Alle Beiträge von Björn Backes

Gloge, Andreas / Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – Rand der Gezeiten (Folge 31) (Hörspiel)

_Story:_

Vancouver gehört offenkundig ebenfalls zu jenen zehn Städten, in denen die Grenzen zwischen Leben und Tod verschwimmen. Auf Befehl Bakermans begeben sich auch Larry Newman und Jocye Kramer in die kanadische Metropole, deren Leblosigkeit die beiden aus der Fassung bringt. Als sie an den Docks auf Bakermans Kollegen Schmidt treffen, nimmt ihr Besuch immer groteskere Züge an. Schmidt begleitet das Duo auf ein Schiff, von wo aus man auf den plötzlich wiederentdeckten Dampfer ‚Anchorage‘ trifft, der seit 1915 als verschollen gilt. Neugierig erkunden Newman, Kramer und Schmidt das Schiff – und werden Zeugen einiger merkwürdigen, beängstigenden Begebenheiten …

_Sprecher:_

Erzähler – Jürgen Kluckert
Introerzähler – Hans Paetsch
Schmidt – Andreas Ksienzyk
Bakerman – Ernst Meincke
Larry Newman – Björn Schalla
Joyce Kramer – Bianca Krahl
Maureen – Esther Münch
Everett Staunton – Gerald Paradies
weitere: Marei Hofmann & Jaqueline Bretländer

Idee & Konzeption: Decision Products
Regie: Volker Sassenberg
Musik: Matthias Günthert und Volker Sassenbeerg
Drehbuch: Andreas Gloge & Decision Products
Tontechnik und Schnitt: Volker Sassenberg & Marc Sander
Illustration: Ingo Masjoshusmann
Grafik: Marion Mühlberg

_Persönlicher Eindruck:_

Es ergibt eigentlich nicht viel Sinn, in eine solch komplexe Reihe wie die „Gabriel Burns“-Serie einzusteigen, nachdem die Rahmenhandlung bereits derart ausgeufert ist wie in den inzwischen schon 30 veröffentlichten Episoden. Dennoch gibt es ab und an die Möglichkeit, das Pferd von hinten aufzuzäumen und doch noch einen Einstieg zu finden, auch wenn er selbstredend nicht mehr allumfassend sein kann. Folge Nr. 31 gehört zu jenen raren Exemplaren, die quasi als Neuanfang innerhalb des verschachtelten Handlungsstrangs funktioniert, ohne dabei den Anspruch zu erheben, den gesamten Background schon zu kennen. Und auch wenn es letzten Endes empfehlenswert ist, „Gabriel Burns“ von der ersten Sekunde zu verfolgen: Nachzügler haben hier eine neue Chance!

Die Story in „Rand der Gezeiten“ ist derweil relativ zielstrebig aufgebaut, vertieft zwar hin und wieder mit einigen Randnotizen den Gesamtzusammenhang, kann aber inhaltlich durchaus für sich alleine stehen. Entscheidend hierfür ist unter anderem, dass Steven Burns als Hauptakteur gar nicht erst auftaucht und das Spielfeld seinen beiden Kollegen Kramer und Newman überlässt. Dies bedeutet für den eingefleischten Anhänger genügend Zeit, um kurz zu verschnaufen und die übergeordneten Stränge auf sich wirken zu lassen, aber eben auch eine kleine Stütze, um die neuen Handlungseinheiten logisch in den Hauptstrang einzufügen.

Die eigentliche Geschichte dieser Folge ist unterdessen mal wieder ein echtes Highlight, das nicht nur dank seiner gewaltigen Inszenierung hervorsticht. „Rand der Gezeiten“ hat unzählige überraschende Wendepunkte und gefällt mit drei waghalsigen Charakterzeichnungen, die an sich bereits spektakulär genug sind, die Folge zu den nennenswerten innerhalb der Serie zu erklären. Was dann an Bord der Schiffe passiert, unterstreicht gleich mehrere entscheidende Aspekte dieser Reihe: Die Mystery-Fraktion wird beispielsweise mit haufenweise frischem Futter versorgt, die Horror-Begeisterten dürfen sich indes über ein paar krasse Einschnitte freuen, und diejenigen, die einfach den Komplex mögen und ihnen gerne mit weiteren Schmankerln gefüttert sehen, dürfen sich über viele Querverweise freuen, die aber erst zu einem späteren Zeitpunkt an Bedeutung gewinnen werden. Zuletzt überzeugt aber vor allem die Atmosphäre, geschürt natürlich von den starken Effekten, der manchmal klaustrophobischen Gesamtstimmung und natürlich dem wiederholt packenden Soundtrack. Letztlich kommt die Spannung hinzu, die nicht nur innerhalb der Story dauerhaft präsent ist, sondern auch über den Cliffhanger in die Serienzukunft weist. Das ist Prickeln pur, minimalistisch erzählt, aber effektreich verkauft. Insofern wird „Gabriel Burns“ auch weiterhin nicht vorrangig diejenigen begeistern, denen die pure Action am bedeutsamsten ist. Vielmehr ist die Tiefe entscheidend, mit der die Serie vorgetragen wird – und das auch uneingeschränkt in dieser starken 31. Episode!

|Audio-CD mit 55 Minuten Spieldauer
ASIN: B001UNPQLO|
[www.gabriel-burns.net]http://www.gabriel-burns.net
[www.folgenreich.de/gabrielburns]http://www.folgenreich.de/gabrielburns
[www.myspace.com/gabrielburns]http://www.myspace.com/gabrielburns
[www.experiment-stille.de]http://www.experiment-stille.de

_Gabriel Burns bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Grauen Engel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3892
[„Verehrung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3960
[„Bereit (Folge 23)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4015
[„Der Erste der Zehn (Folge 24)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4038
[„… dem Winter folge der Herbst (Folge 25)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4051
[„R. (Folge 26)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4055
[„Zwielicht (Folge 27)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4246
[„Im Kreis des Vertrauens (Folge 28)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4711
[„Zwei Horizonte (Folge 29)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4889
[„Weiß (Folge 30)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5308

Janesch, Sabine – Katzenberge

_Wenn man bedenkt_, wie viele Geschichten der Krieg zu erzählen hat, kann einem alleine schon beim Blick auf die vielen Einzelschicksale der Vertriebenen und plötzlich Heimatlosen regelrecht schwindelig werden. Vor allem im heutigen Polen wimmelt es von Nachzüglerfamilien, deren Ursprung nicht in ihrer jetzigen Heimat, ja manches Mal sogar völlig unbekannt ist. Dieses Thema hat Sabine Janesch offenkundig fasziniert und bewegt. Und die Nachwuchsautorin, die als Mittzwanziger definitiv das Zeug dazu hat, schon relativ bald als Shooting Star auf dem hiesigen Literaturmarkt zu landen, weiß definitiv, wovon sie spricht – bzw. wovon die vielen Inspiratoren reden, die mit ihren Geschichten Janeschs Phantasie zum Leben erweckt und ihr eine ganz außergewöhnliche, auf perfide Art und Weise gestaltete, mitreißende Geschichte entlockt haben.

Das bereits von Günter Grass in den höchsten Tönen gelobte Talent erzählt von der jungen, unscheinbaren Redakteurin Nele Leibert, die in ihrem Berliner Büro, nicht ganz überraschend, vom Tod ihres Großvaters erfährt. Leibert, die von der Aura des Verstorbenen stets beeindruckt und berührt war, lässt sich daher nicht lange bitten und tritt die Reise nach Schlesien an – wohlgemerkt ohne ihren emotionslosen Gatten Carsten, der die Herkunft seiner Frau immerzu missachtet hat und auch auf dieser Reise keine Rolle spielen möchte. Mit Ach und Krach stürzt Nele noch zur Beerdigungsgesellschaft und wird sich ein letztes Mal darüber im Klaren, was für ein geschätzter Mann Stanislaw Janeczko zu Lebzeiten gewesen ist.

Doch Leibert weiß ebenso um die Verbitterung, die er jahrelang mit sich getragen hat. Der Hass wendet sich vor allem gegen die deutschen und russischen Besatzer, die ihm seinerzeit die Heimat, damit auch auf noch bitterere Art seine Familie und schließlich auch seinen Stolz genommen haben. Auch wenn es Nele zunächst nicht leicht fällt, den Anlass zu Nutzen und auf Bitten ihrer Tante in der Vergangenheit zu stöbern: Gerade nach seinem Tod soll das Vermächtnis des alten Janeczko ein letztes Mal geehrt werden, so wie es bis dato nie geschehen ist.

Doch aller Anfang ist schwer, wie Leibert alsbald erfahren muss. Die Spurensuche erweist sich als schwierig, da sie sich nur auf den Erzählungen ihres begrabenen Großvaters stützen, sie vor allem jedoch in der ostpolnischen Heimat Janeczkos auf einige Widersprüche stößt. Doch das Puzzle, woher er kam, wer er vor seiner Zeit in Schlesien tatsächlich war, warum seine Familie ihn verstieß und welche Rolle sein Bruder dabei spielte, setzt sich nach und nach zusammen. Und weckt neben einigen nostalgischen Erinnerungen auch ein grausames Bild jener Zeit und jener Menschen, die unmittelbar für Janeczkos Werdegang verantwortlich waren.

_Sabine Janesch ist_ eine fabelhafte Erzählerin. Punkt! Man lässt sich von ihrer betören, mit simpel-philosophischen Texten verwöhnen, spürt ihre Leidenschaft für die einfachen, aber effizienten Gedankensprünge und lässt sich schließlich immer häufiger dazu verleiten, sich in den düsteren, mithin sehr emotionalen Text fallenzulassen. Dabei ist die Geschichte so unkonventionell und ungewöhnlich, beinhaltet nicht einmal einen klar herausgearbeiteten Spannungsbogen und droht so manches Mal, auf der Stelle zu treten und vor sich hin zu plätschern. Doch für derartige Fehltritte gibt Janesch letzten Endes dann doch nicht den erforderlichen Raum. Stattdessen erzählt sie einerseits aus der Vergangenheit und Sicht des Großvaters, andererseits aber auch von der suchenden Nele und lässt die beiden Stränge mit einigen unglaublichen Wendungen miteinander verschmelzen. Herausragend sind hierbei nicht etwa irgendwelche spektakulären Einheiten, sondern schlichtweg der Hang dazu, einfache Leute aus einer ebenbürtig einfachen Sicht einzufangen – und das ist über die Gesamtdistanz schlichtweg fantastisch gelungen.

Der Rahmen bleibt schließlich auch ein ungewohnter. Hört man ansonsten oftmals von den Flüchtigen und ihren existenziellen Nöten, beschreibt die Autorin von „Katzenberge“ die Geschichte eines Mannes und seiner Familie, wie sie auf schlesischem Boden neues, ebenfalls zurückgelassenes Land entdeckt und sich dort zwangsweise ansiedelt. Und genau in diesem Faktum schwingt besagte Verbitterung mit; allein deswegen, weil der Ursprung aufgegeben werden musste, aber auch weil der Geist der Besatzer, hier als Dämon symbolisch personifiziert, ein Leben lang die Verfolgung antritt und den neuen Bewohnern des Hofes keine Ruhe gönnt.

Es sind Sagen und Märchen aus der Vergangenheit, die hier ebenfalls Einzug halten, verknüpft mit einem authentischen Gesellschaftsbild aus einer ländlich-rückständigen Region, in der selbst die Ankunft einer Deutschen (und das ist Nele letzten Endes ja) ein geradezu bedeutsames Ereignis ist. Und das scheint ehrlich, in diesem Bereich – und auch das gibt es ja zuhauf – alles andere als sensationslüstern oder mit dem Drang versehen, möglichst krasse Schicksale ins Auge zu fassen, was „Katzenberge“ zu einem unspektakulär-aufregenden, vor allem aber aufwühlenden Buch macht, welches schließlich aber nur ein Ziel verfolgt: Eine Geschichte zu erzählen. Und diese sollte man lesen, da sie es wert ist, gelesen zu werden!

|Hardcover: 277 Seiten
ISBN-13: 978-3351033194|
[www.aufbau-verlag.de]http://www.aufbau-verlag.de

Dobyns, Jay – Falscher Engel – Mein Höllentrip als Undercover-Agent bei den Hells Angels

Was genau mag in Jay Dobins vorgegangen sein, als sein Arbeitgeber ihm die lukrative, aber eben auch gefährliche Mission offerierte, als Undercover-Agent die Hells Angels zu unterwandern und dem Arizona-Ableger neben Mord, Waffen- und Drogenschmuggel sowie Bandenkriminalität nachzuweisen, dass die Mitglieder zum größten Teil mehr Dreck am Stecken haben als so mancher gesuchter Schwerverbrecher? Dobyns, der in seinem Polizistendasein schon manchen lebensbedrohlichen Auftrag gemeistert hatte und dabei auch schon mehrfach verwundet wurde, wird es aus heutiger Sicht vielleicht nicht mehr ganz genau wiedergeben können. Doch eines, das betont er in diesem Zusammenhang sehr deutlich, weiß er genau: Er hätte diesen Auftrag jederzeit und in jeder Situation wieder angenommen – sei es wegen der speziellen Lebenserfahrung, die er ihm beschert hat, oder einfach nur des persönlichen Erfolgs halber, den die Operation “Black Biscuit“ mit sich gebracht hat. Dobyns hat über seine Mission Zeugnis abgelegt, die Enttäuschungen und Fortschritte festgehalten und vor allem für sich selber analysiert, was der Job und “Black Biscuit“ an Konsequenzen und Spätfolgen nach sich gezogen hat. Und der Mann teilt sein Wissen nun, einerseits weil die Geschichte schon fast unglaublich (weil eben real) anmutet, andererseits aber auch, um sich das von der Seele zu schreiben, was ihn seither prägt wie wohl keine andere Erfahrung in seinem nicht mehr ganz so jungen Leben.

_Wir schreiben das Jahr 2002_,als Slats, ein renommierter Ermittler und ein gebrandmarktes Technik-Genie, an Dobyns herantritt und ihn an den Fall heranführt. Die ATF möchte gezielter gegen die sich häufende Bandenkriminalität in den ansässigen Bikerverbänden ermitteln und vor allem die Drahtzieher an den Pranger stellen. Die Sache ist groß, richtig groß, vielleicht sogar zu groß, als dass sie für eine kleine Einsatztruppe wie das Team, das von nun an unter dem Banner “Black Bisscuit“ operieren soll, geschaffen ist. Dennoch ist Dobyns überzeugt, den Job übernehmen zu können und ein Schauspiel zu inszenieren, das in diesem Ausmaß wohl einmalig bleibt und bleiben wird.

Unter seinem neuen Spitznamen Bird macht er sich in Arizona schnell einen Namen als Waffenschieber und Geldeintreiber – und baut seinen Status dabei ausschließlich auf Gerüchten und Lügen auf. Die lokalen Schlägerbanden und Bikertruppen werden schnell auf Dobyns und seine Mitstreiter aufmerksam, was dieser wiederum nutzt, um einen weitestgehend unbekannten Verband zu missbrauchen und die eigentlich in Mexiko ansässigen Solo Angeles in Arizona zu etablieren. Mit einer Menge Selbstbewusstsein, weiteren, kunstvoll aufgebauten Lügen und einer Menge Einfühlungsvermögen für all die Gaunereien, die von den jeweiligen Verbandsgrößen bzw. den Vorsitzenden der einzelnen Hells-Angels-Charters begangen werden, schafft er tatsächlich sehr schnell das, was zunächst nur eine vage Hoffnung war: Akzeptanz für einen eigenen Motorradclub zu finden und sein Standing Schritt für Schritt auszubauen. Dobyns wird zu einem wichtigen Ansprechpartner, hängt mit den wichtigsten Leuten der Angels-Szene ab, besucht Partys, beteiligt sich an bedeutenden Besprechungen und arbeitet sich in der lokalen Hierarchie immer weiter hoch – bis ihm schließlich gar nichts anderes mehr übrig bleibt, als die Offerte, als Anwärter bei den Hells Angels einzusteigen, anzunehmen.

_“Falscher Engel“ schildert_ diesen denkwürdigen, natürlich auch zweifelhaften Aufstieg mit all seinen Gefahren und den möglichen Risiken für Jay und seine Familie. Doch die Geschichte, die der Agent erzählt, hat weitaus mehr zu bieten, als einen oberflächlichen Bericht über die Infiltration der öffentlich bekannten Gangstervereinigung auf zwei Rädern. Vielmehr rechnet Dobyns auch mit sich selber ab und stellt seine Persönlichkeitsentwicklung zur Diskussion, die in den zwei Jahren der verdeckten Ermittlungen im Wespennest der Rocker einige beängstigend krassen Verlauf genommen hat. Spielt Dobyns alias Bird zunächst nur das Tough-Guy-Image, welches notwendig ist, um die Toleranz der Biker zu genießen, wird er immer mehr eins mit seiner Rolle und weiß irgendwann nicht mehr zwischen der eigentlichen Realität und der Scheinwahrheit als Mitglied der Motorradgang zu unterscheiden. Die Besuche in seiner Heimat werden seltener, die Abkanzlung von seiner Familie nimmt derweil immer gravierendere Formen an, was schließlich solch unwirkliche Formen annimmt, dass der Autor von „Falscher Engel“ irgendwann an einen Punkt angelangt, an dem er sogar bereit ist, sein bürgerliches Leben aufzugeben, um sich ganz seiner Aufgabe zu widmen – oder vielleicht sofort ganz zu den Hells Angels überzutreten.

Das Buch zeigt daher vor allem den bemerkenswerten Lebenswandel, die Persönlichkeitsveränderung, aber eben auch all das, was die Hells Angels und ihren ständigen Konflikt mit dem gesetzt ausmacht. Dobyns geht stark ins Detail und beschreibt anhand von Fakten, was sich tatsächlich im Untergrund abspielt, wer die Drahtzieher sind, aber auch welchen Weg man gehen muss, um endlich den entsprechenden Aufnäher auf seine Kutte nähen zu dürfen. Er gebärdet sich als absoluter Outlaw, lügt sich hierbei an den Rand des eigenen Verderbens und setzt alles auf eine Karte, damit die Mission Erfolg haben kann. Und gerade jene Faktoren, die in der Draufsicht wie die Sage eines Machos und Möchtegernhelden erscheinen, sind letztendlich so leidenschaftlich aufbereitet und auch in der schriftlichen Performance (und Übersetzung) so überzeugend dargeboten, dass einen die Erlebnisse, die Dobyns von nun an auch mit der übrigen Welt teilt, kaum mehr loslassen. Unbegreiflich ist lediglich, dass der gute Mann noch keinem Attentat zum Opfer gefallen ist. Denn nach all diesen Offenbarungen sollte der Herr zu denjenigen Persönlichkeiten gehören, deren Kopfgeld astronomische Summen annimmt – doch dieses Risiko, und wenn es eines seiner letzten im Falle „Black Biscuit“ sein sollte, ist er eingegangen um ein fast schon romanartiges, spannendes und aufregendes Buch zu verfassen, welches das Prädikat ‚lesenswert‘ wahrscheinlich mehr verdient als nahezu alle Künstler- und Starbiografien, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden. Und die Ursache liegt auf der Hand: Hier wurde nichts beschönigt oder nachgebessert, sondern lediglich das festgehalten, was (erschreckenderweise) tatsächlich geschehen ist!

_Mehr zum Thema_ findet man im Übrigen in einer DMAX-Reportage, die den Fall noch einmal neu aufrollt und den Protagonisten noch einmal persönlich in den Fokus rückt. Diverse Online-Videoportale bieten hier einen Einblick, der die bewegenden Eindrücke von „Falscher Engel““ nur noch weiter verstärkt.

|Hardcover: 400 Seiten
ISBN-13: 978-3868830262|
[www.rivaverlag.de]http://www.rivaverlag.de

Moreland, Brian – Schattenkrieger

_Story:_

Sean Chambers ahnt nicht, welches düstere Geheimnis das Tagebuch seines Großvaters birgt, welches er im Auftrag des World-War-II-Kriegsveteranen Jack Chambers an den hoch dekorierten General Briggs zu übergeben gedenkt. Als er hierbei auf den alternden Rabbi Goldstein trifft, wird ihm erst bewusst, welchen Fehler er begehen hiermit würde – und welche Gräuel sein Großvater seinerzeit miterleben musste.

Jack Chambers führte zum Ende des Zweiten Weltkrieges den Zug der ‚Glücklichen Sieben‘ durch den Hürtgenwald, um dort die Ortschaft Richelskaul als strategisch wichtigen Punkt von den Nazis zu befreien. Als jedoch Captain Murdock im Scharmützel umkommt und seinem Lieutenant einen Davidsstern in die Hand drückt, der offenbar von größerer Bedeutung ist, wendet sich das Blatt für die amerikanischen Besatzer. Chambers ahnt jedoch noch nicht, mit welcher Nazi-Wunderwaffe er und seine sechs Mitstreiter es in den nächsten Stunden zu tun bekommen. Und auch als eine Nachhut das Camp erreicht, die von Chambers‘ verhasstem Ex-Kollege Fallon befehligt wird, kann Jack die anstehende Gefahr noch nicht einschätzen – bis er schließlich leibhaftig von der Mission Eisensarg erfährt, in deren Zuge einige unmenschliche Gestalten die Amerikaner angreifen. Und sich selbst von unendlichen Maschinengewehrsalven nicht auslöschen lassen …

_Persönlicher Eindruck:_

Geschichten um das Thema „World War II“ sind im Fantasy-Bereich in letzter Zeit relativ populär, zumal hier auch immer wieder eine Verbindung zwischen der eigentlichen Brisanz von Holocaust, allgemeinen Kriegsgefechten und der gesellschaftlichen Brutalität sowie den okkultistischen Forschungen des SS-Oberregimes hergestellt wird. Ähnlich verhält es sich auch in Brian Morelands aktuellem Roman „Schattenkrieger“, der das Okkulte zum Leitmotiv einer relativ gewaltsamen, durch und durch fiktiven Story erklärt, dabei aber offenkundig vergisst, dass es nicht nur die bloßen Effekte bestimmter Schlagwörter und Ereignisse sind, die einem Roman zu seiner endgültigen Spannung und Faszination verhelfen.

Im Falle von „Schattenkrieger“ ist der Spannungsaufbau sowie die eigentliche Struktur nämlich von der Pike auf problematisch. Nach den etwas verwirrenden ersten Kapiteln, die sich mit der Übergabe des Tagebuchs beschäftigen, erlaubt der Autor einen 400-seitigen Rückblick in die Endphase des Zweiten Weltkriegs, die mit vielen Gefechten und kleinen emotionalen Beiträgen, aber eben auch mit allerhand Klischees gefüllt und schließlich in eine ungewollte Selbstpersiflage verwandelt werden. Vor allem die Tatsache, dass Moreland versucht, die Fehde zwischen Chambers und seinem plötzlich auftauchenden Erzfeind Fallon immer wieder aufzuwärmen, ist irgendwann so ermüdend, dass man gar nicht mehr weiß, warum man dem Autor hier überhaupt noch folgt. Aber auch die klischeehaften Charakteristika seiner Protagonisten sind irgendwann ausgereizt. Der König von Vegas und seine Pokerkarten, der junge Krieger mit seinem Baseball, der nächste Soldat mit seinem Comic-Tick; es ist sicher nett, die amerikanische Kultur hier irgendwie einzubauen. Aber bei einem Titel wie „Schattenkrieger“ erwartet man mit Berechtigung etwas mehr als literarisches Bubblegum-Kino mit effektschürender Nazi-Thematik.

Insofern wird das Ganze unfreiwillig komisch, wenn plötzlich die ersten Golems durchs Bild rennen, die okkulten Hintergründe rückwirkend aufgedeckt werden und Geschichten von Verrat und Hinterlist die Story füllen. Kaum eine Passage wirkt dabei nicht am Reißbrett konstruiert, kaum eine Wendung erscheint natürlich. Vielleicht ist das Lese-Erlebnis daher auch eher mit einem zweitklassigen Horror-Streifen zu vergleichen, zu dem „Schattenkrieger“ womöglich ein prima Drehbuch abgeben würde. Doch das sollte nicht der Anspruch eines solchen Romans sein. Moreland holt weit genug aus, um die zahlreichen Elemente unter einen Hut bekommen zu können und einen schlüssigen Plot zu erstellen. Stattdessen bevorzugt er aber holpriges Stückwerk, dessen einziger Spannungsfaktor darin besteht, die oftmals unglaublich lahmen Ideen in den Vordergrund zu stellen. Doch selbst das ist auf Dauer (selbstredend) ermüdend und macht „Schattenkrieger“ zu einem der schwächsten Beiträge des ansonsten so qualitätsbewussten Otherworld-Verlags.

|Hardcover: 461 Seiten
Originaltitel: Shadows in the Mist
ISBN-13: 978-3800095179|
[http://www.otherworld-verlag.com]http://www.otherworld-verlag.com

Weiler, Jan – Mein Leben als Mensch

_|Stern|-Abonnenten sollten wissen_, worauf sie sich bei einem gefragten Kolumnisten wie Jan Weiler einlassen. Seit geraumer Zeit versorgt der inzwischen auch als Buchautor gefragte Schreiberling ein wachsendes Publikum mit den Geschichten um den pikanten Schwiegervater Antonio, um Sara, die etwas zerstreute Ehegattin, und die beiden Nachzügler Carla und Nick, die erst jüngst hinzugestoßen sind und Weiler allerhand Futter für neue kuriose Geschichten zum ‚ganz normalen‘ Alltag liefern.

61 seiner berüchtigten Kurzabhandlungen hat er nun unter dem Titel „Mein Leben als Mensch“ zusammengefasst und auch über seine populären Kolumnen hinaus für die Nachwelt festgehalten. Und vergleichbar seinem inzwischen bereits verfilmten Klassiker „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ hat Weiler hierbei kein Fettnäpfchen ausgelassen, um seine sarkastisch angehauchte Selbstironie sowie die allzu üblichen Fehltritte des Alltags auf die Schippe zu nehmen bzw. sich am Ende des Tages in erster Linie über sich selbst und seine Sippe zu amüsieren.

Insofern ist „Mein Leben als Mensch“ natürlich vorrangig eine Zusammenfassung der brisantesten Alltags-Storys aus dem Leben einer italienischen Gastarbeiterfamilie, in die der Protagonist vor einiger Zeit eingeheiratet hat. Es geht um Kuriositäten wie die Geschichte mit den ‚Laufenten‘, die Weiler vergeblich einzufangen versuchte, um die Fußball-Weltmeisterschaft, für die Senór Antonio natürlich noch die richtige Flimmerkiste beschaffen musste (mit Flakebild versteht sich), um die Diskrepanzen, die ein Festnetz-Anschluss mit sich bringt, und natürlich um das Au-Pair-Mädchen Natalya, das immer wieder frischen Wind und Denkanstöße in die engmaschige Welt der italienisch-deutschen Verbindung hineinbringt, ohne dabei jedoch den Moralapostel heraushängen zu lassen.

_Aber was genau_ zeichnet Weiler und seine Hommage an den Alltag nun wirklich aus? Nun, es ist der Alltag selber. Es sind außergewöhnliche Storys, die nur das Leben schreibt, die so gewöhnlich und typisch sind, als Anekdoten aus einer völlig normalen Welt, dann aber doch wieder ein wenig absurd erscheinen, fast schon als Persiflage auf das, was Weiler im Titel beschreibt – auf das Leben als Mensch. Die Spanne reicht dabei von kleinen Krisen über einen Hauch von zynischer Situationskomik bis hin zu schwärzlich-humoristischer Satire. Kaum eine Gelegenheit wird dabei ausgelassen, die Klischees der italienischen Hitzköpfigkeit zu betonen, und wenn Weiler seinen Lieblingszögling Antonio mal wieder in den Mittelpunkt rückt, sind die Lacher stets auf seiner Seite.

Dennoch werden sich Liebhaber der vorherigen beiden Bücher zunächst einmal an „Mein leben als Mensch“ gewöhnen müssen, da die jeweiligen Kapitel in sich abgeschlossen und vor allem reichlich kurz sind. Doch inhaltlich entschädigen sie einfach für alles, was sich anfangs gegen die Erwartungshaltung sträubt. Antonios ständige Dispute mit der Technik, Sohnemanns unerschöpfliche Suche nach neuen Wortkreationen, Saras stete Hilflosigkeit und Claras Besonnenheit – hier wird jeder Charakter zu einem Lachmuskelerquicker der besonderen Art. Und zu einem Kurzweil-Garanten für die begrenzte Dauer von immerhin 224 Seiten. Aber die Quantität muss nicht die Sorge des Publikums sein. „Mein Leben als Mensch“ wird zweifelsohne noch einige Brüder zur Seite gestellt bekommen. Denn wenn eines schier unerschöpflich ist, dann Weilers Sinn für liebreizende und vor allem unterhaltsame Geschichten aus dem Alltag einer nicht ganz alltäglichen Familie …

|Hardcover: 224 Seiten
Mit Illustrationen von Larissa Bertonasco
ISBN-13: 978-3463405711|
[www.rowohlt.de/verlag/kindler]http://www.rowohlt.de/verlag/kindler

Sala Rose, Rosa – Lili Marleen. Die Geschichte eines Liedes von Liebe und Tod

_Muss man in einen Song_ überhaupt so viel hineininterpretieren, dass er geradezu in jeder Silbe zerpflückt wird und die wahre Schönheit des Liedes im analytischen Kontext seines Genusses verlorengeht? Man kann sicher darüber streiten, zumal die heutige Popkultur mit ihren größtenteils oberflächlichen Inhalten kaum mehr Anlass gibt, den lyrischen Output einer Komposition näher zu diskutieren. Dass dies mal anders war, steht außer Frage, man denke nur auf die intelligenten Geschichten des [Krautrocks,]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1492 die Symbiose aus Wort und Text in den frühen Momenten der progressiven Musik oder schließlich an die Anfänge der Hippie-Singer/Songwriter-Kultur mit Protagonisten wie Bob Dylan und Joan Baez. Doch auch Jahrzehnte vorher entstanden Lieder bzw. in erster Linie Texte, deren Deutung ein Millionenpublikum beschäftigte und deren wortgewandte Wirkung die Gesellschaft in der ganzen Welt in Aufruhr brachte.

Eines der passendsten Beispiele ist sicherlich „Lili Marleen“, jenes Lied, welches womöglich sogar den globalen Soundtrack des Zweiten Weltkrieges abzugeben gezwungen war, da es nicht nur von der Wehrmacht motivierend gesungen wurde, sondern auch im Bereich der Alliierten Anklang und Bewunderung fand. Als Hans Leips Verse, vertont von der legendären Lale Anderson, zu Beginn des „Dritten Reichs“ erstmals beim Militärsender Belgrad gespielt wurde, hatte noch niemand eine Vorstellung davon, welche Wellen das Ganze schlagen sollte. Doch kurzerhand wurde das sehnsüchtige Flehen der Lili Marleen zum Sensationserfolg, zur bittersüßen Kriegssymphonie melancholischer Soldaten, zur Erkennungsmelodie für die verlorenen Hoffnungen von ganzen Armeen, schließlich aber auch zum Schauplatz der bitteren Tragödien, die in diesem Hoffnungsschimmer begraben sind. Letzten Endes avancierten die Rechte und der Ursprung von „Lili Marleen“ zur dramatischen Schlammschlacht.

_Wer sollte sie gewesen sein_, die Lili, die in diesem Song besungen wurde? Welche Zusammenhänge ergeben sich hierdurch für den Textautor Leip und dessen undurchdringliches Liebesleben? Warum ist die Familie des sozioanalytischen Meisters Sigmund Freud ein Teil des Ganzen? Und welche Rolle spielt Marlene Dietrich, die berühmte Diva, die den Welthit auch für den amerikanischen Markt salonfähig machte? Dass ein Lied so viele Fragen aufwirft, scheint übertrieben, vor dem Hintergrund des schlichten Textes sogar regelrecht paradox. Doch gerade vor dem Hintergrund der immensen Nachwirkungen, die das Ganze hinterließ, scheint es sinnvoll, noch einmal näher in das Treiben einzutauchen und den offenen Komplex in einer umfassenden Diskussion zu beleuchten.

Die Frau, die sich dieser Aufgabe angenommen hat, stammt aus Spanien, heißt Rosa Sala Rose und ist dem Song ähnlich verfallen wie die Heerscharen, die vor gut und gerne 70 Jahren gegeneinander in den Krieg zogen. Die Autorin beschreibt vor allem dem Mythos und die Wirkung der Worte, ergründet hierbei Schritt für Schritt die Ursprünge und die hierin verstrickten, tragenden Figuren. Und es sind zumeist hässliche Erlebnisse, Streitereien, Familienzwiste, Fehden um Wahrheit und Betrug und schließlich themenübergreifende, theatralisch inszenierte Dramen, die jedoch den Mythos nur weiter nährten und eine Faszination auslösten, wie sie wohl kein Song zuvor in dieser Vehemenz für sich beanspruchen konnte. Doch das Buch „Lili Marleen“ ist mehr als eine Situationsanalyse respektive eine biografische Aufarbeitung eines Liedes im Zeitraffer eines halben Jahrhunderts. Es ist vielmehr eine Ergründung von bisher noch nicht bestätigten Tatsachen, eine gezielte Auseinandersetzung mit Herkunft, Motiv und Nachwirkung, vielleicht auch die Suche nach noch viel mehr von dem, was zwischen den Zeilen steht, schließlich aber ein Essay der ganz besonderen Art, da es zeigt, was sich aus einem Stück weltlichen Kulturguts alles herausholen lässt, wenn man einmal die nötige Distanz aufgebaut hat, um sich ihm wieder peu à peu anzunähern.

_Zuletzt hat Rosa Sala Rose_ es geschafft, das Interesse zu wecken und etwas Emotionales sachlich und doch fokussiert aufzugreifen, ohne dabei genau jenes Emotionale in seiner Wirkung zu zerstören. Gerade das schmucke Extra, eine CD-Beilage mit elf Fassungen und Abhandlungen des Liedes, beschreibt dabei die Sorgfalt der Autorin, die nichts unversucht gelassen hat, um den Mythos greifbar zu machen, ihn aber auch auf alle erdenklichen Ebenen auszuweiten. Aus diesem Grund muss man weder mit der Komposition selber noch mit dem vertraut sein, was „Lili Marleen“ umgibt. Die spanische Germanistin mit deutschem Ursprung weiß nämlich auch bei fehlendem Background mit einer Hingabe zu fesseln, in die man sich langfristig zu verlieben weiß – ähnlich wie so mancher Soldat in einer der schwierigsten Zeiten seines ganzen Lebens …

|Kartoniert: 239 Seiten mit 21 Abbildungen und Audio-CD
Originaltitel: Lili Marleen – Canción de amor y muerte
Übersetzer: Andreas Löhrer
ISBN-13: 978-3-423-24801-3|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de

Hujer, Marc – Arnold Schwarzenegger – Die Biographie

_Was ist bloß_ in Marc Hujer gefahren? Der Autor der aktuellen autorisierten Schwarzenegger-Biographie begeht bereits auf den ersten Seiten seines kürzlich veröffentlichen Werkes künstlerischen Selbstmord, indem er das Objekt seines Interesses im Vorwort als Karikatur darstellt. Hujer beschreibt hier das schwarzeneggersche Treiben in seiner Motorrad-Gang, das Macho-Gehabe, welches selbst von der hohen politischen Verantwortung des derzeitigen Gouverneurs von Kalifornien nicht ad acta gelegt wurde, kommentiert den Aufstieg in die obersten Regionen des größten Staates der USA mit einigen abschätzigen Worten und betrachtet den sogenannten amerikanischen Traum mit dem entsprechenden Zynismus.

Schreibt hier etwa jemand, der mit Staat, Politik und Persönlichkeit in einer Tour abrechnen möchte? Mitnichten! Stattdessen versucht der Autor lediglich all das greifbar zu machen, wofür die lebendige Laufbahn des einstigen Muskelprotzes steht. Er analysiert Systeme und eigenwillige Strukturen, die Macht von Worten und außergewöhnlich gewöhnlichem Gebaren. Dabei produziert er das womöglich abstoßendste Bild eines weitestgehend komischen Helden, ist aber leidenschaftlich darum bemüht, Arnold Schwarzenegger ein Forum zu schaffen, in welchem die Fehlleistungen und Plattitüden eine Möglichkeit bekommen, von der Menschlichkeit und Besonnenheit einer Persönlichkeit kompensiert zu werden, die letzten Endes nicht ohne Grund dort rangiert, wo sie am heutigen Tage positioniert ist.

Und gerade dieser wirklich aufopferungsvoll recherchierte Kampf – und das ist diese Ausgabe in der Tat – für Schwarzeneggers Recht, einfach nur Schwarzenegger zu sein und sich eben nicht immer anpassen zu müssen bzw. unangepasst an die Macht zu kommen, ist in „Arnold Schwarzenegger – Die Biographie“ schlicht und einfach genial herausgearbeitet. Das macht diesen Titel selbst für diejenigen interessant, für die der vermeintliche Titelheld nichts weiter ist als das aufgeblasene Beispiel einer, grob betrachtet, kitschigen Seifenblase im noch kitschigeren Hollywood-Format. Schließlich ist Marc Hujer mit ähnlichen Gedanken an die Sache herangegangen, als er anno 2003 beschloss, dem Phänomen Schwarzenegger etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken …

_Hujer stützt sein Wissen_ hierbei auf zahlreiche literarische Quellen und Zeitzeugen aus dem Umfeld des exilierten Österreichers und baut vor allem die Geschichten über die Bodybuilder-Karriere und den rasanten Aufstieg in den weltweiten Muckibuden auf den Erfahrungen Dritter auf. Dennoch setzt er gerade in diesem Bereich Prioritäten und analysiert, wie der spätere Terminator nicht mit Hirn, aber mit eisernem Willen seine Ziele verfolgt und auch tatsächlich erreicht. Schwarzenegger ist stets dem Spott derjenigen ausgesetzt, die in ihm genau das sehen, was er unterm Strich für eine lange Zeit auch sein wird: Ein eindimensional denkender, plumper Dörfler, der seinen Verstand vorrangig hinter einem mächtigen Oberarmumfang versteckt hat und, das konnten eigentlich die wenigsten verstehen, trotzdem zu einem der extremsten Emporkömmlinge in der gesamten Medienlandschaft avancierte.

Es sind daher auch vor allem die Zeiten, in denen sich Schwarzenegger von Titel zu Titel hangelte, dabei seine voyeuristische Art in allen Zügen auslebte und den eigenartigsten Szene-Publikationen Interviews und Auskunft gab, die in dieser Biographie einen großen Stellenwert bekommen und damit vor allem die Hollywood-Episode quantitativ um ein Vielfaches übertrumpfen. Es ist gerade diese Zeit, die aus heutiger Sicht völlig absurd scheint und in den modernen Beschreibungen des westamerikanischen Gouverneurs zumeist ausgeblendet wird, da die Distanz zwischen dem, was war und ist, kaum mehr fassbar scheint.

Und es sind die harten Trainings, der steinharte Weg, die knallharte Disziplin, die Konzentration auf nichts anderes als das Wesentliche und der brutale Wille, nach oben zu kommen, die aus einer an für sich klassischen Erfolgsbiographie herausragen und wahrscheinlich selten so knallhart ausgeprägt sind wie bei jener Figur des Jahrgangs ’47. All das zu lesen, fordert wider Erwarten jedoch nicht den Proleten im Manne, der hier nach Selbstbestätigung sucht, denn hierzu geht Hujer viel zu kritisch mit seiner literarischen Figur um. Es ist vielmehr ein brillantes Portrait eines sehr eigenwilligen, von seiner nicht immer leichten Jugend geprägten Menschen, der nie den Anspruch erhebt, Vorbild zu sein, sondern stattdessen immerzu kompromisslos seinen Weg geht, nur um sich und seiner selbst willen. Und, das weiß man vom heutigen Standpunkt her: Das hat Arnie definitiv geschafft!

_Das zweite große Kapitel_ dieser chronologisch angeordneten Biographie beschäftigt sich schließlich mit dem Politiker und Republikaner Schwarzenegger, jedoch auch hier nicht ohne auf die Fehltritte und naiven Leichtsinnsaktionen des Steirers einzugehen. Schwarzeneggers Niederlagen im Wahlkampf kommen ebenso ins Gespräch wie der leichtsinnige Feldzug gegen überzeugte Polit-Veteranen, die er seinen Filmrollen gleich aus dem Weg zu räumen versucht, dabei aber die Grundfeste der völkischen Politik Kaliforniens launisch und ohne den entsprechenden Background missachtet. Und auch hier wird Schwarzenegger in Hujers Text nicht bloß an seinen durchaus spürbaren Erfolgen gemessen, sondern in erster Linie an den radikalen Umbrüchen und seiner Überzeugung, überall noch größer und besser sein zu können – und das eben auch mit manch unangenehmem Hintertürchen!

_Zum Ende hin_ spannt der Autor schließlich den Bogen zu seinem gewagten Vorwort und bringt den Personenkult, der nach wie vor um Schwarzenegger betrieben wird, noch einmal auf den Punkt, allerdings mit einem völlig gewandelten Verständnis für das, was Schwarzenegger ist. Hujer hat begriffen, warum die Geschichte um den heutigen Gouverneur von Kalifornien mehr ist als bloß ein mediales Phänomen. Er hat sie haargenau gespürt und gelebt, die Atmosphäre um den einstigen Körpergiganten, seine Lebenseinstellung und seine immer noch konsequente und manchmal auch größenwahnsinnige Art. Und genau diese Erfahrung hat er dem Leser auch geschenkt und mit auf den Weg gegeben, dies eindrucksvoll erzählt und fantastisch aufgearbeitet.

Skepsis soll dennoch erlaubt sein, schließlich ist und bleibt diese Figur eine, die die Gemüter auseinandertreibt und in vielen Belangen polarisiert. Aber was eigentlich viel wichtiger ist: Es lohnt, über sie nachzudenken und sich ihre Biographie anzusehen. So gewöhnlich sie eigentlich ist, so außergewöhnlich wirkt sie in der Inszenierung von Marc Hujer. Insofern ist die Empfehlung ein verdientes Lob für sechs Jahre harte Arbeit und aufopferungsvolle Recherche. Vielleicht auch, weil Biographien über Personen, deren zwiespältiger Charakter nicht zwingend ansprechend ist, oftmals die besten sind …

|Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
ISBN-13: 978-3421044051|
[www.randomhouse.de/dva]http://www.randomhouse.de/dva

Strasser, Patrick – Hier ist Hoeneß!

_Es ist eigentlich paradox._ Jahrelang gehörte Uli Hoeneß zu den schillernden Gestalten der deutschen Fußballwelt, polarisierte ständig mit Statements und Äußerungen über die Stellung ‘seines‘ FC Bayern, galt als Haarspalter der deutschen Ballsportnation, wurde für seine legendären Wutreden und seinen permanenten Hitzkopf auch wieder als Kultobjekt gefeiert. Nun, was ist jetzt paradox? Definitiv die Tatsache, dass der Mann, der sich mit seinem Übergang in das Präsidentschaftsamt des größten deutschen Interessenvereins im Prinzip in den Vorruhestand begeben hat, plötzlich in der hiesigen Literatur so umfassend gewürdigt wird. Christoph Bausenwein hat unlängst mit der sehr ausführlichen Biografie „Das Prinzip Uli Hoeneß“ erfolgreich vorgelegt und ein klares Zeichen in Sachen Persönlichkeitsbeschreibung für den deutschsprachigen Markt gesetzt. Mit anderen Worten: Viel besser, detaillierter und wortgewandter kann man eine objektive Geschichte über einen solch komplex gestrickten Menschen kaum zusammentragen.

Patrick Strasser hat es daher ungleich schwerer, mit seinem Werk „Hier ist Hoeneß!“ Fuß zu fassen und den vielleicht nicht beabsichtigten, aber unvermeidlichen Konkurrenzkampf ohne Blessuren zu überstehen. Alleine schon die reduzierte Quantität macht ihm einen klaren Strich durch die Rechnung, da er auf den gut 300 Seiten nicht alle pikanten Themenbereiche anreißen kann, die im Zusammenhang mit dem einstigen Bayern-Manager wirklich belangvoll sind. Außerdem konzentriert sich Strasser nicht auf die gesamte Historie, sondern folgt in seiner Abhandlung nahezu ausschließlich brisanten Inhalten und den insgesamt wohl bekannteren Ausschnitten aus der persönlichen Biografie – knackig und bündig, fokussiert mag man auch sagen. Aber ist das dann auch noch der wahre Hoeneß, der sich hier zu Wort meldet?

Nun, die Antwort muss im Nachhinein ebenfalls ganz klar Ja lauten. Strassers Arbeit ist definitiv oberflächlicher, man mag auch sagen sensationslüsterner, deswegen aber kaum weniger lesenswert, zumindest als unabhängiges Werk. Die gesamte Aufteilung bringt einen komplett anderen Blick auf die Dinge, da nicht im klassischen Zeitraffer berichtet wird, sondern mit dem jeweiligen Schwerpunkt auf bestimmte Verhaltensweise und Konfliktpunkte. So stellt Strasser im Laufe seiner Schilderung im Kapitel „11 Feinde müsst ihr sein“ ein komplettes Fußballteam mit Persönlichkeiten auf, die Hoeneß in seiner Laufbahn zu hassen gelernt hat. Dies zunächst als Beispiel. Doch auch sonst handelt der Autor vollkommen themenbezogen und beschreibt einerseits die gute Seele des stets hochroten Enthusiasten, andererseits aber auch seine Einstellungen zu klassischen Management-Themen oder eben auch die wohlbekannte Hitzköpfigkeit, die ihm schon die verschiedensten Titel in mehr als 30 Jahren beim FC Bayern eingebracht hat.

Nur, und da würde man dem Werk seines Kollegen Bausewein jederzeit den Vorzug geben: Den Anspruch, das Leben dieses Menschen komplett erfasst zu haben, seinen Lebensweg im Anschluss verstehen zu können und vor allem den Charakter mit all seinen Facetten in den Blickpunkt gerückt zu haben, sollte Strasser an sein Buch nicht haben. Es geht eher darum, das mediale Interesse an Hoeneß zu beurkunden, herauszustellen, warum dieser Mann selbst in Zeiten jenseits von Gut und Böse eine der gefragtesten Persönlichkeiten in der TV- und Boulevardlandschaft geblieben ist, letzten Endes aber auch sein verwöhntes Erfolgsstreben an festen Eckpunkten zu dokumentieren und den postwendenden Erfolg in seiner allgemeinen Kontrastwirkung zu analysieren.

_Wo Bausewein vorrangig Infotainment_ auf höchstem Niveau bietet, geht es bei Strasser um die pure Unterhaltung, oftmals angeheizt durch einen gewissen Zynismus, zugleich aber auch von humorigen Passagen und eleganten Wortspielereien untermalt. Außerdem spürt man, dass der Autor eine bestimmte Distanz zu der beschriebenen Person hat und sich ihr zwar verbunden fühlt, aber dennoch auch ein kritisches Augenmerk auf gewisse Situationen und Lebensabschnitte von Herrn Hoeneß legt. Die Daum-Affäre beispielweise wird kurz hervorgehoben, dann natürlich das kritische Verhältnis zu Intimfeind Willi Lemke, schließlich aber auch die Verdienste für den Verein, die persönliche Nähe zu Fans und Spielern und als allerletztes auch die ununterbrochenen Auseinandersetzungen mit den Herrschaften Rummenigge und Beckenbauer, die vor allem die letzten Jahre am Kaiserhof geprägt haben. Erstaunlich hierbei ist im Übrigen, dass Karl-Heinz Rummenigge als einer der engsten Vertrauten und Freunde vorgestellt wird, wohingegen in Bauseweins Buch noch von einer kleinen Hassliebe die Rede ist, im Zuge derer sich Hoeneß vom Bayern-Vize in seiner Position stets gefährdet sieht – andere Blickwinkel, andere Meinungen.

Doch gerade Letzteres gibt am Ende doch den Ausschlag pro Strasser, selbst wenn man in „Das Prinzip Uli Hoeneß“ eigentlich schon alles Wissenswerte über den Menschen und die Karriere des vielleicht gewieftesten wie emotionalsten deutschen Geschäftsmannes erfahren hat. Hier und dort geht „Hier ist Hoeneß“ ein bisschen mehr in die Tiefe und liefert die nötigen Ergänzungen zu manchen kleinen Details. Aber auch das ist wichtig: Patrick Strasser schreibt letzten Endes eine Ergänzung, die als eigenständiges Werk sicher ganz gut funktioniert, für eine umfassende Biografie aber zu sehr an der Oberfläche bleibt, zumindest in vielen bedeutsamen Aspekten. Vergleichbar sind die beiden Hoeneß-Bücher daher nur in den vielen inhaltlichen Parallelen. Da man aber jeweils von einem völlig anderen Ansatz startet, sollte man schon beide gelesen haben, um das Phänomen Uli Hoeneß besser begreifen zu können. Muss man sich indes entscheiden, ist Bauseweins Arbeit aufgrund ihrer vermehrten Vielschichtigkeit sicher vorzuziehen!

|Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
ISBN-13: 978-3868830484|
[www.rivaverlag.de]http://www.rivaverlag.de

Leacock, Matt – Im Wandel der Zeiten – Bronzezeit (Gesellschaftsspiel)

Es ist eine immer gängiger werdende Masche, erfolgreichen Brettspiel-Arrangements noch ein paar kleine Geschwister in Form von Karten- und Würfelspielen nachzureichen. Der Erfolg hierbei ist jedoch bislang vor allem bei den Würfeln nicht ganz so groß, ausgehend vom recht schwachen Pendant zu „Die Siedler von Catan“ bis hin zum ordentlichen, aber sicherlich nicht revolutionären Äquivalent zu „Der Palast von Alhambra“. Auch im Hause Pegasus hat man sich des Rezepts bedient und dem letztjährigen Erfolgstitel „Im Wandel der Zeiten“ nun einen Partner zur Seite gestellt. Und wie auch bei seinen Vorgängern gilt: Viele gute Ideen, aber in der finalen Umsetzung noch nicht ganz ausgereift!

_Spielidee:_

Weniger als eine Stunde reicht schon aus, um eine ganze Zivilisation zu entwickeln und ihr den basischen Grundstock zu verpassen – zumindest spielerisch. In „Im Wandel der Zeiten – Bronzezeit“ müssen Arbeiter engagiert werden, um Städte und Monumente zu errichten und somit auch das Prestige fortzuentwickeln. Gleichzeitig muss Nahrung herangeschafft werden, um die anwachsende Bevölkerung zu versorgen und Katastrophen aus dem Weg zu gehen. Wem es schließlich gelingt, die fortschrittlichste Zivilisation zu entwickeln und dabei die drohenden Gefahren zu umgehen, trägt am Ende den Sieg davon.

_Spielmaterial:_

24 Marker
7 Würfel
4 Steckbretter
4 Übersichtstafeln
1 Block mit Wertungsbögen

Beim Spielmaterial hat man sich wirklich Mühe gegeben; die Holztafeln, auf denen die einzelnen Leisten für Rohstoffe und Nahrung in Form eines Steckbretts angelegt sind, sind nicht nur übersichtlich, sondern auch in der Verarbeitung liebevoll gestaltet. Die Würfel wiederum kommen im schicken Design und gliedern sich hierbei den Wertungsbögen an, auf denen auch nochmal haarklein alle Details des Spielablaufs und mögliche Eventualitäten aufgeführt und erklärt sind. Schade ist vielleicht, dass kein Würfelbecher enthalten ist. Andererseits wäre dies aus praktischen Gründen – 7 Würfel in einem Becher sind wohl zu viel des Guten – auch verständlich!

_Spielvorbereitung:_

Jeder Spieler erhält zu Beginn einer Partie ein Steckbrett mit den jeweiligen Rohstoffmarkern und einen Wertungsbogen mit einer Übersichtstafel. Die Marker werden in den jeweiligen Leisten auf den Nullpunkt gesetzt. Einzige Ausnahme: Man besitzt zu Beginn bereits drei Nahrungseinheiten, damit man seine drei Städte in der ersten Runde auch versorgen kann. Nachdem der Startspielerposten markiert wurde und die Namen eingetragen sind, beginnt das Spiel.

_Ablauf:_

„Im Wandel der Zeiten – Bronzezeit“ gliedert sich insgesamt in acht kurze Spielphasen, die jedoch mehr oder weniger zusammenhängend ausgeführt werden. Zunächst einmal würfelt man mit drei Würfeln – einen für jede Stadt, die man besitzt. Baut man seine Zivilisation später aus, kommen noch weitere Städte hinzu, was aber auch bedeutet, dass pro Runde mehr Nahrung herangeschafft werden muss. Auf den Würfeln befinden sich nun Symbole für Nahrung, Rohstoffe und Arbeiter, das Katastrophensymbol sowie eine Auswahlmöglichkeit zwischen Nahrung und Arbeitern. Runde für Runde steckt man in dieser ersten Phase nun seine Prioritäten ab und überlegt, wie viel Nahrung man benötigt, inwiefern es Sinn macht, eine neue Stadt zu bauen, oder ob man doch auf Rohstoffe setzt, um diese später in wertvolle Errungenschaften zu investieren. Jeder Spieler darf nach Kniffel-Prinzip bis zu dreimal würfeln und seine Würfel beliebig liegen lassen bzw. wieder neu würfeln. Lediglich die Katastrophen-Symbole dürfen nicht mehr aufgenommen werden und kommen auf jeden Fall in die Wertung.

Im Anschluss an das Würfeln sortiert man seine Symbole und sammelt nach festgelegter Reihenfolge Waren und Nahrung ein und versorgt anschließend die Städte mit Futter. Sollten Katastrophen erwürfelt worden sein, werden diese nun ausgewertet. Bei einem Symbol geschieht noch nichts, ein zweites bringt bereits zwei Minuspunkte, ein drittes fügt lediglich dem Gegner Schaden zu, während weitere Symbole schließlich den absoluten Supergau bewirken. Das Risiko beim erneuten Würfel ist daher relativ groß, kann aber natürlich auch belohnt werden, da man einerseits doppelt Rohstoffe bekommt und womöglich auch dem Gegner schaden kann. Das „Kniffel“-Prinzip greift also hier auch in Sachen Risikobereitschaft.

Wer beim Würfeln auch Arbeiter erwirtschaftet hat, kann diese nun zum Bau von weiteren Städten und Monumenten einsetzen. Jede weitere Stadt ist in ihrem Baupreis natürlich teurer, Monumente hingegen variieren im Arbeitereinsatz nach ihrem späteren Wert. Hier entscheidet man sich schließlich für Sicherheit (Städte -> mehr Würfel) oder Risiko (Monumente -> Bonuspunkte bei der Siegpunktvergabe), wobei der aktuelle Spielstand hier eine Rolle spielt. Als Letztes hat man die Möglichkeit, seine Rohstoffe in Errungenschaften umzuwandeln. Dies bringt einerseits Siegpunkte, andererseits aber auch Zusatzeigenschaften wie ein Schutz vor Katastrophen, Bonus-Nahrung beim Würfeln, etc. Außerdem kann man das Spiel nach dem Erwerb der fünften Errungenschaft vorzeitig beenden – ebenfalls eine taktische Alternative. Nach seinem Zug muss man noch Waren quasi als Steuern zurückzahlen. Es ist erlaubt, bis zu sechs Waren zu besitzen, es sei denn man besitzt die entsprechende Errungenschaft, die dieses Limit aufhebt. Anschließend gibt man an den linken Nachbarn ab.

Das Spiel ist schließlich zu Ende, wenn a) fünf Errungenschaften an einen Spieler gegangen sind oder b) jeder Monumententyp einmal errichtet ist Anschließend folgt die Wertung, bei der Punkte für Städte, Errungenschaften und Monumente addiert bzw. Minuspunkte für die Katastrophen subtrahiert werden. Derjenige Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.

_Persönlicher Eindruck:_

„Im Wandel der Zeiten – Bronzezeit“ ist im Aufbau ein sehr gutes Würfelspiel mit vielen Optionen und vielen Analogien zum gleichnamigen Brettspiel, im Konzept aber dennoch eigenständig und mit diversen interessanten Ansätzen bestückt. Dies vorab zum positiven Eindruck dieses Spiels. Auf der anderen Seite sind manche Mechanismen nicht ganz ausgewogen umgesetzt, was die taktische Tiefe des Äquivalents maßgeblich beeinträchtigt. So ist es zum Beispiel absolut nicht ideal gelöst, ein Spiel bereits nach fünf Errungenschaften zu Ende bringen zu können. Plump gesagt: Das geht viel zu schnell! Sinnvoller wäre gewesen, den Preis für die Errungenschaften zu erhöhen oder dieses vorschnelle Ende nicht auf diesem Wege zu ermöglichen. Der Bau der Monumente bzw. der Ausbau des eigenen Städteimperiums avanciert dadurch nämlich zur Nebensache, die für das Spielkonzept und auch für die Wirkung nicht mehr wirklich relevant ist – mehr gibts nicht zu meckern, doch das alleine ist schon ausreichend, um die Gesamtwirkung von „Im Wandel der Zeiten – Bronzezeit“ herabzusetzen und den strategischen Anteil gleichsam zu schmälern.

Kurzum: Es wäre Einiges mehr drin gewesen, hätte man die Bedingungen, das Spiel zu beenden, vorab modifiziert. Dies kann man natürlich nachträglich manuell erledigen, doch das sollte nicht Sinn der Sache sein. Dennoch: Im Vergleich zu den meisten Titeln seiner Art hat „Im Wandel der Zeiten“ ganz klar die Nase vorn.

|Würfelspiel für 1-4 Spieler ab 8 Jahren
Spieldauer: 30-45 Minuten
ASIN: B002I61PKS|
[www.pegasus.de]http://www.pegasus.de

Gloge, Andreas / Sassenberg, Volker – Point Whitmark: Der Seelenkünder (1/2) (Folge 29) (Hörspiel)

Der Hörspielmarkt boomt wie selten zuvor; neue Serien schießen wie Pilze aus dem Boden, etablierte Reihen finden immer mehr Zulauf, und während man vor lauter Auswahl schon fast den Überblick verliert, sind die Produktionsteams in der Pflicht, ihren bisherigen Meisterstücken immer noch eins draufzusetzen. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich in letzter Zeit allerdings auch eine Unsitte eingespielt, die in der Draufsicht sicherlich gar nicht mal so schlecht wirkt, bei näherer Betrachtung aber lediglich in den seltensten Fällen auch wirklich effektiv ist. Die Rede ist von Doppelfolgen, denen man zwar zutrauen darf, einen etwas komplexeren und breiteren Epos zuzulassen, die jedoch auch die Unart mit sich führen, phasenweise über echte Längen zu verfügen. Nach 28 straffen Episoden ist nun auch „Point Whitmark“ mit einem solchen Zweiteiler beehrt worden. Und siehe da: Einige der bekannten Probleme treffen auch auf „Der Seelenkünder“ zu!

_Story:_

Im benachbarten Hafenstädtchen Casa Vargas veranstalten Jay, Tom und Derek eine außergewöhnliche Radioshow in der direkten Nähe des Strands. Das Trio hat sich eine menschliche Nachahmung des einstigen Hofastronomen Ramiro Luiz del Santos geangelt, der das Publikum mit einigen Tricks und mystischen Darbietungen bei Laune halten soll. Doch während seines Auftritts geschieht etwas Unfassbares: Jay verschwindet plötzlich spurlos, während die Nebelmaschine ihren Betrieb beschleunigt. Und als die beiden Freunde ihn wiederentdecken, steht er immer noch unter Hypnose und verhält sich völlig eigenartig. Erst nach einiger Zeit kommen Tom und Derek wieder an ihn heran und nutzen die Trance zu ihrem Vorteil. Doch zu diesem Zeitpunkt ist ihnen bereits klar, dass ihr Pseudo-Astronom eine viel elementarere Rolle spielt als die des Entertainers. Stattdessen ist er auf der Suche nach dem schwarzen Okular, mit dessen macht man seine Mitmenschen angeblich beherrschen soll. Und offensichtlich hat das Artefakt seine Wirkung bei Jay bereits hinterlassen …

_Sprecher:_

Erzähler – Jürg LöwJay Lawrence – Sven Plate
Tom Cole – Kim Hasper
Derek Ashby – Gerrit Schmidt-Foss
Ramiro Luiz des Santos – Bodo Henkel
Inquisitor – Gerald Paradies
Arturo – Dominik Freiberger
Cesar Uria – Holger Michel
Nestor Benitez – Bert Stevens
Percy Briggs – Günter Burchert

Idee & Konzeption: Volker Sassenberg
Drehbuch: Andreas Gloge & Volker Sassenberg
Regie: Volker Sassenberg
Musik: Matthias Günthert, Volker Sassenberg, Markus Segschneider, Manuel Rösler
Ton & Schnitt: Volker Sassenberg & Marc Sander
Tonassistenz: Ramona Heinisch
Illustration: Ingo Masjoshusmann

_Persönlicher Eindruck:_

Nach dem mystischen, mittelalterlichen Intro steigen die Erwartungen an die neue „Point Whitmark“-Episode bereits exponentiell; der Querverweis in das Spanien des 17. Jahrhundert, dazu ein paar undurchdringliche Informationen, und schon ist die Grundlage für ein neues Abenteuer geschaffen. Allerdings hat Regisseur Volker Sassenberg diese Einleitung nur pro forma vorangeschoben, ohne im späteren Verlauf noch einmal näher darauf einzugehen – obschon ein gewisser Querverweis auf jene Ära in der Thematik der Handlung begründet ist. Stattdessen lässt er seine drei Helden Jay, Tom und Derek mit Vorliebe zum Zuge kommen und bereitet im Eiltempo die nächste Grundlage, auf der nun die tatsächliche, aktuelle Story fußt.

Und es geht in den nächsten Minuten enorm temporeich vorwärts; das Verschwinden von Jay, der Unfall bei der Radioshow, die nebulösen Bekanntschaften, die Tom und Derek innerhalb von wenigen Minuten machen und schließlich das eigenartige ‚Comeback‘ ddes Freundes, dessen Trance-Zustand schließlich den Ausschlag für die weiteren Ermittlungen der drei Hobbydetektive gibt. So weit, so gut. Jedoch ist das Problem mit den oben angeführten Längen trotz des ordentlichen Tempos relativ bald gegeben; die Handlung windet sich um ihren eigentlichen Kern und gibt zahlreiche Infos über das Okular und seine mögliche Herkunft, entwickelt sich aber auch mit durchgetretenem Gaspedal nicht so recht vorwärts. Immer wieder kehrt man zum Ausgangspunkt zurück, und auch wenn die Rollen der einzelnen Figuren mit wachsender Spieldauer klarer werden und auch der Background ein Stückweit gelüftet wird, hat man mehrfach das Gefühl, dass hier inhaltlich einiges gestreckt wurde, damit der Rahmen eines Zweiteilers auch nie gefährdet wird.

Der Plot hat indes genügend Potenzial, begründet durch die Thematik, schließlich aber auch durch die fantastische Performance der handelnden Akteure. Vor allem Sven Plate als verwirrter Jay Lawrence spielt seinen Part formidabel und glaubhaft und steht an der Spitze einer guten Teamleistung, die auch von Bodo Henkel und Dominik Freiberger in den Nebenrollen gut ausgekleidet wird. Nichtsdestotrotz könnte man einige Passagen womöglich kompakter ausfüllen und sich in der Breitenauslegung der Story ein wenig einschränken, damit der Fokus noch deutlicher herausgearbeitet wird. Dies macht sich vor allem dadurch bemerkbar, dass Erzähler Jürg Löw häufig ins Geschehen eingreift und mit einigen längeren Überleitungen das ausführt, was die Action alleine nicht mehr leisten kann. An der wirklich gut inszenierten Atmosphäre ändert dies Gott sei Dank nichts, wobei hier vor allem die jederzeit passend eingesetzten Effekte und die prima Soundkulisse eine bedeutsame Rolle spielen. Und trotzdem: Ohne das Projekt ‚Doppelfolge‘ als solches zu verurteilen, hat man im Gefühl, dass man hier in einigen Passagen direkter hätte agieren können.

Nichtsdestotrotz hat „Point Whitmark“ nun einmal einen Standard etabliert, den auch der erste Teil von „Der Seelenkünder“ problemlos halten kann. Womöglich wird die Fortsetzung, die nach einem nicht ganz so geschickt platzierten Cliffhanger angesetzt wird, auch die kleinen Schwierigkeiten der ersten Episode kaschieren können. Das Thema ist jedenfalls interessant, die Performer bestens aufgelegt und die atmosphärische Darstellung ebenfalls wieder stark. Fehlt nur noch ein wenig Zielstrebigkeit, damit die Kritik schnell wieder kaschiert werden kann!

|Audio-CD mit 64 Minuten Spieldauer
Empfohlen ab 8 Jahren
ISBN-13: 978-3-8291-2323-5|

_|Point Whitmark| bei |Buchwurm.info|:_
Folge 1: [„Die Bucht der 22 Schreie“ 5128
Folge 2: [„Die rote Hand des teufels“ 5256
Folge 22: [„Die blutenden Schlüssel“ 4793
Folge 23: [„Der Duft der Finsternis“ 5058
Folge 24: [„Am Tag der großen Flut“ 5410
Folge 25: [„Die fiebrigen Tränen“ 5551
Folge 26: [„Die Diener der Pest“ 5743
Folge 27: [„Eiland der Gespenster“ 5817
Folge 28: [„Der leere Raum“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6175

Fünf Freunde und das rätselhafte Sternbild (Folge 87)

_Story:_

Da Onkel Quentin sein Felsenhaus in diesem Sommer für sich beansprucht, verbringen die Fünf Freunde ihre Ferien ausnahmsweise bei Tante Fanny in Greenwich. Dort lernen sie alsbald Maxi, die Tochter eines Astronomen, kennen, die ihren neuen Freunden kurzerhand die wichtigste Errungenschaft ihres Städtchens, die berühmte Sternwarte, näher bringt. Doch der Besuch im Observatorium bringt einen skandalösen Fund: Eine der wichtigsten Sternkarten wurde anscheinend entwendet und durch eine spiegelverkehrte Kopie ausgetauscht. Maxi und die Feriengäste begeben sich rasch auf die Suche nach dem offensichtlich entwendenden Sternbild und reisen hierzu selbst zur berüchtigten Universität von Oxford, wo neue Spuren den Täterkreis einengen. Doch während die sechs Gefährten verdeckt ermitteln, kommt ihnen ständig die Aufseherin, Mrs. Harison, in die Quere. Ob sie womöglich ebenfalls in den Diebstahl involviert ist?

_Sprecher:_

Erzähler – Lutz Mackensy
Julian – Ivo Möller
Dick – Jannik Endemann
Anne – Theresa Underberg
George – Alexandra Garcia
Tante Fanny – Ursula Sieg
Loreena – Anja Topf
Maxi – Julia Fölster
Mr. lassell – Jürgen Holdorf
Mrs. Harison – Claudia Schermutzki
Sekretärin – Rhea Harder
Pförtner – Volker Bogdan
Guide – Wolfgang Kaven

Buch: Katrin Dorn
Redaktion: Hilla Fitzen, Wanda Osten
Produktion und Regie: Heikedine Körting
Effekte: André Minninger
Musik: Tonstudio EUROPA

_Persönlicher Eindruck:_

Man muss sich einfach wiederholen: Die „Fünf Freunde“ sind wohl derzeit die lebendigsten Seriendarsteller aus dem Hause Europa, zumindest was die klassischen Reihen aus der wohl wichtigsten Hörspiel-Schmiede der vergangenen Jahre betrifft. Mit der 87. Episode hat man kürzlich ein weiteres, richtig spannendes Schmankerl aufgelegt, welches sich thematisch auf „Fünf Freunde“-Neuland begibt, einige interessante neue Darsteller einführt, aber auch in Sachen Story-Arrangement absolut rund ist und selbst im durchschaubaren Mittelteil bzw. im vorhersehbaren Finale kaum Wünsche offen lässt. „Fünf Freunde und das rätselhafte Sternbild“, dies sei bereits vorweggenommen, wird keinen Liebhaber von Enyd Blytons berüchtigten Charakteren enttäuschen!

Die Geschichte um die Sternwarte zeichnet sich hierbei einmal mehr durch ein angenehm hohes Tempo und eine durchweg engagierte Leistung auf Seiten der Sprecher aus. Episode Nr. 87 bringt viele bekannte Sprachtalente auf den Plan, die ambitioniert, teilweise sogar schon fast übermotiviert an ihren Job herangehen, wie in diesem Falle Julia Fölster, die ihren Part als Maxi mit dem gleichen jugendlichen Hochmut ausfüllt, den man zuletzt noch bei den aktuellen Folgen von „TKKG“ kritisiert hatte – nur eben mit dem Unterschied, dass die Wirkung hier ungleich positiver ist.

Inhaltlich ist die Sache souverän über die Ziellinie gebracht, wobei man kritisch anmerken darf, dass der Plot relativ bald durchschaubar ist und man die Übeltäter ziemlich schnell entlarvt hat. Dies tut dem Spannungsaufbau aber keinen Abbruch, da „Fünf Freunde und das rätselhafte Sternbild“ nebenbei ein ganz ordentliches Infotainment bietet und vor allem das jüngere Publikum mit einem guten Mix aus spannendem Kriminal-Hörspiel, Abenteuerreise und Explorationsdurst füttert. Die wirklich sehr gut gelungenen Charakterzeichnungen sind zudem ein nennenswerter Bonus, der sich auch auf die Nebendarsteller ausweitet, wenngleich besagte Maxi mit ihrem besserwisserischen Gehabe vielleicht ein grenzwertiger Fall ist. Andererseits bringt ihr Part eine Menge Leben in die Story und in die allgemeine Inszenierung, so dass man an dieser Stelle von einer zu scharfen Kritik absehen sollte.

Erwähnenswert ist schließlich auch noch die gute Einbindung des Erzählers; Lutz Mackensy hält sich angenehm zurück, bringt entscheidende Hinweise, trägt die Last der Geschichte aber keineswegs zu deutlich auf seinen Schultern. Die Prioritäten sind gut auf die einzelnen Charaktere verteilt, was sich in sehr lebhaften Dialogen, einer generell sehr ausgewogenen Interaktion und einer, im Hinblick auf die Effekte, deutlichen Reduzierung von Nebengeräuschen.

Schlussendlich erhält man mit Folge 87 ein typisches „Fünf Freunde“-Hörspiel mit Wurzel-Charakter; denn auch wenn die Sprache angepasst wurde, ist „Fünf Freunde und das rätselhafte Sternbild“ ähnlich prickelnd wie die Sternstunden der Anfangszeit!

|Audio-CD mit 55 Minuten Spieldauer
Empfohlen ab 6 Jahren
ASIN: B003EADFPK|
[www.natuerlichvoneuropa.de]http://www.natuerlichvoneuropa.de

_Die |Fünf Freunde| bei |Buchwurm.info|:_
[„… verfolgen den Wilderer (Folge 74)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4674
[„… und die verlorenen Blüten (Folge 86“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6365

Göllner, Marco – Schwestern der Gnade (Dorian Hunter 11) (Hörspiel)

_Story:_

Dorian Hunters Frau Lilian soll endlich von ihrem Leiden befreit werden und wird auf Geheiß ihres Gatten in das Sanatorium von Dr. Demming eingewiesen, der feststellen soll, ob Lilian je wieder in der Lage sein wird, ein normales Leben zu führen. Doch in der Heilanstalt gehen merkwürdige Dinge vor sich, und als Lilian beobachtet, dass ein schwarzer Engel umhergeht und die Insassen der Nervenklinik tötet, kommt auch Dorian wieder ins Spiel.

Unter verdecktem Namen lässt er sich in der Person des Gary Stack ebenfalls einweisen und wird Zeuge der grausamen Ereignisse, von denen der Oberarzt aber anscheinend gar nichts wissen mag. Weitere Morde folgen, und als Dorian alias Gary endlich klarsieht und nach Hilfe ruft, wird er wegen seiner angeblich wahnhaften Vorstellungen vom Personal nur müde belächelt. Erst als ihm klar wird, dass nicht nur der Doktor, sondern auch einige Schwestern ein falsches Spiel treiben, sieht sich Hunter genötigt, zu einigen persönlichen Geheimwaffen zu greifen – und den Verrückten tatsächlich überzeugend zu mimen …

_Persönlicher Eindruck:_

Nach der epischen Doppelfolge aus dem Mittelalter ist Dorian Hunter in der elften Episode der Hörspiel-Serie wieder in der Gegenwart angekommen und wird dort auch wieder von der harten familiären Realität getroffen. Seine Frau steht erneut im Fokus, und ihre Krankheit beschäftigt den Dämonenjäger mehr als alles andere. Doch die Lösung des Problems bringt nur noch mehr Schwierigkeiten – und in null Komma nix ist ein neuer Komplex aufgerissen, der sich bis zu den Anfängen der Geschichte erstreckt.

Genauer gesagt wird man sogar an das Debüt herangeführt, in dem Lilian Hunter ebenfalls eine tragende Rolle spielte und in dem der Wahnsinn, der sie umgibt, zum ersten mal erwähnt wurde. Nach wie vor ist sie besessen und benötigt dringend Hilfe, um aus ihrem nervlichen Unheil entfliehen zu können. Und immer noch steht der sonst so souveräne Hunter diesem Umstand nahezu hilflos entgegen und sucht händeringend nach Möglichkeiten, dieses Dilemma endgültig zu besiegen.

Doch die Beziehung der beiden steht letzten Endes nicht im Mittelpunkt des aktuellen Hörspiels „Schwestern der Gnade“. Vielmehr präsentiert sich die Reihe an dieser Stelle als rasanter Fantasy-Krimi, der den inhaltlichen Wahn in eine atmosphärisch völlig eigenwillige Geschichte ummodelliert und ihn dazu nutzt, eine größtenteils durchgedrehte Stimmung zu produzieren, von der die Story aber maßgeblich profitiert. Wenn die beiden seltsamen Schwestern Mercy und Hercy beispielsweise von ihren Vorlieben für bestimmte Teesorten schwadronieren, hat dies einen völlig zynischen Charakter, der die Handlung als solche auch sehr gut beschreibt.

Hunters Action-Vorlieben kommen dementsprechend häufig zur Geltung, selbst wenn die vielen Szenen, die einem flotten Arrangement bedürfen, nicht direkt mit einer temporeichen Action-Sequenz gekoppelt werden. Das blühende Leben in „Schwestern der Gnade“ geht letzten Endes nämlich zu einem mindestens gleichwertigen Teil von den außergewöhnlichen Dialogen aus, die nicht nur inhaltlich sehr stark sind, sondern auch in der Performance das mitunter beste sind, was der Hörspiel-Markt derzeit zu bieten hat – und das lässt sich allgemein auch für den „Dorian Hunter“-Backkatalog bestätigen. Die Leistung in Folge 11 sind durchaus Referenz.

Die Story selbst glänzt in allen relevanten Eckpunkten, hält die Spannung ungewöhnlich lange auf dem Extrem-Niveau und ist von zahlreichen Wechseln und Überraschungen gezeichnet. Die Atmosphäre ist dabei das Sahnehäubchen und windet sich wie ein Chamäleon durch sämtliche Stimmungen, ist düster, dann wieder einfach nur mitreißend, schließlich aber auch bedrückend und zwischenzeitlich von ironischer Natur – ganz so, wie die Story es permanent einfordert. Dass offene Ende ist zu guter Letzt keine große Neuerung mehr, sondern steigert die Vorfreude auf all das, was unter dem Titel „Dorian Hunter“ noch passieren wird. Allerdings wird man sich in künftigen Produktionen ziemlich anstrengen müssen. Die Messlatte, die mit „Schwestern der Gnade“ gesetzt wurde, liegt wirklich immens hoch!

_Sprecher:_

Dorian Hunter – Thomas Schmuckert
Lilian Hunter – Iris Artajo
Dr. Demming – Peter Matic
Schwester Hercy – Luise Lunow
Schwester Mercy – Jessy Rameik
Arnie – Stefan Fredrich
Marvin Cohen – Frank Gustavus
Gene Hallowell – Eckart Dux
Deborah Ashton – Kirstin Hesse
John Storm – Jörg Reichlin
Danny Dean – Leonhard Mahlich
Kitty – Simona Pahl
Trevor Sullivan – Konrad Halver
Coco Zamis – Claudia Urbschat-Mingues
Donald Chapman – Frank Felicetti
Phillip Hayward – Tim Kreuer
Sekretärin – Anette Gunkel

Aufnahmen: Alexander Rieß & Bruno Guozzi
Produktion: Dennis Ehrhardt, Zaubermond Verlag
Skript, Regie und Tonproduktion: Marco Göllner
Musik: MoorlandMusic
Titelmusik: Joachim Witt
Illustrationen: Mark Freier
Layout: Sebastian Hopf
Product Management: dp

|Audio-CD mit ca. 75 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 978-3829123792|
[www.folgenreich.de]http://www.folgenreich.de
[www.marcogoellner.de]http://www.marcogoellner.de
[www.universal-music.de]http://www.universal-music.de

_“Dorian Hunter“ bei |Buchwurm.info|:_
[„Im Zeichen des Bösen“ (Folge 1) 5432
[„Das Henkersschwert“ (Folge 2) 5477
[„Der Puppenmacher“ (Folge 3) 5585
[„Der Folterknecht – Die Nacht von Nancy“ 6382 (Folge 10, Teil 1 von 2)
[„Der Folterknecht – Hexenhammer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6384 (Folge 10, Teil 2 von 2)

Jack Slaughter 11: Im Haus des Todes

Jack Slaughter:

Folge 1: „Tochter des Lichts“
Folge 2: „Tochter des Lichts 2: Professor Dooms Erwachen“
Folge 3: „Das Tor zur Hölle“
Folge 4: „Virus in Jacksonville“
Folge 5: „Am Ende der Welt“
Folge 6: „Im Land der Vampire“
Folge 7: „Dr. Jekyll und Mrs. Hyde“
Folge 8: „Das Herr der Finsternis“
Folge 9: „Die Wurzel des Bösen“
Folge 10: „Werwolf im Schafspelz“
Folge 11: „Im Haus des Todes“

Story:

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Schacht, Michael – Hansa (Gesellschaftsspiel)

Michael Schacht gehört definitiv zu den Spielautoren, die man zwar als Insider kennen muss, dessen Titel aber bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit erlangt haben wie die Produkte der Herren Knizia oder Teuber – bis schließlich vor drei Jahren mit „Zooloretto“ der Durchbruch gelang. Drei Jahre zuvor hatte Schacht mit „Hansa“ ebenfalls via |Abacus| veröffentlicht und ein Spiel entworfen, dessen taktische Tiefe mindestens ebenbürtig zum Spiel des Jahres 2007 ist – nur eben gab es schon damals das bekannte Problem mit der Aufmerksamkeit …

_Spielidee:_

Wir schreiben das 14. Jahrhundert: Die Vorherrschaft in den Hansestädten ist hart umkämpft, während der Handel in der Ostsee blüht. Die Spieler reisen auf der Suche nach günstigen Gelegenheiten mit dem Schiff durch die See und kreieren ein Netz von Niederlassungen, um die eigene Handelsroute immer weiter auszubauen und die Präsenz zu verdichten. Waren werden gekauft, Marktstände errichtet, und genau dort später auch wieder das eigene Angebot zum Verkauf freigegeben. Doch die Wege sind begrenzt, da jede Bewegung wertvolle Taler kostet. Ziel ist es daher, das eigene Netz konstruktiv zu nutzen und auf möglichst engem Raum den Handel zu betreiben. Wer hierbei die lukrativsten Waren anschafft und gewinnbringend verkauft und somit später die meisten Siegpunkte einfährt, wird schließlich die Vorherrschaft in den Hansestädten für sich beanspruchen können.

_Spielmaterial:_

78 Warenmarken
60 Marktstände
22 Taler
4 Geldsäcke-Plättchen
1 Handelsschiff

Das Spielmaterial, ebenso wie der Spielplan, ist relativ schlicht gehalten und legt den Fokus ganz klar auf Übersichtlichkeit und eine möglichst simple Darstellung. Teilweise fühlt man sich hierbei an die alten Strategiespiel- und Wirtschaftsklassiker aus den späten 80ern und frühen 90ern erinnert, was das Design betrifft. Dies geht so weit in Ordnung, wenn man einmal von der Tatsache absieht, dass die Atmosphäre, die man bei diesem Thema erwartet, nicht ganz so dicht transferiert wird, wie es die Spieltiefe parallel hierzu einfordert. Weiterhin ist die Farbgebung bei den Warenmarken nicht so günstig, da man die rosafarbenen und orangenen Plättchen schon mal schnell verwechselt. Insofern: Optisch ist „Hansa“ nicht der Schmankerl, den man im späteren Spielverlauf kennen lernt. Aber Gott sei Dank spielt die Optik auch nur eine nebensächliche Rolle in einem wirtschaftlich motivierten Spiel!

_Vorbereitung:_

Das Spielmaterial besteht aus insgesamt 78 Warenmarken in sechs unterschiedlichen Farben. Lediglich bei vier Spielern werden all diese Marken verwendet, ansonsten wird jeweils eine Farbe pro fehlenden Mitspieler aussortiert. Die Marken werden schließlich gemischt und verdeckt auf die zugehörigen Felder der neun Städte auf dem Spielplan gelegt. Dabei bleibt ein großer Stapel übrig. Der in fünf gleichgroßen Haufen auf die dafür vorgesehene Auslage gelegt wird. Jeder Spieler erhält nun 15 Marktstände in seiner Farbe sowie einen Geldsack mit dem Startbestand von 3 Talern. Nachdem der Startspieler gewählt wurde, beginnt dieser mit der ersten Runde.

_Spielablauf:_

Der Ablauf eines Spielzugs gliedert sich in „Hansa“ in genau vier Phasen, die jedoch nicht allesamt zwingend durchgeführt werden müssen.

1. |Einkommen nehmen|

Der Spieler bekommt in jeder Runde 3 Taler, um seine anstehenden Kosten zu decken. Womöglich hat er zudem noch einen Restbestand von bis zu 3 weiteren Talern aus der Vorrunde, die er nun gekoppelt verwenden kann.

2. |Angebot auffüllen|

Im Laufe des Spiels werden die angebotenen Waren in den Städten von den Spielern aufgekauft, ohne dabei automatisch nachgefüllt zu werden. Sollte sich nun ein Spieler dazu entschließen, das Angebot wieder aufzufüllen, muss er hierzu einen Taler berappen und alle Städte mit neuen Waren bestücken.

3. |Aktionen durchführen|

Insgesamt gibt es in „Hansa“ drei elementare Aktionen, die man in den einzelnen Städten auf dem Spielplan durchführen kann – und das in beliebiger Reihenfolge. Man ist jedoch nicht verpflichtet, eine Aktion auszuführen, und kann sich die hierzu benötigten Taler auch für die nächste Runde aufsparen. Wichtig ist zudem, dass in jeder Stadt bei jedem Aufenthalt nur eine Aktion durchgeführt werden kann. Wer also in Copenhagen zweifach aktiv werden möchte, muss im gleichen Zug noch einmal in die Stadt zurückkehren.

Nun überlegt man, ob man für den Preis von einem Taler eine Warenmarke aus einer Stadt kaufen möchte, einen Marktstand in einer Stadt errichtet und dabei eine solche Warenkarte investiert oder aber Waren weiterverkauft, indem man mindestens zwei Waren einer Farbe in einer Stadt anbietet, in der man bereits einen Marktstand besitzt. Diese Aktion kostet keinen Taler, fordert aber den Einzug eines Marktstands zum eigenen Bestand. Ferner kann man den Gegnern schaden, falls man Waren verkauft, die noch in ihrer offenen Auslage auf den Verkauf warten. Für jede Farbe, die hier identisch ist, müssen die Mitspieler nämlich jeweils eine Marke abgeben.

Damit man in einer Runde mehrfach aktiv werden kann, ist es erforderlich, das Schiff weiter zu versetzen und auf den vorgegebenen Routen zu reisen. Auch diese Aktion kostet einen Taler, so dass man sich immer wieder gut überlegen muss, wie man mit seinen Finanzen haushält. Auch beim Kauf der Waren ist Abwägen an der Tagesordnung, da die Waren zum gleichen Kaufpreis einen unterschiedlichen Wert für den Weiterverkauf haben und daher stets die Frage nach der tatsächlichen Nutzen stellen muss. Ab und zu macht es nämlich auch Sinn, einen schnellen Kauf zu tätigen, damit man von einer bestimmten Farbe einen zweiten oder dritten Artikel erhält und nun die Option hat, weiterzuverkaufen. Dies ist schließlich erst ab zwei gleichfarbigen Marken möglich!

4. |Steuern und Zölle|

Wenn man nun seine Aktionen durchgeführt hat, wird festgelegt, ob man noch Gebühren für Zoll oder Steuern abgeben muss. Am Ende jedes Spielzugs darf man nämlich nur drei offene (nicht verkaufte) Waren und ebenso viele Taler besitzen. Jeglicher Überschuss geht zurück in die Spielschachtel. Anschließend beginnt der nächste Spieler und vollführt ebenfalls diese vier Spielphasen.

Sobald der letzte Stapel der noch aufzufüllenden Warenmarken angebrochen wird, spielt man die aktuelle Runde noch zu Ende. Anschließend folgt die Wertung. Für jede offene Ware erhält man jeweils einen Punkt. Verkaufte Waren bringen einen Punkt für die Marke plus jeweils einen Punkt für jedes Fass auf der Marke. Für Marktstände in einer Stadt erhält man noch einmal zwei Punkte; sollte man hier ein Monopol besitzen, sogar doppelter Punkte.

_Persönlicher Eindruck:_

„Hansa“ ist einfach ein klasse Spiel – und das sogar in der oft so ungeliebten Fassung zu zweit! Die verarbeiteten Ideen mögen zwar nicht wirklich originell sein, der strategische Aspekt ist indes so gut ausgearbeitet, dass man selbst bei klugem taktischem Vorgehen bis zum Ende hin mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen rechnen muss, bis der Sieger ermittelt wird. Ein besonderer Kniff im Spielaufbau ist hierbei, dass man seinen Zug nie zu weit im Voraus planen kann. Es besteht zwar die Möglichkeit, vage einzuschätzen, wo genau man Schwerpunkte wird setzen können, doch da man besonders in der Partie mit drei oder vier Spielern sehr schlecht überblicken kann, wo der nächste Zug beginnt (also wo das Schiff steht, von dessen Standort aus die Aktionen nur ausgehen können), muss man hier spontan mehrere Optionen parat haben, um aus einer Reaktion einen gewinnbringenden Zug zu machen – oder einfach auch mal den Mut aufzubringen, auf einen Zug zu verzichten.

Ebenfalls gut ausgewogen ist das Verhältnis von Besitz und Aktionsradius. Dadurch, dass man zum Ende einer jeden Runde Steuern abgeben muss, kommt man nie in die Position, plötzlich übermächtig zu werden und einen Alleingang vorzunehmen. Und da es schließlich auch Punkte über mehrere Varianten zu ergattern gilt, heißt eine gute Verkaufsstrategie nicht zwingend auch die Vorreiterrolle in der Schlussphase. Letzten Endes führen mehrere Möglichkeiten zum Sieg, wobei beispielsweise eine gute Verteilung von Marktständen nicht zu unterschätzen ist – oder einfach mal das Wagnis, ein paar schwächere Waren abzugreifen, da die Masse am Ende auch Punkte bringen kann.

Für Taktiker ist „Hansa“ daher auch ein gefundenes Fressen, das auch die entsprechende Tiefe und Vielfalt aufweist – und das bei einer jederzeit garantierten Übersichtlichkeit. Wäre das Design der Materialien jetzt noch etwas spektakulärer, müsste man Michael Schacht zu einer rundum perfekten Brettspiel-Produktion gratulieren. Die marginalen Abstriche bedeuten aber keinesfalls, dass der Rezensent an dieser Stelle von einer unbedingten Empfehlung Abstand nimmt. Wer nach einem vergleichsweise preiswerten Strategiespiel Ausschau hält und mehr als nur einen Geheimtipp sucht, ist bei „Hansa“ an der richtigen Adresse!

|Für 2 bis 4 Spieler
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Empfohles Spieleralter: ab 10 Jahre|
[www.abacusspiele.biz]http://www.abacusspiele.biz

Johnson, Brian – Rock auf der Überholspur

_Ein Mann und sein Auto …_ Der Leitspruch von Hasselhoffs alter Zauberkiste könnte auf kaum eine Person so genau abgestimmt sein wie auf AC/DC-Frontröhre Brian Johnson. Der Mann mit der Batschkapp, der seinerzeit das schier immens große Erbe der nach bester Rock & Roll-Manier verschiedenen Skandalnudel Bon Scott antreten durfte, stand lange Jahre im Schatten seines Vorgängers und er beiden Young-Brüder, die ihn anno 1980 zu jenen geschichtsträchtigen Auditions einluden, die wiederum langfristig zu den Aufnahmen des Klassikers „Back In Black“ führten. Und dabei war Johnson von Beginn an ein nahezu vergleichbar signifikantes Aushängeschild wie der viel zitierte Angus, nur eben dass er sich bei der Pressearbeit weitestgehend zurückhielt und lieber seinen Kollegen die großen Worte überließ. Mit der Zeit hat sich dieser Status jedoch zunehmend zugunsten des einstigen Geordie-Sängers geändert – bis dieser schließlich selber die Muße fand, seine ganz persönliche Biografie zu verfassen.

„Rock auf der Überholspur“ ist in diesem Sinne aber alles andere als eine typische Retrospektive eines namhaften Musikers. Johnson lässt zwar in den unzähligen Kapiteln seines ersten Buches viele knappe Zitate zu den Ereignissen rund um die Starkstrom-Rocker los, beschreibt im Kern jedoch nicht seine persönliche Entwicklung bzw. die Chronologie der Dinge, die den Monster-Act in die heutzutage vielleicht erfolgreichste Live-Band überhaupt verwandelt hat. Stattdessen beschränkt sich der charmante Sympathieträger auf seine Vorliebe für fahrbare Untersätze jeglicher Art und verknüpft die wichtigsten Episoden seines Lebens mit bestimmten Pkws, kultigen Oldtimern, flotten Flitzern und seinen Erlebnissen im Rennsport-Metier, die gerade in den vergangenen beiden Dekaden zum zweiten zeitraubenden Hobby des Sängers geworden sind.

Und dieser Schritt macht gleich aus mehreren Gründen Sinn, denn a) ist die Geschichte von AC/DC in zahlreichen inoffiziellen Biografie-Werken schon bis zum Abwinken durchgekaut worden, b) ist die Reportage des Arbeiterklassekinds, welches plötzlich seine große Chance bekam, auch nichts mehr, was noch irgendeinen Fan des Quintetts aus der Reserve locken könnte, und c) weiß man über Johnson und seinen medienscheuen Charakter einfach unheimlich wenig, weil er sich nie wirklich um sein Außenbild gekümmert hat – wenigstens nicht bewusst. Was liegt da also näher, als von Eskapaden auf der Rückbank zu berichten, unflätige Banausen abzustrafen, die den wahren Schatz ihrer Feuerstühle nicht richtig einzuordnen wissen, und dabei genau das nach außen zu kehren, was Johnson von jeher am meisten beschäftigt: Pferdestärken, Gleichgesinnte und darüber hinaus auch ein wenig der Rock & Roll!

_Die Art und Weise_, wie sich der Mann dabei in Szene setzt, mag natürlich hin und wieder ein wenig abgedroschen sein, was womöglich aber auch an der sehr umgangssprachlichen Übersetzung liegt. Dass hier beispielsweise manche deutschen Sprichworte verwendet werden, erscheint komisch, sichert aber den lockeren Sprachgebrauch, der auf den gut 220 Seiten garantiert ist. Lesenswert ist in diesem Sinne allerdings, dass der Autor ständig irgendwelche ziemlich abstrakten Vergleiche herzieht, um Ungeschicke oder Peinliches sinnbildlich zu beschreiben. Es ist einerseits der raue Ton der Straße, der sich hier Schritt für Schritt manifestiert, andererseits aber auch ein Gespür für humorvolle Redewendungen, deren wahrer Sinngehalt definitiv für Johnsons kreative Phantasien spricht. Kreativ kann man ja schließlich auch sein, wenn man bestimmte Begebenheiten mit den eingequetschten Genitalien eines Affen vergleicht.

Zum Beispiel … Der hohe Unterhaltungswert resultiert aber dennoch aus den kurzweiligen Texten, die immer wieder kleine Episoden aus Johnsons Leben ans Tageslicht bringen, ohne dabei den Tiefgang zu suchen oder zwanghaft das Leben mit der Band vorne an zu stellen. Lediglich Basser Cliff bekommt mehrfach sein Fett weg, da er bei der Wahl seiner Karossen stets in die Tonne greift. Ach ja, und dass Angus keinen Führerschein besitzt, möchte der Sänger natürlich auch noch einmal betonen, da diese Vorstellung für ihn einfach so absurd scheint, dass ihm für eine derartige Verschwendung eigener Ressourcen jegliches Verständnis fehlt.

Und die Autos? Oh ja, sie stellen den Löwenanteil. Aston, Bentley, Rolls Royce, zwischendurch mal ein pannenbehafteter Lotus: Brian weiß nicht nur, wovon er spricht, er hat auch schon mit allerlei Motoren Freundschaft geschlossen und Hasslieben entwickelt, ohne dabei irgendwie wählerisch zu sein. Er ist schlichtweg fasziniert vom Rennsport und der Power, die sich hinter den einzelnen Kraftfahrzeugen verbirgt und lässt dieser Leidenschaft in jedem Kapitel von „Rock auf der Überholspur“ freien Lauf. Und mehr als dies gibt er dabei so viel über sich und seinen Charakter preis, dass man spätestens mit dem unsicheren Schlusswort weiß, dass man den Menschen Brian Johnson nie besser hätte kennen lernen können, als über diesen begeisterungstüchtigen Report auf vier Rädern bzw. zwanzig Dutzend Seiten. Und da die Anekdoten nicht zwangsweise AC/DC-Stoff sind und sich nicht bloß an deren Publikum richten, muss man auch dem Universaltalent hinter diesem Buch applaudieren. Wobei: Gerade Fans der australisch-schottischen Combo sollten hier zugreifen, weil zwischen den Zeilen weitaus mehr Persönliches steht als in allen zweitklassigen Lizenzwerken um Young, Young, Williams, Rudd und Johnson! Sowohl vom Entertainment-Gehalt als auch hinsichtlich des feinen Humors ist diese „automobile Biografie“ wärmstens zu empfehlen!

|Gebunden: 220 Seiten
Mit 31 Fotos und Illustrationen
Originaltitel: Rockers and Rollers (2009)
ISBN-13: 978-3931624644|
[www.ip-verlag.de]http://www.ip-verlag.de

Ward, J. R. – Ankunft, Die (Fallen Angels 1)

_|Fallen Angels|:_
Band 1: „Die Ankunft“
Band 2: „Crave“ (erscheint auf Englisch am 05.10.2010, eine deutsche Übersetzung ist bislang nicht angekündigt)

_Es ist schon paradox_: Einerseits ist das Verlangen nach neuen Werken von Bestseller-Autorin J. R. Ward unheimlich groß, andererseits kann man sich kaum vorstellen, dass die gute Dame ihre mehrfach gekrönte „Black Dagger“-Reihe in irgendeiner Form überhaupt erreichen, geschweige denn übertreffen könnte. Ward alias Jessica Rowley Pell Bird hat das Experiment dennoch gewagt und mit „Fallen Angels“ eine neue Serie ins Leben gerufen, die sich ebenfalls mit der düsteren Fantasy beschäftigt und themenspezifisch nicht weit von ihrer Erfolgsreihe entfernt ist.

Darüber hinaus hat sich die Autorin dabei auch das Recht vorbehalten, einige Elemente aus „Black Dagger“ direkt zu übernehmen und diverse Quertendenzen transparent zu machen, um auch die Insider für ihr Durchhaltevermögen zu belohnen. „Fallen Angels“ deshalb aber lediglich als Nebenprodukt abzustufen, wäre fatal, da der neue Plot völlig eigenständig ist und auch die teils bekannten Nebendarsteller keinen größeren Einfluss auf den Verlauf der Handlung nehmen können. Doch kann „Fallen Angel“ seinem erfolgreichen Vorgänger überhaupt das Wasser reichen?

_Story:_

Jim Heron hat sein Leben mit Ach und Krach in den Griff bekommen; die finstere Vergangenheit ist überwunden und der solide Job an der Baustelle sein Basis-Standbein, welches ein erneutes Abrutschen in zwielichtige Gefilde verhindern soll. Als Heron jedoch eines Tages einen folgenschweren Unfall erleidet, scheint die neu gewonnene Hoffnung ein für allemal passé zu sein. Doch im Jenseits ereilt ihn das Schicksal zum ersten Mal von der positiven Seite.

Heron bekommt eine weitere Chance, jedoch zu einem beträchtlichen Preis. Es muss ihm gelingen, in kürzester Zeit sieben bestimmte Seelen zu retten und damit die Schlacht zwischen den himmlischen Mächten und denen des Jenseits als Lastenträger für die gute Seite zu entscheiden. Und es kommt noch dicker: Ausgerechnet sein zwielichtiger Boss Vin diPietro ist die erste Person, deren Seele für die Errettung infrage kommt.

Heron hegt nur wenig Hoffnung, dass sein Auftrag hier Erfolg haben kann, lernt diPietro dann jedoch von einer ganz anderen Seite kennen. Dessen ekstatischer Kampf für die Liebe seines Lebens und die Charakter-Qualitäten, die man dem schwerreichen Bauunternehmer absolut nicht zuschreiben würde, überzeugen Jim von seiner Aufgabe. Doch während er dem ersten Seelenpfand hinterherjagt, schmieden die Mächte der düsteren Seite bereits ihre intriganten Pläne. Und im Gegensatz zu Heron wissen sie ganz genau, mit welchen Mitteln sie an ihr finsteres Ziel kommen …

_Persönlicher Eindruck:_

Viele Parallelen, aber letzten Endes ein eigenständiger Plot. Der unvermeidbare Vergleich sollte von Beginn an für alle Ward-Fans zufriedenstellend ausfallen, da sich die Autorin kaum wiederholt, die Stärken des Vorgängers aber in vielen Passagen des neuen Auftaktbandes unterzubringen weiß. „Die Ankunft“ stützt sich auf den atmosphärischen Highlights aus „Black Dagger“, geht aber inhaltlich einen anderen, insgesamt weitaus straighteren Weg, was den Spannungsaufbau betrifft.

Statt nämlich über viele Episoden einen großen Komplex zu erstellen, legt sie die Karten in „Fallen Angels“ schon in der ersten Ausgabe auf den Tisch. Man durchschaut in groben Zügen, in welche Richtung sich der Plot entwickelt und welche Rolle die Protagonisten hierbei spielen können. Ward arbeitet schlichtweg mit mehr Transparenz und lässt dem Leser stets das Gefühl, den nächsten Schritt bereits erahnen zu können. Dennoch leidet die Spannung darunter selten, weil die entscheidenden Passagen immer noch jenes Überraschungsmoment aufweisen, welches man bereits aus besagtem Vorgängermodell kennt. Und genau damit reißt die Autorin auch heuer wieder ihr vertrautes Publikum mit.

Anderseits ist es schon erstaunlich, wie schwer sie sich gerade zu Beginn damit tut, die Story gebührend einzuführen und bei der Vorstellung ihrer Figuren auf den Punkt zu kommen. Ward inszeniert ein Verwirrspiel, dessen Ausmaß im Hinblick auf den gesamten Auftakt übertrieben wirkt und am Ende in dieser Form auch nicht mehr so recht nachzuvollziehen ist. Zwar erweckt die lang gestreckte Einleitung nicht das Gefühl, dass hier Prioritäten verschoben wurden bzw. Platz verschenkt wurde, der später fehlt, doch wünscht man sich ab und an eine kompaktere Vorgehensweise, mit deren Hilfe man schneller in die Handlung hineinkommen könnte. Diesen Vorzug gewährt Ward ihren Lesern indes nicht.

In der Gesamtübersicht ist dieser Umstand jedoch wieder zu vernachlässigen, weil die Geschichte, einmal in Fahrt gekommen, zu überzeugen weiß und auch Blickwinkel entwickelt, die in „Black Dagger“ nicht so deutlich hervorgehoben wurden. So zum Beispiel ist der Action-Anteil in der neuen Serie ungleich größer, das Tempo entsprechend höher, die Komplexität schließlich nicht ganz so stark ausgeprägt. Außerdem ist das vielzitierte Vampir-Thema nur ein Nebenschauplatz, welcher hier von der Engel-Thematik abgelöst wird, die der Story schließlich ihren Charakter verleiht und in der oberflächlichen Betrachtung das Handlungskonzept weitestgehend beschreibt. Und in diesem Zusammenhang ist die Umsetzung der Geschichte mit wachsender Dauer immer stärker, bis man sich zum Ende von „Die Ankunft“ endlich heimisch fühlt und in der vertrauten Umgebung, nämlich Wards Stilistik, die Überzeugung gewinnt, an der man nach den ersten Episoden dieses Debüts durchaus noch zweifelte.

„Fallen Angels“ mag zwar keine leichte Sache sein, im Gegenteil sogar eher eine Herausforderung, die an den erschwerten Vorbedingungen gemessen wird, aber schlussendlich doch ein lohnenswertes Werk, welches Wards Extravaganz zumindest schon einmal andeutet. Wenn auf die Pflicht nun in einer der noch folgenden Ausgaben auch die Kür folgt, wird man die Einstiegsprobleme sicher auch schnell wieder vergessen können. Bis dahin sei gesagt, dass „Der Ankunft“ ein lesenswerter, aber definitiv noch nicht überragender Fantasy-Roman mit bodenständigem Backing ist.

|Taschenbuch: 592 Seiten
Originaltitel: Covet (Fallen Angels 1) (2009)
ISBN-13: 978-3453266643|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne

_Die |Black Dagger|-Reihe:_

(Die englischen Originale sind in jeweils zwei deutsche Bücher aufgeteilt worden.)

01 [„Nachtjagd (1/2)“ 5283
02 [„Blutopfer (2/2)“ 5301
03 [„Ewige Liebe (1/2)“ 5358
04 [„Bruderkrieg (2/2)“ 5565
05 [„Mondspur (1/2)“ 5582
06 „Dunkles Erwachen (2/2)“
07 „Menschenkind (1/2)“
08 „Vampirherz (2/2)“
09 „Seelenjäger(1/2)“
10 [„Todesfluch (2/2)“ 6376
11 [„Blutlinien (1/2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6381
12 [„Vampirträume (2/2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6380
13 „Die Bruderschaft der Black Dagger: Ein Führer durch die Welt von J.R. Ward’s BLACK DAGGER“
14 „Racheengel (1/2)“
15 „Blinder König (2/2)“ (August 2010)
16 „Vampirseele (1/2)“ (November 2010)
17 „Mondschwur (2/2)“ (Februar 2011)

Schubert, Ulli (Autor) / Delling, Gerhard (Sprecher) – Leselöwen: Elfmetergeschichten (Lesung)

_Als Ergänzung zu_ den jeweiligen gebundenen Ausgaben scheint die Hörbuch-Reihe zum Lernspaß mit den „Leselöwen“ eine feine Sache, zumal die jeweiligen Geschichten auch bewusst in einem Tempo vorgetragen wird, welches sich für den Nachwuchs prima zum Mitlesen eignet. Dies gilt auch für die „Elfmetergeschichten“ von Ulli Schubert, die zwei Jahre nach der Erstveröffentlichung des Buches nun auch in der Audio-Nachlese erhältlich sind – und das mit niemand geringerem als Sportmoderator und Günter Netzer-Imtimus Gerhard Delling!

Allerdings scheint ausgerechnet jener Profi-Sprecher mit seiner Rolle als Vorleser ein klein wenig überfordert, da er viele Passagen schlichtweg zu nüchtern und emotionslos herüberbringt. Natürlich sollte in erster Linie der Fokus auf die Begleitung des lesenden Publikums liegen, sprich die klare Aussprache und eine nicht allzu lebendig gestaltete Ausprägung in der sprachlichen Performance. Allerdings ist die Darbietung in den „Elfmetergeschichten“ phasenweise so trocken und kalt, dass es Delling kaum gelingt, zumindest einen dezenten Spannungsbogen in die Erzählungen einzubauen. Und das nagt schlussendlich doch ein wenig an dieser Audio-Veröffentlichung.

_Die sechs Kurzgeschichten_ hingegen sollten vor allem das Fußball-begeisterte Publikum im Grundschulalter begeistern. Auf jeweils 4-5 Minuten verteilt geht es um kleine Helden, Moral, Freundschaft, Teamgeist und natürlich auch um den Sieg am runden Leder. Besonders witzig ist dabei die Auftaktgeschichtee „Fußballweisheiten“, die sich mit einigen Floskeln um besagtes Spielgerät hervortut, diese jedoch auch leicht verständlich und am Beispiel erklärt an den jungen Leser bzw. Zuhörer heranträgt. Dass der Gefoulte etwa nicht selber zum Elfmeter antreten sollte, weiß man nicht erst seit gestern. Schon ein wenig rasanter geht es in „Der Nörgler“ zu, in dem der Verfasser der Spielbericht für seine subjektiv ausgerichtete, nicht ganz faire Kritik an den letzten Spielen angeprangert wird. Und wer im Fußball auch etwas Phantastisches sieht, wird mit „Kapitän des Jahres“ belohnt, bei dem eine Piratengruppe an das Spiel herangeführt wird. Ebenfalls sehr witzig!

Die Erzählung, die sich schließlich in erster Linie an den Kameradschaftsgeist in einer Fußballmannschaft richtet, ist womöglich auch die Beste im Sechserverbund. Hier wittert einer der Stürmer seine große Chance, wird dann jedoch im Tor aufgestellt und muss akzeptieren, dass er damit eher der Mannschaft dient. In „Was tun?“ leistet sich Ulli Schubert kurz vor Schluss noch einen kleinen Fauxpas. Die Schule, deren Schüler hier eine Partie gegen das Lehrerkollegium ausrichten möchte, hat als Namensgeber ausgerechnet Lothar Matthäus – jenen Ex-Internationalen, der momentan nur mit Negativ-Schlagzeilen durch die Presse geistert. Keine wirklich glücklich Wahl, da dieser werte Herr seine Idolfunktion neben dem Platz nie mehr rechtfertigen konnte. Mit „Ein Herz und ein Elfmeter“ endet schließlich eine inhaltlich sehr gute, mit schönen Texten gefüllte CD, die zwar ihre Gesamtspielzeit kaum ausreizt, dabei aber auch einer Überforderung seitens der Zielgruppe vorbeugt. Aufgewertet wird das Ganze schließlich durch sieben Liedbeiträge, die der Sache schließlich mehr Leben einhauchen können als Dellings dröge Stimme – die letzten Endes auch der einzige Schwachpunkt einer ansonsten absolut lohnenswerten Veröffentlichung ist!

|Audio-CD mit 35 Minuten Spieldauer
ISBN 978-3-8337-2571-5|
[www.jumboverlag.de]http://www.jumboverlag.de

Nahrgang, Frauke – Teufelskicker 22 – Die Teufels-Kocher!

_Story:_

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika wirft ihre Schatten voraus und lässt auch Moritz und seine Freunde nicht mehr los. Während die Jungs in der Schule ein Tippspiel organisieren, muss der junge Star-Kicker jedoch seiner Unkonzentriertheit Tribut zollen und eine Strafarbeit über den afrikanischen Staat schreiben. Durch einen Zufall lernt er hierbei Gloria kennen, die durch ihren Vater ein umfassendes Wissen über Südafrika gesammelt hat und Moritz aus der Patsche helfen kann. Doch nicht nur deswegen scheint ihm Gloria auf Anhieb sympathisch …

Derweil nimmt das Tippspiel immer größere Ausmaße an; die beiden Favoriten Brasilien und Deutschland sollen sogar in Kürze in einem vorgezogenen Freundschaftsspiel von den Teufelskickern aufeinandertreffen. Die Sponsoren sind schnell gefunden und stellen sogar einen Trikotsatz beider Mannschaften. Und damit auch die weiblichen Fußballbegeisterten auf ihre Kosten kommen, soll im Anschluss an das Spiel eine Koch-WM mit Spezialitäten der beteiligten Länder organisiert werden. Die Jungs sind hiervon zunächst nicht begeistert, entwickeln aber in Windeseile einen gesteigerten Ehrgeiz …

_Sprecher:_

Erzähler – Thomas Karallus
Mehmet – Flemming Stein
Pierre – Tammo Kaulbarsch
Elena – Alina Degener
Alex – Aaron Kaulbarsch
Anton – Max McMahon
Catrina – Julia Fölster
Serkan – Maximilian v. Stengel
Sergio – Valentin Pages
Olli – Alexander Kapp
Moritz – Anton Sprick
Enes – Lukas Sperber
Niko – Janekl Schächter
Horst Lichter – Horst Lichter
Catrinas Oma – Elga Schütz
Catrinas Mutter – Traudel Sperber
Nikos Vater – Miachael Bideller
Enes Mutter – Tina Eschmann
Norbert – Oliver Rohrbeck
Kommentator – Ulli Potofski

Vorlage: Frauke Nahrgang
Manuskript: Ully Arndt Studios
Regie: Thomas Karallus
Produktion: Christoph Guder
Aufnahme: Fährhauston, Hamburg
Titelsong/Musik: Michael Berg & Szina Pätzoldt
Geräuschemacher: Andreas Lück
Gestaltung: www.KBundB.de
Cover-Illustration: Ully Arndt Studios

_Persönlicher Eindruck:_

Kulinarisches und Fußball? Zwei Kontraste sind es, die in der neuen Ausgabe der „Teufelskicker“ aufeinandertreffen, hier aber ausgesprochen gut harmonieren, selbst wenn sich so manches Klischee einfach partout nicht ausblenden lässt. Dabei ist die Idee, ein potenzielles WM-Finale nachspielen zu lassen und dabei den internationalen Background mancher Beteiligten auszureizen, eigentlich recht weit hergeholt und dient lediglich als Aufhänger für die hier inszenierte dritte Halbzeit, die dann wiederum ziemlich lebendig aufbereitet wird und erst die eigentlichen, wirklich guten Ideen in den Fokus wirft. Eine Koch-WM im Rahmen einer Fußballfeier, und das auch noch kurz vor der bevorstehenden Kicker-Weltmeisterschaft? Ja, da bekommt man durchaus Appetit …

Die Geschichte ist jedenfalls ziemlich kreativ ausgearbeitet und bietet allerhand nette Ideen, die dem Plot ausreichend Leben verpassen, um auch außerhalb des Fußballplatzes zu glänzen. Der Running Gag, dass nahezu jeder Spieler sich darüber Gedanken macht, wie er sein Heimatland am besten vertreten kann, ist ein probates Mittel, um den Humorlevel anzukurbeln, und dass die coolen Jungs natürlich alles andere als begeistert sind, dass die emanzipatorischen Werte ihrer Freundinnen sich durchsetzen, bringt auch noch ein paar Lacher mit sich. In Sachen positive Ausstrahlung ist in „Die Teufels-Kocher!“ daher auch alles im grünen Bereich.

Doch auch sonst ist die Story sehr unterhaltsam und abwechslungsreich, obschon hier kein klarer Schwerpunkt gesetzt wird. Die übertriebenen Darstellungen (beispielsweise im ziemlich heroischen Radiokommentar während des Spiels) gehören dabei zum guten Ton und sind ein Element, welches das Zielpublikum nicht erst seit den „wilden Kerlen“ schätzt. Als Äquivalent zu den Filmen um die beiden Ochsenknecht-Jungs bleibt also auch die neueste Folge souverän, wenngleich das Leder als solches nicht ganz so stark im Mittelpunkt steht und bei den teuflischen Fußballern auch immer eher der Teamgedanke im Vordergrund steht. Aber, und das gilt auch für den kuriosen Kochwettbewerb aus Folge 22: Wer auf das Logo mit den gebleckten Zähnen steht und weitere feine Geschichten rund um die mittlerweile auch schon wieder beendete Fußball-WM hören mag, der ist am hier aufgebauten, provisorischen Herd sofort heimisch!

|Audio-CD mit 75 Minuten Spieldauer
Empfohlen ab 6 Jahren|
[www.natuerlichvoneuropa.de]http://www.natuerlichvoneuropa.de

_Die „Teufelskicker“-Hörspiele bei |Buchwurm.info|:_
[„Talent gesichtet“ 3523 (Teufelskicker 9)

Achim Achilles – Der Vollzeitmann – Endlich das eigene Leben zurückerobern

Mann sein, bedeutet heutzutage definitiv nicht mehr, den Macho heraushängen zu lassen, im Stehen zu pinkeln oder nach einem 9-to-5-Job ganz locker die Füße hochzulegen. Das Gesellschaftsbild hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten derart rapide verändert, die Emanzipation der Frau ist derweil so stark fortgeschritten, dass man sich anno 2010 mit voller Berechtigung fragen muss: Wann ist der Mann ein Mann?

Der Mann darf alles, zumindest auf dem Papier; vor allem aber darf er parieren und einem Idealbild gerecht werden, welches voller weiblicher Attribute steckt und bei weitem nicht mehr der Fassung entspricht, die unsere Väter und Großväter in ihrer Position genießen, ja, wirklich genießen durften. Der Mann steckt in der Krise, das hat auch Achim Achilles alias Hajo Schumacher erkannt, der sich dieses pikanten Gesellschaftswandels in seinem neuen Werk „Der Vollzeitmann“ angenommen hat.

Achim Achilles – Der Vollzeitmann – Endlich das eigene Leben zurückerobern weiterlesen

Schanz, Peter – Mitten durchs Land: Eine deutsche Pilgerreise

_Das Ziel seiner Wanderung_ war klar, der Weg auch, doch irgendwie wusste Peter Schanz am Ende doch nicht so recht, worauf er sich bei seiner Pilgerreise „Mitten durchs Land“ einlassen würde. Ging es in erster Linie darum, Geschichte aufzuarbeiten und den Wandel hautnah zu spüren? Sollte der Mauerfall kurz vor dem zwanzigsten Jubiläum noch einmal ins Gedächtnis gerufen werden, mit all seinen Hoffnungen und Ängsten? Oder wollte Schanz bei seinem Marsch über den K-Weg letzten Endes doch nur zu sich selbst finden und wie bei vielen seiner vorherigen ländlichen Expeditionen die Idylle der natürlichen Umgebung aufsaugen?

Als der geschätzte Schreiber zu seiner knapp drei Monate währenden Reise aufbrach, schlummerten sicherlich die unterschiedlichsten Gedanken in seinem Unterbewusstsein, von denen sich viele bestätigen sollten, viele aber auch auf eine andere, kaum fassbare Art und Weise an ihn herantreten. Schanz erwartete sicherlich alles, vom Kulturschock bis hin zum gemütlichen Treffen mit einigen Ewiggestrigen. Doch die Vielfalt, die ihm während dieses Pilgermarsches durch ein gewaltiges Stück deutsch-deutscher Geschichte begegnete, sollte selbst einen Menschen wie Peter Schanz völlig verblüfft haben.

Und diesen Umstand lässt er seine Leser spüren, unter anderem im feinen Humor, mit dem er die Kontakte und vor allem die außergewöhnlichen Begebenheiten beschreibt. Es sind einfache Wirtsleute, die er antrifft und die den gesellschaftlichen Wandel in den letzten anderthalb Dekaden hautnah erlebt haben. Vom Profit zur Pleite, von der Hoffnungslosigkeit in die Euphorie und zurück, von Vorurteilen zu Intoleranz und Verbohrtheit, von Offenheit und Freude über die Wiedervereinigung – sie haben so vieles zu erzählen, und dennoch hat wirklich jeder Bürger, dem Schanz über den Weg läuft, eine komplett andere Einstellung zu den Entwicklungen während und nach der deutschen Einheit.

Nun beschäftigt sich „Mitten durchs Land“ im Kern sicherlich nicht bloß mit dem Thema Ost versus West beziehungsweise den Folgen der erneuerten Zusammengehörigkeit, sondern viel eher mit dem Gesellschaftsbild in den völlig unterschiedlichen Regionen entlang des alten Mauerstrichs. Und das färbt nicht nur auf die Meinungen und Urteile derjenigen ab, die sich von Schanz ins Gespräch bringen lassen, sondern auch auf das Landschaftsbild, welches stellenweise deutlich aufgewertet, dann aber wieder verkommen, verwahrlost, ja manchmal fast schon nicht mehr beachtet erscheint. Gleich mehrfach kommt der Autor vom Weg ab und dringt kurzzeitig tiefer ins Land ein, trifft dort wieder neue Menschen, schlemmt unerwartete lokale Spezialitäten, betreibt selber eine umfassende Meinungskunde und lässt sich zuletzt immer wieder überraschen und verblüffen von all dem, was seinen Weg kreuzt und ihn in seiner eigenen Einstellung formt.

_Schanz schafft es_ bei all diesen kontrastreichen Einflüssen aber stets, die eigene Note schön in die Geschichte einzubringen und unterschwellig auch seine Eindrücke subjektiv zu verwerten; wenn er beispielsweise die heruntergekommene Landschaft jenseits des K-Wegs mit spitzfindigen Bemerkungen kommentiert oder etwa den Ost-West-Konflikt zwischendurch mit trockenem, nüchternem Humor abstraft, so wird man immer wieder zum Schmunzeln verleitet. Ebenso fein arbeitet der Autor auch gern irgendwelche Anglizismen und modern-deutsche Floskeln ein, die sich prima mit den Gesprächsfetzen, die er zwischen den Zeilen aufarbeitet, vermischen und eine ganz eigene Form des philosophischen Wortwitzes kreieren – und ganz egal, wie er es auch anstellt: Schanz redet um den heißen Brei herum, indem er auf den Punkt kommt und hat die Lacher stets auf seiner Seite.

Als er schließlich nach mehr als 80 Tagen und 1500 Kilometern seine Reise beendet und die norddeutsche Küste erreicht, wissen er und seine Leser zumindest eines: Dieser Marsch war lohnenswert und aufschlussreich – und lädt ein, bei entsprechender Fitness ebenfalls bestritten zu werden. Mehr Inspiration – und das trotz der hiermit überhaupt nicht in Verbindung stehenden Grundaussage des Buches – hätte man kaum geben können! Und mehr schlicht behaftete Leidenschaft für ein solches Projekt kann man sich kaum erhoffen – ebenso wie einen größeren Unterhaltungswert für ein Buch, das eigentlich lediglich die Verschriftlichung einer Pilgerreise durch unseren eigenen, vertrauten Staat darstellt.

|Gebunden: 253 Seiten mit 64 Farbfotos
ISBN-13: 978-3-351-02705-6|
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