Alle Beiträge von Björn Backes

Stalner, Eric – Legende von Malemort, Die – Band 1: Unter dem Mondlicht

_Inhalt_

Südfrankreich im 13. Jahrhundert: Gerade erst sind die Kreuzzüge gegen die Albigenser in einem blutigen Gemetzel geendet, und dennoch ist die Inquisition in vollem Gange. Auch die junge Anthea führt einen verzweifelten Kampf gegen die Scharfrichter des christlichen Glaubens und lebt als Dirne ebenso gefährlich wie die vielen verschrieenen Ketzer. Während sie sich mit ihren alltäglichen Sorgen herumplagt, stößt sie auf den verletzten Ritter Malperthuis, der von den Inquisitoren verfolgt wird und gerichtet werden soll.

Im Freudenhaus ihrer Mutter kommt es zu einem blutigen Gefecht, dem Anthea so gerade noch entfliehen kann – ohne ihre Mutter, und ohne die kurzzeitige Hoffnung, von Malperthuis mehr über den Verbleib ihres Vaters erfahren zu können.
In den finsteren Wäldern stößt sie auf den vorlauten Zwerg Arnulf, der sich nach anfänglichen Schwierigkeiten ihrer annimmt. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Antheas Mutter, dem verschollenen Malpethuis und den verblassten Spuren ihrer Vergangenheit. Doch Antheas Heimkehr verläuft alles andere als wünschenswert …

_Persönlicher Eindruck_

Eric Stalner gehört zu den am besten gehüteten Geheimnissen der französischen Comic-Szene. Mit mehr als 50 Ausgaben gehört der geschäftige Autor und Zeichner zu den fleißigsten Arbeitern der letzten beiden Dekaden, und dennoch hat man hierzulande nur wenige Lebenszeichen aus seiner Feder begutachten können. „Die Legende von Malemort“ ist erst sein viertes Werk für den deutschsprachigen Raum und gleichzeitig das Debüt für den viel beachteten |Splitter|-Verlag. Mit „Unter dem Mondlicht“ geht der Sechsteiler nun in die erste Runde – und tut sich zunächst noch relativ schwer.

In der ersten Episode gelingt es Stalner nämlich noch nicht so gut, den Handlungskomplex schlüssig zu eröffnen und Atmosphäre und Story homogen unter einen Hut zu bekommen. Einige Passagen der Geschichte sind zu stark von hektischen Wechseln gezeichnet, die unter anderem auch daher rühren, dass die Charakterzeichnungen bisweilen sehr schwammig sind. Um alle Figuren ranken sich Geheimnisse, so dass man bis dato schwer einschätzen kann, an welcher Stelle welcher Charakter in der Handlung individuell steht. Gerade im Falle von Malperthuis und Arnulf fehlt es an Transparenz, was einerseits sicherlich sinnvoll ist, da die Spannung zu diesem Zeitpunkt noch davon profitiert, andererseits aber auch wieder unbefriedigend wirkt, da die Story aufgrund dieser fehlenden Kenntnisse keine echten Forschritte macht – zumindest was die eigentlichen Hintergründe von „Die Legende von Malemort“ betrifft. Und davon abgesehen tritt der Titelheld auch erst auf der letzten Seite in Erscheinung.

Insofern muss man erst einmal hoffen, dass „Unter dem Mondlicht“ schlicht und einfach nur ein typischer Auftaktband ist, als solcher eine knappe Einleitung in den Plot mit vielen versteckten Hinweisen, die allerdings nur sehr kurz ausgearbeitet sind. Damit verbunden ist aber auch die dringende Erwartung, dass sich die inhaltlichen Entwicklungen dem anständigen Erzähltempo sehr bald anpassen werden und die finstere Grundstimmung sich auch in prickelndem Maße auf das Feeling beim Lesen überträgt. Bis hierhin ist „Die Legende von Malemort“ nämlich nur ganz nett, vielleicht auch lesenswert, aber sicher nicht ausreichend, um dem starken Verlagsprogramm in irgendeiner Form das Wasser zu reichen.

|Originaltitel: Le Roman de Malemort: Sous les cendres de la lune
48 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-86869-021-7|
http://www.splitter-verlag.de

Meyer, Kai (Autor) / Krehl, Yann (Skript) / Schlüter, Ralf (Zeichnungen) – Wolkenvolk, Das – Seide und Schwert, Buch 1: Wisperwind

Als Autor historisch angehauchter phantastischer Romane ist Kai Meyer im vergangenen Jahrzehnt nahezu unsterblich geworden. Sein eigenwilliger Stil, seine ausgefallenen Ideen und sein ausgeprägter Hang zu kleinen Extremen zeichnen seine Arbeit in mehr als 40 Werken aus und machen ihn zu einem der wertvollsten modernen Phantastik-Autoren weltweit.

Eine seiner Sternstunden erlebte Meyer mit der Geschichte um „Das Wolkenvolk“. Der Bestseller spiegelte Meyers Vorliebe für das asiatische Wuxia-Kino wider und dabei in erster Linie sein Faible für Streifen wie „A Chinese Ghost Story“ und neuere Geschichten wie „Hero“. Kurz nach dem Release der Hörspiel-Fassungen der Trilogie ist das atemberaubende Werk nun auch für den Comic-Markt adaptiert worden. In drei Doppelepisoden führt Yann Krehl, der für das illustrierte Skript verantwortlich zeichnet, die Leser noch einmal zurück ins Reich der Mitte und somit ins Land der Drachen.

_Inhalt_

Der junge Niccolo lebt mit seiner Schweineherde über den Wolken und hat dort das Erbe seines kürzlich verstorbenen, in den Wolken geächteten Vaters angetreten. Doch das Leben im Himmel ist bedroht; die Ätherpumpen, die das Gerüst der Wolkenlandschaft stabil halten, werden nicht mehr versorgt, da die Drachen auf der Erde keinen Atem mehr zur Versorgung der Maschinen spenden. Der Herzog ist gezwungen, sehr schnell zu handeln, und entsendet daher eine Delegation zu seinem alten Freund Cesare Spini.

Doch in Spinis Heim angekommen, treffen die Ausgesandten nun dessen rebellischen Sohn Niccolo an, der sich nach reiflicher Überlegung dazu durchringt, dem Wolkenvolk zu helfen. Im Auftrag des Herzogs reist er auf die Erde und begibt sich nach China, wo dem Vernehmen nach die Drachen verehrt werden. Doch sein Trip gestaltet sich von Beginn an schwierig. Die wenigen vertrauenserweckenden Personen, denen Niccolo begegnet, wollen von Drachen nichts wissen. Und auch die wilde Nugua, die einst mit den Drachen lebte, ist nicht sofort bereit, ihr Wissen mit dem himmlischen Neuankömmling zu teilen …

_Persönlicher Eindruck_

Comic-Adaptionen populärer Bestseller sind gerade im phantastischen Bereich schon immer eine ziemlich schwierige Sache gewesen, man denke nur an die einzelnen „Drachenlanze“-Umsetzungen oder die ziemlich festgefahrenen „Midkemia“-Interpretationen. Die künstlerische Gabe, die Atmosphäre des Originals zu übernehmen, aber dennoch Freiräume für die individuelle Phantasie zu lassen, indem man die Bilder etwas reizarmer gestaltet, ist nur den wenigsten Comic-Zeichnern vergönnt, die sich im Fantasy-Sektor austoben dürfen. Aber auch die Epik, den Detailreichtum und die Vielschichtigkeit, die nun mal einen phantastischen Roman auszeichnen, in geschnittener Fassung aufzubereiten, ohne dabei wichtige Inhalte außen vor zu lassen, gehört zu den anspruchsvollen Aufgaben, denen beileibe nicht jeder (renommierte) Comic-Künstler gewachsen ist. Eine gesunde Skepsis war also auch beim Debüt zu „Das Wolkenvolk“ angebracht.

Doch das vorsichtige Herantasten an den inhaltlichen Gewaltakt zahlt sich schon nach wenigen Panels aus: Yann Krehl ist es wirklich wunderbar gelungen, die prägnanten Punkte der Story in den Fokus zu rücken und auch entsprechend auszuschmücken. Zwar unternimmt er hier und dort ein paar größere Gedankensprünge und lässt manchen unangekündigten Szenenwechsel ziemlich rapide durchgehen, jedoch hat man zum Ende des immerhin knapp 70 Seiten starken Erstlings tatsächlich das Gefühl, schon mit vielen Infos zur Hauptgeschichte versorgt zu sein, aber trotzdem noch an deren Anfang zu stehen. Die Detailverliebtheit der Romangeschichte wurde eins-zu-eins übernommen, gelegentlich auch sehr stark auf die Zeichnungen umgelegt, aber auch für das Charakterdesign übertragen. Gerade von Niccolo bekommt man zum Auftakt schon ein sehr klares Bild, während sich Nugua und später auch Feiquing langsam ins Setting einfügen, allerdings noch einen leicht mystischen Touch bewahren – doch auch dies gehört zum Konzept der Handlung, die vor Geheimnissen nur so wimmelt und dementsprechend schon zu Beginn mit einem gewaltigen Spannungsbogen aufwartet.

Derweil hat Ralf Schlüter sich zeichnerisch völlig in die Story fallen lassen und ein wahrhaft brillantes Illustrationswerk abgeliefert. Das Ziel, der in Asien angesiedelten Erzählung einen europäischen Stempel aufzudrücken, ohne dabei deren außergewöhnliche Atmosphäre anzukratzen, wurde bedingungslos erreicht. Ferner sind die Zeichnungen nicht mit Inhalten überwuchert, sondern bleiben basisch und fokussiert, was sich im Rahmen der komplexer werdenden Story auch langfristig auszahlen sollte. Und schließlich sollte Fantasy ja auch dazu anregen, zwischen den Zeilen zu lesen und gedanklich selber Bilder zu erschaffen, die über das Gesehene hinausgehen. Die nötigen Freiräume hat Schlüter dem Publikum jedenfalls überlassen.

Bliebt also fürs Erste festzuhalten, dass „Wisperwind“, der erste von zwei Teilen des ersten Buches „Seide und Schwert“, eine fantastische Comic-Adaption ist, welche die Magie des Originals aufnimmt und neu interpretiert. Glückwunsch dem Viergespann Krehl, Schlüter, Gotta und Schulz, das es bereits jetzt geschafft hat, jegliche Skepsis, den Transfer der Story betreffend, wegzuwischen.

|66 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-939823-99-5|
http://www.splitter-verlag.de
http://www.kai-meyer.com

Mehr von Kai Meyer auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Dschinnland“ 5340 (Die Sturmkönige 1, Buchfassung)
[„Dschinnland“ 5635 (Die Sturmkönige; inszenierte Lesung zu Band 1)
[„Wunschkrieg“ 5744 (Die Sturmkönige 2, Buchfassung)
[„Wunschkrieg“ 5641 (Die Stürmkönige; inszenierte Lesung zu Band 2)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)
|Die Alchimistin – Das Hörspiel:|
1) [„Der Stein der Weisen“ 5052
2) [„Das Erbe des Gilgamesch“ 5155
3) [„Die Katakomben von Wien“ 5220
4) [„Das Kloster im Kaukasus“ 5263
5) [„Die Unsterbliche“ 5379
6) [„Die Schwarze Isis“ 5406
7) [„Der Schatz der Templer“ 5427
8) [„Der Alte vom Berge“ 5448

Claudio Michele Mancini – Mala Vita

Handlung:

Roberto Cardone ist zutiefst geschockt: Gerade erst ist er sicher, die Frau seines Lebens getroffen zu haben, als ein Anruf seines besten Freundes und Mitbewohners Carlo ihn völlig aus der Bahn wirft. Entsetzt verfolgt Roberto in den Medien die Inszenierung der Hinrichtung seines Bruders Enrico, der vor laufenden Kameras erdrosselt wird. Nur kurz darauf überschlagen sich die Ereignisse: Die Kanzlei des ermordeten Rechtsanwalts wird fluchtartig geräumt, Akten werden vernichtet und Spuren verwischt. Roberto reist selber von Bologna nach Palermo, um sich vor Ort ein Bild zu machen, entdeckt aber nichts als Rätsel.

Claudio Michele Mancini – Mala Vita weiterlesen

Dufaux, Jean / Xavier, Philippe – Qa\’Dj, Der (Kreuzzug 2)

Band 1: [„Simon Dja“ 5720

_Story:_

Die Kreuzritter rüsten sich zu einem entscheidenden Gefecht gegen den Islam, um Hierus Halem und den Leib des Erhabenen X3 zurückzuerobern. Die jüngste Niederlage nagt immer noch stark am Herzog von Tarent, der den gefallenen Gregor von Arkos beerbt hat und nun auch um das Herz von dessen Tochter Eleonore ringt. Ihr Ehemann Gunther von Flandern stellt sich diesem irrsinnigen Vorhaben entgegen und ersucht um ein Bündnis mit den Juden von Samarand. Doch sein Vorhaben erweist sich als nervenaufreibender Geduldsakt, da der mächtige Aar in den Kerkern von Samarand lebt und nur darauf wartet, das Schicksal des Herren von Flandern so zu besiegeln, wie er es einst auch mit seinem Vater getan hatte.

Während das Heer der verbündeten Christen mit der Unterstützung des Herrn der Maschinen eine bestialische Invasion gegen die Machthaber in Hierus Halem vorbereitet, kämpft Günther in den finsteren Gewölben der Gebirge gegen einen bekannten Feind und gleichsam mit seiner Vergangenheit …

_Persönlicher Eindruck:_

Im zweiten Band seiner – so viel steht inzwischen fest – auf vier Episoden angelegten „Kreuzzug“-Serie geht Jean Dufaux ein ziemlich hohes Risiko ein. Statt die Wirren des ersten Bandes ein wenig aufzulösen und die Handlung ein ganzes Stück zielstrebiger zu arrangieren, geht der Autor den Weg des größten Widerstands und zerrt die Story um den Krieg zwischen Christen und Islam noch weiter auseinander. Die Protagonisten verlieren infolge dessen immer deutlicher ihren Halt innerhalb des Plots, und auch wenn Dufaux sich redlich bemüht, seine Charaktere stählern zu formen und ihnen einige eigenwillige Charakteristika zu verpassen, verlieren sich die fokussierteren Anläufe ganz schnell wieder im Wust der Fakten, von denen die Geschichte immer und immer wieder überwuchert wird.

Letztgenanntes Problem ist schließlich auch die dominante Schwierigkeit in „Der Qa’Dj“. Es passiert schlicht und einfach zu viel, als dass die Story die Masse an Informationen verarbeiten könnte, ohne auf Dauer zu komplex zu werden. Die Komplexität ist im Endeffekt auch nicht der Punkt, an dem der zweite Band zu scheitern droht. Es ist vielmehr die Tatsache, dass die Handlung mit einzelnen Strängen gefüllt wird, inhaltlich aber keine echten Fortschritte erzielt. Gunthers persönliches Schicksal wird dramatisch inszeniert, dabei aber nahezu ohne bleibende Eindrücke weitergeführt, während der Krieg zwischen den Verteidigern Hierus Halems und dem Heer der Kreuzritter zwar im Hintergrund präsent ist, doch viele kleine Einschübe auch immer wieder ins Gewissen gerufen wird, als zentraler Punkt der Erzählung aber überhaupt nicht funktioniert. Hinzu kommt schließlich noch der Aspekt, dass unzählige weitere Figuren neu hineindrängen und das Mysterium, das hinter all den undurchdringlichen Verbindungen steckt, nur noch verhärten – nur eben mit dem folgenschweren Effekt, dass die Übersicht über den Hergang der Dinge peu à peu verloren geht.

Zumindest in der illustrativen Sektion hat „Kreuzzug“ zugelegt. Philippe Xavier hat die Kulissen stimmiger und detailverliebter entworfen und damit den relativ simplen Strich des vorherigen Bandes wieder ein Stück weit ausradiert. Diese Verbesserung geht aber leider auf Kosten einer überforderten Story, die mit den besseren Vorgaben nur noch schwerlich zurecht kommt und die anständigen Eindrücke auf zeichnerischem Gebiet kaum bestätigen kann.

Dufaux rennt leider auch mit „Der Qa’Dj“ in eine Sackgasse und wird alle Hände voll zu tun haben, mit den verbleibenden zwei Kapiteln das längst in den Brunnen gefallene Kind wieder zu retten. Beim deutlichen Mangel an Souveränität, der bislang sehr präsent war, bleibt jedenfalls zu bezweifeln, dass der „Kreuzzug“ von Erfolg gekrönt sein wird.

|Originaltitel: Croisade – Le qa’dj
56 Farbseiten
ISBN-13: 978-3-940864-38-3|
http://www.splitter-verlag.de

Dufaux, Jean / Xavier, Philippe – Simoun Dja (Kreuzzug 1)

_Inhalt:_

Nach ihrer furchtbaren Niederlage bei Jaffa haben die Christen ein neues Heer zusammengezogen, um die Heilige Stadt endlich aus der Regentschaft des Sultans Ab’Dul Rasim zu befreien. Gregor Von Arkos führt ein üppiges Heer in die Schlacht und weiß den Herzog Von Tarent und den Primas von Venedig auf seiner Seite. Doch schon vor Beginn der kämpferischen Auseinandersetzungen kommt es zu internen Querelen: Arkos‘ Schwiegersohn Gunther von Flandern verweigert seine Teilnahme an der seiner Meinung nach bereits verlorenen Schlacht. Gegen die Überzeugung seiner Gattin Eleonore entzieht er sich der Gefolgschaft, wohl wissend, dass der Feldzug gegen den Sultan sich zum Debakel entwickeln wird.

Letzterer wiederum erhofft sich Unterstützung beim Mufti von Alkar, der ihm seine Hilfe zusagt, den Preis für den vernichtenden Schlag gegen das Heer der Christen aber nicht preisgibt. Erst als der teuflische Qa’dj sein finsteres Antlitz zeigt und dem Sultan offenbart, welchen Tribut er für den Eingriff in den ungleichen Kampf entrichten muss, wird Ab’Dul Rasim bewusst, auf welch diabolischen Pakt er sich eingelassen hat.

_Persönlicher Eindruck:_

Es ist eigentlich erstaunlich, dass eines der zuletzt wichtigsten literarischen Themen in der Comic-Branche noch nicht so viel Zuspruch bekommen hat. Die Verschwörungstheorien um die Kreuzzüge, ihre Folgen und ihre Bedeutung für die Entwicklung der westlichen Religion haben nicht erst seit Dan Browns Megaerfolg einen unheimlich hohen Stellenwert bekommen und in allen Zweigen der Mystery-Literatur feste Wurzeln geschlagen. Abgesehen von einigen mehr oder minder spektakulären Ausnahmen ist es in der illustrierten Szene aber merklich ruhig um dieses Thema geblieben – höchste Zeit also, diesen Umstand zu ändern!

Mit „Kreuzzug“ hat sich der französische Autor Jean Dufaux nun an ein Konzept herangewagt, welches die klassische Legende der Kreuzzüge mit einem ordentlichen Schuss Fantasy mixt und dem Ganzen auch noch eine kleine Prise Horror beimengt. Keine typischen Elemente, mag hier der erste Gedanke sein, und dennoch sind die Rahmenbedingungen, in denen Christen und ihre zahlreichen Gegner in dieser Geschichte gegeneinander antreten, wie geschaffen für einen spektakulären Comic-Event.

Der einzige Haken an der Sache: Die Story selbst ist über weite Strecken verkopft und unnötig komplex. Und die Folge: Die wirklich starken Charakterzeichnungen können sich nicht entsprechend entfalten und hinterlassen letzten Endes nicht den bleibenden Eindruck, für den sie durchaus das Potenzial hätten – aber alles in allem sind die Handlungs-Arrangements im ersten Band „Simoun Dja“ noch zu unschlüssig und können dem hohen Anspruch, den Dufaux seinem Tribut an die Kreuzzüge selber auferlegt, nur in den wenigsten Passagen gerecht werden. Immerhin, der Plot strotzt nur so vor überraschender, sehr schneller Wendungen und hält wenigstens eine Spannungskurve aufrecht, die bis zur letzten Seite recht steile Formen annimmt. Doch Dufaux geht währenddessen einfach zu oft der Blick fürs Wesentliche verloren, so dass außer viel Action nur wenige prägnante Inhalte haften bleiben.

Sein Sidekick Philippe Xavier präsentiert sich parallel hierzu auch nicht gerade von seiner Zuckerseite. Die meisten Illustrationen sind schlicht und einfach zu gewöhnlich und lassen die Detailschärfe vermissen, die beispielsweise noch seine Arbeit in [„Das verlorene Paradies“ 4045 präsentieren konnte. Merkwürdigerweise liegen auch seine Stärken ausschließlich bei der Darstellung der Figuren, wohingegen die Kulissen und Hintergründe nicht viel Aufregendes zu bieten haben.

Zumindest in dieser Hinsicht ist das Gesamtbild harmonisch: Der Rahmen ist anständig, der Tiefgang allerdings nur gering ausgeprägt. Die zweite, ebenfalls schon veröffentlichte Episode wird hier noch eine Menge Rehabilitationsarbeit leisten müssen, um diese Mängel wieder aufzuarbeiten. Bis hierhin ist „Kreuzzug“ aber nur in Teilen überzeugend und erfüllt die Erwartungen an dieses Thema nur ansatzweise.

|Originaltitel: Croisade – Simoun Dja
56 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-37-6|
http://www.splitter-verlag.de

Gaudin, Jean-Charles / Danard, Jean-Paul – Marlysa (Band 8): Der Waltras – Episode 2

Band 6: [„Die Lebensfrau“ 3373
Band 7: [„Der Waltras“ 3860

_Inhalt:_

An der Seite ihres eigentlichen Widersachers Lord Dormunt reist Marlysa durch die Welt der Amazonen und sucht nach dem letzten verblieben Dolch und Dormunts Gattin Mylia, die seit geraumer Zeit verschwunden ist. Das Gespann um die maskierte Turnierkämpferin gerät hierbei in den Hinterhalt der schwarzen Amazonen, die längst alle drei Dolche in ihren Besitz gebracht haben und durch die Naivität ihrer Anführerin Selsya den Waltras erwecken.

Doch das Biest zeigt sich wenig dankbar und schlägt eine Schneise der Verwüstung durch den Dschungel. Marlysa kann nicht viel ausrichten und ist zudem noch an Dormunt gebunden, der ihr ein tödliches Gift injiziert hat. Lediglich Selsya, die den Waltras erst wieder ins Leben zurückgeholt hat, wäre in der Lage, die Bestie aufzuhalten und wieder ins Jenseits zu befördern – doch Selsya liegt schwer verletzt in einem komatösen Schlummer und ringt mit dem Leben …

_Persönlicher Eindruck:_

Der achte Band der zuletzt für längere Zeit ruhenden Serie um die rebellische „Marlysa“ beschließt gleichzeitig den zweiteiligen Waltras-Zyklus und zeigt sich dabei als richtungsweisend für die Zukunft der gesamten Reihe. Wie sich nämlich hier eindrucksvoll herausstellt, profitiert die Handlung merklich davon, auf zwei Ausgaben aufgeteilt zu werden, was sich einerseits im viel entspannteren, kaum getriebenen Erzähltempo niederschlägt, andererseits aber auch in der deutlich gesteigerten Detailfülle offenbart, die wiederum in vielen kurzen Story-Breaks kontinuierlich aufgefrischt wird. Die Geschichte bleibt zwar im Großen und Ganzen strikt linear und zielstrebig, verfällt jedoch keiner Hektik und eröffnet Freiräume für willkommene Ausschmückungen, vor allem auf der Ebene der Emotionen bei den Charakteren.

Unterdessen ist der Inhalt eigentlich relativ typisch, gleichzeitig aber auch mit einem stillen Hinweis auf Marlysas Vergangenheit verknüpft, wodurch die komplette Story natürlich noch einen weiteren Reiz erhält. Zwar hält sich Autor Jean-Charles Gaudin mit allzu deutlichen Anspielungen spürbar zurück, doch alleine schon die Tatsache, dass die Protagonistin (für alle Leser unsichtbar) ihre Maske fallen lässt, ist ein Indiz dafür, das man mit größten Ambitionen und Zielen an die Konzeption dieser illustrierten Erzählung herangegangen ist – und das merkt man der zweiten Episode von „Der Waltras“ auch beständig an.

Erwähnenswert ist ferner noch der anständige Humor, in den die grundsätzlich recht ernste und nicht selten auch brutale Story eingebettet ist. Dies zeigt sich in der Mimik der Hauptdarsteller ebenso wie in einigen Dialogen, die den eigentlich doch sehr relaxten Charakter der Serie perfekt wiedergeben. Man könnte fast sagen, Gaudin ist sich voll und ganz treu geblieben, hat sich aber vor diesem Hintergrund an ein kleines Experiment herangewagt – nämlich einen Zweiteiler – welches ihm schließlich auch sehr gut geglückt ist. Und auch wenn „Marlysa“ in ihrer bisherigen Comic-Historie noch nie wirklich bedenkliche Episoden hervorgebracht hat, scheint die aktuelle Vorgehensweise doch ein lohnenswertes Zukunftsmodell zu sein, das man bis dato als Highlight dieser Reihe bezeichnen darf. Lange Rede, kurzer Sinn also: Egal ob als Einführung oder Erweiterung – wer „Marlysa“ von ihrer besten Seite erleben möchte, sollte die Doppelfolge „Der Waltras“ auf jeden Fall kennen lernen!

|Originaltitel: Marlysa – Le Waltras
47 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-939823-31-5|
http://www.splitter-verlag.de

Barclay, James – magische Bann, Der (Die Kinder von Estorea 2)

Nach dem vorläufigen Abschluss seiner Raben-Chroniken gilt James Barclay als einer der heißesten Fantasy-Autoren weltweit. Selbst renommierte Schreiber wie Stan Nicholls und der inzwischen leider verstorbene David Gemmel loben Barclay als die Verkörperung der modernen Fantasy und preisen hier vor allem sein Talent, einprägsame, unvergessene Charaktere zu kreieren.

Während hierzulande noch die Ausläufer seiner letzten Reihe verdaut werden, hat der Autor im Hintergrund längst die nächsten Juwelen schleifen lassen. Mit „Die Kinder von Estorea“ meldete Barclay sich eindrucksvoll zurück, wenngleich die Debütausgabe erst einmal noch nicht die Genialität durchschimmern ließ, die den |Raben| seinerzeit auszeichnete. Mit „Der magische Bann“ folgte nun im letzten Jahr die zweite Episode des Vierteilers und damit der verspätete Startschuss für eine unglaublich faszinierende phantastische Weltreise durch die schlachtenreiche, moderne Fantasy.

_Inhalt:_

Die estoreanische Konkordanz ist nach der jüngsten Niederlage gegen das Volk der Tsardonier arg ins Hintertreffen geraten. Das abtrünnige Königreich hat der Advokatin und ihrem Gefolge den Krieg angesagt und in Atreska einen mächtigen Verbündeten gefunden, nachdem sich auch dieser Bündnispartner unter der Regentschaft Yurans verräterisch aus der Konkordanz verabschiedet hat.

Gleichzeitig muss sich Herine des Aglios mit den Intrigen ihrer Kanzlerin herumschlagen, die das politische System Estoreas zu unterwandern versucht und die Herrschaft der Advokatin merklich schwächt. Als ihr schließlich bewusst wird, dass die gesamte Konkordanz dem Untergang geweiht ist, wenn die Heerscharen aus Tsard nicht vor ihrer Ankunft in Estorr vernichtend geschlagen werden, sieht sie sich zum Handeln gezwungen – doch vorerst sind ihr die Hände gebunden.

Herines größte Hoffnungen liegen vorerst auf ihrem Sohn Roberto, der als General und Anführer der größten Streitmacht aber noch die Folgen einer heimtückischen Seuche verkraften muss. Erst langsam erholen sich seine Soldaten wieder, dürfen sich aber keine weiteren Schonfristen mehr erlauben, denn die Tsardonier ziehen unerbittlich vorwärts und haben die Armee der Konkordanz schon in vielen kleinen Scharmützeln erheblich dezimiert.

Paul Jhered, Schatzkanzler der Konkordanz und gewiefter Stratege in Personalunion, erreicht schließlich mit den vier Aufgestiegen den Trupp seines Freundes Roberto und versucht, del Aglios davon zu überzeugen, dass die vier Kinder die letzte Chance darstellen, das Blatt in Zeiten des Kriegs zu wenden. Doch der erste Beweis ihrer Macht, der in einem zerstörerischen Schlag gegen die feindlichen Armeen endet, wird vom Anführer des Heeres als Ketzerei abgetan und nicht akzeptiert.

Jhered und die vier Aufgestiegenen sind gezwungen, die Truppen wieder zu verlassen – bis ein schicksalhaftes Attentat die Führungsebene in der Armee umstimmt und die Kinder von Westfallen zurückgebeten werden. Doch während die Akzeptanz für die vier Sonderlinge langsam zu erblühen beginnt, geschieht in ihren Reihen etwas Unfassbares. Der rebellische Gorian, ihr heimlicher Anführer, begeht einen schrecklichen Fehler, der die gesamte Zukunft der Konkordanz maßgeblich beeinflussen könnte …

_Persönlicher Eindruck:_

Im zweiten Kapitel von Barclays neuer Fantasy-Saga wächst das zunächst noch recht komplexe Puzzle um die Konkordanz, ihre politische Struktur und die Zwiste und Fehden innerhalb ihrer Gebiete langsam aber sicher zusammen. Diente „Das verlorene Reich“ trotz seiner Detailfülle noch in erster Linie dazu, die Charaktere und ihren individuellen Werdegang zu zeichnen und vor allem den gesamten Komplex darzustellen, der in seinen vielen verschachtelten Ränken und Machenschaften nur schwer greifbar war, kommt der Autor nun schon recht deutlich zur Sache und arrangiert die Kapitel von „Der magische Bann“ deutlich zielstrebiger und inhaltlich auch selbstbewusster.

Dies scheint ihm aus mehreren Gründen aber auch ein Leichtes zu sein, wobei in erster Linie der Aspekt schwer wiegt, dass es wohl kaum einen Schreiber gibt, der phantastische Kriegsszenarien so umfangreich und authentisch umschreiben kann wie James Barclay – und diese Episode ist geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen, brutalen Übergriffen und heftigen Schlachten! Aber auch die Tatsache, dass sämtliche Protagonisten innerhalb der Story eine sehr starke persönliche Entwicklung durchleben, kommt Barclay sicher zugute.

Im Mittelpunkt stehen natürlich die vier Kinder von Estorea, nach denen die Saga schließlich auch benannt wurde. Ihre jeweiligen Eigenheiten kommen in „Der magische Bann“ viel deutlicher zum Tragen und entscheiden wesentlich über den Verlauf der Geschichte. Gorian entpuppt sich langfristig als störrischer, uneinsichtiger Rebell, Osaccer mimt trotz seiner verlorenen Sehkraft den umsichtigen, souveränen Mittelsmann, Arducius zieht im Hintergrund die Fäden und hält die Aufgestiegen zusammen, und Mirron stellt schließlich den emotionalen Part in dieser Gruppe dar, bleibt damit aber auch eine Variable, die trotz ihrer dezenteren Berücksichtigung in der Handlung die womöglich wichtigste Rolle spielt – selbst wenn man dies bisher noch nicht so recht vorhersehen kann.

Wie der Autor diese Charaktere kontinuierlich aufbaut und sie vor allem im Wechselspiel mit Persönlichkeiten wie Roberto del Aglios und Paul Jhered auftreten lässt, liest sich pracht- und eindrucksvoll, wobei Barclay auch diesen Sturköpfen eine emotionale Entwicklung zuschreibt, die den weiteren Plot recht unberechenbar gestaltet – und genau dies ist eine der elementaren Stärken, die sich wie ein roter Faden durch diesen Roman zieht.

Derweil muss sich Barclay aber auch einen kritischen Seitenhieb gefallen lassen, denn zweifelsohne sind einige Szenen in „Der magische Bann“ dem Tolkien’schen Vorbild entliehen. Insbesondere die finale Schlacht am Grenzwall erinnert stark an den Angriff auf Helms Klamm. Aber auch die Art und Weise, wie die einzelnen Teile der Armee in die Schlachten eingreifen bzw. die fatale Wirkung der magischen Eingriffe der Aufgestiegenen haben eine sehr offensichtliche Inspirationsquelle, die aber Gott sei Dank ausreichend modifiziert wird, um den eigenständigen Hergang aufrechtzuerhalten. Nichtsdestotrotz: Einzelne Parallelen lassen sich nicht abstreiten, werden aber an dieser Stelle angenehm und erneut sehr heroisch eingebaut, so dass man sie als solche auch bereitwillig annimmt.

Eine echte Barclay-Story wäre aber keine solche, könnte sie keine majestätischen, wenn auch nicht immer unvorhersehbaren Wendungen aufweisen. Und hiervon hat der Autor in den Schlusssequenzen gewohntermaßen ein ganzes Fass voll zu bieten. Ob es nun die entscheidenden Eingriffe in die Schlacht, die Verzweiflungstaten der Kinder von Estorea oder einfach nur die persönlichen Einsichten in das Seelenleben der Kriegsherren Jhered oder del Aglios sind – Barclay schafft immer wieder neue Gänsehautmomente und häuft diese in den letzten Kapiteln des Buches auf ein Maß, das definitiv nur den Großen dieses Faches vorbehalten ist.

Gleichzeitig stellt er sich selber auch wieder vor eine unheimlich große Herausforderung und eine Ausgangssituation, wie man sie auch schon von den Raben-Geschichten kannte. Die Story ist nämlich vorläufig abgeschlossen und größtenteils rund; und dennoch wird noch eine Menge passieren, da der gute Herr ja noch zwei weitere Bände zu füllen hat.

Es bleibt also die Frage, wie er diesem durchweg erhabenen Band noch einmal eins draufsetzen möchte. Aber wer die Historie des Autors etwas intensiver verfolgt hat, wird sich auch hier kaum Sorgen machen müssen. Wenn Barclay nämlich eines wirklich beherrscht, dann die Kunst, unter Druck Fantastisches zu kreieren. Ich schaue also voraus auf den im Herbst 2008 erschienen dritten Band – und erhole mich bis dahin noch von den beeindruckenden Vorgängen in „Der magische Bann“, einem Buch, das die Erwartungen trotz der besagten Vergleiche mal wieder vollkommen übertrifft!

|Originaltitel: Cry of the Newborn (Teil 2)
Übersetzt von Jürgen Langowski
Paperback, Broschur, 592 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52452-1|
http://www.heyne.de
http://www.theascendants.co.uk
http://www.ravengazetteer.com
http://www.jamesbarclay.com

_James Barclay auf |Buchwurm.info|:_

|Die Chroniken des Raben|:

[„Zauberbann“ 892
[„Drachenschwur“ 909
[„Schattenpfad“ 1386
[„Himmelsriss“ 1815
[„Nachtkind“ 1982
[„Elfenmagier“ 2262

|Die Legenden des Raben|:

[„Schicksalswege“ 2598
[„Elfenjagd“ 3233
[„Schattenherz“ 3520
[„Zauberkrieg“ 3952
[„Drachenlord“ 3953
[„Heldensturz“ 4916

|Die Kinder von Estorea|:

[„Das verlorene Reich“ 5328

Harris, Robert – Ghost

Robert Harris ist ein absoluter Ausnahme-Autor. Punkt. Ob man nun seine erschreckenden Zukunftsvisionen „Vaterland“ oder „Aurora“ zur Hand nimmt oder ihn durch ein Stück antike Geschichte in „Pompeji“ oder „Imperium“ begleitet: Der Mann erstaunt immer wieder mit einer begeisternden Tiefe, die weit über die eigentliche Geschichte des jeweiligen Romans hinausgeht. Mit „Ghost“ hat der britische Bestseller-Schreiber ein weiteres ambitioniertes Projekt aus der Taufe gehoben. Eine Art Abrechnung mit der Politik soll es sein – allerdings eine, die sich erwartungsgemäß nicht auf die üblichen Klischees des Polit-Thriller-Sektors stützt.

_Inhalt:_

Der kürzlich aus dem Dienst geschiedene britische Premier Adam Lang bereitet traditionsgemäß eine Nachlese zu seinem Abschied vor. Michael McAra, ein langjähriger Begleiter des Staatsoberhaupts, soll die Memoiren des einstigen Ministers schreiben und ihn so noch einmal als Ehrenmann würdigen. Doch McAra kommt auf mysteriöse Art und Weise ums Leben und räumt seinen Platz für einen Skandal-Biografen, der dafür bekannt ist, selbst die glattesten Karrieren bloßzustellen.

Doch als McAras Nachfolger seinen Dienst antritt, wird er mit zahlreichen ominösen Hindernissen konfrontiert. Er darf das Manuskript seines Vorgängers nicht aus seinem zeitweiligen Arbeitsplatz entnehmen, sieht sich einer verschworenen Mannschaft um den geschiedenen Politiker ausgesetzt und erlebt zudem, dass die Familienbande im Hause Lang deutlich angeknackst sind.

Verheerender als dies scheint jedoch der Umstand, dass die Gerüchte um einen unnatürlichen Tod McAras nicht abflauen. Unbedarft forscht Langs neuer Memoiren-Spezialist inkognito im Skript des Dahingeschiedenen und begibt sich schließlich auf dessen Spur. Als Lang dann auch noch öffentlich angeklagt wird, mit der CIA gemeinsame Sache gemacht zu haben und bei der Entführung und Folterung vier mutmaßlicher Terroristen beteiligt gewesen zu sein, scheint der Eklat perfekt. Ränke und Intrigen scheinen sich im Umfeld es Ex-Premiers zu manifestieren – und mittendrin steht ein Mann, der einen Mythos analysieren soll, der als solcher womöglich gar nicht existiert.

_Persönlicher Eindruck:_

Auf dem Buchrücken von „Ghost“ hat der Verlag die Anmerkung platziert, dass dieses Buch die endgültige Abrechnung mit dem Politiker Blair sein soll. Diese Suggestion weckt natürlich gewisse Erwartungen, die Harris jedoch nur bedingt erfüllen kann, vor allem aber auch nur bedingt erfüllen möchte. Der Autor beschäftigt sich nämlich im Wesentlichen keinesfalls mit einer Politiker-Biografie, sondern entblättert vielmehr das Leben einer Führungspersönlichkeit und die merkwürdigen Gerüchte und potenziellen Skandale, die sich um eine solche Existenz aufbauen können.

Der Ansatz ist dabei mal wieder unheimlich interessant und eröffnet dann auch die Parallele zu besagtem früheren Premier: Harris unterstellt eine Art Selbstbetrug durch die offensichtliche Fälschung des eigenen Handelns in der literarischen Nachlese. Mittels der karriereträchtigen Memoiren soll die politische Führung nicht nur beschönigt, sondern die gesamte Autobiografie ins Rosarote verschoben werden, damit die verdeckten Skandale und Affären unter dem Schwarzweiß-Druck für immer ins Reich der Mythen befördert werden. Gewohntermaßen hat der Autor hierzu wieder einige kluge Charaktere in den Plot eingebaut, wie etwa den Protagonisten, der die Geschichte aus seiner eigenen Perspektive erzählt, hierbei anonym bleibt, aber eben nicht den naiven Typen mimt, den die Lang-Familie für diesen Posten gerne gehabt hätte. Seine Ermittlungen und Analysen der Historie des Premierministers stoßen alsbald auf Widersprüche, die er wiederum dem peniblen Forschungsdrang seines offensichtlich nicht natürlich umgekommenen Vorgängers zu verdanken hat. Und hier beginnt die Geschichte eigentlich erst richtig …

Zu Beginn zieht sich die Handlung allerdings erst einmal ziemlich träge vorwärts. Die Zusammenkunft des Ghostwriters, der hier im Hintergrund für die rechte Politur der Memoiren sorgen soll, mit seinem Auftraggeber ist unspektakulär und langwierig, vor allem aber noch nicht besonders stimmungsvoll. Die Geschichte baut sich verhalten auf, wird dabei Gott sei Dank mit Harris‘ typischem, beißendem Zynismus vorangetrieben, kommt aber erst relativ spät auf den Punkt. In der Zwischenzeit zeichnet der Autor ein feines Diagramm des Lebens in der High Society und beleuchtet hierbei die menschlich-emotionalen Anteile, dies aber wiederum mit einer Nüchternheit, die zuerst abschreckt, dafür aber umgehend den Zugang zu den Personen verschafft. Viele paradoxe Gegebenheiten kommen in „Ghost“ zusammen und stellen letzten Endes die solide Basis für den Plot.

Die (politische) Brisanz hat sich Harris indes für den letzten Teil seines Romans aufgespart, dem Grand Finale, in dem er aber weiterhin auf Effektreichtum und große Ausschweifungen verzichtet und stattdessen ein echtes Drama ausmalt, das genauso rasant wieder beendet wird, wie es kontinuierlich bis zu einem gewissen Höhepunkt wahrlich begeisternd authentisch geschildert wurde.

Die Krux der Rezension besteht nun darin, auf dieses stille Meisterwerk aufmerksam zu machen, ohne jedoch die wesentlichen Inhalte zu verraten. Während dies allgemein jederzeit eine lösbare Aufgabe scheint, tut man sich diesbezüglich mit „Ghost“ unheimlich schwer. Es passiert im Grunde genommen gar nicht viel, doch das, was passiert, ist von einer solchen Tragweite, dass es durchaus auch langfristig zum Nachdenken anregt. Die Story ist pikant, der Umgangston meisterhaft, die Erzählung informativ, aber dennoch lebhaft und der tiefgründige Humor fabelhaft. Oder um es anders zu sagen: Harris hat es wieder geschafft, ein Buch zu schreiben, das gerade deshalb so gut zu ihm passt, weil es eigentlich gar nicht zu ihm zu passen scheint. Paradox? Auf jeden Fall. Aber das sind die Bücher des begnadeten Briten eigentlich immer – und dennoch so beängstigend realistisch.

_Fazit:_

„Ghost“ ist im Gesamtkatalog vielleicht das unauffälligste Buch von Robert Harris, deswegen aber sicher nicht weniger lesenswert. Enttäuschend ist lediglich das Ende, aber das womöglich auch deshalb, weil man ein Spektakel erwartet, das dieser Autor jedoch bewusst nicht liefert. Lässt man diesen Aspekt außer Acht, darf man sich wirklich über ein neues Klassewerk des Bestseller-Garanten freuen.

|Originaltitel: Ghost
Originalverlag: Heyne
Aus dem Englischen von Wolfgang Müller
Taschenbuch, Broschur, 398 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-40614-8|
http://www.heyne.de

Mehr von Robert Harris auf |Buchwurm.info|:

[„Vaterland“ 1485
[„Pompeji“ 274
[„Pompeji. Das Hörspiel“ 3530
[„Imperium“ 2916

Istin, Jean-Luc / Jigourel, Thierry / Lamontagne, Jacques – Druiden, Die – Band 1: Das Geheimnis der Oghams

_Story_

Zum Ende des fünften Jahrhunderts in der heutigen Bretagne: Die Stämme der Druiden sind vom Aussterben bedroht und scheinen den ständigen Auseinandersetzungen religiöser Gruppierungen und fanatisch Machtbesessener endgültig zum Opfer zu fallen. Der Glaube an die Magie wird schon längst nicht mehr von Mund zu Mund überliefert, als einer der Letzten seines Volkes, der legendäre Druide Gwenc’hlan, von einem befreundeten Glaubensbruder eingeladen wird, einige seltsame Ereignisse zu analysieren. Drei rätselhafte Morde erschüttern zwei eng miteinander verbundene Klöster. Allesamt wurden die Mönche enthauptet und gepfählt und schließlich mit einigen rätselhaften Symbolen versehen, deren Handschrift die der Druiden ist.

Gwenc’hlan und sein junger Schüler Taran sind erschüttert über die Verdächtigungen des Abts Gwenole, machen sich aber sofort daran, der mysteriösen Spur nachzugehen, um den angekündigten Untergang der Druiden durch die Hand der Glaubensbrüder zu verhindern. Doch nur Bruder Budog ist von der Unschuld der Druiden überzeugt und führt die beiden Freunde zum abstinent lebenden Bruder Ronan – doch der liefert den beiden einige noch schlimmere Erkenntnisse …

_Persönlicher Eindruck_

Ein schwieriges Thema, das sich die beiden Autoren Jean-Luc Istin und Thierry Jigourel da ausgesucht haben: ein historischer Comic, der jedoch gar nicht so historisch sein, die Stimmung eines elementaren Zeitalters aber dennoch authentisch wiedergeben soll – genau das steckt hinter „Die Druiden“, einem Dreiteiler, in dem einige verschollene Mythen wieder zum Leben erweckt werden sollen, um die Grenzen zwischen Realität und Fiktion auch in der illustrierten Kunst noch besser verweben zu können. Und was das betrifft, leistet der Auftaktband „Das Geheimnis der Orghams“ schon einmal richtige Schwerstarbeit …

Schwerstarbeit bedeutet in diesem Sinne jedoch, dass sich die Story im Aufbau und der Entwicklung der Handlung stellenweise wirklich schwertut, da die aneinandergereihten Fakten in dieser Form nicht immer einen ausgedehnten Spannungsbogen ergeben. Nachdem die ersten Szenen sich bereits mit der geheimnisvollen Mordserie beschäftigt haben und die kurzen Schwenks zu den Druidenstämmen schon eine ganze Menge verheißen, geht die Geschichte in der zweiten Hälfte dieser ersten Episode nur sehr schleppend voran. Die beiden Autoren nehmen sich recht viel Zeit, die Charaktere etwas näher vorzustellen, was an sich betrachtet auch völlig in Ordnung ist, den Erzählfluss aber dennoch ein wenig hindert. Gerade die Anfeindungen der einzelnen Glaubensbrüder gehen ein wenig unter, sind dabei aber maßgeblicher Teil des Plots und der Nährboden für die sich schleunigst anbahnenden Konflikte. Aber auch die Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Protagonisten sind nur relativ sporadisch aufgearbeitet und können der Geschichte nicht die nötige Brisanz unterjubeln. Erst wenige Sequenzen vor der Schlussszene bahnt sich etwas mehr Spannung an, die schließlich über einen gekonnten Cliffhanger die Hoffnungen für das nächste Kapitel von „Die Druiden“ wieder vergrößern.

Die wahre ‚historische‘ Inspiration, von der Istin und Jigourel in ihrem leicht verwirrenden Vorwort sprechen, scheint aber eher dem Eco-Roman „Der Name der Rose“ entliehen zu sein. Die Schauplätze, der Hintergrund und selbst manche Figuren gleichen den Inhalten aus dem viel gerühmten und kongenial verfilmten Bestseller und stellen den Leser phasenweise auf eine harte Probe. Viele Rezitationen und manchmal auch erwartete Wendungen ziehen sich durch den 48 Seiten starken Debütakt und hinterlassen einen zwiespältigen ersten Eindruck. Einerseits gelingt es dem Team nämlich, eine prächtige Atmosphäre zu kreieren und diese mit brillanten Zeichnungen zu unterlegen. Anderseits schleppt sich die Handlung an manchen Stellen etwas unbeholfen vorwärts und stützt sich zudem noch auf einige allzu vertraute Arrangements. Nun denn, lesenswert ist „Das Geheimnis der Oghams“ allemal; ausbaufähig ist das Ganze aber definitiv ebenfalls!

|Originaltitel: Les druides – Le mystère des Oghams
48 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-40-6|
http://www.splitter-verlag.de

Matena, Dick (Autor) / Lawrence, Don (Zeichner) – Storm 4: Die grüne Hölle

Band 1: [„Die tiefe Welt“ 5563
Band 2: [„Der letzte Kämpfer“ 5562
Band 3: [„Das Wüstenvolk“ 5564

_Story_

Mit ihrem neuen Gefährt, einem fortschrittlichen Aero-Gleiter, navigieren Storm und Rothaar durch eine Dschungellandschaft, in der sie von einigen Raubvögeln angegriffen und auf unsanfte Art und Weise getrennt werden. Während Rothaar von einer Horde mutierter Gestalten angegriffen wird, landet Storm im Baumhaus des respektierten Oldie, der in den Ebenen einer Dschungelstadt noch einen gewissen Respekt genießt. Als eine Horde wilder Affen die Hütte jedoch angreift, kann Storm nur noch mit Hilfe eines rebellischen Menschenaffen fliehen, bleibt allerdings bewusstlos zurück.

Derweil gerät Rothaar in die Hände des fiesen Toriander, der offensichtlich auf ein paar Überbleibsel der Erde im 21. Jahrhundert gestoßen ist und sich mit einer Schusswaffe eine Machtposition im Dschungel gesichert hat. Als Storm jedoch aufkreuzt, um seine Gefährtin wieder aufzulesen, ist der Strahler ihr kleinstes Problem. Auf ihrer erneuten Flucht stoßen die beiden nämlich auf eine viel weiter entwickelte Zivilisation, die zweifelsohne direkt mit dem Untergang der Erde vor Storms Expedition zum Jupiter in Verbindung steht.

_Persönlicher Eindruck_

Nach nunmehr bereits vier Ausgaben des neu aufgelegten Comic-Klassikers „Storm“ feiert die Serie eine neue Premiere. Entgegen aller vorschnellen Befürchtungen wird der Plot aber nicht schon wieder von einem neuen Autor übernommen; stattdessen beziehen sich die Änderungen auf das erweiterte Storykonzept, welches jetzt erstmals einzelne Rückschlüsse darauf zulässt, was tatsächlich geschehen ist, während Storm auf seiner Expedition zum Jupiter ein Jahr der Erde fernblieb.

Bevor es jedoch so weit ist, erlebt der Leser eine weitere actionreiche Episode, die sich einerseits zwar an den bereits bekannten, ja fast schon üblichen Strickmustern der Serie orientiert, andererseits aber wieder für eine Menge richtig guter Unterhaltung sorgt. Wieder einmal müssen sich Rothaar und Storm gegen eine Horde arroganter primitiver Wesen durchsetzen und gehen wie auch schon im letzten Teil weitestgehend getrennter Wege.

Interessant ist hierbei vor allem die untergeordnete Episode um Storm, der einem sprechenden Affen gegenübersteht und erstmals Zweifel darüber entwickelt, ob die Welt, in die er zurückgekehrt ist, tatsächlich nur über das geringfügige Know-how verfügt, das ihm vorgespielt wird. Kurze Zeit später erhält er schließlich eine ziemlich harte, in dieser Form sicher auch überraschende Antwort auf seine bislang gehegten Vermutungen. Er ist mitnichten in einer Zeitschleife gelandet, die ihn in die Vergangenheit des irdischen Zeitalters zurückkatapultiert hat. Stattdessen ist die Antwort viel plausibler und drängt die Serie erstmals richtig in die Science-Fiction-Ecke – wo sie aufgrund der längst offensichtlichen „Star Trek“-Affinität aber eigentlich schon von Anfang an hingehört.

Abgesehen vom klaren Wandel der Hauptstory ist „Die grüne Hölle“ aber auch für sich betrachtet eine richtig spannende Geschichte und als solche diejenige im bisherigen Releaseplan, deren Wendungen und Inhalte bis zuletzt am wenigsten vorhersehbar gewesen sind. Dies liegt vorrangig daran, dass die Bösewichte diesmal häufiger wechseln und die Quelle allen Übels im aktuellen Fall nicht sofort auszumachen ist. Dennoch ist der Schritt in den letzten Szenen sehr gewagt, denn es ist ein endgültiger, der den Fortgang der Story maßgeblich beeinflussen wird. Andererseits war er letzten Endes auch nötig, um die Handlung frisch zu halten und sie dauerhaft auch vorwärts zu bringen. Irgendwann musste zwangsläufig mehr kommen als einfach nur neue Landschaftsabschnitte mit ihren individuellen Tücken. Matena hat erstmals auch am Background gearbeitet und somit die Weichen für eine noch interessantere, aber eben auch handlungstechnisch andersartige Zukunft gerichtet. Ergo ist „Die grüne Hölle“ eine Schlüsselepisode innerhalb der Serie – aber eben auch eine, die diese Aufgabe überzeugend und mit einer richtig starken, noch nicht abgeschlossenen Story bewältigt!

So außergewöhnlich die Handlung, so speziell ist am Ende auch das Bonusmaterial, in dessen Info-Teil man noch einmal intensiver auf die Rolle Matenas im „Storm“-Universum eingeht. Und wie gehabt folgt auf der letzten Seite auch ein weiterer exklusiver Druck. Summa summarum: Hier dürfte jeder „Storm“-Fan wieder restlos glücklich werden!

|Originaltitel: Storm – De Groene Hel
64 Seiten Farbdruck, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-51-2|
http://www.splitter-verlag.de/

Bichebois, Manuel (Autor) / Poli, Didier (Zeichner) – Kind des Blitzes 2: Wo sich die Winde kreuzen

Band 1: [„Blutsteine“ 5557

_Story_

Algärd und seine Armee stürmen Laiths Heimatdorf und machen den versteckten Ort der wäldlichen Idylle mit einem Schlag dem Erdboden gleich. Nur knapp gelingt es dem kaum akzeptierten Jungen mit den besonderen Fähigkeiten, vor der brutalen Hand seiner Jäger zu fliehen, allerdings kann er die Schuldgefühle seiner neuen, ermordeten Familie gegenüber in der Folgezeit nicht mehr abschalten. Laith macht sich für das Attentat verantwortlich und wird zunehmend verbitterter, bekommt jedoch die Chance, einen Teilschaden wieder gutzumachen, als es ihm gelingt, die ebenfalls geflohenen Kinder, seine alten Freunde, mit einem Luftschiff zu retten. Und auch Algärd bekommt seine gerechte Strafe, als die Hoheit von Medillum über sein menschenverachtendes Treiben informiert wird und ihn infolge dessen vor ein Kriegsgericht stellen möchte.

Doch das Chaos will nicht enden: Eine weiterer Anfalls Laiths bringt das Luftschiff zum Absturz und versetzt ihn für Wochen in Bewusstlosigkeit. Und während die Kinder an einem fremden Ort langsam wieder zu sich kommen und die Vergangenheit verarbeiten, schmiedet der angeklagte Heeresführer bereits wieder Pläne, wie er seiner Verurteilung aus dem Weg gehen kann …

_Persönlicher Eindruck_

In der zweiten Episode von Manuel Bichebois‘ erfolgreichem Comic-Debüt „Kind des Blitzes“ geht es gleich noch eine ganze Spur turbulenter zu als noch im vielversprechenden Auftaktband. Die Geschichte wird zunehmend düsterer und gewinnt vor allem an Tragik, im Zuge dessen aber auch an kleinen Grausamkeiten. Mit dem Angriff auf das Dorf im Wald ändert sich nicht nur die Ausgangslage für die Story, sondern auch der gesamte Background der Charaktere und letzten Endes natürlich auch derjenige des Protagonisten Laith. Der heranwachsende Jugendliche spürt langsam eine Art Hass in sich aufkeimen, der von ständigen Selbstzweifeln genährt wird und ihn als Person auffällig verändert.

Allerdings lässt der Plot vorerst kaum Freiräume für drastische Charakterentwicklungen, da das Tempo nach wie vor übermäßig hoch ist und der Autor geradezu von Schauplatz zu Schauplatz rast, um nur die wichtigsten Inhalte unterzubringen. Zwischenzeitlich stellt sich daher dann doch mal die Frage, ob Bichebois die Handlung nicht besser auf vier Episoden angesetzt hätte. Immerhin durchlebt Laith hier nicht nur kleine Abenteuer, sondern permanent brisante, lebensgefährliche Gefechte.

Mit etwas Distanz wird man jedoch feststellen, dass der neue Stern am französischen Comic-Autoren-Himmel wieder alles richtig gemacht hat, da sich die durch die kurze Hektik bedingten Ungereimtheiten schnell in Luft auflösen und die Story schlicht und einfach diesen rasenden Fortschritt braucht, um den hohen Level zu halten. Dies zeigt sich eben gerade in jenen Szenen, in denen potenziell mal ein paar Atempausen möglich wären bzw. die mit etwas mehr Dialog und weniger Action gefüllt sind. Auch wenn hier der Tiefgang definitiv nicht vermisst wird, wartet man regelrecht darauf, dass sich die Ereignisse weiter in Bewegung setzen und Laith und seine unzähligen Gegenspieler wieder hervortreten, um ihre Pläne zu forcieren.

Unterstützt wird das Ganze von der zunehmend finsteren Atmosphäre, die sich erneut sehr stark in den Illustrationen widerspiegelt, aber auch in den schicksalhaften Momenten der Story reflektiert ist. Entscheidende Todesfälle, Vergeltungsakte und eine allgemeine Verbitterung markieren ihren Pfad durch die Geschichte und manifestieren sich in dieser zweiten Ausgabe sehr deutlich als prägendes Element. Die Geschichte profitiert hiervon insofern, als wirklich jeder Schritt absolut authentisch wirkt und man zu keiner Zeit an der Glaubwürdigkeit von Personen und Plot zweifeln muss – und auch das ist für eine Fantasy-Darbietung durchaus beachtlich.

Ein letztes entscheidendes Merkmal, welches schließlich auch „Wo sich die Winde kreuzen“ zu seiner Besonderheit verhilft, ist die Unberechenbarkeit in allen Perspektiven. Natürlich ist hiermit in erster Linie die Handlung gemeint, doch auch im Bereich der Zeichnungen geht Didier Poli den ideenreichen Weg seines Texters mit und wandelt das illustrierte Gesamtbild chamäleonid immer wieder der Stimmung der Story entsprechend. Ähnlich wie auch schon im Debüt-Band kann man daher nur staunen, wie viel Input in und zwischen den Bildern untergebracht wird und wie die vielen Inhalte miteinander verschmelzen. Hier und dort mag es vielleicht etwas zu schnell vorangehen, doch was die generelle Entwicklung von „Kind des Blitzes“ anbelangt, bleibt auch beim mittleren Part nur ein Fazit: Dieser Comic ist ein kleines Meisterwerk!

|Originaltitel: L’enfant de l’oracle – La croisée des vents
47 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-26-0|
http://www.splitter-verlag.de

Ange / Varanda / Démarez – Legende der Drachenritter, Die – Band 7: Die Sonne wiedersehen

Band 1: [„Jaina“ 3349
Band 2: [„Akanah“ 3585
Band 3: [„Das leblose Land“ 3826
Band 4: [„Brisken“ 4153
Band 5: [„Schlossgärten“ 4749
Band 6: [„Jenseits der Berge“ 5143

_Story_

Das Übel breitet sich fortwährend aus und scheint auch vor einer großen Stadt in der Nähe des Vulkans nicht haltzumachen. Die vier Abgesandten der Drachenreiter unter der Führung der waghalsigen Vaune versuchen dennoch, die Chance zu nutzen und bei der Führung einen Evakuierungsbefehl für die ahnungslosen Bewohner zu erwirken.

Doch die Bereitschaft, den Drachenrittern eine Audienz zu gewähren, hält sich in Grenzen, da man ihren Behauptungen keinen Glauben schenkt. Stattdessen widmet man sich lieber den Sklavengeschäften und dem Missbrauch sämtlicher Menschenrechte, die selbst die wenig sensible N’Aria kaum mehr tolerieren mag. Als sie mit einigem Nachdruck dann endlich in die Gemächer des Adels gebeten werden, wird das Gespann gleich doppelt überrascht – einmal von der eigenen Naivität, und zum anderen von der Heimtücke des Adelsgeschlechts, das längst von der Seuche befallen ist, sich aber noch stärker als überlegene Rasse betrachtet. Die nächste Schlacht beginnt …

_Persönlicher Eindruck_

Nachdem die letzten Kapitel um den Orden der Drachenritter teilweise recht blutig und actionreich gezeichnet waren, scheint es in der aktuellen Episode wieder eine Spur gemäßigter und kontrollierter zuzugehen. Die neuen Charaktere wirken abgebrühter, und die Rahmenhandlung erweist sich auf den ersten Seiten als durchschaubares Politikum mit absehbaren Folgen. Allerdings hätte das Autorenteam Ange nicht schon so guten Zuspruch zu dieser Serie erlangt, wenn es ihnen in der Vergangenheit nicht so oft gelungen wäre, die gesamte Story immer wieder auf den Kopf zu stellen und mit unkonventionellen Konzepten eine Serie von bislang sechs unabhängigen Bänden mit geradezu gleich hoher Überzeugungskraft zu kreieren. Und diesbezüglich bildet auch „Die Sonne wiedersehen“ keine Ausnahme!

Die Geschichte entwickelt sich unter steigendem Tempos recht schnell zu einer ziemlich dramatischen Tragödie, die an vorderster Stelle natürlich von den jungfräulichen Rittern berichtet, gleichzeitig aber auch das Schicksal von versklavten, gerade mal pubertären Kindern aufrollt, welches unmittelbar mit dem gespenstischen Treiben in der Stadt zusammenhängt. Erst einmal unabhängig voneinander werden so die Geschichte der hoffnungslosen Drachenritter und ihrem hehren Plan sowie das Drama um ein junges Mädchen erzählt, welches in der Rolle als Dienerin von der bevorstehenden Bedrohung erfährt und gemeinsam mit einigen anderen Kindern die Flucht plant – doch dann kommt ihr eine teuflische Machtdemonstration des anrüchigen Adels in die Quere.

An sich gleicht die Handlung rein strukturell sehr stark der letzten Trilogie dieser Serie, gerade was das Erzähltempo betrifft. Nach einem kurzen Intro ist man erneut von einer äußerst brisanten Ausgangssituation umgeben, die von den Autoren konsequent genutzt wird, um ein sehr actionreiches, in diesem Sinne aber nicht plumpes Storyboard zu erstellen. Die Drachen greifen lebendiger als zuvor in den Plot ein, auf allen Handlungsebenen wird die Dramaturgie verschärft, und selbst wenn Vaune als Hauptcharakter nicht immer überzeugend ist, so sind auch die Figuren in „Die Sonne wiedersehen“ zum wiederholten Male sehr individuell und außergewöhnlich – und davon profitiert die Story in diesem Fall definitiv am meisten.

Grafisch ist ferner alles bestens. Die Jungfrauen erfreuen sich einiger freizügiger Darstellungen, die Action wird darüber hinaus ziemlich effektvoll untermalt, und auch die verwandelten Unterdrücker – konzeptionell ein Markenzeichen dieser Reihe – machen optisch eine Menge her. Die Kombination ist demzufolge stimmig, die Story selber überzeugend. Damit setzt sich der positive Trend serienintern weiter fort und macht „Die Legende der Drachenritter“ mittlerweile auch zu einem der wichtigsten und besten Formate im Fantasy-Programm des |Splitter|-Verlags – eine Feststellung, die zu Debützeiten sicher noch nicht absehbar war, dafür heute aber umso erfreulicher ist!

|Originaltitel: La geste des chevaliers dragons – Revoir le soleil
48 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-939823-41-4|
http://www.splitter-verlag.de/

Hayes, Kevin (Autor) / Herzog, Ulli (Regie) – Jan Tenner 36: Der Höllenplanet

Folge 34: [„Angriff der Puppenkönigin“ 5509
Folge 35: [„Der schwarze Tod“ 5510

_Besetzung_

Erzähler: Ulli Herzog (ebenfalls Dialogregie für „Bibi Blocksberg“)
Jan Tenner: Lutz Riedel (Timothy Dalton, Udo Kier, Jonathan Pryce)
Laura: Marianne Groß (Angelica Huston, Cher)
Professor Futura: Klaus Nägelen
General Forbett: Heinz Giese (Yul Brynner)
Mimo: Wilfried Herbst (Charles Hawtrey, Morten ‚Benny‘ Grunwald)
Professor Zweistein: Klaus Miedel (Dean Martin, Yul Brunner)
Seytania: Almut Eggert (Ursula Andress, Kelly Bishop)
König Maya: Manfred Rahn

Regie: Ulli Herzog
Buch: Kevin Hayes
Ton: Carsten Brüse
Musik: Jutta Stahlberg

_Story_

Jan Tenner und seine Freunde werden auf einen Notruf aufmerksam, der von teuflischen Zuständen auf einem fernen Planeten kündet. Sofort reist das Quartett mit dem |Silbervogel| an den Rand der Galaxis, um das bedrohte Volk, welches im Funkspruch um Hilfe bittet, zu unterstützen, wird dabei aber grob getäuscht: Schon bald befinden sich der Professor und seine Helfer in einer Hölle aus Lava und feurigen Monstern, welche den Erdlingen nach dem Leben trachten.

Und als sei dies nicht schon genug, meldet sich auch prompt der verrückte Zweistein wieder, der mit Seytanias Hilfe eine teuflische Falle aufgebaut hat, durch die er an den |Silbervogel| herankommen möchte. Jan, Laura, Forbett und Futura haben die Wahl: Entweder überlassen sie ihrem ärgsten Konkurrenten das Schiff, oder sie verbrennen mit ihm zusammen auf dem Höllenplaneten …

_Persönlicher Eindruck:_

Mit der Vervollständigung des dritten Dutzends widmet sich Autor Kevin Hayes einmal mehr den Auseinandersetzung zwischen Tenner und Co. auf der einen und Zweistein und Seytania auf der anderen Seite, in diesem Fall aber leider ein bisschen berechnend. Die Geschichte beruht stellenweise einfach zu stark auf den gängigen Serienklischees und wirkt in ihrer Konzeption auch wenig glaubhaft, da die Charaktere nur selten auf Basis von nachvollziehbaren Motiven handeln. Bereits mit dem ungewöhnlichen Einstieg bricht man mit einigen Traditionen, zum Beispiel mit jener, dass die vier Helden überlegt in ihre Abenteuer ziehen. Zu offensichtlich lauert hinter dem undeutlichen Funkspruch eine Falle, deren Initiator ebenfalls nur auf einen Namen hören kann: Zweistein.

Davon abgesehen, sind auch die Zweckbündnisse auf der Gegenseite nicht wirklich glaubwürdig ausgearbeitet. Weder Seytania noch Zweistein gewinnen echte Vorteile aus ihrer kurzzeitigen Gemeinschaft, davon abgesehen, dass sie Tenner und seinem Gefolge erheblichen Schaden zufügen können. Doch dies allein ist noch nie das Motiv der beiden feindlichen Protagonisten gewesen, so dass Teile der Geschichte bisweilen suspekt erscheinen – oder etwas abgeschwächt formuliert: In „Der Höllenplanet“ harmoniert nicht alles so, wie man es aus früheren Episoden gewohnt ist.

Andererseits sind die Sprecher wieder mit Leib und Seele dabei und schaffen es stellenweise sogar, die weniger logischen Schritte der Handlung wettzumachen. Klaus Miedel ist in der Rolle des verrückten Chamäleons Zweistein mal wieder in seinem Element und verkörpert den wechsellaunigen Professor mit größter Leidenschaft. Ebenfalls wieder eine Klasse für sich ist Heinz Giese, der als General Forbett langsam dem großen Schatten von Jan Tenner / Lutz Riedel entwachsen ist und mit flotten Sprüchen für den nötigen Humor sorgt – und dies natürlich im steten Duell mit seinen Teamkameraden.

Dementsprechend ist die allgemeine Präsentation immer noch sehr ordentlich, auch wenn der Spannungsaufbau ein wenig darunter leidet, dass die Handlung über weite Strecken zu vorhersehbar gestaltet ist. Dies ist alles in allem auch die einzige Schwäche, die aus den eben genannten Schwierigkeiten resultiert und einen Einfluss auf den eigentlichen Hörspielgenuss hat. Sieht man darüber hinweg – und das fällt bei einer ambitionierten Reihe wie „Jan Tenner“ schon ein ganzes Stück leichter als bei vergleichbaren Konkurrenztiteln -, erlebt man immer noch eine ansprechende Inszenierung in einem erneut anständig aufgemachten Setting.

|Empfohlen ab 8 Jahren
ISBN-13: 978-3-86714-150-5|
http://www.jan-tenner.de
http://www.jan-tenner.net
http://www.jan-tenner.info
http://www.maritim-produktionen.de

Rogers, Eric – Simpsons Comics 147

_Inhalt_

|“Konkurrenz verdirbt das Geschäft“|

Als Bart und Homer sich in ihren Stormtrooper-Uniformen in ihre Phantasie als Star-Wars-Krieger stürzen, wirkt Marge schrecklich genervt. Sie bittet die beiden, ihre alten Spielzeuge endlich zu entsorgen, was Vater und Sohn so aber nicht hinnehmen wollen. Bei der Suche nach Alternativ-Müll entdecken sie auf dem Speicher Grandpas Comic-Sammlung. Bart erkennt sofort das Potenzial, und kurze Zeit später machen die beiden ihren eigenen Laden direkt gegenüber vom Shop des berüchtigten Comic-Typen auf. Stress ist vorprogrammiert – zumal Abraham Simpson die Comics gar nicht zum Verkauf freigegeben hat und das Geld zur Sanierung des Altenheims selber dringend benötigt …

_Persönlicher Eindruck_

De facto sind die Geschichten um den völlig besessenen Comic-Verkäufer zumeist in den Top-Listen der Simpsons-Fangemeinde vorzufinden, was unter anderem natürlich auch damit zusammenhängt, dass die serieneigene Klischeebesessenheit hier stellenweise am deutlichsten zum Tragen kommt. Diesbezüglich macht die 147. Ausgabe der deutschsprachigen „Simpsons Comics“ absolut keine Ausnahme, zumal Homer und Bart hier in ihrem Wahn ähnliche Züge annehmen wie der berühmt-berüchtigte Freak und schließlich immer deutlicher zu völlig weltfremden Nerds mutieren.

Die Story an sich ist wirklich klasse und wird gewohntermaßen von unzähligen netten Nebenspielsplätzen ausgeschmückt. Da ist unter anderem der seltsame Lagerbestand von Grandpa Simpson, in dem sich unter anderem Requisiten von uralten Hollywood-Produktionen befinden, natürlich der etwas eigenwillig geführte Comic-Laden der beiden frischgebackenen Geschäftsleute, Nelsons plötzliches Interesse für die Entwicklungen der amerikanischen Wirtschaft und nicht zuletzt der teils bösartige Affront gegen die Entwicklungen in der Branche der Seniorenbetreuung. Eric Rogers und Bill Morrison nehmen kein Blatt vor den Mund und sparen weder Peinlichkeiten noch Klischees aus – und davon lebt diese neue Episode mehr denn je.

Selbst die angefügte Mini-Story im Anschluss kann von diesen pikanten Zutaten zehren und mischt sich prächtig mit dem teils sogar recht böswillig inszenierten Hauptplot, der erneut zu den echten Highlights in der illustrierten Karriere Springfields gehört. Da braucht es dementsprechend auch nicht vieler Worte, um das Fazit auf den Punkt zu bringen: Dieser Comic ist ein adäquates Äquivalent zur starken TV-Reihe!

[Die Simpsons bei Panini]http://www.paninicomics.de/?s=serie&gs__gruppe=22

Lodewijk, Martin (Autor) / Lawrence, Don (Zeichner) – Storm 2: Der letzte Kämpfer

Band 1: [„Die tiefe Welt“ 5563

_Story_

Gerade erst hat der einstige Astronaut Storm sein erstes Abenteuer auf dem barbarischen Planeten bestanden, der einst seine Heimat, die Erde, war, da rennt er mit seiner neuen Gefährtin Rothaar auch schon ins nächste Unglück: Ein Abgesandter der Wüstenstadt Soamandrakisal nimmt die beiden gefangen und verkauft sie an den Wanderzirkus des hinterlistigen Meisters Cush.

Ohne Aussicht auf eine erfolgreiche Flucht, ordnen sich die beiden ihrem neuen Meister unter, erkennen aber bald auf dessen intrigante Methoden, als Storms Ausbilder im Kampf zu einer Opferung in der nächsten Stadt gezwungen wird. Der gestrandete Erdenbürger widersetzt sich daraufhin der Obrigkeit und wird verdammt, als Champion der Stadt im Palais des Todes das Artefakt der Macht zu befreien.

Seit Jahrhunderten scheitern die Helden der angrenzenden Städte an dieser Prüfung und büßen mit ihrem Leben. Doch Storm lüftet das grausame Geheimnis dieses finsteren Verlieses; das Palais ist ein altes Kriegsschiff aus der Zeit vor dem Sturz der Bevölkerung und seiner eigenen Rückkehr zur Erde. Doch als er die Prüfung besteht und das Abkommen mit dem Rat der Stadt einlösen möchte, wird der frustrierte Astronaut ein weiteres Mal hintergangen …

_Persönlicher Eindruck_

Kult – dieser Begriff wird immer mal wieder gerne strapaziert, wenn es um die Neuauflage alter Comic-Ausgaben geht, insbesondere im Superhelden-Metier. Don Lawrences erfolgreicher Einzelkämpfer Storm fällt zwar nicht direkt unter dieses Genre, gehört aber definitiv zu den wenigen Figuren des frühen Action-Comics, die mit einem vorzüglichen Kultfaktor aufwarten können.

In der zweiten Ausgabe gibt es ein Wiedersehen mit dem gestrandeten Astronauten und seiner neuen Verbündeten Rothaar, die sich im Doppelpack gegen die Tücken einer durch und durch primitiven Welt kämpfen. Wie auch schon in der ersten Episode des Remakes gibt es zahlreiche Anspielungen auf die menschliche Historie, die jedoch in ihrer neuartigen Kombination und Interpretation recht schnell ein Eigenleben entwickeln und daher auch gar nicht den Eindruck einer Persiflage, geschweige denn einer gezielten Ableitung entwickeln. Korrupte Spiele, manipulierte Gladiatorenkämpfe und Sklaverei betonen zwar die Nähe des Settings zum alten Rom, da dies jedoch mit fast noch barbarischeren Charakteren und einer modernen Kriegsmaschine verbunden wird, entsteht auch hier in kürzester Zeit ein einigermaßen skurriler Background, der nahtlos an die sympathische Kulisse auf „Die tiefe Welt“ erinnert.

Abgesehen davon wird die Geschichte auch konsequent fortgesetzt, entpuppt sich jedoch als selbständiger Ableger mit eigenem Storyboard und nur losen Verbindungen zum ersten Teil. Die beiden tragenden Figuren sind nunmehr bekannt, jedoch gewährt ihnen der neue Autor Martin Lodewijk, der im Übrigen unmittelbar an der Schöpfung der Comic-Figur Storm beteiligt war, eine Menge Raum zu einer steten Fortentwicklung, wodurch sich besonders der Titelheld alsbald zu einer echten Kämpfernatur mausert. Dies steht zwar im Zusammenhang mit einer Reihe denkwürdiger Klischees, die jedoch vor dem Hintergrund des Entstehungsjahres dieses Kapitels gerne hingenommen werden. Und ganz nebenbei: Es ist zu bestreiten, ob „Storm“ ohne derart geregelte Strukturen und eine gewisse Berechenbarkeit, die hinter den Story-Arrangements steht, überhaupt so gut funktionieren könnte.

Wie auch immer: „Der letzte Kämpfer“ ist eine richtig gute Geschichte, gelegentlich zwar mit Entwicklungen, die sich vorab erahnen lassen, letzten Endes aber mit einem ansehnlichen Spannungsbogen, definitiv legendären Action-Sequenzen und einem unwiderstehlichen Protagonisten. Hinzu kommt schließlich noch eine wirklich ideenreiche Präsentation von Altmeister Lawrence, der das außergewöhnliche Setting raffiniert zu einigen Kunststücken nutzt, die gerade in den Schlusssequenzen für die noch verbleibenden Akzente sorgen.

Die Collector’s Edition aus dem Hause |Splitter| garantiert zu guter Letzt eine üppige Aufmachung und, wie schon im ersten Band, eine Menge Extras. Wieder gibt es zahlreiche Hintergrundinformationen zur Entstehung, exklusive Zeichnungen und als Gimmick einen weiteren gravierten Druck auf der letzten Seite. Kurzum: Darauf sollte man als Comic-Liebhaber auf keinen Fall verzichten!

|Originaltitel: De laatste Vechter
64 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-48-2|
http://www.splitter-verlag.de

Varesi, Valerio – Schatten von Montelupo, Die. Commissario Soneri kommt ins Grübeln

_Story_

Nach dem Abschluss seines letzten Falls begibt sich Commissario Soneri für einen Heimaturlaub in die bergische Landschaft der Apenninen. Doch die Reise in die wohlige Wärme der Vergangenheit entpuppt sich für den stillen Polizeibeamten sehr schnell als Alptraumszenario, in welches Soneri unfreiwillig wieder als Ermittler hineingezehrt wird.

Der alternde Fleischerei-Fabrikant Palmiro Rodolfi verschwindet spurlos, was den Bewohnern des kleinen Heimatstädtchens des Commissarios jedoch erst auffällt, als ein Aushang darauf hinweist, dass man sich keine Sorgen um Rodolfi machen soll. Doch schon kurze Zeit später überschlagen sich die Ereignisse: Auch Palmiros Sohn Paride ist verschwunden und hinterlässt mit seinem Vater den reichen Familienbesitz, der einzig und allein aus dem Geld der Mitarbeiter und Einwohner des Orts am Montelupo entstanden ist. Als schließlich die erhängte Leiche des alten Rodolfis entdeckt wird, muss Soneri notgedrungen eingreifen und das bis dato harmonische Bild seiner Heimat Schritt für Schritt in ein rechtes Licht rücken.

Während die Carabinieri sich mit der Spurensuche befassen, initiiert ihr Capitano eine blutige Hetzjagd auf den scheinbar flüchtigen Ex-Gefährten des Erhängten, was sich später als fataler Irrtum herausstellen soll. Bis dahin verstirbt aber nicht nur ein Polizist, sondern auch die Seele des Commissarios, dessen Rückzug in die Vergangenheit auch das Ende einer lange gelebten Illusion zu sein scheint …

_Persönlicher Eindruck_

In der neuen Episode der Soneri-Krimis entscheidet sich Valerio Varesi für einen recht melancholischen Einsatz, der zunächst mit kaum einem der bisherigen Romane um den umtriebigen Commissario zu vergleichen ist. Der Autor zieht seinen Protagonisten aus der Großstadt heraus und bringt ihn auf erstaunlich unkonventionelle Weise zu seinem neuen Fall, der grob betrachtet eigentlich gar keiner ist – jedenfalls keiner, der für Soneri selbst bestimmt ist. Aber ein Beamter dieses Dienstgrads kann sich nicht entziehen, wenn um ihn herum gemordet wird – gerade dann, wenn er indirekt auch persönlich von den Ereignissen betroffen ist. Doch wie weit deren Einfluss auch auf seine Person und Vergangenheit reicht, ahnt der Hauptdarsteller Varesis noch gar nicht …

Die Geschichte erweist sich von den ersten Seiten an als ein grober Einschnitt in die angenehme Idylle des Commissarios. Zum ersten Mal werden auch die Gefühle Soneris angesprochen, obschon dieser im Laufe der Handlung nur selten zu seiner Bedrückung stehen möchte. Doch die Geschehnisse in seiner Heimat, welche ihm eigentlich nur als relaxter Rückzugsort dienen und ihn von den jüngsten Strapazen in Parma befreien soll, gehen auch abseits der eigenartigen Attentate nicht an ihm vorbei.

Seit langer Zeit ergeben sich wieder Spuren zu seinem Vater, zu dem Soneri immer ein ganz besonderes Verhältnis hatte, der ihm aber dennoch bis zu seinem Tod ein Buch mit sieben Siegeln blieb. Diese Beziehung wird zwischen den Zeilen ebenso aufgearbeitet wie Soneris Traumvorstellung der dörflichen Harmonie, die mit seiner Rückkehr und dem Tod des Rodolfi-Clans nun mit einem Schlag zusammenzubrechen droht. Mit größeren Schritten geht er zurück in die Vergangenheit seiner selbst, unterwirft sich dabei größeren Qualen, als er realisiert, dass er bisweilen in einer Scheinwelt gelebt hat, hinter deren Kulissen Intrigen gesponnen und Betrugsserien geplant wurden, muss aber dennoch halbwegs unbefangen an die neue Situation herangehen, da seine Profession als Polizeibeamter dies von ihm verlangt.

In diesem Sinne darf man natürlich gerne sagen, dass Soneris Abenteuer am Montelupo sein bisher schwierigstes ist, zumindest was sein nunmehr angeknackstes Seelenleben angeht. Der merkwürdige Tod Rodolfis und die vielen verborgenen Geheimnisse aus dem Umfeld des Wurstfabrikanten sind belastend und versagen ihm jegliche Chance, emotionslos an die Sache heranzugehen, geschweige denn die steigenden Zweifel auszuräumen und einfach wieder in seinen heutigen Alltag zurückzukehren. Die Tragödie ist schon bei ihrem Eintritt zu weit fortgeschritten und verändert den Commissario als Person und in seinem Handeln – und zumindest dies ist eine sehr gute Grundlage und auch einer der Parts, welche dieses Buch auch als ein besonderes in seiner Serie auszeichnen.

Andererseits werden Krimi-Fans gegebenenfalls etwas enttäuscht sein, da die eigentliche Kriminalhandlung zugunsten einer tiefgreifenden Betrachtung der Persönlichkeit Soneri gelegentlich ins Hintertreffen gerät. Zwar entwickelt sich insbesondere die actionreiche Hetzjagd im zweiten Abschnitt des Buches zu einer nervenaufreibenden Angelegenheit, doch da viele Elemente der Ermittlungen von vornherein zu offensichtlich sind, fehlt es hier stellenweise schon am entsprechenden Nervenkitzel. Zumindest in dieser Hinsicht war Varesi schon einmal besser in Form.

Nichtsdestotrotz sollten sich Soneri-Liebhaber diesen Roman ins Regal stellen. Die Geschichte ist gut und bietet bisweilen sogar ein wenig ungeahnten Anspruch, der über die stillen Ermittlungsarbeiten des Commissarios hinausgeht. Und da man in diesem Buch mehr über den heimlichen Helden erfährt als in allen bisherigen Episoden zusammen, kommt man an „Die Schatten von Montelupo“ schon fast nicht mehr vorbei.

|Originaltitel: Le ombre di Montelupo
Deutsch von Karin Rother
287 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-499-24488-9|
http://www.rowohlt.de

Mehr von Valerio Varesi auf |Buchwurm.info|:

[„Der Nebelfluss. Commissario Soneri sucht eine Leiche“]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=1587
[„Die Pension in der Via Saffi. Commissario Soneri blickt zurück“ 3001
[„Lichtspiele. Commissario Soneri geht ins Kino“ 5332

Hayes, Kevin (Autor) / Herzog, Ulli (Regie) – Jan Tenner 35: Der schwarze Tod

Folge 34: [„Angriff der Puppenkönigin“ 5509

_Besetzung_

Erzähler: Ulli Herzog (ebenfalls Dialogregie für „Bibi Blocksberg“)
Jan Tenner: Lutz Riedel (Timothy Dalton, Udo Kier, Jonathan Pryce)
Laura: Marianne Groß (Angelica Huston, Cher)
Professor Futura: Klaus Nägelen
General Forbett: Heinz Giese (Yul Brynner)
Nachrichtensprecher: Heinz Rabe
Mimo: Wilfried Herbst (Charles Hawtrey, Morten ‚Benny‘ Grunwald)
Soldat: Udo Schenk (Ray Liotta, Kevin Bacon, Ralph Fiennes, Gary Oldman …)
Sam: Oliver Naujocks
Dad Foster: Claus Jurichs (Peter Gilmore, Ken Kercheval)
Nachrichtensprecher: Manfred Rahn

Regie: Ulli Herzog
Buch: Kevin Hayes
Ton: Carsten Brüse
Musik: Jutta Stahlberg

_Handlung_

Mr. Foster und sein Sohn Jam machen im Rocky-Tal eine seltsame Begegnung: Ein alles umschließender Nebel verwandelt die Landschaft in ein unsichtbares Nichts und verschlingt schließlich Sams Vater. Als Futura und seine Freunde davon erfahren, ist das Tal bereits zur militärischen Sperrzone erklärt worden.

Jan und Laura wagen schließlich einen ersten Ausflug in den eigenartigen Nebel und stellen dabei fest, dass es sich hierbei um ein ähnliches Konstrukt handelt wie seinerzeit in Logars Universum. Ein weiterer Ausflug schafft schließlich die endgültige Gewissheit – und verwandelt Tenner schleichend in eines jener Monster, welche innerhalb des Nichts gefangen sind. Ein Anti-Serum bewahrt Jan vor Schlimmerem; denn schließlich hat nur er den Mut, die Anti-Materie-Bombe in den Krisenherd abzulegen, um das Nichts zu beseitigen, bevor es Westland und später die Erde auffrisst …

_Persönlicher Eindruck_

Seytania wurde besiegt, Logar auf Distanz gehalten und Zweistein eventuell sogar vernichtet – und dennoch ist der Einfluss des typischen Schurkenheeres auf Westland immer noch spürbar. In diesem Fall müssen sich Jan Tenner und seine Freunde jedoch selber für die bedrohlichen Entwicklungen in ihrer Heimat verantwortlich machen, denn scheinbar ist die neblige Erscheinung ein unfreiwilliger Export aus dem dunklen Imperium und dem Krieg gegen die Mächte des Nichts, den Logar dort, früher noch im Beisein des Quartetts, führte. Dementsprechend weiß der beliebte Forschertrupp allerdings auch relativ bald, mit welchen Waffen und Ideen man der sich ausbreitenden Katastrophe beikommen kann, jedoch drängt auch dieses Mal wieder die Zeit.

Insofern ergibt sich schnell ein recht bekanntes Szenario, welches von einem geradezu überambitionierten Lutz Riedel beinahe alleine getragen wird, gleichzeitig aber auch zu einem seiner stärksten Auftritte gehört. Stellenweise werden Erinnerungen an die Anfänge der Serie wach, denn einerseits hat die finstere Bedrohung etwas von der „Landung der Giganten“ und der „Gefahr aus dem All“, andererseits sind auch Elemente aus „Finsternis über Westland“ zu erkennen, so dass der Innovationspreis zumindest serienintern für dieses 35. Kapitel nicht vergeben werden darf.

Davon abgesehen, ist die Präsentation der Story wieder erstklassig. Die Sprecher sind in bester Form, die Klangkulisse sorgt für eine packende Atmosphäre, und auch inhaltlich werden wieder reihenweise Rezitationen eingebaut, die sich zum großen Puzzle des Jan-Tenner-Kosmos‘ zusammenfügen. Immer noch spielt das dunkle Imperium eine Rolle, und auch wenn die Protagonisten der anderen Seite in dieser Folge nicht zum Vorschein kommen, so ist ihr Einfluss ständig spürbar.

Lediglich das Finale ist eine Spur zu pathetisch geraten. Zwar muss man sich in diesem Zusammenhang die durchaus jugendliche Zielgruppe des Hörspiels in Erinnerung rufen, allerdings hätte man das Szenario um Sam und seinen Vater insgesamt einfach etwas runder gestalten können. Die Hollywood-Sequenzen im Schlusspart sind nämlich diesmal völlig serienuntypisch, wenn auch ein Aspekt, den man bedenkenlos verkraften kann. Aber insgeheim wäre mancher Abschnitt hier vielleicht gar nicht mehr nötig gewesen.

Sei’s drum: „Der schwarze Tod“ setzt sich zwar aus vielen Klischees zusammen, die innerhalb der gesamten Reihe mehr oder minder häufig aufgetaucht sind, ist aber dennoch ein weiteres, richtig gelungenes Hörspiel unter dem traditionsreichen Banner „Jan Tenner“.

|Empfohlen ab 8 Jahren
ISBN-13: 978-3-86714-149-9|
http://www.jan-tenner.de
http://www.jan-tenner.net
http://www.jan-tenner.info
http://www.maritim-produktionen.de

Ennis, Garth / Robertson, Darick / Snejbjerg, Peter – The Boys 2 – Der glorreiche Fünfjahresplan

Inhalt

|“Eingelocht“|

Ein neuer Auftrag führt die Boys in die Schwulen-Szene, in der kürzlich ein junger Kerl auf grausame Weise ums Leben gekommen ist. Billy und der mittlerweile halbwegs integrierte Hughie besuchen diverse Szene-Bars und erfahren vom Comic-Helden Swingwing, der offensichtlich auch unter den Homosexuellen große Resonanz findet. Nachdem sein Verlag auf die gleichgeschlechtlich Liebenden zugetreten ist, wurde der maskierte Superstar immer populärer, wird aber gerade deswegen zum Hauptverdächtigen für den Mordanschlag. Allerdings ist Swingwing gar nicht so leicht aufzuspüren. Der Weg zu ihm führt über den durchgedrehten Tek-Knight, der seit geraumer Zeit nur einer Passion folgt: Sein bestes Stück in jedes Loch zu stecken, das in seine Nähe kommt …

|“Der glorreiche Fünfjahresplan“|

Das Team begibt sich nach Russland, um dort dem alten Verbündeten Wass zu Hilfe zu eilen. Der führt Billy, Hughie und Co. auf die Spuren einer russischen Mafia-Organisation, welche die Superhelden-Sparte zu infiltrieren droht und bereits zwei der maskierten Stars auf dem Gewissen hat. Doch den Boys gelingt es nicht lange, inkognito zu ermitteln. Die Angelegenheit scheint bis in die höchsten Kreise der eigenen Regierung verankert zu sein und bringt das Team mal wieder in größte Lebensgefahr. Ausgerechnet der misstrauische Hughie und der ihm weniger wohl gesonnene Wassily sollen die Jungs vor einer Katastrophe retten …

_Persönlicher Eindruck_

Dreckig, finster, stellenweise auch arg pietätlos: Die beiden neuen Abenteuer der von Garth Ennis erschaffenen skrupellosen Boys sind mal wieder direkt dem gewalttätigen Treiben der Unterwelt entnommen und nicht zuletzt wegen des rauen Umgangstons zwei illustrierte Reisen in ein Land, in dem zarte Gemüter schon mal gar nichts verloren haben. Da wird die vulgärste Sprache dahingerotzt, als sei es der neueste Standard, hier und dort gibt es ordentlich was auf die Zwölf, und was die Coolness der Mafia der guten Seite betrifft, hat der Autor sich in seiner Darstellung auch wieder selber übertroffen. Ganz kurz: Dieses Team hätte selbst in einem Frank-Miller-Setting charismatischer nicht sein können.

Im letzten Sonderband „Der glorreiche Fünfjahresplan“ präsentieren sich die Jungs aber auch wieder von ihrer besten Seite, wobei das Ganze zumindest sprachlich ein wenig bedenklich ist. Hier wird gegen Minderheiten gezetert, die Homosexuellen-Szene aufs Korn genommen, die verschiedenen Neigungen im besten Ghetto-Slang aufgriffen und über den Akt als solchen Sprüche und Dialoge präsentiert, die alles andere als jugendfrei sein dürften. Effekthascherei? Nun, sicher nicht, denn dafür haben die beiden Handlungsstränge definitiv zu viel Potenzial und können davon abgesehen auch von der Story alleine leben.

Allerdings startet die neue Ausgabe recht verworren, da lange Zeit gar nicht so wirklich klar ist, worauf der erste Plot genau zielt. Elemente eines Krimis werden mit Passagen eines düsteren Thrillers gemixt, derweil einige eigenwillige Charakterprofile gezeichnet, eine ganze Szene in der Luft zerrissen und obendrauf noch der weniger geschmackvolle Humor der fünfköpfigen Truppe gepackt. Mit Tek-Knight und Swinwing kommen zudem zwei recht biedere Karikaturen hinzu, die der Ernsthaftigkeit der Geschichte ein Stück weit den Wind aus den Segeln nehmen, aber eben genau das symbolisieren, wofür „The Boys“ als Comic eigentlich steht: Expect the unexpected – genau darum geht’s! Und dass dabei auch schon mal ein paar sinnentleerte Szenen in die Story integriert werden – mancher schmutzige Dialog sei hier als Beispiel erwähnt -, geht dementsprechend ebenfalls in Ordnung.

Dass bei „The Boys“ auch die Action eine wesentliche Rolle spielt, dokumentiert der zweite Abschnitt, nachdem dieser Sonderband auch benannt ist. Beim Sowjet-Abstecher geht es zwar gewissermaßen immer noch darum, wie Hughie ins Team aufgenommen wird und er seine Hemmschwellen überwinden kann, allerdings gilt er nun schon als fester Bestandteil und macht sich nicht mehr – und das im wörtlichen Sinne – in den prekärsten Situationen in die Hosen. Ferner kommt es aber hier zu deutlich mehr explosiven Szenen, einerseits, was das Tempo betrifft, andererseits aber auch im Hinblick auf die vielen kurzen Fights, die das Team auszutragen hat. Und fast noch viel wichtiger in diesem Zusammenhang: Ennis setzt sich, seinen Charakteren und seinen Storys absolut keine Grenzen, wie sich hier in der Schlusssequenz eindeutig zeigt. Alles ist möglich, alles erlaubt, selbst wenn’s zwischenzeitlich hart und brutal ist.

Doch so sind sie, „The Boys“, durch und durch männlich, fies, abschreckend und immer für eine mehr oder weniger angenehme Überraschung gut. In ihrer zweiten deutschen Ausgabe bieten sie obendrein ein weiteres Sahnestück des Ennis’schen Comic-Universums und eine der besten Ausgaben des Action-Comics im Jahr 2008. Zweifel? Ausgeschlossen!

Taschenbuch ‏ : ‎ 192 Seiten
http://www.paninicomics.de/?s=Wildstorm

Dunn, Philip (Autor) / Lawrence, Don (Zeichner) – Storm 1: Die tiefe Welt

Seitdem sich der |Splitter|-Verlag auf französische Fantasy-Comics konzentriert und diese in edlen Designs und schmucken Hardcover-Ausgaben unters hiesige Volk gebracht hat, gilt das Label als oberster Qualitätsgarant in Sachen Aufmachung und Inhalt. Mittlerweile hat man auf Basis des starken Feedbacks und der weiterhin steigenden Popularität der verlagseigenen Serien sogar das Veröffentlichungstempo noch mal steigern können, was an der großen Zahl neuer Serien festzumachen ist, deren Potenzial sich geradezu dafür aufdrängt, in diesem Rahmen publiziert zu werden. Doch nicht nur das französische Independent-Programm soll künftig mit dem Verlag in Verbindung gebracht werden; auch legendäre, fast schon in Vergessenheit geratene Klassiker sollen von nun an ins Verlagsprogramm stoßen und hier den gepriesenen modernen Ablegern zur Seite stehen.

Den Anfang macht dieser Tage das Science-Fiction-Epos „Storm“, welches jahrelang über den |Ehapa|-Verlag veröffentlicht wurde, mit dem Tod des illustrierenden Schöpfers Don Lawrence aber für längere Zeit verschüttet war. Doch die Zukunft der Serie ist gesichert, und jetzt, wo endlich der neue, nunmehr schon 23. Band der erfolgreichen Reihe geschrieben und gezeichnet wurde, kommen auch die Herrschaften von |Splitter| wieder ins Spiel. Neben dem Comeback-Album erscheint dort auch die komplette Serie im neuen Design und zeichnerisch durch gezieltes Feintuning von Grund auf überarbeitet. Der Auftakt „Die tiefe Welt“ wird sogleich als |Collector’s Edition| herausgebracht und mit einer Menge informativer wie optisch reizvoller Extras bestückt – prima!

_Story_

Storm ist ein gefragter Astronaut, dem die große Ehre zuteil wird, einen roten Fleck auf dem Jupiter zu untersuchen, der die Behörden schon länger vor ein Rätsel stellt. Doch die Expedition missglückt, und nachdem der Funkkontakt abgebrochen ist und Storm bereits für tot erklärt wurde, scheint eine Rückkehr zur Erde ausgeschlossen. Doch der willensstarke Astronaut schafft das Unmögliche und kann sich tatsächlich aus den Weltraumstrudeln retten, in die sein Raumschiff gerät. Ein ganzes Jahr später kehrt er zur Erde zurück, muss sich jedoch über deren neues Landschaftsbild wundern. Die Ozeane sind verschwunden, und statt der geplanten Landung in Florida stürzt Storm mit seinem Raumschiff mitten in einer Zivilisation ab, die überhaupt nicht mehr mit der Erde des 21. Jahrhunderts zu vergleichen ist.

Dabei sind auch die ersten Fremdkontakte merkwürdig. Einige primitive Stammesbrüder entführen den Astronauten und lassen ihn in den Kerker des tyrannischen Herrschers Ghast sperren. Dort lernt Storm seine neue Gefährtin Rothaar kennen und begibt sich mit ihr auf die Flucht ins Ungewisse …

_Persönlicher Eindruck_

Als verwöhnter Liebhaber bombastisch arrangierter und gerade zeichnerisch detailreicher Alben wird man sich bei „Storm“ erst einmal in Acht nehmen müssen. Die Serie hat schon einige Jahre auf dem Buckel, ist beileibe nicht so spektakulär inszeniert wie manch inhaltlich vergleichbare Science-Fiction-Serie heutiger Zeit, ist mitunter auch ein wenig trocken erzählt, in Sachen Unterhaltungswert aber auch nach all den Jahren eine echte Wucht. Die Ursache ist aber nicht nur darin zu suchen, dass „Storm“ noch aus dem 20. Jahrhundert stammt, sondern verstärkt darin, dass die Serie sich noch viel deutlicher an der klassischen Science-Fiction orientiert und zwischenzeitlich sogar den einen oder anderen Exkurs in Sachen „Star Trek“ wagt – und gerade das letztgenannte Kultformat schimmert in der ersten Ausgabe von Don Lawrences Meisterwerk immer wieder durch.

Die Geschichte ist hierbei schnell erzählt: Die gestrandete Titelfigur wird bei ihrer Rückkehr in eine rückständige, primitive Zivilisation katapultiert, die allerdings dennoch in gewisser Weise mit dem Jahrhundert ihrer persönlichen Herkunft in Verbindung steht. Zwar gibt es statt bekannter Verkehrsmittel berittene Echsen und anstatt feuerkräftiger Waffen nur die bloße Faust, doch spätestens nach er Flucht aus dem Gefängnis offenbaren sich dem neuen Gespannn Storm/Rothaar diverse Errungenschaften der Moderne, die das Ganze erst interessant, bisweilen auch komplexer machen. Derweil sorgen die steinzeitlichen Gefechte gegen den nimmermüden Kontrahenten Ghast für einen Bonus an Unterhaltung, den man alleine deswegen schon nicht missen möchte, weil dieser kleine Tyrann genau für jene Zeit steht, die aus heutiger Sicht eine der primitivsten der Menschheit ist – und diese Diskrepanz zwischen Storm und ihrem Widerpart gibt der Story einen großen Teil ihres Gehalts.

Die Frage ist aber dennoch: Was macht „Storm“ letzten Endes zum Kult-Comic? Die Antwort hierauf gibt die erste Episode eigentlich schon recht deutlich: Es ist die Simplizität der Story und ihrer Charaktere, die auch ohne aufgeblasene Nebenelemente glänzen und überzeugen können, dies im vergleichsweise abgespeckten Setting auch müssen. Dass „Die tiefe Welt“ bei der Erstveröffentlichung vor über 20 Jahren als innovativ galt, kann man dementsprechend auch heute noch nachvollziehen, und das in erster Linie dank der inhaltlichen Qualität.

Bei der Aufmachung der neuen Serie hat sich der Verlag schließlich auch die größte Mühe gegeben. Die Original-Zeichnungen wurden digital bearbeitet, haben ihren Charme aber dennoch nicht verloren. Der Effekt: ein visuelles Optimum für eine Serie, die hier gerade den Quantensprung zwischen drei Comic-Jahrzehnten vollzieht. Doch auch sonst ist die Ausstattung des ersten bandes fantastisch: Abseits der Handlung gibt es noch einige kleine Specials mit Infos zur Entstehungsgeschichte, eine kleine Abhandlung über Don Lawrence und als Gimmick einen exklusiven, separat entnehmbaren Druck mit den beiden Hauptfiguren. Fazit: Diese |Collector’s Edition| ist auf alle Fälle jeden einzelnen Cent wert und fordert geradezu den Wunsch nach weiteren derart überzeugend präsentierten Neuauflagen heraus.

|64 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-46-8|
http://www.splitter-verlag.de

Bichebois, Manuel (Autor) / Poli, Didier (Zeichner) – Kind des Blitzes 1: Blutsteine

_Story_

Bei einer Hirschjagd im angrenzenden Wald entdeckt einfache Bauer Moskip einen zurückgelassenen Säugling, der mit der Leiche seiner Mutter und zwei seltsamen roten Steinen in der Nähe eines Baumes liegt und noch atmet. Gegen die Überzeugung der übrigen Jäger bringt er das Kind ins Dorf und übergibt es dort seiner Gattin, die ihrem Mann dankbarer nicht sein könnte, da sie selber keine Kinder bekommen kann.

Doch der auf den Namen Laith getaufte Junge wird in den folgenden Jahren immer deutlicher geschnitten, da er nicht nur rein äußerlich ein Sonderling ist. Seine Fähigkeiten liegen weit über denen der gleichaltrigen Gefährten, und als die Dorfbewohner von seinen eigenartigen Anfällen erfahren und schließlich sogar mitbekommen, dass er einen Jungen wieder zum Leben erweckt, möchten sie ihn aus Furcht vor weiteren Ereignissen ein für allemal loswerden. Moskip schert sich jedoch nicht um das Gerede des Volkes, sondern führt Laith zu dem Ort, an dem er ihn einst gefunden hat. Doch genau dieser Entschluss entpuppt sich alsbald als Beginn des Unheils …

_Persönlicher Eindruck_

Manuel Bichebois ist hierzulande noch ein echter Neuling im Comic-Bereich, was in erster Linie daran festzumachen ist, dass sich bislang noch kein Vertrieb für seine erfolgsgekrönte Debüt-Reihe gefunden hat. Knappe fünf Jahre nach der Erstveröffentlichung von „Blutsteine“, dem ersten Band des Dreiteilers „Kind des Blitzes“, erscheint die Trilogie nun auch im deutschen Handel und sollte alleine deswegen schon Interesse wecken, weil sie den begehrten |Uderzo Award ‚Sanglier de Bronce’| eingestrichen hat.

Warum diese Auszeichnung eindeutig verdient ist, machen Bichebois und sein zeichnender Sidekick Didier Poli konsequenterweise auch schon auf den ersten Seiten des einleitenden Kapitels klar. Die Illustrationen sind gewaltig und führen den Leser ohne wirklich viele Details sofort in die düstere Grundstimmung der Handlung ein. Insbesondere die ersten Passagen sind bewusst wortkarg gehalten, um die Aussagekraft der Bilder sprechen zu lassen, die ihre Wirkung nicht verfehlen. Bevor man überhaupt in den Plot hineinkommt, ist man schon verzaubernd – blendende Aussichten.

Die Geschichte als solche beginnt indes vergleichsweise dezent und zurückhaltend, steigert sich aber mit zunehmender Dauer immer deutlicher zu einer richtig brisanten Angelegenheit. Obschon „Kind des Blitzes“ nur als Trilogie konzipiert wurde, nimmt sich der Autor in den ersten Momenten genügend Zeit, um auf das Phänomen des im Wald gefundenen Jungen einzugehen und einige prägende Momente aus dessen Kindheit aufzugreifen. Nichtsdestotrotz nimmt die Handlung in den entscheidenden Phasen Fahrt auf und unterstreicht recht bald auch den Abenteuercharakter der Geschichte, der sich wiederum in sehr vielen Bereichen niederschlägt.

Grundsätzlich geht es darum, die Vergangenheit von Laith und dessen Mutter zu entschlüsseln und herauszufinden, welchen Ursprungs seine Familie ist beziehungsweise woher seine Kräfte rühren. Doch genau dieses Thema wird ständig in den Hintergrund gemischt und macht Platz für die naiven, ängstlichen Diskussionen in seinem neuen Heimatdorf, für die Flucht vor der feindlichen Armee, die beim Besuch des Grabs der leiblichen Mutter auf den Plan tritt, und schließlich für einige fanatische Gelehrte, die bereits erahnen, was genau in dem Jungen steckt und wie hilfreich er für ihre intriganten Pläne sein kann. Wohlgemerkt: „Blutsteine“ ist lediglich auf 48 illustrierte Seiten angelegt – es passiert also in kürzester Zeit eine ganze Menge.

Und genau hier setzen Bichebois‘ Qualitäten dann auch an: Er nimmt sich einerseits Zeit, um die wesentlichen Inhalte auszuschmücken, treibt die Story aber mit immer mehr Tempo an, ohne dass dabei die Übersicht oder die Atmosphäre in irgendeiner Weise verschwimmen. Selbst die Motive der wichtigsten Figuren werden bereits herausgearbeitet, und auch wenn noch genügend Raum für spannungsvolle Spekulationen bleibt, so wird im ersten Drittel der Serie schon so viel Input beigesteuert, dass man für die kontrollierte und dennoch umfassende Präsentation des Abenteuers applaudieren muss.

Es scheint regelrecht so, als hätten Bichebois und Poli sich gesucht und gefunden. Eine solche Harmonie zwischen Text und Bild ist nämlich selbst im ausgefallenen Programm des |Splitter|-Verlags eine echte Ausnahme. Und es sei noch mal betont: Wir stehen gerade erst am Anfang einer offenkundig sagenhaften Fantasytrilogie …

|Originaltitel: L’enfant de l’orage – Pierres de sang
46 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-25-3|
http://www.splitter-verlag.de/