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Thiemeyer, Thomas – Logan und Gwen (Das verbotene Eden 2)

Das verbotene Eden:

Band 1: David und Juna“
Band 2: „Logan und Gwen“
Band 3: „Magda und Ben“

Gwens Leben ist völlig aus der Bahn geraten. Juna hat sie verlassen … für einen Mann! Um sich von ihren Schuldgefühlen abzulenken, meldet Gwen sich freiwillig für ein Himmelfahrtskommando. Und gerät prompt in Gefangenschaft!

Wie sich in dieser Fortsetzung zu |Das verbotene Eden| herausstellt, ist die Frage, wie es mit David und Juna weitergeht, gar nicht relevant. Letztlich geht es darum, wie es mit den Zurückgebliebenen weitergeht. Dabei tauchen natürlich auch ein paar neue Charaktere auf.

Gwen war schon immer eher der häusliche, sorgende Typ. Nicht umsonst will sie unbedingt Heilerin werden. Das bedeutet aber nicht, dass sie völlig harmlos ist. Gwen weiß sich durchaus durchzusetzen, und wenn es drauf ankommt, beweist sie auch Mut und Kampfgeist.

Auch Logan sieht man den Kämpfer nicht unbedingt an. Er ist weder besonders groß noch besonders muskelbepackt. Dafür benutzt er im Gegensatz zu vielen anderen auch seinen Kopf. Außerdem ist er ziemlich gut darin, andere einzuschätzen. Und wie David hat er ein ausgeprägtes Gespür für richtig und falsch.

Cedric, dem Sohn von Logans Warlord, geht dieses Gespür vollkommen ab. Er ist ein hinterhältiger, eitler, ehrgeiziger Egomane, der Begriffe wie Verantwortung, Fairness oder Diplomatie unter P wie Papierkorb ablegt. Unnötig zu erwähnen, dass ein solcher Mensch ausgesprochen rachsüchtig reagiert, wenn jemand ihm einen Strich durch die Rechnung macht.

Schon bei der Charakterzeichnung des ersten Bandes fiel mir auf, dass Thiemeyers Charaktere nur mäßig Schattierungen aufweisen. Von Anfang an ist klar, wer die Guten und wer die Bösen sind, Grauzonen fehlen. Obwohl die Figuren ansonsten gut und nachvollziehbar angelegt sind, empfand ich diesen Punkt zunehmend als störend, vielleicht auch deshalb, weil die Personenkonstellation sich in beiden Büchern so sehr ähnelt: Für Juna und David kamen Gwen und Logan, für den Abt der Benediktiner kam Logans Vater Gunnar, für Amon kam Cedric. Eine Weiterentwicklung einzelner Charaktere wäre da womöglich hilfreich, getan hat sich diesbezüglich leider nichts. Selbst Edana, die nach den Vorfällen an der Raffinerie so überraschend mild reagierte, ist wieder genau dieselbe erbarmungslose Männerhasserin wie zuvor.

Auch die Handlung weist spürbare Parallelen auf. David wurde von den Frauen gefangen genommen, diesmal ist es Gwen, die in die Hand der Männer gerät; Amon war auf Juna eifersüchtig, Cedric ist eifersüchtig auf Logan. Das zieht sich durch nahezu die gesamte Grundhandlung. Die beiden Teile unterscheiden sich kaum darin, was geschieht, höchstens darin, wie es geschieht.

Dazu kommt, dass das Hauptaugenmerk natürlich auf Logan und Gwen liegt. Und auch diesmal hat sich der Autor viel Zeit damit gelassen, zunächst einmal die jeweilige Situation der beiden zu zeigen, ehe er sie zusammentreffen lässt. Bis es so weit ist, ist das halbe Buch gelesen. Richtig ernst wird es für die beiden erst auf den letzten hundert Seiten.

Da sich die Handlung so eingehend mit Logan und Gwen beschäftigt, bleibt für das Geschehen im Hintergrund, die Entwicklung hin zu einem erneuten Krieg, nicht mehr viel Raum, sodass die eigentliche Weiterentwicklung der Geschichte nahezu untergeht.

Einziger wirklich neuer und daher interessanter Aspekt waren die Zusammenhänge mit der Figur des Wanderers. Mit ihm ist allerdings ein Punkt ins Licht gerückt, den ich schon im ersten Band als unlogisch empfunden habe. Bereits dort fragte ich mich, warum die Stadt und ihre Umgebung keinen Kontakt zum Rest der Welt haben. Jetzt werden erstmals Wanderer erwähnt, Männer, die man in ihrer Funktion mit mittelalterlichen Barden und reisenden Geschichtenerzählern vergleichen könnte. Und doch erscheint mir das zu wenig. Gut, reisen ist gefährlich, aber das hat die Menschen noch nie davon abgehalten herauszufinden, was hinter dem Horizont liegt. Gibt es denn niemanden, der wissen will, wie das Leben in anderen Gegenden der Welt aussieht? Warum hat weder der Inquisitor noch der Rat der Frauen je versucht, dort vielleicht Verbündete zu finden? Neue Ressourcen zu erschließen? Verlorengegangenes Wissen aufzustöbern? Diese extreme Isolation erscheint mir höchst unwahrscheinlich.

Alles in allem bleibt zu sagen, dass das Buch nicht wirklich schlecht war. Auch der erste Band war ja nicht schlecht. Aber so richtig gefangennehmen konnte es mich auch nicht. Was im ersten Band noch einen erheblichen Teil der Faszination ausmachte, nämlich das Setting, ist jetzt bereits bekannt. Die neuen Figuren weisen starke Ähnlichkeit zu denjenigen auf, die nicht mehr dabei sind, gebliebene Figuren haben sich zu wenig entwickelt. Und die Handlung ist in ihren Grundzügen ebenfalls nahezu dieselbe. So las die Geschichte sich großteils wie ein riesiges Déjà-vu.

Ich hoffe deshalb sehr, dass der dritte Band etwas frischen Wind mitbringt. Der Titel „Magda und Ben“ klingt schon mal vielversprechend, und sei es nur, weil da offenbar Personen im Mittelpunkt stehen werden, die alt sind und bereits eine gemeinsame Vergangenheit haben. Wenn dazu noch etwas Bewegung in das Denken und Fühlen des einen oder anderen Charakters kommt, etwas mehr von der großen weiten Welt und etwas mehr Dynamik in die Ereignisse – immerhin droht da ein Krieg! – dann könnte der Abschluss der Trilogie durchaus noch einmal interessant werden.

Thomas Thiemeyer stammt aus Köln und arbeitete nach einem Geologie- und Kunststudium zunächst als Grafiker und Illustrator, eher er sich vermehrt dem Schreiben zuwandte. Sein Debutroman „Medusa“ erschien im Jahr 2004, seither hat er eine ganze Anzahl weiterer Romane geschrieben, nicht nur Thriller, sondern auch den Jugendbuchzyklus Die Chroniken der Weltensucher, der inzwischen aus vier Bänden besteht. Wann der letzte Teil von Das verbotene Eden erscheint, steht noch nicht fest.

Gebundene Ausgabe: 463 Seiten
ISBN-13: 978-3-426-65325-8

http://www.droemer-knaur.de/home
http://www.thiemeyer.de/

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Thiemeyer, Thomas – David und Juna (Das verbotene Eden 1)

Das verbotene Eden

Band 1: David und Juna
Band 2: Logan und Gwen (2012)
Band 3: -geplant- (2013)

Wir schreiben das Jahr 2080 und die Welt liegt in Trümmern. Die junge Juna ist auf dem Weg zu einem Dorf, aus dem ein Notsignal kam. Doch als sie eintrifft, ist schon alles vorbei. Ein Trupp Männer aus der Stadt hat das Dorf überfallen und nicht nur den freiwilligen Tribut eingetrieben, sondern auch Frauen misshandelt und den Tempel angezündet. Und offenbar haben sie das auch noch bei weiteren Dörfern vor. Juna ist fest entschlossen, das zu verhindern. Schließlich ist ihre Mutter die Hohepriesterin. Doch sie hat nicht damit gerechnet, dass ihre Mutter ihr gesamtes Weltbild ins Wanken bringen wird … sie und ein junger Mönch namens David!

Natürlich könnte man sich darüber streiten, wie logisch oder unlogisch die Entstehung der Ausgangssituation wohl ist. Ein mutiertes Virus, das die Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern in ihr Gegenteil verkehrt, und zwar bei allen Menschen, das klingt schon ein wenig phantastisch, vor allem, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich verschiedene Individuen auf ein und dieselbe Person reagieren können. Auch fragte ich mich, ob die Tatsache, dass Männer und Frauen sich nicht mehr ausstehen können, wirklich gleich in einen Bürgerkrieg münden muss. Aber im Grunde geht es ja wohl eher um die Frage, wie man mit einer solchen Katastrophe, wenn sie denn einträte, umgeht, und wie man aus der Patsche wieder herauskommt, in die man geraten ist.

Bei einem solchen Szenario begibt sich der Autor naturgemäß auf gewisses Glatteis. Das Geplänkel zwischen Männlein und Weiblein hat es schon immer gegeben, auch hier und heute, in der Regel mit einem Augenzwinkern. Genau dieses Augenzwinkern passt überhaupt nicht in den Kontext dieser Geschichte, sich allerdings ernsthaft damit auseinanderzusetzen, ohne dabei Klischees zu bedienen, verlangt durchaus Fingerspitzengefühl. Und man muss Thomas Thiemeyer lassen: er hat bei der Einarbeitung der unbestreitbar bestehenden, nicht-biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern jegliches Klischee und sämtliche Schwarz-Weiß-Malerei gekonnt vermieden. So entspricht die Nutzung der verbliebenen Technik – wie Autos, Feuerwaffen und Generatoren – tatsächlich eher dem männlichen Aspekt als dem weiblichen. Und obwohl auch in den Klöstern Gärten mit Kräutern und Gemüse gepflegt werden, beruht die Hauptversorgung der Männer auf den Tributzahlungen der Frauen. Die Frauen übernehmen hier eindeutig den produktiveren Part, was unter anderem daran liegt, dass sie die ländlichen Gebiete besiedeln, während die Männer in den Ruinen einer Stadt wohnen und damit weniger Raum und eingeschränkteren Zugriff auf Rohstoffe haben.

Ackerbau und Handwerk werden daher nahezu ausschließlich im Zusammenhang mit den Dörfern und der Hauptstadt der Frauen erwähnt, während die Männer sich hauptsächlich auf das verlassen, was aus der Zeit vor der Katastrophe übrig geblieben ist. Die einzige Ausnahme ist eine Klosterbibliothek, in der es Papierherstellung und Buchbinderei gibt.
Was religiöse Belange angeht, so sind die Männer noch immer Christen. Das höchste Amt innerhalb dieser neuen Kirche ist allerdings das eines Inquisitors, und der derzeitige Amtsinhaber ist ein ziemlich kriegerischer Mann, dessen Lieblingsbuch der Hexenhammer ist. Die Frauen dagegen haben sich verständlicherweise von dieser männlich dominierten Kirche abgewandt. Warum sie aus Gott allerdings nicht einfach eine Göttin gemacht haben, sondern gleich ein ganzes Pantheon davon, das ging aus der Geschichte nicht hervor. Hass und Hetze dagegen gibt es, ebenso wie Nachsicht und das Bemühen um Verständnis, auf beiden Seiten.

Da wäre zum einen Juna. Das junge Mädchen ist eine Brigantin, eine Kriegerin und Jägerin. Sie ist dazu erzogen, die Männer zu hassen, zu verabscheuen und zu verachten. Dennoch ist sie in der Lage, nicht alle über einen Kamm zu scheren, sondern diejenigen, die ihr begegnen, als Individuen zu betrachten. Zum Beispiel ist sie sich von Anfang an der Unterschiede zwischen David und Amon bewusst.

David ist ein junger Mönch, der gern allein ist und Bücher liebt. Er ist freundlich, wissbegierig und ein Romantiker, und da er sein Kloster kaum je verlassen hat, auch ein wenig naiv. Aber er ist auch mutig und hat ein ausgeprägtes Gefühl für richtig und falsch.
Amon dagegen ist zwar charmant und gutaussehend, aber auch gewalttätig und arrogant. Für ihn sind allein die Frauen schuld am Zusammenbruch der Zivilisation, andererseits ist er mit seinem Leben gar nicht so unzufrieden, denn es bietet ihm die Möglichkeit, Druck auf Schwächere auszuüben und seinen Aggressionen freien Lauf zu lassen.

Auch Junas Mutter ist der Überzeugung, dass nicht alle Männer schlecht sind, vor allem ist sie sich der Tatsache bewusst, daß Männer und Frauen einander brauchen, um nicht auszusterben. Frauen wie Edana, die miterleben musste, wie ihre Tochter vergewaltigt und umgebracht wurde, sind eher der Meinung, dass zur Fortpflanzung auch ein paar Sklaven genügen würden, und wollen die restlichen Männer am liebsten alle ausrotten.

Angenehm an dieser Charakterzeichnung ist, dass alle, selbst die größten Unsympathen und Hetzer, einen Grund für ihren Hass auf das andere Geschlecht haben. Das macht die Figuren nicht nur menschlich und nachvollziehbar. Anhand der einzelnen Personen und ihrer Schicksale wird auch deutlich, wie leicht es ist, in eine Spirale aus Gewalt zu geraten, und wie schwer, daraus wieder auszubrechen. Ein Lehrstück über die Pauschalität des Hasses und ihre Wirkung, unmittelbar anwendbar zum Beispiel auf den nahen Osten.

Ich fand das Buch durchaus faszinierend. Im Grunde passiert nicht allzu viel, und es dauert auch ein Weilchen, bis David und Juna aufeinandertreffen. Trotzdem gab es abgesehen von der Darstellung zweier verschiedener Gesellschaftsformen viele kleine Details, die auch in den ruhigeren Passagen das Interesse wachhielten, seien es nun Davids Fragen nach der Vergangenheit, das Geheimnis um seine Herkunft oder die Intrigen innerhalb des Rates der Frauen. Spannung entwickelte sich vor allem gegen Ende, wobei der Showdown sich weniger durch rasante Action als vor allem durch die Entwicklung von Davids Charakter auszeichnet. Das Ende fand ich dann ein wenig abrupt. Die Änderung von Edanas Gefühlen und ihrer Einstellung den Männern gegenüber kam mir zu plötzlich und wirkte nicht ganz glaubwürdig auf mich.

Abgesehen davon ist die Geschichte natürlich noch gar nicht zu Ende. Denn schließlich hat sich die Situation so stark verändert, dass sich die Frage stellt, wie es denn nun weitergehen soll mit David und Juna, die sich auf die Suche nach dem Ort namens Zuflucht gemacht haben. Und da sind wir wieder bei der Logik: denn bisher war der Handlungsort auf eine verfallene Stadt und ihre nähere Umgebung gerichtet, und die waren offenbar vom Rest der Welt völlig abgeschottet. In fünfundsechzig Jahren ist nicht ein einziges Mal irgendein Mensch von außerhalb in diese Zone eingedrungen. Wie merkwürdig! Vielleicht geben die Folgebände darauf eine Antwort.

Thomas Thiemeyer stammt aus Köln und arbeitete nach einem Geologie- und Kunststudium zunächst als Grafiker und Illustrator, eher er sich vermehrt dem Schreiben zuwandte. Sein Debutroman „Medusa“ erschien im Jahr 2004, seither hat er eine ganze Anzahl weiterer Romane geschrieben, nicht nur Thriller, sondern auch den Jugendbuchzyklus Die Chroniken der Weltensucher, der inzwischen aus drei Bänden besteht. Der Autor lebt und arbeitet heute in Stuttgart.

Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
ISBN-13: 978-3426283608

http://www.thiemeyer.de/

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)