Jan van Aken – Das Geständnis des Mönchs

Der Autor

Jan van Aken schrieb für verschiedene Zeitschriften und arbeitete für ein Amsterdamer Kulturzentrum. Sein erster Roman „Het oog van de Basilisk“ fand 2000 in seiner niederländischen Heimat begeisterte Leser und Kritiken. Das Manuskript zu „Das Geständnis des Mönchs“ darf man getrost als sein Lebenswerk bezeichnen; zehn Jahre verbrachte van Aken mit der Fertigstellung der Geschichte um den umherreisenden Mönch Hroswith.

Story

Eine alte Abtei im Jahre 1065: der mittlerweile 99-jährige Mönch Hroswith von Wikala verbringt die restlichen Jahre in Einsamkeit innerhalb seiner Zelle. Bis vor einiger Zeit erfuhr er noch die Gesellschaft seines alten Trinkbruders Albertus, der jedoch schon vor einigen Jahren ums Leben gekommen ist. Albertus war es auch, der das spannende Leben von Hroswith in Forme eines Buches festgehalten hat, allerdings nicht zur Zufriedenheit des Mönchs. Weil er sich hierduch nicht im verdienten Maße gewürdigt fühlt, wird der alternde Geistliche schließlich selber aktiv. So radiert er Seite für Seite die Bleistiftskizzen seiner Bibel aus und verfasst auf dem Pergamentpapier seine eigene Lebensgeschichte samt der Abenteuer, die der Mönch in all den Jahren erlebt hat.

Anders als sein Ruf dies jedoch vermuten lässt, war Hroswith von Wikala alles andere als ein frommer und weltentrückter Mensch; im Gegenteil. Statt Schweigegelübten und dergleichen suchte der Mann stets das Abenteuer und war auch der Frauenwelt kein Fremder. Er schreibt über seine schwere Kindheit und die Listen, die ihn sein Vater lehrte und die ihm später auch geholfen haben, etwas aus sich zu machen. Und so startet schließlich auch die Reise, die ihn durch das komplette mittelalterliche Europa führt …

Hroswith von Wikala hat viele Talente; er verdingt sich als Spion, wird öfters in Gefangenschaft genommen und muss daraufhin auch als Sklave arbeiten, dann wieder kommt ihm seine früher erlernte Schmiedekunst zunutze und er zieht in den Kampf. Er macht Bekanntschaft mit dem dänischen König Harald, bereist Osteuropa, trifft auf die Päpste Gregor V. und Silvester und landet schließlich beim Sachsenkaiser Otto. Auch in England und Konstantinopel ist er kein Unbekannter, und selbst beim Kalifen von Cordoba hat sich der Mönch seine Sporen verdient.

Horswith von Wikala war Zeit seines Lebens alles, nur kein frommer Geistlicher, der in Abgeschiedenheit sein Leben hat vorbeiziehen lassen. Stattdessen beschreibt er in seinen Memoiren sein eigenes Leben als das eines Abenteurers und Weltenbummlers, eines Tausendsassas und Liebhabers und nicht zuletzt als das eines Buchliebhabers, was ihn letztendlich auch dazu gebracht hat, sein eigenes Leben mittels Verschriftlichung Revue passieren zu lassen.

Meine Meinung

Natürlich dient die Geschichte eines Buches innerhalb eines Romans meistens nur als Rahmenhandlung, und nichts anderes als dies ist auch bei „Das Geständnis des Mönchs“ der Fall. Allerdings wirkt der Titel in diesem Fall ein wenig irreführend, denn ein wirkliches Geständnis legt Horswith von Wikala in den mehr als 60 Kapiteln seiner Geschichte nicht ab. Dass er nämlich alles andere als enthaltsam gelebt hat, wird schon nach wenigen Kapiteln deutlich und hat in diesem Sinne auch nichts mit einer eventuellen Selbstoffenbarung zu tun. So viel zum äußeren Rahmen.

Wirklich interessant wird das Buch ja ohnehin erst, sobald die Geschichte des damals noch jungen Horswith beginnt, und von da an entwickelt sich ein wunderschöner Abenteuerroman, den Jan van Aken mit sehr viel Liebe zum Detail erzählt. Man spürt, dass sich der Autor unheimlich lange mit dem Thema und somit vor allem auch mit geschichtlichen Fakten beschäftigt hat, jedoch werden diese nicht zur Haupthandlung auserkoren. Van Aken zielt nämlich nicht darauf ab, die europäische Historie innerhalb eines fiktiven Romans nachzuerzählen, sondern geht genau den umgekehrten Weg. In äußerst rasantem Tempo begleitet er den Protagonisten auf dessen Reise durch verschiedene Zeitepochen des Mittelalters, geht dabei manchmal sogar etwas zu schnell voran. Horswith ist kaum an einem Ort angelangt, um dort einen Abschnitt seines Lebens zu verbringen, da zieht es ihn auch schon wieder weiter, und genau hierin findet sich der einzige, wenn auch minimale Schwachpunkt des Romans. Vielleicht hätte der Autor sich auf einige wenige Orte und Personen beschränken sollen. Stattdessen scheint es ihm wichtig zu sein, auch möglichst viele Fakten in die Handlung mit einzubringen, und so passiert es zwischenzeitlich schon mal, dass sich gar keine richtige Spannung mehr aufbauen kann, weil auf der nächsten Seite schon wieder ein komplett neuer Strang beginnt, während der vorherige noch nicht einmal richtig abgeschlossen wurde. Phasenweise verliert der Leser somit schon mal die Übersicht über das aktuelle Geschehen und freut sich darüber, wenn van Aken seinen Schützling mal wieder etwas länger an einem Ort verbleiben lässt.

Auf der anderen Seite gelingt es ihm so natürlich, eine sehr umfassende und damit auch ‚komplette‘ Geschichte zu erzählen. Das Leben des Mönchs wird beinahe lückenlos wiedergegeben (was ja schließlich die Motivation hinter der Erneuerung der bereits bestehenden Memoiren war) und dem Autor gelingt es dabei auch wirklich sehr schön, die verschiedensten Kulturen des Mittelalters mit ihren individuellen Eigenheiten nachzuzeichnen. Gleichzeitig scheut van Aken sich allerdings auch nicht davor, die nicht selten recht brutalen Gepflogenheiten dieser Völker mit einfließen zu lassen. Es gibt einige wirklich harte Szenen innerhalb dieses Buches, die man erst einmal verkraften muss. Doch durch dieses schonungslose Gesamtbild erreicht van Aken auch problemlos das Soll an Authentizität, das für ein solches Buch zwingend erforderlich ist, und kann so auch Fiktion und Realität sehr fließend miteinander verbinden.

Zudem kokettiert der Autor auch noch stilübergreifend mit anderen Genres. Immer wieder taucht ein recht seltsamer mysteriöser Zeitgenosse im Leben des Mönchs auf, dessen bloße Präsenz dem Buch manchmal sogar Elemente des Thrillers verleiht. Weiterhin muss man attestieren, dass die Story trotz zweifelsfreier Ernsthaftigkeit einen gewissen Humor enthält, der zwar einerseits sehr derb ist, andererseits aber gerade bei den etwas brutaleren und bisweilen auch perversen Szenen merklich zur Auflockerung beiträgt – ganz gleich, wie makaber dieser fast schon britisch-schwarze Humor auch sein mag. Durch diese äußeren Einflüsse ist es dem Autor schließlich auch leichter gefallen, sich von der bewährten Struktur eines historischen Romans zu lösen. „Das Geständnis des Mönchs“ ist in erster Linie eine Abenteuergeschichte, die auf geschichtlichen Begebenheiten aufbaut und dadurch auch nicht wie reine Fiktion wirkt. Und spannend ist das Buch obendrein, abgesehen von der Tatsache, dass man trotz sämtlicher Gefahren immerzu weiß, dass Hroswith am Ende überleben wird – schließlich ist es ja er, der seine Biographie darbietet.

Trotz seiner beträchtlichen Seitenzahl wird dieser Roman niemals langweilig, dafür ist das Erzähltempo auch viel zu hoch. Jan van Aken gönnt sich und der Handlung und schließlich auch dem Leser keine einzige Pause. Mitten in der Reise möchte man nicht mehr aussteigen und neigt dazu, die gesamte Geschichte in wenigen Etappen zu verschlingen. Auch wenn es dem Buch letztlich an wirklichen Besonderheiten mangelt, so fühlt sich das Ganze doch wieder recht besonders an. „Das Geständnis des Mönchs“ hat etwas schwer Beschreibliches an sich, das den Leser auch immer wieder dazu auffordert, mit der Lektüre am Ball zu bleiben. Mit diesem Roman sollte es Jan van Aken dann auch gelingen, international Fuß zu fassen, denn bis auf einige kleinere Schönheitsfehler leistet sich der niederländische Autor keine Patzer und liefert beste Unterhaltung. Wer Autoren wie beispielsweise Wolf Serno mag, sollte sich einmal mit diesem Buch beschäftigen!

Taschenbuch: 736 Seiten
Originaltitel: De valse dageraad
www.droemer-knaur.de