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Sardou, Romain – Kein Entrinnen

Viele Leute fühlen sich dazu berufen, ihr Leben niederzuschreiben, in der Hoffnung, dass sich jemand dafür interessiert. Doch nur mal angenommen, jemand würde sich ein Leben konstruieren, es nach seinen Vorstellungen nachspielen und dann aufschreiben? Das ist sicherlich eine harmlose Spinnerei – es sei denn, sie passiert in dem Thriller „Kein Entrinnen“ des Franzosen Romain Sardou.

Überraschenderweise spielt das Buch aber nicht in Frankreich, sondern in den USA, wo Sardou eine ganze Weile als Drehbuchschreiber in Los Angeles gewohnt und gearbeitet hat. Es spielt allerdings nicht in der tobenden Großstadt, sondern in einer ruhigen Gegend. Das Örtchen New Hampshire ist an und für sich sehr beschaulich, so dass Chief Inspector Stu Sheridan selten wirklich viel zu tun hat. Doch dann werden an einem Wintertag 24 Leichen auf einmal an einer Baustelle gefunden.

Alle Opfer starben auf die gleiche Art und Weise und besitzen kaum gemeinsame Merkmale, sie sind noch nicht mal aus der Gegend. Sheridan wird sehr schnell klar, dass hier etwas nicht stimmt. Ein verabredeter Massenselbstmord? Das Werk einer Sekte? Der gesetzte Gesetzeshüter schaltet das FBI ein, obwohl er deren Art, solche Fälle sofort an sich zu reißen, eigentlich nicht leiden kann. Und tatsächlich nimmt das FBI sich nicht nur dieses Falles sofort an, sondern verhängt auch noch eine Nachrichtensperre und schließt Sheridan völlig aus den Ermittlungen aus. Dieses totale Abriegeln kommt ihm dann doch etwas eigentümlich vor. Was hat das FBI zu verbergen, dass es noch nicht mal die Familien der Toten benachrichtigt? Verbotenerweise ermittelt er mit zwei Kollegen weiter.

Währenddessen zieht der junge Professor Frank Franklin an die nahe Universität, wo er Kreatives Schreiben unterrichten soll. Ihm gefällt der beschauliche Ort, doch er merkt schnell, dass das Universitätsgelände ein paar Geheimnisse verbirgt. Wenig später findet Sheridan endlich eine Gemeinsamkeit bei den Opfern des Massenmordes: Sie alle waren Fan eines Schriftstellers. Um an diesen heranzukommen, kontaktiert Sheridan Franklin und bittet ihn um seine Mithilfe, nicht ahnend, dass wesentlich mehr hinter dem Mord steckt, als er je gedacht hätte …

Der Klappentext von „Kein Entrinnen“ weist auf eine großangelegte Verschwörung hin, doch welcher Thriller schmückt sich heutzutage nicht damit, eine Verschwörung aufzudecken? Kann das Buch von Sardou so viel Neues bieten? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn zum einen ist „Verschwörung“ ein dehnbarer Begriff geworden und zum anderen präsentiert Sardou zwar eine ausgefallene Handlung mit einigen Überraschungen, aber leider auch einigen vorhersehbaren Strecken. Das nimmt dem Buch einiges an Spannung, auch wenn es immer wieder jähe Momente gibt, die den Leser beinahe die Luft anhalten lassen. Diese Wendungen sind es, die „Kein Entrinnen“ letztendlich aus der Masse hervorstechen lassen; diese Wendungen und Sardous trockener Erzählstil.

Die Nüchternheit, mit der Sardou von den Geschehnissen berichtet, wirkt in der Perspektive von Sheridan beinahe emotionslos, während er Franklin weit mehr Freiraum in Form von Gedanken, die nicht direkt mit dem Fall in Zusammenhang stehen, gewährt. Dadurch entsteht ein leichtes Ungleichgewicht, und da der Tonfall sehr sachlich ist, wirken Franklins Gedanken manchmal ein wenig überflüssig. Trotzdem schreibt Sardou sehr angenehm, mit einem großen Wortschatz und genau dem richtigen Maß an Details und Wissensfetzen. Er schiebt immer wieder Zwischenbemerkungen ein, welche die Geschichte satter erscheinen lassen und den Leser bei Laune halten.

Der Schreibstil, der auf der einen Seite einen großen Teil der sauberen und durchdachten Unterhaltung ausmacht, wird für die Personen zur Stolperfalle. Sie können sich nicht wirklich entfalten, und das, obwohl sie eigentlich gut durchdacht sind und beispielsweise im Falle von Franklin auch eine sehr interessante Biografie vorweisen können. Doch der Funke kann nicht überspringen, was es vielleicht auch der Handlung erschwert, über weite Strecken mitreißend zu sein.

Dennoch bietet „Kein Entrinnen“ einen gut lesbaren Thriller, der sich durch überraschende Spannungsmomente und eine saubere Ausarbeitung auszeichnet. Zudem ist das Thema, das behandelt wird, interessant aufgebaut und Sardou schafft es, die eine oder andere unerwartete Wendung einzubinden, die zum Weiterlesen animiert.

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Arvin, Reed – Schwarze Diva

Vom Musikproduzenten zum Autor: Manchmal ist es wirklich merkwürdig zu sehen, wer alles mit dem Bücherschreiben anfängt. Im Fall von Reed Arvin stand am Anfang die Musik, und da ist es kein Wunder, dass diese in seinem Thriller „Schwarze Diva“ immerhin eine Nebenrolle bekommt. Mit „Schwarze Diva“ ist nämlich eine erfolgreiche, junge Opernsängerin gemeint, die ein düsteres Geheimnis zu verbergen hat.

Doch bevor Michele Sonnier ihren Auftritt hat, lernt der Leser den Ich-Erzähler Jack Hammond kennen. Der Rechtsanwalt hat sich aufgrund eines Fehltritts die erfolgreiche Karriere verbaut und fristet sein Leben nun als Pflichtverteidiger in einem schäbigen Büro. Zu seinen Klienten gehören Kleingangster und Junkies, der Bodensatz der Gesellschaft von Atlanta, dem er sich aufgrund seines Karriereknicks mittlerweile recht nahe fühlt.

Einmal vertritt er unter anderem seinen alten Kumpel Doug, ein Computergenie, aber ansonsten ein Versager. Eines Tages erhält er Nachricht, dass Doug tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde, und Jack soll die Wohnung auflösen, da es ansonsten keine Verwandten gibt. Als er dort ankommt, stellt er fest, dass Doug die Opernsängerin Michele Sonnier verehrt hat, was so gar nicht zu ihm zu passen scheint. Als Jack den Todesfall allmählich verdaut, fallen ihm weitere Ungereimtheiten auf: Wieso hat sich Doug, der panische Angst vor Spritzen hatte, mit einem goldenen Schuss getötet? Und wieso hackte er sich in das Computersystem eines großen Pharmaunternehmens?

Als Jack beginnt, nach Antworten auf diese Fragen zu suchen und dabei der schönen Michele über den Weg läuft, verstrickt er sich in Angelegenheiten, die ihn nichts angehen. Das bekommt er sehr schnell zu spüren, denn seine Gegner gehen nicht gerade zimperlich mit ihm um …

„Schwarze Diva“ fällt von Beginn an durch seine hohe Erzähldichte auf. Jack schildert aus der Ich-Perspektive exakt – ohne pedantisch zu wirken – und subjektiv – ohne zu geschwätzig zu wirken – davon, was ihm widerfährt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und berichtet haarklein über seine Fehler und sein nicht immer schmeichelhaftes Auftreten. Dennoch wird er dem Leser mit seiner ehrlichen, manchmal tollkühnen Art sympathisch und trägt sehr viel dazu bei, dass der Thriller Pageturnerqualitäten entwickelt.

Die Handlung ist daran natürlich auch nicht ganz unschuldig. Arvin schafft es, am Anfang so viele Ungereimtheiten aufzubringen und mögliche Spuren auszulegen, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Leider verzettelt er sich zur Mitte hin in einem Mix aus verschiedenen Motiven. Er bedient sich nicht nur bei den Elementen eines Cyberthrillers, sondern taucht auch in die Welt von Pharmaunternehmen, den Ghettos von Atlanta und natürlich dem Ambiente der Juristen und Opernsänger ein. Das ist ein bisschen zu viel auf einmal. Obwohl der Autor die Zügel dabei lange Zeit in der Hand zu halten vermag, entgletet ihm die Geschichte und zerfasert gegen Ende hin. Dank des Schreibstils und der sympathischen Hauptperson bleibt jedoch ein Rest Spannung erhalten.

Der Schreibstil ist dagegen das, was Arvins Buch von anderen abhebt: Er erzählt unglaublich gut. Er wählt aus einem großen Wortschatz und weiß sich kundig auszudrücken, ohne dass sein Ich-Erzähler dabei an Bodenhaftung verliert. Alles, was er sagt und denkt, klingt authentisch und passt zu dem Charakter, den der Autor zeichnet. Es ist Arvin dabei hoch anzurechnen, dass es ihm gelingt, die große Menge an teilweise irrelevanten Gedanken, die Jack sich macht, so einzubinden, dass diese interessant zu lesen sind und die Handlung nicht unnötig verlängern.

„Schwarze Diva“ ist ein Thriller mit außerordentlich guten Ansätzen. Der Schreibstil ist unglaublich gut und geht mit einer sympathischen, anschaulich dargestellten Hauptperson einher. Leider hat Reed Arvin sich bei der Handlung etwas übernommen. Sie weist zu viele verschiedene Einflüsse auf, was ihr letztendlich zum Verhängnis wird. Außerdem konzentriert sie sich teilweise zu stark auf den Versuch, ein guter Pharmathriller zu sein. Dennoch sollte man den Namen Reed Arvin im Auge behalten, denn sein Schreibstil ist sehr vielversprechend.

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Sigurðardóttir,Yrsa – gefrorene Licht, Das

Dass Schweden ein beliebter Schauplatz für das Verbrechen ist, wissen wir seit diversen Krimiserien auf Papier und Bildschirm. Dass Island sich ebenso gut dafür eignet, Mörder und Leichen zu beherbergen, beweist Yrsa Sigurðardóttir mit „Das gefrorene Licht“.

Die junge Rechtsanwältin Dóra ist eigentlich nur zu dem Wellness-Hotel auf der Halbinsel Snæfellsnes gereist, weil es einem ihrer Mandanten gehört und dieser glaubt, dass bei dem neu erworbenen und dann umgebauten Gebäude ein Mangel aufgetreten ist: Er behauptet steif und fest, es würde spuken, was sowohl seine sensiblen Mitarbeiter als auch die esoterischen Gäste stören würde. Dóra, die bodenständige Städterin, glaubt nicht an Geister oder Wiedergänger. Sie ist fest davon überzeugt, dass Jónas‘ Schattengestalten und das unheimliche, mitternächtliche Kinderweinen nur in seinem Kopf stattfinden. Außerdem bleibt ihr nicht viel Zeit, sich mit diesem Übersinnlichen auseinanderzusetzen, denn Birna, die Architektin, die den Anbau des Hotels gestalten soll, wird ermordet am Strand aufgefunden. Schnell fällt der Verdacht auf Jónas, und Dóra hat es plötzlich nicht mehr nur mit ein paar Geistern, sondern mit einem handfesten Todesfall zu tun, dem sehr bald ein zweiter folgt …

Yrsa Sigurðardóttir muss sich mit ihrem zweiten Kriminalroman wahrlich nicht hinter bekannten skandinavischen Größen verstecken. „Das gefrorene Licht“ liest sich herrlich flüssig und baut dabei unversehens eine Menge Spannung auf. Anfangs glaubt man nicht, dass dies wirklich funktioniert, denn der erste Mordfall an und für sich ist nicht sonderlich spektakulär. Doch die begrenzte Anzahl möglicher Täter – das Hotel liegt sehr abgelegen – und die Tatsache, dass jeder etwas zu verbergen scheint, tragen dazu bei, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Die Überschaubarkeit der Besetzungsliste führt ihm Übrigen auch dazu, dass der Leser selbst mitknobeln kann. Die Autorin weiß geschickt mit den Ungereimtheiten und Rätseln zu spielen und schafft es sogar, den isländischen Aberglauben so geschickt darzustellen, dass der Leser sich an der einen oder anderen Stelle fragt, ob es auf Snœfellsnes nicht vielleicht doch Geister gibt.

Obwohl die anderen Gäste und Mitarbeiter des Hotels ab und an kleine Passagen des Buches bestreiten dürfen und dadurch manchmal noch rätselhafter werden, steht Dóra im Vordergrund des Geschehens. Sie ist frech, hat eine verkorkste Ehe hinter sich und streckt ihrem Liebhaber, einem deutschen Kommissar, der gerade Urlaub in Island macht, gerne die Zunge heraus. Und genau das macht die Rechtsanwältin so liebenswert: Sie ist unkonventionell und alles andere als abgehoben oder korrekt. Sigurðardóttir schafft es dabei, den Charakter so gut auszubalancieren, das er nicht in seichte Frauenliteratur abrutscht, sondern angenehm ‚geschlechtsneutral‘ wirkt. Sowohl männliche als auch weibliche Leser werden ihre Freude an der menschlichen und bodenständigen Dóra haben.

Dóra bestreitet zwar den Großteil des Buches, doch sie drängelt sich nicht als Erzählperspektive in den Vordergrund. Dadurch ist die Geschichte nicht übertrieben subjektiv, aber auch nicht nüchtern-objektiv. Die isländische Autorin erzählt irgendwo dazwischen, was sehr erfrischend ist. Zum einen ist das Buch dadurch nicht mit überflüssigen Gedanken der Rechtsanwältin vollgestopft, gleichzeitig wirkt es aber trotzdem warm und lebendig. Durch den leichten Humor, der die 395 Seiten durchweht, bekommt der Krimi zusätzlichen Pep.

Es klingt zwar seltsam, in Anbetracht eines Kriminalromans davon zu sprechen, aber tatsächlich ist „Das gefrorene Licht“ ein geradezu heiteres Buch, das durch seine unkonventionelle Heldin auffällt. Die Handlung ist geschickt aufgebaut und entwickelt wahre Pageturnerqualitäten. Sie bezieht ihre Spannung dabei nicht hauptsächlich aus den kleinen Geheimnissen, die die begrenzte Anzahl potenzieller Täter mit sich herumschleppt. Das ist vielleicht nicht unbedingt neu, aber auch nicht die Norm. Yrsa Sigurðardóttir gelingt es dadurch, im unüberschaubaren Krimigenre ihre eigene kleine Spur zu hinterlassen.

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Kim Harrison – Blutspiel

Mit „Blutspur“ hat die Amerikanerin Kim Harrison den ersten Band ihrer Dark Fantasy-Reihe um die junge, freche Hexe Rachel Morgan vorgelegt. Der zweite Band, „Blutspiel“, soll die Reihe fortsetzen. Dabei begegnet man vielen bekannten Gesichtern, aber auch einigen neuen. Die Ausgangssituation ist nun allerdings eine andere. Während Rachel im ersten Band noch die Gejagte war und vor ihrem ehemaligen Boss flüchten musste, hat sie in „Blutspiel“ einen knallharten Kriminalfall zu lösen. Das ist Absicht, wie die Autorin im anhängenden Interview erklärt. Sie möchte jedem Buch eine eigene Atmosphäre verleihen, indem sie die Handlung derartig variiert. Ein guter Vorsatz, den man sich auch bei einigen anderen Autoren wünscht. Doch gelingt es der Amerikanerin auch in der Umsetzung ihrer Pläne zu begeistern?

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Box, C. J. – Stumme Zeugen

Man stelle sich vor, man wohne in der Nachbarschaft von ehemaligen Cops – würde man sich da nicht sofort sicherer fühlen? Besonders, wenn diese Cops auch noch aus L. A. sind und sich mit Verbrechen auskennen?

In Kootenai Bay, einem kleinen Ort in Idaho, ist genau dies passiert. Der eigentlich sehr rustikale Ort ist zu einem beliebten Zufluchtsort für ehemalige Cops aus L. A. geworden. Niedrige Grundstückspreise und die schöne Umwelt scheinen die Expolizisten in die Gegend zu ziehen, was den eigentlichen Dorfbewohnern nicht immer gefällt. Da sich die Neuankömmlinge aber zumeist in ihre riesigen Villen zurückziehen und am öffentlichen Leben kaum teilhaben, gewöhnt man sich aneinander.

Als eines Tages zwei Kinder nach einem Spaziergang im Wald verschwinden, erklären sich sogar ein paar der frisch Zugezogenen bereit, mit ihrem Know-how bei der Suche zu helfen. Bald haben sie einen Verdächtigen zur Hand, doch was der Leser im Gegensatz zur Bevölkerung weiß, ist, dass die Kinder nicht einfach so verschwunden sind.

Nachdem sie im Wald einen Mord beobachtet haben, mussten sie fliehen, weil die Mörder sie bemerkt hatten. Doch ausgerechnet diese Mörder sind die ehemaligen Polizisten, die dem örtlichen Sheriff bei der Suche unter die Arme greifen. Die Kinder wissen nicht, wohin sie sollen. Überall scheinen sie in Gefahr zu schweben, von den Tätern gefasst zu werden, und die zwölfjährige Annie ist sich sicher, dass die Männer sie und ihren kleinen Bruder William nicht heile zu ihrer verzweifelten Mutter zurückbringen werden. Als sie auf Jesse, einen alten Rancher, treffen, der abgelegen im Wald lebt, spüren sie, dass er ihnen vielleicht ihre Geschichte glauben würde. Doch sie haben nicht damit gerechnet, dass die Ex-Cops ihnen so schnell auf die Spur kommen …

Die Handlung von „Stumme Zeugen“ klingt nach Action und so, als ob sie der Bezeichnung „Thriller“ gerecht werden würde. C. J. Box schlägt allerdings eine andere Richtung ein. Sein Buch ist eines von denen, die Spannung auf die stille Art und Weise erzeugen. Wirkliche Action gibt es selten, dafür aber eine gute Portion Nervenkitzel und das Gefühl, dass mit einigen Leuten in der Story etwas nicht stimmt. Der Autor beginnt seine Geschichte langsam und steigert sich gegen Ende hin. Zwischendurch gibt es Phasen, in denen nicht viel passiert, aber sie stören nicht, sondern passen gut ins Gesamtgefüge. Dieses lässt sich vor allem als ’nüchtern‘ beschreiben, genau wie der Schreibstil. Box verzichtet, wie gesagt, auf reißerische Action, sondern schildert lieber exakt und objektiv, was vor sich geht. Dabei gelingt ihm das Kunststück, trotzdem Gefühle und Menschlichkeit in seine Geschichte einfließen zu lassen, was ihn abseits anderer amerikanischer Thrillerautoren platziert. Die Handlung von „Stumme Zeugen“ wirkt eben nicht wie aus einem Hollywoodhochglanzstreifen, sondern kann sich einiges an Lebendigkeit bewahren.

Die Personen dagegen wirken an manchen Stellen ein wenig hölzern. Der sachliche Tonfall macht es manchmal schwierig, sich mit ihnen zu identifizieren, obwohl sie sehr authentisch wirken. C. J. Box hat ein Händchen dafür, seine Figuren einprägsam und anschaulich zu gestalten, ohne ihnen dabei übertrieben heldenhafte Züge zu geben. Sie wirken alle sehr bodenständig und normal, auch wenn ihnen dadurch vielleicht ab und an die Originalität fehlt.

Über den Schreibstil gibt es schließlich nicht mehr viel zu sagen. Wie der Rest des Buchs ist er sehr nüchtern, objektiv, geradezu trocken. C. J. Box wählt aus einem großen Wortschatz, der aber stets innerhalb der Genregrenzen bleibt, soll heißen, ein literarisches Wunderwerk kann man bei „Stumme Zeugen“ nicht erwarten, einen schlechten Schreibstil aber auch nicht. Box schreibt gut, passend zu seiner Geschichte, aber es sind nicht seine Worte, die ihn aus der Masse der anderen Autoren hervorheben.

Dies erledigt der angenehm unspektakuläre Plot für ihn. „Stumme Zeugen“ ist kein kühler Actionthriller, sondern ein bodenständiger Roman, der durch seine Natürlichkeit glänzt. Figuren und Schreibstil passen, trotz einiger Verbesserungsmöglichkeiten, sehr gut dazu und runden das Buch ab.

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Sniadanko, Natalka – Sammlung der Leidenschaften

Was darf man von einem Buch erwarten, das den Titel „Sammlung der Leidenschaften“ trägt? Einen Porno? Leidenschaften in Form von bizarren Hobbies wie dem Sammeln von Totenköpfen? Eine Antwort erhält man, wenn man das Buch der ukrainischen Autorin Natalka Sniadanko liest.

An dieser Stelle kann eine Entwarnung gegeben werden: „Sammlung der Leidenschaften“ ist ein regelrecht keusches Buch. Sniadanko geht es weniger um aufmerksamkeitsheischende Darstellungen von Geschlechtsverkehr, vielmehr zeichnet sie im Plauderton ein unterhaltsames Portrait von Ich-Erzählerin Olessja und ihren Erfahrungen mit der Liebe. Das beginnt bereits im Grundschulalter mit Tolja, dem dicklichen Mitschüler mit einer Vorliebe für Bücher. Diese teilt er mit Olessja, aber es bringt die beiden einander nicht näher. Tolja ist einfach zu dickfellig, um Olessjas (in ihren Augen) gewitzte Anmachversuche zu verstehen. Anders sieht es da mit dem Mathematikdozenten Kostja aus, der trotz mittleren Alters noch stolz bei seinen Eltern wohnt und in Olessja die Frau seines Lebens sieht – egal, ob sie auch dieser Meinung ist oder nicht.

Wie man sieht, geht es in Olessjas Liebesleben auf und ab. Die Sammlung ihrer Leidenschaften reicht von Rockmusikern bis zu deutschen Adligen, von schwulen Sängern bis zu skurrilen Vermietern – Sniadanko lässt sich etwas für ihre Ich-Erzählerin einfallen, ohne dabei unrealistisch zu werden. Sie bleibt stets auf dem Boden der Tatsachen und zieht die Ereignisse trotz ihres feinen Sinnes für Humor niemals ins Lächerliche. Allerdings fehlt es der „Sammlung der Leidenschaften“ an manchen Stellen an Relevanz: Olessjas Erlebnisse sind ganz interessant, aber es fehlen der Schwung oder ein übergreifendes Thema, ein roter Faden, der die Kapitel verbindet. Dadurch kommt es immer wieder zu Längen und man hat keine große Lust weiterzulesen, da sich nichts Großes ankündigt und auch der Schreibstil an solchen Stellen nicht immer genug Zugkraft entwickelt.

Insgesamt kann Sniadankos Erzählweise jedoch überzeugen. Das hängt vor allem mit der sympathischen Olessja zusammen, die offen und in gehobenem Plaudertonfall berichtet. Sie ist eine sehr angenehme Erzählerin, die sich nie zu sehr in den Vordergrund drängt, mit ihrer Meinung aber auch nicht hinter dem Berg hält. Das ganze Buch ist von einem (selbst-)ironischen Tonfall durchzogen und reitet gerne auf verschiedenen Klischees, vornehmlich die der Ukraine und Deutschlands, herum. Teils gelingt dies, teils wird es aber auch zu einseitig, und nicht immer lässt sich das Augenzwinkern erkennen.

Natalka Sniadanko, die als Journalistin unter anderem auch für die |Süddeutsche Zeitung| geschrieben hat, legt trotzdem einen sehr reifen, durchdachten Schreibstil an den Tag, dem man die Übung anmerkt. Sie benutzt ein gehobenes, sehr vielfältiges Vokabular und drückt sich häufig humorvoll aus. Außerdem weiß sie Stilmittel wie Metaphern und Vergleiche in ihre Geschichte einfließen zu lassen, ohne dass sie diese beschweren.

In der Summe ist „Sammlung der Leidenschaften“ kein schlechtes Buch. Die Idee dahinter ist interessant, aber die Ausarbeitung nicht immer sauber. An einigen Stellen gibt es Längen und auch der Schreibstil hätte manchmal ein wenig flotter sein können. Dennoch sollte man Natalka Sniadanko im Auge behalten, denn ihr Roman verspricht definitiv einiges.

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Briggs, Patricia – Ruf des Mondes (Mercy Thompson 01)

_Mercy-Thompson-Serie:_

Band 1: _Ruf des Mondes_
Band 2: [„Bann des Blutes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5091
Band 3: Spur der Nacht
Band 4: Zeit der Jäger

Blutrote Raubtieraugen funkeln den Leser vom Cover von „Ruf des Mondes“ an, einem Mystery-Thriller von Patricia Briggs. Auch der Titel dürfte auf schwache Nerven eine beängstigende Wirkung haben, was nur gerechtfertigt ist. Immerhin geht es in diesem Roman um Werwölfe, und die sind bekannterweise nicht unbedingt angenehme Zeitgenossen.

Patricia Briggs kreiert in „Ruf des Mondes“ ein düsteres Urban-Fantasy-Szenario. Unter den normalen Menschen in Amerika leben verschiedene Werwolfrudel, jeweils vereint unter einem Alphamännchen, das aufpasst, dass sich sein Rudel so verhält, dass es nicht von den Menschen entdeckt wird. Die Werwölfe – sowie im übrigen auch andere mystische Wesen wie Vampire, Kobolde und Ähnliches – gehen ganz normalen Berufen nach und führen ein beinahe normales Leben, wenn ihre Werwolfinstinkte und -eigenschaften nicht wären. Sie sind sehr stark und leicht aus der Ruhe zu bringen. Nur das Alphamännchen kann sie mit seiner Dominanz dazu bringen, zu gehorchen und sich ordentlich zu benehmen, wobei es eine eindeutige Rangordnung innerhalb der Rudel gibt.

Mercedes Thompson wird von dieser Rangordnung nicht wirklich tangiert. Sie ist schließlich kein Werwolf, sondern eine so genannte Walkerin. Das bedeutet, dass sie sich unabhängig von Mondphasen und ohne große Probleme jederzeit in eine Kojotin verwandeln kann. Sie ist unter Werwölfen aufgewachsen und ihr nächster Nachbar Adam ist der Alpha des Rudels der Tri-Cities in Columbia, weshalb sie sich gut mit diesen Werwesen auskennt. Als eines Tages Mac in ihrer Autowerkstatt auftaucht, wittert sie Ärger. Mac ist erst seit kurzem ein Werwolf und er gehört nicht zu Adams Rudel. Das bedeutet, dass er unrechtmäßig in Adams Gebiet eingedrungen und dadurch in Gefahr ist. Zudem ist er noch nicht fähig, den Wolf in sich zu beherrschen. Dazu bedarf es der Anleitung eines Alphas.

Doch bevor Mercy Adam von Mac berichten kann, überschlagen sich die Ereignisse. Weitere Werwölfe dringen in Adams Territorium ein, töten Mac in Adams Haus, verletzen den Alpha schwer und entführen seine Tochter Jesse. Mercy, die an den Schauplatz des Geschehens eilt, beschließt zu handeln. Sie packt den verletzten Adam und Macs Leiche in ihren Bus und fährt zu dem Werwolfrudel, bei dem sie aufgewachsen ist, um um Hilfe zu bitten. Sehr schnell merkt sie, dass dies gar nicht so einfach ist und dass ihre Vergangenheit sie immer noch belastet …

Die Kulisse, die Briggs in ihrem Buch entwirft, ist wirklich keine schlechte Idee. Zumeist geht es in Mysterybüchern um Vampire, doch sie widmet sich den Werwölfen, starken und gefährlichen Tieren, die nicht unbedingt dazu gebrauchen sind, funkensprühende Erotik zwischen Buchdeckel zu pressen. Darauf legt es die Autorin allerdings auch nicht an. Stattdessen erschafft sie eine sehr interessante Blickweise auf die Werwölfe, indem sie diese in Rudel einteilt und sie einer Rangordnung verpflichtet. Dadurch wirken die Werwölfe selbst in Menschenform mehr wie Tiere, und Briggs schafft es, sie trotzdem verständlich, teilweise sogar sympathisch darzustellen. Es ist zwar negativ anzumerken, dass einige ihrer Überlegungen historisch und/oder organisatorisch noch nicht ganz ausgereift wirken, doch insgesamt kann die Welt, die Briggs erschafft, überzeugen.

Für die Handlung gilt das nicht immer. Gerade das Ende, das eine Art Verschwörung aufdecken muss, wirkt verworren und unrealistisch. An einigen Stellen bleibt unklar, worauf die Autorin hinauswill und wie sich die einzelnen Fragmente in der Geschichte zusammenfügen lassen. Die Auflösung, wieso Jesse entführt und Adam verletzt wurde, wirkt stellenweise geradezu an den Haaren herbeigezogen. Hier wäre es gut gewesen, wenn die Autorin, anstatt sich in wilde Theorien zu verstricken, die ansonsten sehr geradlinige Handlung auch so zu Ende geführt hätte. Denn der Rest des Buchs überzeugt. Es ist ein regelrechter Pageturner. Es ist spannend und mitreißend und wirft am Ende fast jeden Kapitels die Frage auf, wie es denn wohl weitergeht. Das hängt auf der einen Seite mit dem gruseligen, originellen Grundthema des Buches zusammen, das Spekulationen über den Handlungsverlauf erschwert, und mit der Erzählerin, die den Leser in ihren Bann zieht.

Mercy Thompson ist eine junge, zupackende Frau, die sich anfangs angenehm im Hintergrund hält. Dadurch wirkt sie etwas distanziert, ist dem Leser aber trotzdem sympathisch, da sie bodenständig und nicht abgehoben ist. Auch den selbstironischen Ton, den solche Bücher gerne anschlagen, lässt die Autorin beiseite. Dadurch bekommt Mercy die Möglichkeit, in klaren Worten zu erzählen. Sie drückt sich dabei nicht übertrieben gewählt, aber auch nicht sonderlich alltagssprachlich aus. Der Schreibstil sticht nicht wirklich hervor, tut aber seine Dienste. Genau wie Mercy selbst fehlt es auch ihm etwas an Originalität. Trotz ihrer liebenswerten Art fehlt es der Protagonistin nämlich ein wenig an Eigenständigkeit. Sie wirkt häufig zu banal, zu simpel, aber dies stört nicht zu sehr, sondern macht im Gegenteil Hoffnung auf mehr. Immerhin ist die Reihe um Mercy Thompson laut [Briggs‘ Website]http://www.patriciabriggs.com auf mehrere Bände angelegt.

„Ruf des Mondes“ ist jedenfalls schon mal ein gutes Einstiegsbuch. Es besitzt ein interessantes Thema, eine angenehme Hauptperson und ist sehr spannend erzählt. Es macht Lust auf mehr, verlangt aber auch nach einigen Verbesserungen in den Folgebüchern. Mercy würde es nicht schaden, noch ein wenig mehr Konturen zu erhalten, und auch die Handlung könnte ein wenig mehr Durchdachtheit, vor allem bei der Zusammenführung aller loser Fäden, gebrauchen.

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McCaughrean, Geraldine – Weiße Finsternis

Liebe hat viele Gesichter. Zum Beispiel das von Titus Oates, den die vierzehnjährige Symone anhimmelt. Einziger Haken dabei ist, dass Titus Oates schon seit neunzig Jahren tot ist. Das hindert ihn aber nicht daran, Symone in ihrer Fantasie zu begleiten, und er erweist sich als sehr hilfreich, als Symones Leben plötzlich auf den Kopf gestellt wird …

Symone lebt gemeinsam mit ihrer Mutter und Onkel Victor, der eigentlich gar kein Onkel ist, zusammen. Ihr Vater ist gestorben, weshalb Onkel Victor der Familie nicht nur finanziell zur Hand geht, denn es steht nicht besonders gut ums Geld. Ihr Vater hatte Schulden, und diese müssen abgezahlt werden. Umso verwunderlicher ist es, als Victor Symone und ihre Mutter eines Tages mitten in der Schulzeit zu einem Trip nach Paris einlädt.

Ihre Mutter müssen sie leider in England zurücklassen, da diese ihren Pass nicht finden kann, doch Symone ist sich sicher, dass sie auch alleine mit Onkel Victor eine Menge Spaß haben wird. Victor allerdings hat ganz andere Pläne. Er möchte nicht nach Paris, er möchte zum Südpol. Symone ist seit frühester Kindheit Fan von allem, was mit Eis und Schnee zu tun hat. Sie hat Bücher und Filme zu diesem Thema – und ihren unsichtbaren Freund Titus Oates, der einst als Polarforscher die Südpol-Expedition von Robert Scott begleitete.

Titus ist ihr folglich eine große Hilfe, als sie plötzlich mit einer bunt zusammengewürfelten Reisetruppe im ewigen Eis landet, denn Onkel Victor hat diese Reise nicht zu Sightseeingzwecken unternommen. Im Gegenteil wird immer deutlicher, dass er bestimmte Pläne verfolgt. Pläne, die nicht nur Symone in Lebensgefahr bringen …

Geraldine McCaughrean [(„Peter Pan und der rote Pirat“), 3301 die unter anderem schon den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten hat, legt in „Weiße Finsternis“ einen sehr ungewöhnlichen Plot vor. Der Anfang wirkt noch recht banal. Ein Mädchen ist in ihrer Schule eine Außenseiterin, weil sie sich in ihrer Freizeit mit anderen Themen beschäftigt als ihre pubertierenden Freundinnen. Hinzu kommt die familiäre Tragödie, der Tod des Vaters. Erst als Symone und Victor sich in Paris befinden und Victor einige seltsame Verhaltensweisen an den Tag legt, wird klar, dass es hier um mehr geht als eine weitere Teenager-Außenseiter-Geschichte. Dieses Motiv spielt zwar an einigen Stellen mit hinein, mit der Zeit erschließt sich dem Leser aber, worum es wirklich geht in diesem Buch und was Victor plant. Dabei hat der Leser den Vorteil, dass er einige Dinge schneller erkennt als Symone. Diese hat eine sehr gutgläubige Einstellung gegenüber dem väterlichen Freund Victor, was den Zeitpunkt, als sie ihn durchschaut, umso dramatischer werden lässt.

Die Handlung ist spannend und sehr gut ausgedacht. McCaughrean strickt aus originellen Ereignissen eine abenteuerliche, aber trotzdem authentische Geschichte. Diese spielt sich zum Großteil in der Antarktis ab und der Autorin gelingt es auf wunderbare Art und Weise, diesen Schauplatz lebendig werden zu lassen. Mit einfachen Worten lässt sie Schnee und Eis vor dem inneren Auge des Lesers entstehen und schildert die Atmosphäre und die Besonderheiten des Südpols so verständlich und detailliert, dass man sich tatsächlich an Symones Seite wähnt, wenn sie sich durch den Schneesturm kämpft. Gerade die Beschreibungen und die Recherchen beweisen, dass McCaughrean nicht umsonst Preise gewonnen hat.

Daneben präsentiert sie eine sehr ansprechende Hauptperson beziehungsweise eine Hauptperson und die Stimme in ihrem Kopf, die einem seit neunzig Jahren toten Polarforscher gehört. Alleine diese Idee gefällt, die Ausarbeitung verdient richtig viel Lob. Die Schlagabtäusche zwischen Symone und Titus sind wunderbar humorvoll und lockern die Geschichte immer wieder auf. Hinzu kommt, dass Symone ein sympathischer und sehr realistischer Charakter ist. Sie erzählt aus der Ich-Perspektive, und dabei gibt sie sehr viele ihrer Gedanken preis. Dadurch erfährt man sehr viel über sie; beispielhaft seien an dieser Stelle die alterstypischen Gedanken genannt, die sich stets darum drehen, wie sie sich selbst sieht – und das ist nicht besonders positiv. Sie hält sich für tollpatschig & schüchtern, und die Autorin weiß diese Unsicherheit perfekt auszudrücken.

Die Sprache, die Geraldine McCaughrean dabei verwendet, ist jugendgerecht, also ziemlich einfach. Gehobene Ausdrücke kommen höchstens in Anführungszeichen vor, aber trotzdem schreibt die Engländerin unglaublich intensiv, treffsicher und bildhaft. Ihre Metaphern und Vergleiche bezieht sie zumeist auf die Antarktis, doch auch wenn nicht, sind ihre Stilmittel gut verständlich, anschaulich und von seltener Originalität. Nicht umsonst sind die Beschreibungen und die Hauptfigur so sympathisch – bei diesem Schreibstil kein Wunder!

In der Summe ist „Weiße Finsternis“ ein sehr empfehlenswertes Jugendbuch, das auch Erwachsene unterhalten kann. Bei diesem Roman stimmt einfach alles: Hauptperson, Handlung, Schreibstil – alles ist auf die Zielgruppe zugeschnitten, unterfordert diese aber auch nicht. Geraldine McCaughrean sollte auch für dieses Buch mit Preisen überschüttet werden.

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Ackermann, Rolf – Fluch des Diamanten, Der

„Diamonds are a girl’s best friend“, hat Marylin Monroe einst geträllert. Im Falle der Schmuckexpertin Marie-Claire de Vries trifft diese Weisheit allerdings nicht zu. Sie wird in dem Buch „Der Fluch des Diamanten“, wie der Titel schon erkennen lässt, von ein paar Edelsteinen in die Bredouille gebracht.

Die Geschichte beginnt damit, dass von einem Privatbesitz und einem Museum in Florenz zwei verschiedene Diamanten unter Zuhilfenahme brutaler Mittel gestohlen werden. Die Täter waren eindeutig Araber und es geht ein Bekennerschreiben ein, in dem es heißt, dass sie die Edelsteine ihres Landes dorthin zurückholen wollten. Gleichzeitig wird Marie-Claire de Vries beauftragt, über den ‚Florentiner‘ – einen berühmten, aber als verschollen geltenden Diamanten – etwas herauszufinden. Francis Roundell, ihr Auftraggeber und hohes Tier im Auktionshaus Christie’s, möchte, dass sie die Geschichte des Florentiners recherchiert.

Marie-Claire stürzt sich in die Arbeit und stellt bald fest, dass der sagenumwobene Stein von einer Art Fluch umgeben scheint. Seinen bisherigen Besitzern hat er nur Unglück gebracht und es ranken sich viele, teils unveröffentlichte Legenden um ihn. Doch sie ist nicht die Einzige, die sich für diese Geschichten interessiert. Marie-Claire ist mit ihren blonden Haaren und langen Beinen sicherlich alles andere als hässlich, aber bemerkenswert ist es schon, dass sich auf einmal gleich drei Männer um sie bemühen. Drei Männer, von denen nicht jeder ausschließlich an ihr interessiert ist …

Der Roman von Rolf Ackermann beschäftigt sich mit einem nicht alltäglichen Thema, das der Autor gut zu verpacken weiß. Er lässt viele historische Fakten über den Florentiner einfließen und erweist sich als Kenner in Bezug auf das, was er schreibt. Leider reicht das nicht, um „Der Fluch des Diamanten“ zu einem spannenden Thriller zu machen. Dafür tröpfelt die Handlung zu belanglos vor sich hin, außerdem fehlt es an wirklich interessanten Ereignissen und Überraschungen. Ackermann verteilt seine Handlung auf mehrere Länder, doch der Thrill bleibt bei der Jagd rund um die Erdkugel auf der Strecke.

Das könnte mit dem Schreibstil zusammenhängen, der kühl und distanziert, geradezu analytisch berichtet. Der Autor benutzt dazu passend einen gehobenen Wortschatz, weshalb sogar die meisten Dialoge sehr hochgestochen wirken. Das wirkt auf der einen Seite nicht besonders authentisch und distanziert die Charaktere zusätzlich stark vom Leser. Das macht es nicht unbedingt einfach, sich mit ihnen zu identifizieren und mit ihnen zu fiebern. Im Gegenteil wirken Marie-Claire und Co. zu perfekt beziehungsweise ihre Ecken und Kanten bewegen sich immer in einem oberflächlichen Rahmen.

Zudem fällt negativ auf, dass das Buch stark von Klischees durchsetzt ist. Die Frauen sind beispielsweise zum Großteil sehr gutaussehend, im Beruf sehr erfolgreich und in der Liebe eher nicht, was zu aufgestauten sexuellen Energien führt. Die Männer dagegen sind zumeist geschniegelt, intellektuell und echte Verführer, für welche die Frauen nur zu gerne die Hüllen fallen lassen. Der Autor tut nichts dagegen, um diese Stereotypen zu durchbrechen und seine Figuren mit etwas Originalität zu versehen.

Nach der Lektüre von „Der Fluch des Diamanten“ bleibt ein fader Nachgeschmack zurück. Rolf Ackermann schreibt zwar über ein interessantes Thema, bietet diesem jedoch nicht den richtigen Nährboden. Der Handlung fehlt es an Schwung und Spannung, der Schreibstil ist zwar handwerklich gut, aber zu kühl und distanziert, und den Charakteren mangelt es an Tiefe und Originalität.

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Fred Vargas – Die schwarzen Wasser der Seine

Die Französin Fred Vargas gehört wohl zu den bekanntesten Krimiautorinnen Deutschlands. Ihre vergnüglichen Romane um den schrulligen Kommissar Adamsberg, seine skurrilen Fälle und sein versponnenes Umfeld begeistern seit Jahren. Nachdem 2007 bereits „Die dritte Jungfrau“ in Deutschland erschienen ist, veröffentlicht der Aufbau-Verlag zusätzlich einen Band mit drei kurzen Geschichten um Adamsberg, der in Frankreich schon im Jahr 2002 zu haben war.

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Johnson, Kij – Geheimnis der Fuchsfrau, Das

In der deutschen Fabelwelt ist der Fuchs als verschlagenes, hinterlistiges Tier bekannt. Doch das ist nichts gegen das, was man dem Fuchs im Japan des Mittelalters nachsagt. Er soll Zauberkräfte besitzen und sogar dazu in der Lage sein, sich in Menschengestalt zu verwandeln.

Tatsächlich beschreibt die Amerikanerin Kij Johnson in ihrem Buch „Das Geheimnis der Fuchsfrau“ einen solchen Fall. Kitsune, eine junge, verspielte Füchsin, lebt mit ihrem weisen Großvater, ihrer verrückten Mutter und ihrem in sie verliebten Bruder auf dem verfallenen Landsitz des Adligen Kaya no Yoshifuji. Obwohl er sich dort seit Jahren nicht mehr hat blicken lassen, beschließt der junge Mann mit seiner hübschen Frau Shikujo, seinem achtjährigen Sohn Tadamaro und der Dienerschar, nachdem er bei der bei den Neujahrsernennungen kein Amt abbekommen hat, wieder aufs Land zu ziehen. Kitsune, die äußerst neugierig ist und sich sehr für Menschen interessiert, verliebt sich unsterblich in Yoshifuji. Als ihr Großvater ihr erzählt, dass es Füchsen möglich ist, sich mit Magie in Menschen zu verwandeln, ist Kitsune hellauf begeistert.

Doch ihre Gefühle sind nicht einseitig. Yoshifuji, der sich mit seiner hübschen, stets braven Frau langweilt, verspürt eine gewisse Rastlosigkeit. Er ist nicht mit seinem Leben zufrieden und fühlt sich zu den Füchsen im Garten seltsamerweise hingezogen. Seine Frau sieht das ein bisschen anders. Ihr machen diese Tiere Angst und sie glaubt, dass sie böse sind und Seelen stehlen. Tatsächlich hat sie selbst so ihre Erfahrung mit diesen Tieren und bittet ihren Ehemann, die Füchse zu vertreiben. Doch der lässt sich nicht erweichen. Immer versessener wird er im Hinblick auf diese Tiere, und so beschließt Shikujo, ohne ihn, dafür aber mit Tadamaro in die Hauptstadt zurückzukehren. Das erweist sich als Fehler, denn zur gleichen Zeit beginnt Kitsune mit der Verwandlung in eine Frau, und sie hat nur ein Ziel: Yoshifuji …

Kij Johnson schildert in ihrem Buch eine sehr anschauliche, mythische Geschichte, die gerade Lesern aus der westlichen Kultur sehr gefallen wird, erzählt sie doch aus einem völlig anderen Kulturkreis. Das Buch spielt in der Heian-Zeit, die ungefähr dem Mittelalter entspricht, und bietet neben einer fremden Kultur dementsprechend auch einen sehr interessanten historischen Hintergrund. Kij Johnson stellt diese beiden Aspekte in der Geschichte sehr gut dar. Sie verwebt sie zu einer dichten, atmosphärischen Kulisse und erklärt in wenigen, aber anschaulichen Worten die Besonderheiten des damaligen Japans. Sie schafft es dabei, sich so knapp zu fassen, dass das Buch nicht zerfasert, sondern zu einem runden Ganzen wird.

Allerdings kommt die Geschichte trotz eines guten Anfangs nicht richtig in Gang. Die ersten Seiten erzählen von Kitsunes Geburt als Füchsin und wie sie aufwächst und ihre und die Welt der Menschen erlebt. Da aus der Tierperspektive geschrieben, ist der Anfang unglaublich interessant, stellenweise gewitzt und macht Lust auf mehr. Doch bis dann einmal Schwung in die Geschichte kommt, vergeht einige Zeit. Auf der einen Seite ermüdet es ein wenig, dass sich Johnson manchmal an Kleinigkeiten aufhält, auf der anderen Seite benötigt sie diese, um die zwischenmenschlichen Beziehungen darzustellen. In der Ehe zwischen Yoshifuji und Shikujo kriselt es und die Autorin schildert dies auf eine schleichende Art und Weise, die den Leser dazu auffordert, selbst zu erkennen, wie es um die beiden steht. Glücklicherweise gibt es aber immer wieder Phasen, in denen es im Buch flott vorangeht, und in der Summe überwiegt das Positive der Handlung.

Dazu gehören die Anschaulichkeit und die unglaublich gewandte Darstellung der Ereignisse. Johnson teilt ihr Buch in drei Erzählperspektiven auf: Kitsune, Yoshifuji und Shikujo, die jeweils aus der Ich-Perspektive sprechen. Sie schafft es dabei, zwischen den Perspektiven und dem Leser nur eine geringe Distanz zu belassen. Man kann direkt verfolgen, was die Hauptpersonen bewegt, was sie denken und wie sie verschiedene Ereignisse erleben. Die Charaktere sind ungewohnt gut ausgearbeitet. Sie haben Ecken und Kanten, Geheimnisse und geheime Wünsche und wirken menschlich und bodenständig, keinesfalls heroisch. Es scheint, als ob Johnson tatsächlich bis in die verstecktesten Winkel der Persönlichkeiten vorgedrungen wäre, und dies macht einen großen Teil des Zaubers dieses Buches aus.

Einen nicht unbeträchtlichen Anteil an diesem Zauber hat auch der Schreibstil. Die amerikanische Autorin erzählt leichtfüßig, anschaulich und bildhaft und verwendet viele (Farb-)Adjektive, so dass man sich alles sehr gut vorstellen kann. Außerdem benutzt sie virtuose Metaphern, allerdings nicht im Übermaß, sondern wohldosiert. Insgesamt ist der Schreibstil sehr unaufdringlich und auf subtile Art und Weise beeindruckend. Dass Johnson dies den ganzen Roman hindurch beibehält, verdient großes Lob.

Mit „Das Geheimnis der Fuchsfrau“ ist Kij Johnson ein exotisches und anmutiges Buch gelungen. Ihr Erzählstil zieht in den Bann und erfreut durch seine Anschaulichkeit; die interessanten Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet. Einzig die Handlung ist an einigen Stellen etwas zu langatmig, doch das wird durch die restliche Qualität des Buches schnell wieder aufgewogen.

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Michal Zamir – Das Mädchenschiff

Der Wehrdienst für Frauen ist in Deutschland erst seit einigen Jahren ein Thema und im Gegensatz zu den Männern, die verpflichtet sind, dem Vaterland in irgendeiner Form zu dienen, steht es den Frauen frei, ob sie zur Bundeswehr gehen möchten oder nicht. In Israel ist das anders. Dort müssen beide Geschlechter jeweils zwei Jahre Dienst ableisten.

So auch die achtzehnjährige Ich-Erzählerin, die ihrer Verpflichtung als Bürokraft auf einem Fortbildungsstützpunkt nachkommt. Sie ist nicht besonders motiviert, obwohl sie sich vorstellen könnte, später Medizin zu studieren. Doch ihre Zukunft interessiert sie nicht sonderlich. Ihr Leben spielt sich momentan in einem kleinen Büro ab, wo sie Kaffee kocht und Gläser spült. Zwischendurch gibt sie sich den Offizieren hin, was in schöner Regelmäßigkeit in Schwangerschaften endet, da sie die Pille nicht verträgt. Nicht immer ist sie dabei mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden, aber so läuft das nun mal bei der Armee.

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Gier, Kerstin – Für jede Lösung ein Problem

Gerri glaubt, sie habe nichts mehr zu verlieren. Ihr Job als Heftromanautorin ist futsch, sie ist immer noch Single und irgendwie läuft auf einmal alles schief. Die junge Frau beschließt sich umzubringen, und da kommt die Sammlung von Schlaftabletten, die ihr ihre Mutter vermacht, gerade recht. Gerri bereitet alles vor, was es für einen guten Selbstmord braucht: Sie kündigt ihre Wohnung, kauft sich ein teures Kleid und geht zum Friseur. Sie mietet ein Hotelzimmer, kauft Wodka zu den Schlaftabletten – und schreibt Abschiedsbriefe an Freunde, Verwandte und Bekannte. Dabei geht sie nicht gerade zimperlich mit ihnen um. Was kümmert sie das auch? Schließlich wird sie bereits tot sein, wenn die Adressaten die Briefe bekommen.

Leider kommt im Leben aber nicht immer alles so wie geplant. Als die junge Frau am Abend ihres Ablebens in die Hotelbar geht, um ein letztes Glas Champagner zu genießen, trifft sie auf Ole, mit dem sie beinahe mal eine Beziehung hatte und der immer noch zu ihrem Freundeskreis gehört. Damals entschied er sich statt für Gerri für seine Ex Mia, die ihn just in dem Hotel, in dem Gerri sich umbringen möchte, betrügt. Er ist Mia gefolgt, wie in einem schlechten Film, und jetzt klammert er sich an mehrere Gläser Whiskey und an Gerri, um mit seiner kaputten Ehe zurechtzukommen. Ihre Selbstmordpläne sind damit erstmal abgehakt, und nachdem die Putzfrau am nächsten Morgen auch noch Gerris Schlaftabletten aufsaugt, hat die Heldin von „Für jede Lösung ein Problem“ wirklich ein Problem. Denn ihre Abschiedsbriefe an unliebsame Onkel und Tanten, nervige Freundinnen und den neuen, gutaussehenden Cheflektor, der sie gekündigt hat, sind bereits unterwegs – und sie dummerweise immer noch am Leben.

„Für jede Lösung ein Problem“ ist ein Buch in schönster Bridget-Jones-Marnier: Die Hauptfigur ist über dreißig und verzweifelter Single mit chaotischem Leben und noch chaotischeren Freunden, einem Faible für Fettnäpfchen und einer schrecklichen Familie. Gerri lässt sich gerne unterdrücken, doch nach ihrem Selbstmord ist Schluss damit. Geschubst von ihrer resoluten Freundin Charly lernt sie auf eigenen Beinen zu stehen und macht in der Geschichte eine authentische Wandlung durch. Ob man Gerri dabei mag, liegt am Leser persönlich. Kerstin Gier schreibt Bücher, die man, ohne wertend zu werden, der Sparte „Frauenroman“ zuordnen muss. Wer dieses Genre von vornherein nicht mag, der wird auch an „Für jede Lösung kein Problem“ keine Freude finden.

Lässt man sich auf das Buch ein, bekommt man eine lustige Geschichte serviert, die ab und an zum Schmunzeln einlädt. Die Handlung ist witzig und chaotisch, wenn auch sicherlich nicht besonders realistisch. Über Giers Umgang mit dem ernsten Thema Selbstmord lässt sich ebenfalls streiten, dennoch ist die Geschichte witzige Unterhaltung. Mehr als einmal muss man lachen, da aus der Perspektive von Gerri erzählt wird und man all ihre Gedanken mitbekommt. Diese sind meist bissig, sarkastisch und stehen im Gegensatz zu dem, was sie eigentlich tut. Was Gier einigen ihrer Kolleginnen voraus hat, ist dabei, dass ihr Humor richtig schwarz und böse sein kann, so böse, wie man es vielleicht nicht unbedingt in einem „Frauenroman“ erwartet. Das macht dann sogar Leuten Spaß, die solche Bücher normalerweise nicht lesen.

Kerstin Giers Schreibstil gefällt aufgrund des hohen technischen Niveaus. Gier benutzt ein großes, aber der Geschichte angepasstes Vokabular und klare, schlüssige Satzstrukturen. Trotz der Selbstironie und der guten Portion Humor verliert sich das Buch nie in Witzeleien. Die Autorin kommt stets auf den Punkt und erzählt gerafft, aber nicht zu schnell aus dem chaotischen Leben von Gerri.

„Für jede Lösung ein Problem“ gehört zu den wenigen deutschen „Frauenromanen“, die an die Bridget-Jones-Bücher von Helen Fielding heranreichen. Die Geschichte ist witzig, selbstironisch, gut erzählt und präsentiert eine sympathische Hauptfigur. Die Handlung ist sicherlich für manche etwas zu abgeschmackt oder zu unrealistisch, aber wer sich daran nicht stört, wird mit Kerstin Giers Roman ein paar amüsante Stunden erleben.

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_Kerstin Gier auf |Buchwurm.info|:_
[„Die Mütter-Mafia“ 4328
[„Die Patin“ 4344

Fisher, Catherine – Schneewanderer

Catherine Fisher ist eine seit vielen Jahren aktive Autorin von Jugendfantasybüchern, auch wenn sie in Deutschland sicherlich noch nicht die Bekanntheit erreicht hat, die sie in England vorweisen kann. Dort wurde sie bereits mehrfach ausgezeichnet und war unter anderem für den |Whitbread Children’s Book Award| nominiert. |Heyne| veröffentlicht nun „The Snow-Walker Trilogy“, allerdings nicht in drei, sondern in einem Band.

Die Snow-Walker, zu deutsch Schneewanderer, sind ein magisches Völkchen, das die normalen Bewohner der nordisch anmutenden Fantasywelt von Fisher verängstigt und Stoff für Gerüchte und Legenden liefert. Grund dafür ist Gudrun, die Frau des Jarl. Man sagt ihr nach, dass sie eine böse Hexe sei, und für die junge Jessa erhärtet sich der Verdacht, als Gudrun sie und ihren Freund Thorkil nach Thrasirshall schickt.

Jessas und Thorkils Väter sind beim Jarl in Ungnade gefallen, und nun sollen auch die beiden Kinder darunter leiden. Gudrun möchte sie außer Reichweite haben und schickt sie deshalb an diesen sagenumwobenen Ort, an den sie einst ihren eigenen Sohn Kari verbannte. Über Kari gibt es die schauerlichsten Märchen. Angeblich ist er ein Monster, doch niemand glaubt, dass er das lange Exil überhaupt überlebt hat. Die Reise der Kinder ist folglich eine Reise ins Ungewisse …

Weiteres zum Inhalt zu sagen, wäre unfair gegenüber potenziellen Lesern, obwohl nur die Geschehnisse des ersten Buches angerissen wurden. Da das Buch drei voneinander unabhängige publizierte Geschichten vereint, fällt es schwer, einen Gesamtüberblick zu geben.

Im Mittelpunkt von „Schneewanderer“ steht der Kampf gegen Gudrun. Die Handlungen der einzelnen Geschichten sind dabei sehr einfach und kindgerecht geschnitzt. Verworrene Intrigen oder großartige Überraschungen darf man nicht erwarten, dafür aber eine wunderschöne Kulisse und eine konsistente, manchmal vorhersehbare Handlung. Was positiv auffällt, ist, dass in dem Buch zwar oft gereist wird, so dass man ständig neue Eindrücke bekommt, diese Reisen aber sehr gerafft dargestellt werden. Fisher begeht nicht den Fehler, sich in seitenlangen Schilderungen von Strapazen in den eisigen Landstrichen zu ergehen, sondern konzentriert sich auf die tatsächliche Handlung. Zusammen mit dem simplen Hintergrund – es gibt wenig Magie und auch nur wenige Fantasywesen und Ähnliches – gelingt es ihr dadurch, packend und interessant, wenn auch nicht besonders innovativ zu erzählen.

Hauptperson in den drei Geschichten ist Jessa, ein starrköpfiges Mädchen, das dem Leser den Zugang zu sich erschwert. Fisher greift zwar immer wieder auf ihre Gedanken und Gefühle zurück und erzählt in der dritten Perspektive aus ihren Augen, aber trotzdem steht sie nicht wirklich im Vordergrund. Ihre Charaktereigenschaften oder sogar ihr Aussehen offenbaren sich dem Leser erst im zweiten Band richtig, was schade ist. Gerade Kinder und Jugendliche haben es gerne, wenn sie sich mit den Hauptfiguren im Buch identifizieren können, was in diesem Fall etwas schwerfällt.

Die anderen Personen sind gut ausgearbeitet. Sie ähneln von Namen und Wesen her am ehesten Wikingern oder Menschen aus der nordischen Geschichte. Fisher etabliert verschiedene Charaktere, die den Leser das ganze Buch hindurch begleiten. Leider zeichnet sie diese oft etwas zu sehr schwarzweiß. Die Bösen haben kaum gute Seiten, während die Guten wenige schlechte haben. Diese Tatsache passt zu der Einfachheit des Plots und wird den erwachsenen Leser vielleicht etwas enttäuschen.

Was ebenfalls für herabhängende Mundwinkel sorgt, ist die Übersetzung, die an einigen Stellen hängt beziehungsweise sogar den einen oder anderen Grammatikfehler aufweist, wie eine Textstelle auf Seite 390 zeigt.

|“Es war kein Tier. Aber auch nicht eigentlich ein Mensch, dachte Jessa, nur sehr ähnlich.“|

Hier hätte man sich ein strafferes Lektorat gewünscht, das solche Fehler ausmerzt. Insgesamt ist das Buch auf Kinderniveau geschrieben, was aber nichts Negatives ist. Fisher erzählt klar und nüchtern, geradezu objektiv, was die eigene Phantasie des Lesers anspricht. Umständliche Erklärungen findet man selten, doch die Autorin schafft es auch mit wenigen, simplen Worten, ihre Welt und die darin befindlichen Menschen anschaulich darzustellen.

Insgesamt ist „Schneewanderer“ ein Buch, das nicht nur Stärken aufweist. Es ist anfangs gewöhnungsbedürftig, dass die Hauptfigur Jessa, aus deren Perspektive erzählt wird, nicht im Mittelpunkt steht. Außerdem tauchen immer wieder vermeidbare Grammatik- oder Ausdrucksfehler auf und die Einfachheit des Buches hat auch seine negativen Seiten. Die Handlung ähnelt anderen Fantasybüchern an manchen Stellen, gefällt aber auch dank des flotten Erzähltempos und des klaren Aufbaus. Der Schreibstil ist anschaulich und verstrickt sich nicht in Nebensächlichkeiten, die Personen gefallen durch geschickte Ausarbeitung. Für Kinder und Jugendliche ist dieses Buch sicherlich ein schönes Weihnachtsgeschenk, dennoch sollte man nicht zu viel davon erwarten.

|Originaltitel: The Snow-Walker Trilogy (The Snow-Walker’s Son/ The Empty Hand/ The Soul Thieves)
Originalverlag: RED FOX/ Random House
Aus dem Englischen von Beate Brammertz
Mit Illustrationen von Animagic
Paperback, 656 Seiten|
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Katzenbach, John – Fotograf, Der

John Katzenbach hat sich mit Thrillern wie „Die Anstalt“, „Das Opfer“ oder „Der Patient“ in letzter Zeit zum Bestsellerautor gemausert. Dabei schreibt er nicht erst seit gestern. Deshalb veröffentlicht Knaur jetzt einen Roman wieder, der unter dem Titel „Das Auge“ bereits vor zwanzig Jahren veröffentlicht wurde. Das Buch wurde völlig neu bearbeitet und heißt jetzt „Der Fotograf“.

Der Fotograf ist in diesem Fall Douglas Jeffens, der nach einer unschönen Kindheit zum Mörder wurde. Eins seiner Opfer ist Susan, die Nichte von Detective Mercedes Barren. Obwohl man jemanden fand, der zur gleichen Zeit weitere Mädchen in Miami umgebracht hat, glaubt Mercedes nicht daran, dass dieser Täter auch Susan auf dem Gewissen hat. Es muss noch einen Mörder geben. Sie macht sich auf die Suche und stößt dabei auf Martin Jeffers, Douglas‘ Bruder, der nichts von Douglas‘ Geheimnis weiß beziehungsweise wissen will. Er hat es zwar schon immer geahnt, doch nie wahrhaben wollen.

Gemeinsam mit Mercedes macht er sich auf die Suche nach Douglas, der auf „Erinnerungsreise“ gegangen ist. Er hat kein gutes Gefühl dabei und ist sich auch nicht sicher, ob er Mercedes wirklich vertrauen kann. Gleichzeitig fährt Douglas durch ganz Amerika, auf dem Beifahrersitz die junge Literaturstudentin Anne, die den Auftrag hat, das mitzuschreiben, was Douglas zu erzählen hat – und was er tut. Douglas ist schließlich immer noch ein gefährlicher Serienmörder und Anne ist sich dessen ständig bewusst …

Auch wenn man den Namen Katzenbach stets in allen möglichen Bestsellerlisten findet, bedeutet das noch nicht, dass auch alles von ihm gut sein muss. „Der Fotograf“ hat sicherlich seine Vorzüge, aber auch einige bedeutsame Schwächen. Dazu zählt vor allem die Handlung. Das Buch hat weit über 600 Seiten, doch es kommt nur selten Spannung auf. Mercedes‘ Jagd auf Douglas ist recht spannungsarm, da dem Leser – im Gegensatz zum Detective – von Anfang an bekannt ist, wer Susan ermordet hat. Dadurch ist die einzige Frage, die man sich während der Lektüre stellt, wann sie Douglas denn endlich hat. Katzenbach konzentriert sich dabei nicht auf eine einzige Hauptperson, sondern auf mehrere. Dadurch wird der Leser mehr oder weniger allwissend, was auch nicht unbedingt einen positiven Effekt auf die Spannung hat. Zudem wird das Buch stellenweise sehr lang, da zu wenig passiert. Viele Dinge sind außerdem vorhersehbar oder werden nicht besonders spannend dargestellt.

Was auf der Habenseite steht, ist der Schreibstil. Katzenbach schreibt sehr akkurat und versucht, wirklich alles wiederzugeben. Dass er sich dabei nicht in Unwichtiges verstrickt, ist ihm hoch anzurechnen. Sein Wortschatz ist groß, sein Stil eher nüchtern. Er stellt Gefühle zwar dar, aber trotzdem bleibt stets eine gewisse Distanz zwischen Personen und Leser.

Die Personen sind gute Handarbeit, kommen durch diese Distanz aber nicht immer völlig zur Geltung. An einigen Stellen wirkt das Buch wie mit Handbremse geschrieben. Dabei gefallen die Charaktere eigentlich durch ihre ansprechende Ausgestaltung. Jede bzw. jeder hat eine Vergangenheit und ist sehr menschlich. Es gibt Ecken und Kanten und Katzenbach hält sich von Klischees fern. Mercedes erinnert beispielsweise anfangs an die taffe, etwas burschikose Polizistin, doch sehr bald muss man als Leser überrascht feststellen, dass sie durchaus auch sehr weiblich sein kann. Anders als manche Autorin schlachtet Katzenbach diese Tatsache aber nicht aus. Es ist sehr erfrischend, dass es keine obligatorische Romanze in „Der Fotograf“ gibt.

Der einzige Charakter, der etwas klischeehaft wirkt, ist ausgerechnet Douglas Jeffers, der Mörder. Seine Geschichte – schlechte Kindheit et cetera – ist wirklich schon oft dagewesen. Katzenbach hat dazu den Gegenpol in Form von Martin Jeffers geschaffen, der trotz ähnlicher Erlebnisse eben nicht kriminell geworden ist. Das ist geschickt gemacht, aber der Autor scheint das Potenzial dieses Gegensatzes nicht völlig auszuschöpfen. Zu wenig kommt der Konflikt zwischen den Brüdern zum Tragen.

„Der Fotograf“ ist ein Thriller, der nicht unbedingt spannend ist, aber immerhin gut geschrieben. Er hat viele Längen und kann selten mitreißen, Katzenbach schafft es aber, die Erlebnisse der einzelnen Charaktere in gute, dichte Worte zu fassen und anschaulich darzustellen.

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_John Katzenbach auf |Buchwurm.info|:_
[„Das Opfer“ 3414
[„Der Patient“ 2994
[„Die Anstalt“ 2688

Daschkowa, Polina – falsche Engel, Der

Polina Daschkowa gehört zu den bekanntesten russischen Autorinnen. Ihr neuestes Buch „Der falsche Engel“ ist typisch Daschkowa – und doch wieder nicht. Auf der einen Seite hat man wie gehabt eine verwobene Handlung, viele Personen, deren ungewohnte Namen man sich nur schwer einprägen kann, und ein nicht besonders positiv dargestelltes Russland. Auf der anderen Seite hat man zugleich eines der besten Bücher der Russin in Händen.

Der verwöhnte Unternehmersohn Stas, der einfach nicht erwachsen werden will, wird aus seinem Luxusleben aufgeschreckt, als er eines Tages beobachtet, wie vermummte Männer sein Auto in die Luft zu sprengen versuchen. Es scheint, als ob jemand hinter ihm her ist. Nur wer? Er kann sich das nicht erklären und dann wird auch noch sein Chauffeur erschossen. Seine Eltern haben Angst um ihn und da sein Vater Wladimir nur wenig von der Miliz hält, beauftragt er seinen Freund Raiski, sich um seinen Sohn zu kümmern.

Er kann natürlich nicht ahnen, dass Raiski auf zwei Hochzeiten tanzt: Er beschützt nicht nur Stas, sondern benutzt ihn auch oder zumindest sein Gesicht. Raiski lässt Major Sergej Longinow mittels plastischer Chirurgie zu einem Ebenbild von Stas operieren. Sergej soll für eine Weile Stas‘ Leben führen, um einen persönlichen Rachefeldzug für Raiski zu führen, während der echte Stas im „Urlaub“ ist. Doch worauf zielt Raiski ab? Und an wem will er sich rächen?

„Der falsche Engel“ verbindet viele verschiedene Handlungsstränge, die schließlich in einem gewaltigen Knoten enden. Irgendwie hängt alles zusammen, jede Person hat eine Aufgabe in der Geschichte. Das sorgt, vor allem dank Daschkowas spannender und erdiger Erzählweise, für eine Menge Spannung. Die Handlung an und für sich ist zwar an einigen Stellen etwas zu verworren, schlägt sich aber in Anbetracht der Masse von Ereignissen erstaunlich gut. Die russische Autorin schafft es tatsächlich, aus einer Menge loser Enden, die anfangs unabhängig voneinander scheinen, ein dicht gewebtes Netz von Geschichten zu spinnen. Dabei schlägt sie ein flottes, aber nicht rasantes Erzähltempo an und hält sich nicht an Kleinigkeiten auf. Sie sorgt vielleicht nicht von der ersten bis zur letzten Seite für Hochspannung, aber eine gewisse unterschwellige Spannung ist stets vorhanden und macht das Buch lesenswert.

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen, wie so oft bei Polina Daschkowa, Kriminelle, unbescholtene Bürger, die plötzlich mit dem Verbrechen in Berührung kommen, und vor allem Menschen, die alle eine dunkle Seite haben. Was an „Der falsche Engel“ besonders gefällt, ist die Tatsache, dass die Autorin, anders als in beispielsweise [„Keiner wird weinen“, 4224 völlig darauf verzichtet, ihre Figuren beinahe lächerlich überzeichnet darzustellen. Stas ist zwar ein Muttersöhnchen, wie es im Buche steht, aber dieses Mal gibt es keine dickliche, unverheiratete und deshalb frustrierte Russin. Vielmehr setzt Daschkowa auf ernste, tiefgründige Charaktere. Das tut dem Buch sehr gut. Es steigert die Spannung und den Nervenkitzel, der nicht durch witzige Zwischenspiele aufgelockert wird. Die Charaktere sind dabei wie gewohnt gut ausgearbeitet und anschaulich dargestellt. Das Einfließen von vergangenen Erlebnissen und Gedanken sorgt dafür, dass das Buch nicht zu handlungslastig wird, sondern den Fokus auch auf die Personen legt.

Einziger Wermutstropfen bei der Lektüre ist der Schreibstil. Nicht, dass er nicht gut wäre. Daschkowa schreibt auf den Punkt genau. Sie verliert nicht viele Worte, sondern schildert in klarer, beobachtender Sprache, was um die einzelnen Perspektiven herum passiert. Der Stil erinnert dabei weniger an einen Krimi als an einen guten Roman, denn sie schreibt sehr literarisch. Sie verzichtet auf wertende Emotionen innerhalb des Textes, sondern beschreibt beinahe stur, was passiert. Manchmal ist sie dabei aber etwas unaufmerksam. Sätze, die Zusammenhänge zwischen Absätzen erklärt hätten, scheinen an einigen Stellen zu fehlen. Dadurch hat man als Leser das Gefühl, als ob ein Sprung in der Geschichte vorkäme. Da dies nicht nur einmal passiert, sondern öfter, wird die Lektüre ab und an etwas kompliziert.

Allerdings ist dies nur ein kleines Manko. Da es sich zumeist nicht um handlungsrelevante Dinge handelt, die vorschnell abgehandelt werden, kann man darüber wegsehen. Immerhin hat „Der falsche Engel“ genug Positives zu bieten. Die Handlung ist flott, spannend und unglaublich gut ausgedacht, der Schreibstil gefällt durch seine nüchterne Betrachtungsweise und die Personen sind toll ausgearbeitet. Wer von Polina Daschkowa trotz ihrer zahlreichen, deutschen Veröffentlichungen noch nichts gehört hat, der sollte zu „Der falsche Engel“ greifen. Bei diesem Buch handelt es sich nämlich ohne Frage um eines der besten der Russin.

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|Polina Daschkowa auf Buchwurm.info:|
[„Für Nikita“ 807
[„Keiner wird weinen“ 4224

Gier, Kerstin – Patin, Die

Wenn man die Widmung in Kerstin Giers Roman „Die Patin“ liest, bekommt man es als Rezensent mit der Angst zu tun. Dort rät sie einer Kritikern: „Geh und schaufle dir doch ein Loch!“. Da bleibt nur zu hoffen, dass dieses Buch gut genug ist, um es nicht verreißen zu müssen …

Constanze Bauer, die chaotische Protagonistin aus [„Die Mütter-Mafia“, 4328 wurde vor kurzem von ihrem Mann Lorenz wegen eines jüngeren, gutaussehenden Models namens Paris sitzengelassen und lebt nun mit ihrer schwerpubertierenden, vierzehnjährigen Tochter Nelly und ihrem vierjährigen Sohn Julius in einem frisch renovierten Haus in der Kölner Insektensiedlung. „Die Patin“ führt die Geschichte, die im Vorgängerbuch begann, direkt weiter. Mimi, Karrierefrau mit Kinderwunsch, ist endlich schwanger, die esoterische Trudi glaubt, die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben, Nelly hat Liebesleid und Constanze geht zwar mit dem wahnsinnig gut aussehenden Anwalt Anton aus, schafft es mit ihm aber nicht über die Schwelle des Schlafzimmers. Es gibt folglich viel zu tun auf den 314 Seiten: Anton möchte herumgekriegt, Mimis Ehe geflickt werden, ein geschiedener Vater braucht die Hilfe der Patin, um das Sorgerecht für seine Tochter zu bekommen, und Nelly hängt in letzter Zeit auffällig oft mit dem Sohn der asozialen neuen Nachbarn der Wohnsiedlung herum …

Durch den nahtlosen Übergang zwischen den beiden Büchern mit Constanze Bauer ist der Lesegenuss sicherlich geschmälert, wenn man den ersten Band nicht kennt. Zu viele Dinge bauen aufeinander auf, auch wenn die Tagebucheinleitung von Nelly wirklich ein geschickter Schachzug ist, um die Ausgangssituation in wenigen, aber deutlichen Worten zu erklären. Im Gegenzug zu „Die Mütter-Mafia“ finden sich in diesem Roman wesentlich mehr und vor allem ernstere Konfliktherde. Während Gier im ersten Buch hauptsächlich darauf abzielte, übertrieben fürsorgliche Mütter zu bespötteln, geht es diesmal um zerstörte Ehen, Sorgerechtprobleme und arme Familien. Der Grundton der Geschichte wird damit wesentlich seriöser und tiefgründiger, wenn auch auf heitere Art und Weise erzählt. Gerade diese heitere Art und Weise wird für einige Leser ein Problem sein: Darf man solche teilweise sensiblen Themen denn in einem augenzwinkernden Frauenroman verpacken?

Man darf, wenn man Kerstin Gier heißt. Dank ihrer erzählerischen Leistung, die auch dann funktioniert, wenn es mal nicht so witzig wird, schifft sie das Buch gekonnt durch unsichere Gewässer. An der einen oder anderen Stelle kommt sie den Klippen dabei ein wenig zu nahe. Beispielsweise, wenn Constanze eine Schlägertruppe anheuert und den Liebhaber der Frau bedroht, gegen die es im Sorgerechtsstreit geht. Diese Stelle ist ein wenig zu überzogen. Constanze putzt sich beispielsweise richtig heraus, in einem schwarzen Kleid und mit einer großen Sonnenbrille.

Ansonsten ist Gier gewohnt bissig, witzig, böse und selbstironisch. In der Ich-Perspektive von Constanze nimmt sie wirklich alles, was sie finden kann, aufs Korn. Das Buch animiert an mehr als einer Stelle zum Lachen, was vor allem mit der Hauptfigur zusammenhängt. Sie ist chaotisch, ein wenig prüde und ziemlich unsicher, wenn es um Anton geht. Außerdem hat sie ein Faible für Fettnäpfchen und einen bunten Freundeskreis. Zusammen mit dem herrlichen Schreibstil bietet sie eine gute Grundlage für die „Patin“, auch wenn einige Szenen etwas übertrieben sind.

Das ist nicht das einzige Manko: Während [„Die Mütter-Mafia“ 4328 eine geradlinige Handlung hatte – wenn auch mit offenem Ende -, wirkt die Handlung von „Die Patin“ oft mehr wie eine Ansammlung verschiedener Ereignisse als wie ein von vorne bis hinten durchdachtes Buch. Das verringert die Spannung. Die steht zwar aufgrund des Sujets nicht im Vordergrund, dennoch wird das Buch manchmal ein bisschen lang.

Es bleibt zu hoffen, dass Kerstin Gier die Rezensentin nicht beauftragt, sich auch ein Loch zu graben. „Die Patin“ ist nach wie vor sehr witzig und herrlich bissig und kitschfrei geschrieben. Trotzdem hinkt die Handlung an manchen Stellen ein wenig. Es wäre schön gewesen, wenn nicht so viele Konflikte auf einmal zusammengekommen wären, sondern es eher eine klar erkennbare Handlungslinie gegeben hätte. Wer jedoch ein begeisterter Fan der „Mütter-Mafia“ war, wird auch „Die Patin“ lieben. Wer zu Frauenromanen keinen besonderen Draht hat, aber einen Versuch mit der Autorin wagen möchte, sollte sich lieber an „Die Mütter-Mafia“ halten.

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Louis, Duane – Blondes Gift

Brünette, rothaarige und schwarzhaarige Frauen haben es doch schon immer irgendwie gewusst: Blondinen sind nicht nur nervige Konkurrenz, wenn es um die männliche Gunst geht, sondern auch sonst nicht ganz koscher. Der Amerikaner Duane Louis bestätigt in seinem Buch „Blondes Gift“ beide Thesen. Die blonde Frau, die sich Kelly White nennt, ist nicht nur unglaublich gutaussehend, sondern auch unglaublich gefährlich, für einige sogar tödlich.

Der Journalist Jack ist nach Philadelphia gereist, um mit dem Scheidungsanwalt seiner Frau zu sprechen. Am Flughafen genehmigt er sich einen Drink und sieht sich plötzlich einer gut bestückten Blondine gegenüber, die standhaft behauptet, sein Bier vergiftet zu haben. Er würde in zwölf Stunden sterben, wenn er nicht bei ihr bleibt, denn nur sie hat das Gegengift. Jack glaubt an einen dummen Scherz, doch als er sein Hotelzimmer erreicht, wird ihm schwindlig und er muss sich heftig übergeben. Anscheinend war doch etwas dran an der Story der blonden Frau. Er kehrt zurück zum Flughafen, um sie aufzutreiben und sie um das Gegengift anzubetteln. Doch das war ein Fehler. Kelly White kettet ihn mit Handschellen an sich und behauptet, keine drei Sekunden alleine in einem Raum verbringen zu können, weil ihr sonst der Kopf explodiert. Angeblich stammt sie aus Irland und hat in einem zwielichtigen Labor gearbeitet, das ihr Nanobausteine ins Blut geschleust hat, die der Überwachung dienen. Diese intelligenten Biester nehmen wahr, wenn kein menschliches Wesen mehr in ihrer Nähe ist und bringen sie dann um. Ohne Frage ist Kellys Geschichte mehr als haarsträubend, doch Jack muss in der schlimmsten Nacht seines Lebens feststellen, dass selbst die haarsträubendsten Geschichten wahr sein können…

„Blondes Gift“ ist eines dieser rasanten, frischen Bücher, die in einer coolen, amerikanischen Stadt – in diesem Fall Philadelphia – spielen und jede Menge skurrile Gestalten beinhalten. Das ist vermutlich der größte Vorwurf, den man Duane Louis machen kann: Wirklich originell ist seine Idee nicht mehr, aber dafür hat er sie gut umgesetzt. Die Handlung ist zwar teilweise etwas grenzwertig, da unrealistisch anmutend, aber sie ist spannend. Man weiß nicht, was als nächstes passiert, geht aber erstmal vom Witzigsten aus, denn Louis strapaziert gerne mal die Lachmuskeln seiner Leser.

Dafür sorgen schon die verschiedenen Hauptpersonen. Während Jack ein etwas stoffeliger Mensch ist, ist der Geheimagent Mike Kowalski das genaue Gegenteil von ihm. Mit scharfem Verstand und in ständiger Bereitschaft zu töten geht er blind den Befehlen nach, die er von seiner Verbindungsoffizierin bekommt. Diese Befehle bestehen in dieser Nacht vor allem darin, die Köpfe von bestimmten Toten einzusammeln oder Kelly White zu jagen. Das gestaltet sich schwieriger als gedacht und Kowalski wünscht sich nichts mehr, als den Kopf des dicken Ed, den er in einer Sporttasche mit sich herumträgt, abliefern zu können und weiterhin Jagd auf versprenkelten Mafiosi zu machen, die seine Verlobte auf dem Gewissen haben.

Louis ist es gelungen, einen Haufen kranker, bizarrer Gestalten in einem Buch zu vereinen. Jede der wichtigen Personen hat dabei nicht nur eine eigene Erzählperspektive, sondern auch eine eigene Persönlichkeit, Geschichten aus der Vergangenheit und Sorgen und Probleme. Kurz gesagt: Jack und Co. können sich sehen lassen. Sie sind gut ausgearbeitet und mittels des offenen, an den Gedanken des jeweiligen Erzählers orientierten Schreibstils kann der Leser sich mit ihnen identifizieren.

In diesem Zusammenhang ist der Humor des Autors sehr wichtig. Er lässt keine Gelegenheit aus, um seinen Charakteren entweder einen schlagfertigen Dialog oder sarkastische Gedanken in den ‚Mund‘ zu legen. Besonders die Gedankenspiele überzeugen, da sie zumeist ein hohes Maß an Selbstironie beinhalten oder die momentane, alles andere als witzige Situation aufs Korn nehmen. Ansonsten verliert Louis keine unnötigen Worte. „Blondes Gift“ legt ein hohes Erzähltempo vor und punktet vor allem durch seinen alltagssprachlichen Humor.

Die Handlung selbst ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Manche werden bekritteln, dass sie stellenweise zu abgedreht ist. Alleine schon die Tatsache, dass von Nanobausteinen im Blut die Rede ist, die den Kopf zum Explodieren bringen, sobald man alleine ist, ist sicherlich nicht nur technisch fragwürdig. Außerdem ist „Blondes Gift“ ein Buch, das einen Haufen Geschwisterchen hat, die ähnlicher Machart sind. Dadurch kommt es vor, dass manche Ereignisse zwar nicht unbedingt abgekupfert, aber im Kontext banal wirken. Dass Jack sich auf seiner Flucht in einen zwielichtigen Sexclub begibt, bei dem Anfassen verboten ist und man stattdessen gemeinsam masturbiert, ist beispielsweise nicht sonderlich überraschend. Sex, Drugs and Crime sind schließlich die Hauptzutaten solcher Bücher.

Wer allerdings kein Problem damit hat, sich auf einen vielleicht nicht ganz glaubwürdigen, dafür aber unglaublich amüsanten Roman einzulassen, der wird seine wahre Freude an Duane Louis‘ Buch haben. Der Autor hat viele (wahn-)witzige Ideen verarbeitet, mit entsprechendem Humor gewürzt und mit originellen Charakteren versehen. „Blondes Gift“ ist eine schwarze Hollywoodactionkomödie für das Kino im Kopf.

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Gier, Kerstin – Mütter-Mafia, Die

Kleine Kinder, kleine Sorgen. Große Kinder, große Sorgen. In dieser Hinsicht hat Constanze, die Heldin aus „Die Mütter-Mafia“, doppeltes Pech. Sie hat sowohl einen vierjährigen Sohn, der sich gerne mal grundlos übergibt, als auch eine vierzehnjährige Tochter, die aufgrund ihrer Pubertätshormone manchmal nicht so ganz zurechnungsfähig scheint. Und sie hat keinen Mann mehr. Lorenz hat ihr vor kurzem eröffnet, dass er sich scheiden lässt und dass sie doch deshalb bitte mit den Kindern in das Haus seiner verstorbenen Mutter ziehen möge.

Constanze ist völlig baff und fest davon überzeugt, dass Lorenz an einem Gehirntumor leidet, der seine Sinne vernebelt. Doch als sie nach dem Urlaub bei ihren Eltern nach Köln zurückkehrt, stellt ihr Ex-Mann sie vor vollendete Tatsachen und lädt sie in dem wuchtigen, hauptsächlich mit Mahagoni eingerichteten Haus seiner Mutter ab. Das Haus ist nicht nur unglaublich hässlich, nein, Constanze ist auch so gut wie pleite, hat keine Freunde und keinen Führerschein. Gottseidank freundet sie sich schnell mit der lebenslustigen Mimi und der zupackenden Anne an. Gemeinsam entrümpeln sie nicht nur das Haus, sondern auch Constanzes Leben. Allerdings nicht ohne Turbulenzen. Neben den Versuchen, mit den Supermamis des Viertels Kontakte zu knüpfen, die in einem Fiasko enden, verscherzt es sich Constanze gleich mit ihrem von Mimi empfohlenen Anwalt, der leider auch noch ziemlich gut aussieht …

Zugegeben: „Die Mütter-Mafia“ ist ein ziemlich vergnügliches Buch. Die Fettnäpfchen, in die Constanze mit schöner Regelmäßigkeit tritt, sind wirklich herrlich dargestellt. Beispielsweise das „Verhältnis“ zu ihrem Anwalt, das sich über das ganze Buch zieht. Es beginnt damit, dass Constanze seinen Jaguar demoliert, als sie versucht, ihr Fahrrad an einen Fahrradständer anzuschließen, geht nahtlos über in Beleidigungen von ihrer Seite, dass er sich eine asiatische Frau gekauft und seine Mutter ihn zu früh aufs Töpfchen gesetzt hätte, und endet damit, dass sie ihm in seinem protzigen Büro gegenübersteht und den Mund nicht mehr zukriegt. Bis jetzt war er für sie nämlich nur der schnöselige Jaguarmann gewesen und nicht ihr Anwalt.

Peinlich, peinlich, doch das soll nicht das letzte Missgeschick der plötzlich Alleinerziehenden sein. Das Buch ist gepflastert von solchen Ereignissen. Meistens kann man darüber lachen, manchmal schlägt die Autorin aber auch etwas über die Stränge und bemüht die gute alte Mottenkiste. Während Constanze als Charakter gut gelungen ist, übertreibt Gier es an der einen oder anderen Stelle etwas mit den Klischees. Nun kann man natürlich entschuldigend sagen, dass Klischees zu Büchern im Stile von „Bridget Jones“ einfach dazugehören, aber Gier beginnt vielversprechend. Hätte sie durchgehalten und weniger Charaktere wie den pädophilen Klavierlehrer oder die dicke, handarbeitsbegeisterte Gitti vorgebracht, hätte „Die Mütter-Mafia“ in die Fußstapfen von „Bridget Jones“ treten können.

Den bissigen, stellenweise satirischen Humor dazu hat die Autorin jedenfalls. Sie konzentriert sich dabei besonders stark auf das, was im Klappentext als „die perfekten Mamis und Bilderbuch-Mütter“ bezeichnet wird. Innerhalb ihrer Wohnsiedlung gibt es die so genannte Mütter-Society, ein elitäres Netzwerk von Müttern, in das man aufgenommen werden muss. Constanze und Anne scheitern daran, denn sie sind zu normal. Sie halten ihre Kinder nicht für hochbegabt und schicken sie nicht vierjährig zum Japanischlernen oder Klavierspielen. Trotzdem sind ihre Kinder besser entwickelt als die dieser „braven Muttertiere“, um noch einmal den Klappentext zu bemühen. Julius und sein neuer Freund Jasper, Annes Sohn, sprechen ein gutes Deutsch, prügeln sich nicht den lieben langen Tag und haben auch kein Übergewicht.

Was das Buch neben der passablen Handlung – an einigen Stellen zündet das Feuerwerk, an anderen nicht – selbst für Leser, die nicht unbedingt der typischen Zielgruppe des Genres Frauenromane angehören, zu einem schönen Erlebnis werden lässt, ist Giers fantastischer Sinn für Humor. Sie schreibt bissig, respektlos und schlagfertig und nimmt dabei so ziemlich alles aufs Korn, was sie in einer hübschen Vorortsiedlung finden kann. Aus den Augen der chaotischen Constanze lässt sich das sehr gut schildern, wobei Constanze nicht nur ihr Umfeld, sondern auch sich selbst nicht besonders ernst nimmt. Da aus der Ich-Perspektive erzählt, finden sich deshalb in diesem Buch immer wieder selbstironische Dialoge, die einem mehr als einmal ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubern.

Es gibt Frauenromane, die sind so voller Klischees und angestrengtem Witzigsein, dass man sie bereits nach wenigen Seiten wieder aus der Hand legt. Nicht so bei Kerstin Gier. „Die Mütter-Mafia“ kann vielleicht nicht in allen Punkten überzeugen, aber der Schreibstil der Autorin ist unglaublich spitz und amüsant. Dadurch bietet das Buch, das vor allem die Kindererziehung in der reicheren Mittelschicht belächelt, lustige Unterhaltung für ein paar Stunden.

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Johansen, Iris – Netz des Todes

Frauen und Leichen scheinen ein unschlagbares Team zu sein. Man denke nur an Tempe Brennan (Kathy Reichs) oder Kay Scarpetta (Patricia Cornwell), die schon seit Jahren munter die Bestsellerlisten bevölkern. Die amerikanische Schriftstellerin Iris Johansen schickt mit Eve Duncan ihre eigene Heldin ins Rennen. „Netz des Todes“ ist dabei das sechste Abenteuer mit der Frau, die die Schädel von Toten remodelliert.

Das Leben hat es lange Zeit nicht gut gemeint mit der Schädelexpertin Eve. Eine harte Jugend, ihre erste Tochter wurde entführt, ohne dass man jemals Leiche oder Entführer fand – die junge Frau musste einiges mitmachen, doch sie hat sich aufgerappelt. Nun lebt sie glücklich mit dem FBI-Agenten Joe zusammen und hat eine bereits erwachsene Adoptivtochter. Ihre Arbeit, bei der sie die Schädel von gefundenen Leichen rekonstruiert, damit diese mit Fotos verglichen werden können, nimmt sie sehr ernst. Besonders, wenn es sich um den Schädel eines Kindes handelt, denn schließlich hat sie selbst ein Kind verloren. Sie redet sogar davon, die Schädel „nach Hause zu bringen“, als ob es sich dabei um lebendige Menschen handelt, denen sie sich verpflichtet fühlt.

Doch trotzdem übernimmt Eve nicht jeden Job. Als der kolumbianische Waffenhändler Montalvo sie kontaktiert, damit er ihr den mutmaßlichen Schädel seiner Frau rekonstruiert, die von seinem Erzfeind, dem Drogenbaron Diaz, umgebracht wurde, lehnt sie sofort ab. Mit einem Verbrecher möchte sie nichts zu tun haben. Doch Montalvo hat seine Mittel und Wege, um sie zu zwingen: Er droht damit, einen Menschen umzubringen, der dem CIA Informationen über Montalvos Unternehmungen geliefert hat, wenn Eve sein Jobangebot nicht annimmt. Zähneknirschend lässt Eve sich darauf ein, obwohl Joe dagegen ist. Ohne seine Zustimmung reist sie nach Kolumbien, doch er folgt ihr natürlich. Das führt zu einigen Verwicklungen, die mit der Zeit richtig gefährlich werden. Denn Diaz, der den Schädel von Montalvos Frau hütet, lässt sich nicht gerne in die Karten gucken und kennt keine Gnade mit Leuten, die für seinen Feind arbeiten oder deren Angehörige …

Iris Johansens Heldin reiht sich willig hinter ihren Kolleginnen ein. Sie hat eine schwere Vergangenheit hinter sich und die große Liebe gefunden, die sie aufgrund ihres Berufs und ihrer Prinzipien immer wieder aufs Spiel setzt. Eve Duncan ist dadurch nicht wirklich originell, auch wenn sie relativ realistisch dargestellt wird. Johansen schafft es, Eve durch ihren lebendigen, nüchternen Schreibstil Leben einzuhauchen. Sie wirkt weniger oberflächlich als beispielsweise Tempe Brennan, was dem Buch immerhin einen Pluspunkt beschert.

Einen weiteren verspielt die seichte Handlung dummerweise. Das beginnt damit, dass der „Thriller“ nicht in Gang kommt. Johansen zieht die Entscheidung, ob Eve Montalvo hilft oder nicht, seitenlang hin. Erst ist sie dagegen, dann wird sie unter Druck gesetzt, ist immer noch dagegen, will zum Schein darauf eingehen, geht schließlich darauf ein. Abgesehen davon, dass ihre Reaktion vorhersehbar ist, weil das Buch ansonsten keinen Erzählstoff gehabt hätte, wäre hier eine etwas straffere Handlung gut gewesen. Im weiteren Verlauf geht es zwar etwas flotter zur Sache, aber trotzdem möchte keine Spannung aufkommen. Dafür gibt es zu wenig Überraschendes. Die Geschichte bleibt bis zum Ende vorhersehbar.

Was dabei tröstet, ist der sichere Schreibstil. Johansen verliert nicht viele Worte, sie kommt auf den Punkt und lässt dabei gerne den einen oder anderen Schlagabtausch einfließen. Zumeist wird aus Eves Perspektive erzählt, wobei die Autorin sehr nahe an der Person bleibt. Das hat zur Folge, dass Beschreibungen von Situationen und Umständen recht knapp sind. Es wäre zum Beispiel sehr interessant gewesen, als Leser etwas über den exotischen Schauplatz des Romans zu erfahren. Leider geht Johansen auf die Besonderheiten Kolumbiens oder das Aussehen des Urwalds oder Montalvos Festung nur sehr wenig ein. Im Endeffekt kommt man dadurch den Personen selbst zwar sehr nahe und amüsiert sich an der einen oder anderen Stelle über die schlagfertige Eve, aber den Schauplatz des Romans kann man sich nur schwer vorstellen.

„Netz des Todes“ ist ein auf weiten Strecken vorhersehbarer, nicht wirklich spannender Thriller, der immerhin teilweise mit dem Schreibstil und der Hauptperson punkten kann. Hätte die Autorin diese guten Ansätze konsequent in eine anschauliche Kulisse und eine Handlung, die den Titel „Thriller“ verdient, eingebettet, hätte die Geschichte um die Schädelexpertin Eve Duncan sicherlich eine interessante Angelegenheit werden können. So jedoch hat Iris Johansen leider einige Sympathien verschenkt.

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[„Und dann der Tod“ 606
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