Alle Beiträge von Birgit Lutz

Howard, Jonathan L. – Totenbeschwörer (Johannes Cabal 2)

_Die Johannes-Cabal-Trilogie:_

Band 1:[„Seelenfänger“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6176
Band 2: _“Totenbeschwörer“_
Band 3: – nur angekündigt –

_Wirklich, man hat_ nichts als Scherereien mit der Welt! Nur weil Johannes Cabal darauf bestanden hat, in der Bibliothek ein Buch auszuleihen, das die Bibliothekare für die Ausleihe gesperrt hatten, steht er jetzt vor der Wahl, seinen Kopf zu verlieren oder einen toten Kaiser wiederzubeleben. Und natürlich landet der geplagte Geisterbeschwörer bei seinen verzweifelten Bemühungen, Unannehmlichkeiten zu vermeiden, nur in noch größeren Unannehmlichkeiten …

_Die meisten_ Charaktere in diesem Band sind neu.

Johannes Cabal ist als Hauptperson natürlich noch immer dabei. Und noch immer ist er so unnahbar und rational wie eh und je. Allerdings hat er inzwischen seine Seele wieder, worüber er durchaus froh ist, wenn sie ihm nur nicht immer wieder Gewissensbisse verursachen würde, die er möglichst zu ignorieren versucht, mit mäßigem Erfolg.
Außerdem zeigt sich in diesem Band ein bisher unerheblicher Charakterzug, nämlich eine geradezu unbezähmbare Neugierde.

Neuer Gegenspieler anstelle des Teufels ist ein mirkarvianischer Kavallerieoffizier namens Comte Marechal. Ein engstirniger, ehrgeiziger und heimtückischer Kerl, der offenbar nicht verwinden kann, dass seine Familie vor ein paar Jahrhunderten in einem Krieg ihre Ländereien verloren hat, und nun geradezu davon besessen ist, in einem neuen Krieg sämtliche verlorenen Gebiete zurückzugewinnen.

Dazu kommt eine Handvoll mehr oder weniger skurriler Nebencharaktere, mit denen Cabal sich herumschlagen muss, fast schon eine Ansammlung überzeichneter Klischees wie das der verwöhnten Adligen, des rebellischen Studenten oder der dominanten Hausfrau, die ihren Mann unterdrückt. Der Autor spielt mit diesen Stereotypen, die durch die leichte Übertreibung fast schon liebenswert wirken, und dadurch plastisch und gleichzeitig ein wenig schräg. Das gilt auch für Cabals Gegenspieler Marechal.

Trug der erste Band noch ein wenig die Züge einer Queste, so hat der Leser es diesmal mit einer Krimikomödie zu tun, die allmählich zu einem internationalen Zwischenfall ausufert. Zwar spielt sich der gesamte Konflikt zwischen fiktiven Zwergstaaten ab, Marechal und Konsorten scheinen aber sozusagen direkt dem preußischen oder österreichischen Militärlexikon entstiegen. Und nicht nur der Militarismus, auch die Spionage kriegt ihr Fett weg.

Der Ort der Handlung ist großteils auf ein Luftschiff beschränkt, das ein wenig an ein U-Boot von Jules Verne erinnert, und dessen Beschreibung allein schon durch die ungewöhnlichen Fremdwörter höchst drollig klingt. Und obwohl Cabal sich bewusst ist, dass er sich nur in Schwierigkeiten bringen wird, wenn er seine Nase in all die Merkwürdigkeiten auf diesem Luftschiff – von der Mannschaft über die Passagiere bis hin zu den Geschehnissen – hineinsteckt, kann er es einfach nicht lassen. Nebenbei kabbelt er sich auch noch mit Leonie Barrow, der Tochter des bärbeißigen Kommissars aus dem ersten Band, die ebenfalls zufällig an Bord ist. Der Schlagabtausch zwischen diesen beiden, die sich offenbar ebenso sehr hassen, wie sie sich gegenseitig bewundern, ist das Sahnehäubchen auf dem ganzen Trubel.

Dabei hätte das alles problemlos vermieden werden können, hätte der Kapitän die Bitte eines Passagiers um Besichtigung nicht zugänglicher Bereiche einfach abgelehnt. Aber dann hätte es schließlich nichts zu erzählen gegeben, und das wäre wirklich unendlich schade gewesen.

_Denn herausgekommen_ ist bei all dem eine Mischung, nicht ganz so knallig wie im Vorgängerband, aber genauso witzig: Wie Cabal und Leonie Barrow aus all den schrägen Vögeln an Bord den Täter herauszufinden versuchen, liest sich genauso amüsant wie die gelungene Persiflage nicht nur auf Militär und Geheimdienste, sondern auch auf romantischen Antimilitarismus und Idealismus. Allein die Szene, in der Cabal mit der jungen Adligen Tee trinkt, ist absolut hinreißend.

Ein wenig ungewöhnlich fand ich das Kapitel „Das Grab von Umtak Ktharl“, eine angehängte Episode von etwa dreißig Seiten am Ende des Buches, wo die Geschichte bereits zu Ende ist. Nicht, dass dieses kurze Anhängsel nicht ebenfalls lesenswert wäre, es steht nur in keinem direkten Zusammenhang zur Handlung des eigentlichen Buches und führt auch nicht zu einem endgültigen Abschluss im Sinne von „nun ist Johannes wieder zu Hause“. Deshalb frage ich mich, warum sie in diesem Band enthalten ist. Vielleicht gibt die Fortsetzung darauf eine Antwort. Ich bin jetzt schon gespannt.

_Jonathan L. Howard_ lebt in Bristol ist seit 1990 ein fester Bestandteil in der Branche Computerspiele, außerdem schreibt er Drehbücher. 2005 erschien seine erste Kurzgeschichte „Johannes Cabal and the Blustery Day“, und nach einer weiteren Kurzgeschichte folgte der erste Band einer Romanreihe über seinen ungewöhnlichen Helden. Der Autor arbeitet zurzeit an Band drei.

|Taschenbuch: 413 Seiten
Originaltitel: Johannes Cabal the Detective
Deutsch von Jean-Paul Ziller
ISBN-13: 978-3442470341|
[www.johannescabal.com]http://www.johannescabal.com

Larke, Glenda – Wissende, Die (Die Inseln des Ruhms 1)

Die Inseln des Ruhms:

Band 1: „Die Wissende“
Band 2: „Gilfeather“ (noch ohne dt. Titel)
Band 3: „The Tainted“ (noch ohne dt. Titel)

Glut ist ein Mischling und als solcher auf den Ruhmesinseln unerwünscht. Allein die Tatsache, dass sie für die Wahrer arbeitet, sorgt dafür, dass sie zumindest geduldet wird. Als sie jedoch den Auftrag erhält, eine junge Frau aufzuspüren, die ausgerissen ist, gerät ihre Weltsicht schon bald ins Wanken …

Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive erzählt, daher ist Glut die einzige Hauptperson:

Glut ist zäh, abgebrüht und auch nicht dumm. Deshalb ist ihr durchaus bewusst, dass die Wahrer, allen voran ihr unmittelbarer Vorgesetzter Dasrick, sie benutzen. Sie hofft jedoch, für ihre Arbeit irgendwann die Bürgerrechte zu erhalten, die ihr erlauben würden, irgendwo sesshaft zu werden. Dafür ist sie bereit, nahezu alles zu tun. Zumindest, bis sie Flamme trifft …

Flamme ist eine junge Cirkasin mit der Fähigkeit, Silb-Magie zu wirken, was für eine Cirkasin eher ungewöhnlich ist. Vor allem aber beeindruckt sie Glut durch ihre innere Stärke und ihren Mut sowie ihre ausgeprägte Integrität. Zum ersten Mal empfindet Glut so etwas wie Freundschaft für eine andere Person.

Thor Reyder scheint seinerseits einen Narren an Glut gefressen zu haben. Der meist so ernst wirkende Mann hat durchaus Humor, vor allem aber zeichnet er sich durch eine schier übermenschliche Selbstbeherrschung aus. Binnen kürzester Zeit macht er Glut einen Heiratsantrag, hilft ihr mehrfach aus der Patsche. Dennoch wirkt er manchmal seltsam zugeknöpft, als ob er nicht die ganze Wahrheit sagte.

Dasrick dagegen ist ein absolut unsympathischer Zeitgenosse. Trotz der wertvollen Dienste, die Glut ihm leistet, demütigt er sie immer wieder. Dabei ist er von ihr genauso abhängig wie sie von ihm, denn Dasrick ist ehrgeizig. Und für seinen Ehrgeiz ist er bereit, noch viel weiter zu gehen, als Glut es für die Erlangung der Bürgerrechte jemals täte, nur ist er dabei bei Weitem nicht so ehrlich wie sie, sondern beschönigt sein Tun mit dem Mäntelchen ehrbarer Motive.

Der Bösewicht zu guter Letzt ist ein Dunkelmagier, der offenbar vorhat, die Herrschaft über die gesamten Ruhmesinseln zu übernehmen. Wer er tatsächlich ist und was ihn dazu treibt, wurde bisher nur angedeutet. Offensichtlich jedoch ist er ein Sadist, der es genießt, andere zu quälen, und der seine Helfershelfer rücksichtslos ausnutzt und dann fallen lässt.

Dafür, dass die Nebenfiguren lediglich aus Gluts Sicht beschrieben sind, ist die Charakterzeichnung recht ordentlich geraten. Tatsächlich geht jede der Figuren – mit Ausnahme des Bösewichts – über reine Nachvollziehbarkeit hinaus. Selbst der Antagonist wirkt irgendwie getrieben und dadurch eigenständiger als der reine Typus des machthungrigen Bösewichts, obwohl die Informationen zu seiner Person bisher noch recht dürftig sind.

Die Welt, in die Glenda Larke ihre Geschichte eingebettet hat, wirkt ein wenig wie eine Zwiebel. Die gesamte Handlung spielt an einem Ort, der sich Gorthen-Nehrung nennt. Gorthen-Nehrung ist sozusagen Niemandsland, hierher werden alle vertrieben, die auf den übrigen Inseln unerwünscht sind, vor allem Mischlinge, Verbrecher und Kranke. Im Grunde ist die Nehrung nicht mehr als eine schmale, langgestreckte Sandbank, die an einem einzigen, niedrigen Felsen angeschwemmt wurde.

Um diese Nehrung herum befinden sich noch eine Menge anderer, jeweils autonomer Inseln und Inselchen. Alle zusammen nennen sie sich die Ruhmesinseln. Außerhalb dieser Ruhmesinseln gibt es noch in einiger Entfernung ein Land namens Kell. Aus diesem Land stammt der Ethnologe, der im Rahmen seiner Forschungen Glut nach ihren Erlebnissen befragt. Diese Rahmenhandlung spielt fünfzig Jahre später als Gluts Erzählung.

Besonders interessant fand ich den Entwurf der Magie: Es gibt drei unterschiedliche Arten, die jeweils unterschiedliche Fähigkeiten beinhalten, wobei die Weißbegabung etwas aus der Reihe fällt, denn sie kann nichts bewirken, sondern lediglich andere Magie erkennen. Da die Weißbegabten allerdings gegen die Magie anderer immun sind, bedeutet das unterm Strich, dass die einzelnen Formen der Magie sich einigermaßen ebenbürtig sind. Dadurch werden sowohl ein übertrieben übermächtiger Bösewicht als auch ebenso übertriebene Überhelden vermieden.

Aus diesen magischen und politischen Details hat die Autorin ihren Plot aufgebaut:
Da ist Glut mit ihrer Weißbegabung, die auf der Suche nach einer jungen Frau ist; dann Flamme, mit ihrer Silb-Magie einen jungen Mann heilt, der von einem Dunkelmagier angegriffen wurde; Thor Reyden, der nahezu über alles Bescheid zu wissen scheint; und plötzlich taucht auch noch Dasrick auf mit einem ganzen Schiff voller Wahrer. Dieses Aufgebot scheint für die Suche nach einer Frau etwas übertrieben, und überhaupt, warum hat Dasrick überhaupt Glut hergeschickt, wenn er jetzt selber auftaucht?

Erst allmählich stellt sich heraus, dass hier eine ganze Menge nicht so ist, wie es scheint, von der Hälfte aller Personen über ihre wahren Absichten bis hin zu ihren Mitteln. Und bald ist Glut nicht mehr allein damit beschäftigt, die Ausreißerin zu suchen. Stattdessen ist sie zwischen diverse Fronten geraten und muss sich nicht nur gegen einen Feind behaupten, der ihr ans Leder will, sondern auch noch gegen andere, nicht weniger skrupellose …

Zwar könnte ich nicht sagen, dass ich mir beim Lesen vor Aufregung die Fingernägel abgekaut hätte. Tatsächlich muss ich sogar gestehen, dass ich, als Glut zum wiederholten Mal von den Schergen des Dunkelmagiers eingefangen wird, etwas genervt war. Immerhin aber waren die verschiedenen Ausbrüche und Fluchtversuche unterschiedlich genug, um zumindest etwas Abwechslung zu bieten. Das Faszinierende an diesem Buch war daher weniger steigende Spannung als vielmehr die allmähliche Auflösung von Rätseln und Geheimnissen, wobei die Identität der Ausreißerin recht schnell klar war. Mit am besten gefallen hat mir der Entwurf der Ghemfe, einer fremdartigen Rasse, die offenbar aus dem Meer stammt. In diesem Zusammenhang blieben die meisten Geheimnisse erhalten, was vielversprechende Aussichten für den zweiten Band bedeutet. Auch der Ortswechsel auf eine andere Insel bietet jede Menge neues Potential, und die neue Personenkonstellation am Ende des ersten Bandes sowieso. So ist „Die Wissende“ ein nicht unbedingt spannender, aber abwechslungsreicher Auftakt zu einem Zyklus mit der Aussicht auf Steigerung.

Glenda Larke stammt aus Australien und wollte schon als Kind Schriftstellerin werden. Zunächst kam jedoch eine Heirat und ein Lehrerberuf dazwischen. Bei einem längeren Aufenthalt in Wien kehrte die Lust am Schreiben zurück, seither hat die Autorin den Einzelroman „Havenstar“ sowie die Trilogien The Mirage Makers und The Isles of Glory geschrieben. „Die Wissende“ ist der erste Band der Trilogie Die Inseln des Ruhmes und das erste ihrer Bücher, das ins Deutsche übersetzt wurde. Die Autorin schreibt derzeit an ihrer neuen Trilogie Watergivers, die bisher bis Band zwei gediehen ist.

Taschenbuch: 479 Seiten
Originaltitel: The Isles of Glory 1 – The Aware
Deutsch von Susanne Gerold
ISBN-13: 978-3-442-26760-6

www.glendalarke.com
www.randomhouse.de/blanvalet

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 1,00 von 5)

Eric Nylund – Gemini – Der goldene Apfel (Mortal Coils 1)

Die Mortal Coils-Serie:

Band 1: „Gemini – Der goldene Apfel“
Band 2: „All That Lives Must Die“ (noch ohne dt. Titel)

Die Zwillinge Eliot und Fiona sind nahezu völlig von der Welt abgeschottet aufgewachsen. Erst seit zwei Jahren verlassen sie überhaupt das Haus, und das auch nur, um in einem Restaurant einige Straßen weiter als Bedienung und als Tellerwäscher zu arbeiten. Doch eines Tages bekommt ihre kleine, abgeschlossene Welt Risse: Fremde tauchen vor ihrer Wohnung auf. Einer davon behauptet gar, ihr Onkel zu sein. Und plötzlich ist die Welt nicht nur viel größer, als die Zwillinge gedacht hatten, sie ist auch viel verwirrender, viel magischer und vor allem … viel gefährlicher!

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Nuyen, Jenny-Mai – Magierlicht (Die Sturmjäger von Aradon 2)

Die Sturmjäger von Aradon:

Band 1: „Feenlicht“
Band 2: „Magierlicht“

Nach den Ereignissen des ersten Bandes ist Aradon überzeugt davon, dass ein Angriff des Alten Reiches unmittelbar bevorsteht, und rüstet seinerseits zum Krieg. Hel und ihre Gefährten sollen unterdessen unter Führung des Magiers Olowain versuchen, den Isen zu fangen, der durch den Tod des Dämons in den Besitz des Totenlichts gelangt ist.

Karat indessen, der von Oyaras Rebellen gesundgepflegt wurde, hat sich ihrem Kampf nicht angeschlossen. Stattdessen folgt der kaum sichtbaren Schemen, die ständig auf ihn einflüstern und ihn vorantreiben, immer Richtung Norden … und verfolgt von Mercurin.

Neuzugänge bei den Charakteren sind nicht zu verzeichnen, dafür aber durchaus Entwicklung.

Hels Skepsis im Zusammenhang mit den Magiern nimmt immer mehr zu. Als ihre Befürchtungen sich schließlich auf ganz unerwartete und erschreckende Weise bestätigen, nimmt sie ihr Leben selbst in die Hand. Aber das ist auch nicht ganz einfach. Denn Hel ist sich keineswegs sicher, wie es nun mit ihr weitergehen soll.

Auch Mercurin ist unsicher. Seit er Hel kennt, ist er von der Richtigkeit seines Tuns nicht mehr so vollständig überzeugt, wie es für die Erledigung seiner Aufgabe eigentlich erforderlich wäre. Diese Unsicherheit steigert sich immer mehr, bis er eine ungewöhnliche Entscheidung trifft.

Wie immer hat Jenny-Mai Nuyen ihre Figuren ausgesprochen plastisch und intensiv gezeichnet. Vor allem Mercurins wachsende Zerrissenheit zwischen seiner Zuneigung zu Hel und seinem Auftrag ist sehr gut gelungen.

Die Handlung ist in diesem Band dafür etwas einfacher gestrickt als im Vorgänger. Das Hauptgewicht liegt auf der Gruppe um Hel, die Karat bis an den Rand der Kauenden Klippen folgt. Die übrigen Handlungsstränge, wie der um Karat oder die Druiden aus dem Alten Reich sind nur in kurzen Absätzen dazwischengestreut. Selbst als Hel sich von den Magiern trennt, entsteht kein gleichwertiger neuer Strang, denn das Augenmerk folgt ausschließlich Hel. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Handlung eingleisig oder unkompliziert wäre. Tatsächlich gibt es in jedem Handlungsstrang einen, der nach den Totenlichtern sucht, selbst in Hels Umfeld, und letzten Endes streben sie alle auf denselben Punkt zu. Das Zusammentreffen der einzelnen Parteien verläuft dementsprechend dramatisch, und doch gelingt es der Autorin, dies noch zu toppen. Der eigentliche Showdown findet letztlich in Aradon statt.

Zusätzlich zur langsam steigenden Spannung wird auch der Schauplatz weiter ausgebaut. Zum ersten Mal erfährt der Leser Details über das Alte Reich und sogar einiges von dem geheimen Wissen der Magier wird verraten. Besonders gut aber gefiel mir die Idee der Elfen. Die leuchtenden, schemenhaften Wesen, die Karat nach Norden führen, nennen sich selbst diejenigen, die immer waren und immer sein werden. Sie scheinen ziemlich mächtig zu sein, vor allem aber sind sie zornig. Denn die Menschheit, die ihre Schöpfung ist, hat sie enttäuscht, indem sie sinnlos Lirium verprasst und damit die Erde fast getötet hätte. Nun wollen sie die Menschen bestrafen. Und die Totenlichter sind ihr Werkzeug.

Was diese Geschöpfe letztlich so interessant macht, ist ihre Widersprüchlichkeit. Denn sie schüren genau jene Gefühle in den Menschen, deretwegen sie auf die Menschen so zornig sind: ihre Gier, ihren Ehrgeiz, ihre Eigensucht. Gibt der Mensch ihrem Drängen nach, verhöhnen sie ihn, tut er es nicht, verhöhnen sie ihn ebenso. Es scheint, als könnte es ihnen niemand recht machen, als wüssten sie selbst nicht, was sie wollen. Dennoch beeinflusst ihr Tun das gesamte Geschehen. Es verleiht sämtlichen Beteiligten etwas Getriebenes, Manisches, vor allem im Zusammenhang mit Hel, die unbedingt das Richtige tun will, sich aber nicht sicher ist.

Unterm Strich bleibt der Eindruck einer stimmungsvollen, eindringlichen und gleichzeitig spannenden Geschichte, mit Figuren, in die man sich hervorragend hineinfühlen kann, einer Welt, die fasziniert, und deren Spannungsfeld ohne übermächtigen Bösewicht, unausweichliche Prophezeiungen oder einzig zur Rettung befähigte Helden auskommt. Jenny-Mai Nuyens Bücher zeichnen sich durch einen angenehmen Mangel an Übertreibung aus, und sind trotzdem weder langweilig noch blass. Stattdessen bleiben sie dadurch wesentlich näher am Leser, der schließlich auch nur Durchschnitt ist. Vielleicht ist auch das ein Grund für ihren Erfolg.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen hat sie eine ganze Reihe von Büchern geschrieben. Die Sturmjäger von Aradon ist ihr erster Mehrteiler.

Gebundene Ausgabe: 377 Seiten
ISBN-13: 978-3570160626

www.jenny-mai-nuyen.de/
http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 1,00 von 5)

Sanderson, Brandon – Sturmklänge

Die junge Siri ist zwar eine idrisische Prinzessin, da sie aber die jüngste von vier Geschwistern ist, ist sie eigentlich ziemlich unwichtig. Zumindest glaubt sie das. Bis ihr Vater zu ihrem Schrecken plötzlich beschließt, sie an Stelle ihrer ältesten Schwester Vivenna als Braut nach Hallandren zu schicken.

Vivenna ist fast so entsetzt wie Siri. Immerhin wurde sie selbst seit frühester Kindheit darauf vorbereitet, Hallendrens Gottkönig zu heiraten. Wozu all diese harten Jahre strengster Erziehung, wenn ihr Vater nun auf einmal die jüngere Schwester ihr vorzieht? Vivenna ist nicht in der Lage, sich mit der neuen Situation einfach abzufinden …

Auch in Hallandren ist man überrascht – und mißtrauisch. Die Jüngste der Prinzessinnen ist ein unbeschriebenes Blatt, da alle hallandrenischen Spione auf die Älteste angesetzt waren. Was hat Hallandren von ihr zu erwarten? Unterwanderung? Ein Attentat? Oder gar Krieg?

Tatsächlich denkt Siri an nichts von all dem. Sie ist ein überschwänglicher Wildfang, der seine Zeit bisher damit verbracht hat, den Unterricht zu schwänzen und stattdessen in der Wildnis herumzustreifen. Aufgrund dieser fehlenden Erziehung ist sie noch ein wenig naiv, äußerst unbefangen und politisch völlig ahnungslos. Auf die neue Umgebung reagiert sie deshalb zunächst mit Angst und Unsicherheit. Da sie jedoch weit aufgeschlossener und unvoreingenommener ist als ihre Schwester, lernt sie mit der Zeit, sich zurechtzufinden.

Vivenna, die Siri nach Hallandren folgt, um sie aus den Fängen des Gottkönigs zu befreien, tut sich wesentlich schwerer damit, sich anzupassen. Die strenge und fromme junge Frau mit der ausgeprägten Selbstbeherrschung fühlt sich im Gegensatz zu Siri von der Flut der Farben und von der ungewohnten Kleidung der Leute in Hallandrens Hauptstadt abgestoßen. Je länger sie sich allerdings dort aufhält und je mehr sie erlebt, desto mehr geraten ihre Überzeugungen und Glaubenssätze ins Wanken …

Lichtsang, der Gott des Heldenmuts, dagegen hat keine Glaubenssätze. Im Gegenteil ist er fest davon überzeugt, kein Gott zu sein. Da er aber keine Möglichkeit hat, sich dem Kult um seine Person zu entziehen, flüchtet er sich in übertriebenen Spott und Leichtfertigkeit und weigert sich beharrlich, sich an den politischen Intrigen der Götter untereinander zu beteiligen.

Und dann wäre da noch Vasher, der Mann in der Rolle des geheimnisvollen Kämpfers. Sein Erscheinungsbild erinnert fast an einen Landstreicher, allerdings besitzt er ein ziemlich ungewöhnliches Schwert, das er auf noch ungewöhnlichere Weise benutzt.

Brandon Sanderson hat hier eine äußerst vielschichtige Charakterzeichnung abgeliefert. Keiner seiner Charaktere lässt sich von Anfang an in eine Schublade stecken, nicht einmal Nebenfiguren wie Blaufinger, der Haushofmeister des Palastbezirks. Gleichzeitig sind sie sehr lebendig und glaubwürdig gezeichnet, sowohl in ihrer Ausgangssituation als auch in ihrer Entwicklung, soweit vorhanden. Vor allem Lichtsang und Vivenna fand ich ausgesprochen gut gelungen, und selbst Vasher, über den man erst spät etwas und dann nur wenig erfährt, entwickelt ein gewisses Maß an Persönlichkeit.

Der Kontext, in den der Autor seine Figuren gesetzt hat, ist ziemlich komplex. Das fängt schon damit an, dass hier Magie und Religion nicht eindeutig zu trennen sind. Magie besteht zunächst darin, mithilfe von Farbe und menschlichem Hauch totes Material zum „Leben“ zu erwecken. Je nach Kommando kann das erweckte Material bestimmte Aufgaben erfüllen, ein Seil zum Beispiel etwas aktiv in die Höhe befördern.

Mit Hauch ist allerdings nicht einfach menschlicher Atem gemeint, sondern eine Art Energie. Jeder Mensch besitzt von Geburt an einen Hauch. Für die meisten Erweckungen ist jedoch mehr als ein Hauch erforderlich, außerdem bedeutet der Besitz einer großen Anzahl Hauche sowohl gesellschaftlichen Status als auch einen Zuwachs an Fähigkeiten und magischer Kraft.

Zugleich ist Hauch aber auch die Nahrung der Götter, die sie von ihren Gläubigen beziehen. Die Menschen können auch ohne Hauch leben, die Götter jedoch sterben, wenn sie nicht jede Woche einen menschlichen Hauch aufnehmen. Dabei besitzen sie selbst ebenfalls einen Hauch, der um ein Vielfaches stärker ist als der menschliche, den sie jedoch nicht einsetzen können, ohne zu sterben.

Der Einfluss der Götter basiert daher weniger auf ihrer im Grunde eher eingeschränkten magischen Macht als vielmehr darauf, dass sie „zurückgekehrt“ sind: Menschen, die aufgrund der besonderen Umstände ihres Todes erneut zum Leben erwacht sind. Das Volk betrachtet sie als besondere Beschützer, an die sie Bittgesuche richten, die sie um Rat fragen und Ähnliches.

Kommt die Politik dazu, wird die Sache noch komplizierter: Offiziell ist Idris lediglich eine Provinz Hallandrens. Allerdings herrschen dort die Nachkommen jener Familie, die einst auf dem Thron von Hallandren saß! Seit dem Vielkrieg, der zu dieser Situation geführt hat, fürchten die Götter und Priester von Hallandren, die Könige von Idris könnten irgendwann die Herrschaft über Hallandren zurückfordern. Dabei ist Idris dazu politisch gar nicht in der Lage, obwohl das kleine Gebirgsland sämtliche Pässe in die nördlichen Königreiche und nahezu sämtliche Kupfervorkommen des Landes kontrolliert.

Tatsächlich fürchtet Idris nichts mehr, als irgendwann von Hallandren doch noch vollständig unterworfen zu werden, denn seine Bewaffnung ist schlecht und die Anwendung von Magie ist in Idris aus religiösen und ethischen Gründen verpönt, Hallandren dagegen verfügt über eine ganze Armee von Leblosen, womit erweckte Leichen gemeint sind. So belauern sich beide Seiten gegenseitig voller Misstrauen und in ständiger Erwartung, dass der andere demnächst angreifen wird.

Dabei bildet der Rat der Götter, der über Hallandren herrscht, keineswegs eine einheitliche politische Front. Kriegsbefürworter stehen Kriegsgegnern gegenüber, und überall wird intrigiert und geschachert. Das geht so weit, dass eine der Göttinnen Siris unschuldige Naivität als Maske abtut, weil sie sich nicht vorstellen kann, dass jemand in dieser Position keine geheimen Absichten verfolgt.

Um das Maß vollzumachen, hat Brandon Sanderson seine Handlung auch noch auf mehrere Stränge verteilt. Während im Palast die verwirrte und eingeschüchterte Siri und der Gottkönig allmählich einander näherkommen, versucht Vivenna mit Unterstützung einer Söldnergruppe, eine Art Partisanenkrieg auf die Beine zu stellen, um den drohenden Krieg wenigstens bis zum Winter hinauszuzögern und Idris so eine bessere Position zu verschaffen. Von den Hallandrenern wird dies wiederum als Vorstufe zu einem Angriff durch Idris verstanden, was dazu führt, dass Lichtsang, der über zehntausend Soldaten der Leblosenarmee das Kommando hat, immer mehr ins Visier seiner göttlichen Kollegen gerät. Und dazwischen huscht Vascher hin und her, ohne dass klar wäre, auf welcher Seite er steht.

Alle diese Handlungsstränge sind nicht nur geschickt miteinander verbunden, sie bedingen einander und führen so zu einer immer stärkeren Zuspitzung der Situation. Und während der gesamten Entwicklung spielt der Autor gekonnt mit den Erwartungen des Lesers, nur um ihn dann mehrmals kräftig zu überraschen, was nicht nur für Abwechslung sorgt, sondern auch für wachsende Spannung.

Herausgekommen ist dabei ein dichter und facettenreicher Roman, dessen präziser Aufbau den Leser trotz aller Komplexität souverän durch die Handlung führt, der mit seinen ausgesprochen menschlichen und lebensechten Charakteren für jeden Leser eine Identifikationsfigur bietet, trotz aller Konflikte und Kämpfe ohne Splatter auskommt und auch ohne einen absoluten übermächtigen Bösewicht Spannung zu erzeugen weiß. Die einzelnen Aspekte sind hervorragend ausbalanciert, sodass das Buch weder actionlastig noch detailverliebt oder psychologisch überfrachtet daherkommt. Fantasy vom Feinsten!

Brandon Sanderson gehört zu denjenigen, die bereits als Kinder phantastische Geschichten schrieben. Sein Debütroman „Elantris“ erschien 2005, seither war er ungemein fleißig. Neben seiner Trilogie Mistborn schreibt er an seinem Jugendbuchzyklus Alcatraz, der inzwischen bis Band vier gediehen ist, sowie an Robert Jordans Zyklus Das Rad der Zeit, dessen vorletzter Band unter dem Titel „Towers of Midnight“ Anfang November in die Buchläden kommt. Außerdem erschien Ende August unter dem Titel „The Way of Kings“ der erste Band seines Zyklus‘ Die Sturmlicht-Chroniken.

Taschenbuch: 762 Seiten
Originaltitel: Warbraker
Deutsch von Michael Siefener
ISBN-13: 978-3453527133

 www.brandonsanderson.com

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Sprunk, Jon – Schattenschwert (Shadow Saga 1)

_Die |Shadow Saga|:_

Band 1: _“Schattenschwert“_
Band 2: „Shadows’s Lure“ (2011, noch ohne dt. Titel)
Band 3: „Shadow’s Master“ (2012, noch ohne dt. Titel)

_Caim ist ein Auftragskiller._ Der Beste in der ganzen Stadt. Zumindest bis zu dem Tag, an dem er den Mann, den er töten soll, bereits ermordet vorfindet und kurz darauf Soldaten auftauchen, um ihm festzunehmen. Caim kann entkommen, doch auf der Suche nach demjenigen, der ihm die Falle gestellt hat, sticht er in ein gefährliches Wespennest …

_Caim entspricht größtenteils_ dem derzeit so beliebten Typus der gnadenlosen, im Grunde aber edlen und gerechten Tötungsmaschine. Ein wenig Persönlichkeit erhält er durch die Erinnerungen an einen blutigen Überfall auf sein Zuhause, den er selbst nach sechzehn Jahren nicht verwunden hat. Die Schatten, mit denen er irgendwie verbunden scheint, machen ihn außerdem auch ein wenig geheimnisvoll.

Noch geheimnisvoller ist Kit, eine körperlose Wesenheit, schön, übermütig und ein wenig unberechenbar. Sie ist zwar Caims Freundin, was genau sie ist, weiß er aber nicht, und der Leser erfährt es deshalb auch nicht.

Dann wäre da noch Josephine, eine junge Adlige, die zunächst nichts als Heiraten im Kopf hat. Als sie ihren Vater, ihr Zuhause und fast auch ihr Leben verliert, ändern sich ihre Interessen allerdings schlagartig.

Der Bösewichte sind es diesmal gleich zwei: Ral entspricht dem Typus Killer, dem das Töten Spaß macht, und gleichzeitig dem Typus Bösewicht, der der Ansicht ist, alle Macht und Annehmlichkeit der Welt stünde ihm von Rechtswegen zu, und zwar ausschließlich ihm. Levictus ist da ein wenig interessanter geraten. Der Mann hat seine Familie an die Inquisition verloren und der Kirche dafür Rache geschworen. Um sein Ziel zu erreichen, ist er sogar bereit, sich mit finsteren Mächten zu verschwören.

Wirklich berauschend fand ich die Charakterzeichnung nicht. Caim und Ral sind zu sehr in Stereotypen verhaftet, und Josephines Entwicklung von naiver, verzogener Oberflächlichkeit zur verantwortungsbewussten Führungsperson ging mir etwas zu schnell. Kit war zwar charmant, allerdings erfährt der Leser so wenig über sie, dass es zu echter Tiefe nicht gereicht hat. Bleibt Levictus, aber selbst ihm fehlt trotz seines finsteren Gehabes und seines Rachedurstes das gewisse Etwas. Zwar ist sein Hass auf die Kirche nachvollziehbar, aber nicht nachfühlbar. Vielleicht hätten auch ihm ein paar echte Erinnerungen, wie Caim sie hatte, gutgetan.

Auch die Erzählung holpert etwas. Manche Ungereimtheiten könnte man vielleicht dem jeweiligen Protagonisten anlasten. Zum Beispiel ist Josephine dabei, als Markus, Soldat der Kirche und Verlobter ihrer besten Freundin, den Befehl gibt, Josephine zu töten. Trotzdem wirft sie kurze Zeit später Caim an den Kopf, Markus hätte ihr nie etwas angetan. Eigentlich fragt man sich, ob jemand so dumm überhaupt sein kann, aber gut.

Einiges dagegen ist einfach schlampig formuliert. Caim springt ins Wasser, die Wellen schlagen über ihm zusammen, er erreicht ein Kanalrohr und holt Luft. Nirgendwo steht, dass Caim inzwischen wieder aufgetaucht wäre. Die Worte, dass er seinen tiefen Atemzug bereut, bezog ich daher zunächst darauf, dass Caim wohl Wasser geschluckt haben muss, und wunderte mich, warum er das tut, wo er doch noch unter Wasser ist. Erst im weiteren Verlauf wird klar, dass das Kanalrohr oberhalb der Wasserlinie mündet.

Und wieder anderes war schlicht unlogisch. Josephine verwendet ihren Unterrock als Verbandsstoff, weil der unter dem Nachthemd nahezu trocken geblieben ist. He, das Mädel ist gerade kopfüber vom Steg gerissen, mehrere Meter durchs Wasser geschleppt worden und hat danach noch einige Zeit bewusstlos halb auf dem Trocknen und halb im Wasser gelegen. Den Unterrock möchte ich sehen, der da noch trocken ist! Und überhaupt: Welche Frau trägt einen Unterrock unter ihrem Nachthemd? Um die Sache zu krönen, freut Caim sich, dass ein Pfeil, der zwischen seiner ersten und zweiten Rippe steckt, nicht tiefer eingedrungen ist, denn sonst hätte er womöglich die Nieren verletzt! Ich kenne allerdings niemanden, bei dem die Nieren hinter den Rippen sitzen.

Dabei fand ich die Idee und den eigentlichen Handlungsverlauf gar nicht so schlecht. Die zunehmende Verstrickung Caims in das politische Komplott, seine wachsende Bedrängnis und die immer größeren Schwierigkeiten, in die Josephine gerät, sind im Großen und Ganzen gut gemacht. Der Plot ist sauber aufgebaut, und der Spannungsbogen strafft sich durchaus spürbar im Laufe der Handlung.

Was allerdings eine Menge Flair gekostet hat, waren die vielen losen Fäden. So erfährt der Leser zwar, dass das Komplott noch weit größer und umfangreicher angelegt war, als den Beteiligten bekannt war. Wie groß genau, wird nicht verraten. Ähnlich Kit: sie sagt, Caims Mutter habe sie gerufen, deshalb sei sie bei ihm. Wie und warum Caims Mutter das gemacht hat, sagt sie nicht, auch nicht, woher sie kommt und wer genau sie ist. Und dann die Schatten: Sie scheinen durchaus nichts Einheitliches zu sein. Einerseits helfen sie Caim, unsichtbar zu werden, andererseits wird er mehrmals von ihnen angegriffen. Und die Wesen aus der Schattenwelt, mit denen Levictus in Kontakt tritt, benutzen ihn zwar als Werkzeug, welchen Zweck sie allerdings verfolgen, bleibt im Dunkeln. So wirkt das Buch am Ende abgehackt und unvollständig, selbst für den ersten Band eines Zyklus.

_Insgesamt gesehen hätte_ das Buch durchaus eine Menge Potential gehabt. Ein etwas genaueres Eingehen auf die Charaktere – zum Beispiel Markus‘ Motivation, bei der ganzen Sache mitzumachen – hätte ein wenig über den schablonenhaften Entwurf von Caim und Ral hinweggetröstet. Und durch eine detailliertere Ausarbeitung des historischen Hintergrunds, der immer nur in Bruchstücken erwähnt wurde, hätten manche Entdeckungen Caims weniger bemüht gewirkt. Bei knapp vierhundert Seiten wäre dafür schon noch Platz gewesen.

Vielleicht werden ja wenigstens in der Fortsetzung all die losen Fäden noch weitergeführt und ausgebaut. Ich hoffe nur, dass keine Schnitzer wie die mit dem Pfeil und dem Unterrock mehr passieren. Einem aufmerksamen Lektor sollte so was eigentlich auffallen, auch in den USA. Ein Lob dagegen an Heyne für das fehlerfreie Lektorat und das gelungene Cover.

_Jon Sprunk entdeckte_ seine Passion fürs Schreiben während seines Literaturstudiums. Seither hat er mehrere Kurzgeschichten veröffentlicht. „Schattenschwert“ ist sein erster Roman.

|Taschenbuch: 395 Seiten
ISBN-13: 978-3453527218
Originaltitel: Shadow’s Son
Deutsch von Ronald Gutberlet|
[www.jonsprunk.com]http://www.jonsprunk.com

Perplies, Bernd – Für die Krone (Magierdämmerung 1)

_Die |Magierdämmerung|-Reihe:_

01 _“Für die Krone“_
02 „Gegen die Zeit“ (Februar 2011)
03 – nur angekündigt –

Weit draußen im Meer, am mittelatlantischen Rücken, ist ein Tauchboot unterwegs. Es ist auf der Suche nach dem versunkenen Atlantis. Der „Professor“, der das Unterseeboot quasi gemietet hat, verfolgt allerdings ein gänzlich anderes Ziel als nur profane Forschung. Er sucht nach etwas, das die gesamte Welt verändern wird … und wird fündig!

Der junge Journalist Jonathan Kentham dagegen hat vorerst ganz andere Probleme. Er zerbricht sich gerade den Kopf darüber, ob er den mächtigen Abgeordneten Holbrook wohl irgendwie davon überzeugen kann, dass er, Jonathan, ein passender Schwiegersohn wäre. Bis er auf dem Heimweg vom Theater das Opfer eines Mordanschlages „findet“. Plötzlich ist er neuer Besitzer eines silbernen Ringes … und damit mächtiger Magie!

Zur gleichen Zeit sieht sich ein junges Mädchen namens Kendra durch eine Verkettung ungünstiger Umstände gezwungen, ihr bisheriges Zuhause in den schottischen Highlands zu verlassen. In Begleitung ihres Großvaters macht sie sich auf den Weg nach London. Doch schon bald stellt sich die Reise als äußerst schwierig heraus.

_Der Akteure gibt es viele:_

Da wäre zunächst einmal Jonathan zu nennen, grundanständig, ein wenig schüchtern und nahezu frei von Abenteuerlust. Aber neugierig ist er, wenn auch nicht gerade mit übermäßigem, detektivischem Spürsinn gesegnet. Und nachdem er erst einmal in diese Sache hineingestolpert ist, stellt er sich auch als durchaus mutig heraus.

Kendra ist ein burschikoser Wildfang, der seine Zeit am liebsten damit verbringt, durch die Wildnis zu schweifen, was im Hinblick auf die restliche Dorfbevölkerung nicht allzu verwunderlich ist. Der einzige Mensch, mit dem sie etwas verbindet, ist ihr Großvater, doch der mag sie offenbar nicht. Aber Kendra ist auch ein Dickkopf, was bedeutet, dass sie sich von dem brummigen Alten nicht einfach abweisen läßt.

Der alte Giles wiederum ist weit mehr als nur brummig. Er ist gewitzt, zäh und vor allem stark. Und er scheint eine ganze Menge mehr zu wissen als die meisten anderen.

Der schillerndste Charakter aber ist ein Magier. Ein lebhafter Mann von sprühender Intelligenz mit einer ausgeprägten poetischen Ader, allerdings dem Alkohol und den Drogen ein wenig zu sehr zugeneigt, launisch, überspannt, exzentrisch. Das Einzige, was bisher fehlt, sind die Depressionen. Vielleicht kommen die noch. Sein Name ist Holmes. Jupiter Holmes.

Der Bösewicht der Geschichte wirkt dagegen ein wenig blssß. Der distinguierte, elegante ältere Herr namens Wellington ist Lordmagier des Ordens des silbernen Kreises und seit Langem erbitterter Gegner des Ersten Lordmagiers Dunholm. Wellington ist mit der Rolle der Magier in der Welt nicht zufrieden. Und auch nicht mit ihrem magischen Potential. Ob er allerdings die Gründe, die er für sein Vorgehen nennt, tatsächlich selber glaubt, ist eher zweifelhaft. Der Mann will einfach so viel Macht, wie er nur irgend bekommen kann.

Einen unerwarteten Hauch von Farbe erhält die Seite der Antagonisten durch einen Killer, den alle nur „Franzose“ nennen. Das Einzige, was für den nahezu gesichtslosen, weil ziemlich vermummten Magier zählt, ist die Erledigung seines Auftrages. Mehr erfährt der Leser nicht über diesen Mann, sodass die Gegner zumindest ein Geheimnis zu bieten haben.

Alles in allem fand ich die Charakterzeichnung abwechslungsreich und ziemlich gelungen. Abgesehen von Wellington, der gern noch ein wenig mehr Charisma entwickeln darf, als er bisher zeigte, waren alle Personen, auch die Nebenfiguren, sehr lebendig geraten. Vor allem Jonathan ist in seiner zutiefst britischen Art sehr gut getroffen, und der alte Giles dürfte noch für eine Menge Überraschungen gut sein. Am besten aber gefiel mir Holmes.

Der Grund dafür liegt nicht allein in der literarischen Vorlage. Die Art und Weise, in der Bernd Perplies Doyles berühmte Figur für sein eigenes Buch sozusagen entliehen hat, kommt mit einem gewissen Augenzwinkern daher, so zum Beispiel in der Erklärung, wo Holmes stets so überraschend all die Informationen über Leute herhat, denen er nie zuvor begegnet ist. Und wenn Holmes selbst erklärt, dass er keineswegs dem berühmtesten Detektiv der Weltliteratur nacheifere, sondern im Gegenteil für die besagte Figur Pate gestanden habe, und gleichzeitig zugesteht, dass sein alter Freund Doyle ihn tatsächlich sehr gut getroffen habe, dann zeugt das von so viel charmanter Dreistigkeit, dass man dem Autor einfach nicht böse sein kann. Zumal Perplies‘ Holmes letztlich vor allem eines ist: eine Hommage an den Erfinder des Meisterdetektivs, Sir Arthur Conan Doyle. Gleiches gilt auch für die |Nautilus|.

Im Übrigen finden sich über das Buch verteilt immer wieder kleine Anspielungen auf andere Werke, zum Beispiel die „Schatzinsel“ oder Poes „The Raven“. Perplies spielt ganz offen mit diesen kleinen literarischen Details, da er sie aber großteils als Bestandteil seiner Geschichte einbaut, verleiht er ihnen damit gewissermaßen Realität und seinem Buch dadurch eine gewisse Note.

Aber auch ohne diese Würze der besonderen Art ist dem Autor die Darstellung seines Hintergrundes hervorragend gelungen. Frei von epischer Weitschweifigkeit, beinahe nebenbei, hat er das Leben in London kurz vor der Jahrhundertwende ausgesprochen treffend skizziert: Theaterbesuche, der Empfang des französischen Botschafters, Spaziergänge auf der Promenade, die Mischung aus Kutschen und frühen Automobilen gehören ebenso dazu wie dunkle Gassen, Schlachthöfe, Kneipen und Schlupflöcher von Verbrechern in verrufenen Vierteln.

Selbst den phantastischen Aspekt hat er passenderweise in einer Geheimloge angesiedelt. Die Magie wird als leuchtende Fäden beschrieben, die alles – je nach Lebenskraft unterschiedlich stark – miteinander verbinden. Man kann sie bündeln, umlenken, voneinander lösen oder miteinander verknüpfen, je nach Bedarf. Eine recht praktische und leicht nachvollziehbare Art und Weise, Dinge ohne sichtbare Beeinflussung zu bewerkstelligen, und wunderbar geeignet für alle möglichen Arten von magischen Duellen.

Dieser Umstand wird auch ausgiebig genutzt. Gleich dreimal, den Showdown nicht eingerechnet, kommt es im Laufe der Handlung zu magischen Handgreiflichkeiten. Und wenn gerade mal nicht gekämpft wird, wird Detektivarbeit geleistet. Beide Aspekte sind nahtlos und fließend miteinander verbunden, und im Falle der Detektivarbeit auch höchst vergnüglich erzählt. Details über das Wesen der Magie und ihre Auswirkungen finden sich in den Gesprächen zwischen Kendra und ihrem Großvater sowie in dem dünnen Handlungsfaden, der im Prolog seinen Ausgang nimmt und dann erst zum Showdown wieder an Bedeutung gewinnt. Im Gegensatz zu diesem feinen Nebenstrang sind die Ereignisse um Kendra ebenfalls mit den Ereignissen in London verknüpft, und auch hier sind die Nahtstellen sauber und glatt gestaltet.

So wirkt die Handlung insgesamt abwechslungsreich und lebhaft, sie ist frei von Längen, Durchhängern oder logischen Brüchen. Gegen Ende nimmt das Erzähltempo noch zusätzlich Fahrt auf, auch der Spannungsbogen wird an dieser Stelle spürbar straffer. Der Showdown schließlich würfelt die Personenkonstellation einmal gehörig durcheinander und schafft eine interessante neue Ausgangssituation für den nächsten Band.

_Um es endlich auf den Punkt zu bringen:_

Dieses Buch war durchweg ein gelungener Wurf. Die Charaktere sind glaubhaft und fast ausnahmslos jenseits des Klischees, die Beschreibung des Hintergrundes lebendig und facettenreich, die Handlung eine spritzige Mischung aus Krimi und Fantasy. Das Ganze gewürzt mit einer Prise Weltliteratur sowie einem Schuss Ironie, und fertig ist der unterhaltsame Lesegenuss. Da stört es auch nicht, dass Jonathan und seine Begleiter auf dem Weg vom Drury Lane Theater zum Trafalgar Square einmal in die falsche Richtung abgebogen sind. Das konnte ich, die ich noch nie in London war, überhaupt nur anhand der sehr gut lesbaren Karte im hinteren Buchdeckel feststellen.

Bernd Perplies studierte Germanistik und Filmwissenschaften und arbeitet seither als Redakteur für filmportal.de sowie als Übersetzer. Bereits mit seiner |Tarean|-Trilogie hatte er großen Erfolg. Die Fortsetzung zu seinem neuen Zyklus |Magierdämmerung| unter dem Titel „Gegen die Zeit“ soll im Februar nächsten Jahres erscheinen.

|Taschenbuch: 439 Seiten
ISBN-13: 978-3802582646|
[www.bernd-perplies.de]http://www.bernd-perplies.de

_Bernd Perplies bei |Buchwurm.info|:_
[„Tarean – Sohn des Fluchbringers“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=5678 (Tarean Band 1)

Fink, Torsten – Renegat (Der Sohn des Sehers 3)

_Die „Der Sohn des Sehers“-Trilogie:_

Band 1: [„Nomade“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6314
Band 2: [„Lichtträger“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6496
Band 3: _“Renegat“_

Dank Merege ist die Gefahr durch die zornige Wüstengöttin Xlifara Slahan gebannt. Doch Mereges Seele hat ihren Körper verlassen, ohne zurückzukehren, und dann hat Eri auch noch den Heolin gestohlen. Bald darauf erfährt Awin, dass er sich zum Tiudhan, zum obersten Oberhaupt über alle Hakul hat erheben lassen. Doch erst Isparra, die plötzlich vor den Toren Pursus auftaucht, öffnet Awin die Augen über Eris wahre Absichten …

_Awin entwickelt sich_ allmählich zu einer echten Führernatur. Er kann sich durchsetzen und hat gelernt, andere zu überzeugen. Seine Art, in anderen zunächst immer das Gute zu sehen, hat sich dadurch aber nicht verändert, und sein Bemühen um Verständigung und friedliche Einigung ist die Voraussetzung dafür, dass er auf seinem Weg überhaupt vom Fleck kommt.

Der wesentlich interessantere Charakter war diesmal Isparra. Wie schon bei seiner Figur des Tasil in der Trilogie |Tochter des Magiers| ist Torsten Fink auch bei der Windskrole konsequent geblieben. Isparra hilft Awin gelegentlich, wenn sie keine andere Wahl hat, weil sie ihrerseits auf ihn angewiesen ist, aber sie macht keinen Finger mehr krumm als unbedingt nötig, und gelegentlich nutzt sie ihn auch gehörig aus. Ihr Hochmut scheint trotz ihres Machtverlusts kein bisschen gelitten zu haben.

Die übrigen Charaktere weisen keine weitere Entwicklung auf, und die neuen Charaktere kommen nicht über Randfiguren hinaus. Selbst die Darstellung Mahuks, der in diesem Band doch recht wichtig geworden ist, wurde nicht wirklich vertieft. Eine echte Steigerung im Vergleich zum Vorgängerband kann man der Charakterzeichnung daher nicht bescheinigen.

Dasselbe gilt für den Hintergrund. Auch hier hat sich der Autor nicht die Mühe gemacht, noch ein wenig mehr ins Detail zu gehen. Zugegeben, die Handlung ließ dafür nicht allzu viel Raum. Sie mutet ein wenig wie ein Hindernisrennen an. Awin muss Eri zumindest ein-, besser noch überholen, um dessen Absichten zu vereiteln. Doch trotz aller Anstrengungen, die Awins Gruppe unternimmt, hat Eri stets die Nase ein Stück vorn. Dazu kommt, dass Awin ständig irgendwelche Hindernisse überwinden muss, sei es nun ungünstiges Gelände, feindliche Bewohner der Gegend oder höhere Mächte. Einige dieser Hindernisse nimmt Awin erstaunlich leicht, andere nicht ganz so leicht.

Die verschiedenen Schwierigkeiten sind durchaus abwechslungsreich dargestellt, dennoch kommt so etwas wie Spannung nicht so recht auf. Irgendwie zog der Trick mit dem Zeitdruck hier nicht richtig, vielleicht, weil von vornherein klar war, dass Awin Eri einholen muss, damit es überhaupt zum Endkampf kommen kann. Aber selbst gegen Ende, als sich die Lage auf den Showdown zuspitzte, empfand ich eher Ungeduld denn Anspannung. Möglicherweise lag es daran, dass durch Awins Sehergabe schon einige Details des Showdowns vorweggenommen waren; oder auch daran, dass der Oberste der Wächter vor Hochmut so verblendet war, dass es schon unglaubwürdig wirkte. Jedenfalls zog sich die Aufstellung für den Endkampf ein wenig zäh dahin. Das Endergebnis war dann letztlich wenig überraschend.

So war der dritte Band zwar abwechslungsreich, kam gleichzeitig aber nicht so recht in Gang. Zu viele Episoden wirkten lose und ohne echte Auswirkung auf den Handlungsverlauf, so zum Beispiel Awins Besuch beim Orakel der weißen Stuten. Es fehlte der innere Zusammenhang, der dem Geschehen Dynamik verliehen hätte. Stattdessen hakt Awin ein Problem nach dem anderen ab wie Perlen auf einer Schnur. Am Schluss blieben dann sogar Details offen, wie zum Beispiel Awins Verfolgung durch Uqib. Die Trilogie ist zu Ende, wirkt aber dennoch nicht wirklich in sich abgeschlossen. Bei der |Tochter des Magiers| ging es mir ähnlich, allerdings nicht in so starkem Maße wie jetzt beim |Sohn des Sehers|. Und entgegen meiner Hoffnung tauchte Maru in diesem Zyklus nicht mehr auf.

_Bleibt zu sagen_, dass die Trilogie mit vielen Ideen aufwarten konnte, die Ausarbeitung aber eher bescheiden ausfiel. Den Spannungsbogen spürbar zu straffen, ist nicht immer gelungen. Da die Gewichtung zulasten von Charakteren und Hintergrund so stark auf der Handlung liegt, ist das ein echtes Manko. Fazit: nette Unterhaltung, aber nichts, was man unbedingt gelesen haben muss.

Torsten Fink war Journalist und Texter, unter anderem für literarisches Kabarett, ehe er 2008 sein erstes Buch „Die Insel der Dämonen“ veröffentlichte. |Die Tochter des Magiers| war sein erster Mehrteiler, an den |Der Sohn des Sehers| anknüpft.

|Taschenbuch: 574 Seiten
ISBN-13: 978-3442266937|
[www.randomhouse.de/blanvalet]http://www.randomhouse.de/blanvalet

_Torsten Fink bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Diebin“ (Die Tochter des Magiers 1) 5775
[„Die Gefährtin“ (Die Tochter des Magiers 2) 5950
[„Die Erwählte“ (Die Tochter des Magiers 3)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5951

Friedman, Celia – Seelenzauberin, Die (Magister-Trilogie 2)

Die Magister-Trilogie:

Band 1: „Die Seelenjägerin“
Band 2: „Die Seelenzauberin“
Band 3: „Legacy of Kings“ (im Original: Mai 2011)

Kamala hatte Glück im Unglück. Obwohl sie mitten im Kampf mit dem Ikata von der Tanslatio überrascht wurde, hat sie überlebt. Ein Nordländer hat die Bestie getötet und Kamala konnte verschwinden. Jetzt will sie Antworten auf ihre Fragen haben. Und so hängt sie sich in der Gestalt eines Habichts an die Fersen jenes Nordländers, der den Ikata getötet hat …

Rhys, der Bruder der Großkönigin Gwynofar, wurde nach seinem Sieg über den Ikata nach Norden geschickt, um einen Blick auf die Speere im Gebiet der Alkalier zu werfen, denn von dort sind seit Monaten keine Berichte mehr eingetroffen. Doch nichts und niemand hätte ihn auf das vorbereiten können, was er in Alkal schließlich vorfindet!

Gwynofar hat unterdessen ihren zweitältesten Sohn Salvator aus dem Kloster zurück gerufen, damit er seinem Vater auf den Thron folgt. Aber kann ein Mann mit den Überzeugungen und dem Lebenswandel der Büßermönche überhaupt ein guter König sein?

Siderea, die Hexenkönigin von Sankara, jedenfalls beabsichtigt, genau diese mönchischen Eigenschaften zu fördern. Ihr unbändiger Lebenswille hat die Frau mit dem erlöschenden Athra dazu gebracht, ein Bündnis mit einem geheimnisvollen Fremden einzugehen, ohne zu versuchen, seine wahren Absichten zu ergründen, oder sich die Mühe zu machen, Erkundigungen über ihn einzuziehen.

Im Großen und Ganzen agieren in diesem zweiten Band des Zyklus‘ noch nahezu dieselben Charaktere wie im ersten Band. Allerdings hat sich das Augenmerk ein wenig verschoben:

Statt Gwynofar steht nun Rhys mehr im Mittelpunkt des Geschehens. Der mutige Mann ist der Bastardsohn des Erzprotektors von Kierdwyn und damit ein Halb-Lyr. Besonders glücklich ist er über keinen der beiden Umstände, scheint doch die Tatsache, dass er als Halb-Lyr besondere Fähigkeiten im Kampf mit den Ikati besitzt, seinen Sieg über das Ungeheuer zu schmälern. Außerdem fürchtet er – völlig ohne Grund – stets die Ablehnung seiner Stiefmutter. Halt scheint ihm nur sein Glaube an seine Götter und die alten Mythen zu geben. Als er auch diesen verliert, ist er ein gebrochener Mann.

Am anderen Ende der Welt hat sich die Gewichtung von Colivar hin zu Siderea verschoben. Sidereas Verzweiflung angesichts ihres erlöschenden Athras ist so groß, dass sie in der Überzeugung, nichts zu verlieren zu haben, jegliche Vorsicht über Bord wirft. Gleichzeitig entwickelt sie einen ungeheuren Hass auf die Magister, von denen sie sich im Stich gelassen fühlt. Am Ende des Bandes ist diese Frau einer der gefährlichsten Charaktere des gesamten Buches.

Der einzige wichtige Neuzugang, Nyuku, bleibt dagegen fast ein wenig blass. Aus seinem Werdegang werden lediglich einige kurze Ausschnitte erzählt, die aber außer einer wilden Entschlossenheit und einem rücksichtslosen Drang nach Wärme und Licht keine weiteren Eigenschaften verraten. Zumindest vorerst …

Ich fand diese neue Gewichtung innerhalb der Charakterzeichnung sehr gelungen. Es hat bereits interessante Charaktere noch weiter vertieft, ohne dabei die bisherigen zu vernachlässigen. Der einzige, der in dieser Beziehung bisher ausgespart wurde, ist Colivar, was allerdings kein Manko ist, denn schließlich ist seine Figur eines der zentralen Rätsel des Plots.

Der Plot wurde in diesem Band zusätzlich zu den lokalen Handlungssträngen noch um einen zeitlichen erweitert. Nyukus Geschichte wird in Rückblenden erzählt, was sich allerdings erst im Laufe des Buches bemerkbar macht. Eine zusätzliche Kapriole in diesem Strang wurde dann zum endgültigen Stolperstrick: Eine kurze Szene aus der Sicht eines hochrangigen Alkaliers, der sonst nur in der chronologischen Abfolge auftaucht, wird ebenfalls rückblickend erzählt, und der Leser muss erst einmal überlegen, in welchen Zusammenhang dieser Abschnitt gehört.

Ansonsten aber hat die Autorin ihren zweiten Band mit wesentlich mehr Tempo erzählt als den ersten. Das Ende des ersten Bandes wurde ohne überflüssige Weitschweifigkeit noch einmal in den Anfang eingebaut, sodass der Leser sofort wieder direkt im Geschehen ist, ohne sich erst ganze Passagen langweiliger Wiederholungen zu Gemüte führen zu müssen. Und die Spannungskurve wirkt wie eine Börsennotierung: Sie steigt und fällt, verläuft insgesamt aber stetig aufwärts, bis der Leser auf den letzten fünfzig Seiten nicht mehr weiß, woran er seine feuchten Hände noch trocken wischen soll.

Dazu kommen einige beiläufige Anmerkungen, die den aufmerksamen Leser interessiert aufhorchen lassen – zum Beispiel fällt das Wort „Konjunkt“ in diesem Band auch noch in einem ganz anderen Zusammenhang als bisher -, und überraschende Wendungen wie die im Zusammenhang mit der jungen Adligen Petrana, die selbst in den ruhigeren Passagen das Interesse des Lesers jederzeit wach und gespannt halten.

Die Karte, die in der Originalausgabe enthalten ist, hat Piper leider weggelassen.

Um es kurz zu machen: „Die Seelenzauberin“ hat mir, trotz der kleinen Stolperfalle innerhalb des rückblickenden Handlungsstrangs, noch besser gefallen als ihr Vorgänger. Das zügigere Erzähltempo ging weder auf Kosten der Charaktere noch auf die des Weltentwurfs, der Handlungsverlauf war abwechslungsreich und kaum vorhersehbar, die Erweiterung der Grundidee um den Rückblick bot eine weitere Perspektive. Und die kleinen Andeutungen von Colivar versprechen ausgesprochen interessante Aussichten für den Schluss der Trilogie. Die kommt aber leider erst im Mai nächsten Jahres unter dem Titel „Legacy of Kings“ in die amerikanischen Buchläden, da Celia Friedman während der letzten Monate an einem weiteren Band zu ihrer Coldfire-Trilogie saß.

Celia Friedman hat lange als Kostümbildnerin gearbeitet, ehe sie sich gänzlich dem Schreiben zuwandte. Zunächst schrieb sie Science Fiction, später auch Fantasy, allerdings wurden nicht alle ihre Bücher ins Deutsche übersetzt.

Taschenbuch: 504 Seiten
Originaltitel: Wings of Wrath
Deutsch von Irene Holicki
ISBN-13: 978-3492267823

//www.csfriedman.com
http://www.piper-verlag.de

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (5 Stimmen, Durchschnitt: 2,20 von 5)

Weeks, Brent – Am Rande der Schatten (Schatten-Trilogie 2)

Band 1: „Der Weg in die Schatten“
Band 2: „Am Rande der Schatten“

Azoth ist unter seinem neuen Namen Kylar zum besten Blutjungen Cenarias aufgestiegen. Doch Elene zuliebe hat er seinen Beruf aufgegeben und versucht nun, mit ihr und Momma Ks Tochter Uly zusammen, sich im Nachbarland Waedryn ein neues Leben als Kräuterhändler aufzubauen. Es dauert allerdings nicht lange, da holt ihn sein altes Leben wieder ein, in Gestalt seines alten Freundes Jarl …

War im ersten Band Durzo Blint derjenige, der zerrissen und gequält gewirkt hat, so hat diesen Part jetzt Kylar übernommen. Er ist hin- und hergerissen zwischen seinem alten Leben und seiner Liebe zu Elene, die jegliche Gewalt ablehnt.

Elene ist auf Grund der religiösen Erziehung durch ihre Zieheltern in mancher Hinsicht ziemlich naiv. Sie ist so sehr davon überzeugt, dass Gewalt nur neue Gewalt hervorbringt, dass sie für Kylars Tun keinerlei Verständnis aufbringt.

Mit den größten Schwierigkeiten aber hat Logan zu kämpfen. Mit seinem Sprung ins Loch am Ende des ersten Bandes hat er sich selbst in eine gefährliche Sackgasse manövriert. Der Kampf ums Überleben an diesem Ort öffnet ihm in vielerlei Hinsicht die Augen …

Und dann ist da noch Vi, Hu Gibbets Lehrling. Die junge Frau ist ein seelisches Wrack, das niemandem vertraut und deren einziger Ehrgeiz darin besteht, ihr eigener Herr zu sein. Ein ziemlich ehrgeiziges Ziel, wenn der Gottkönig von Khalidor persönlich ein Auge auf jemanden geworfen hat.

Die übrigen Neuzugänge in der Charakterriege sind nicht ganz so detailliert ausgefallen wie Vi, ingesamt jedoch ist die Darstellung durchaus zufrieden stellend. Logans Entwicklung und auch Kylars Kampf mit sich selbst sind sehr gut gelungen, und Vi, die im ersten Band nur eine kleine Nebenrolle spielte, entwickelt sich zu einer interessanten Person und einem echten Gewinn für das Buch.

Auch in Bezug auf den Entwurf der Welt hat Brent Weeks einiges ausgebaut. Zum ersten Mal taucht so etwas wie eine Gottheit auf, eine äußerst ungemütliche obendrein, sodass der Leser sich unwillkürlich die Frage stellt, ob der Name Khali womöglich mehr als Zufall ist. Und die Vir werden zum ersten Mal und ganz beiläufig als die anderen bezeichnet, als wären sie eigenständige Wesen.

Am stärksten jedoch hat sich das Handlungsfeld ausgeweitet. Nicht nur, dass sich diesmal ein ganzer Handlungsstrang mit Vi beschäftigt. Der Strang um die drei fremden Magier Dorian, Solon und Feir wurde aufgedröselt, weil die drei sich trennen. Curoch, das am Ende des ersten Bandes in die Hände eines unwissenden Khalidori gefallen war, stellt einen eigenen Strang, die Magierinnen aus der Chantry stellen einen und weitere Magier aus dem Süden stellen einen. Viele davon sind nur sehr dünn und kurz, aber alles ist sehr geschickt miteinander verknüpft, bis am Ende des Buches eine völlig veränderte Situation vorliegt, mit einigen Parteien mehr, die sich nun am Kochen diverser Süppchen beteiligen.

Wie bereits im ersten Band ist auch hier die Handlung mit einigen Grausamkeiten gewürzt – eine der härtesten Szenen ist die Strafaktion des Gottkönigs gleich zu Anfang des Buches, aber auch die Darstellung der Erschaffung eines Ferali war starker Tobak – sowie mit einer Menge Action, wenn Kylar wieder einmal seine gesamten Fähigkeiten voll ausschöpft. Die exzessive Gewalt der khalidorischen Kultur gibt dem Buch stellenweise fast etwas philosophisches, zumindest in der kurzen Szene, in der der Gottkönig mit Jenine über das Böse diskutiert.
Zur Spannung hat dieser Aspekt allerdings nicht viel beigetragen. Auch ohne ihn wäre das Buch ein echter Pageturner Dank solcher Szenen wie zum Beispiel der dramatischen Rettungsaktion unter der Burg von Cenaria. Der fiese Cliffhanger am Ende des Buches und die ausgesprochen überraschende Entdeckung Kylars auf der letzten Seite tun ein Übriges.

Um es kurz zu machen, der zweite Band ist in jeder Hinsicht genauso gelungen wie der erste. Er ist spannend, temporeich und verwickelt, sodass es niemals langweilig wird, und trotzdem haben die Hauptprotagonisten noch genügend Raum für Tiefe und Entwicklung. Die diversen Andeutungen im Zusammenhang mit dem Aspekt der Magie lassen auf mehr hoffen und der Schluss des Buches macht unsagbar neugierig auf die Fortsetzung. Da komme nicht einmal ich umhin, wegen der grausameren Szenen ein Auge zuzudrücken.

Brent Weeks wollte schon als Junge Schriftsteller werden und hat sich deshalb nach dem College nicht mit dem Erlernen eines anderen Berufes aufgehalten, sondern gleich mit dem Schreiben begonnen. Bis jemand bereit war, ihm etwas dafür zu bezahlen, hielt er sich als Barkeeper über Wasser. „Der Weg in die Schatten“ ist seine erste Veröffentlichung und der Auftakt zur Schatten-Trilogie, deren dritter Band unter dem Titel „Jenseits der Schatten“ im November 2010 in die Buchläden kommt. Der Autor schreibt derweil an seiner nächsten Serie, deren erster Band unter dem Titel „The Black Prism“ im August diesen Jahres auf Englisch erschien.

Taschenbuch: 704 Seiten
Originaltitel: Night Angel 02. Shadow’s Edge
Übersetzt von Hans Link
ISBN-13: 978-3442266296

www.brentweeks.com
www.randomhouse.de/blanvalet

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 3,00 von 5)

Fink, Torsten – Lichtträger (Der Sohn des Sehers 2)

_Der Sohn des Sehers:_
Band 1: [„Nomade“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6314
Band 2: _Lichtträger_
Band 3: Renegat (September 2010)

_Awin ist es gelungen_, den Heolin zurückzuerlangen. Doch der Preis, den er dafür zahlen muss, ist hoch: Die Kette, die die Göttin Xlifara Slahan in der Wüste festgehalten hat, ist gerissen. Die Göttin ist über das Land der Hakul hergefallen und hat in ihrem Zorn zahllose Lager der verschiedensten Klans und Stämme vernichtet. Aber nicht alle Bewohner wurden dabei getötet. Einige hat die Göttin verschleppt, darunter Awins Schwester Gunwa. Nun ist Xlifara Slahan auf dem Weg nach Osten. Aber … was will sie dort?

_Inzwischen hat Awin_ längst erkannt, dass Curru ein miserabler Seher ist und vor allem, dass er die Wahrheit ständig zu seinem eigenen Vorteil zurechtbiegt. Dennoch ist Awins Selbstbewusstsein erneut schwer angeschlagen, denn seit seiner Begegnung mit der Göttin der Wüste hat er keinen einzigen Traum gehabt, und alle seine Versuche, eine Seelenreise zu unternehmen, sind fehlgeschlagen. Außerdem ist er noch immer sehr jung und wird deshalb von vielen erwachsenen Kriegern nicht ernst genommen.

Curru dagegen entwickelt noch wesentlich mehr Ehrgeiz, als ich am Ende des letzten Bandes befürchtete. Nicht nur, dass er ein Auge auf den Heolin geworfen hat, er hat sich auch in den Kopf gesetzt, den unausgeglichenen und eingebildeten jungen Eri an Stelle des grausamen Horket zum Heredhan aller Horkul zu machen.

Harmin, der Schmied des Fuchsclans, der im ersten Band seinem eigenen Yaman so viel Scherereien gemacht hat, kann Curru nicht ausstehen, Awin dafür umso mehr. Er bietet ihm sogar seine Enkelin und eine Aufnahme in den Fuchsclan an. Einerseits kann Awin die Unterstützung des geachteten und einflussreichen Mannes gut gebrauchen, andererseits ist Harmin ein misstrauischer Hackklotz, der – ganz gleich, in welcher Situation – immer als allererstes daran denkt, sein Gegenüber ins Jenseits zu befördern!

So ist die Charakterzeichnung insgesamt etwas durchwachsen geraten. Awin ist gut gelungen, hat sich aber nicht übermäßig stark entwickelt. Curru dagegen ist zielsicher ins Klischee abgerutscht, allerdings weniger in das des kaltschnäutzigen Bösewichts als in das des größenwahnsinnigen. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass der Leser von seinen Gedanken nichts erfährt, da die Erzählsicht konsequent jederzeit bei Awin bleibt. Harmin war vor allem anstrengend, aber das sind alle Hakul.

Die Nebencharaktere – wie zum Beispiel Raschek Mahuk – reichen kaum über Skizzen hinaus. Das war schade, denn die geballte Masse an Hakul, die in diesem Band auftauchte, reizte mich auf Dauer doch ziemlich.

_Die Handlung_ entwickelt sich zu Beginn recht viel versprechend; der Autor knüpft geschickt an das Ende des ersten Bandes an, ohne selbiges noch einmal genauer nachzuerzählen. Als Awin sich auf den Weg macht, die verschleppten Stammesbrüder zu befreien, stellte ich mich auf eine Menge Abenteuer ein, wurde aber zunächst enttäuscht. Eine dieser selbsterfüllenden Prophezeiungen, die mich immer den Kopf schütteln lassen, sorgte dafür, dass Awin mit seinen Begleitern zur Versammlung der Hakul reitet, wo sofort alles in einem Sumpf von Gezänk und Intrigen versank. Eigentlich hab ich ja nichts gegen eine gut gemachte Intrige, aber die Art und Weise von Curru und einem anderen Seher namens Isgi, die Wahrheit bis hin zur glatten Lüge zu verdrehen und zu verbiegen, kombiniert mit der hakul’schen Streitsucht, ging mir bald gehörig auf die Nerven. Uderzos und Goscinnys Korsen sind harmlos dagegen!

Erst als Awin die Versammlung wieder verließ, wurde die Handlung erträglicher, denn jetzt war Harmin wenigstens der einzige Streitsüchtige! Der Showdown war dann durchaus lebhaft und actiongeladen, und der überraschende Schluss verlieh diesem zweiten Band zusätzlichen Pfiff. Auch wenn ich nicht behaupten kann, dass ich mir vor lauter Spannung die Fingernägel abgekaut hätte, fand ich diese letzten Seiten doch ganz gelungen.

Für einen Ausbau des mythologischen und geschichtlichen Hintergrundes war diesmal offenbar kein Platz, was ich ebenfalls schade fand. Einige Infos mehr über die Riesen, über die Alte Macht oder die Festung Pursu wären angenehmer gewesen als das Gegifte einer Horde Streithähne und hätte die Handlung etwas bunter und abwechslungsreicher gestalten können. Auch Verbindungen zur Trilogie |Die Tochter des Magiers| waren hier sehr dünn gesät. Nur eine einzige Andeutung könnte sich eventuell auf Maru beziehen, bisher spielt sie selbst aber keinerlei Rolle in Awins Geschichte, und inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob sie das überhaupt tun wird. Noch gibt es keinen Grund dafür oder gar eine Notwendigkeit. Der Autor hat sich in dieser Hinsicht sämtliche Möglichkeiten offen gehalten; dem Leser bleibt also nichts anderes übrig als sich überraschen zu lassen.

_Alles in allem_ fand ich diesen zweiten Band nicht ganz so gut wie den ersten. Das liegt aber weder an den sprachlichen Qualitäten des Textes noch an seinem Inhalt. Objektiv betrachtet, sind die Verwicklungen auf der Versammlung durchaus nicht uninteressant, und meine Abneigung gegen diesen Teil entspringt vor allem der Tatsache, dass ich all den Händel, den die Hakul wegen jeder Kleinigkeit ständig vom Zaun brechen, einfach unerträglich kindisch finde. Allein die Entwicklung Currus, der von einem eitlen und hochmütigen Mann zum Größenwahnsinnigen wird, gefiel mir nicht so gut. Zwar hat der Autor diesen Vorgang so gut beschrieben, wie es auf der Basis seines Erzählmodus‘ möglich war. Dennoch gibt es einfach zu viele größenwahnsinnige Bösewichte, und Curru entwickelt durch seine fehlenden Gedanken und Gefühle nicht genug eigene Persönlichkeit, um aus diesem Klischee herauszuragen. Damit wird der Leser nun wohl leben müssen. Ich hoffe daher, dass sich der dritte Band etwas mehr auf Eri als auf Curru konzentriert, obwohl Letzterer sicherlich noch einmal auftauchen wird.

_Torsten Fink_ war Journalist und Texter, unter anderem für literarisches Kabarett, ehe er 2008 sein erstes Buch „Die Insel der Dämonen“ veröffentlichte. |Die Tochter des Magiers| war sein erster Mehrteiler, an den |Der Sohn des Sehers| anknüpft. Der letzte Band der Trilogie |Der Sohn des Sehers| erscheint im September 2010 unter dem Titel „Renegat“.

|Taschenbuch: 445 Seiten
ISBN-13: 978-3442266920|

_Torsten Fink bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Diebin“ 5775
[„Die Gefährtin“ 5950
[„Die Erwählte“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5951

Sapkowski, Andrzej – Schwalbenturm, Der (Geralt-Saga 4. Roman)

_Die Geralt-Saga:_

Vorgeschichte: _1_ [Der letzte Wunsch 3939
Vorgeschichte: _2_ [Das Schwert der Vorsehung 5327

_Roman 1_: [Das Erbe der Elfen 5334
_Roman 2_: [Die Zeit der Verachtung 5751
_Roman 3_: [Feuertaufe]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5966
_Roman 4: Der Schwalbenturm_

Ciri hat sich, wie es scheint verlassen von aller Welt, einer Bande jugendlicher Krimineller angeschlossen. Aber letztlich kann auch ihre neue Identität als Falka und die Freundschaft der anderen Bandenmitglieder sie nicht vor den Scharen an Häschern schützen, die alle möglichen Leute auf sie angesetzt haben.

Geralt weiß, im Gegensatz zu anderen, immer noch nicht, wo Ciri eigentlich steckt. Auf seiner eher planlosen Suche muss er sich nicht nur mit diversen Heeren – freundlichen wie feindlichen – herum schlagen, es wartet auch ein Hinterhalt auf ihn. Wobei an diesem Hinterhalt wesentlich mehr dranhängt als nur eine persönliche Rechnung.

Yennefer schließlich hat sich geweigert, sich Philippa Eilharts Loge anzuschließen, und versucht, Ciri auf eigene Faust zu finden. Mit fatalen Folgen …

Leider spielt Philippas Loge in diesem Band eher eine Nebenrolle, weshalb die beiden nilfgaardischen Zauberinnen Assire und Fringilla kein einziges Mal auftauchen. Statt dessen gibt es zwei weitere Neuzugänge, auf die der Autor zumindest ein wenig genauer eingeht.

Vysogota ist ein alter Einsiedler. Der gelehrte Mann war einst Arzt und unterrichtete an der Universität von Oxenfurt, ehe er sich mit seinen philosophischen Ansichten sowohl im Norden als auch in Nilfgaard unbeliebt machte. Aber abgesehen von seinem medizinischen Wissen ist es vor allem seine Güte, die Ciri das Leben rettet. Trotz aller Unbill, die Vysogota widerfahren ist, ist er ein Menschenfreund und ein Verfechter humanitärer und ethischer Grundsätze.

Bonhart ist das genaue Gegenteil von Vysogota. Der Kopfgeldjäger scheint nur weniger Gefühle fähig zu sein, dazu gehören Zorn, Häme und Lust an der Gewalt. Abgesehen davon ist er nicht dumm. Dass er außerdem in der Lage ist, Ciri trotz ihrer Hexerausbildung im Zweikampf zu besiegen, macht ihn zu einem ausgesprochen gefährlichen Gegner. Und auch zu einem recht geheimnisvollen, denn wie kommt es, dass Bonhart |noch| schneller ist als Ciri?

Echte Charaktertiefe aber lässt sich diesen beiden wohl ebenso wenig bescheinigen wie Assire und Fringilla. Vysogota ist hauptsächlich damit beschäftigt, Ciri zuzuhören. Für ihn selbst blieb da nicht allzu viel Raum, so dass er über den gütigen, alten Retter nicht hinaus kommt. Bonhart dagegen hat schlicht nicht genug Charakter für so etwas wie Tiefe, abgesehen davon liegen seine Herkunft und seine Motive noch im Dunkeln, so dass er außer Grausamkeit und Hartnäckigkeit nur Fragen bietet.

Es mag allerdings auch daran liegen, dass das Gesamtgeschehen allmählich ziemlich ausufert. Tatsächlich haben sich die Handlungsfäden inzwischen derart weit aufgefächert, dass es einfach nicht mehr möglich ist, alle gleich stark zu gewichten. So hat zum Beispiel die bisher so geschlossen wirkende Gesellschaft der Nilfgaarder einen tief gehenden Riss bekommen. Außerdem mischt sich Vilgefortz, der nach den Ereignissen auf Thanned in der Versenkung verschwunden schien, wieder öfter ein. Und das Gewirr von Intrigen und Interessen wird dadurch, dass diverse Opportunisten lustig die Seiten wechseln, nicht gerade einfacher.

Endgültig kompliziert wird das alles durch die Art, wie Sapkowski erzählt: Mal in Rückblenden, mal in Echtzeit, und so gut wie niemals gleichzeitig. Die Szenen auf den Skellige Inseln gegen Ende des Buches zum Beispiel liegen zeitlich vor den Ereignissen um Geralt, um die es in der Mitte des Buches geht. Und der Zeitpunkt, zu dem die junge Häscherin namens Kenna vor Gericht aussagt, liegt fast ein Jahr |nach| dem Zeitpunkt der Echtzeit.

In diesem vierten Band hat der Autor seinen Lesern nichts geschenkt.

Betrachtet man hingegen das, was sich im Laufe des Buches tatsächlich ereignet hat, so ist das nicht allzu viel. Jedenfalls nicht, wenn man es auf die verschiedenen Handlungsstränge verteilt betrachtet. Ciri erzählt, wie sie von der Bande der Ratten zu Vysogota gekommen ist. Von diesem Zeitraum, der gerade mal zwei Wochen umfasst, werden nur Ausschnitte genauer geschildert. Der Handlungsstrang um Geralt umfasst teilweise eine Rückblende auf das Ende des Vorgängerbandes in Form von Rittersporns Erinnerungen, die er zu Papier bringt. Der Rest spielt zeitgleich dem Handlungsstrang um Ciri, umfasst aber ebenfalls nur Ausschnitte dieses Zeitraums und beschäftigt sich größtenteils mit dem Hinterhalt. Der Handlungsstrang um Yennefer ist der kürzeste und scheint eher als Cliffhanger zum nächsten Band zu dienen.

Aber obwohl sich die Handlung nicht allzu sehr weiterentwickelt, geht es doch recht heftig zur Sache. Der Strang um Geralt beinhaltet, neben einigen verbalen Geplänkeln, hauptsächlich das übliche Hauen und Stechen. Ciris Handlungstrang dagegen wartet diesmal mit ausgesprochen drastischer Brutalität auf, nicht nur, was spritzendes Blut und hervorquellende Gedärme angeht. Bonhart ist schon ein ganz besonders unangenehmer Bursche. Zusammen mit Vilgefortz liefert er sich ein heißes Rennen um den Titel der unbeliebtesten Figur im ganzen Zyklus. Diese geballte Ladung an Brutalität empfand ich als äußerst grenzwertig. Eigentlich schon darüber. Vor allem, weil sie in keiner Weise dazu beitrug, Spannung zu erzeugen.

Tatsächlich war Spannung in diesem Band eher spärlich gesät. Der Anfang zog sich ein wenig, es dauerte, bis ich mich so weit eingelesen hatte, dass ich wirklich in die Geschichte eintauchte. Das lag vor allem an den vielen unterschiedlichen Erzählzeiten, die nicht nur bei jedem neuen Handlungsstrang wechselten, sondern auch meist nicht parallel zum vorigen verliefen. Der Handlungsstrang um Geralt und den Hinterhalt beginnt auf Seite fünfundneunzig, und ganze einhundert Seiten später und nach drei kurzen und einer sehr langen Unterbrechung kommt die Angelegenheit allmählich in Fahrt – nachdem der Autor diesem Strang endlich mehrere zusammenhängende Seiten widmet. Kein Wunder, dass erst die Verfolgungsjagd auf den letzten vierzig Seiten echte Spannung bringt, und selbst die ist noch durch Rückblenden unterbrochen. So interessant die vielen Verwicklungen der einzelnen Stränge untereinander auch sind, der komplexe und zeitlich komplizierte Aufbau bremst den Fortschritt innerhalb der Handlung einfach zu sehr aus.

Dazu kommt, dass gelegentlich aus der Perspektive von Personen erzählt wird, die teilweise nicht einmal als Nebenfiguren bezeichnet werden können, so zum Beispiel Hotsporn, aber auch Kenna oder Rience. Diese Personen sind nur grob skizziert und bieten daher kaum Identifikationspotential. Wer fiebert schon mit einer völlig unwichtigen Randfigur mit?

Alles in allem hat mir dieser vierte Band nicht so gut gefallen wie seine Vorgänger. Eine Vielzahl an Handlungssträngen ist für mich kein Problem, aber die häufigen Wechsel zwischen ihnen, kombiniert mit verschiedenen Zeitebenen, machten das Lesen doch etwas mühsam. Und die Menge an brutalen Einzelheiten war kein Ersatz für das etwas zähe Fortschreiten der Handlung und die fehlende Spannung. Bleibt zu hoffen, dass die Fortsetzung zumindest ein paar interessante Antworten auf die vielen neuen Fragen aus diesem Band bietet. Wenn sich außerdem noch ein paar der vielen feinen Fäden wieder zu etwas dickeren, und dafür weniger Fäden zusammen fänden, täte das dem Erzähltempo und damit auch der Spannung wahrscheinlich nur gut. Und vielleicht fände sich dann auch noch etwas mehr Raum für ursprünglich interessant angelegte und dann etwas vernachlässigte Charaktere wie die beiden nilfgaardischen Zauberinnen.

Andrzej Sapkowski ist Literaturkritiker und Schriftsteller und nebenbei Polens bekanntester Fantasy-Autor. Der Hexer-Zyklus diente bereits als Grundlage für einen Kinofilm und eine Fernsehserie sowie für das polnische Rollenspiel „Wiedzmin“. Auch das Computerspiel „The Witcher“ stammt von Sapkowski, ebenso die Narrenturm-Trilogie um die Abenteuer des jungen Medicus Reinmar von Bielau.

|Taschenbuch: 543 Seiten
ISBN-13: 978-3423247863|
Originaltitel: |Wieza Jaskolki|
Aus dem Polnischen von Erik Simon
http://www.der-hexer.de

_Weitere Titel des Autors bei |Buchwurm.info|:_

[„Narrenturm“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1884
[„Gottesstreiter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3367
[„Lux perpetua“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4568

Daniel Abraham – Frühling der Vergeltung (Die magischen Städte 4)

Die magischen Städte:

Band 1: Das Drachenschwert“
Band 2: Winter des Verrats“
Band 3: Herbst der Kriege“
Band 4: „Frühling der Vergeltung“

Fünfzehn Jahre sind seit den Ereignissen in „Herbst der Kriege“ vergangen. Die Städte der Khai, die den Überfall der Galten überlebt haben, stehen vor dem Zusammenbruch, denn seit fünfzehn Jahren wurden im Reich nur eine Handvoll Kinder geboren, Kinder, deren Mütter aus anderen Ländern stammen. Otah, inzwischen Kaiser, sieht nur eine Möglichkeit, den Niedergang seines Volkes zu verhindern: Heiraten zwischen seinem Volk und den verfeindeten Galten, die auf Seiten der Männer dasselbe Problem haben. Der Plan stößt auf wenig Gegenliebe, und das nicht nur in Galtland.

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Palmatier, Joshua – Kämpferin, Die (Der Geisterthron 3)

_Der Geisterthron_
Band 1: [Die Assassine 6031
Band 2: [Die Regentin 6132

_Amenkor hat die_ Chorl zurück geschlagen. Aber der Geisterthron ist geborsten, seine Macht verschwunden. Varis spürt den Verlust umso deutlicher, da sie inzwischen die Gründe für die Angriffe der Chorl kennt und weiß, dass sie erneut angreifen werden. Neben dem Bemühen um den Wiederaufbau der Stadtbefestigung und ihrer Sorge um Erick, der sich noch immer nicht von seiner Gefangenschaft bei den Chorl erholt hat, muss sie sich nun auch noch mit Gesandten aus Venitte herum schlagen, die ganz offensichtlich etwas zu verbergen haben …

_Im Hinblick auf_ die Charakterzeichnung hat sich nicht mehr viel getan. Varis wird sich lediglich ihrer Zuneigung zu William bewusst, was aber lediglich ein Detail am Rande bleibt. Ansonsten ist sie noch immer die undiplomatische, direkte und pragmatische Person wie bisher.

Die Neuzugänge bei den Figuren, die nahezu alle aus Venitte stammen, erreichen nicht mehr Tiefe als die altbekannten aus Amenkor. Das fand ich besonders im Hinblick auf Ottul, die junge Begabte der Chorl, ausgesprochen schade. Von ihr hatte ich mir tiefere Einblicke in die Kultur der Chorl erhofft, aber leider waren die Informationen aus dieser Richtung sehr bruchstückhaft.

Das Hauptgewicht lag diesmal auf Venitte. Der erste der drei Teile des Buches spielt noch in Amenkor, schildert den Zustand der Stadt nach der Schlacht und die Maßnahmen zum Wiederaufbau sowie Varis‘ Bemühungen um Erick, einige Details um die junge Ottul und die Benutzung des Flusses. Aber schon während dieses ersten Teils fließen in Gestalt der Gesandten Aspekte der Stadt Venitte mit in die Handlung ein. Venitte wird als Ort von Intrigen und Machtkämpfen beschrieben. Vorerst bleibt es allerdings bei angedeuteten Differenzen zwischen den beiden Gesandten, insgesamt also ziemlich ruhiges Fahrwasser.

Mit dem Aufbruch Varis‘ nach Süden jedoch rückt Venitte rasch in den Mittelpunkt des Geschehens. Venitte wird im Gegensatz zu Amenkor von einem Rat regiert, der sich natürlich nicht einmal dann einig wäre, wenn es in Venitte keine Verschwörer und Ränkeschmiede gäbe. Die gibt es aber und das Komplott, das sie schmieden, geht noch weiter als das, welches Alendor in Amenkor geschmiedet hatte. Varis muss also sozusagen an zwei Fronten kämpfen. Kein Wunder, dass ihre Gegner ihr immer ein Stück voraus sind.

Die Tatsache, dass Varis keine Beweise zu fassen bekommt, mit denen sie den Verrätern das Handwerk legen könnte, sorgt zum einen dafür, dass Varis nicht ins Klischee der Überheldin abrutscht, die alles mit einem lässigen Fingerschnipsen erledigt. Zum anderen dreht sie gehörig an der Spannungsschraube. Die Indizien sind absolut eindeutig, die betreffenden Entscheidungsträger aber ausgesprochen stur und Varis nicht in der Position, sie zur Einsicht zu zwingen. Und der Verräter bleibt natürlich nicht untätig sitzen, sondern arbeitet eifrig daran, Varis in Verruf zu bringen.

Der Showdown seinerseits hatte wiederum viel Ähnlichkeit mit der Schlacht um Amenkor. Jede Menge Blut, jede Menge Feuer und jede Menge Explosionen.Die entscheidende Auseinandersetzung konnte allerdings mit dem Duell zwischen Varis und der Ochea aus dem zweiten Band nicht ganz mithalten, was natürlich daran lag, dass Varis in die eigentliche Konfrontation gar nicht verwickelt war. Das ließ die Angelegenheit recht glatt und unkompliziert, ja fast nebensächlich wirken.

Den Schluss schließlich fand ich enttäuschend. Die Entscheidung Varis‘ im Hinblick auf die Chorl ist bestenfalls ein Provisorium, was auch dadurch nicht besser wird, dass Varis sich dessen bewusst ist. Zu diesem ungelösten Problem kommt noch, dass die Fragen im Hinblick auf das Weiße Feuer – seinen Ursprung und seiner Bewandtnis – überhaupt nicht beantwortet wurden.

Irritiert hat mich auch die Rivalität zwischen den beiden Gesandten aus Venitte, denn bei der Ankunft dort stellt sich heraus, dass beide eigentlich auf derselben Seite standen. Eine Erklärung dafür wurde nicht gegeben, was den Verdacht aufkommen lässt, dass ihre Reibereien in Amenkor lediglich der Dramaturgie dienten.

So blieb Band drei trotz des gelungenen Komplotts und der durchaus vorhandenen Spannung ein wenig hinter Band zwei zurück. Zumindest eine endgültige Bereinigung der Beziehungen zwischen Einheimischen und Invasoren hätte ich erwartet. Das offene Ende, das der Autor hier angeboten hat, ist schlicht unbefriedigend.

_Insgesamt ist die_ |Geisterthron|-Trilogie eine eher handfeste Angelegenheit geworden. Die Darstellung von Kampfhandlungen jeglicher Art sowie die Beschreibung körperlicher Empfindungen waren deutlich und intensiv, ebenso alles, was mit der Anwendung der Magie zu tun hatte. Charakterzeichnung, Gedanken und Gefühle der Figuren sowie Ausarbeitung von Kultur und Historie sind da weit schwächer geraten. Eindeutig liegen die Stärken des Autors mehr auf der Handlungs- als auf der Gedankenseite, mehr bei der Action als bei der Ausstattung. Abgesehen von dem enttäuschenden Schluss fand ich die Trilogie ganz in Ordnung. Wer es allerdings gern tiefgründig oder üppig mag oder wer Probleme mit fließendem oder spritzendem Blut hat, sollte besser zu einem anderen Buch greifen.

_Joshua Palmatier ist_ eigentlich Dozent für Mathematik an der Universität von Oneonta im Staat New York, schreibt aber schon, seit er in der Schule eine fantastische Kurzgeschichte aufbekam. „Die Assassine“ ist sein erster Roman und der Auftakt zur |Geisterthron|-Trilogie, die auf Englisch bereits komplett erschienen ist. Der Autor schreibt derweil am seinem nächsten Zyklus, dessen erster Band „Well of Sorrows“ bereits im Mai 2010 veröffentlicht wurde, allerdings unter dem Pseudonym Benjamin Tate.

|Broschiert: 571 Seiten
ISBN-13: 978-3-785-76029-1
Originaltitel: |The Vacant Throne|
Deutsch von Michael Krug|
http://www.luebbe.de
http://www.sff.net/people/jpalmatier/index.html

Trudi Canavan – Die Hüterin (Sonea 1)

Sonea

Band 1: „Die Hüterin“

Sonea ist gar nicht erbaut von dem Vorhaben ihres Sohnes. Lorkin hat es sich in den Kopf gesetzt, sich als Gehilfe für Dannyl zu bewerben. Was Sonea weit weniger stören würde, wenn Dannyl nicht ausgerechnet der neu ernannte Botschafter für Sachaka wäre. Aber abgesehen von der Sorge um ihren Sohn beunruhigen sie auch ihre Beobachtungen im Zusammenhang mit der Arbeit im Hospital. Die neue Droge, die seit einiger Zeit in Imardin verkauft wird, |Feuel|, scheint zu einem weit größeren und ernsteren Problem zu werden als alle anderen Suchtmittel, die bisher in Umlauf waren.

Auch Cery hat Sorgen. Schon seit längerer Zeit werden immer wieder Diebe ermordet aufgefunden. Das an sich wäre schon beunruhigend genug, aber dann wird Cerys gut versteckte Familie ermordet! Skellin, Feuelboss und einer der mächtigsten Diebe der Stadt, bietet Cery Zusammenarbeit bei der Jagd nach dem „Jäger“ genannten Mörder an. Aber was Cery schließlich heraus findet, weist auf mehr als nur einen einfachen Mörder hin …

Seit den Ereignissen in Trudi Canavans Trilogie Die Gilde der schwarzen Magier sind zwanzig Jahre vergangen und in dieser Zeit hat sich viel verändert. Die Säuberungen wurden eingestellt, was massive Auswirkungen auf die Beziehungen und das Machtgefüge innerhalb der Imardiner Unterwelt hatte. Und Kyralia und Sachaka sind mit behutsamen Annäherungsversuchen beschäftigt, wobei die Entsendung von Botschaftern bisher eher einseitig zu sein scheint, von Kyralia nach Sachaka. Nur eines ist unverändert geblieben: die Angst der Gilde vor Blutmagie. Aber ganz darauf verzichten will die Gilde auch nicht, zu lebendig ist noch ihre Erinnerung an die Machtfülle der Ichani und die eigene Wehrlosigkeit bei deren Überfall auf Imardin. Der Kompromiss, der letztlich dabei heraus kam, ist ein zweiter Blutmagier namens Kallen. Er soll Sonea kontrollieren und sie ihn.

Sonea empfindet Kallens strenge Beobachtung als lästig. Weit mehr noch stört sie aber das Verbot, sich ungehindert zu bewegen. Sie darf zwar in die Stadt gehen, aber nur für ihre Arbeit in den Hospitälern. Die Stadt selbst darf sie gar nicht verlassen. Obwohl Demut und Gehorsam noch immer nicht Soneas Charakter entsprechen, hält sie sich sehr strickt an diese Regeln. Schließlich ist sie bemüht, bei den Gildenmagiern Vertrauen in die Blutmagie aufzubauen. Erst, als Cerys Nachforschungen einige unangenehme Ergebnisse bringen, ringt sie sich dazu durch, die Initiative zu ergreifen.

Lorkin ist seiner Mutter in gewisser Weise sehr ähnlich. Er hat ihren Tatendrang geerbt und auch ihre Dickköpfigkeit. Nicht einmal der Hinweis darauf, dass ihm als Sohn von Akkarin in Sachaka Lebensgefahr droht, kann ihn aufhalten. Dabei ist es durchaus nicht so, als wäre Lorkin leichtsinnig oder unbedacht. Aber sein Drang, in seinem Leben etwas zu erreichen, das über Alltägliches hinausgeht, ist größer als das Risiko.

Zu den übrigen Charakteren, die für die Handlung wichtig sind, gibt es nicht allzu viel zu sagen. Cery hat sich nicht sehr verändert, außer, dass er älter und ein wenig steifer geworden ist, und Dannyl ist noch ganz der Alte. Skellin taucht nur dreimal persönlich auf und wirkte auf mich hauptsächlich so, dass ich ihm nicht traute. Und Tyvara, die Sachakanerin, mit der Lorkin sich anfreundet, ist zwar begabt und tüchtig, verrät aber sonst so gut wie nichts von sich.
Insgesamt ist die Charakterzeichnung bisher noch etwas dürftig geraten.

Auch die Handlung kommt nur langsam in Gang. Trudi Canavan hat sich mit der Darstellung der neuen Situation in Imardin ein bisschen viel Zeit gelassen. Das Geplänkel zwischen Lorkins Magierfreunden hätte durchaus Straffung vertragen können und auch der Strang um Cery braucht eine ganze Weile, um zur Sache zu kommen. Am anstrengendsten war der Teil um Dannyl und Lorkin zu lesen. Hier dauert es bis zur Mitte des Buches, ehe es endlich interessant wird.

Interessant ist dann auch der Begriff, mit dem sich das Buch hauptsächlich beschreiben lässt. Trudi Canavan hat tatsächlich auf die Ereignisse um Stala in ihrem Prequel „Magie“ zurück gegriffen und dies gleichzeitig mit einer alten Bekannten aus dem dritten Band der |Gilde der schwarzen Magier| – Savala – verknüpft. Der sich daraus ergebende rote Faden macht diesen Handlungsstrang zu einer wirklich runden Sache und bietet noch schier unbegrenztes Potential für den weiteren Verlauf. Ebenso viel versprechend klingen die Entwicklungen, die sich im Zusammenhang mit Feuel ergeben haben.

Mit anderen Worten: nachdem das Geschehen erst einmal Fahrt aufgenommen hat, wird die Geschichte – nun, nicht gerade spannend, aber zunehmend faszinierend. Sachaka ist ohnehin ein geheimnisvolles Gebiet, nicht nur der „Verräterinnen“ wegen. Selbst freundliche Ashaki wie Dannyls Begleiter Achati wirken irgendwie stets zugeknöpft, ihr ständiges Lächeln wie eine unsichtbare, undurchdringliche Mauer. Man weiß nie was sei denken. Dazu kommt mit Skellin und seiner Mutter ein weiteres Volk, von dem bisher überhaupt nicht die Rede war. Und dann sind da noch die Duna, die nördlich von Sachaka leben und nicht nur eine eigene, geheimnisvolle Kultur besitzen, sondern offenbar auch in innersachakanische Angelegenheiten verwickelt sind.

Hier können sich also noch eine Menge Verwicklungen, Entdeckungen und Konflikte ergeben und sich zuspitzen, und dann dürfte auch der Spannungsbogen sich ein gutes Stück straffen. Außerdem dürften Dannyls Forschungen im Hinblick auf die ungenauen und teilweise offensichtlich falschen Details kyralischer Geschichtsschreibung auch den Hintergrund der Welt noch einmal erweitern und vertiefen.

Wer also die Geduld aufbringt, die etwas langatmige Einführung ins Geschehen durchzustehen, wird mit einer Geschichte belohnt, die sich wie ein Fächer zu vielfachen Möglichkeiten ausbreitet. Die Aussichten machen ausgesprochen neugierig auf die Fortsetzung.

Trudi Canavan stammt aus Australien, wo sie nach einem Studium am Melbourne College of Decoration als Designerin, Illustratorin und Kartenzeichnerin für verschiedene Verlage tätig war, ehe sie zu schreiben begann. 1999 gewann sie mit ihrer Kurzgeschichte „Whispers of the Mist Children“ den Aurealis Award for Best Fantasy Short Story. 2001 erschien dann ihr erster Roman, der erste Band der Trilogie Die Gilde der schwarzen Magier. Ihre Trilogie Das Zeitalter der Fünf ist inzwischen ebenfalls auf Deutsch erhältlich. Die Autorin arbeitet zurzeit an der Fortsetzung zu „Sonea – Die Hüterin“, die im Mai 2011 erscheinen soll.

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 576 Seiten
Originaltitel: The Traitor Spy 1: The Ambassador’s Mission
Aus dem Amerikanischen von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-764-53041-9

http://www.trudicanavan.com/
http://www.randomhouse.de/penhaligon/index.jsp

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 3,00 von 5)

Fink, Torsten – Nomade (Der Sohn des Sehers 1)

_Der Sohn des Sehers:_
Band 1: _Nomade_
Band 2: Lichtträger (Juli 2010)
Band 3: Renegat (September 2010)

Awin hat es nicht leicht. Der Klan, bei dem er lebt, ist nicht der seine und sein Ziehvater Curru, der ihn zum Seher ausbilden soll, putzt ihn ständig herunter. Doch dann wird der Heolin gestohlen, der Lichtstein, das Zentrum der Hakul-Kultur. Sogleich brechen die Krieger des Klans auf, um den Dieb und Grabschänder zu verfolgen und den Stein zurück zu holen. Ein Unterfangen, das unter keinem guten Stern zu stehen scheint, und auf Awin will niemand hören, am allerwenigsten Curru …

_Obwohl er bereits_ sechzehn Jahre zählt, ist Awin ein ausgesprochen unsicherer junger Bursche. Das ist auch kein Wunder, denn Curru macht nicht nur ständig Awins Leistungen schlecht, er bringt ihm auch nicht wirklich etwas bei. Die Sprüche über Geier, Wölfe und Gras, die Awin lernen muss, klingen eher nach Bauernregeln als nach echtem Sehen. Und so kommt es, dass Awin seinen durchaus beachtlichen Fähigkeiten nicht so recht traut.

Dem objektiven Leser ist dagegen von Anfang an klar, dass Curru Awin bewusst manipuliert. Er fürchtet um seine eigene Stellung im Klan, denn er spürt, dass Awin ihm in Wahrheit weit überlegen ist. Im Rahmen seiner Fähigkeiten hat er stets das Beste für den Klan getan, die Größe, einem Jüngeren und Besseren Platz zu machen, besitzt er jedoch nicht, dafür ist er zu stolz und zu eitel.

Und dann ist da noch Eri, ein hitzköpfiger Gernegroß, der zwar hervorragend austeilen kann, einstecken aber kann er nicht, und die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen ist noch viel weniger sein Ding. Sein Vater, der Yaman des Klans, ist ein weiser und gemäßigter Mann mit Weitblick und ausgeprägtem Ehrgefühl. Doch seine Söhne sind seine Schwäche. Es gelingt ihm nicht, Eri zu disziplinieren, und der Verlust seiner beiden Ältesten lähmt ihn bis zur Handlungsunfähigkeit.

Und dann sind da noch die beiden Frauen aus dem Eisland, Senis und Merege. Beide verfügen offensichtlich über magische Kräfte, doch obwohl Senis eine freundliche und hilfsbereite Frau zu sein scheint, lässt sie sich nicht in die Karten schauen und Merege ist noch zugeknöpfter.

Bisher ist die Charakterzeichnung angenehm klischeefrei geraten. Vor allem Awins allmähliche Emanzipation von Curru ist gut gemacht. Curru scheint gegen Ende des Bandes so etwas wie Ehrgeiz zu entwickeln, was kein Fehler sein muss, so lange der Autor es nicht übertreibt und seine Figur dadurch zum Typus des machtgierigen Bösewichts verkommen lässt. Eri dagegen darf noch etwas mehr Eigenständigkeit entwickeln, er erinnerte mich stark an Numur aus dem Zyklus |Die Tochter des Magiers|.

Das allein wäre kein Weltuntergang, bei der Flut an Fantasy, die ständig neu erscheint, ist es nahezu unmöglich, jegliche Ähnlichkeiten mit bereits bekannten Figuren zu vermeiden. In diesem Fall jedoch störte es mich, weil |Der Sohn des Sehers| kein unabhängiger Zyklus ist, ganz im Gegenteil. „Nomade“ spielt zeitgleich zu „Die Diebin“. Der Dieb, den die Hakul verfolgen, ist kein anderer als der Gauner Tasil. Tasil taucht selbst allerdings nicht auf, im Gegensatz zu Numur.

Torsten Fink erzählt die Geschichte diesmal quasi aus der entgegengesetzten Sicht, aus Sicht der Hakul. Und er erzählt sie so geschickt, dass man die Trilogie um Maru nicht gelesen haben muss, um dem Geschehen folgen zu können. Der größte Teil der Handlung ist von der Handlung des ersten Zyklus‘ unabhängig. Die Hakul verfolgen Tasil, doch eine Menge Widrigkeiten verhindern zunächst, dass sie ihn einholen. So bleibt eine Menge Raum für die Hakul selbst und ihre Nomadenkultur sowie das Mysterium des Lichtsteins, mit dem es offenbar mehr auf sich hat als die Legenden der Hakul berichten.

Dennoch sind beide Zyklen durch Schlüsselszenen eng miteinander verknüpft, so zum Beispiel durch die Audienz, in der Tasil beinahe auffliegt, weil die Hakul bei dem Händler, der Maru an Tasil verkauft hat, den Dolch eines der ihren entdecken. Der Autor hat sie nahtlos in den Rest der Ereignisse eingeflochten, so dass sie zur Erzählsicht Awins passen.

Dadurch hat der Autor die Geschichte des ersten Bandes nicht nur um eine Kultur und ihre eigenen inneren Konflikte und politischen Zusammenhänge erweitert, sondern er hat beide miteinander verbunden und so in Abhängigkeit von einander gesetzt. Und so, wie die Verfolgung Tasils den weltlichen Teil der Handlung ausgeweitet hat, weiten die Anwesenheit Mereges und der Heolin den mythologischen Teil aus. Allmählich dämmert dem Leser, dass hier womöglich weit mehr im Gange ist als nur menschliche Kleingeistigkeit, Hab- und Machtgier. Hier geht es um die Götter und das Schicksal der Welt.

_Sieht so aus_, als hätte sich die epische Breite diesmal sozusagen durch die Hintertür eingeschlichen. Wieviel Raum sie letztlich tatsächlich beanspruchen wird, bleibt abzuwarten. Die Aussichten sind vorerst nicht schlecht: Awin muss zu seinem Klan zurückkehren, denn der ist in Gefahr, und das in nicht nur einer Hinsicht. Außerdem bleibt die Frage, was letzten Endes mit dem Heolin geschehen wird, auf den nicht nur die Hakul Anspruch erheben, sondern auch Merege. Und natürlich bin ich neugierig, ob Awin bei all dem womöglich zufällig Maru und Temu auf deren Suche nach Marus Vater begegnen wird. Wer weiß …?

_Torsten Fink war_ Journalist und Texter, unter anderem für literarisches Kabarett, ehe er 2008 sein erstes Buch „Die Insel der Dämonen“ veröffentlichte. |Die Tochter des Magiers| war sein erster Mehrteiler, an den jetzt |Der Sohn des Sehers| anknüpft. Die beiden Folgebände von „Nomade“ erscheinen noch 2010 unter den Titeln „Lichtträger“ und „Renegat“.

|Taschenbuch: 461 Seiten
ISBN-13: 978-3442266913|

_Torsten Fink bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Diebin“ 5775
[„Die Gefährtin“ 5950
[„Die Erwählte“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5951

Brandon Sanderson – Herrscher des Lichts (Mistborn 3)

Mistborn

Band 1: „Kinder des Nebels“
Band 2: „Krieger des Feuers“

Nach der Schlacht um Luthadel versucht Elant Wager, inzwischen erneut König und Oberster Herrscher, sein Reich wieder zu einen und die Menschen in seiner Hauptstadt zu versammeln. Denn nur dort kommt noch genug Sonnenlicht zum Erdboden durch, um Pflanzen wachsen zu lassen. Vor allem aber braucht Elant den Zugang zu einer Höhle unter einem Ministeriumsgebäude in Fadrex. Vier Höhlen dieser Art haben sie bereits gefunden, und dort fanden sich vor allem Vorräte jeglicher Art, außerdem aber auch eine Metallplatte mit Hinweisen des ehemaligen Obersten Herrschers Raschek. Vin erhofft sich von der fünften Platte die Lösung des Rätsels, wie sie das Wesen bekämpfen kann, das sie unwissentlich an der Quelle der Erhebung frei gelassen hat und das offensichtlich ein gefährlicher Feind ist. Doch in Fadrex hat sich ein ehemaliger Obligator namens Yomen zum Herrscher aufgeschwungen und ist nicht bereit, mit Elant und Vin zusammenzuarbeiten.

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Okonnek, Evelyne – Flammen der Dunkelheit, Die

In einer Neumondnacht werden zwei Jungen geboren. Der eine ist Dallachar, der Sohn der Königin, der andere Gliceas, Sohn einer armen Magd. Beide werden die Welt verändern, so ist es prophezeit. Doch keiner der beiden Jungen weiß etwas davon. Und auch nicht davon, dass es einen Mann auf der Insel gibt, der alles tun wird, um die Erfüllung dieser Prophzeiung zu verhindern.

_Die Welt, die_ Evelyne Okonnek schildert, ist krank. Wobei Welt vielleicht schon zu viel gesagt ist, denn der Schauplatz des Geschehens ist eine Insel im Meer, offenbar völlig isoliert von allem, was es sonst noch so geben mag. Nur ein einziges Mal, vor langer Zeit, erreichten Siedler von außerhalb diesen abgelegenen Ort. Seither hat sich viel verändert. Eines Tages verschwand die Sonne und kehrte nicht zurück, warum, weiß niemand. Jetzt ist es ständig kalt, es regnet nahezu ununterbrochen, immer wieder toben wütende Stürme über die Insel, die so gefährlich sind, dass die Bewohner der Insel vor ihnen in die Keller flüchten. Die Lebensmittelversorgung ist schlecht, Getreide wächst längst keines mehr, die Menschen sind auf Grassamen und Meeresalgen ausgewichen.

Alle Hoffnungen der Bevölkerung auf Besserung ruhen auf dem jungen Prinzen. Aus irgendeinem Grund scheinen alle zu glauben, dass der Junge irgendwann ein Wunder vollbringen und alles wieder in die richtigen Bahnen lenken wird, und das, obwohl die Prophezeiung bei den Menschen unbekannt ist.

Dallachar seinerseits ist sich der Hoffnungen der Menschen wohl bewusst, hat aber keine Ahnung, warum sie so sehr an ihn glauben. Er selbst fühlt sich wie ein Gefangener im Kerker, eingeschränkt und einsam. Seine Amme beschützt ihn zwar – manchmal sogar viel zu sehr für seinen Geschmack -, hat aber keinerlei echte Wärme für ihn und er fürchtet den Erwählten des Jalluth, den obersten Priester, der de facto die Regierungsgeschäfte führt. Vor allem aber leidet er unter der Zurückweisung durch seine Mutter, für deren Zuneigung er beinahe alles täte, alles gäbe.

Seine Mutter Aurnia dagegen erträgt ihren Sohn nicht. Die etwas eitle und selbstbezogene Frau hat sich für ihre Ehe Liebe und Achtung erhofft und ist bitter enttäuscht worden. Dallachar ist für sie nur eine ständige Erinnerung an ihre größte Demütigung. Dass sie auch nach seiner Geburt noch auf das Wohlwollen des Erwählten, den sie so sehr verachtet wie sie ihn fürchtet, angewiesen ist, macht es für sie nicht leichter, zumal der Erwählte sich nicht darauf beschränkt, das Land zu regieren. Er mischt sich schlichtweg in alles ein, auch in Aurnias Privatleben. Doch Aurnia ist nicht so schwach, wie der Erwählte glaubt.

Der Erwählte ist ein kalter, unbarmherziger Mann, der sämtliche Macht im Land mit völliger Selbstverständlichkeit beansprucht. Gleichzeitig sind die Menschen ihm vollkommen gleichgültig. Denn nicht Machtgier treibt diesen Priester an, sondern etwas ganz anderes …

Und dann ist da noch Gliceas, genannt Glic. Der muntere, recht vorlaute Junge ist bei einer alten Frau im Wald aufgewachsen, und obwohl er dort frei herum streunen durfte, fühlt auch er sich eingesperrt. Die Alte hat einen magischen Schild um den Wald gelegt, um den Jungen am Fortlaufen zu hindern, was ihm gar nicht behagt, obwohl es nur seinem Schutz dient. Glic ist ein Dämonenmischling und außerhalb des Waldes drohen ihm Verfolgung und Tod. Als die Alte ihm auf ihrem Sterbelager aufträgt, in die Stadt zu einem Schreiber namens Ardal zu gehen, erfährt Glic nur zu bald, was das für ihn bedeutet.

Denn die Dämonen, eine alte, magisch begabte Rasse, werden von den Menschen zutiefst verabscheut und gefürchtet. Deshalb haben die Menschen vor einigen Jahrhunderten Krieg gegen die Dämonen geführt und sie alle ausgerottet. Doch es scheint, als hätte sich das Blut beider Rassen bereits zu oft miteinander verbunden, immer wieder tauchen Mischlinge auf, die zwar nicht über die volle Macht der Dämonen verfügen, aber viel stärker sind als reine Menschen. Die meisten von ihnen tragen Federn am Körper, um die tanzenden Funken der Magie in ihren Augen zu verbergen, und ein wenig Eisen, um ihre Stärke ein wenig zu dämpfen, damit sie sich nicht versehentlich durch ihre Kraft verraten. Denn Eisen schwächt die Magie der Dämonen und ist deshalb das einzige Mittel, sie zu besiegen.

_Hier zeigt sich_ deutlich, dass die Autorin ein wenig aus der gälischen Mythologie geschöpft hat. Das tut sie ganz offen und unverblümt, einige ihrer Figuren tragen Namen wie zum Beispiel Grian, Néal und Lasair, die irischen Worte für Sonne, Wolke und Flamme. Zum Glück jedoch hat sie sich nicht sklavisch an die gälischen Mythen geklammert, wie Cecilia Dart-Thornton es getan hat, sondern sie hat den einen Aspekt – die Wechselwirkung von Magie und Eisen – mit eigenen Ideen verknüpft und in eine neue Mythologie eingearbeitet, die zwar nicht allzu detailliert ausgearbeitet, aber dennoch interessant und neu ist.

Auch Prophezeiungen sind wahrhaftig nichts Neues in der Fantasy, angenehm empfand ich jedoch, dass die Autorin die kryptischen Verse nicht auf die Zukunft bezogen hat. Natürlich wird immer wieder mal über deren Bedeutung nachgedacht, vor allem von einem Mann, dessen Tagebucheinträge die einzelnen Kapitel einleitet. Mit fortschreitender Handlung wird jedoch deutlich, dass der Leser daraus keine Rückschlüsse auf die weitere Entwicklung der Ereignisse ableiten kann, sondern dass sie einen Schlüssel zur Vergangenheit enthalten. Das hat nicht unbedingt etwas mit der Aufdeckung von Geheimnissen zu tun – die einzigen Geheimnis des Buches sind die Identität des Erwählten und die der Dohle, und beide sind recht bald klar – sondern mit dem Verständnis, was zur aktuellen Situation der Insel geführt hat. Jalluth dagegen, offenbar der Gott der Menschen, ist vollkommen unwichtig und taucht nur als Namensgeber für die Priesterschaft auf.

Aus diesen Zutaten hat Evelyne Okonnek eine Handlung gestrickt, die sich trotz der „nur“ 350 Seiten des Buches über den recht langen Zeitraum von fast zwanzig Jahren erstreckt. Die Raffung weniger erreignisreicher Phasen hat sie dabei ohne Hänger oder Stolperer in den Fluss der Geschichte eingebaut. Aber auch die ausführlicher geschilderten Phasen sind ohne detailliertere Ausarbeitung erzählt. Ausschmückung und epische Breite fehlen völlig.

Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – ist es ihr gelungen, ein kompliziertes Netz zwischen den einzelnen Figuren ihrer Geschichte zu entwickeln, ein dünnes Gespinnst aus Ursache und Wirkung, aus Missverständnissen und Ignoranz, aus Egoismus, Neid und Rachsucht, in dem stets das eine das andere bedingt und alles irgendwie miteinander verkettet ist. Dass sie dabei auch sämtliche Charaktere über die Nachvollziehbarkeit hinaus lebendig und von ihrer Motivation her glaubwürdig gestaltet hat, ohne auch nur bei einem von ihnen in Klischees zu versinken, macht all diese inneren Abhängigkeiten noch intensiver. Ein Schwarz-Weiß-Effekt ist schlicht nicht vorhanden, was wiederum zur Folge hat, dass man den Schluss des Buches nicht als Happy End bezeichnen kann. Tatsächlich ist er nicht nur wenig spektakulär, sondern auch ziemlich desillusionierend und fügt sich damit auf eine Weise in die düstere Grundstimmung des Buches, die jeder als angenehm empfinden wird, dem die kitschigen „Und-alles-war-wieder-gut“-Finale zum Hals heraushängen.

_Mit anderen Worten_, ich fand dieses Buch sehr lesenswert, obwohl es weder besonders viel Spannung, Action, Romantik oder überbordenden Ideenreichtum in Bezug auf die Ausstattung bietet. Manches ging vielleicht ein bißchen glatt, wie zum Beispiel das Schicksal von Aurnias Zofe und ihrem Liebhaber, auch hätte manches vielleicht vermieden werden können, wenn die Betreffenden einfach miteinander geredet hätten, was vor allem für Aithreos versuchte Heilung für Brone gilt. Das sind jedoch Kleinigkeiten am Rande, die nicht wirklich stören. Die eigentliche Geschichte um das tragische Schicksal einer Welt, das mit ein wenig Verstand und Feingefühl womöglich zu vermeiden gewesen wäre, wird dadurch nicht beeinträchtigt.

_Evelyne Okonnek arbeitete_ nach einem Spanisch- und Germanistikstudium zunächst für eine Werbeagentur und schrieb in ihrer Freizeit Kurzgeschichten. Seit ihrem Debutroman „Tochter der Schlange“, für den sie den Wolfgang-Hohlbein-Preis erhielt, schreibt sie hauptberuflich. Nebenbei ist sie auch künstlerisch kreativ, als Malerin und Goldschmiedin.

|Broschiert: 352 Seiten
ISBN-13: 978-3-800-09509-4|
www.evanjo.de

_Evelyne Okonnek bei |Buchwurm.info|:_
[Die Tochter der Schlange]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2419
[Das Rätsel der Drachen]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3910

Nix, Garth – Goldener Sonntag (Die Schlüssel zum Königreich 7)

[„Schwarzer Montag“ 3719 (Die Schlüssel zum Königreich 1)
[„Schwarzer Montag“ 3172 (Hörbuch)
[„Grimmiger Dienstag“ 3725 (Die Schlüssel zum Königreich 2)
[„Grimmiger Dienstag“ 4528 (Hörbuch)
[„Kalter Mittwoch“ 4242 (Die Schlüssel zum Königreich 3)
[„Kalter Mittwoch“ 5101 (Hörbuch)
[„Rauer Donnerstag“ 4831 (Die Schlüssel zum Königreich 4)
[„Rauer Donnerstag“ 5051 (Hörbuch)
[„Listiger Freitag“ 5626 (Die Schlüssel zum Königreich 5)
[„Mächtiger Samstag“]http://www.buchwurm.info/REDAKTION/review/book.php?id__book=5790&letter=M (Die Schlüssel zum Königreich 6)

Arthur ist es tatsächlich gelungen, Erhabene Samstag den sechsten Schlüssel abzunehmen. Allerdings befindet er sich trotzdem in einer äußerst prekären Lage, nämlich im freien Fall mit der Option, demnächst auf dem Stahlgerüst von Samstags Turm aufzuschlagen. Zwar kann er das mit Hilfe des sechsten Schlüssels verhindern, kommt aber sogleich vom Regen in die Traufe.

Der sechste Teil des Vermächtnisses wird dabei von Arthur getrennt und trifft schließlich auf Susi Türkisblau, die in Gefangenschaft geraten und gerade dabei ist, ihren Bewacher zum Überlaufen zu überreden. Gemeinsam machen die Drei sich auf den Weg zurück zum Großen Labyrinth, wo sich Dame Primus aufhält, die Susi prompt einen neuen Auftrag aufhalst. Einen, der noch halsbrecherischer ist als das, was Susi gerade hinter sich hat …

Blatt steht derweil Schlange, um Trinkwasser zu besorgen. Arthur hat seine Stadt zwar vorübergehend aus der Zeit genommen, konnte den Abwurf der mikronuklearen Bombe dadurch aber nicht endgültig verhindern. Blatts Versuch, den Schläfern in Lady Freitags Klinik zu helfen, endet allerdings damit, dass sie samt einer militärischen Eskorte einem seltsamen Geschöpf mit einer Menge Tentakeln in die Arme läuft …

_Neuzugänge unter den_ Charakteren sind diesmal nur zwei zu verzeichnen.

Giac, zauberkundiger Zaungast unter Lady Samstags Befehl, ist dabei kaum als eigene Person zu bezeichnen, aber er ist wichtig als Führer innerhalb von Samstags Turm.

Lord Sonntag ist Arthurs letzter und mächtigster Gegenspieler. Und genau als solcher ist er auch dargestellt: Er macht sich nicht die Mühe, sich mit Strategie und Planung aufzuhalten, sondern setzt einfach die geballte Macht des siebten Schlüssels gegen Arthur ein, um ihn dazu zu bringen, ihm die bereits eroberten Schlüssel auszuhändigen. Nicht, weil Lord Sonntag besonderen Wert auf noch mehr Macht legt, sondern damit er das aus den Fugen geratene Haus wieder in seinen Ursprungsstatus zurückversetzen kann und dann endlich seine Ruhe hat. Im Grunde will Lord Sonntag nämlich nur eines: sich um seinen Garten kümmern!

Tatsächlich ist Lord Sonntag ein würdiger Gegenspieler für Arthur, der trotz seiner eher direkten Vorgehensweise durchaus mit Erhabene Samstag mithalten kann. Denn obwohl er sich hauptsächlich auf die Macht seines Schlüssels verlässt, ist er durchaus kein tumber Kraftprotz, sondern versucht auch mit anderen Mitteln, sein Ziel zu erreichen.

Sein Pech, dass er nicht wirklich die Muße hat, sich auf sein Problem mit Arthur zu konzentrieren. Denn in diesem letzten Band geht es schlicht drunter und drüber.

Nachdem Erhabene Samstag bereits im letzten Band die Unvergleichlichen Gärten gestürmt hat, folgt ihr nun der Pfeiffer dicht auf den Fersen. Da auch Dame Primus sich anschickt, ihre Armee dorthin zu führen, geht bald jegliche Übersicht, wer nun eigentlich gerade gegen wen kämpft, verloren. Außerdem dringt das Nichts immer weiter vor und hat inzwischen das Mittlere Haus erreicht, in der Vordertür wimmelt es von Nichtlingen, sodass der Zugang zu Arthurs Welt versperrt ist.

Die Entscheidung fällt letztlich im Elysium, dem Zentrum der Gärten.

Bis es so weit ist, müssen natürlich erst noch einige Verwicklungen überwunden werden. Im Vergleich zu dem wahren Feuerwerk an kuriosen Einfällen, das die ersten Bände auszeichnete, hat sich hier allerdings nicht mehr viel getan. Die nettesten Ideen in diesem Zusammenhang waren Arthurs gelber Stoffelefant und Daisy, ein lebendes Riesengänseblümchen, das auf seinen Wurzeln in der Gegend herum wuselt und sich mit Blatt angefreundet hat. Dagegen fand ich Arthurs unfreiwilligen Abstecher in einen Krieg zwischen den Riesenheuschrecken eines fremden sekundären Reiches eher merkwürdig. Er fügte sich irgendwie nicht recht ins Gesamtbild des Buches und erschien mir auch ein wenig überflüssig. Am meisten gestört haben mich allerdings die Schilderungen im Zusammenhang mit dem Atombombenabwurf. Natürlich will der Leser auch wissen, wie es denn nach Arthurs Zeitexperiment mit seiner Heimatwelt weiter gegangen ist, und vielleicht ist es ein Fehler, bei einem solchen Buch Realitätsnähe zu erwarten, dennoch war der Umgang mit den Folgen des Bombenabwurfs so unrealistisch, dass ich sämtliche Szenen in diesem Zusammenhang als unglaubwürdig, ja lächerlich empfand. Übertreibung als Stilmittel ist ja gut und schön, aber hier fand ich die Übertreibung doch ein wenig übertrieben.

So kam es, dass ich die erste Hälfte nicht annähernd so genossen habe wie die Anfänge des Zyklus. Erst als Dame Primus ihre Armee in Bewegung setzt, nimmt die Geschichte allmählich Fahrt auf, und ab hier strafft sich auch der Spannungsbogen, je weiter sich die Lage zuspitzt. Der Showdown schließlich vereinigt alles, was Rang und Namen hat, und das Ergebnis dieses letzten Duells ist dann eine echte und ausgesprochen geschickt gemachte Überraschung, die mir so gut gefallen hat, dass sie mich für die abwegige Atomsache einigermaßen entschädigen konnte.

Mit anderen Worten, der Abschluss des Zyklus‘ ist stellenweise ein wenig durchwachsen und braucht ein wenig Warmlaufzeit, dann aber findet er noch einmal zu seinem ursprünglichen turbulenten und abwechslungsreichen Flair zurück, um schließlich in ein ausgefallenes und unerwartetes Finale zu münden.

_Unterm Strich sind_ |Die Schlüssel zum Königreich| ein kunterbunter, temporeicher, humorvoller und etwas schräger Jugenbuchzyklus, der in jedem Fall eine Empfehlung verdient, dem es aber auch gut tut, dass er jetzt abgeschlossen ist.

_Garth Nix ist_ gebürtiger Australier und war nach dem Studium in den verschiedensten Bereichen der Buchindustrie tätig, ehe er selbst zu schreiben begann. Aus seiner Feder stammen der Jugendbuchzyklus |Seventh Tower|, die Trilogie |Das alte Königreich| sowie „Shade’s Children“, ein Science-Fiction-Jugendroman, der auf Deutsch bisher nicht erschienen ist.

|Originaltitel: |Lord Sunday|
Aus dem Englischen von Axel Franken
Illustrationen von Daniel Ernle
315 Seiten, gebunden
Empfohlen ab 10 Jahren
ISBN-13: 978-3-431-03810-1|
http://www.ehrenwirth.de/
http://www.garthnix.co.uk/home

Außerdem von Garth Nix auf |Buchwurm.info|:

[„Sabriel“ 1109 (Das alte Königreich 1)
[„Lirael“ 1140 (Das alte Königreich 2)
[„Abhorsen“ 1157 (Das alte Königreich 3)

Fallon, Jennifer – Kristall des Chaos, Der (Gezeitenstern-Saga 4)

Band 1: [„Der unsterbliche Prinz“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4899
Band 2: [„Die Götter von Amyranhta“ 5305
Band 3: [„Der Palast der verlorenen Träume“ 5955

Arkady ist ziemlich geschockt. Ihr Vater, den sie für tot gehalten hatte, sitzt in Wahrheit im Gefängnis, um genau zu sein in der Zelle neben ihr. Natürlich ist Arkady klar, dass Jaxyn ihren Vater dazu benutzen wird, sie zu erpressen, doch sie ist fest entschlossen, das zu verhindern.

Ein Glück für beide, dass Jaxyn hauptsächlich damit beschäftigt ist, die Eroberung von Caelum zu planen. Sein Plan, die Binnenseen zufrieren zu lassen, um das Nachbarland über das Eis hinweg anzugreifen, scheint wunderbar zu klappen … zumindest zu Anfang.

Am anderen Ufer, in Caelum, ist Stellan Desean derweil mit einem Balanceakt beschäftigt. Er weiß, dass die Truppen von Glaeba Caelum weit überlegen sind, doch wie bringt man eine Horde arroganter Gezeitenfürsten dazu, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, ohne zu verraten, dass man ihre Identität kennt? Und wie schleust man eine Familie Arks aus dem Land, wenn alle Transportwege abgeschnitten sind?

Derweil sind Declan Hawkes, Cayal und Kentravyon auf dem Weg nach Norden; Declan, um Arkady zu finden, die beiden anderen, um endlich den Kristall des Chaos ausfindig zu machen und – sehr zu Cayals Unwillen – Elyssa zur Mithilfe bei ihrem Vorhaben zu überreden …

_Bezüglich der Charakterzeichnung_ tut sich in diesem Band so gut wie nichts Neues mehr. Einziger Neuzugang ist Kentravyon, der zum ersten Mal persönlich auftaucht. Kentravyon ist einer der ältesten Gezeitenfürsten und wird von den anderen ständig als Irrer bezeichnet. Mir kam er allerdings nicht wahnsinniger vor als mancher andere in diesem Haufen. Abgesehen von der abgedrehten Art, wie er auf manche Dinge reagiert – zum Beispiel das Lindern von Schmerzen, indem er die Verletzten tötet – wirkt er ganz normal und in vielerlei Hinsicht wesentlich vernünftiger und menschlicher als Elyssas Sippschaft. Sprich, er ist ein genauso widersprüchlicher Kerl wie Cayal, nur besser gelaunt. Was die Tiefe der Darstellung angeht, kann Kentravyon jedoch nicht mit dem mithalten, was die Autorin im ersten Band des Zyklus‘ für Cayal aufgewendet hat.

Auch eine Weiterentwicklung vorhandener Charaktere gibt es hier nicht. Sprich, die Autorin hat sich nahezu ganz auf die Handlung konzentriert.

Die besteht nicht nur aus den oben genannten Strängen. Im Laufe der Ereignisse trennt Declan sich von Cayal und Kentravyon, und dann gibt es auch noch Stränge um Boots, Warlock und Tiji. Sie alle einigermaßen gleichmäßig voran zu treiben macht häufige Wechsel zwischen den einzelnen Fäden notwendig, was zwangsläufig die Gesamtentwicklung bremst. So kommt es, dass die Handlung erst Fahrt aufnimmt, als sich letztlich mehr oder weniger alle auf den Weg nach Jelidien gemacht haben.

Leider kann ich nicht sagen, dass die Sache wirklich richtig spannend geworden wäre. Die Bemühungen der Autorin, im Laufe der Handlung die Spannungsschraube hoch zu drehen, sei es durch den Krieg zwischen Caelum und Glaeba oder durch die Entdeckung von Boots‘ Versteck, brachten nicht so recht das erwünschte Ergebnis.

Ähnliches gilt für die Auflösung des Plots: Obwohl tatsächlich durch die vielen Personen und ihre unterschiedlichen Ziele bis zum Schluss nicht klar war, wie die Sache ausgehen würde, kann ich nicht sagen, dass ich mir sozusagen die Finger abgekaut hätte, und trotz des recht bombastischen Showdowns sowie des extravaganten Ergebnisses empfand ich das Ende ein wenig unbefriedigend. Niah war ein viel versprechendes Persönchen, von dem logischen Knacks ganz abgesehen.

Interessant fand ich dagegen Kontravyons Erklärungen im Zusammenhang mit dem Kristall des Chaos sowie Lukys‘ Ratte Coron, auch wenn dadurch letztlich die Frage bleibt, wie die ersten der Gezeitenfürsten denn zu Gezeitenfürsten geworden sind.

_Mit anderen Worten_: Auch dieser letzte Band des Zyklus‘ hat nicht gehalten, was der starke Einstieg in den Zyklus versprochen hat. Wie auch dem dritte Band fehlt es ihm ein wenig an Wucht. Da die Charaktere nicht weiterentwickelt und auch nicht vertieft werden, fällt ein wesentlicher Aspekt dessen weg, was den ersten Band so interessant gemacht hat. Und der Versuch, die Lücke durch einen abwechslungsreichen Handlungsverlauf und eine dramatische Zuspitzung am Ende zu schließen, ist nicht gelungen. Selbst der Zeitdruck, unter dem die zweite Gruppe eigentlich steht, wird nicht wirklich deutlich, weil es all diese Unsterblichen in ihrer arroganten Gleichgültigkeit kaum zu kümmern scheint, dass ihnen die Zeit davon läuft. Ein solches Manko konnten selbst Kontravyons interessante Erklärungen nicht mehr ausgleichen. Schade.

_Jennifer Fallon stammt_ aus einer großen Familie mit zwölf Geschwistern. Sie hat in den verschiedensten Jobs gearbeitet, unter anderem als Kaufhausdetektivin, Sporttrainerin und in der Jugendarbeit. Letzteres scheint ihr immer noch nachzuhängen, unter ihrem Dach leben außer drei eigenen Kindern einige obdachlose Jugendliche als Pflegekinder. Schreiben tut sie nebenher. Ihre erste Veröffentlichung war die |Dämonenkind|-Trilogie. Außerdem stammen die Trilogie |Second Sons| sowie |Die Chroniken von Hythria| aus ihrer Feder. Zur Zeit arbeitet die Autorin an ihrem nächsten Zyklus |Rift Runners|, der erste Band soll im Februar 2012 auf Englisch erscheinen.

|Originaltitel: The Chaos Crystal
Ins Deutsche übertragen von Katrin Kremmler und Rene Satzer
569 Seiten
ISBN-13 978-3-802-58245-5|
http://www.jenniferfallon.com
http://www.egmont-lyx.com

_Jennifer Fallon bei |Buchwurm.info|:_

[„Kind der Magie“ 1328 (Dämonenkind Band 1)
[„Kind der Götter“ 1332 (Dämonenkind Band 2)
[„Kind des Schicksals“ 1985 (Dämonenkind Band 3)
[„Erbin des Throns“ 2877 (Die Chroniken von Hythria 1)
[„Ritter des Throns“ 3327 (Die Chroniken von Hythria 2)
[„Herrscher des Throns“ 3878 (Die Chroniken von Hythria 3)