Terry Goodkind – The Girl in the Moon / Mondmädchen. Thriller (Angela Constantine 01)

Der Schutzengel mit dem Killerinstinkt

Angela Constantine, 21, ist als Kurier und Barkellnerin tätig, doch bei diesen Jobs hat sie Gelegenheit, ihre besondere Superkraft einzusetzen: Sie kann einen Killer erkennen, wenn sie ihm in die Augen sieht, und von seinen Erinnerungen ablesen, wen er getötet hat. Nachdem Sie von vier mexikanisch aussehenden Männern gefangengenommen, vergewaltigt und für tot zurückgelassen worden ist, kann sie sich befreien und beschließt Kampfsportmethoden zu erlernen, die sie auch ohne Messer und Pistole zu einer tödlichen Person machen.

Unterdessen sind die vier mexikanisch aussehenden Typen an einem koordinierten Angriff auf die Vereinigten Staaten beteiligt. Das, was Angela ihnen als letzter Kurier in der Kette überbracht hat, gehört zu den umfangreichen Gerätschaften, um eine Atombombe im herzen Amerikas zu zünden. Doch weil sie ihnen entwischt ist, wollen sie Vergeltung üben und Angela ein für alle Mal ausschalten. Da sind sie aber an die Falsche geraten. Doch kann Angela auch den großen Angriff stoppen?

Der Autor

Mit seinem mehrbändigen Zyklus um „Das Schwert der Wahrheit“, die er 1994 begann, hat sich der 1948 in Nebraska geborene Amerikaner Terry Goodkind in die erste Reihe der meistverdienenden Fantasy-Autoren geschrieben. Heute lebt der ehemalige Rechtsanwalt und Geigenbauer in der Wüste von Nevada.

Aus der Masse der High-Fantasy-Bücher heben sich seine Romane wie „Wizard’s First Rule“ oder „Stone of Tears“ durch eine nüchterne, wenn nicht sogar düstere moralische Vielschichtigkeit und durch Momente von Erfindungsreichtum – meist hinsichtlich unangenehmer Überraschungen – heraus.

Der Zyklus „Das Schwert der Wahrheit“ umfasst ein Dutzend Romane (in ersten deutschen Ausgaben jeweils aufgeteilt) und ist vorerst mit „Konfessor“ beendet worden. Mit der vierbändigen Serie „Die Legende von Richard und Kahlan“ verzeichnete Goodkind einen weiteren Erfolg.

Handlung

Angela Constantine ist ein Freak, schon immer gewesen, und sie weiß es. Ihre Mutter Sally hat schon während ihrer Schwangerschaft alle Arten von harten Drogen eingeworfen, vor allem Kokain, Heroin und Crystal Meth. Auch während Angelas Kindheit und Jugend gierte sie nach Drogen und verkaufte dafür ihren Körper, und als der verfiel, verkaufte sie Angelas Körper – an Dealer, User, Verrückte, Partygäste und knallharte Biker. Die einzigen Familienangehörigen, die Angela je geholfen haben, waren ihre Großeltern. Opa Vito brachte ihr das Schießen mit der Pistole bei, Gabriella päppelte sie mit köstlichen Speisen und ihre ganzen Liebe auf. Nachdem beide erschossen worden waren, haben sie Sally zwar das Haus in der Stadt Milford Falls (Bundesstaat New York) vererbt, Angela aber die Jagdhütte im Wald.

Lautlos

Die Jagdhütte liegt in einem ausgedehnten Naturschutzgebiet in den Appalachen, aber die Förster regen sich immer auf, wenn Angela draußen Schießübungen abhält. Also hat sie sich auf einen Schalldämpfer für ihre Pistole verlegt und bevorzugt im Nahkampf lautlose Messer. Sie benutzt seit eh und je eine Kaliber 22 Beretta, die von Opa Vito stammt. Wenn Männer in Barry’s Bar marschieren, wo Angela nachts kellnert, ahnen sie nicht, dass sie sich ihrer Haut zu erwehren weiß. Angela, der Freak, hat mittlerweile eine bemerkenswerte Fähigkeit entwickelt: Sie kann einen Killer an seinen Augen erkennen. Zudem liest sie aus seinen Erinnerungen, was er getan und wie viele Menschen er getötet hat. Das Beste: Sie erfährt, wo er seine Opfer entsorgt hat.

Owen

So wie jetzt bei diesem harten Typen, der sich Owen nennt. Sie behauptet, sie stehe nur auf harte, böse Jungs, denn Weicheier würden sie nicht antörnen. Also erzählt er ihr, was sie beeindrucken soll: Er habe jemanden umgelegt. Umwerfend. In seinen Erinnerungen liest sie, dass er die verheiratete Krankenschwester Carrie Shannon, eine mehrfache Mutter, auf brutalste Weise umgebracht hat. Obwohl die Polizei tagelang nach ihrer Leiche gesucht hat, wurde sie nicht gefunden, was ihren engsten Familienangehörigen bislang keine Möglichkeit gab, mit ihrem Verlust abzuschließen. Das will Angela heute Nacht ändern. Sie weiß genau, dass sie sich in Gefahr begibt, aber Owen ahnt nicht, wie tödlich Angela sein kann…

Jerusalem

Der israelische Geheimdienst Mossad hat sich der Leistungen einiger Personen mit einer besonderen Fähigkeit versichert. In der Altstadt von Jerusalem, wo es jederzeit zu einer Terrorattacke kommen kann, steht ein unauffälliger jungen Mann mit einem traurigen Gesicht, der mit aufmerksamen Augen die Menge aus Touristen und Einheimischen nach Auffälligkeiten absucht. Uziel hat wie Angela die Fähigkeit, einen Killer an dessen Augen zu erkennen. Dank seiner Dienste ist kürzlich ein iranischer Agent festgenommen worden. Heute entdeckt er einen Frauenmörder. Sobald sein Führungsoffizier Jack Raines seine Meldung entgegengenommen hat, erfolgt die Festnahme sofort.

Aufgrund seiner Aktivität ist die Gegenseite inzwischen auf solche menschlichen Scanner aufmerksam geworden und hat Personen angeworben, die wiederum die Scanner erkennen können und töten sollen. In dem Chaos nach einem vermeintlichen Selbstmordattentat in der Altstadt gelingt es einem dieser Gegenagenten, den jungen Scanner mit einem Stich ins Herz zu töten und sofort unerkannt unterzutauchen. Der freischaffende Mossad-Agent Jack Raines, der ihn schützen sollte und wollte, macht sich schwere Vorwürfe. Er hat schon einmal einen Scanner verloren, eine junge Frau, die ihn für einen Spinner hielt – bis zu ihrer Ermordung. Als sein Kollege Ehud meldet, der vermeintliche Selbstmordattentäter stamme aus Mexiko, kann sich Jack nur wundern: Was, zum Geier, wollte ein Mexikaner hier in Jerusalem?

Milford Falls

Tagsüber arbeitet Angela als Kurierin für vertrauliche Dokumente. Ihre Auftraggeber sind häufig Anwälte, die vertraulichen Schriftwechsel mit Behörden und Gerichten möglichst schnell und zuverlässig bewältigen wollen. Nachdem Angela volljährig geworden ist und einen Gewerbeschein erworben hat, darf sie ganz legal arbeiten. Sie hat immer eine Pistole in der Mittelkonsole ihres Pickup-Trucks versteckt und ein Messer im Stiefel stecken.

Diesmal gibt es einen lukrativen Auftrag von einem Kurierdienstagenten, und Angela zögert nicht, den Auftrag anzunehmen: Der Lohn ist doppelt so hoch. Die Adresse ist nämlich sehr schwer irgendwo im verfallenen Industriegebiet von Milford Falls zu finden. Aber sie kennt sich einigermaßen aus, und obendrein hat sie von Opa Vito eine alte Stadtkarte geerbt. Doch als sie die Fabrikhalle betritt, merkt sie gleich, dass sie mit Ungemach rechnen muss. Es sind die vier schrägen Mexikaner, die am Vorabend in Barry’s Bar saßen, während sie Owen abschleppte, um ihn auf ihre spezielle Weise zu eliminieren.

Doch Miguel, Pedro und die anderen beiden überwältigen die Kurierin im Handumdrehen und zeigen ihr das Schreiben, das der Sendung beigelegt war, die sie gerade gebracht hat: Der Kurier soll umgelegt werden. Doch vor diesem Grande Finale haben die „Mexikaner“ mehr ihr eigenes Vergnügen im Sinn. Sie hat keine Chance, sich gegen die Massenvergewaltigung zu wehren, und auch das Aufhängen mit einem alten Strick muss sie über sich ergehen lassen. Während die vier Mexikaner mit ihren Gerätschaften die Fabrikhalle verlassen, lassen sie Angela zurück. Doch statt zu ersticken, gelingt es ihr, sich zu befreien – sie hat ja ein Messer in einem ihrer Stiefel, den ihnen die Kerle nicht ausgezogen haben…

Grenzkontrollstation Oeste Mesa, Kalifornien

Der Killer, der den Scanner in Jerusalem getötet hat, und der Offizier, der den mexikanischen Selbstmordattentäter nach Jerusalem schickte, sitzen gemeinsam in einem LKW, der vor der Grenzkontrollstation Oeste Mesa, Kalifornien, auf seine Abfertigung wartet. Sie wissen, dass ihre ganz spezielle Ladung keinesfalls durch die Detektoren für Gamma- und Neutronenstrahlung kommen würde. Daher sorgen die jahrelang rekrutierten und ausgebildeten Helfer dafür, dass erst der Funk und der Strom an der ausgedehnten Kontrollstation ausfallen. Ein Tanklaster lässt sein Benzin ab, welches in Brand gesetzt wird. Kampfhunde werden aus einem Viehtransporter freigelassen und stürzen sich sofort auf die US-Beamten.

Alles klappt wie am Schnürchen. Am Schluss der Aktion, nur ein bis zwei Minuten später, liegt die Kontrollstation in Trümmern, die Beamten sind tot und der Qualm brennenden Benzins verfinstert den blauen Himmel über der Wüste. Im Chaos fällt der LKW mit der verborgenen radioaktiven Spezialladung nicht weiter auf, und alle Polizeiautos und Ambulanzen sind in der Gegenrichtung unterwegs. Der Weg ins Herz Amerikas ist frei. Dort soll der eigentliche Angriff stattfinden…

Jerusalem

Der Mossad ist über die zahlreichen terroristischen Angriffe, die an fast allen amerikanischen Grenzübergängen gleichzeitig stattfinden, ebenso bestürzt wie die US-Behörden selbst, die für den Heimatschutz und die Terrorabwehr zuständig sind. Seltsamerweise sind auf den Überwachungsvideos Mexikaner zu sehen, die sich aber wie Islamisten verhalten: Sie nehmen ihren Märtyrertod in Kauf.

Dieses Muster kommt Jack Raines vertraut vor: Es passt zu dem „Mexikaner“, der sich in der Altstadt von Jerusalem in die Luft sprengen wollte. Und auf den Videos vom Oeste Mesa Grenzkontrollpunkt erkennt Jack zu seinem Entsetzen ein bekanntes Gesicht: Es ist der Attentäter, der kurz nach dem Ablenkungsmanöver seinen Scanner erstochen hat! Dass der Attentäter jetzt in die USA eindringt, kann nichts Gutes bedeuten. Das digitale Dossier, das über diesen Cassiel vorliegt, bezeichnet ihn als internationalen Killer, der dem iranischen Geheimdienst in die Hände fiel. Die Iraner setzen Cassiel nun offenbar für ihre eigenen Zwecke ein. Aber worin bestehen diese?

Mein Eindruck

Obwohl dies nach einem halbwegs realistischen Jason-Bourne-Agententhriller klingt, so handelt es sich doch auch um einen verkappten Superhelden-Comic, der zufällig in Prosa geschrieben wurde. Die spezielle Superkraft, über die Angela verfügt, ist das Gedankenlesen von Mördern. Nicht die angenehmste Superkraft, die man sich vorstellen kann. Sie hat sie auch keineswegs freiwillig erworben, sondern musste mehrere mentale Durchbrüche erleben, um ihre Kraft zu voller Stärke entfalten zu können. Sie selbst betrachtet die Gabe erst als Fluch, dann aber erkennt sie (sehr zu unserer Freude), dass ihre Mission auf Erden darin besteht, Mörder unschädlich zu machen. Insbesondere Mörder von unschuldigen jungen Frauen wie Carrie Shannon.

Mit anderen Worten: Angela ist – nomen est omen – ein Schutzengel. Aber einer von der dunklen Sorte. Das besagt bereits ihr an der Kehle eintätowiertes Wort „Dark Angel“. Dass sie sich wie ein Mördermädel aus „Sucker Punch“ ausstaffiert, verwundert nicht die Leser, sondern nur ihre Gegner: arschknappe Hotpants, Soldatenstiefel, knappes nabelfreies Top – und natürlich ein platinblonder Pagenschnitt, dessen Haarspitzen blutrot gefärbt sind. Dass sie eine erstklassige Schützin ist, versteht sich von selbst. Fertig ist das Killer-Babe-Klischee.

Action & Erotik

Der Leser sollte sich auf äußerst blutige, handfeste Actionszenen gefasst machen. Wie fast immer bei Goodkind gehen Action und Erotik eine unheilige Allianz ein, was aber seinem Verkaufserfolg offenkundig keinen Abbruch getan hat: 28 Millionen verkaufte Bücher sprechen für ein erprobtes Erzählrezept. Wann immer es zu Action kommt, wundern sich Angelas Gegner über ihre erotische Ausstrahlung: Sie sehen zuerst die Frau und das Opfer, dann erst die drohende Gefahr – zu spät! Genau darauf zählt Angela, und ihr Erfolg gibt ihr recht. Jack verfolgt die Anschläge, die sie auf die Killer verübt, mit fasziniertem Grauen. Denn woher kommt dieses eiskalte Kalkül, mit dem sie einen Killer nach dem anderen ausschaltet und Vergewaltiger Mores lehrt?

Der Fluch der Gabe

Diese Frage bekommt Angela – und somit der Leser – erst ganz am Schluss beantwortet. Ihre Mutter Sally hat sie immer „The girl in the moon“ genannt (siehe den Titel). Denn nur der Mond ist erhaben und unerreichbar, schaut aber auf die Narren auf der Erde herab, auf die „verlorenen Seele“, wie Sally sagt. Denn als Mutter hat sie versagt, hat kein eigenes Leben gehabt, sondern immer nur der Sucht und dem Rausch gefrönt. Es wird nie gesagt, aber ich argwöhnte bald, dass der Grund für Sallys Rausch-Sucht ihre eigene, verdrängte Gabe ist, Mörder und Vergewaltiger erkennen zu können.

Die Gabe wird in der italienischen Familie Constantine weitergereicht. Das ist auch der Grund, warum Cassiel, der Superkiller, alle Constantines in Neapel ausgelöscht hat – bis er in den USA auch an Angelas Großeltern gelangte, um sie hinzurichten. Denn das letzte, was ein Killer gebrauchen kann, ist ein Scanner, der ihn und seine wahre Natur erkennt. Als Jack Raines diesem Zusammenhang auf die Spur kommt – der Mossad besitzt entsprechende Dossiers – eilt er in die USA, um Angela zu rekrutieren und zu beschützen. Er ahnt nicht, worauf er sich da einlässt…

Der Teufel im eigenen Haus

Angela ist ein Freak und lebt allein im Wald. Das allein ist bereits Grund genug, sie als Opfer wahrzunehmen, wenn man ein männlicher Ausbeuter oder Killer ist. In einer nicht besonders schmeichelhaften Nebenhandlung zeigt der Autor, was mit einem Freak, der über eine besondere Fähigkeit (sprich: Superkraft) verfügt, passiert, wenn er den Behörden in die Hände fällt. Angela wird verhaftet, einer (noch) sanften Art von Folter (Schlafentzug, Durst, Hunger usw.) unterzogen und soll ein Geständnis unterzeichnen, sie stecke mit den Terroristen unter einer Decke. Der Gärtner wird zum Bock gemacht.

Dem Leser werden im Verlaufe dieser Szenen einige unangenehme Wahrheiten über die zerstörerische Natur der US-Regierungsbehörden vermittelt: Jede Waffe, die der Selbstverteidigung dient, ist höchstwahrscheinlich illegal; jede übernatürliche Fähigkeit macht das Opfer zu einem gemeingefährlichen Irren. Solche Freak-Opfer lassen sich jedoch ausgezeichnet dazu benutzen, sich selbst bzw. die Behörde zum Helden zu stilisieren. Ihre Folterknechte versuchen das jedenfalls nach Kräften.

Der Haken dabei: Die meisten solchen Behörden sind entweder supergeheim, also vor der Presse verborgen, oder illegal bzw. verborgen finanziert – oder beides. Jack Raines ist einmal einer ihrer Mitarbeiter gewesen, bevor er seine „besondere Fähigkeit“ zu sehr herausstellte und geschasst wurde. Jetzt kennt er alle megapeinlichen Geheimnisse dieser Behörden und droht damit, diese ultrageheimen Informationen hinauszuposaunen – der informationelle Super-GAU droht. Nur dank dieser Brechstange gelingt es ihm, Angela zu helfen und sie den Klauen der ruhmgeilen Terroristenjäger zu entreißen.

Showdown

Es wäre wirklich zu einfach, wenn Jack und Angela den Terroristenjägern helfen würden, die eingeschmuggelte Atomwaffe unschädlich zu machen, damit alles in Friede, Freude, Eierkuchen endet. O nein: Es gibt eine zweite, viel größere Atomwaffe. Aber wo? Und wann wird sie detonieren? Welchen Schaden kann sie anrichten? Und werden sie rechtzeitig eintreffen, alle Terroristen umlegen und die Waffe vorm Explodieren bewahren können?

An dieser Stelle erreicht die Unwahrscheinlichkeit des Plots eine neue Ebene. Die Superkraft in Angelas Kopf wird auf eine neue Probe gestellt, aber schließlich auch ihre eigene Feuerkraft…

Textfehler

Der recht einfach geschriebene Text enthält eine ganze Reihe von Druckfehlern. Dabei zeigt sich, dass das Rechtschreibprogramm zwar gut wirkte, aber die Sinnfehler nicht fand.

S. 73: „She was growing up and ready [to] take on more responsibility.“ Das Wörtchen „to“ fehlt.

S. 241: Der Halbsatz „but it would do them do good“ ergibt erst dann einen Sinn, wenn man „do“ durch „no“ ersetzt.

S. 273: „A stayed with Barry until I heard the sirens.“ Statt „A“ muss es ebenfalls „I“ heißen, damit der Satz einen Sinn ergibt.

S. 319: „and so they were only to[o] eager to leak to the press.“ Statt „to“ muss es „too“ heißen.

S. 378: „The explosives the terrorists had rigged were massive to insure that no one at the site survived.“ Da es einen feinen Unterschied zwischen „to insure“ (versichern) und „to ensure“ (sicherstellen) gibt, ist an dieser Stelle „to ensure“ das passendere Wort.

S. 474: „She[’s] a better shot with a twenty-two than anyone I’ve ever seen.“ Schon wieder fehlt ein Wörtchen. „is“ ist hier zu „’s“ abgekürzt.

Die Art und Weise, wie die Figuren reden, ist stark der aktuellen US-Umgangssprache angenähert. Daher ziehen sie Wörter stets zusammen, wann immer es möglich ist und lass auch gerne mal ein adverbiales „-ly“ weg. Das ist keineswegs gutes Englisch.

Unterm Strich

Dieser Superhelden-Comic in Prosa stellt die Fähigkeit des Lesers, seinen Unglauben zu verdrängen und an die unwahrscheinliche Story zu glauben, auf eine harte Probe. Doch jedem Leser, der an Marvels Superhelden glaubt, macht das nichts aus: Wir drücken Angela, dem dunklen Schutzengel der Erdlinge, die Daumen, dass sie die USA vor einer doppelten Atomexplosion bewahrt. Es ist nicht nur die Art und Weise, wie sie ihre Erkenntnisse erhält, die uns verwundert: direkt aus dem Gehirn der Übeltäter. Und das ist mitunter wörtlich zu nehmen…

Sexuelle Gewalt

Dass Vergewaltigung und andere Mittel der Unterdrückung von Frauen schon immer ein Thema dieses Autors war, zeigte mir schon der zweite Band der Serie „Das Schwert der Wahrheit“. Das war vor einem Vierteljahrhundert. Angela ist wie Magda Searus in dem Roman „Wahrheit“, die das besagte „Schwert der Wahrheit“ schmiedet (siehe meine Rezension), eine Befreierin von Frauen und ihre Beschützerin. Angela muss wie Magda selbst durch die Hölle gehen, um ertragen zu können, was die Killer nun mal wehrlosen Frauen antun – und dann zurückzuschlagen: Auge um Auge, Zahn um Zahn – so lautet ihr alttestamentarisches Gesetz. Die andere Wange hinzuhalten, überlässt sie schwächeren Frauen, beispielsweise ihrer Mutter Sally, die sich verkauft, um am Leben gelassen zu werden.

Superhelden-Comic

Wenn sich also amerikanische Amazon-Kritiker über die vielen Vergewaltigungsszenen in diesem Roman echauffieren und das Buch entsprechend abwerten, handeln sie m.E. heuchlerisch: Sie kennen ihren Goodkind gut genug, um zu wissen, wozu er fähig ist: zu weit mehr als die üblichen Thrillerautoren. Und sie haben nicht erkannt, dass er hier im Grunde einen Superhelden-Comic geschrieben hat, den auch junge Leser verstehen sollen. Immer wieder werden wesentliche Informationen wiederholt, und zwar so häufig, dass man sich als Erwachsener für blöd verkauft vorkommt.

Gegen ADHS

Mein Verdacht daher: Irgendeine pingelige Lektorin hat Goodkind das Manuskript um die Ohren gehauen und ihn dazu verdonnert, all diese Stellen nachzutragen, damit sie auch jeder junge YouTube-Junkie mit ADHS-Syndrom versteht. Alle, die diese Infos nach fünf Minuten bereits wieder wegen ihrem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom vergessen haben, bekommen also ihr Gedächtnis aufgefrischt. Das wäre Eric Van Lustbader nicht passiert: Er hat seine Lektorin immer an seiner Seite – seine Ehefrau Victoria Schochet (die selbst eine feine Romanautorin ist).

Taschenbuch: 498 Seiten
Originaltitel: The Girl in the Moon, 2018
ISBN-13: 9781788545662

www.headofzeus.com

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