Kahlan und Richard Rahl: Heilung vom Tod?

Zwei unerbittliche Generäle, Bischof Hannis Arc und der Geisterkönig Sulachan, führen eine riesige Totenarmee aus den hintersten Winkeln des D’Haranischen Reiches bis in dessen Zentrum. Doch ihr Ziel ist nicht die Zerstörung des Reiches, sie wollen die Welt der Lebenden vernichten.

Richard und Kahlan sind von einer Hexe mit der Essenz des Todes, dem „Todeshauch“, infiziert worden, was ihnen ihre Kräfte raubt und sie schließlich das Leben kosten wird. Sie müssen um jeden Preis den Palast des Volkes erreichen, um sich und das Reich zu retten. Doch die tödliche Bedrohung lauert überall… (erweiterte Verlagsinfo)

Viel näher, sagt die sie begleitende Hexe Irena, sei die Festung Saavedra, die von Bischof Hannis Arc verlassen worden sei. Dort gebe es ein Dämmfeld, um sie bei dem magischen Vorgang zu schützen – und ihre Umgebung. Doch niemand ahnt, dass die Festung in eine Falle umgewandelt worden ist, um Kahlan udn Richard darin zu fangen…

Der Autor

Mit seinem mehrbändigen Zyklus um „Das Schwert der Wahrheit“, die er 1994 begann, hat sich der 1948 in Nebraska geborene Amerikaner Terry Goodkind in die erste Reihe der meistverdienenden Fantasy-Autoren geschrieben. Heute lebt der ehemalige Rechtsanwalt in Neuengland.

Aus der Masse der High-Fantasy-Bücher heben sich seine Romane wie „Wizard’s First Rule“ oder „Stone of Tears“ durch eine nüchterne, wenn nicht sogar düstere moralische Vielschichtigkeit und durch Momente von Erfindungsreichtum – meist hinsichtlich unangenehmer Überraschungen – heraus.

Der Zyklus „Das Schwert der Wahrheit“ umfasst ein Dutzend Romane (in ersten deutschen Ausgaben jeweils aufgeteilt) und ist vorerst mit „Konfessor“ beendet worden. Mit „The Omen Machine“ scheint die Saga einen Neustart zu erleben.

Der Zyklus „Das Schwert der Wahrheit“

Band 0: Das Verhängnis der Schuld – Die Vorgeschichte von „Das Schwert der Wahrheit“ (Debt of Bones)

Band 1: Das erste Gesetz der Magie (Wizard’s First Rule 1)

Band 2: Der Schatten des Magiers (Wizard’s First Rule 2)

Band 3: Die Schwestern des Lichts (Stone of Tears 1)

Band 4: Der Palast des Propheten (Stone of Tears 2)

Band 5: Die Günstlinge der Unterwelt (Blood of the Fold 1)

Band 6: Die Dämonen des Gestern (Blood of the Fold 2)

Band 7: Die Nächte des roten Mondes (Temple of Winds 1)

Band 8: Der Tempel der vier Winde (Temple of Winds 2)

Band 9: Die Burg der Zauberer (Soul of Fire 1)

Band 10: Die Seele des Feuers (Soul of Fire 2)

Band 11: Schwester der Finsternis (Faith of the Fallen 1)

Band 12: Der Palast des Kaisers (Faith of the Fallen 2)

Band 13: Die Säulen der Schöpfung (The Pillars of Creation)

Band 14: Das Reich des dunklen Herrschers (Naked Empire, 2003; dt. im Sept. 2004)

Band 15: Die Magie der Erinnerung (Chainfire, 2004, dt. im Mai 2006)

Band 16: Das Ende der Welten (Phantom, 2006, dt. im April 2007)

Band 17: Konfessor (Confessor, 2008)

Band 18: Wahrheit (The First Confessor, 2012)

Der Zyklus “Die Legende von Richard und Kahlan”

1) Dunkle Omen (The Omen Machine, August 2011)

2) Das Reich der Jäger (The Third Kingdom, 2013)

3) Die Seelen der Toten (Severed Souls, 2014)

4) Das Herz des Bösen (Warhead, 2015)

III) The Nicci Chronicles: erscheint bei uns vorausichtlich nicht.

IV) Die Kinder von D’Hara: erscheint in 2021.

Vorgeschichte

Richard Rahl und seine geliebte Gattin Kahlan haben triumphiert. Die Bedrohung durch den finsteren Kaiser Jagang ist endgültig beseitigt, und endlich kehrt Frieden in D’Hara ein. Doch nicht für lange! Ein uraltes Orakel, das sich noch nie geirrt hat, prophezeit eine Katastrophe, die nicht nur Richard und Kahlan treffen wird, sondern jeden Menschen und alle Geschöpfe. Es scheint nur eine Möglichkeit zu geben, das Unheil abzuwenden – und der Preis dafür ist höher, als ihn ein Sterblicher zu zahlen vermag… (Verlagsinfo)

Die Heckenmagd Jit, eine Hexe, hat im Auftrag des Bischofs Lord Arc Richard und Kahlan mit dem Hauch des Todes infiziert, bevor sie starb (siehe „Dunkles Omen“). Sie brauchen schleunigst ein Heilmittel, denn die Kräfte von Richards Großvater Zedd und der Zauberin Nicci reichen dafür nicht aus. Doch glücklicherweise haben sich ihnen zwei vertriebene Frauen der nördlichen Gegend, Irena und Samantha, angeschlossen, die über eine bestimmte Art von Magie verfügen, die Nicci und Zedd nicht geläufig ist: Okkultismus.

Handlung

Nachdem die Heckenhexe Jit sie vergiftet hat, verfügen Richard und Kahlan über keinerlei Magie mehr, weder Konfessoren- noch Sucher-Magie. Schlimmer noch: Das Gift des Todeshauchs wird auch sie in Bälde dahinraffen. Immer wieder werden Richards Truppen in den nördlichen Ebenen und Schluchten von Shun-tuk-Halbmenschen angegriffen, die auf Geheiß des wiedererweckten Kaisers Sulachan und des Nekromanten Bischof Hannis Arc nach Richard und Kahlan suchen. Die Gefechte sind verlustreich, denn die Shun-tuk wollen nicht nur die Körper der Lebenden fressen, sondern vor allem an deren Seelen. Und zwar bevor die jeweilige Seele hinter den Schleier ins Reich des Todes gelangen kann, wo sie sicher wäre.

Das Dritte Königreich

Bei einem aufschlussreichen Verhör eines gefangenen Halbmenschen finden Richard und seine Gefährten heraus, was diese Wesen antreibt: Durch die Inbesitznahme und Einverleibung frischer Seelen hoffen sie auf ein zweites Leben, und zwar nicht im Reich der Lebenden, sondern im kommenden Dritten Königreich: dem Reich der Toten, das Sulachan im Reich der Lebenden errichten wird. Ewiger Tod auf einer wüsten Erde – das ist das Ziel. Richard und Kahlan aber wollen Sulachan und Lord Arc möglichst „lebend“, und dafür stünden in der Totenwelt bereits „Dunkle Geister“ bereit, um sie zu quälen: Dämonen.

Okkulte Magie

Während er Richard von den Seelenjägern erzählt, lässt der Halbmensch unbemerkt seine okkulte Magie auf ihn wirken. Er wird schwächer – und ein markiertes Zielobjekt der Seelenjäger. Weil die Dorfhexe Irena und ihre Tochter Samantha seine Seele im Diesseits bewahren, ist er Richard in der Lage, eine geniale Strategie zu entwickeln, die den Verlauf der bevorstehenden Schlacht gegen die Shun-tuk beeinflussen wird. Man müsse sie lediglich in eine geschickte aufgestellte Falle locken, die die Besonderheit des Talkessels ausnutze, welcher sich nur nach einer Seite öffne, nämlich in eine Schlucht, die bergauf führt.

Ein letzter Kampf

Gesagt, getan, selbst wenn dieser Plan für ein Rückzugsgefecht Richard als Köder vorsieht und mehrere Unwägbarkeiten enthält. Werden die Shun-tuk darauf hereinfallen? Die anschließende Schlacht, an der Richard nur dank der Energie, die ihm das Schwert der Wahrheit verleiht, teilnehmen kann, scheint den erhofften Verlauf zu nehmen und sich in die trügerische Schlucht zu verlagern. Zedd, sein magischer Großvater, und Nicci, seine ebenso magiebegabte Freundin (eine ehemalige „Schwester der Finsternis“), lassen ihre Kräfte ebenso walten wie die junge Samantha, die endlich den Schlüssel zu ihrer eigenen Gabe entdeckt: Luftzauber. Doch dann tauchen grinsende Shun-tuk-Magier auf, die okkulte Magie anwenden…

Mein Eindruck

Mit Müh und Not wird auch dieser letzte Angriff abgewehrt. Die Hexe Irena drängt die beiden Hauptfiguren, Richard und Kahlan, dazu, das Gift des Todeshauchs schleunigst loszuwerden, sonst hätten sie nur noch wenige Tage zu leben. Tatsächlich habe sie und ihre Tochter bereits Richard von der Schwelle des Todes zurückholen müssen. Wenn jetzt also Nicci auf einmal Kahlan gegenüber behauptet, man könne Irena nicht trauen, so stößt sie erst einmal auf taube Ohren. Kahlan traut lieber ihrem neuen Schoßtier, einer Art pelziger Luchs, dem sie einen Dorn aus der Pfote entfernt hat und der sich nun als dankbarer Begleiter erweist. Er führt die Gefährten durch ein gefahrenreiches System von Schluchten, durch das sie quasi die Hintertür zum Tal der Festung Saavedra erreichen und passieren.

Ein plötzlicher Tod

Der Autor schindet meines Erachtens sechs Kapitel lang – und es sind stets nur kurze Kapitel von maximal fünf bis sechs Seiten Länge – indem er erst Nicci mit Kahlan diskutieren lässt und anschließend Zedd mit Richard. Zedd hat die Nase voll von all diesen Kämpfen: Es werde immer Kämpfe zwischen Gut und Böse geben, warum sich also nicht mal kurz eine Auszeit gönnen? Allerdings hat Richard keine zeit mehr und findet es auch nicht so eine tolle Idee, die Welt, deren Herrscher er mittlerweile geworden ist, dem Bösen und dem Tod überlassen. Dass Zedd schon in der Nacht nach diesem Gespräch auf mysteriöse Weise im Wald enthauptet wird, scheint Richards Befürchtungen Recht zu geben. Zedds plötzlicher Tod kommt für ihn und Kahlan wie ein Schock. Sie können ihn sich nicht erklären, denn es gibt keinerlei Spuren oder Hinweise auf die Identität des Täters.

Die Falle

Dieser Durchhänger erweist im Nachhinein als ein genau kalkuliertes retardierendes Element, wie er früher häufig als vierter Akt im klassischen Drama genutzt wurde. Diese künstliche Verlangsamung, in der die Helden und Heldinnen den Kampf zu verlieren scheinen, wird gleich darauf gefolgt von einem Schlussakt, in der es heftig zur Sache geht: dem Finale. Der Verräter in der Mitte der Gefährten muss sich doch irgendwann mal zu erkennen geben, hofft der Leser, oder einen Fehler machen. Weil dieser Moment lange auf sich warten lässt, ist der Leser gut beraten, genau auf die Aktionen und Worte der einzelnen Gefährten zu achten.

Denn nun erweist sich die Festung Saavedra, auf deren spezielle Einrichtung Richard und Kahlan all ihre Hoffnung gesetzt haben, als eine sorgfältig nur für sie vorbereitete Falle. Sie hat nur einen Zweck: Ihre Seelen endgültig von ihren Körpern zu trennen, ihnen vorher aber noch die eine oder andere Prophezeiung abzuringen.

Prophetie

Womit wir beim eigentlichen Thema dieses Zyklus wären: Prophetie. Von Anfang an geht es in der „Omen-Maschine“ um Vorhersagen. Später erfahren Richard und Kahlan, dass Bischof Hannis Arc systematisch alle Prophezeiungen sammelt, derer er und sein Untergebener Dreier (Band 2) habhaft werden können. Tatsächlich hatte es der Bischof und Nekromant von Anfang an auf Richard und Kahlan abgesehen, um ihnen Prophezeiungen zu extrahieren.

Denn Richard ist das höchste und mächtigste Wesen unter den Menschen auf mehr als nur einer Ebene: Er ist der vor 3000 Jahren vorausgesagte (Band 2) „Bringer des Todes“. Aber wie dieses Epitheton genau zu verstehen ist, muss sich erst noch erweisen. Erst mit Richards Tod, soviel ist gewiss, endet alle Prophetie, werden alle Prophezeiungen annulliert.

Das Dritte Königreich

Weil es jedoch Richards ureigenstes Bestreben ist, alle Menschen nach ihrer Fasson glücklich werden zu lassen, indem er ihnen die FREIHEIT dazu verschafft (wie er zu Zedd sagt), können alle Prophezeiungen, die die Zukunft festlegen, auch erst mit seinem Tod ungültig bzw. wertlos werden. Um diese Freiheit herbeizuführen, muss er also sterben. Und zwar möglichst noch vor Errichtung des Dritten Königreichs, das den Tod, wie ihn die Menschen bislang gekannt haben, völlig aufräumt: Dann werden nur noch gefangene, gequälte Seelen wie die Shun-tuks über die wüste Erde herrschen. Das Dritte Königreich, das Arc und Sulachan errichten, verfolgt quasi ein anderes Geschäftsmodell: Nicht Leben ist das Ziel der Existenz hienieden, sondern Leben im Tod, quasi ein Zombie-Halbleben. Für alle. Mit einem Geisterkaiser als Oberherrn. Schon die Vorstellung lässt den Leser erschaudern, und Richard erst recht.

Ein Wort zur Unzeit

Die letzte Prophezeiung, die Kahlan zu hören bekommt, versetzt sie selbst in Seelenqualen: Die Dorfhexe Red (der wir in den Nicci Chronicles wiederbegegnen) sagt voraus, dass Nicci Richard töten werden, aber erst nachdem sie, Kahlan, ermordet worden sei. Na, prächtig. Damit ist für schlaflose Nächte gesorgt. Die Ironie an der Sache: Es kommt genauso, wie es Red vorhergesagt hat, nur unter völlig anders anderen Vorzeichen…

Die Übersetzung

Die Übersetzung hat wieder Caspar Holz angefertigt, der nach nunmehr etwa 30 Jahren absoluter Experte für die Welten von Terry Goodkind sein dürfte.

S. 31: „Von dem Flammen umhüllte Gestalten…“: Hier hätte man das Wort „dem“ getrost weglassen können.

S. 201: „als Trösterin und Beschützer[i]n gebraucht zu werden.“ Das I fehlt.

S. 204: „ein Ausdruck höchsten Anerkennung“: Der Genitiv verlangt eine andere Endung des Adjektivs : „Ausdruck höchster Anerkennung“.

S. 210: „Wir habt Ihr es bis hierher geschafft?“ Statt „Wir“ müsste es korrekt „Wie“ heißen.

S. 250: „Die genau[e] Anzahl…“ Das E fehlt.

Unterm Strich

Dieser dritte von vier Bänden der „Legenden von Richard und Kahlan“ endet, wie zu erwarten, mit einem Cliffhanger: Da muss noch ein Band für das Finale kommen. Da dies für den gewieften Fantasy-Leser von vornherein klar sein dürfte, lässt sich nur erhoffen, so viel Unterhaltung wie möglich geboten zu bekommen. Die erste Hälfte dieses Bandes erfüllt die Erwartungen voll und ganz – etwa bis zum Ende meiner stark verdichteten Inhaltsangabe. Danach folgt eine langsame, actionlose Strecke, die den Figuren Raum zum Nachdenken lässt: Soll diese Hetze ewig so weitergehen?

Um das unvermeidliche Finale dieses Bandes zu erreichen, schlägt die Handlung eine neue Richtung ein: erst ein lange Wanderung voll tödlicher Gefahren, der überraschende Verlust von Zedd und schließlich der Überlebenskampf in der Festung Saavedra. Verrat und Gegenverrat, erfüllte Prophezeiungen, Todeskämpfe und vieles mehr halten die Aufmerksamkeit des Lesers bei der Stange und den Pulsschlag auf Trab. Zumindest bis zum erwähnten Cliffhanger, dessen Auflösung hoffentlich im Folgeband „Das Herz des Bösen“ erfolgt.

Taschenbuch: 634 Seiten
Originaltitel: Severed Souls, 2014.
Aus dem Englischen von Caspar Holz.
ISBN-13: 9783734160349
https://www.randomhouse.de/Verlag/Blanvalet/1000.rhd

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