J. R. R. Tolkien – Der Herr der Ringe. Die Komplettlesung

Der Fantasyklassiker schlechthin, endlich komplett vorgelesen

Ein verlängertes Wochenende in Mittelerde – hier ist das Ticket zu lösen! Fast 60 Stunden Eintauchen in den Kontinent der Phantasie, den Professor Tolkien mit dem „Herrn der Ringe“ geschaffen hat. Mögen auch die Meinungen über die Aussage auseinandergehen und vor allem der Mangel an weiblichen Figuren beklagt werden, so bleibt doch dieses Epos die Urmutter aller Fantasy in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Und immer noch wird an der Verarbeitung dieses Stoffs gestrickt. 2011 soll die Verfilmung des „Hobbits“ in unsere Kinos gelangen.

In dieser Audio-Box bekommt der Tolkien-Fan die ungekürzte Lesung von zwei der besten Sprechkünstler deutscher Zunge geboten: Achim „Gandalf“ Höppner und Gert Heidenreich.

Der Autor

John Ronald Reuel Tolkien wird am 3. Januar 1892 in Bloemfontein in Südafrika geboren. Bei einem Verwandtenbesuch in England im Jahre 1896 stirbt Johns Vater an den Folgen eines Blutsturzes. Die Tolkiens, John, sein älterer Halbbruder Hilary und seine Mutter Mabel, bleiben daraufhin in England und werden von ihrer Familie finanziell unterstützt. Im Jahre 1900 entscheidet Mabel sich dazu, vom Protestantismus zum katholischen Glauben zu wechseln. Das empört ihre Familie, die ihr daraufhin den Geldhahn zudreht.

Vier Jahre später, am 14. November 1904, stirbt Mabel in einem diabetischen Koma. John und sein Halbbruder werden von einer Tante aufgenommen, und John geht an eine königliche Schule und bekommt ein Stipendium für das Exeter College in Oxford, das er 1913 mit Auszeichnung verlässt. Während dieser Zeit lernt er auch Edith Bratt kennen, die er 1916 heiratet. Kurz nach der Heirat muss er aber für das Königreich in den Ersten Weltkrieg ziehen. 1916 ist er in Frankreich stationiert und wird schwer krank. Dieser Krankheit hat er zu verdanken, dass er im gleichen Jahr nach Hause kann und nie mehr in den Krieg ziehen muss. Schon während dieser Zeit beginnt er an dem [„Silmarillion“ 4483 zu arbeiten.

1918 bringt Edith das erste von fünf Kindern zur Welt: John Francis. Die drei ziehen nach Oxford, wo Tolkien sein angefangenes Sprachstudium wieder aufnimmt und beendet. Im Oktober 1920 kommt der zweite Sohn Michael zur Welt. Im selben Jahr zieht die Familie nach Leeds, weil John dort einen Platz als Dozent an der Uni bekommt. 1924 wird John zum Professor berufen und sein dritter Sohn Christopher kommt zur Welt. Dieser sorgt nach dem Tod seines Vaters dafür, dass alle Manuskripte vervollständigt und veröffentlicht werden. Ein Jahr später gewinnt John die Wahl zum Angelsächsischen Professor an der Uni in Oxford. Die Familie zieht wieder zurück nach Oxford.

1929 legt Tolkien den Grundstein zu [„Der Hobbit“. 481 Außerdem wird seine erste Tochter geboren: Priscilla. Im folgenden Jahr beginnt Tolkien mit dem Manuskript zum „Hobbit“. Sieben Jahre später, am 21. September 1937, erscheint dann der „Hobbit“ bei |Unwin| und erhält viele positive Buchkritiken. Das Buch wird unter anderem mit dem „New York Herald Tribune“- Jugendpreis ausgezeichnet.

Im nächsten Jahr hat Tolkien schon konkrete Vorstellungen vom [„Herrn der Ringe“, 1330 weil Raynor Unwin um eine Fortsetzung des „Hobbits“ gebeten hatte. Tolkien unternimmt mehrere Anläufe und schreibt jedes Mal den Anfang komplett neu. Nach dem Start herrscht aber wegen des Zweiten Weltkriegs, in dem zwei seiner Söhne dienen, erst einmal eine künstlerische Pause, die bis 1947 dauert. Erst jetzt fängt er wieder an, am „Herrn der Ringe“ zu arbeiten. Zwei Jahre später ist das Buch dann fertig, wird aber erst 1954/55 veröffentlicht, da Tolkien den „Herrn der Ringe“ zusammen mit dem „Silmarillion“ und mit allen Anhängen herausbringen wollte. Der Verlag verlangt aus Kostengründen (Papier war rationiert und teuer), dass das Buch in drei Teile aufgeteilt wird, die nacheinander erscheinen.

Am Anfang sind die Bücher nicht besonders erfolgreich, werden als absurd und schwer verständlich eingestuft. Erst nach dem |Ace|-Raubdruck ca. 1966 wird das Buch vor allem bei amerikanischen Studenten beliebt und schließlich zweimal verfilmt.

Im Jahre 1968 zieht Tolkien wegen seiner Frau noch einmal um, und zwar ins das Seebad Bournemouth, welches die Familie aus Urlaubsbesuchen kennt. Am 19. November 1971 verstirbt Edith an den Folgen einer Gallenblasenentzündung. Tolkien zieht wieder nach Oxford um, wo er als Ehrenmitglied auf dem Unigelände wohnt. Er erhält von der Queen den „Kommandeursorden des Britischen Empires“ (CBE). Außerdem hat er die Hoffnung, sein Lebenswerk, das „Silmarillion“, noch vor seinem Tod fertigstellen zu können. Aber Tolkien stirbt am 2. September 1973 achtzigjährig im Krankenhaus, als er gerade ein paar Freunde besucht. Im Jahre 1977 veröffentlicht sein Sohn Christopher das „Silmarillion“ nach radikaler Überarbeitung und bringt noch andere Bücher seines Vaters heraus.

J. R. R. Tolkien (1892-1973) verschlang schon als Schüler „Beowulf“ und die Abenteuer des Artus-Ritters [Sir Gawain 479 auf Mittelenglisch. Tolkien studierte in Oxford und wurde mit 32 Jahren zum Professor für mittelalterliche englische Literatur. Er lehrte nahezu 40 Jahre lang und gab u. a. ein mittelenglisches Wörterbuch heraus, das bis heute auf diesem Gebiet zu den Standardwerken zählt. Sein besonderes Interesse galt jedoch der Mythologie, den Sagen und Märchen. Tolkien zufolge spiegeln all diese Geschichten – auch die von ihm selbst erdachten – einen Funken ewiger Wahrheit wider.

Die Sprecher

|Achim Höppner| arbeitete nach seiner Schauspielausbildung und dem Studium der Germanistik, Kunst- und Theatergeschichte als Schauspieler und Regisseur. Viele Jahre war er erfolgreich für Film, Funk und Fernsehen tätig, vor allem in den Bereichen Synchronisation, Hörspiel, Lesung und Radiofeature. Er synchronisierte weltberühmte Filmfiguren, unter anderem Jon Voigt in „Staatsfeind Nr. 1“, den Gandalf in „Der Herr der Ringe“ und James Rebhorn in „Der talentierte Mr. Ripley“. Als Ausgleich suchte der renommierte Sprecher jedoch so oft wie möglich den direkten Kontakt zum Publikum in Rollen und (szenischen) Lesungen. Nachdem er den erstenn Teil des „Herrn der Ringe“ vertont hatte, starb er im November 2006.

|Gert Heidenreich|, 1944 in Eberswalde geboren, studierte alte und neue deutsche Literatur, Theaterwissenschaft, Soziologie und Philosophie in München. Zwischen 1967 und 1983 arbeitete er als Theaterautor und wurde journalistisch und publizistisch tätig, überwiegend für Radiosender, für |Die Zeit| und die |Süddeutsche Zeitung|. Seit 1970 berichtet er in Reportagen über seine Afrika-Reisen. Seit 1972 ist er auch als Sprecher für Rundfunkanstalten, Fernsehen und Hörbuchverlage tätig. Heidenreich ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und des Deutschen PEN-Zentrums. Heute lebt er als freier Schriftsteller mit seiner Frau in Oberbayern. Für den |Hörverlag| hat er die Bände zwei und drei von Tolkiens „Herr der Ringe“ eingelesen und löste dabei den verstorbenen Achim Höppner, die deutsche Synchronstimme Gandalfs, ab.

Regie führte Angela Kuhn, die Technik steuerte Christoph Panizza vom Giesing Team, München.

Handlung von Teil 1 „Die Gefährten“

Der Zauberer Gandalf, ein alter Freund der Hobbits im Auenland, trifft rechtzeitig zum 111. Geburtstag des Hobbits Bilbo Beutlin in ein. Bilbo übergibt beim lange geplanten Abschied von der Heimat einen goldenen Ring an seinen Neffen Frodo, der gerade „großjährig“ geworden ist. Diesen Ring hatte er einst einem Wesen namens Gollum abgenommen (vgl. [„Der kleine Hobbit“). 5219 Bilbo geht nach Bruchtal, einem Refugium der Elben. Gandalf findet durch Recherchen in der Stadt Gondor heraus, dass Frodos goldener Ring der beherrschende Ring der Macht ist, den der dunkle Herrscher Sauron schmiedete, um alle anderen Ringe der Macht – die der Elben, der Zwerge und der Menschen – zu beherrschen.

Gandalf findet auch heraus, dass Sauron bereits seine Ringgeister in Gestalt schwarzer Reiter ausgesandt hat, um den Ringträger zu töten und den Einen Ring zu ihm zu bringen. Auf Gandalfs Geheiß muss Frodo deshalb mit seinem Freund Sam Gamdschie schleunigst das Auenland verlassen und sich mit Pippin Tuk nach Bruchtal durchschlagen. Dort schließt sich ihnen Merry Brandybock an. Die Begegnung mit dem uralten Menschenwesen Tom Bombadil im Alten Wald und mit dem Grabdämon in den Hügelgräberhöhen bereiten die Hobbits auf weitere Abenteuer vor. In der Grenzstadt Bree nimmt ein zwielichtiger Waldläufer sie unter seine Fittiche. Ein erster Angriff der Schwarzen Reiter im Gasthaus schlägt durch eine List Streichers fehl.

Der Kampf auf der Wetterspitze

Dieser „Streicher“, wie er genannt wird, kann aber einen zweiten Angriff der Ringgeister auf dem Berg Wetterspitze nicht verhindern, bei dem Frodo durch eine vergiftete Klinge schwer verwundet wird. Der plötzlich auftauchende Elb Glorfindel bringt Frodo auf seinem schnellen Pferd mit knapper Not vor den Schwarzen Reitern in Sicherheit nach Bruchtal. An der Furt des Bruinen-Flusses beschwört Glorfindel die Flussgeister herauf, die Reiter des Feindes zu verschlingen. Dies gelingt, und Frodo erlebt es nebulös noch mit, bevor sein Geist in Bewusstlosigkeit versinkt.

Frodo erwacht genesen in Bruchtal, im Haus des Halbelben Elrond. Er trifft seinen Onkel Bilbo wieder, der in nur wenigen Monaten beträchtlich gealtert ist, aber inzwischen sein Buch „Hin und wieder zurück“ fertiggestellt hat, in dem er seine Abenteuer mit den Zwergen und dem Drachen unter dem Einsamen Berg erzählt („The Hobbit or There and Back Again“).

Elronds Rat

Ein Rat der Freien Völker Mittelerdes beschließt unter Elronds Vorsitz, den Einen Ring nicht zu benutzen, sondern in den Feuern des Schicksalsbergs zu zerstören. Allerdings muss man sich dazu ins schreckliche Land Mordor unter die Augen Saurons wagen. Frodo nimmt die Aufgabe freiwillig auf sich, denn alle anderen zerstreiten sich in dieser Frage. Aragorn, der einstige „Streicher“ und König im Exil, verabschiedet sich von seinem Schwiegervater Elrond.

Der Ringträger geht nach Süden, zuerst Richtung Rohan, muss wegen Wargen umkehren, dann über das Nebelgebirge, doch als durch Saruman auch dieser Weg blockiert wird, in die düsteren Minen von Moria, einem einstigen Zwergenreich. So will es der verräterische Zauberer Saruman, der Chef der Zauberer. Doch Gandalf ahnt, welcher Schrecken in Moria auf ihn wartet. Dennoch hat er keine Furcht und stellt sich seiner Aufgabe.

Handlung von Teil 2 „Die zwei Türme“

Nach Boromirs Tod und Gandalfs Sturz sind die Gefährten in drei Gruppen zersplittert, doch müssen sie sich weiterhin mit Sarumans und Saurons Schergen auseinandersetzen. Aragorn, Gimli und Legolas jagen die Uruk-hai und Nord-Orks, die Merry und Pippin verschleppten, vier Tage lang bis an den Rand des alten Fangorn-Waldes, wo sie auf Reiter aus Rohan treffen, die ihnen eine schlimme Nachricht überbringen: Die Pferdeherren Rohans unter dem Kommando Eomers haben die Bande Uruk-hai und Orks bis auf den letzten Mann getötet. Sie haben keine Halblinge gesehen. Sind ihre Freunde tot? Eomer warnt Aragorn vor König Théoden und der Erwähnung Gandalfs.

Ringträger Frodo und sein Freund Sam treffen unterdessen im Gebirge auf die schizophrene Kreatur Gollum, die ihnen den Weg zu Saurons Reich weist – zuerst zum Schwarzen Tor, später durch das gondorische Waldland Ithilien. Dort werden sie von Faramir, dem Hauptmann der Waldläufer Gondors und Borormirs Bruder, gefangen genommen. Die Versuchung des Ringes wirkt auf den Hauptmann ein. Wird er Frodo ziehen lassen?

Doch Merry und Pippin sind den Uruk-hais und Orks entkommen, woraufhin sie im Fangornwald in den Baumhirten mächtige Verbündete gefunden haben, während Aragorn, Gimli und Legolas sich als letzte Hoffnung für das Volk von Rohan erweisen. Unerwartet ist auch die Begegnung mit dem totgeglaubten Gandalf, der sich nun in weißer Gestalt als energischer Heerführer erweist.

Sie befreien den König von Rohan, Théoden, vom Bann Sarumans und verjagen Sarumans Agenten Gríma Schlangenzunge. Theodens Nichte Eowyn verliebt sich in den feschen Recken Aragorn. Doch statt sich Sarumans Horden und den Wilden Menschen von Dunland zu stellen, die Théodens Sohn auf dem Gewissen haben, zieht sich das Volk Rohans zurück in die uneinnehmbare Festung von Helms Klamm. Aragorn, seine Gefährten und die Truppen des Königs organisieren die Verteidigung. Die Horden Sarumans attackieren die Festung.

Handlung von Teil 3 „Die Wiederkehr des Königs“

Das Heer Sarumans, das Helms Klamm erobern wollte, ist geschlagen, und sogar Isengart selbst wurde zerstört. Die Getreuen um Gandalf sehen es mit Genugtuung: Die Baumhirten und Huorns haben ganze Arbeit geleistet. Was aus Saruman und Schlangenzunge wurde, erfahren wir, als die Hobbits ins Auenland zurückkehren. Zeit also, weiterzuziehen und in Edoras einen draufzumachen.

Doch weil der vorwitzige Pippin den Feind mit Hilfe eines der Sehenden Steine Sarumans informiert und alarmiert, muss Gandalf pronto nach Minas Tirith, um in Gondor nach dem Rechten zu sehen: Denn dort wird der aufgescheuchte und fehlgeleitete dunkle Herrscher zuerst zuschlagen. Vor seiner Abreise drängt er jedoch König Théoden, Gondor mit seinen Rohirrim zu Hilfe zu eilen. Der denkt aber im Traum nicht daran, da er ja von Gondor im Stich gelassen wurde und zudem gerade selbst eine Schlacht erfolgreich geschlagen hat.

In Minas Tirith stehen die Dinge nicht zum Besten, wie Gandalf und Pippin bald erkennen müssen. Der Statthalter der Könige, Truchsess Denethor, denkt gar nicht daran, einem dahergelaufenen, abgerissenen Waldläufer, der Anspruch auf den Königsthron erhebt, die Machtstellung dieses uralten Reiches zu überlassen. Doch um die Festung zu verteidigen, opfert er gerne seinen einzigen, ihm nach Borormirs Tod noch verbliebenen Sohn, Faramir.

Osgiliath, die alte Stadt im Strom Anduin, ist den Orks und Uruk-hai, in die Hände gefallen, nachdem angreifende Nazgûl auf ihren Flugbestien die Menschen in Angst und Schrecken versetzt haben. Wie Stukas fallen sie auch über die nach Minas Tirith Fliehenden her, bevor Gandalf sie mit seinem Zauberstab und dem Licht Anors vertreiben kann. Doch das ist nur die Vorhut Saurons, und schon bald ist Minas Tirith eingeschlossen und belagert.

Gandalf und Pippin entzünden das Leuchtfeuer, das die Hilfe Rohans herbeirufen soll. Das Signal wird über die gesamte Bergkette des Weißen Gebirges gen Westen weitergegeben, bis man es auch in Edoras erblickt: Es ist ausgerechnet Aragorn, der Théoden diese Nachricht bringt und ihn um Beistand für sein eigenes Königreich bittet. Théoden macht eine Wendung um 180 Grad und befiehlt seinem Heer, auszurücken und nach Minas Tirith zu reiten: Es sind drei Tagesritte vom Sammelpunkt Dunharg aus. Frau Eowyn und Merry sollen zwar daheim bleiben, schaffen es aber irgendwie, unerkannt mitzureiten. Werden sie rechtzeitig eintreffen, um die Festung zu retten?

Aber die Zahl der Rohirrim wird nicht ausreichen. Nachdem Aragorn von Elrond das wiederhergestellte Schwert Elendils, das jetzt „Flamme des Westes“ (Andúril statt Narsil) heißt, erhalten hat, reitet er mit Legolas und Gimli in die Unterwelt, um dort bei den Toten Hilfe zu suchen. Anders als Odysseus jedoch sucht er nicht Rat, sondern den Beistand der Untoten, die vor 3400 Jahren seinem Vorfahren die Lehnstreue versagt hatten und dafür den Tod im Leben erdulden müssen. Als Lohn für ihre Gefolgschaft verspricht ihnen Aragorn Erlösung von ihrem Fluch und endlich Seelenfrieden. Die Zeit drängt, denn die Korsaren von Umbar segeln nach Minas Tirith, um sich Saurons Streitmacht anzuschließen.

Der wichtigste Handlungsstrang betrifft wohl die gefahrvolle Reise von Frodo und Sam. Denn alle Siege wären nutzlos, wenn dem Feind der Eine Ring in die Hand fiele. Ihr Führer Gollum/Sméagol offenbart nun seine ganze Heimtücke. Erst bringt er die Freunde Frodo und Sam auseinander, weil er Frodos Misstrauen, das ihm der Ring einflößt, nach Kräften schürt. Als Folge eines vermeintlichen Verrats schickt Frodo Sam nach Hause. Nun hofft Gollum, dass die Riesenspinne Kankra, die in den Bergen hinter Minas Morgul haust, sich Frodo schnappt und er, Gollum, den Einen Ring zurückerobern kann. Gollums Plan scheint aufzugehen. Frodo wird vom Feind gefangen.

(Diese Chronologie orientiert sich an den parallelen Handlungssträngen, nicht an der Buchaufteilung.)

Mein Eindruck

Die Geschichte Mittelerdes reicht in Tolkiens Roman zunächst rund 3000 Jahre zurück, bis zu jener Entscheidungsschlacht, als die verbündeten Heere der Menschen (unter Isildur) und der Elben (unter Gil-galad) die Armeen des Dunklen Herrschers Sauron besiegten. Im Zweikampf verlor Sauron nicht nur seine Hand, sondern auch seinen Meisterring und damit auch seine leibliche Existenzform. Sein Geist bestand im Ring fort, der dann später im Strom Anduin verlorenging.

Nun, 3000 Jahre danach, muss der Ring seine Reise wieder nach Osten antreten und dorthin zurückkehren, wo er geschmiedet wurde: im Vulkan des Schicksalsbergs, mitten in Mordor selbst. Mit der Erfüllung von Frodos Mission, den Einen Ring zu zerstören, schließt sich der Kreis – und das Dritte Zeitalter findet seinen Abschluss, die Ära der Herrschaft der Menschen beginnt. Die alten Götter sind tot: der halbgöttliche Maia Sauron und sein Verbündeter Saruman. Aber auch die Unsterblichen verlassen Mittelerde: die Elben. Und die Hauptstadt der Zwerge, Khazad-dûm, später Moria genannt, ist längst untergegangen. Bleiben also noch die Menschen – und die Hobbits in ihrem von Gandalf geschützten Reservat.

Ein Schöpfungsmythos

Unter diesem größeren Blickwinkel ist „Der Herr der Ringe“ ein alternativer Schöpfungsmythos für eine Vorgängerwelt zu unserer Welt: Mittelerde. Dieses Charakteristikum hat Tolkiens Roman mit den großen Schöpfungsmythen der Erde gemeinsam: mit dem „Kalevala“ der Finnen oder dem Gilgamesch-Epos Mesopotamiens, mit dem Osiris-Mythos der alten Ägypter oder der Artus-Legende der keltischen Völker Britanniens. Denn wie es im Vorspann der Verfilmung heißt: „Aus der historischen Wahrheit wurde Erzählung, aus der Erzählung Legende, und aus der Legende Mythos“. Das Spektrum dieser Geschichten ist fließend, ein Kontinuum.

Deshalb kann nicht nur Tolkien einen Roman darüber schreiben, sondern auch die Lesung vorgeben, eine historische Begebenheit zu erzählen – denn beide erzählen den Stoff, aus dem der Mythos ist. Und dem ist die vierte Dimension der messbaren Zeit gleichgültig, denn er birgt eine überzeitliche Wahrheit: die Story davon, dass und wie es möglich ist, dass das Gute das Böse besiegt – in jedem einzelnen Lebewesen, wie der Kampf um den Ring zeigt.

Frodos Machtprobe

Nicht umsonst bietet Frodo jedem der Mächtigen den Besitz des Ringes an. Dies ist eine Probe, wie man es mit der Macht hält. Nacheinander lehnen Gandalf, Galadriel und Aragorn den Besitz des Ringes ab, doch Boromir, ein edler Kämpfer der Menschen von Gondor, nicht. Man kann sich fragen, worin er sich von Aragorn unterscheidet, der doch ebenso ein edler Krieger der Menschen ist und ein künftiger König obendrein. Doch während Boromir den Ring als Instrument der Machterweiterung betrachtet, ist er für Aragorn etwas anderes: Der Ring ist selbst eine Macht, denn in ihm wohnt der Geist des Maia Sauron. Und den kann man weder für die eigenen Zwecke einsetzen noch bezwingen.

Doch besseres Wissen reicht nicht, wie Boromir kurz vor seinem Tod zeigt, als er den Ringträger angreift. Es muss bei Aragorn offenbar noch ein weiterer Faktor hinzukommen, um ihn immun gegen die Verlockung des Rings zu machen. Ich denke, es ist die Liebe Arwens, der Elbin, die ihrer Unsterblichkeit entsagt, um einen Sterblichen lieben und heiraten zu können (dies ist erst der zweite oder dritte derartige Fall in den drei Zeitaltern Mittelerdes, von dem uns Tolkien berichtet), die es Aragorn ermöglicht, materielle Macht, das Versprechen des Rings, abzulehnen. (Hinweis: Arwen kommt nur in den Anhängen vor, nicht im Roman.)

Die Rolle von Freiheit und Liebe

An zahlreichen Stellen betont der Autor, wie wichtig es ist, dass Frodo das Tragen des Rings freiwillig auf sich nimmt: nicht um das Ding und seine Macht für sich zu besitzen (Bilbo erzählt, wozu dies führt), sondern um die Aufgabe für seine Freunde, die ja die Weltbevölkerung repräsentieren, zu erfüllen. Nachdem er diese Aufgabe bei Elronds Rat freiwillig auf sich genommen hat, ist es ihm möglich, sie bis zum Ende auszuführen, und sei die Bürde noch so schwer. (Der Ring verändert sich ja, je mehr Frodo sich Mordor nähert und somit dem Herrn der Ringe. Der Ring erscheint Frodos Geist am Schluss wie ein feuriger Mühlstein, den er um den Hals trägt und der ihn zu Boden zieht.)

Die Sprecher

a) Höppner

Höppner spricht nur den ersten Teil, da er leider verstarb. Achim bzw. Joachim (es gibt beide Schreibweisen, aber auf dem Hörbuch steht überall Achim) Höppner ist bekanntlich die Stimme Gandalfs in der deutschen Synchronisation von Peter Jacksons Verfilmung des „Herrn der Ringe“. Daher fällt es ihm leicht, mit der entsprechenden Autorität vom Großen Ringkrieg in Mittelerde zu erzählen.

Dem epischen Tonfall ist der Sprecher ebenso gewachsen wie der Aufgabe, mal ein Lied oder Gedicht vorzutragen. Mit einer gewichtigen Einschränkung: Die Lieder singt er nicht mit einer Melodie, sondern mit einer Art Skandieren, einem rhythmisierten Vortrag in gehobenem, epischem Tonfall. Von Lied kann eigentlich keine Rede sein.

Meinen größten Respekt hat sich der verstorbene Sprachkünstler aber mit der korrekten Aussprache aller Namen erworben. Ich konnte keinen einzigen Fehler entdecken. Und wenn man sich den in den drei Booklets mitgelieferten Namenskatalog mal ansieht, bekommt man eine Ahnung, was für eine enorme Leistung dies ist.

b) Heidenreich

Gert Heidenreich erweist sich bei „Herr der Ringe II und III“ als optimale Besetzung für den Sprecherpart. Ich fand ihn sogar noch eindrucksvoller als Höppner, denn er liest nicht so schnell und lässt dadurch den Tonfall einer Rede besser zum Ausdruck kommen. Wenn sich beispielsweise die Uruk-hai mit den Nord-Orks streiten, so klingen jede Menge Anspielungen durch: wunderbar.

Gesang und Gedichte

Eines der Hauptmerkmale von „The Hobbit“ und „The Lord of the Rings“ sind Lieder und Gedichte. Leider werden sie in den Verfilmungen von „Herr der Ringe“ so gut wie gar nicht berücksichtigt. Nur einmal singen die Elben, aber auch nur in der Extended Version, „A Elbereth Gilthoniel“.

Im vorliegenden Text trifft den überraschten Hörer daher die geballte Ansammlung von Lied und Gedicht mit unverminderter Wucht. Ein höchst heikler Moment, denn man bangt ja, ob der Sprecher diese Aufgabe bewältigen kann. Verfügt er über eine musikalische Stimme, kann er überhaupt einen Ton treffen bzw. halten? Die Erleichterung ist dementsprechend riesig, als Heidenreich alle Erwartungen bestens erfüllt.

Bemerkenswert ist Heidenreichs Aussprache. „Minas Tirith“ hat ein echtes, stimmloses TH, doch „Theoden“ spricht er mit einem T statt TH. Und noch kurioser ist die Aussprache des Orknamens „Grishnákh“: [grischnach]. Woher der Sprecher die Berechtigung nimmt, aus kh ein ch zu machen, ist unklar, aber es erscheint plausibel. In vielen englischen Texten sollte ein kh als ch ausgesprochen werden, doch die Angelsachsen können das nicht – oder erst nachdem sie das Deutsche oder Hebräische kennengelernt haben.

Geräusche und Musik gibt es keine, daher brauche ich kein Wort mehr darüber zu verlieren.

Die Booklets

Jedem Hörbuch liegt ein dickes Begleitbuch von jeweils 96 Seiten Umfang bei, insgesamt also fast 300 Seiten. In diesem Booklet lässt sich eine Menge Hintergrundmaterial unterbringen. So sind etwa die kompletten „Anhänge“ zum „Herrn der Ringe“ inklusive Landkarten, Kalendern, Stammtafeln und Aussprachehilfen enthalten.

Das Vorwort des Autors Tolkien eröffnet das erste Booklet. Eine Biografie des Autors und des jeweiligen Sprechers setzt den Reigen fort. Die Booklets für Band zwei und drei liefern eine inhaltliche Zusammenfassung des vorhergehenden Bandes, so dass man nicht bei null anfangen muss, sollte man mit dem Anhören einmal aussetzen.

Der Verlag weist im Booklet darauf hin, dass Marcel Büllen und Gernot Katzer von der Deutschen Tolkiengesellschaft geholfen haben, die Informationen im Booklet zusammenzutragen und für die korrekte Aussprache der Namen im Text zu sorgen. Das ist ein sehr löbliches Vorgehen, dessen Ergebnis die Fans – wie mich – sicher freuen dürfte.

Die Übersetzung

Ich war überrascht von der Modernität der Übersetzung Wolfgang Kreges. Hier musste ich mich daran gewöhnen, moderne Wirtschaftsbegriffe an den Kopf geworfen zu bekommen (was allerdings kein Problem darstellte), und dass sich die Figuren wie heute siezen statt sich mit „Ihr“ und „Euch“ anzureden. Dass Sam seinen Arbeitgeber und Freund Frodo als „Chef“ bezeichnet, erscheint plausibel.

In einem Vergleich zwischen der alten und der neuen Übersetzung habe ich festgestellt, dass Krege an vielen Stellen erstens genauer übersetzt, also vollständiger und zutreffender, und zweitens auch moderner. Aus „Herr“ wird dann „Chef“ und so weiter. Das finde ich, muss ich zugeben, voll in Ordnung. Moderne Fantasy soll modern klingen und nicht wie das 19. Jahrhundert.

Unterm Strich

Alle Weihnachten wieder wird im Free-TV „Der Herr der Ringe“ gezeigt. Inzwischen hat sich Peter Jacksons Verfilmung zum Nonplusultra der Filmversionen gemausert (wobei ich niemals eine TV-Verhunzung des Epos zu sehen hoffe). Doch wer Jacksons Handlungsverlauf mit dem Original vergleicht, wird schnell auf Millionen Unterschiede stoßen, angefangen mit dem fehlenden Tom Bombadil und den übergangenen Hügelgräberhöhen bis hin zur dominanten Arwen-Aragorn-Beziehung. Schnell fragt man sich, inwieweit man der Jackson-Version trauen kann. Bei Unsicherheit sollte man auf das Original zurückgreifen. Dies ist nun mit der Komplettlesung uneingeschränkt möglich.

Das Buch enthält jede Menge Lieder, dass man meinen könnte, man befinde sich auf einer aufs Poetische versessenen Welt. Dabei ist es lediglich so, dass in den mythischen Vorzeiten – als „Beowulf“ und die isländischen Eddas geschrieben wurden – die mündliche Überlieferung die vorherrschende Form darstellte, genau wie einst bei Homer. Also wollte der Autor dieses wesentliche Merkmal seiner etwas altertümlichen Welt entsprechend berücksichtigen. Das stellt jeden Vorleser vor eine gewisse Herausforderung, die verschieden gut gemeistert wird.

Das komplette Hörbuch

Obwohl das Hörbuch weder Musik noch Geräusche aufbietet, vermag es doch sehr gut zu unterhalten. Dies ist einzig und allein den hervorragenden Sprechern zu verdanken. Achim Höppner und Gert Heidenreich ziehen alle Register und charakterisieren eine große Anzahl von Figuren auf unterscheidbare und doch stets einheitliche Weise. Die Szenen schildert besonders Heidenreich mit spürbarer Begeisterung und einem feinen Sinn für die Ironie einer Situation. Beide können die Lieder und Gedichte kompetent vortragen, doch nur Heidenreich kann sie auch mit einer Melodie singen.

Ich kann gar nicht genug betonen, was für eine großartige Leistung die beiden mit dieser Lesung vollbracht haben. Besonders Höppner beherrscht den epischen Ton der Vorlage ebenso wie die Poesie der Lieder, aber auch die Aussprache der vielen Namen absolut korrekt. Seine Schwäche besteht darin, dass er zu schnell liest, so als habe er nicht genügend Zeit gehabt. Das wurde mir besonders in den Kapiteln „Der Alte Wald“ und „Nebel auf den Hügelgräberhöhen“ besonders deutlich – schade. Heidenreichs Stärke hingegen ist die Nuancierung der Dialoge und Charakterisierung. Schwächen konnte ich nicht feststellen, aber seine Aussprache der Namen ist manchmal etwas eigenwillig, zum Beispiel bei „Grishnákh“.

Auch wenn die Lesung weder Musik noch Geräusche kennt, so ist sie doch als Vortrag das Nonplusultra, das man hinsichtlich des „Herrn der Ringe“ bekommen kann.

Fazit: ein Volltreffer.

Originaltitel: The Lord of the Rings, 1954/55
3482 Minuten (ca. 58 Stunden) auf 45 CDs
Aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Krege, Gedichte übersetzt von E.-M. von Freymann
ISBN-13: 9783867173117

http://www.hoerverlag.de

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

_Mehr „Herr der Ringe“ und J. R. R. Tolkien auf |Buchwurm.info|:_

[„The Lord of the Rings“ 1330 (Hörspiel)
[„Das Silmarillion“ 4483 (Hörbuch)
[„Das Silmarillion“ 408
[„Der Hobbit“ 5219 (Hörbuch)
[„Der Hobbit“ 130 (Hörspiel)
[„Der Hobbit“ 22
[„The Hobbit“ 481
[„Die Kinder Húrins“ 4496
[„Briefe vom Weihnachtsmann“ 2091 (erw. Neuausgabe)
[„Die Abenteuer des Tom Bombadil und andere Gedichte aus dem Roten Buch“ 1760
[„Bauer Giles von Ham“ 1620 (Hörbuch)
[„Roverandom“ 1418
[„Nachrichten aus Mittelerde“ 1407
[„Der Elbenstern“ 805 (Hörbuch)

|Sekundärliteratur:|

[„J. R. R. Tolkien – An Audio Portrait“ 2856 (Hörbuch)
[„Tolkiens Wurzeln. Die mythischen Quellen zu ‚Der Herr der Ringe'“ 102
[„Tolkien und C. S. Lewis – Das Geschenk der Freundschaft“ 3197
[„J. R. R. Tolkien – Autor des Jahrhunderts“ 1653
[„Tolkiens Zauber“ 1595
[„Tolkiens Universum“ 475
[„Die Karte von Wilderland“ 3221
[„Die Karte von Beleriand“ 1673
[„Elbisches Wörterbuch. Nach J.R.R. Tolkien“ 109

|Zu den Verfilmungen:|

[„Der Herr der Ringe: Die Gefährten. Original Film-Hörspiel“ 4452
[„Der Herr der Ringe: Die zwei Türme. Original Film-Hörspiel“ 5323
[„Der Herr der Ringe – Die zwei Türme: Die Erschaffung eines Filmkunstwerks“ 79
[„Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs: Die Erschaffung eines Filmkunstwerks“ 190
[„Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs – Das offizielle Begleitbuch“ 156
[„Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs – Fotos aus Mittelerde“ 160
[„Der Herr der Ringe: Gollum – auf die Leinwand gezaubert“ 161
[„Der Herr der Ringe: Waffen und Kriegskunst“ 163

|Gesellschaftsspiel:|

[„Die Minen von Moria“ 3527 (Herr der Ringe Tabletop / Starter-Set)