von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Verrat auf der Venus (Weltraumpartisanen – Band 2)

_Mark Brandis:_

Band 1: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 2: _Verrat auf der Venus_

Mit dem Namen Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) kann kaum ein Uneingeweihter etwas anfangen; bei dessen Pseudonym „Mark Brandis“ klingelts bei einigen dann doch. Zumindest wenn sie dereinst Science-Fiction-Infizierte waren. Zwischen 1970 und 1987 verfasste er 31 Bände Weltraumabenteuer mit der gleichnamigen Titelfigur. „Mark Brandis“ gilt damit neben dem Mammutprojekt „Perry Rhodan“ als eine der erfolgreichsten deutschen SciFi-Serien. Leider waren die |Herder|-Bücher lange Zeit nur noch im Antiquariat aufzutreiben und von einem halbherzigen Versuch bei |Bertelsmann| im Jahr 2000 einmal abgesehen, geriet die Serie in Vergessenheit. Bis der |Wurdack|-Verlag 2008 begann, den Schleier ernsthaft zu lichten und diese Klassiker Stück für Stück wieder zu veröffentlichen: Derzeit erscheinen zwei Bände pro Quartal in neuem Glanz.

_Zur Story_

Venus im Jahre 2070. Seit General Smith mit seiner fanatisierten Bewegung „Reinigende Flamme“ einen Staatsstreich durchzog und damit die Union der Kontinente Europa, Amerika und Afrika (kurz: EAAU) ursurpierte und sich selbst zum Regenten seines Militärregimes einsetzte, ist die Venus der letzte freiheitliche Zufluchtsort. Kurz nach seiner Machtübernahme rief sich die kleine Kolonie zur autonomen demokratischen Republik aus. Bislang hält die strategische Raumflotte unter dem Kommando Colonels Larriand die Invasionskräfte des Generals offensichtlich in Schach. Außer Drohungen und gelegentlicher Scheinangriffe passierte nichts. Noch nicht. Man ist sich sicher, dass der General irgendwann nach dem abtrünnigen Planeten der Widerständler greifen wird. Nur wann?

Nach einer beispiellosen Rettungsaktion schaffte es die Besatzung des Prototyps |Delta VII| den letzten rechtmäßigen Präsidenten Samuel Hirschmann aus einem Konzentrationslager der Geheimpolizei zu befreien (siehe: [„Mark Brandis: Bordbuch Delta VII“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535 ). Dabei verlor man Commander Harris, und Pilot Mark Brandis führt seither das Kommando auf dem schnellsten Raumschiff der Menschheit. Dies gehört immer noch zur zivilen Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik (VEGA), allerdings sagen er und seine Besatzung nicht Nein, als sie von der Venus-Regierung gebeten werden, zum Wohle der Freiheit einen Agenten zu einem konspirativen Treffen zu bringen. Die |Delta VII| ist eben das beste Pferd im Stall. Zuvor gilt es jedoch die Crew aufzustocken.

Da Brandis nach einem von ihm verursachten Unfall mit Todesfolge vor einigen Jahren degradiert wurde, freut es ihn nicht so hundertprozentig, seinen alten Rang als Commander wieder zu bekommen. Er ist immer noch traumatisiert. Die alte Wunde bricht vollends auf, als man ihm Captain Robert Monnier als neuen Piloten andient. Der wurde bei besagtem Vorfall schwer verletzt und entstellt. Zurecht gibt er Brandis dafür die Schuld. Die frühere Freundschaft der beiden ist offenbar erloschen und ständigem Gerangel gewichen. Aber: Monnier ist ein verdammt guter Pilot. Doch nicht nur seine, sondern die Fähigkeiten aller werden bald dringend benötigt. Beim angeblich geheimen Treffen auf der Rückseite des Mondes gerät die |Delta VII| in einen Hinterhalt und entkommt nur knapp. Die Hinweise erlauben nur einen Schluss: Verrat.

_Eindrücke_

Auch Band 2 ist in der Ich-Form und somit aus der Sicht von Commander Mark Brandis verfasst. Dementsprechend vertraut ist der Leser mit seiner oft widersprüchlichen Gefühlswelt – das schafft Nähe zur Hauptfigur und birgt, mehr noch als Beschreibungen aus der dritten Person heraus, deutlich erhöhtes Identifikationspotenzial. Das fällt ohnehin nicht schwer, die Figuren sind – wie die Geschichte selbst – leicht zugänglich, wenn auch die Kenntnis des ersten Bandes „Bordbuch Delta VII“ dringend anzuraten ist. Allein schon der Vollständigkeit halber, aber auch weil dort einfach eine gute, zeitlose Story erzählt wird, die hier ihre Fortsetzung findet. Dieser Abschnitt mit dem Konflikt zwischen den Partisanen und den Schergen des Generals legte den Grundstein für den späteren Erfolg – auch wenn die nachfolgenden Stories ab Band 6 eine etwas andere Richtung einschlagen sollten.

Die futuristische Technik ist bei „Mark Brandis“ durchgängig nur Kulisse und tritt gegenüber den handelnden Menschen eher in den Hintergrund. Sie ist lediglich Mittel zum Zweck. Beiwerk. Nicht mehr, nicht weniger. Technisch-überladene Wortungetüme oder dröge Beschreibungen wie irgendeine Gerätschaft funktioniert, sucht man vergeblich. Das gefürchtete „Kalte Licht“ etwa, das ab diesem Band bis zum Ende der Serie immer wieder auftauchen wird: Eine grausame, absolut tödliche Waffe. Physikalische Natur und exakte Funktionsweise bleiben unbekannt und irgendwie abstrakt. Es gibt sie. Sie ist geächtet. Punkt. Des Weiteren herrscht generell Minimalismus: Kein Überlichtflug, keine Energieschilde wie bei Star Trek, Perry Rhodan & Co.

Die Bühne ist das heimische Sol-System und die Raumschiffe sind vergleichsweise zerbrechlich. Sie sind wegen der begrenzten körperlichen Belastungsfähigkeit ihrer Crews auch nicht x-beliebig manövrierfähig. Vektoren sind das A und O. Das verleiht Raumgefechten etwas archaisches und ist dem Breitseitenaustausch segelbewährter Kriegsschiffe ähnlicher als dem modernen Luftkampf. Wiewohl neben Laserbatterien auch selbststeuernde Raketen Anwendung finden. Das Thema Technik ist ohnehin oft ein wenig paradox: Zum Einen muss der Navigator dem Piloten einen „Ausdruck“ für den Kurs reichen, statt ihm die Daten direkt auf seine Konsole zu übermitteln (wiewohl es der Kampfcomputer schafft, ein Gefecht nahezu selbstständig zu führen), zum Anderen ist man in der Lage ein menschliches Gehirn zu manipulieren, ja sogar zu transplantieren. Das passt irgendwie nicht zusammen.

Natürlich ist es vorherzusehen gewesen, dass die Dämonen der Vergangenheit Mark Brandis wieder einholen werden. Zu sehr und oft ist Michalewsky schon in Band 1 auf den Umständen der Degradierung herum geritten. Jetzt ist es schon soweit. Es überrascht dann auch nicht wirklich, dass der Verlauf der Zwistigkeiten zwischen Brandis und Monnier gegen Ende abflacht, die Feindseligkeiten fast zum Erliegen kommen und der gegenseitige Respekt voreinander wächst – immerhin gilt es, einen gemeinsamen Gegner zu bekämpfen bzw. aus einer lebensbedrohenden Gefahr zu entkommen. Das eint. Das Ganze ist nur ein Stück zu klischeehaft und vorhersehbar, des Weiteren geht der Versöhnungsprozess bei einem angeblich so tief sitzenden Groll, ja Hass seitens Monniers einen ganzen Tacken zu schnell. Frieden schließen die beiden aber erst später.

_Fazit_

Bei Band 2 überwiegt die Konsolidierung der Charaktere bei gleichzeitiger Verschärfung der Rahmenbedingungen. Eine überaus wichtige Funktion nicht nur für den weiteren Verlauf der Serie, was sich aber so richtig erst im nächsten Band entlädt. Die (kleine) Ruhe vor dem (nächsten) Sturm also. Über mangelnde Action und Spannung kann man sich dennoch nicht beklagen, vielleicht dafür mehr über die Plausibilitätslücken bei der Technologie und der etwas vorhersehbaren Figurenentwicklung bei gleichzeitig manchmal zu dick aufgetragenem Gutmenschentum. Offensichtlich kratzt der moderne Lesegeschmack doch hier und da ein bisschen am vierzigjährigen Lack des Klassikers – aber nicht soviel, um den Spaß daran zu verderben.

|ISBN: 978-3-938065-41-9
190 Seiten, Broschur|

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