Rick Yancey – Der Monstrumologe

Die Handlung:

New Jerusalem, 1888: Der Waisenjunge Will Henry arbeitet als Assistent des kauzigen Dr. Warthrop, der sich auf ein ganz besonderes Gebiet spezialisiert hat: Er ist Monstrumologe, das heißt, er studiert Monster und macht notfalls Jagd auf sie. Eines Tages macht ein Grabräuber einen schrecklichen Fund: eine Leiche, in die sich ein zahnbewehrtes Monster verbissen hat. Der Doktor weiß, diese Monsterart ist äußerst gefährlich, da sie Menschen tötet und sich rasend schnell vermehrt … (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Beim Thema „Jugend-Horror“ bin ich immer sehr vorsichtig. Darren Shan hat mit seiner gleichnamigen Vampir-Reihe bewiesen, dass es durchaus gruselige Jugendbücher geben kann, die nicht zu brutal sind. Mit seiner „Demonata“-Serie allerdings griff er für meinen Geschmack zu sehr in den Splatter-Topf. Und das, obwohl auch diese Bücher auf Kinder und Jugendliche abzielen.

Wie hoch ist also der „Splatter-Faktor“ im „Monstrumologen“? Sehr hoch! Zu hoch! Auch wenn der Roman den „Michael L. Printz Award“ für „Excellence in young adult literature“ gewonnen hat, würde ich diese Geschichte keinem angehenden Teenager guten Gewissens empfehlen. Vielleicht bin ich aber auch nicht abgestumpft genug, weil ich die „Saw“-Filme widerlich finde. Der Verlag empfiehlt das Buch Lesern ab 14 Jahren, ich würde noch ein paar Jahre draufpacken, auch wenn einer der Protagonisten noch ein Junge ist.

Die Monster, auf die hier Jagd gemacht wird, sind kopflos, haben jede Menge Zähne (auf Bauchhöhe) und Augen in den Schultern. Diese „Anthropophagen“ stammen ursprünglich aus Afrika und sind keineswegs Zombies, sondern ziehen sogar ihre eigenen Kinder groß. Und wenn sie nicht die Bewohner der näheren Umgebung abschlachten würden, dann würde der Hörer direkt Mitleid für diese Kreaturen empfinden, die hier gejagt und getötet werden. Denn eigentlich wollen sie auch nur leben, genau wie die Menschen, die auf sie Jagd machen.

Schade ist, dass sich die gesamte Geschichte auch mehr oder weniger nur um die Jagd auf eine einzige Monsterart dreht, aber vielleicht gibt es pro Band der Serie jeweils eine neue Gattung, die es zu töten gilt.

Am bedauerlichsten ist allerdings, dass der Autor oftmals zu sehr auf Schock setzt, anstatt dem Hörer eine spannende Geschichte zu servieren. So beschreibt er immer wieder viel zu detailliert, wo ein Hinweis ausgereicht hätte, um das Kopfkino des Publikums in Gang zu setzen. Das wird schon am Anfang deutlich, als der Monstrumologe die Autopsie an einer jungen Frau durchführt, in die sich ein Monster verbissen hat. Absolut kein Stoff für ein Jugendbuch.

Das Hörerlebnis:

Außer der Einführungsmusik, während welcher der Sprecher vorgestellt wird, gibt es keinerlei Hintergrunduntermalung. Relativ zügig fängt der Sprecher an, die widerliche Autopsie an der jungen Frau zu beschreiben. Und als wäre die Szene noch nicht abstoßend genug, liest Christoph Wortberg immer abwechselnd in furiosem Stakkato und leiser Zurückhaltung, sodass es beim Hörer ein zusätzlich unangenehmes Gefühl hinterlässt.

Die Charaktere des Buches sind nicht einnehmend beschreiben. Es baut sich keine Beziehung zu ihnen auf, nicht einmal zu dem bedauernswerten Will Henry, der einfach nur ein armes Kind ist. Diesen liest Wortberg zwar passend, sehr schüchtern und leise, um dann im nächsten Moment dem Hörer aber als Monstrumologe ins Ohr zu brüllen. Teilweise überträgt er die Manie des Monstrumologen auch auf die Stellen, in denen nicht gesprochen wird, sodass die Trennung zwischen wörtlicher Rede und Szenenbeschreibung nicht immer leichtfällt.

Außerdem stellt der Sprecher die einzelnen Charaktere fast ausschließlich durch verschiedene Lautstärken dar, weniger durch das Verstellen der Stimme. Das macht die Unterscheidung der verschiedenen Charaktere nicht so leicht wie bei anderen Sprechern.

Der Sprecher:

Christoph Wortberg erlangte erste Bekanntheit in der Rolle des Frank Dressler in der ARD-Serie „Lindenstraße“. Seither wirkte er in zahlreichen Theater- und TV-Produktionen mit. Er lebt als Schauspieler und Autor in Köln und schreibt Drehbücher und Romane.(Verlagsinfo)

Die Ausstattung:

Die Aufmachung dieser Lesung ist |Lübbe|-typisch ansprechend gestaltet: eine aufklappbare Pappbox mit Einschüben, in denen die sechs CDs stecken, alles komplett in schwarz gehalten.

Auf den Einschubtaschen gibt es Informationen zu Autor und Sprecher sowie eine weiße Zeichnung einer halben Wirbelsäule. Auch auf den CDs sind unterschiedliche gezeichnete Motive in weißer Farbe zu finden. Eine Knochenschere, ein Stethoskop, eine Knochensäge und weitere medizinische Werkzeuge sind hier zu sehen.

Das Cover ziert das gezeichnete Motiv, das auch auf dem Buch zu finden ist. Der einzige Farbklecks befindet sich auf einem Tisch … es ist ein Blutfleck, was nicht verwundert. Sowohl das Titelmotiv als auch der Klappentext suggerieren, dass es sich hier zwar um eine gruselige Geschichte handelt, die aber doch für angehende Jugendliche passend ist.

Aufgrund der aufgedruckten Infos vermisst man hier auch das Booklet nicht. Die Tracks auf den CDs sind zwischen drei und sieben Minuten lang, was eine angenehme Dauer ist, wenn man mal zwischendurch aufhören möchte oder muss. So findet der Hörer wieder schnell an die verlassene Stelle zurück.

Die Serie:

Der zweite Teil der „Monstrumologist“-Serie erschien am 12. Oktober 2010 unter dem Titel „The Curse of the Wendigo“ als englische Originalausgabe. Wann und ob dieser Teil auch auf Deutsch veröffentlicht wird, hängt wohl vom Erfolg und den Verkaufszahlen des „Monstrumologen“ ab. (Nachtrag vom 24.06.2015: Die Folgebände sind tatsächlich auf Deutsch als Buch erschienen, ein weiteres Hörbuch gabs allerdings nicht.)

Mein Fazit:

Nichts für schwache Nerven und nichts für Kinder! Wer das Risiko von Alpträumen nicht scheut, der kann mit dem Monstrumologen auf Monsterjagd gehen. Wer aber wenig für Splatter übrig hat, der sollte diese Geschichte besser meiden. Der Sprecher passt mit seiner Interpretation der Charaktere zum Buch, was nicht wirklich ein Kompliment ist, sondern eine konstante Unruhe bei mir auslöste, die nichts mit der Geschichte selber zu tun hatte.

Gekürzte Lesung auf 6 Audio-CDs
Gesamtspielzeit: 457 Minuten, aufgeteilt auf 81 Tracks
Originaltitel: The Monstrumologist (2009)
ISBN-13: 978-3785743980
www.luebbe-audio.de

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