Tad Williams – Der Blumenkrieg

Theo ist dreißig Jahre alt, zieht aber immer noch mit seiner Band und deren – noch fast jugendlichen – Mitgliedern durch die Gegend. Seine Freundin Cat erleidet eines Nachts – während Theo auf einer seiner berühmten Proben ist – eine Fehlgeburt und beschließt nach dem Verlust ihres gemeinsamen Kindes, sich von Theo zu trennen. Dieser zieht schweren Herzens zu seiner Mutter – doch er weiß nicht, dass diese an Krebs leidet. Etwa sechs Monate später stirbt sie. Theos Leben befindet sich nun endgültig am Tiefpunkt. Er zieht sich in die Berge zurück und beginnt damit, ein einsames, doch friedliches Leben zu führen. Im Nachlass seines Großonkels Eamonn Dowd findet er eine Art Tagebüchlein. Interessiert beginnt er zu lesen – und was er da liest, wird mehr und mehr zur Beschreibung einer fantastischen Welt. Dennoch behauptet Eamonn Dowd in einem Brief, den er einst an Theos Mutter schickte, alles in dem Buch Beschriebene sei wahr.

Doch die Idylle der Berge hält nicht allzu lange vor. Eines Tages steht ein Polizist vor Theos Türe und überbringt ihm die Nachricht, dass das Ehepaar, an das Cat ihr gemeinsames Haus verkauft hatte, kurz nach ihrem Einzug auf bestialische Art und Weise ermordet worden seien. Theo ist tief betroffen, denkt sich jedoch nichts weiter dabei – bis plötzlich ein grausames Monster in seine Hütte eindringt und darauf giert, ihn zu töten. Doch im allerletzten Moment erscheint eine kleine Elfe und öffnet Theo die Tür zu einer anderen Welt: der Welt der Elfen und Blumen – doch diese unterscheidet sich, abgesehen von den Fabelwesen, die hier leben, nicht sonderlich von Theos Welt. In Elfien haben die Geschlechter der Blumen die Macht übernommen und die Uneinigkeit darüber, ob man die Menschen in der parallel existierenden Welt umbringen oder friedlich mit ihnen zusammenleben sollte, droht zu einem neuen, blutigen Blumenkrieg zu führen. Apfelgriebs, so heißt die kleine Elfe, der Theo seine Rettung zu verdanken hat, führt Theo zu Rainfarn, der zu den Koextensiven gehört, was bedeutet, dass er sich weder der Seite derjenigen anschloss, die eine friedliche Koexistenz mit den Menschen befürworten, noch sich auf die derjenigen, die diese ablehnen, gestellt hat.

Rainfarn bietet Theo alle Mittel, um in „die Stadt“ zu reisen, um sich dort mit einer einflussreichen Familie, die zu den Symbioten (den Menschenbefürwortern) gehört, zu treffen. Denn einzig Theo scheint einen erneuten Blumenkrieg verhindern zu können. – Doch es scheint jemanden zu geben, der Theo unter allen Umständen tot sehen möchte …

Als ich dieses Buch das erste Mal in die Finger bekam und anfing, mich in Tad Williams‘ neueste Geschichte zu vertiefen, wusste ich in keiner Weise, welche Art von Geschichte mich erwarten würde. Und nach den Bestseller-„Otherland“-Romanen des amerikanischen Erfolgsautors hätte mich auch keine Stilrichtung mehr sonderlich überrascht. Dennoch sollte sich bald herausstellen, dass es sich bei „Der Blumenkrieg“ – ähnlich wie bei Williams’ „Osten Ard“-Saga, aber dennoch gänzlich anders – um einen Roman handelt, den man ohne Bedenken zum Feld der klassischen Fantasy-Unterhaltung zählen kann.

Diese phantastischen Elemente spielen zu Beginn von Tad Willams’ „Blumenkrieg“ jedoch keine Rolle. Wie man es nicht anders von Williams kennt, umfasst seine Einleitung gewohnt viele Seiten – in diesem Fall stolze einhundertundfünfunddreißig. Hierbei lernt der Leser den Hauptprotagonisten Theo sehr genau kennen, bekommt dessen halbe – wenn nicht sogar ganze – Lebensgeschichte vorgesetzt. Alles in allem doch etwas langatmig und nicht sonderlich spannend.

Nach den ersten sechzig Seiten jedoch fängt Williams an, neben Theos Handlung auch behutsam und sorgfältig – beinahe schon zaghaft – Zwischenteile in seine Geschichte einzuarbeiten, die den Leser schon einen ersten Blick auf einen kleinen Teil einer fantastischen Welt werfen lassen. Ab Seite einhundertundzwanzig – zum Ende des ersten Teils des Romans hin – setzt Tad Williams dann endlich einen kleinen Showdown ein, der dem Buch vorübergehend einen ungeheuren Spannungsschub verleiht. Damit endet dann auch Williams Einführung und die eigentliche Geschichte um den Blumenkrieg beginnt – Theo betritt Elfien.

Im Gegensatz zu seinem Mammutwerk „Otherland“ verrzichtet Tad Williams bei „Der Blumenkrieg“ darauf, mehrere Handlungsketten parallel zu erzählen und beschränkt sich hier lediglich auf die Geschichte von Theo und dessen Begleiterin Apfelgriebs. Dadurch kann sich der Leser zwar völlig auf die beiden Hauptpersonen konzentrieren, es führt allerdings auch dazu, dass sich die monumentalen 805 Seiten dieses Buches, das in fünf Teile gegliedert ist, stellenweise in die Länge ziehen.

Tad Williams lässt an seiner Geschichte so viele verschiedene, farbenfrohe Nebencharaktere teilhaben, dass man als Leser bis zum Schluss nicht weiß, welche Rolle die Gestalten letztendlich eigentlich übernehmen sollen. Dies erhält die Spannug aufrecht und sorgt beim Leser für nachdenkliches Rätseln. Ohne einen gelegentlichen Blick in den übersichtlich gestalteten, alphabetischen und immerhin elfseitigen Anhang, in dem alle Personen und Orte aufgeführt sind, würde man als Leser vermutlich auch sehr schnell den Überblick über diese breitgefächerte Vielfalt verlieren.

Mit seinem sehr gut ausgefeilten und unverwechselbaren Schreib- und Sprachstil gelingt es Williams, den Leser in seinen Bann zu ziehen und mit seiner fantastischen Geschichte zu fesseln. Er versteht es, sein umfangreiches Wissen geschickt in den Roman mit hineinzuarbeiten. Allerdings verfällt Tad Williams auch allzugerne in ausschweifende, manchmal auch komplexe Beschreibungen. Diese nehmen gelegentlich leider überhand, stören die aufgebaute Spannung und ziehen den Handlungsverlauf etwas zu sehr in die Länge. Es gibt jede Menge Fantasy-Romane, die ohne Witz und Humor auskommen – Tad Williams verzichtet in „Der Blumenkrieg“ jedoch keinesfalls darauf. Besonders die spitzzüngige Elfe Apfelgriebs sorgt beim Leser für Spaß und unterhaltsame Abwechslung.

Gebundene Ausgabe: 805 Seiten
www.tadwilliams.com
www.tadwilliams.de

Valentino Dunkenberger
(Diese Rezension wurde mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de veröffentlicht.)