Ulf Küch – Soko Asyl

Soko Asyl – Eine Sonderkommission offenbart überraschende Wahrheiten über Flüchtlingskriminalität

Die Ladendiebstähle schnellten plötzlich nach oben. Die Zahl der Einbrüche verdoppelte sich in einigen Gegenden. Manche Bürger trauten sich nicht mehr auf die Straße, als im benachbarten Auffanglager plötzlich über 4000 statt 500 Flüchtlinge lebten. Die Kriminalpolizei von Braunschweig reagierte schneller als jede andere in Deutschland. Kripo-Chef Ulf Küch richtete bereits im Sommer 2015 die erste Sonderkommission zur Flüchtlingskriminalität ein. Er weiß deshalb genau, wovon er spricht. In seinem Buch berichten er und seine Soko-Kollegen von ihrem Alltag und ihrem Kampf gegen eingeschleuste organisierte Kriminelle, Raubüberfälle und Drogenhandel. Sie gelten als Spezialisten für Flüchtlingskriminalität. Nicht erst seit den Vorkommnissen der Silvesternacht in Köln werden sie von Kollegen deutschlandweit um Hilfe gebeten. Küch und seine Beamten benennen schonungslos Probleme, erklären, mit welchen Tricks kriminelle Asylbewerber arbeiten und offenbaren die Fehler und Versäumnisse der Politik. Sie distanzieren sich jedoch auch von falschen Gerüchten, die den Menschen in Deutschland Angst machen. Ein wichtiges Buch, um zu verstehen, was der Zustrom von Flüchtlingen wirklich für unsere Gesellschaft bedeutet und wie wir den Herausforderungen gegenübertreten können. (Verlagsinfo)

Inhalt und Eindrücke

Mit Spannung wartete ich auf das vielfach auch in der regionalen Presse angekündigte Buch von Ulf Küch, in dem der Kripo-Chef seine Ausführungen zu der vielbeachteten „Soko Asyl“ bzw. „Soko ZERM“ im niedersächsischen Braunschweig veröffentlichen würde.
Der Inhalt gliedert sich in unterschiedlich lange Kapitel, die wie folgt überschrieben sind:

Vorwort
Es gibt keine kriminellen Völker – wie alles begann
Der Anfang und die umF
Der Alltag in Kralenriede
Die Entwicklung der Soko und ihre Klientel
Politiker, die Sorgen der Bürger und eine Talkshow
Silvester 2015 in Köln: Chronologie eines Skandals
Identitäten in der Krise – und die Sache mit dem Hornhauthobel
Realistische Lösungsansätze statt bösartiger Märchen
Sozialleistungsbetrug: Doppelt hält länger
Zwischen Wahrheitsfindern und Statistik-Tricksern
Von Mundraub bis Haftbefehl – Die Arbeit der Soko
Das Problem, die Polizei und die Suche nach Lösung
Mit beschleunigten Verfahren und nie ohne Dolmetscher
2015: das Jahr, die Flüchtlinge, die Krise
Kaum nachvollziehbare Fehler bei der Aufnahme
Sexualdelikte gibt es, Massenvergewaltigungen gibt es nicht
Das Problem mit den falschen Identitäten
Die Mentalität der Menschen und das Ausländerrecht
Was wir heute tun, ist entscheidend für die Zukunft
Kuriose Einzelfälle und der Unschuldige mit dem Falschgeld
Eine erste Bilanz und die Reaktionen auf die Arbeit der Soko
Die Angst vor dem ersten Toten
Die Herkunft und die Frage der Kriminalität
Endlich eine geordnete und durchdachte Erfassung
Folgen für das Privatleben
Eingeschleuste Terroristen gehen sicher nicht zu Fuß
Der ganz normale Wahnsinn – ein alltäglicher Tag
Die jüngste Flüchtlingswelle kam nicht überraschende
Entwicklung der jährlichen Asylantragszahlen seit 1953
Ein Mann namens Elvis
Die ethnischen Auseinandersetzungen – Unterbringung und Konfliktpotenzial
Schlussbemerkung

Schon die Überschriften der Kapitel versprechen eine vielseitige Betrachtung des Themas Kriminalität von Flüchtlingen aus polizeilicher Sicht. In dem Buch kommen neben dem Autor selbst aber auch der Soko – Leiter Torsten Heuer sowie sein Stellvertreter Jörn Memenga, dessen Ehefrau und ein weiterer Mitarbeiter der Soko zu Wort.
Wie in zahlreichen anderen deutschen Städten, kam es auch in Braunschweig im Laufe des Jahres 2015 zu einem eklatanten Anstieg der Flüchtlingszahlen, was wiederum zu einer völligen Überbelegung der dortigen Landesaufnahmebehörde (LAB) führte. Das alltägliche Bild des vormals eher beschaulichen Stadtteils Kralenriede veränderte sich und die Polizeidirektion Braunschweig verzeichnete insgesamt einen deutlichen Anstieg von Straftaten, besonders im Bereich der Eigentumsdelikte wie etwa Wohnungseinbrüche und Ladendiebstähle. Der Zentrale Kriminaldienst der Braunschweiger Polizei unter Leitung des Autors Küch hatte diese Probleme schon frühzeitig erkannt und die Gründung einer Sonderkommission angeregt. Um deren Arbeit zu verstehen, erläutert Küch bereits zu Beginn die eigentliche Struktur und Arbeitsweise innerhalb der Polizei: In unterschiedlichen Fachkommissariaten werden normalerweise deliktsabhängig Straftaten von den Beamten bearbeitet. Im Rahmen der Sonderkommission sollten nun 13 Beamte aus den verschiedenen Bereichen gemeinsam ermitteln – und auf diese Weise die Bandbreite der von ausländischen Täterkreisen begangenen Straftaten abdecken. Von Raubüberfällen, über Sexualdelikte und Verstöße gegen das BtmG bis hin zu Eigentumsdelikten.

Eingängig schildern Küch und seine Kollegen auch die Reaktionen aus der Bevölkerung auf die Einrichtung der Soko: Zum einen die rechtspopulistische „Bragida“, die von der Polizei herausgegebene Zahlen gerne für die eigene Propaganda gegen Flüchtlinge zu nutzen versuchte. Zum anderen aber auch Menschen, denen die scheinbare Stigmatisierung der Ausländer im Allgemeinen zu weit ging und die entsprechende Vorwürfe gegenüber der Polizei erhoben. Dennoch gaben bis heute die Erfolge der Soko recht: durch enge Zusammenarbeit mit den örtlichen Justizbehörden sind beschleunigte Verfahren möglich und das ist nicht zuletzt auch für die Glaubhaftigkeit der Polizei wichtig. Gerade die Vielzahl der unterschiedlichen Ethnien, deren Mentalitäten und teilweise gespaltenes Verhältnis zu (deutschen) Obrigkeiten machen die Arbeit dieser Soko nicht immer leicht. Es wird dabei aber deutlich differenziert zwischen bandenmäßig begangenen, also organisierten Straftaten und dem einfachen Diebstahl, den die Kollegen als „Mundraub“ bezeichnen. Letzten Endes sind sich die Beamten einig: Lediglich ein prozentual geringer Anteil der Asylbewerber wird straffällig, Frauen treten interessanterweise nicht in Erscheinung.
Ulf Küch, engagierter Gewerkschafter im Bund Deutscher Kriminalbeamter (BdK), macht vielmehr auch auf die Missstände innerhalb seiner Zunft aufmerksam: die Polizeien aller Bundesländer sind durch Sparmaßnahmen der letzten Jahre stark dezimiert und kaum weiter in der Lage, auf die Auswirkungen der Politik ausreichend zu reagieren, während genau das von ihnen erwartet wird. Gleiches gelte seiner Meinung nach in Bezug auf die Flüchtlingspolitik:“ Polizei konnte noch nie gesellschaftliche Probleme lösen, (…) Polizei arbeitet an Symptomen“ (Zitat Küch Seite 98)

Etwas zusammenhanglos sind an drei Stellen im Buch Einschübe, die Zahlen und Daten liefern sollen – etwa zu den Abläufen rund um die Vorfälle an Silvester in Köln oder zu den Geschehnissen im Laufe des Jahres 2015, die wohl im Gedächtnis bleiben werden. Die Entwicklung der jährlichen Asylantragszahlen von 1953 bis 2015 in tabellarischer Form spricht – auch ohne Kommentierung – für sich.

Praxisnahe Schilderungen der täglichen Arbeit, inklusive der besonderen Schwierigkeiten und Kuriositäten, die für polizeifremde Leser erstaunlich erscheinen mögen, finden Ergänzung durch die Sorgen und Gedanken der Ehefrau eines in der Soko eingesetzten Beamten. Schließlich wird dadurch herausgestellt, dass es sich auf beiden Seiten um Menschen handelt – die große Zahl der geflüchteten Menschen mit ihren persönlichen Schicksalen auf der einen, die Polizeibeamten im täglichen Dienst auf der anderen Seite.

Fazit:

Nicht zuletzt, da ich kürzlich mit großem Respekt einen Vortrag eines Ermittlers dieser Sonderkommission gehört hatte, wartete ich gespannt auf das Buch. Die Vorfälle der Silvesternacht 2015 in Köln und anderen Städten markieren möglicherweise einen neuen Höhepunkt und wurden überall in der Gesellschaft kontrovers diskutiert. In Bezug auf die Vorgeschichte und auch die Bilanz der Soko finde ich es gut, dass auf diese aktuellen Vorfälle im Buch ebenfalls Bezug genommen wird, obgleich das Erscheinungsdatum mit Ende Januar 2016 gerade einmal vier Wochen später ist.

Weiterhin gefallen mir die wirklich differenzierten Aussagen zum Thema Flüchtlingskriminalität, die Küch und seine Kollegen machen, zumal durch das Alleinstellungsmerkmal (bisher keine vergleichbare Einrichtung in anderen Polizeidienststellen in ganz Deutschland!) hier tatsächlich von Polizeibeamten ausgegangen werden darf, die wissen, wovon sie reden bzw. schreiben. Küch geht sogar so weit, dass er in Bezug auf die Polizei, aber auch in Hinblick auf die Versäumnisse der Flüchtlingspolitik vollkommen zurecht klare Botschaften an die Politik aussendet. Die Idee, die Eindrücke von mehreren Seiten zu schildern und neben praxisnahen Ermittlern auch eine nahe Angehörige und damit indirekt Betroffene anzuhören, ist gut und glaubhaft.

Umso ärgerlicher finde ich es darum, dass „Soko Asyl“ sich in großen Teilen leider liest, als wäre es eine Abschrift von Gesprächen, die unter Kollegen im Pausenraum stattfinden. „In der Sendung ‚Hart aber Fair‘ (…) stellte sich dann eine ausgewachsene Ministerpräsidentin (…) hin.(…) Diese Suppe hat sich nicht die Polizei eingebrockt.“ (Zitat Ulf Küch, S. 23)
Ich könnte zahlreiche weitere Schnitzer zitieren, die böse in Richtung Umgangssprache tendieren. Leider hat offenbar auch das Lektorat übersehen, dass jeweils in drei aufeinanderfolgenden Sätzen das Wort „natürlich“ oder „auch“ auftaucht. Sicher nicht schlimm, aber bestimmt nicht schön. Der Stil ist dadurch arg zähflüssig und ich habe mich gefragt, ob dem Leser damit eine Vertrautheit oder lockere Kumpelhaftigkeit suggeriert werden soll. Schade jedenfalls, dem Thema hätte angesichts der fundierten Hintergründe mehr Professionalität definitiv zu Gesicht gestanden!

Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
ISBN-13: 978-3868838626

www.riva.de

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