellungen in gewissen Filmen ist Holmes kein Griesgram, sondern ein weltzugewandter Genießer, dem nichts lieber ist als eine Herausforderung seiner formidablen geisten Fähigkeiten. Nach Zeiten mentalen Hungers bietet Mary Morstan ihm nun eine leckere Geistes-Mahlzeit: ein Rätsel!

Die Ärmste schlägt sich seit dem Verschwinden ihres Vaters im Jahre 1878 als Gesellschafterin bei Mrs. Cecil Forrester durch, doch seit 1882 erhält sie von einem unbekannten Gönner alljährlich eine wunderschöne Perle geschickt, so dass sich ihr Lebensstandard ein wenig gehoben hat.

Watson und Holmes, die ihre daraus gefertigte Halskette in Augenschein nehmen dürfen, sind völlig von den Socken: edelste Ware, no doubt! Aber deswegen ist Miss Mary nicht hier. Sie hat eine Einladung zu einem geheimen Treffen erhalten. Sie dürfe zwei Freunde, aber keinerlei Polizeibeamte mitbringen. Ob die beiden Herren wohl so nett wären?

Und ob sie wären! Vorsichtshalber nimmt Holmes aber seinen zuverlässigen Revolver mit. Ein Kutscher sammelt sie am Treffpunkt auf und fährt sie in die schlechteren Viertel Süd-Londons. Als ein Inder sie in das Haus einlässt, staunen alle Bauklötze: ein veritabler Palast wie aus dem Orient. Wem gehört die noble Hütte? Es ist Thaddeus Sholto und er hat eine lange Geschichte zu erzählen.

Doch als sie in Pondicherry Lodge eintreffen, um Mary den ihr rechtmäßig zustehenden Schatz zu zeigen, kommen sie zu spät. Jemand ist ihnen zuvorgekommen, was dem armen Bartholomew gar nicht gut bekommen ist: In seinem Hals steckt ein Dorn mit einem tödlichen Gift …

Doch wie konnte der Täter in einen komplett abgeschlossenen Raum eindringen und – vor allem – wieder entkommen? Holmes stellt sich endlich das ersehnte Rätsel: ein klassisches |locked room mystery|!

_Mein Eindruck_

Natürlich ist es von diesem bis zur Ergreifung der Täter noch ein weiter Weg. Und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass sich auch das Anhören der restlichen Handlung lohnt. Die Gehörgänge kommen voll auf ihre Kosten – siehe meine Abschnitte „Musik“ und „Geräusche“. Endlich erfahren wir am Schluss auch, wie alles begann, irgendwo am anderen Ende des Empires, als ein unvorsichtiger Kaufmann seinem Kollegen etwas von einem Schatz zuflüsterte.

Natürlich ist eine Schatzjagd immer ein netter Aufhänger für eine flotte Story, und umso mehr für das viktorianische Publikum, das das angesehene „Strand Magazine“ las, in dem Doyle seine Storys veröffentlichen konnte. Abenteuer, Gefahr, ein waschechter Kannibale – beim Jupiter! Es gibt genügend Unterhaltsames in der Story, um einen Roman daraus zu spinnen.

Doch Doyle lässt auch eine gewisse Kritik an den erschreckenden Zuständen auf den Gefängnisinseln eben dieses British Empires einfließen. Die Schlussrede des Täters ist voller Anklagen, die offenbar allesamt gerechtfertigt sind. Er stellt sich natürlich selbst als Opfer hin, aber es war sicher nicht ungewöhnlich, dass britische Aufseher wie Sholto und Morstan den ihnen ausgelieferten Häftlingen sämtliche Habseligkeiten abnahmen, die sie besaßen. Und dazu gehörte eben auch die Information über den Schatz in der Stadt Agra, wo das Tadsch Mahal steht.

Die Gier nach dem Gold ist das ausschlaggebende Thema hinter der ganzen Schatzsuche. Und bevor die Truhe geöffnet wird, fragt sich vielleicht der eine oder andere Zuhörer, ob der Schatz nicht besser drin bleiben sollte als noch mehr Menschen ins Unglück zu stürzen, beispielsweise die liebliche Miss Morstan …

|Die Sprecher & Rollen|

Es gibt vier Hauptfiguren, die auch stimmlich herausragen. Am besten gefällt mir Joachim Tennstedt als Sherlock, denn was er in diese Figur hineinlegt, ist sehr sympathisch und humorvoll – so als würde ein strahlender John Malkovich völlig entspannt aufspielen (liegt’s am Koks?). Holmes‘ einziger Fehler ist seine Ablehnung des weiblichen Geschlechts oder vielmehr des Umgangs mit dessen Vertretern. Das soll aber weniger an latenter Homosexualität liegen, als vielmehr an seiner Abneigung gegen jede Art von emotionaler Sentimentalität. Lang lebe der reine Geist.

Dr. John Watson, 36, ist das genaue Gegenteil seines Freundes: jovial, freundlich, frauenfreundlich und durchweg emotional. Leider sind seine logischen Schlüsse von dementsprechend unzulänglicher Qualität. Das war zu erwarten. Seine wachsende Liebe gilt Miss Mary Morstan, die selbst ein patentes Frauenzimmer zu sein scheint, denn sie besteht darauf, auf die Verfolgungsjagd nach den Verbrechern mitzukommen.

Der größte Humorfaktor ist indes die eines Peter Ustinov würdige Figur des Inspektor Jones von der Londoner Kripo. Nicht nur sind Jones‘ logische Schlüsse noch wesentlich schlechter als die Watsons, obendrein hat er auch noch die sprachliche Eigenart, sich vor jedem Schlusswort eines Satzes auf merkwürdigste Weise zu räuspern – ein nach innen gewandtes Räuspern, das höchst lachhaft klingt. Ich könnte mich wegschmeißen, wenn ich den Typ höre.

Aber auch Peer Augustinski soll nicht unterschlagen werden. Er spielt in der Rolle des Thaddeus Sholto keine unerhebliche Rolle bei der Beschaffung des Schatzes für die arme Miss Morstan. Wer sich die Stimme von Robin Williams vergegenwärtigt, bekommt eine Ahnung von den vielfältigen Möglichkeiten, einen herzkranken reichen Mann von gut dreißig Jahren zu spielen, der an einer Wasserpfeife schmaucht und eine Räuberpistole aus Indien erzählt. Als Inspektor Jones ihn verhaftet, hat Sholto/Augustinski die Möglichkeit, den entsetzten Unschuldigen zu spielen – aber ist er wirklich unschuldig?

|Die Musik|

Nach einem Intro, das der Titelsequenz eines Spielfilms entspricht, hören wir die Musik laufend im Hintergrund, wenn nicht gerade Geräusche sinnvoller sind, etwa beim Abendessen oder bei einer Verfolgungsjagd im Hafen. Deshalb erklingt die Musik mit voller Kraft erst wieder im „Abspann“, quasi als Rausschmeißer. Es ist Musik, die einem kleinen Spielfilm angemessen ist: niemals aufdringlich, sondern stets unterstützend. Kein Wunder, dass viele Motive aus einem Fundus von Samples genommen wurden – siehe den Vermerk im Booklet.

|Die Geräusche|

Eine schier unglaubliche Vielfalt von Geräuschen verwöhnt das Ohr des Zuhörers. Der Eindruck einer real erlebten Szene entsteht oft, aber nicht immer. Es ist natürlich etwas schwierig, jene Wasserpfeife klanglich umzusetzen, die Thaddeus Sholto schmaucht, als er Watson, Holmes und Miss Morstan empfängt. Zum Ausgleich gibt es jedoch eine groß inszenierte Verfolgungsjagd auf der Themse, in der der Toningenieur sämtliche Register ziehen kann: vom Dampfzischen, Maschinenstampfen, Wasserplätschern und Möwengeschrei bis hin zu den Revolver-Schüssen Holmes‘ und dem Zischen eines Giftpfeils – das volle Programm. Dazu stelle man sich noch die entsprechende Schreie und Rufe der beteiligten Figuren vor, und man hat eine komplette Krimiszene.

_Unterm Strich_

„Das Zeichen der Vier“ ist eine durchweg gelungene Hörspiel-Umsetzung der klassischen Holmes-Erzählung. Die Story ist, wie nicht anders zu erwarten, durchweg spannend, witzig und bis zum Schluss tempo- und actionreich inszeniert. Hinzu kommen ein Schuss Romantik (Watson & Morstan – ob das klappt?) und erfrischende Ironie. Holmes‘ Auftritt in täuschender Verkleidung ist sicher ein Highlight der verblüffenden Effekte, und humorvolle Szenen halten das Zwerchfell auf Trab.

Wenn alle Hörspiele der Holmes-Reihe so gut inszeniert sind, kann ich sie uneingeschränkt empfehlen.

|The sign of four, ca. 1888
128 Minuten auf 2 CDs|

A. Conan Doyle & Herman Cyril McNeile – Geheimsache Styles Court (Sherlock Holmes Folge 55)

Ein Bauer als Maulwurf

Gibt es wirklich einen „Maulwurf“ unter den Delegierten, die sich regelmäßig für politische Konferenzen im alten Haus Styles Court zusammenfinden? Sir James Lillybrook sucht den Meisterdetektiv auf, weil vertrauliche Informationen trotz lückenloser Bewachung auf mysteriöse Weise nach außen gedrungen sind. Holmes begibt sich unverzüglich auf Spurensuche … (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 14 Jahren.

Die Serie wurde mit dem „Blauen Karfunkel“ der Deutschen Sherlock Holmes-Gesellschaft ausgezeichnet.
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M. R. James – Zimmer 13 (Gruselkabinett 92)

Bürgerschreck im Parkhotel: Hohngelächter, Schattenspiele

An einem Sommertag des Jahres 1929 erzählt Victor Anderson seinem Cousin John von einem unheimlichen Erlebnis, welcher er in der dänischen Stadt Viborg im historischen Hotel „Goldener Löwe“ während eines Forschungsaufenthaltes hatte… (abgewandelte Verlagsinfo)
Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 14 Jahren.

Der Autor

Montague Rhodes James (1862-1936) war ein englischer Altertumsforscher und Autor von Geistergeschichten. Außerdem war er Provost von Cambridge University und Eton College. Der Öffentlichkeit bekannt wurde James ab 1894 durch seine Geistergeschichten, wobei er sich auf zahlreichen Reisen auf dem europäischen Kontinent Anregungen holte. Seine profunden historischen Kenntnisse, die er in seine Erzählungen einfließen ließ, geben diesen einen Anstrich von Authentizität.

James bediente sich häufig der Elemente von „klassischen“ Geistergeschichten und perfektioniert diese: Der Schauplatz ist oft eine ländliche Gegend, Kleinstadt oder eine ehrenwerte Universität mit einem verschrobenen Gelehrten als Protagonisten. Die Entdeckung eines alten Buches oder einer anderen Antiquität beschwört das Unheil oder eine dunkle Bedrohung herauf. Dabei wird das Böse eher angedeutet und der Vorstellung des Lesers überlassen, wogegen die Charaktere und der Schauplatz detailliert beschrieben werden. (Quelle: Wikipedia)

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Richard Connell – Das gefährlichste Spiel der Welt (Gruselkabinett Folge 181)

Menschenjagd auf der Teufelsinsel

In der Karibik 1924: Sie gilt als Schiffsfalle, und wer sich ihr nähert, ist dem Tode geweiht. So lauten die Gerüchte über die Insel, auf der Sanger Rainsford nach einem Sturz ins Meer Zuflucht sucht. Als er dort dem exzentrischen General Zaroff begegnet, der ein schauriges Hobby hat, stellt Rainsford mit Entsetzen fest, dass die Insel ihrem Ruf alle Ehre macht … (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt sein Hörspiel ab 14 Jahren.

Hinweise

Die Kurzgeschichte wurde 1924 in der Kategorie „Best Short Short“ mit dem O.-Henry-Preis ausgezeichnet.

Die Bezeichnung Most Dangerous Game hat im Englischen eine doppelte Bedeutung, da game einerseits für Spiel, andererseits für jagdbares Wild steht. Zaroff bezeichnet gegenüber Rainsford die Menschenjagd einmal als Spiel, als Schach im Freien, und er sieht den Menschen als gefährlichstes Wild an, da dieser über ein Gehirn verfüge, das dem des Jägers ebenbürtig sei.

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F.G. Loring – Sarahs Grabmal (Gruselkabinett Folge 182)

Die Lady aus der Gruft

Hagarstone 1841: Entgegen der eingravierten Warnung auf einer pompösen Grabplatte, die Totenruhe der dort Bestatteten keinesfalls zu stören, beginnt eine Gruppe Kirchen-Restaurateure damit, das Grabmal innerhalb des Gotteshauses zu versetzen. Ein bestialisch stinkender Nebel und das nächtliche Geheul eines Hundes sind die unheimlichen Folgen. Bald bemerken die Männer, dass der Leichnam in der Ruhestätte von Tag zu Tag frischer auf sie wirkt … (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt sein Hörspiel ab 14 Jahren.

Der Autor
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Gruppe & McNeile – Sherlock Holmes – Der Mann im Speisewagen (Folge 56)


Holmes und Watson als Code-Knacker

Während einer Zugfahrt kommt Philip Hardy in den Besitz eines geheimnisvollen Codes, den er nicht zu deuten weiß. Seither wird er von vier undurchsichtigen Männern verfolgt und schließlich sogar niedergeschlagen. Aus Angst um sein Leben vertraut sich Hardy dem Meisterdetektiv an… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt sein Hörspiel ab 14 Jahren.

Die Serie wurde mit dem „Blauen Karfunkel“ der Deutschen Sherlock Holmes-Gesellschaft und dem HÖRKULES ausgezeichnet.
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Sir Gilbert Campbell – Der weiße Wolf von Kostopchin (Gruselkabinett Folge 107)


Die dämonische Frau

Im strengen Winter 1845 wird das Gut Kostopchin von einem Wolfsrudel heimgesucht. Im Grenzland zwischen Polen und Russland sind die Winter hart, bitterkalt, schneereich und lang. Und manche Geschöpfe der Nacht wissen dies geschickt für ihre Zwecke zu nutzen … Weil er beim russischen Zaren in Ungnade gefallen ist, wird der Edelmann Pawel Sergejewitsch auf das einsame Gut Kostopchin verbannt. Dort stößt der passionierte Jäger auf die Spur eines weißen Wolfes. Als einige Bewohner der Umgebung gewaltsam zu Tode kommen, beginnt die Jagd auf das vermeintliche Untier. Es wird eine Jagd mit ungewöhnlichem Ausgang.

Der Verlag empfiehlt sein Hörspiel ab 14 Jahren.
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Leroux, Gaston / Gruppe, Marc – Phantom der Oper, Das (Gruselkabinett 4)

_Egoistisch: das Monster in seinem Labyrinth_

Frankreich 1880: In der Pariser Oper treibt ein Phantom sein Unwesen. Niemand kennt sein Gesicht, das stets hinter einer Maske verborgen bleibt. Die neuen Direktoren der Oper erkennen schnell, dass es sehr gefährlich ist, sich den Wünschen des Phantoms zu widersetzen. Als die vom Phantom protegierte Sängerin Christine Daaé ihrer Jugendliebe Raoul de Chagny wiederbegegnet, bahnt sich eine Katastrophe an. In den Katakomben unter der Oper kommt es zur Demaskierung des Phantoms …

_Der Autor_

Der Franzose Gaston Leroux (1868-1927) war mit seinem Roman „La mystère de chambre jaune“ (1908) ein Pionier des „Locked room mysterys“, einer cleveren Unterkategorie des Detektivromans. Bekannter ist er jedoch für „Le fantome de l’Opera“, das 1908 erschien. Obwohl es nichts Übernatürliches im Text gibt, so scheint doch die aufgeladene Grand-Guignol-Atmosphäre des Stückes auf eine nicht natürliche Lösung des Rätsels hinzuweisen. Leroux versicherte seinen Lesern jedoch, die Geschichte basiere auf Fakten. In den zwei Dekaden von 1904 bis 1924 schrieb Leroux etliche Romane mit phantastischem Einschlag.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Rollen und ihre Sprecher:

Gaston Leroux: Herbert Schäfer
Madame Giry: Dagmar von Kurmin
Christine Daaé: Marie Bierstedt (Kirsten Dunst („Spider-Man“), Kate Beckinsale und Natalie Portman)
Das Phantom Eric: Torsten Michaelis (Wesley Snipes, Sean Bean)
La Carlotta, die Diva: Ursula Heyer (Charlotte Rampling, Claudia Cardinale, Gena Rowlands und natürlich Joan Collins als Denver-Biest „Alexis Carrington-Colby-Dexter“)
Der Perser: Jürg Löw
Raoul de Chagny: Patrick Winczewski (Hugh Grant, Tom Cruise)
Philippe, sein Bruder: Charles Rettinghaus (Jean-Claude van Damme, Robert Downey jr.)
Poligny: Heinz Ostermann (Kammerschauspieler)
Moncharmin: Detlef Bierstedt (Bill Pullman, George Clooney, Robert Englund, Jonathan Frakes)
Richard: Joachim Tennstedt (John Malkovich, Mickey Rourke, James Belushi, Michael Keaton …)
Meg Giry: Heide Jablonka
Mathilde: Arianne Borbach (Catherine Zeta-Jones, Diane Lane, „B’Elanna“ in „Star Trek Voyager“)
Garderobiere: Dagmar Altrichter (Ingrid Bergman, Angela Lansbury)
Monsieur Daaé, Geiger: Christian Rode (Michael Caine, Christopher Plummer, Telly „Kojak“ Savalas)
Christine als Kind: Charlotte Mertens
Raoul als Kind: Lucas Mertens

Marc Gruppe schrieb wie stets das Buch und gemeinsam mit Stephan Bosenius setzte er es um. Die Aufnahme fand im Studio AudioCue, Rotor Musikproduktion, Scenario Studio und bei Kazuya statt. Die Illustration stammt von Firuz Askin.

_Handlung_

Der Journalist Gaston Leroux ruft bei der Pariser Oper an: Nein, es gebe kein Phantom und habe auch nie eines gegeben. Doch er erhält einen Anruf, in dem genau das Gegenteil behauptet wird. Die Dame bittet ihn zu sich. Madame Giry lebt zurückgezogen in einem Klosterstift. Die alte Dame kannte das Phantom, denn sie war seine frühere Logenschließerin. Das Phantom hat sich die Loge Nr. 5 reservieren lassen und gab ihr stets ein gutes Trinkgeld, wenn sie seine Wünsche berücksichtigte. Die Direktion der Oper wusste davon und erlaubte es. Im Jahr 1880 trat die Giry ihre Stelle an und entwickelte ein Vertrauensverhältnis zu dem Mann, den sie nie zu Gesicht bekam. Der einzige andere Mensch, der das von sich behaupten konnte, war Christine Daaé, die Sängerin, deren Mentor und Ausbilder das Phantom wurde. Doch eines Tages veränderte sich alles …

Monsieur Poligny übergibt die Leitung der Pariser Oper an die Herren Moncharmin und Richard. Allerdings hat er zwei erstaunliche Bedingungen und er warnt die neuen Direktoren vor den Folgen, wenn diese nicht erfüllt würden. Erstens bleibt die Loge Nr. 5 für das Phantom reserviert und zweitens sei der Pachtvertrag zu erfüllen, der dem Phantom monatliche Bezüge zusichert. Die beiden Herren überwinden ihr Erstaunen und lehnen die Bedingungen rundweg und mit größtem Spott ab. Unheil zieht herauf.

Als Erstes steht Gounods Oper „Faust“ auf dem Programm, und Ballerinen und Sängerinnen proben fleißig. Die italienische Diva La Carlotta tut mal wieder dicke, denn sie fühle sich in ihrer Ruhe gestört. Über das Phantom, von dem die Kolleginnen tuscheln, spottet sie nur. Da ertönt ein Schrei, und Madame Giry hat die an einem Seil baumelnde Leiche des Bühnenbauers Joseph entdeckt. Kurz darauf warnt das Phantom La Carlotta davor, den Part der Margarethe zu singen. Die Diva beschwert sich bei den Direktoren und darf natürlich auftreten. Denn auch die Direktoren haben einen Brief erhalten, in dem das Phantom auf die zwei bekannten Bedingungen pocht und noch eine weitere hinzufügt: Christine Daaé solle die Margarethe singen. Sie lehnen empört ab.

Premierenabend. Zwei Akte hat das Ensemble bereits erfolgreich bewältigt, da folgt die Katastrophe: Der hochbezahlten Kehle der La Carlotta entringt sich nur ein lächerliches Krächzen. Das Publikum lacht sie aus und sie flieht von der Bühne. Was nun, fragen sich die Direktoren. Das Phantom präsentiert die Lösung: Christine Daaé könne sofort einspringen. Ist okay, und Christines Auftritt wird ein akustischer Triumph. Das Publikum ist ebenso entzückt wie die Direktoren. Der Abend scheint gerettet. Aber wo zum Kuckuck hat die Daaé so gut singen gelernt?

Ein alter Bekannter des Phantoms und Stammgast der Oper ist der Perser. Er führt die beiden adeligen jungen Männer Raoul und Philippe de Chagny zu den Garderoben der Künstlerinnen, die wie stets belagert sind. Raoul erkennt in Christine Daaé seine Jugendliebe wieder und möchte sie natürlich wiedersehen. Doch er stößt auf ein Rätsel. Erst freut sie sich, dann weist sie ihn ab, aber sie wolle ihm schreiben. Hinter der verschlossenen Tür hört er eine Männerstimme! Christine nennt den Mann ihren „Meister“ und gelobt ihm Treue und Gehorsam. Als sie die Garderobe verlässt, schaut Raoul heimlich hinein: Keiner da. In ihrem Brief vereinbart Christine ein heimliches Treffen auf dem baldigen Maskenball.

Doch ihr Treffen bleibt keineswegs unbemerkt. Eine Gestalt, die als der Tod auftritt und ganz in Scharlachrot gewandet ist, folgt den beiden Turteltäubchen bis hinauf aufs Dach der Oper. Während sie einander Liebesschwüre zuflüstern, erkennt das Phantom Christines Verrat. Dafür soll sie büßen.

Schon in der nächsten Vorstellung der Oper kommt es zu einer Katastrophe. Der Kronleuchter stürzt ins Publikum. Doch von der Panik und den Schreien merkt Christine in ihrer Garderobe anscheinend nichts. Raoul, der zu ihr eilt, merkt verwundert, dass sie durch den Spiegel verschwindet. Wie seltsam! Doch der Perser und Philippe wissen Rat. Das Phantom habe das Mädchen in die Keller, Tunnel und Katakomben entführt, die den umfangreichen Untergrund der riesigen Oper durchziehen.

Bewaffnet mit Degen und einer einzigen Lampe betreten die drei Männer das Labyrinth des Phantoms. Unterdessen verfolgt der Herrscher dieser Unterwelt seine eigenen Pläne mit seiner schönen Beute …

_Mein Eindruck_

Bestimmte Szenen wie der Auftritt des Phantoms als scharlachroter Tod, der an Poes Geschichte „Die Maske des Roten Todes“ (1842) erinnert, sowie das Abreißen der Gesichtsmaske sind mittlerweile unverzichtbarer Teil der Bildsprache des phantastischen Films und des Horror-Genres. Die Geschichte als Ganzes ist eine zentrale „urbane Phantasie“, die nur in der großen Stadt auftreten kann, wo es stets auch eine umfangreiche Unterwelt gibt.

|Minotaurus|

Auch an die Sage vom Minotaurus erinnert mich das Ungeheuer, das im Labyrinth herrscht. Und Christine verschwindet durch einen (präparierten) Spiegel in eine Anderswelt, genau wie die Alice von Lewis Carroll es vor ihr tat. Unterdessen stürzen die Retter des Mädchens von einer Falle in die nächste und müssen erkennen, dass sie es mit einem durchtriebenen Architekten von Folterkammern zu tun haben. Der Perser, der das Phantom schon seit Jahren kennt, erzählt den beiden Chagnys die Geschichte von Erik, dem heutigen Phantom der Oper. Er erbaute einst dem Schah von Persien Folterkammern und Geheimgänge.

|Unterwelt|

Diese Unterwelt hat ihren eigenen „Totensee“, über den das Phantom in der Art des antiken Fährmanns über den Styx in der griechischen Unterwelt das Mädchen übersetzt. Doch diese Unterwelt bietet nicht nur Kälte, sondern auch Hitze. Die Retter sind in einer Kammer gefangen, die ihnen die Illusion vermittelt, sich mitten in der heißen Wüste zu befinden – geradezu der Prototyp einer virtuellen Welt, wie es heute von „Second Life“ verkörpert wird.

|Second Life des Don Juan|

Eine weitere Illusion ist das Himmelbett, das Christine zu ihrer Wohnstatt nehmen soll. Unterdessen legt sich das Phantom, quasi als lebender Toter, zum Schlafen in einen bequemen Sarg. Diese Anklänge an Vampirlegenden beflügeln die Phantasie des Lesers bzw. Hörers ebenso wie sie Christine Daaé Todesangst einjagen.

Dabei ahnt sie noch nicht einmal etwas von den Sprengstofffässern unter den Tunneln, die das Phantom durch einen einfachen Hebeldruck zünden kann. Es lässt Christine sogar zwischen zwei solchen Hebeln wählen, was ich etwas widersinnig finde. Hat es sie nicht entführt, um ihre Gesellschaft zu genießen? Er schreibt an einer Oper namens „Don Juans Triumph“, sieht sich wahrscheinlich selbst in der Titelrolle. Dann müsste er aber Christine am Leben lassen. Es sei denn, sein Selbsthass bringt ihn dazu, die ganze Welt mit sich in den Abgrund zu reißen.

|Schönheits-Maske|

Der zentrale Konflikt besteht jedoch darin, dass die Liebe, die das Phantom von Christine begehrt, an Schönheit gebunden ist. Von der hässlichen Fratze, die sie unter seine Maske erblicken muss, ist sie jedenfalls abgestoßen. Am Ende hat sie immerhin Mitgefühl für den Träger dieses angeborenen (keineswegs künstlich zerstörten!) Gesichts übrig – und kann ihn so erlösen. Sie ist eine christliche Madonnengestalt. Ihr Problem ist, dass sie einen falschen Herrn anbeten und ihm dienen muss. Raoul bedeutet für sie die Rettung aus dieser wohlwollenden Knechtschaft.

|Binärsystem|

In der ganzen Auseinandersetzung hat der Autor den Konflikt zwischen Kunst und Leben, dem schönen Anschein und der hässlichen Fratze darunter, also der Verlogenheit der Kunst zusammen- und in Bilder gefasst. Diese Szenen wirkten noch lange nach, und die Zahl der Verfilmungen des vermeintlichen Horrorstoffs sind mittlerweile Legion. Die Maskenballszene bildet aber auch die vertikale Trennung wider, die zwischen den Schönen und Reichen oben und den Armen und Hässlichen unten herrscht. Christine, die bürgerliche Tochter eines Geigers, lebt genau auf der Grenze, und deshalb entbrennt der Kampf um ihre Zukunft. So betrachtet ist die Geschichte des Phantoms auch die Geschichte eines Klassenkampfes.

|Die Sprecher / Die Inszenierung|

„Das Phantom der Oper“ ist nicht nur Kino für die Ohren, sondern auch noch Hollywoodkino. Denn hier sprechen nicht irgendwelche Sprecher, sondern die deutschen Stimmen bekannter Stars aus der internationalen Filmgeschichte – siehe oben. Dass diese Profis eine solide Performance abliefern, versteht sich fast von selbst, und ich war meist entsprechend zufrieden.

Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Lob. Zunächst ist die Stimme des Phantoms etwas gewöhnungsbedürftig. Torsten Michaelis (deutsche Stimme von Wesley Snipes, Sean Bean u. a.) spricht sehr tief und langsam, so dass seine Worte oft drohend klingen, immer aber sehr autoritär, selten sanft. Wie will er damit das Herz seines Schützlings Christine erobern, fragt man sich. Etwas mehr Dynamik statt Langsamkeit hätte seinem Auftritt gutgetan. Es ist ja nicht so, als hätte das Phantom einen Sprachfehler.

Die zweite Herausforderung an die Ohren des Zuhörers stellt La Carlotta dar. Man muss sich Ursula Heyer stets als Denver-Clan-Biest Alexis vorstellen, doch diesmal geht sie meines Erachtens wirklich zu weit. Mit ihrem Gebrüll vor den beiden Direktoren entledigt sie sich jeder Würde, die einer Diva angemessen wäre, und begibt sich auf die Ebene keifender Waschweiber hinab.

Am allerbesten gefiel mir die sanfte und weise Madame Giry, gesprochen von Dagmar von Kurmin. Auch Herbert Schäfer, der den Gaston Leroux, und Peter Winczewski, der den Raoul spricht, haben mir gut gefallen. Doch Marie Bierstedt als junges Seelchen Christine drückt zu penetrant auf die Tränendrüse, wimmert, jammert und fleht zum Steinerweichen. Dieses Übermaß an Emotionen war mir nach einer Weile denn doch zu viel. Das trifft auch auf das nervende Kichern und Lachen der Damen auf dem Maskenball zu.

Außerdem fand ich Christines Sinneswandel, den sie auf dem Dach der Oper gegenüber Raoul an den Tag legt, wenig plausibel. Gerade noch die treue Dienerin ihres Mentors, ist sie in der nächste Minute schon Raouls wiedergefundene Jugendliebe. Ach was: „Jugendliebe“! Sie waren, wie die Rückblende belegt, erst Kinder, als sie einander kennen lernten – und jetzt, mindestens zehn Jahre später, lieben sie sich immer noch?

Sowohl Sprechdarstellung als auch Dramaturgie haben Ecken und Kanten, die mit ein klein wenig mehr Mühe und Zeit hätten beseitigt werden können. So bleibt ein störend unfertiger Eindruck zurück.

|Geräusche und Musik|

Das gilt jedoch nicht für Geräusche und Musik. Das zweite konstante Merkmal der „Gruselkabinett“-Inszenierungen – man könnte sie auch Grusicals nennen – besteht darin, alle Geräusche sehr realistisch und glaubwürdig zu gestalten, aber sich dabei stets an die Vorgaben des Horrorgenres zu halten. Wenn es also Nacht ist und Furcht und Grauen angesagt sind, so rollen zwei oder drei Donnerschläge über den Himmel, um den Hörer wissen zu lassen, dass die Mächte des Schicksals umgehen. Gleich wird etwas Schreckliches geschehen, so viel ist klar.

Da der Schauplatz in der Stadt liegt, fehlen diesmal Naturgeräusche fast völlig. Nur um Madame Giry scheinen im Park Heerscharen von Vögeln sich die Seele aus dem Leib zu zwitschern. Die Kichturmuhr des Klosters schlägt dazu die Stunde. Dies ist die Verkörperung des alten, weitgehend verschwundenen, ländlichen Frankreich, das mit dem städtischen und künstlichen Kosmos der Oper und ihren Katakomben – das Phantom hat sie selbst geplant und mitgebaut – kontrastiert. Ein weiteres von vielen Gegensatzpaaren in diesem sorgfältig konstruierten Text.

Die Geräusche der Unterwelt erinnerten mich an das viktorianische Zeitalter und dessen Vorliebe für Fallen, Scheintüren, Geheimgänge. Die vom Phantom geschaffene Unterwelt ist labyrinthisch und somit bedrohlich, passend zum Horrorgenre. Die Geräusche sind häufig metallisch oder steinern und die Stimmen mitunter von Hall verstärkt. Außerdem habe ich beim Auftreten des Phantoms zweimal die Nutzung eines Stereoeffektes bemerkt. Dieser imitiert die Bewegung von der einen zu anderen Seite der Hörraumes, den sich der Hörer automatisch im Kopf vorgestellt.

Die Musik ist wie fast jede andere Filmmusik nach konventionellem Muster gestaltet, und niemand, der auf alte Gruselfilme steht, wird sich daran stören. Die Musik lenkt die Emotionen auf subtile, aber wirkungsvolle Weise. Die Musik ist diesmal natürlich an den theatralischen Gestus der Oper angepasst. Andrew Lloyd Webber lässt schön grüßen. Mehrmals werden Motive aus klassischen Opern oder Symphonien eingeblendet – durchaus passend, wie ich finde. Aber andererseits bin ich kein Kenner klassischer Musik und kann nicht für die Güte der verwendeten Soundbites bürgen. Manchmal ist das Beste, was man über Hintergrundmusik sagen kann, dies, dass man sie nicht bemerkt. So ist es auch hier.

_Unterm Strich_

Die Veröffentlichung dieses grundlegenden Textes jährt sich 2008 zum hundertsten Mal, und ich hoffe, dass es eine Menge Aufführungen von Verfilmungen und Musical-Versionen, etwa von Webber, geben wird. Die Geschichte hat es nämlich wirklich verdient. Sie macht Aussagen über die Gegensatzpaare Kunst und Leben, Echtheit und schöner Schein, Schönheit und Hässlichkeit, Reich und Arm, Vergangenheit und Zukunft, Liebe und Hass, Alt und Jung, Stadt und Land und noch vieles mehr. Eine wahre Fundgrube für einen Literaturwissenschaftler, eine sprudelnde Quelle urbaner Phantasien.

Die Umsetzung als Hörspiel hinterließ bei mir den Eindruck, als sei das Stück nur zu 99 Prozent fertig geworden. Es gibt Ecken und Kanten – siehe oben. Mehrere Übertreibungen in den Darbietungen der Sprecher gingen mir ebenso auf den Wecker wie zu dick aufgetragene Lachgeräusche im Vorder- und Hintergrund. Die Musik, meist Beispiele klassischer Opern, wie mir scheint, fand ich hingegen durchweg passend.

So bleibt ein zwiespältiger Eindruck zurück: Ausgangstext top, aber Umsetzung suboptimal.

|Lesetipp:|

Leroux‘ Originaltext sowieso, aber auch Frederick Forsythes Fortsetzung „Das Phantom von Manhattan“.

|78 Minuten auf 1 CD|

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_Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:_

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

Robert Louis Stevenson / Marc Gruppe – Dr. Jekyll und Mr. Hyde (Gruselkabinett 10)

Das Monster von Whitechapel – ein Arzt?!

London 1888. Eine Bestie in Menschengestalt, die sich Edward Hyde nennt, verbreitet im Elendsviertel Whitechapel Angst und Schrecken. Niemals hätte der angesehene Anwalt Gabriel J. Utterson daran zu glauben gewagt, dass einer seiner besten Freunde, der Mediziner Dr. Henry Jekyll, in irgendeiner Beziehung zu den von Hyde verübten Untaten steht. Als er einem diesbezüglichen Hinweis nachgeht, kommt er einer tragischen Geschichte auf die Spur …
Robert Louis Stevenson / Marc Gruppe – Dr. Jekyll und Mr. Hyde (Gruselkabinett 10) weiterlesen

Wallace, Edgar / Gruppe, Marc – indische Tuch, Das (Krimi-Klassiker 1)

_Adel vernichtet: Der Mörder ist nicht der Gärtner_

England 1928: Ein Halstuch-Mörder, der seine Opfer stets mit einem indischen Seidentuch stranguliert, treibt sein Unwesen auf dem düsteren Schloss Marks Priory. Die adelsstolze Lady Lebanon, ihr Sohn Lord Willie und ihre Angestellten scheinen eine Menge vor Scotland Yard zu verheimlichen. Wer von ihnen ist der unheimliche Halstuch-Mörder – und wer sein nächstes Opfer?

_Der Autor_

Edgar (Richard Horatio) Wallace, 1875 bis 1932, war ein britischer Schriftsteller, Bühnenautor und Herausgeber, der für seine Thriller am bekanntesten ist. Wallace erwarb Kenntnisse im Burenkrieg, in dem ab 1905 in Südafrika Engländer gegen die ursprünglichen niederländischen Siedler, die Buren, kämpften. Diese Kenntnisse wandte er mehrfach in seinen Werken an, so etwa auch in der Erzählung „Die blaue Hand“, aber auch in mehreren Romanen, die in der Zukunft spielen.

Er arbeitete als Drehbuchautor in Hollywood, u. a. auch an „King Kong“ (1932), obwohl sein Beitrag wohl recht klein war, denn die Romanfassung schrieb nicht er, sondern Delos Wheeler Lovelace (1894-1967). Aber von ihm stammt das Drehbuch für den Horrorfilm „The Table“, der 1936 von Robert G. Curtis gedreht wurde.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Rollen und ihre Sprecher:

Chief Inspector Tanner: Lothar Didjurgis
Detective Sergeant Totty: Herbert Schäfer
Lady Lebanon: Dagmar von Kurmin
Lord Willie Lebanon, ihr Sohn: Daniel Werner
Isla Crane, ihre Sekretärin: Manja Doering (Reese Witherspoon, Natalie Portman)
Dr. Amersham: Christian Rode (Michael Caine, Christopher Plummer)
Gilder, Butler im Hause Lebanon: Jürg Löw
John Tilling, Parkwächter der Lebanons: Gero Wachholz
Joan Tilling, seine Frau: Dörte Lyssewski (Cate Blanchett als „Galadriel“)
Studd, Chauffeur: Jens Hajek

Marc Gruppe schrieb wie stets das Buch und gemeinsam mit Stephan Bosenius setzte er es um. Die Aufnahme fand bei |Bionic Beats| statt.

_Handlung_

England im trüben September 1928: Chief Inspector Tanner, der uns den Fall erzählt, und Detective Sergeant Totty von Scotland Yard ermitteln auf dem düsteren Schloss Marks Priory in Sachen Mord. Das Schloss ist der Sitz der tausend Jahre alten Familie der Lebanons. Ihr Chauffeur wurde mit einem indischen Halstuch erdrosselt und im Park gefunden.

Während Tanner vom amerikanischen (!) Butler Gilder empfangen wird, begibt sich Totty zu Joan Tilling, der Frau des Parkwächters. Offenbar hatte sie den Ermordeten als Vorletzte lebend gesehen. Sie ist eine sehr attraktive und verführerische Frau und gesteht ohne Umschweife, dass sie mit dem Fahrer Studd eine Affäre hatte. Gleichzeitig interessierte sich auch Dr. Amersham für sie. So, so, und wo war der werte Gatte von Mrs. Tilling während des Stelldicheins mit Studd? Während sie Totty Avancen macht, behauptet sie, ihr Mann sei fort gewesen, doch das stellt sich schnell als Lüge heraus. Sie will ihm bloß ein Alibi geben. Sie hatte vor, mit Studd durchzubrennen.

Unterdessen spricht sein Vorgesetzter Tanner mit der Herrscherin dieses Schlosses, Lady Lebanon. Sie verbirgt etwas, aber was? Auch ihr Sohn Willie, der jetzige Lord Lebanon, scheint ihm kein Hundertprozentiger zu sein. Dann sind da noch der kräftige und ständig (für die Lady) spionierende Butler Gilder und zu guter Letzt noch Isla Crane, eine entfernte Verwandte der Lebanons, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt.

Das größte Rätsel stellt jedoch der mysteriöse Arzt Amersham dar. Der Mann ist ein richtiges Ekelpaket, tut arrogant und abweisend. Er logiert im Schloss, obwohl, so weit Tanner sehen kann, niemand krank ist. Und dennoch fährt er mit einem teuren Sportwagen vor, muss also gut betucht sein. Wie passt all dies zusammen? Und wie Totty ja erfahren hat, hat es Amersham auch auf Joan Tilling abgesehen, die Frau des cholerischen Parkwächters. Amersham ist also obendrein noch ein Schürzenjäger. Solche Leute sorgen generell für Unruhe. Zufällig „findet“ Tanner im Handschuhfach von Amershams Sportwagen ein Halstuch. Indisch, wie an dem metallenen Emblem abzulesen ist.

|Das verbotene Zimmer|

Nach einem weiteren Todesfall kommt Tanner nicht um eine Hausdurchsuchung herum. Dabei stößt er im ersten Obergeschoss auf ein verschlossenes Zimmer. Die Lady behauptet, es handle sich nur um eine Abstellkammer. So, so, aber warum ist sie dann mit einer schweren Eichentür gesichert und der Schlüssel unauffindbar? Haben Mylady etwas vor Scotland Yard zu verbergen? Im Streit um dieses Zimmer schaltet die Herrscherin auf stur, was die Entwicklung der Dinge zu einer entscheidenden Krise treibt.

Da vermisst Sergeant Totty seinen Dienstrevolver …

_Mein Eindruck_

Die Handlung des Stückes beschränkt sich beileibe nicht nur auf die Ermittlung, so wie das in den meisten Sherlock-Holmes-Geschichten der Fall wäre. Der Ermittlung steht vielmehr auch eine innerfamiliäre Entwicklung gegenüber, die unweigerlich zu weiteren Opfern führen wird – und zwar noch während die Ermittlung im Gange ist! Diesmal wird der Fall nicht post factum betrachtet, sondern perfiderweise trägt die Ermittlung dazu bei, dass es zu weiteren Opfern kommt. Die Ermittler erhöhen den psychischen Druck auf die Familie Lebanon sowie auf den zwielichtigen Dr. Amersham, bis der Druck nicht mehr auszuhalten ist. Insofern erweist sich Wallace moderner als Doyle, der Erfinder von Sherlock Holmes.

Dass es zu weiteren Opfern kommt, ist auch kein Wunder, denn schließlich hat Mylady etwas ganz Wichtiges zu verbergen, ein Geheimnis, für das sie Dr. Amersham braucht. Das nutzt dieser Schurke natürlich schamlos aus und lässt sich sein Schweigen gut bezahlen. Aber auch Isla Crane muss die Klappe halten, denn Myladys Schecks helfen auch ihrer verwitweten Mutter, über die Runden zu kommen. Nur einer braucht nicht die Klappe zu halten, und das ist der junge Lord. Deshalb erwartet man jederzeit, auch ihn unter den Opfern des unbekannten Halstuchmörders zu finden. Doch es gibt einen wichtigen Hinderungsgrund, der ihn schützt: Er ist der letzte und einzige Erbe des Vermögens der Lebanons.

Erstaunlich hoch ist der sinnliche Gehalt dieses Stücks. Joan Tilling macht sich wie erwähnt nicht nur an Studd heran – hier sind eine Reihe recht feuchter Küsse zu hören – sondern auch an Sergeant Totty, den sie zu umgarnen versucht. Das Greenhorn Totty hingegen hat bald nur noch Augen für die schöne, junge Isla Crane, der er auch bald hilfreich beispringen darf. Und dann gibt es ja noch den Oberschürzenjäger vom Dienst: Dr. Amersham. In einer wirklich nervenaufreibenden Szene bedrängt er die arme Isla Crane auf schamloseste Weise, dass man erwartet, sie sofort Zeter und Mordio schreien zu hören. Erst der herbeigerufene Butler Gilder wirft den „dirty doctor“ hinaus. Dem wünschen wir nicht nur die Krätze an den Hals, sondern auch ein indisches Halstuch …

|Die Sprecher / Die Inszenierung|

„Das indische Tuch“ ist nicht nur Kino für die Ohren, sondern auch noch Hollywoodkino. Denn hier sprechen nicht irgendwelche Sprecher, sondern gestandene Schauspieler und die deutschen Stimmen bekannter Stars aus der Filmgeschichte – siehe oben. Dass diese Profis eine solide Performance abliefern, versteht sich fast von selbst, und ich war entsprechend zufrieden. Insbesondere gefielen mir Dagmar von Kurmin als die tyrannische Lady Lebanon und Lothar Didjurgis als durchtriebener und standhafter Inspector Tanner. Christian Rode als Dr. Amersham ist uns aus zahlreichen Kinofilmen bekannt.

Solche geübten und prestigeträchtigen Sprecher und Sprecherinnen einzusetzen, gehört zum Marketing von Marc Gruppe bzw. |Titania Medien|. Hinzu kommen jeweils traditionsreiche Schauergeschichten, die den nötigen emotionalen Rahmen für die Entfaltung solcher Stimmtalente liefern. Zu Anfang waren es eher Thriller von Edgar Wallace und Arthur Conan Doyle (Sherlock Holmes), doch mittlerweile wagt sich Marc Gruppe an die Klassiker wie „Frankenstein“ und [„Dracula“ 3489 heran.

|Geräusche und Musik|

Das zweite konstante Merkmal der |Titania|-Inszenierungen besteht darin, alle Geräusche sehr realistisch und glaubwürdig zu gestalten, aber sich dabei stets an die Vorgaben des jeweiligen Genres zu halten. Der PROLOG beispielsweise spielt zum Teil in Indien. Folglich hören wir tropische Dschungelgeräusche wie etwa Vögel. Zu dem Ambiente des englischen Schlosses gehören schlagende Standuhren und prasselnde Kaminfeuer, draußen im Park pfeifen sich die Vögel hörbar die gute englische Luft rein. Auffällig ist immer wieder, mit welcher Sorgfalt das Kommen und Gehen von Figuren angedeutet wird – einfach durch die Manipulation der Lautstärke, weniger durch die Ausnutzung von Stereokanälen.

Die Musik ist wie fast jede andere Filmmusik nach konventionellem Muster gestaltet, und niemand, der auf alte Edgar-Wallace-Verfilmungen steht, wird sich daran stören. Die Musik lenkt die Emotionen auf subtile, aber wirkungsvolle Weise. Das verwendete Instrumentarium ist zunächst das der modernen Klassik, in der Rhythmus und Tonharmonie nicht mehr hundertprozentig strikt eingehalten werden – kein Vergleich mit Mozart oder Beethoven.

Einen harten Kontrast dazu liefert die indische Tropenszene, als Amersham Lord Williie aus dem indischen „Exil“ holt. Plötzlich dröhnen Dschungeltrommeln, tiefe Posaunen und kreischende Trompeten aus den Lautsprechern. Ich dachte sofort an die deutschen Indienklassiker mit Paul Hubschmid, darunter besonders „Der Tiger von Eschnapur“. Die restliche Handlung kommt mit wenig Musik aus. Kein Wunder, denn es gibt sehr viel Dialog zu präsentieren.

_Unterm Strich_

„Das indische Tuch“ wurde sogar mit Klaus Kinski, Eddi Arent, Hans Clarin und Heinz Drache verfilmt. Das verwundert wenig, denn hier handelt es sich nicht nur um die übliche Scotland-Yard-Ermittlung à la Sherlock Holmes, sondern auch um ein familiäres Drama. Hinzu kommen erotische Aspekte, die keineswegs immer positiv für die betroffenen Figuren ausfallen.

Man sieht also, dass die Macher hier eine explosive und komplexe Mischung von Elementen unter einen Hut bringen mussten. Es ist eine Story über den Untergang eines alten Adelsgeschlechts. Aber wie so oft in den entsprechenden Verfilmungen gesehen, kommt es dabei zu finsteren Geheimnissen und blutigen Verbrechen. Dieser kulturell-soziale Hintergrund lässt sich heute nur noch in Parodien wie „Der Wixxer“ verwenden, ansonsten ist uns diese Welt schon sehr fremd geworden.

Der Hörer muss aufgrund der häufigen und unvermittelt auftretenden Szenenwechsel genau aufpassen, was vor sich geht, wer auf- und wer abtritt, so also würde einer Bühne zusehen. Am Aufbau dieser Szenen verrät sich der Bühnenautor Wallace (s. o. Autorennotiz). Besonders am Schluss ist es unabdingbar, genau hinzuhören, wer was an Informationen liefert. Ein Schuss fällt, ein Körper prallt auf! Schon wieder ein Opfer – oder ist es diesmal der Täter? Selber hören!

Die Hörspielmacher setzen wie stets bekannte Stimmen von Hollywoodmimen ein, und mit der gehörigen Portion Geräusche und Musik wird ein Kinofilm für die Ohren daraus. Leider haben „Das indische Halstuch“ und „Die blaue Hand“ nicht die gewünschte Abnehmerzahl gefunden. Und so stieg |Titania Medien| auf die Produktion von Sherlock-Holmes-Geschichten um. Doch auf diesem Markt tummeln sich bereits fast ein Dutzend Hörstudios, weil die Geschichten lizenzfrei zu verwenden sind. Deshalb ist es zu begrüßen, dass im „Gruselkabinett“ mittlerweile große Erfolge erzielt werden. Entsprechende Auszeichnungen und Absatzzahlen bestätigen diese Produktstrategie.

|123 Minuten auf 2 CDs|

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Charles Webster Leadbater – Das ägyptische Parfüm (Gruselkabinett 103)

Zwei Schatzsucher erlösen einen Geist

London 1932: Der Anwalt Thomas Keston hat, nachdem er ferne Länder – unter anderem Ägypten – bereist hat, nach Abschluss seines Studiums in London eine bescheidene Kammer bezogen und hält sich mit dem Verfassen von Artikeln für diverse Fachzeitschriften mehr schlecht als recht über Wasser. Eines Abends hat er ein unheimliches Erlebnis, das eine ganze Kette von Ereignissen nach sich zieht…
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Matthew Gregory Lewis – Der Mönch [Teil 1 und 2] (Gruselkabinett 80 + 81)

Grusel-Klassiker: Sündige Mönche, teuflische Pläne, edle Retter

Um die flammend vorgetragenen Predigten des charismatischen Mönchs Ambrosio in der Kirche des Kapuzinerklosters in Madrid zu hören, strömen die Gläubigen – besonders weibliche Gläubige – von weither herbei. Doch der vermeintlichen Lichtgestalt, die man allerorten schon „der Heilige“ nennt, sind auch die dunklen Seiten und Abgründe des menschlichen Charakters keinesfalls fremd, ganz im Gegenteil… (Verlagsinfo)

Zu Teil 2:

Um das durch Schlangengift gefährdete Leben Matildas zu retten, lässt sich der Mönch Ambrosio auf das Wagnis ein, sich mit ihr zu mitternächtlicher Stunde in das Grabgewölbe des Nonnenklosters Santa Clara zu schleichen. Was dort in den feuchten Katakomben geschieht, bleibt zunächst – auch wenn Ambrosio eine schlimme Ahnung beschleicht – das düstere Geheimnis der mysteriösen jungen Frau … (Verlagsinfo)

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