Das Universum von Professor JRR Tolkien ist voller Namen, die in jedem seiner zahlreichen Leser eine Saite anschlagen: poetische Namen, furchterregende, erhabene, humorvolle usw. Der wer könnte sich noch an alle Namen und ihre Bedeutungen erinnern? Dazu wäre ein Lexikon oder – noch besser – eine Enzyklopädie nötig, die dem Wissensdurstigen gleich zeigt, was er sich unter einem Namen wie „Morgul-Messer“ oder „Palantir“ vorzustellen hat.
Diese Enzyklopädie bringt Klett-Cotta unter dem Titel „Handbuch der Weisen von Mittelerde“ seit 1996 unter die Tolkien-Fangemeinde. Geschrieben wurde es von Tolkien-Übersetzer Wolfgang Krege, der sich in diese Arbeit so vertieft hat, dass der Erscheinungstermin um zwei Monate verschoben werden musste.
Die Enzyklopädie ist mit Illustrationen, Karten und Stammbäumen versehen, mit Zeichnungen von Tolkiens eigener Hand ergänzt und wurde mit Geschichten und sogar „Vorgeschichten aus drei Zeitaltern“ vervollständigt und schön im festen Einband ediert.
Unterm Strich
Insgesamt eine schöne Ergänzung der Tolkien-Sammlung eines Fans, aber irgendwie auch leicht überflüssig angesichts der Existenz der umfangreichen Ardapedia. Diese wartet mit momentan 3792 Artikeln auf.
Nach der Beendigung der letzten Dreharbeiten und Nachdrehs bekamen die Hauptdarsteller von Peter Jackson ein Erinnerungsstück überreicht: Orlando Bloom (Legolas) erhielt den schönen Galadhrim-Bogen und Elijah Wood als Frodo natürlich den originalen Einen Ring (von über einem Dutzend Kopien in allen Größen). Und was bekam Andy Serkis, der Gollum praktisch zum Leben erweckt hatte, nach fünf Jahren Arbeit? Einen blauen Lycra-Anzug… Andy Serkis & Gary Russell – Der Herr der Ringe: Gollum – auf die Leinwand gezaubert weiterlesen →
Unter die Spezialdarstellungen über die Geschichte und den dreiteiligen Film „Der Herr der Ringe“ reiht sich dieses schöne Buch ein. Hier kommen nicht nur Rollenspieler und Tolkienfans voll auf ihre Kosten. Auch Einsteiger können von den historischen Darstellungen profitieren, denn sie erklären Ursachen und Hintergründe des Ringkrieges.
„Der Hobbit“ von J.R.R. Tolkien ist eine Art Vorgeschichte zum „Herr Der Ringe“, die sich ebenfalls in der Fantasiewelt Mittelerde abspielt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass manch einem, der den „Herr Der Ringe “ bereits gelesen oder den Kinofilm gesehen hat, einige Namen und Begebenheiten bekannt vorkommen werden: So zum Beispiel der Zauberer Gandalf oder der Hobbit Bilbo, der in diesem Buch die Hauptrolle spielt. Er entschließt sich nämlich – nach vielen Tricks und Überredungskunststücken des Magiers – dazu, einen kleinen Zwergentrupp auf ein Abenteuer zu begleiten. Diese wollen zum Einsamen Berg weit hinter dem Nebelgebirge und dem Düsterwald ziehen, wo einst ihre Vorfahren lebten. Denn dort haust nun der grausame Drache Smaug, der sich all der Zwergenschätze bemächtigt hat und die Gegend dort verwüstet. Sie wollen mit Hilfe des „Meisterdiebs“ (vgl. S.29), wie sie Bilbo nennen, den Schatz ihrer Ahnen wiedererlangen und den Drachen töten. Auf der Reise begegnen ihnen mancherlei Gefahren, aber auch immer wieder eine helfende Hand und eine Portion Glück. Viele der Geschehnisse, auf die Tolkien in „Herr Der Ringe“ zurückgreift, lassen sich hier in ausführlicherer Form wiederfinden. So erfährt man zum Beispiel, wie Bilbo zu all den kostbaren Stücken, die später auch Frodo auf seiner Reise begleiten, gekommen ist. Gemeint sind Dinge wie das wertvolle Kettenhemd aus Mithril, die Elbenklinge „Stich“ und natürlich der Ring, die Bilbo in „Herr Der Ringe“ Band I alle an Frodo weitergibt. Alles in allem ist „Der Hobbit“, sowohl als Einstiegsdroge, als auch für bereits vom Tolkien-Wahn Infizierte eine spannende Ergänzung zum absoluten Bestseller „Herr Der Ringe“.
Doch leider wird die Spannung des öfteren durch Tolkien selbst eingedämmt, der sich immer wieder als Schreiber in das Geschehen einmischt und den Leser direkt und in der Mehrzahl anspricht, was sich dann ungefähr so anhört: „Sicher habt ihr schon eher daran gedacht und könnt jetzt über ihn lachen, aber ich weiß nicht, ob ihr es an seiner Stelle wirklich klüger angestellt hättet.“ (S. 190) Das erweckt zum einen den Eindruck, als würde man selbst mitten unter einer kleinen Horde Kinder auf dem Boden vor Opa Tolkien sitzen und zuhören. Zum anderen ist es vor allem dann ärgerlich, wenn er dadurch schon den Ausgang einer brenzligen Situation vorwegnimmt, über die er anschließend noch einige Seiten schreibt.
Deshalb wird das Buch aber noch lange nicht langweilig, sondern ist und bleibt ein faszinierendes Werk, vor allem wenn man bedenkt, mit wie viel Liebe zum Detail sich Tolkien ganz Mittelerde, seine Geschichte und die dort lebenden Wesen ausgedacht hat um auf dieser Grundlage seine Bücher zu schreiben.
Bei dieser Ausgabe handelt es sich übrigens um eine 1998 neu überarbeitete Übersetzung von Wolfgang Krege. Aber ob sie nun besser oder schlechter als die alte Version ist, kann ich nicht beurteilen, da ich bis jetzt nur die neuere gelesen habe.
Dieser „alphabetische Führer zur Fantasy-Welt von J.R.R. Tolkien“, so der Untertitel, ist zwar nicht das erste so geordnete Nachschlagewerk zu Mittelerde & Co., wohl aber das mit Abstand preiswerteste Werk seiner Art. Die aufwändig gestalteten Lexika „Eine Tolkien-Enzyklopädie“ und „Das Handbuch der Weisen von Mittelerde“ erschienen nur in geringer Auflage und sind dementsprechend teuer. Bei Fosters Werk ist man mit 10 Euro dabei und zugleich auf dem neuesten Stand der Forschung. Nur: Auf Illustrationen muss man natürlich verzichten.
Solch ein Werk hat uns noch gefehlt: ein elbisches Wörterbuch! Damit können die Elben nun endlich den Klingonen Konkurrenz machen, von denen es ebenfalls bereits ein Wörterbuch gibt (von Marc Okrand, einem der Star-Trek-Experten). Mal sehen, wer das Rennen macht. Bis es soweit ist, behelfen wir Stuttgarter uns immer noch mit Schwäbisch (bekanntlich können wir ja alles – außer Hochdeutsch).
Teile der nachfolgenden Buchbesprechung decken sich mit der Rezension zum „offiziellen Begleitbuch“ von Jude Fisher, das ebenfalls hier vorgestellt wurde.
Wieder einmal hat sich der Autor David Brawn dazu hergegeben, kleine Infotexte zu den Fotos dieses Begleitbuches zur filmischen HdR-Trilogie zu schreiben. Er richtet sich dabei natürlich nach dem Drehbuch von Walsh, Jackson, Boyens u.a. Da aber bekanntlich die Kinofassung um mindestens eine Stunde gekürzt wurde (die hoffentlich auf der DVD der Special Extended Edition landet), so dass von Saruman nichts zu sehen ist, hat Brawns Verlag vorsichtshalber nur die unwichtigen und sichersten Szenen des Films berücksichtigt. Für den Käufer ist das nicht sonderlich zufrieden stellend. David Brawn – Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs – Fotos aus Mittelerde weiterlesen →
Zwischen Angmar und Mordor: Entdeckungen auch für Fans
John Howe führt in diesem prächtigen Bildband zu allen bekannten und unbekannten Schauplätzen des »Hobbit« und des »Herr der Ringe«. Er zeigt ihre Wildheit, Anmut und Abgründigkeit und wahrt dabei stets ihre geheimnisvolle Einzigartigkeit. Eines der schönsten Bücher zu Tolkiens Mittelerde. Die Landschaften zwischen Bree und Gondor, zwischen Angmar und Mordor haben sich tief in das Gedächtnis von ganzen Leser-Generationen eingeschrieben. Diese phantastischen Auen und Flüsse, Schluchten, und Stollen, Wälder und Gebirgszüge sind in der Literatur wie im Film einzigartig.
Auf seiner Reise durch Mittelerde nimmt der berühmte Künstler John Howe nicht nur die bekannten Schauplätze wie das Gasthaus zum Tänzelnden Pony, das Pferdereich Rohan, Elronds Haus in Bruchtal, oder den gefährlichen Düsterwald und Helms Klamm in den Blick. Er widmet sich auch den entlegeneren Orten und wagt sogar einen Blick auf die Lande jenseits des Meeres. Die Texte zu den Farbillustrationen und Zeichnungen erhellen, wie John Howe sich Tolkiens Welt erschlossen hat. (Verlagsinfo) John Howe – Reise durch Mittelerde. Illustrationen von Beutelsend bis Mordor weiterlesen →
Nach Karten von Wilderland (aus dem „Hobbit“) und Mittelerde (aus dem „Herr der Ringe“) wurde noch eine vom versunkenen Westen Mittelerdes veröffentlicht, von Beleriand – aus dem „Silmarillion“.
Beleriand ist jener versunkene Halbkontinent, in dem sich im Ersten Zeitalter von Mittelerde die wichtigsten Heldentaten und Schlachten abspielten, die Tolkien in seinen Werken erzählt. Die Ereignisse von „Der Herr der Ringe“ und [„Der kleine Hobbit“ 481 tragen sich wesentlich später zu, nämlich im Dritten Zeitalter. Während im First Age die Elben, Halbgötter (Maiar) und Götter (Valar) das Geschehen dominieren, verlassen die Elben am Ende des Third Age Mittelerde, um es den Menschen zu überlassen. (Nach den Ereignissen des „Herrn der Ringe“ bricht das Vierte Zeitalter an.)
Beleriand ist einer der Hauptschauplätze des [„Silmarillion“ 408 (1977), jenes Buches, das Tolkiens Sohn Christopher aus vielen verstreuten Manuskripten zusammengestellt hat. Der Mittelteil schildert die Kriege der Elben gegen Morgoth und Sauron um den Besitz der ihnen gestohlenen Silmaril-Edelsteine, in denen das Licht der zwei Bäume des Segensreiches Valinor eingefangen ist. Den letzten der Silmarils trägt Earendil über das Firmament, uns sichtbar als die hellstrahlende Venus, der Abendstern.
_Die Karte_
… stammt noch von Christopher Tolkien. Er stellte sie im Jahr 1977, als das „Silmarillion“ erschien, fertig. Mit Sicherheit hat er mehrere Jahre daran gearbeitet, denn die Erzählungen und Skizzen seines Vaters waren zuweilen widersprüchlich. Die Karte ist gut lesbar, aber ich habe die Städtenamen mit der Lupe suchen müssen: Menegroth, Nargothrond und Gondolin.
Die Karte selbst besticht durch ihre wichtigste Farbe: grün. Es ist das Grün von tiefen, ausgedehnten Wäldern und Prärien, die überall von Flüssen und Gebirgsketten begrenzt oder durchbrochen werden. Bei den einzigen Territorien, die nicht eingezeichnet sind, handelt es sich um die Lande östlich der Blauen Berge/Ered Lindon (die im „Herrn der Ringe“ das westlichste Gebirge sind), um Valinor und auch um Morgoths Angband mit den drei Vulkanen, Thangorodrim.
_Die Illustrationen_
… stammen von Tolkienspezialist John Howe. Er beriet ja auch den Regisseur Peter Jackson bei den Dreharbeiten zur Filmtrilogie. Persönlich gefällt mir von allen Tolkien-Illustratoren sein Stil am besten. Der Stil ist auf die dramatische Wirkung von Dynamik und den Effekt weniger Farben ausgerichtet.
So etwa ist seine Darstellung von Morgoths Festung (ganz oben) ganz in rötlich-schwarzen Schlackefarben gehalten, die Küstenszene jedoch in Blauweiß (Wasser), Weiß (Schwäne, Segel) und Schwarz (Felsen). Diese Szene begrenzt die Karte am unteren Rand.
Die linken und rechten Begrenzungsfelder enthalten zwei heroische Szenen. Rechts ist Turin Turambar in der Schlucht zu sehen, an deren oberem Ende der schwarze Kopf Glaurungs hervorragt. Links ist vermutlich Luthien Tinuviel ist zu sehen – die Gestalt trägt weder Rüstung noch Kopfbedeckung – wie sie eine tiefe Schlucht betritt, an deren oberem Ende ein weißer Kalkfelsen emporragt. Es könnte sich dabei um den Wachtturm Tol Sirion handeln. Allerdings fehlt auf dem Bild der Sirion selbst. Doch wenn es sich um den Zugang zu Gondolin handeln würde, würde ich Turin oder Húrin in Rüstung erwarten, bevor er den Trockenen Fluss entlangwandert.
Zu den schönsten Illustrationen gehören die sechs Embleme, die Tolkien selbst entworfen hat und die den wichtigsten Elben zugeordnet sind. Zwei erkenne ich wieder. Links in der Mitte ist das blumenförmige Emblem Luthien Tinuviels. Rechts unten ist das mit Feuersymbolen verbrämte Emblem Feanors, des Herstellers der Silmarils, zu sehen. Die restlichen vier Embleme gehören vermutlich zu Finwe, Elwe (Thingol), Earendil (Beren) usw. Ich finde es wundervoll, dass sie in die Karte aufgenommen wurden.
_Der Begleittext und das Glossar_
In seinem Begleittext „Westlich der Berge, östlich des Meeres: zur Karte von Beleriand“ fasst Brian Sibley den Hintergrund für dieses fiktive Territorium zusammen. Aufgrunddessen versteht auch derjenige Kartenleser, der das „Silmarillion“ und die damit zusammenhängenden Texte nicht gelesen hat, mit welchen wichtigen Episoden und Gestalten manche Landschaften und Landmarken verbunden sind.
Beispielsweise fällt dem Betrachter das Land Doriath auf. Es ist nicht nur von Flüssen umschlungen, sondern auch von tiefen Wäldern umgeben, doch in seinem Mittelpunkt befindet sich eine Stadt: Menegroth. Brian Sibley erzählt uns nun, wie es zur Gründung dieses Königreiches der Elben durch Thingol und Melian kam und was es mit Menegroth auf sich hat. Ähnlich verfährt er mit der schönen, aber verborgenen Stadt Gondolin.
Auch von den Landen, die auf der Karte nicht eingezeichnet sind, erzählt er, denn seine Synopse beginnt mit der Schöpfung und endet mit dem Untergang Beleriands am Ende des Ersten Zeitalters. Also kommen auch Valinor, Eressea und Morgoths Festung Angband vor, die man auf der Karte vergeblich sucht.
Das 17 Seiten starke Glossar beschränkt sich auf Orte und Landschaften, doch erzählen die Einträge auch von wichtigen Ereignissen wie etwa einer Schlacht. Einige Einträge wurden von John Howe illustriert, so etwa Turin Turambars Kampf gegen den Drachen Glaurung.
_Wem nützt dieses Werk?_
Sollte man sich also diese Karte zulegen? Sie ist vollständig und bringt keine neuen Daten im Vergleich zum Original von 1977.
Die Anschaffung lohnt sich, wenn man a) die Originalkarte aus dem „Silmarillion“ nicht hat (und nicht wesentlich mehr Geld für dieses Buch anlegen will), aber einen Einstieg sucht, und b) wenn man das Original hat, aber als Tolkien-Fan den oben aufgeführten Mehrwert, den die neue Karte bietet, besitzen möchte, und c) wer einen schönen Wandschmuck erwerben möchte – womöglich einen, der den Tolkien Calendar ergänzt.
Von 1920 bis etwa 1940/41 schrieb Professor Tolkien für seine vier Kinder ganz besondere Briefe zu Weihnachten: die Briefe vom Weihnachtsmann. Hier erfuhren sie, was sich an sonderbaren, lustigen oder auch beängstigenden Begebenheiten am Nordpol zutrug. Auch mit Elfen.*
_Der Autor_
Professor John R. R. Tolkien (1892-1973) hat das „wichtigste Buch des 20. Jahrhunderts“, so die Umfrageergebnisse, geschrieben: „Der Herr der Ringe“ (1954/55). Doch dies ist nur die Spitze des Eisbergs. Seit 1916, als er noch in den Schützengräben Frankreichs und später im englischen Lazarett lag, schrieb er an seiner privaten Mythologie, die die riesige Leinwand bildet, vor der sich die Handlung von [„Der Hobbit“ 22 und HdR abspielt.
_Der Sprecher_
Der Theaterschauspieler Christian Hoening erzählt mit verschieden hohen Stimmen vom Nordpol: Der Weihnachtsmann spricht in mittlerer, normaler Tonlage. Während der Elf Ilbereth in einer recht hohen Stimme spricht, brummelt der Nordpolarbär in der tiefsten Tonlage, die Hoening zustande bringt. Kinder werden darüber entzückt sein. Ansonsten befleißigt sich Hoening einer klaren, akzentuierten Aussprache. Wird das erzählte Geschehen also dramatischer, merkt man das auch.
_Inhalte_
John junior, Michael, Priscilla und schließlich der etwas schwächliche Christopher (der später seines Vaters Werke komplett herausgab und veröffentlichte) – sie alle hatten das Glück, vom Weihnachtsmann alljährlich einen Brief zu erhalten, komplett mit einer oder mehreren Zeichnungen. Diese oftmals wunderbar detailfreudigen und witzigen Zeichnungen sind im Booklet des Hörbuchs abgedruckt, in hervorragender Qualität und mit Vergrößerungen.
Mit diesen Briefen folgte Professor Tolkien einer Familientradition. Lange Jahre waren die Werke weggesperrt, bis sie von Baillie Tolkien im Jahr 1976 veröffentlicht wurden. Darunter befinden sich manchmal recht umfangreiche Episteln, deren Vorlesen mitunter länger als fünf Minuten dauert: Minidramen. Das gesamte Hörbuch ist dadurch rund 65 Minuten lang, denn es umfasst alle Briefe ab 1925.
|Wovon der Weihnachtsmann und der Elf erzählen|
Der Weihnachtsmann, Father Christmas, lebt am Nordpol, aber nicht allein: Ihm leisten die Rentiere und der Nordpolarbär namens Karhu Gesellschaft. Dieser allerdings neigt zu Schabernack, denn er ist erstens sehr neugierig und zweitens unvorsichtig. Der North Pole ist ein richtiger „pole“, das heißt ein Mast von beträchtlicher Höhe. Einmal führt einer von Polarbärs Streichen dazu, dass dieser Mast direkt auf Father Christmas‘ Haus fällt. Es muss verlegt werden. (1925) Er ist auch schuld, dass manche Geschenke so spät oder gar verkehrt bei den Kindern eintreffen: Knabensachen für Mädchen – nicht auszudenken!
Father Christmas ist genau wie Gandalf und die Hobbits ein großer Fan von Feuerwerk. Einmal schafft es Polarbär, dass alle Raketen gleichzeitig losgehen (1929). Später kommen auch die beiden Neffen Karhus zu Besuch; Paksu und Valkotukka (das klingt sehr finnisch; ist es wohl auch: „paksu“ bedeutet „fett“), wollen aber nie wieder weg.
Weil die Arbeit immer mehr wird, nimmt sich der Weihnachtsmann einen Sekretär: den Schnee-Elfen Ilbereth. In den späteren Briefen aus den dreißiger Jahren ist häufiger vom Elfenvolk die Rede, wenn es darum geht, das Haus und die Vorratskeller gegen Angriffe der bösen Kobolde zu verteidigen. Auch Rote Zwerge, Schneemänner und Höhlenbären kommen vor. Dieses ganze Personal erinnert schon ziemlich an die Figuren im „Hobbit“, der 1937 mit großem Erfolg veröffentlicht wurde.
|Der letzte Brief|
In England herrscht seit zwei Jahren Krieg, und die deutsche Luftwaffen bombardiert eine Großstadt nach der anderen – bis Sommer ’41. Der Weihnachtsmann beklagt die mangelnden Lebensmittelvorräte, die zunehmende Not und die fortwährende Angst vor den Angriffen. Die Kobolde, die erstmals 1932 und 1933 massiert auftraten, sind offenbar auf dem Vormarsch. Der Brief von 1938 und der letzte Brief weisen nur noch sehr einfache Illustrationen auf. Der Spaß ist vorbei.
_Mein Eindruck_
Mit seinen unauffällig platzierten, aber stilecht mit der Briefmarke der Nordpolpost frankierten Briefen hat Tolkien nicht nur seinen eigenen Kindern eine Freude gemacht. Allerdings wurde das spätere Buch nicht so ein Bestseller wie der „Herr der Ringe“, denn vor allem Kinder ab 6 Jahren werden dafür zu begeistern sein: Sie glauben noch an den Weihnachtsmann.
Und so erfahren sie, was er bei der Erfüllung seiner anspruchsvollen Aufgabe erlebt, welche Pannen bei den schwierigen Weihnachtsvorbereitungen passieren können – woran der Polarbär nicht ganz unschuldig ist – und warum es einige Weihnachtsfeste fast nicht gegeben hätte.
Dass sich die Wirklichkeit außerhalb der kuscheligen Mauern des Tolkienschen Professorenheims nicht ganz aussperren ließ, dürfte einleuchten. Und so finden sich eben auch (verschlüsselte) Hinweise auf das politische Geschehen in Europa in den Jahren 1932/33 und 1938-1941. Ich denke da vor allem an das Auftauchen der Kobolde (goblins) in Father Christmas‘ Haus. Diesen stehen die guten Geister und Helfer, die Elfen, entgegen. Sie sorgen dafür, dass alle Kämpfe gut ausgehen.
|Der Sprecher; ein Tipp|
Christian Hoening und seine Arbeit an diesem Hörbuch habe ich bereits vorgestellt. Er erfüllt seine Aufgabe anstandslos. Man hört ihm gerne zu.
Allerdings sollte man nicht alle Briefe auf einmal anhören, sondern höchstens drei bis vier hintereinander. So erinnert man sich auch später noch an das Erzählte.
_Unterm Strich_
Ich bin mit diesem Hörbuch rundum zufrieden. Auf der CD befinden sich immerhin 65 Minuten gut gesprochene Lesung, und das sauber getextete und gedruckte Booklet enthält alle zu den Briefen gehörenden Illustrationen Tolkiens, mitsamt vergrößerten Ausschnitten.
Das Hörbuch eignet sich für Kinder ab 6 Jahren und ist ein nettes Weihnachtsgeschenk. Vielleicht kann es auch als Vorbereitung auf den „Hobbit“ dienen, den es ja auch als Hörbuch gibt. Der ist aber mit einer Laufzeit von 276 Minuten ein größeres Kaliber.
|Originaltitel: The Father Christmas Letters, 1976
The Father Christmas Letters, 1976|
„Die dritte große Geschichte aus dem Ersten Zeitalter von Mittelerde.
Zwei der größten Mächte liegen in unerbittlichem Streit; auf der einen Seite Morgoth, die Verkörperung des Bösen, und auf der anderen Ulmo, der Herr aller Gewässer. Im Mittelpunkt steht die verborgene Elben-Stadt Gondolin, denn ihr König wird von Morgoth mehr als alles andere gehasst. Da wird der junge Tuor von Ulmo ausgesandt, und er macht sich auf den Weg nach Gondolin, um König und Bewohner zu warnen.
Dieser Band enthält zahlreiche Farbgemälde und Zeichnungen des berühmten Tolkien-Illustrators Alan Lee.“ (gekürzte Verlagsinfo)
Wie schon der Band „Beren und Lúthien“ folgt diese Darstellung der Entwicklung und Verwandlung einer einzigen Geschichte des Ersten Zeitalters von der Entstehung im Ersten Weltkrieg bis zu den letzten Arbeiten, die leider unvollendet blieben. Das Verfahren unterscheidet sich also fundamental von „Das Silmarillion“ (1977) und „History of Middle-Earth“ / „Nachrichten aus Mittelerde“ (achtziger Jahre). J.R.R. Tolkien – Der Fall von Gondolin. Mit Illustrationen von Alan Lee. Herausgegeben von Christopher Tolkien weiterlesen →
_Zwei Autoren in christlicher Mission, kritisch betrachtet_
Es gibt schon eine Reihe von Biografien über Lewis, den Schöpfer der Narnia-Chroniken, und Tolkien, den Schöpfer von Mittelerde. Das vorliegende Buch ist jedoch eine Biografie der besonderen Art: Nicht nur unternimmt es der Autor, gleich zwei Schriftsteller zu porträtieren, sondern auch noch ihre persönliche und literarische Wechselwirkung so zu würdigen, dass unser Verständnis von ihrer beider Werk erhöht und erweitert wird. Man sollte beachten, dass „Der Herr der Ringe“ ohne das Drängen C. S. Lewis’ nie vollendet worden wäre. Was sich Duriez vorgenommen hat, ist zweifellos eine anspruchsvolle Aufgabe. Mal sehen, ob er sie bewältigen konnte.
_Der Autor_
Colin Duriez hat laut Verlag sowohl über Tolkien als auch über C. S. Lewis und ihr jeweiliges Werk geforscht und gelehrt. „Er ist in Narnia und Mittelerde zu Hause und lebt in einem Haus voller Bücher in Leicester, England.“ Sein Buch erschien trotzdem zuerst in New Jersey, USA.
_Die vorgestellten Autoren_
|John Ronald Reuel Tolkien|
… wurde 1892 im südafrikanischen Bloemfontein geboren, übersiedelte aber schon zwei Jahre später nach England in die Nähe von Birmingham. Schon früh erweckte seine Mutter in ihm eine Vorliebe für Sprachen, er entwickelte eigene Sprachsysteme, so etwa zwei für Elben, eines für Zwerge und mehrere für Menschen. Sein Studium der englischen Sprache und Literatur in Oxford bestand er mit Auszeichnung. 1916/17 kämpfte er in Frankreich, wurde verwundet und lag längere Zeit im Lazarett, wo er anfing, seine Privatmythologie niederzuschreiben (gesammelt in den „Verschollenen Geschichten“). Danach ging er als Lektor und später Professor an die Uni Leeds, dem sich eine 34-jährige Laufbahn als Professor für Angelsächsisch in Oxford anschloss.
1937 erschien mit [„The Hobbit“ 481 sein erster Bucherfolg, der ihn bekannt machte. Als sein Veleger eine Fortsetzung bestellte, begann Tolkien „Der Herr der Ringe“ zu schreiben. Er brauchte nach drei Anläufen insgesamt zwölf Jahre dafür. Doch obwohl der 1000-Seiten-Roman 1949 fertig war, konnte er wegen Papierknappheit erst 1954 und 1955 in drei separaten Bänden erschien. Dadurch erschien der Roman als eine Trilogie, was er keineswegs ist.
Nach Tolkiens Tod 1973 arbeitete sein Sohn Christopher den umfangreichen Nachlass auf. Das Ergebnis erschien 1978 unter dem Titel [„The Silmarillion“. 408 Es enthält Schöpfungsmythen, Heldensagen und zahlreiche Gedichte sowie Anhänge.
|Clive Staples Lewis|
…, der von 1898 bis 1963 lebte, war ein Freund und Kollege Professor J. R. R. Tolkiens (mehr dazu weiter unten). Dass dieser zufällige Umstand ihn auszeichnen soll, lässt darauf schließen, dass er im Bewusstsein der gegenwärtigen Leser hinter seinem bekannter gewordenen Kollegen zurückgetreten, wenn nicht sogar fast verschwunden ist. Tolkiens Stern leuchtet heller.
Dabei hat Lewis sowohl in der Fantasy als auch Science-Fiction Spuren hinterlassen. Auch in der Philosophie und Theologie schrieb er bekannte und gelobte Werke. Doch lediglich die „Chroniken von Narnia“, Fantasy für kleine und große Kinder, wurde auch verfilmt. Die Science-Fiction-Trilogie [„Perelandra“, 1665 ein ambitionierter Weltentwurf, ist eben zu sperrig und dialoglastig für den heutigen Geschmack.
Viel ist in die Narnia-Romane hineingedeutet worden. Dies muss nicht alles wiederholt werden. Feststeht aber, dass die Narnia-Chroniken seit über 50 Jahren in Großbritannien zum Standard der Jugendliteratur gehören, und das sicher nicht ohne Grund – sie verbinden Abenteuer und Wunder mit einer christlichen Botschaft.
Hier kommen altbekannte Fantasythemen zum Tragen, so etwa der Gegensatz zwischen Gut und Böse. Außerdem ist Narnia eine Parallelwelt, die durch ein Tor erreicht wird; es gibt sogar Zeitreisen und andere Dimensionen. Die Bücher werden als christliche Allegorien interpretiert, aber das würde ihnen wenig gerecht: Sie sind hervorragende und bewegende Geschichten – wenn auch mit sprechenden Tieren.
Mehr Infos sind auf http://www.narnia.com und http://www.narnia-welt.de zu finden.
_Inhalte_
1) Im ersten Kapitel „Prägejahre“ wird der Zeitraum von 1892, dem Geburtsjahr Tolkiens, bis 1925, als sie sich zum ersten Mal begegneten, betrachtet. Wer über die Biografie der Autoren detailliert Bescheid weiß, kann diesen Abschnitt überspringen. Tolkien liebt seit 1907/08 Edith Bratt, doch 1909 wird ihr Verhältnis entdeckt und sie werden getrennt. Er wird sich erst 1914 mit ihr verloben können, nachdem sie zu seiner römisch-katholischen Kirche übergetreten ist. Erst zwei Jahre später können sie heiraten. Dies ist unter dem Aspekt des Beren-Lúthien-Motivs bedeutsam.
Lewis hingegen heiratete erst 1956, als erst schon 58 war. Beide aber waren Soldaten im Ersten Weltkrieg: Tolkien erkrankte 1916 am Grabenfieber und verlor alle seine Jugendfreunde, im April 1918 wurde Lewis schwer verwundet, so dass er bereits für tot gehalten wurde. 1924 sind beide bereits Profi-Dozenten: Tolkien ist in Leeds Professor für Englische Sprache geworden (nach drei Jahren Assistenzprofessur), Lewis vertritt einen Professor in Oxford, wird 29 Jahre lang Fellow in Oxford, bekommt einen eigenen Lehrstuhl aber erst 1954 – in Cambridge (auf Drängen Tolkiens hin).
2) Das zweite Kapitel trägt den Titel „Begegnung in Geist und Fantasie: ‚Tolkien und ich sprachen über Drachen …'“ und deckt die Jahre 1926 bis 1929 ab. Zu dieser Zeit war C. S. Lewis noch ein Atheist, und seine Begegnung mit einem strenggläubigen Katholiken wie J. R. R. Tolkien verlief alles andere als reibungslos.
1925 bekam Tolkien eine Oxford-Professur für Angelsächsisch. Für den 11. Mai 1926 wird die erste Begegnung der beiden Dozenten dokumentiert. Nachdem er sich drei Jahre lang mit Tolkiens Ansichten und dessen Glauben auseinandergesetzt hat, wird Lewis zunächst Theist: Es gibt einen Gott – aber wie sieht er aus? Am 25.9.1929 stirbt sein Vater in Belfast (Lewis ist Nordire).
Seit 1912 erfindet Tolkien neue Sprachen auf der Grundlage des Walisischen (Sindarin) und des Finnischen (Quenya), dann beginnt er mit seiner privaten Mythologie 1916. Ende 1929 zeigt er Lewis seine „Skizze der Mythologie“ und ein langes Erzählgedicht mit dem Titel „Lay of Leithien“, der es in der Nikolausnacht komplett durchliest.
3) Eine Welt aus Geschichten: „Mythopoeia“ (1929-1931)
1930 oder 1931 beginnt Tolkien mit „Der kleine Hobbit“, das 1937 zu einem großen Kinderbucherfolg werden soll. Am 19./20. September 1931 kommt Lewis zu der Überzeugung, dass der christliche Glaube wahr sein muss. Am 28. September 1931 erlebt er auf der Fahrt im Beiwagen eines Motorrads, das sein Bruder Warren steuert, eine Epiphanie und kehrt zum 1911 verlorenen christlichen Glauben zurück.
4) Die dreißiger Jahre: Der Kontext der imaginativen Orthodoxie
Ende 1932 gibt Tolkien seinem Freund Lewis eine unvollständige Erstfassung des „kleinen Hobbits“ zu lesen. Lewis ist begeistert. Er hat bereits 1931 mit der Niederschrift eines eigenen Fantasy-Romans begonnen, der den seltsam programmatisch klingenden Titel „Flucht aus Puritanien“ trägt. Lewis tut sich in zahlreichen Debattierklubs der Universitätsstadt hervor, um seinen christlichen Glauben zu festigen. Er unterliegt in all den Jahren nur ein einziges Mal: gegen eine Frau!
5) Beginn der „Inklings“: Geteilte Freundschaft? (1933-1939)
Im Herbst 1933 versammelt Lewis zum ersten Mal einen Freundeskreis, der sich den Namen „Die Inklings“ gibt. Er ist die Fortsetzung des Literatenkreises „The Coalbiters“. Die Inklings treffen sich meist in einem Pub namens „The Child and Eagle“, den sie in ihrer despektierlichen Art stets „The babe and bird“ nennen. Bedeutende Literaten wie Charles Williams und Dorothy L. Sayers versammeln sich hier, aber auch Nichtschriftsteller wie der Philosoph Owen Barfield. 1936 erhält Lewis erstmals einen Brief von Williams, der sich für die positive Besprechung seines Romans „Die Stätte des Löwen“ bedankt. Tolkien wurde stets „Ronald“ genannt und Lewis immer „Jack“.
1936 rehabilitiert Tolkien vor wichtigen Mitgliedern der British Academy „Beowulf“ und die Märchen in seiner Vorlesung „Beowulf: Die Ungeheuer und ihre Kritiker“. Er vertieft diesen Ansatz 1939 in der Vorlesung „Über Märchen“. Beide Autoren entwickeln ihr literarisches Programm weiter, das sie in „Mythopoeia“ konzipierten.
6) Zweimal hin und wieder zurück: „Flucht aus Puritanien“ und „Der kleine Hobbit“ (1930-1937)
1931 schreibt Lewis das Buch „Flucht aus Puritanien“, das den Originaltitel „The Pilgrim’s Regress: A Allegorical Apology for Christianity, Reason and Romanticism“ trägt. Das Buch erscheint am 25. Mai 1933. Es ist sein drittes nach „Spirits in Bondage“, das er 1919 unter Pseudonym veröffentlichte, und „Dymer“ (1926). Am 21. September 1937 erscheint „The Hobbit or There and Back Again“. Die zahlreichen Parallelen zwischen diesen beiden Werken nimmt der Autor zum Anlass, sie detailliert zu vergleichen. Lewis‘ Allegorieroman ist heute nur noch Insidern geläufig, doch der „Hobbit“ soll von Peter Jackson verfilmt werden. Das sagt schon alles über das Urteil der Nachwelt.
7) Raum, Zeit und der „Neue Hobbit“ (1936-1939)
Im Dezember 1937 beginnt Tolkien mit dem „Neuen Hobbit“, der 17 Jahre später unter dem Titel „Der Herr der Ringe“ erscheinen soll. Er verwirft mehrere Anfänge, bevor er richtig loslegen kann. (Vergleiche dazu Tom Shippey: [„J. R. R. Tolkien – der Autor des Jahrhunderts“.) 1653 Lewis und die Inklings sind von Anfang eingeweiht, denn jeder weiß, dass auf den erfolgreichen „Hobbit“ eine Fortsetzung folgen muss.
1936 veröffentlicht Lewis sein Sachbuch „The Allegory of Love. A study in medieval tradition“, und 1938 beginnt er mit „Out of the Silent Planet” seine Perelandra-Trilogie, in der er SF-Motive mit christlichen Begriffen wie Himmel, Hölle, Engel, Satan usw. verbindet, allerdings nicht in alter Nomenklatur, sondern verkleidet. Der zweite Roman „Perelandra“ erscheint 1943 und „That Hideous Strength“ 1945. Obwohl inzwischen etwas unterbewertet, setzt sich hier Lewis mit den gleichen Themen wie Tolkien in „Herr der Ringe“ auseinander, so etwa mit Macht, Glaube und Freundschaft sowie mit der Natur des Bösen.
8) Der zweite Weltkrieg und danach: Charles Williams kommt nach Oxford (1939-1949)
Eine schwere Zeit für Tolkien, denn zwei seiner Söhne kämpfen in diesem Krieg auf Seiten der alliierten Truppen. (Er hat vier Kinder.) Er arbeitet weiter am „Herrn der Ringe“ und wird 1949 mit der ersten Fassung fertig. Lewis beginnt 1940 mit seinen Vorträgen vor der Royal Air Force, die er bis 1941 fortsetzt. Ab dem 6. August 1941 – die deutsche Wehrmacht hat Russland überfallen – hält er nicht weniger als fünfundzwanzig Radioansprachen bei der BBC.
Am 14.10.1940 erscheint sein Buch „Über den Schmerz“ und Charles Williams , der seit 1939 in Oxford lebt, veröffentlicht 1942 „The Forgiveness of Sin“. Beide Bücher sind den Inklings gewidmet. Tolkien jedoch widmet Lewis sein humorvolles Büchlein „The Screwtape Letters“ bzw. „Dienstanweisung an einen Unterteufel“, das bis heute sein populärstes Werk überhaupt geblieben ist. 1944 hält er Vorlesungen über Literatur in Cambridge. Am 15.5.1945 stirbt Williams unerwartet. Im Herbst wird Tolkien zum Professor für Englische Sprache und Literatur in Oxford berufen. Am 20. Oktober 1949 wird das letzte literarische Treffen der Inklings verzeichnet. Man trifft sich weiterhin informell bis zu Lewis‘ Tod 1963.
9) Der Kleiderschrank des Professors und die Zauberringe (1949-1963)
Ein erstes Manuskript von Tolkien „The Silmarillion“ wird mit Bedauern abgelehnt. Dieses Werk ist keinesfalls mit „The Hobbit“ zu vergleichen. Noch vier Jahre bis zum „Herrn der Ringe“. Bei Lewis läuft es besser: Er bringt den [ersten Roman 1758 seiner „Narnia-Chroniken“ im Jahr 1950 heraus und sechs weitere sollen folgen. Zunächst ist Tolkien skeptisch, weil ihm zu viele Allegorien – die er grundsätzlich ablehnt – darin vorzukommen scheinen, doch allmählich ändert er seine Meinung.
Lewis‘ Ruhm verbreitet sich besonders in den USA rasch, nachdem ein Artikel im „TIME Magazine“ 1947 beträchtlich zu seiner Bekanntheit beigetragen hat. Am 10. Januar 1950 erhält er einen Brief der 34-jährigen US-Schriftstellerin Helen Joy Davidman Gresham. Offensichtlich ist sie verheiratet. Wie schade! Im September 1952 trifft er sie zum ersten Mal persönlich.
10) Überrascht von Cambridge und enttäuscht von Joy (1954-1963)
Lewis verliebt sich in die unglücklich verheiratete Frau, schreibt ein Buch über diese Liebe („Surprised by Joy“, 1955) und heiratet die Geschiedene 1956 standesamtlich, ein Jahr später auch kirchlich, nachdem man bei ihr Krebs festgestellt hat. Im Oktober 1959 wird eine Remission festgestellt, 1960 liegen sie und Edith Bratt gemeinsam im Krankenhaus. Am 13. Juli stirbt sie und hinterlässt ihm ihre beiden Söhne. Am 15. Juni 1963 erleidet Lewis einen Herzanfall, doch er stirbt erst am 22. November, nur wenige Tage nach der Ermordung von John F. Kennedy. Es erscheinen weitere Bücher von ihm und über ihn.
1959 hält Tolkien seine Abschiedsrede in Oxford und widmet sich fortan ganz seinen literarischen Projekten. Das „Silmarillion“, sein Lebenswerk, ist immer noch nicht erschienen. Ab Sommer 1966 hilft ihm dabei Prof. Clyde S. Kilby.
11) Abschied von den Schattenlanden (1963-1973)
Nach dem Erscheinen der Raubdruck-Taschenbuchausgabe von „Der Herr der Ringe“ nimmt Tolkiens Ruhm, der schon zuvor beträchtlich gewachsen war, erheblich zu und gewinnt gelegentlich groteske Formen. „Frodo lives“ und „Gandalf for president“ steht auf Buttons der US-Studenten. Für die Bearbeitung der Briefzuschriften muss Tolkien eine Sekretärin einstellen. Fans belagern sein Haus, so dass die Tolkiens 1968 in das beschauliche Seebad Bournemouth ziehen.
12) Die Gabe der Freundschaft: „Wer hätte sie verdient?“
Am 29. November 1971 stirbt Edith Bratt Tolkien, und Tolkien kehrt nach Oxford zurück. Am 28. März 1972 erhebt ihn die Königin in den Rang eines Commander of the British Empire (CBE). Am 2. September 1973 stirbt Tolkien in Bournemouth. 1977, nach Jahren des Editierens, gibt Christopher Tolkien endlich „Das Silmarillion“ heraus, dann folgen die Ergänzungsbände „The History of Middle-Earth“ (zwölf Bücher), „The Book of Lost Tales“ und „Unfinished Tales“. Im April 2007 erscheint mit „Die Kinder Húrins“ die erste vereinheitlichte Romanversion von „Das Silmarillion“.
|Anhänge|
A) Kurze Zeittafel zu Tolkien und Lewis
Ich habe mich in meiner obigen Darstellung auf diese Zeittafel gestützt. Es sind natürliche noch viele weitere Daten enthalten, denn sie reicht vom Jahr 1857, als Tolkiens Vater Arthur Reuel in Birmingham geboren wurde, bis zum Jahr 2003, als das Buch entstand.
B) In seinem kurzen Essay führt der Autor in gedrängter Form Gründe für „Die anhaltende Popularität von Tolkien und Lewis“ auf – es ist eine verdichtete Form der Darlegungen aus den Hauptkapiteln und äußerst nützlich, um entsprechende Argumente für Tolkiens und Lewis‘ heutige Bedeutung zu erhalten. Kritik ist hier eher weniger gefragt.
Danach folgenden die bibliografischen Anmerkungen, also Endnoten statt Fußnoten – notwendig für Wissenschaftler. Es schließt sich eine recht vollständige und aktuelle Bibliografie der Tolkienschen und Lewis’schen Werke an, darauf folgt die Bibliografie der Sekundärliteratur. Den Abschluss bilden Quellenverweise des Autors. Einen Index sucht man vergeblich.
_Mein Eindruck_
Die wichtigste Erkenntnis, die ich aus diesem Buch mitgenommen habe und an die ich mich erinnern kann, ist folgende: Der strenggläubige Katholik Tolkien betrachtete das Neue Testament der Bibel als eine wahre Geschichte. Dies muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, um die Idee in all ihren Weiterungen zu begreifen. Denn wenn es Jesus wirklich gegeben hat und er Gottes Sohn war, dann gab es auch all die Wunder, von denen uns die Evangelisten berichten. Das ist der Aspekt der Wahrheit. Das ist die „history“.
Hinzukommt der Aspekt der Geschichte als „story“: Hier haben Leute von einem Mann berichtet, den sie gar nicht selbst kennen gelernt hatten, und sie berichteten in einer Sprache, die er gar nicht selbst sprach. Jehoschua von Nazareth sprach Aramäisch, die Evangelisten hingegen überlieferten ihre Chroniken in Griechisch, der Handelssprache der Antike.
Es kann also durchaus sein, überlegte Tolkien zusammen mit Lewis, dass es erstens Bearbeitungen gab und dass uns nicht die ganze „story“ überliefert wurde. Noch dazu in einer Sprache und Form, die in einer gottlosen Zeit wie den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg von der Mehrheit der britischen Intellektuellen abgelehnt wurde. Wer wollte schon etwas von Lazarus hören, wenn auf den Straßen die Bettler verhungerten? Soziales Engagement und Reformen waren gefragt, nicht salbungsvolles Geseiere von der Kanzel herab. Die Welt schien Werte wie Liebe, religiösen Glauben und Hoffnung endgültig auf die Müllkippe der Geschichte geworfen zu haben. Statt dieser Werte gab es neue Götzen, die sich Hitler, Stalin, Franco und Mussolini nannten und absolute Unterwerfung forderten.
|Einfluss Tolkiens auf Lewis|
Was offenkundig nötig war, bestand in einer Erneuerung des Glaubens in einer fiktional relevanten Form. Das Erstere fand schon 1931 bei Lewis seinen Anfang (s. o.) und die Fiktionalisierung nahm in der Folge immer größere und verzweigtere Formen an. Wenn das Neue Testament Wahrheit, Wunder und „story“ in glaubwürdiger Form für Milliarden von Christen darstellt, warum soll es dann nicht gelingen, ein Wunder in einer „Story“ so zu verpacken, dass es wie Wahrheit aussieht?
Dieses Vorhaben war zu keinem Zeitpunkt zynisch gemeint, als Unterhaltung von Intellektuellen etwa, sondern als eine Art Missionierung auf dem Wege der erzählenden Literatur. Bei Lewis nahm dies auch Formen einer Predigt in Selbstbekenntnissen an, aber Tolkien hielt sich davon fern. Er war ein Mann der Geschichten, die aus uralter Zeit zu uns gekommen sind: die Götter-, Helden- und Familien-Sagas Islands, die Heldengedichte um Siegfried, Artus und Beowulf, Epen wie das finnische „Kalevala“ – dies war seine Welt.
Von all diesen Einflüssen sind Spuren in seinen Werken nachgewiesen worden. Dazu lese man am besten Tom Shippeys kritisch würdigende Sachbücher „The Road to Middle-Earth“ (noch unübersetzt!) und „Tolkien – Autor des Jahrhunderts“ (|Klett-Cotta|). Beide Autoren verstanden sich als Schöpfer von Sekundärwelten, man nenne sie Mittelerde, Narnia oder Perelandra – stets bilden sie einen geschlossenen Kosmos, in dem eigene Gesetze gelten, die aber dennoch für den hiesigen und heutigen Leser nachvollziehbar dargestellt werden.
|Lewis‘ Einfluss auf Tolkien|
Der Einfluss Tolkiens auf seinen Freund Lewis ist in dessen Romantrilogien und Narnia-Chroniken unübersehbar, aber wie sieht es mit dem Einfluss des ursprünglichen Atheisten Lewis auf Tolkien aus? Ich sehe nun Lewis in einer vermittelnden Funktion: Er machte Tolkien nicht nur mit maßgeblichen Schriftstellern und Philosophen wie Owen Barfield und Charles Williams bekannt. Nein, er trommelte stets auch für die Anerkennung von Tolkiens Werken, und sein Wort hatte als Dozent und langjähriger Kritiker Gewicht, nicht nur bei den Akademikern, sondern auch in der breiten Masse der Zeitungsleser.
Seine dritte Aufgabe sehe ich in der permanenten Unterstützung des Freundes beim Schreiben. Ohne Lewis‘ Drängen wäre „Der Herr der Ringe“ nicht fertig geworden und wir müssten uns heute mit ähnlichen Bruchstücken wie mit dem „Silmarillion“ begnügen. Bei den Diskussionsrunden der Inklings übernahm „Jack“ gerne den Vorsitz, denn er verfügte über die mit Abstand lauteste Stimme (man denke an „Baumbart“) und jemand führte Protokoll, während bis 1949 meist Tolkien aus seinem Manuskript des „Herrn der Ringe“ vorlas. In dieser Eigenschaft des Vorsitzenden lancierte Lewis das entstehende Mammutwerk in die akademische Öffentlichkeit und lieferte in umgekehrter Richtung kritische Anmerkungen an den Autor Tolkien.
|Defizite dieses Buches|
Die Anhänge sind teils dem wissenschaftlichen Anspruch des Buches geschuldet, teils der „populären Bedeutung“ der beiden Autoren. Für das vollkommene Bild und die optimale Brauchbarkeit des Buches fehlt aber ein Stichwortverzeichnis. Auch Fotos wären sehr willkommen gewesen. Diese findet man in der Tolkien-Biografie von Humphrey Carpenter und in der Lewis-Biografie von Michael Coren (ebenfalls bei |Brendow| erschienen).
_Unterm Strich_
Es gibt einen C. S. Lewis Literaturpreis, aber keinen Tolkien-Literaturpreis. Dennoch hat Tolkien zweifellos wesentlich mehr Jünger, Anhänger und Nachfolger gefunden als sein langjähriger Freund und Mitstreiter. Dabei wäre der „Herr der Ringe“, der Tolkiens Ruhm und Popularität eigentlich erst begründete, ohne Lewis‘ Drängen und Fördern nicht fertig geworden, sondern Fragment geblieben. Beide Autoren unterstützten einander, wie sich das für Freunde gehört, aber sie kritisierten einander auch. Das ist für den Vorgebildeten manchmal spannend zu lesen, manchmal aber auch mit etwas Leerlauf verbunden. Die Schilderung von Lewis‘ Lebensumgebung in Oxford fand ich besonders uninteressant, obwohl sie seine Narnia-Bücher entscheidend beeinflusste.
Dieses Bild der zwei Autoren und ihres Verhältnisses zueinander vermittelt der Autor Duriez nicht ohne eigene kritische Distanz, vor allem gegenüber dem in vielen Büchern und Ansprachen oftmals predigenden Lewis. Das Bild ist ein echter Gewinn für den Kenner der beiden Autoren. Dass sich Duriez‘ Darstellung nachvollziehen und überprüfen lässt, verdanken wir seiner peniblen wissenschaftlichen Arbeit, die sich in den Anhängen niederschlug. Obwohl beide Autoren sich als Christen mit einer Mission verstanden, springt der Autor Duriez nicht auf diesen wohlfeilen Zug auf, sondern betrachtet die Zugfahrt aus sicherem Abstand, der alleine auch glaubwürdige Kritik erlaubt.
Das Buch wendet sich an Literaturwissenschaftler und weniger an Fans, die sich näher mit Tolkiens oder Lewis‘ Werk beschäftigen wollen. Der Laie findet hier vielmehr das philosophische und theologische Fundament erörtert, auf dem diese Werke entstanden. Außerdem handelt es sich um zwei parallele geführte Biografien. Doch jede Einzelbiografie ist ausführlicher, als es Duriez hier möglich ist. Insofern bietet das Buch eine bislang einzigartige Ergänzung im Kanon der bestehenden Sekundärliteratur über diese beiden maßgeblichen Autoren des 20. Jahrhunderts.
|Originaltitel: Tolkien and C. S. Lewis. The Gift of Friendship, 2003
304 Seiten
Aus dem US-Englischen von Christian Rendel|
http://www.narnia-welt.de
http://www.brendow-verlag.de/
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