Archiv der Kategorie: Comics / Graphic Novels

Ange / Varanda, Alberto / Xavier, Philippe / Lyse – verlorene Paradies, Das – Band 2: Fegefeuer

Band 1: [„Hölle“ 3712

_Story_

Julien scheint verloren und somit das glückliche Schicksal von Himmel und Hölle besiegelt. Zu groß ist die Furcht, dass der Junge der falschen Fraktion in die Hände fällt, zu groß der Respekt vor seinen Fähigkeiten und der unbändigen Willenskraft. Dennoch will Gabriel seinen Freund nicht aufgeben und spürt ihn tatsächlich wieder auf.

Zusammen mit der unsteten Anya flieht er aus der Hölle in die Treppenwelt, dem Übergang in die Stadt der Engel. Doch Gabriel hat sich verändert und tritt Julien gegenüber nicht mehr so liebevoll und fürsorglich auf. Immer mehr Zweifel keimen in dem offenbar so wichtigen Jugendlichen auf, und als Gabriel schließlich von Anya erstochen wird, gerät seine bisherige Perspektive endgültig aus den Fugen. Als der Wächter der Engel dann auch noch wegen Verrats und unnötiger Erweisung von Liebe und Zuneigung in mehreren Punkten für schuldig gesprochen wird und seine Engelsflügel ausgerissen bekommt, findet Julien langsam aber sicher heraus, dass auch die Heerscharen des Himmels vom Bösen beherrscht werden. Doch zu diesem Zeitpunkt ist es schon zu spät, denn wiederum ist jemand auf seinen Fersen, um ihm endgültig die Lebenskraft zu rauben.

_Meine Meinung_

Viel Verwirrung keimt im zweiten Teil von „Das verlorene Paradies“ auf. Nach dem spannenden Abschluss und dem offensichtlichen Todessturz Juliens wusste man zwar überhaupt nicht, was man von der Fortsetzung inhaltlich erwarten durfte, doch dass sich Anne und Gerard in ein derart wechselhaftes, zwischenzeitlich auch ein wenig unstrukturiertes Abenteuer stürzen würden, lag erst einmal nicht nahe.

Generell wird in „Fegefeuer“ das gesamte Bild, welches noch in „Hölle“ entstanden war, wieder auf den Kopf gestellt. Der Großteil der Handlung spielt sich dieses Mal im Himmel und der Zwischenwelt ab und beschäftigt sich vorrangig mit dem Schicksal Gabriels. Der Wächter hat seinen Eid gebrochen und mehrfach aus Liebe gehandelt, was ihm nun zum Verhängnis werden soll. Sein gesamtes Auftreten wird einer radikalen Veränderung unterworfen; er ist nicht mehr der sympathische, hilfsbereite Engel, sondern ein zielstrebiger, eigensinniger Sturkopf geworden, der sich seiner bevorstehenden Bestrafung durchaus bewusst ist, jedoch versucht, durch seinen aufopferungsvollen Kampf um Julien seine Strafe zu mildern und überhaupt die Wege des Schicksals zugunsten seiner strengen Vorgesetzten zu lenken. Doch sein guter Wille unterliegt einem fatalen Irrtum, denn im Himmel schmort eigentlich das Böse, geprägt von Egoismus und einer grausamen Grundgesinnung, und so hat er keine Chance, sich seinem Ende als Engel zu entziehen.

Indes verlaufen die Wege Juliens und die des Lesers teilweise parallel. Erneut entstehen einige merkwürdige Mysterien, die dieses Mal jedoch sehr viel abstrakter dargestellt werden und den Grad der Komplexität der Handlung gehörig steigern. Seltsame Entscheidungen werden getroffen, fragwürdige Motivationen verfolgt und einige undurchsichtige Wendungen eingeleitet. Gerade Gabriels Rolle erscheint in einem ganz neuen Licht, wobei er später plötzlich komplett fallen gelassen wird. Sein Schicksal ist besiegelt, er wird verstoßen, doch irgendwie spürt man, dass man noch von ihm hören wird. Doch warum das alles? Dies, aber auch einige weitere Ungereimtheiten im Bezug auf die einzelnen Charaktere, gilt es in den nächsten Bänden noch aufzuarbeiten.

Der Gesamtzusammenhang entwickelt sich in „Fegefeuer“ zu einer zunehmend bedeutsameren Schwierigkeit. Nicht jeder Teil des Strangs wird logisch zu Ende gebracht, weil den beiden Autoren außerordentlich viel daran liegt, ein Höchstmaß an Ideen und neuen Nebenbaustellen im Rahmen eines gerade mal knapp 50 Seiten starken Comics zu platzieren. Wo im ersten Teil die Action noch partiell überhand nahm und man den Inhalt in angemessenem Tempo vorantrieb, wird es in Band zwei ein wenig knapp, weil die Masse an Inhalt gerade kurz vor Schluss die Handlung zu überfrachten droht und manches deshalb nicht schlüssig scheint.

Tiefgreifende Verständnisprobleme treten aber Gott sei Dank nicht auf, so dass der hohe Grad der Spannung trotz steigernder Komplexität nicht gefährdet ist. Aber trotzdem ist das Endresultat nicht ganz so begeisternd, wie man es vielleicht erwartet hätte, weil man einerseits viel zu sehr damit beschäftigt ist, konzentriert die versteckten Details der Handlung zu durchleuchten, sich andererseits aber auch wünschen würde, dass das Erzähltempo auch tatsächlich mit den rasanten Fortschritten der Story harmonieren würde.

Einen insgesamt guten Gesamteindruck hat „Fegefeuer“ aber bei all der verschärften Kritik dennoch hinterlassen. Hier und dort gibt es zwar noch einiges, was man verbessern oder einfach runder gestalten könnte, doch die Motivation, der Serie treu zu bleiben, ist nach wie vor vorhanden und wird durch ein erneut geniales Finale weiter verstärkt. Man darf gespannt sein, ob Ange im dritten Band wieder kompakter und schlüssiger arbeiten. Inhaltlich behält „Das verlorene Paradies“ sein unheimlich großes Potenzial, aber das Autorenteam muss zusehen, dass der Faden nicht verloren geht und man die Zielstrebigkeit der Charaktere auch auf die Entwicklung der Handlung übertragen kann. Nach den letzten Seiten von „Fegefeuer“ und der darin thematisierten Vorbereitung auf den bevorstehenden Krieg zwischen Himmel und Hölle darf man, was dies betrifft, aber definitiv guter Dinge sein.

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Hyung, Min-Woo – Priest – Band 16

[Band 1 1704
[Band 2 1705
[Band 3 1707
[Band 4 1709
[Band 5 1720
[Band 6 2515
[Band 7 2516
[Band 8 2575
[Band 9 2618
[Band 10 2701
[Band 11 2854
[Band 12 3002
[Band 13 3004
[Band 14 3022
[Band 15 3392

_Story_

Windtale wird von einem infernalischen Blutbad heimgesucht. Die finsteren Jünger der Kirche haben einen mächtigen Krieger auf die Erde herabgelassen, um selber Hand an die Ungläubigen anzulegen. Während die Priester Gerechtigkeit predigen, gerät das Szenario im Western-Städtchen immer weiter aus den Fugen. Menschen werden erbarmungslos abgeschlachtet, nicht einmal Kinder werden verschont.

Mehr denn je zuvor gerät die Welt an diesem anrüchigen Fleck zum Schauplatz von Gewalt, Chaos und Perversion, und kaum einer scheint die Kraft zu haben, sich den Glaubensbrüdern des Christentums zu widersetzen. Ihr verdorbener Machtanspruch droht das gesamte Volk auszurotten. Doch ein rachsüchtiger Indianer und ein kaum zu bändigender weiterer Priester nehmen das Ruder in die Hand und üben inmitten des anarchischen Treibens Selbstjustiz. Aber Temozarela und seine Anhänger kennen kein Erbarmen, denn seine Interpretation von Gottes Worten verlangt nach einer Sprache, deren Akzent mit Blut gefärbt ist.

_Meine Meinung_

In der brandaktuellen Ausgabe der gefeierten Manhwa-Horror-Serie geht es brutal wie selten zur Sache. Wurde in einigen der letzten Bände das Übermaß an Gewalt und Brutalität schon sehr kritisch betrachtet und auch skeptisch in die Gesamtwertung übernommen, so läuft das Fass mit Band 16 nun endgültig über. Spätestens nach dem blutigen Szenario der ersten Taschenbuchhälfte wäre es angebracht, die Jugendfreigabe zu entziehen und die bedenklichen und fast schon gewaltverherrlichenden Zeichnungen zu entschärfen. Fans des Splatter-Genres werden da vielleicht anderer Meinung sein, aber irgendwann wird der Rahmen diesbezüglich dann doch gesprengt, und dies ist genau jetzt der Fall.

Problematisch ist diese Angelegenheit schließlich auch in zweierlei Hinsicht. Autor Min-woo Hyung erzählt die Geschichte des verzweifelten Priesters Ivan Isaacs nämlich trotz der offenkundigen Dokumentation eines immensen Schlachtfests in ähnlich zügigem Tempo weiter, was gerade deshalb schwierig ist, weil man zwischen all den blutigen Kämpfen kaum ausmachen kann, wer nun alles beteiligt ist und wie sich das Gefecht zwischen Gottes Vertretern auf Erden und dem hilflosen Völkchen von Windtale weiterentwickelt. Zwar hebt er einige Zeichnungen sehr markant vor und betont damit die einzelnen Wendepunkte der Handlung, doch weil hier einige Skizzen recht unscharf geraten sind, entstehen besonders in der ersten Hälfte von „Priest 16“ einige vermeidbare Verständnisprobleme, die bei einem geringeren Blutvolumen sicher aufgelöst wären.

Insofern ist die Einleitung des großen Finales zumindest in der Umsetzung leicht missglückt. Dass es nicht gerade zimperlich zugehen würde, war zu erahnen, aber weil der Initiator hier beinahe ausschließlich Wert auf eine äußerst umfassende Darstellung der Gewaltszenen legt und somit die Prioritäten zu Ungunsten einer fließenden Handlung verschiebt, kann man diese deutliche Überstrapazierung selbst als treuer Fan nicht unkritisch verkraften. Schade ist dies besonders deswegen, weil sich im Hintergrund (fast schon unbemerkt) elementare Dinge abspielen, so zum Beispiel der Tod unzähliger entscheidender und bis dato prägender Gestalten. Aber auch das Ende von Netraphim verkommt im letzten Drittel schon fast zur Nebensache, weil der Leser noch immer mit der Verarbeitung des Blutbads beschäftigt ist. So viel zur ungünstigen Umgewichtung.

Anders als bei den letzten Ausgaben bin ich dieses Mal also nicht besonders zufrieden mit dem weiteren Verlauf der Geschichte. Hyung hat viele Elemente über einen langen Zeitraum aufgebaut und zerstört den tollen Spannungsbogen hier teilweise in einem kaum endenden Gemetzel. Wenn dies der Weg ist, den „Priest“ gehen muss, kann man das tolerieren. Aber ob die permanent wachsende Fangemeinde sich mit dieser Entwicklung einverstanden erklärt, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.

Die Verfilmung von „Priest“ befindet sich derzeit in der Vorabproduktion. Regie wird Andrew Douglas führen („The Amityville Horror“), Gerard Butler („300“) und Steven Strait (Roland Emmerichs „10.000 B.C.“, „The Covenant“) sollen Hauptrollen übernehmen, zu den Produzenten gehört Sam Raimi („Spider-Man 1-3“, „Schneller als der Tod“).

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Ange / Varanda / Lyse – verlorene Paradies, Das – Band 1: Hölle

_Story_

Nach dem Aufbrechen der Siegel wurde die Hölle wieder aus ihrer Abgeschiedenheit befreit und öffnete an zahlreichen Orten Tore, die es den fürchterlichsten Kreaturen erlaubten, die Erde und den Himmel zu infiltrieren. Um dem vorzubeugen, haben die Erzengel und ihre himmlische Gefolgschaft die Portale mit normalen ‚Working Class‘-Engeln besetzt, die verhindern sollen, dass die Geschöpfe der Hölle an der Oberfläche Angst und Schrecken verbreiten.

Einer von ihnen ist Gabriel, der sich nach jahrelanger Standhaftigkeit eines Tages einen Ausrutscher leistet, als der jugendliche Julien sich seinem Portal nähert und tatsächlich die Ausgeburten der Hölle anlockt. Während die Dämonen durchdringen, kommt auch Gabriels ehemalige Freundin Anya ans Tageslicht, wird aber von den wilden Biestern wieder in die Unterwelt hinuntergezogen. Gabriel und Julien indes fliehen in den Himmel, um Bericht von den jüngsten Ereignissen zu erstatten.

Die strenge Engelsschar fordert Julien auf, von nun an ihrer Kontrolle zu unterliegen, um ihn zu schützen und zu verhindern, dass sich die Wesen der Hölle seiner bemächtigen. Aber der Junge ahnt nichts Gutes. Kurz nachdem Gabriel aufgebrochen ist, um Anya zu befreien, flüchtet er aus seinem neuen Hort und stürzt gemeinsam mit seinem neuen Kumpan in die feurige Welt der Hölle. Dass er damit jedoch Gewalten in Gang setzt, von deren enormem Einfluss nicht einmal etwas erahnen konnte, weiß er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

_Meine Meinung_

Neben [„Die Legende der Drachenritter“ 3349 ist „Das verlorene Paradies“ bereits die zweite Fantasy-Serie, die das Comic-Autoren-Gespann Anne und Gerard alias Ange über den deutschen |Splitter|-Verlag veröffentlicht. Allerdings geht es hier ein wenig finsterer zu als bei den Drachenrittern, wobei stellenweise sogar die Grenzen zur Science-Fiction gestreift werden, wenn Gabriel und sein neuer Freund Julien in die Hölle hinabsteigen oder überhaupt von den Armeen geredet wird, die seit Äonen versuchen, das Gleichgewicht durch die Portale zwischen Himmel und Hölle zu bewahren.

Ein weiterer Unterschied – sofern ein Vergleich überhaupt angebracht ist – liegt im Erzähltempo; der erste Band „Hölle“ beginnt recht fulminant mit einem hektisch herumstreifenden Gabriel, der nur noch schemenhaft erkennen kann, wie Julien sich seinem Tor nähert und daraus die ersten bösartigen Gestalten hervorkommen. Sofort wird der Leser in ein sehr actionreiches Szenario eingebunden, das mit dem kurzen Zwischenstopp in der himmlischen Stadt der Engel noch einmal für einen Moment aufgelockert wird, bevor es dann richtig, teilweise auch sehr deftig zur Sache geht.

Gabriel, Julien und die unberechenbare Anya kämpfen sich durch eine unzählbar große Armee teuflischer Kreaturen und abartiger Geschöpfe, die es vor allem auf den Jungen abgesehen haben. Dieser hatte vor seiner Annäherung an das Portal Stimmen in seinem Kopf gehört, die ihn an dieses Tor geführt hatten, so dass die Vermutung nahe liegt, dass hinter ihm eine ganz spezielle Persönlichkeit steckt, was noch dadurch bekräftigt wird, dass später alles in Gang gesetzt wird, um den Jungen auf die richtige Seite zu ziehen. Ob dies aber wirklich diejenige der Engel ist, steht in den Sternen, denn Juliens erste Begegnung mit den Vertretern des Himmels endet in einem hektischen Dialog, infolge dessen der Junge befürchtet, dass er noch an Ort und Stelle sein Leben geben muss, damit sein Geheimnis gewahrt wird. Gerade noch rechtzeitig gelingt ihm die Flucht bzw. der Sturz in die Unterwelt, doch auch dort ergeht es ihm nicht besser. Welche Eigenschaften machen ihn jedoch so begehrenswert? Was verbirgt er? Und welche Kräfte sind es, die ihn überhaupt erst in diese Situation gebracht haben? Dies gilt es in den folgenden Bänden herauszufinden.

In der ersten Episode legen die beiden Autoren einen besonderen Fokus auf die fulminante Action, die in stetigen Kämpfen in beiden Welten ausgetragen wird. Die Hintergründe der Handlung bleiben erst einmal im Verborgenen und werden durch ständig auftretende Überraschungen weiter eingenebelt, was dazu führt, dass sich der führende Strang nach und nach zu einem immer komplexer werdenden Unterfangen entwickelt, welchem man mit wachsender Seitenzahl immer mehr verfällt. Lag zuerst noch die Befürchtung in der Luft, die permanenten Gefechte würden die Bedeutung des eigentlichen Inhalts untergraben, wird genau dies im sich anbahnenden ersten Finale durch eine grandiose Vermengung von Emotionalität, Action, Spannung und Tempo sehr eindrucksvoll widerlegt. Lust auf mehr ist also auf jeden Fall vorhanden, speziell nach dem tollen Abschlussszenario, welches quasi auch schon die Einleitung für den folgenden Comic bietet.

Fazit: Ange starten offenbar in eine neue meisterhafte Serie mit einprägsamen Charakteren, einer interessanten Storyline und tollen Wendungen. „Das verlorene Paradies“ unterstreicht exakt das, wofür der |Splitter|-Verlag steht: eigenwillige Comics mit sehr viel Stil. „Hölle“ ist die nächste Station in dieser Serie …

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Alberti, Mario / Enoch, Luca – Morgana 2 – Das Geheimnis der Krritt

Band 1: [„Die Himmelspforte“ 2722

_Story_

Nur mit einer List gelingt es Morgana und ihren Gefährten Merlin und Rosso, aus der Gefangenschaft Vorrtts zu fliehen und das Arkanum zu schützen. Doch damit bleibt dem Team auch die Chance versagt, die fehlenden Teile, die bereits im Besitz des finsteren Herrschers sind, an sich zu nehmen. Um zumindest ein Gleichgewicht herzustellen, begibt sich das Trio auf die Suche nach dem zehnten, noch fehlenden Teil des Arkanums.

Ausgerechnet Rosso liefert hierzu einen wichtigen Hinweis und verrät seinen Freunden, dass dieser letzte Teil auf seinem Heimatmond aufbewahrt wird.

Während sie vom Volk der Krritt und Rossos Familie gebührend empfangen werden, hadert Morgana mit den Spuren ihrer Vergangenheit. Bei ihrem unfreiwilligen Aufenthalt in Vorrtts Nähe hat sie ihm ein Haarband entrissen, welches Merlin sofort als das Ihre identifiziert. Morgana bangt um die Schatten ihrer Herkunft und befürchtet eine ursprüngliche Verbindung mit Vorrtt. Doch der begierige Tyrann denkt nur an das fehlende Teil des Arkanums und reist ebenfalls auf den Eisplaneten der Krritt, um sich seinen neuen Gegnern ein weiteres Mal zu stellen und ihnen das letzte Stück zur Machtergreifung zu entreißen.

_Meine Meinung_

Auf dem vorläufigen Zenit der Spannung geht es im zweiten Teil der Fantasy/Science-Fiction-Serie „Morgana“ weiter: Bereits der Auftakt ist vergleichbar mit einem bombastischen Finale und beschreibt einen gemeinen Hinterhalt, dem Morgana und ihre Begleiter beinahe auch zum Opfer fallen. Während die Raumstation mit Merlins Hilfe für einen kurzen Moment außer Gefecht gesetzt wird, gelangt Morgana in den Besitz eines merkwürdigen Haarbands, welches sie im weiteren Verlauf noch näher beschäftigen soll. Nach und nach wird ihr klar, dass der darin befindliche Zopf einst zu ihrem Haar im Kindesalter gehörte und somit auch irgendetwas Geheimnisvolles geschehen sein muss, dass Vorrtt in den Besitz des Dutts gekommen ist.

Es wird offensichtlich, dass eine verwandtschaftliche, noch nicht belegte Zusammengehörigkeit zwischen den beiden Kontrahenten bestehen muss, die jedoch auch von beiden Seiten befürchtet wird. Während Morgana richtige Panik vor der Auflösung ihres vergangenen Lebens hat, will Vorrtt die Zusammenhänge noch gar nicht sehen: Erst bei ihrem zweiten Aufeinandertreffen werden ihm einige Dinge klar – doch so überfallartig wie er sie verarbeiten muss, verliert er das jüngste Gefecht mit dem Feind und ist erst recht erzürnt über die jüngsten Wendungen.

Unterdrückte, familiäre Beziehungen kennt man schon aus zahlreichen Science-Fiction-Sagen, in erster Linie natürlich aus „Star Wars“, wozu „Morgana“ tatsächlich einige markante Parallelen aufweist. Stellt man sich die düsteren Schergen und die Vertreter der guten Seite einmal im übertragenen Sinne in diesem Setting vor, erkennt man in der Tat vergleichbare Beziehungsgeflechte, wobei die Gegenüberstellung rein inhaltlich wieder völlig irrelevant ist. Auf dieser Basis nämlich wird der Rahmen in „Das Geheimnis der Krritt“ um ein enormes Maß erweitert, wobei das Autorenteam Alberti/Enoch schon relativ viele Mysterien aufdeckt und einige gezielte Andeutungen macht, die bereits auf eine baldige Beendigung der Saga schließen lassen.

Der Standort des fehlenden Steins des Arkanums wird, wenn auch auf etwas seltsame Art und Weise, gelüftet (hier stellt man sich die Frage, warum Rosso nicht früher mit seinem Geheimnis herausrückt), die Hintergründe zur familiären Herkunft der Titelheldin werden auch schon weitestgehend ergründet und eine weitere, entscheidende Begegnung zwischen Vorrtt und Morgana scheint auch unmittelbar bevorzustehen, nun, wo jede Seite exakt fünf Teile des Arkanums besitzt.

Der Spannung tut dies allerdings keinen Abbruch, denn auf gleich mehreren Ebenen bleibt eine vorzeitige Auflösung aus, die sich der Leser indes unablässig herbeisehnt. Seien es nun der Verbleib des Arkanums, seine Instrumentalisierung und natürlich die stets thematisierten Beziehungen der Protagonisten zueinander, zu denen es ja hier bereits viele Andeutungen gibt. Und wo ich jetzt darüber nachdenke, kommen doch wieder Parallelen zur ersten „Star Wars“-Reihe (sprich die Episoden IV-VI) auf. Man erinnert sich nur an „Das Imperium schlägt zurück“: Plötzlich erahnte man die Verbindung zwischen Vader und Luke, und ganz nebenbei spielte der dortige Auftakt auch auf einem Eisplaneten. Aber gut, man sollte den Vergleich nicht überstrapazieren, da die Geschichten inhaltlich kaum miteinander zu vergleichen sind. Aber das Schema ist schon recht ähnlich.

Der Gesamteindruck bleibt dabei weiterhin sehr positiv; die Story bleibt dauerhaft am Höhepunkt, und auch wenn zu befürchten ist, dass sich „Morgana“ nicht mehr über viele weitere Episoden erstrecken wird, darf man, was die Zukunft der Serie betrifft, sehr optimistisch sein. Besonders im Science-Fiction-Bereich gibt es in der Comic-Szene echten Nachholbedarf, der mit Serien wie dieser oder den aktuellen Veröffentlichungen des |Splitter|-Verlags super abgedeckt und vollauf befriedigt wird. Bitte mehr davon!

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Froideval, Francois (Autor) / Guinebaud (Zeichner) – Arkanum 1: Erzengel der Magie

_Story_

Vor über tausend Jahren geschah in Panta Khlea ein Unglück enormen Ausmaßes. Noch bevor der sterbende Kaiser seinen Nachfolger aussprechen konnte, erlag er seinen Leiden und hinterließ ein ratloses Volk. Die Erzmagier der verschiedenen Magien traten hervor, um herauszufinden, wer der rechtmäßige Erbe sein sollte, doch sie alle fanden in der Gegenwart der Erzengel den Tod. Seit Jahren entsenden die Magierschulen nun jeweils den besten ihres Jahrgangs, um in Panta Khlea das verlorene Wort zu finden, das der einst verstorbene Kaiser nicht mehr aussprechen konnte.

Doch auf ihrem Weg erleben Limmud, der Vertreter der weißen Magie, und die hübsche Nepharianne, eine Tochter der tantrischen Magie, eine Katastrophe. Ein furchtbarer Entrop treibt sein Unwesen und tötet sieben der zwölf ausgesandten Schüler. Die Überlebenden raufen sich zusammen und erreichen tatsächlich die ehemalige Stätte des Kaisers. Doch dort warten auch schon die Arkanerzengel …

_Meine Meinung_

„Arkanum“ wird bereits auf dem Cover mit den Worten |vom Autor der Chroniken des schwarzen Mondes| angepriesen, was insofern sicherlich nicht gerade förderlich ist, weil die Erwartungshaltung dank solcher Begleittexte in luftige Höhen steigt. Froidevals derzeit noch bei |Carlsen| laufende Saga gilt nämlich bereits jetzt als Manifest der französischen Comic-Kunst und mitunter als eines der besten Fantasy-Epen, welche die Comicwelt bislang erleben durfte. Insofern tut man sich hier vielleicht keinen Gefallen.

Andererseits ist es dem Autor in „Arkanum“ – ausgehend vom ersten Band zumindest – tatsächlich gelungen, ebenfalls eine faszinierende Geschichte zu entwerfen, in der die Helden bis dato zwar noch nicht so markant und charismatisch auftreten wie in Froidevals größerem Werk, die aber vom Spannungslevel her betrachtet absolut gleichwertig ist. Wie erwartet startet der Autor mit einer sehr pompösen Einleitung, die dem Leser zunächst die Rahmen- bzw. Vorgeschichte näher bringt und schon mal einen groben Überblick darüber verschafft, mit welch finsteren Kreaturen man es im Laufe der Serie zu tun haben wird. Besonders die Darstellung der zwölf Arkanerzengeln ist dabei sehr gut gelungen; Furcht einflößende, majestätische Erscheinungen hat Zeichner Guinebaud hier geschaffen, und jeden Einzelnen von ihnen umgibt dazu noch eine ganz spezielle Aura.

Anschließend beginnt dann die eigentliche Handlung um den gewieften Magier Lummid, der seine Kameraden mit einer List ausschaltet und schließlich auf die Reise geschickt wird, das verlorene Wort zu entdecken. Zur gleichen Zeit entsendet das Volk der tantrischen Magierinnen die reizende Nepharianne, die durch einen Zufall auf Lummid trifft und von den schrecklichen Ereignissen, in welche die übrigen Schüler verstrickt wurden, erfährt. Lummid wirft sofort ein Auge auf die hübsche Gefährtin, die ihre Reize auch kaum zurückhält, um ihn zu benebeln. Doch genauso schnell stößt sie ihn auch in Gesellschaft derjenigen Schüler, die ebenfalls überlebt haben, wieder ab. Doch beim Versuch, sich den nötigen Respekt zu verschaffen, droht Lummid eine große Dummheit zu begehen.

Für den Auftakt zu dieser Serie ist diese erste Episode „Erzengel der Magie“ absolut top. In kürzester Zeit gelingt es Froideval und Guinebaud, eine sehr dichte Atmosphäre zu schaffen, verschiedene Mysterien aufzubauen und sich die Ausstrahlung der wahrlich genialen Engelsfiguren für den ersten Cliffhanger zunutze zu machen. Die einleitende Geschichte dient nicht nur dazu, die wichtigsten Figuren kennen zu lernen, sondern verrät auch schon einiges über Hintergründe, Machenschaften, bevorstehende Intrigen und generell über die umfassende Welt, in der „Arkanum“ zu Hause ist. Neben „Methraton“ wurde hier ein neues Standbein aus dem Umfeld der „Chroniken des schwarzen Mondes“ aufgestellt, welches dem Original in kaum etwas nachsteht und – glaubt man den Eindrücken aus „Erzengel der Magie“ – zur nächsten Erfolgsserie des beliebten Autors avancieren wird. Mit großer Spannung harre ich bereits jetzt der Dinge, die da noch auf den Leser zukommen werden!

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Bajram, Denis – Universal War One 1: Genesis

_Story_

Seit geraumer Zeit bewacht die Flotte der United Earth Forces die Peripherie des Sonnensystems in der Nähe des Saturns. Bei einem Routineauftrag kommt es dabei zu einer unerwarteten Eskalation. Ein mit explosivem Stoff geladener Frachter rast unbarmherzig auf die Raumstation der Erdförderation zu und muss vom Team der Raumpilotin Kate Williamson in kürzester Zeit aus der Bahn geworfen werden. Jedoch hat ihr Pilot Balti nichts Besseres zu tun als selbst an Bord des Schiffes zu gehen, es in Richtung des Saturns zu lenken und mit der folgenden Explosion eine Loslösung der Ringe des Planeten zu entfachen.

Denn in der Nähe der Saturn-Umlaufbahn befindet sich die Mauer, ein schier unüberwindbares Konstrukt mit einem Durchmesser von ganzen drei Millionen Kilometern, das den Aufprall des Frachters begünstigte. Ihre unwahrscheinliche Größe macht den Forschern Angst und Bange, und händeringend sucht man einen Weg, sie zu durchbrechen oder zumindest einen Tunnel durch sie hindurch zu bauen. Kate und ihr Team halten sich mit ihrer Beteiligung noch zurück. Doch als die geächtete Mannschaft aus ehemaligen Verbrechern nach einem erneuten Eklat in die Ecke gedrängt wird, sieht sich Balti ein weiteres Mal zum Handeln gezwungen und setzt sich dabei über jegliche Gesetze hinweg.

_Meine Meinung_

Hier ist sie, die erste Science-Fiction-Saga beim |Splitter|-Verlag und dazu eine atmosphärisch bereits im ersten Band sehr dichte Story mit einem viel versprechenden Setting und ungewöhnlichen, jedoch markanten Charakteren. Der erste Band dient dabei vorrangig der (spannungsvollen) Einleitung, in der nicht nur die Problematik der undurchdringlichen Mauer, sondern vor allem auch das Umfeld der Hauptfiguren sowie ihre Beziehung zueinander beleuchtet werden. Eine Schar von Gaunern, Mördern und Taugenichtsen tritt im ersten Album zu „Universal War One“ in den Vordergrund und erkämpft sich zumindest schon mal einen vorderen Platz im comicweiten Anti-Heldentum.

Derart zwielichtige Gestalten in einem Science-Fiction-Abenteuer sind zwar beileibe nichts Neues, doch ist ihre Darstellung in diesem Comic wirklich fabelhaft, weil sie sich nach wie vor nicht anpassen bzw. sich gegenseitig grün sind und auch auf dem Weg ihrer Rehabilitation noch immer von den Schatten der Vergangenheit gefressen werden.

So beachtet Balti nach wie vor keine Vorschriften und sorgt für einen chaotischen Vorfall im Gravitationsfeld des Saturns. Mario hingegen ist ein echter Angsthase und setzt damit das Leben der ganzen Crew in Gefahr, weil er bei den Missionen jegliches Risiko scheut. Milorad hat sich als Vergewaltiger einen Namen gemacht und bleibt sich selber auch treu, als er seine Teamgefährtin Amina zu misshandeln versucht. Ihr kommt Lieutenant Ed Kalish zur Hilfe, ein skrupelloser Schläger, der Milorad wegen des versuchten Attentats beinahe umbringt. Aber auch Amina ist kein unbeschriebenes Blatt. Auch sie hat schon einmal Erfahrungen mit Vergewaltigungen gemacht und wurde vom Opfer zum Täten, als sie ihrem Schänder sein bestes Teil mit einem Cutter entfernte. Man muss daher auch nicht lange überlegen, wie ihre hasserfüllte Reaktion ausgesehen hat, als sie sich für die jüngste Tat rächen wollte.

Im Schmelztiegel zwischen Saturn und Jupiter treffen diese Gestalten nun aufeinander, um Seite an Seite die Forschung anzukurbeln und auf Geheiß des Admirals die Wand zu erforschen. Doch die chaotischen Zustände und nicht zuletzt der Übergriff auf Amina machen jeden von ihnen zu einer tickenden Zeitbombe, die jederzeit zünden könnte, und gefährden so die gesamte Mission.

Das Anfangsszenario, das Denis Bejram im ersten Band mit dem Titel „Genesis“ kreiert, zeugt von einigen mysteriösen Verstrickungen und arg verzwickten Hintergründen, die der Story zugrunde liegen. Zwar erhält man einen groben Abriss über die Vergangenheit der individuellen Charaktere, doch was zum Beispiel genau hinter der Wand steckt bzw. worin das erklärte Ziel der Wissenschaft liegt und welchen Einfluss die Forschungen haben, bleibt noch offen. Aber das ist für den Auftakt auch durchaus legitim und kurbelt die Spannung natürlich ebenfalls an.

Was indes Action und dergleichen betrifft, hält sich der Autor in der ersten Geschichte noch vornehm zurück. Baltis Ausflug zum Schluss und seine kurz entschlossenen Handlungen fördern diesbezüglich zwar das Tempo, aber anstatt die Erzählung bereits zu Beginn mit allzu viel Action zu füllen, konzentriert Bajram sich verstärkt darauf, den Leser mit zahlreichen Dialogen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mit der Geschichte und ihrem Setting vertraut zu machen und mit kontinuierlichen Fortschritten den Spannungslevel aufzuwerten.

Dies macht die Story recht leicht konsumierbar und auch angenehm zu lesen, wobei man jedoch nicht vergessen darf, dass schon „Genesis“ den umfassenden Rahmen der Handlung umreißt und nach den temporeichen Inszenierungen für die Zukunft noch rasante Entwicklungen erhoffen lässt. Bis hierhin hat „Universal War One“ bereits eine fabelhafte Vorstellung abgegeben, sowohl hinsichtlich der Texte und der Story als auch bezogen auf die herrlichen Zeichnungen, von denen die eh schon reizvolle Atmosphäre durchgehend zehren kann.

Das |Splitter|-Debüt im Bereich Science-Fiction ist schlussendlich vollends gelungen und schürt große Erwartungen für den bereits veröffentlichten Nachfolgeband. Die auf insgesamt sechs Teile ausgelegte Serie sollte man definitiv im Auge behalten, denn ansonsten würde man höchstwahrscheinlich eine tolle Serie verpassen.

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Gajic, Vukasin – Experiment Alpha 1: Einweihung

_Story_

2051, United America: Vor laufenden Fernsehkameras findet ein außerordentliches Experiment statt, welches Millionen Zuschauer am heimischen Bildschirm mitverfolgen können. Ein immenser Fortschritt für die gesamte Menschheit soll das Resultat des Forschungsprojekts sein, doch im entscheidenden Moment bleibt jeglicher Effekt aus. Als sich dann herausstellt, dass die 15.000 Menschen, die in das Experiment involviert waren, allesamt unter Drogen gesetzt wurden, eskaliert die Situation. Demonstranten verwüsten das Labor in Massachusetts und starten vor Ort ein blutiges Massaker, das die gesamte Welt in Atem hält.

Währenddessen in Lissabon: Der junge Alex wird von seinen ehemaligen Gefährten einer Geheimorganisation aufgesucht und in eine finstere Intrige hineingezogen. Mit Drogen vollgepumpt, missbrauchen die alten Kumpel den naiven Alex für ihre korrupten Zwecke und erhoffen sich dabei, den Jungbrunnen, der durch das Experiment entdeckt werden sollte, zu entdecken. Inmitten weiterer Gefechte in Portugals Hauptstadt geht er dem fiesen Petro auf den Leim. Doch bevor er klar sehen kann, scheint sein Schicksal schon besiegelt …

_Meine Meinung_

Mit „Experiment Alpha“ startet der |Splitter|-Verlag parallel zu „Universal War One“ die zweite Science-Fiction-Reihe und damit auch ihre bislang wohl härteste und brutalste Serie. Bereits in der Auftaktstory „Einweihung“ geht es mitunter sehr blutig und äußerst schonungslos zur Sache, so dass der Wahlspruch des Verlags – Comics für Erwachsene – zum ersten Mal ohne Einschränkung angebracht ist.

Inhaltlich beginnt „Experiment Alpha“ indes wahrhaft furios. Spektakuläre Szenarien und gewaltige Bilder zieren bereits die ersten Seiten der recht komplexen Handlung und verführen den Leser sofort in eine faszinierende Zukunftsvision, die das Setting zum Comic-Debüt von Vukasin Gajic bildet. Allerdings scheint diese erste Episode nur ein minimales Puzzleteil zu einer umfassenden Serie zu sein, denn bei all den Geheimnissen, Verstrickungen und Hinterlisten, die der Autor alleine in dieser einleitenden Story aufwirft, bleibt am Schluss Potenzial für ein Epos in Dutzendlänge und eventuell sogar darüber hinaus.

Dies macht „Einweihung“ allerdings auch zu einer recht schwierigen Angelegenheit, denn weil man im Grunde genommen nur einen relativ kleinen Einblick in die Gesamtstory bekommt und nur schwerlich entlarven kann, welche Charaktere nun tatsächlich welche Rolle spielen, kann man das riesige Konstrukt, das hinter der Stoty steckt, noch gar nicht in seiner Gesamtheit erfassen, geschweige denn einordnen. Man sympathisiert zwar zum Ende hin mit dem betrogenen und hintergangenen Alex und dessen vermutlicher Ex-Liebe Ana und hat auch raus, dass Petro und seine Gefährten mit allen Mitteln versuchen, die Vorzüge des Alpha-Experiments für ihre Zwecke zu nutzen, doch was genau dahintersteckt, welche Vorgänge im internationalen Untergrund des Jahres 2051 ablaufen und vor allem, welche Zusammenhänge nun exakt zwischen den Vorfällen in Lissabon und Massachusetts bestehen, bleibt bis zu einem gewissen Punkt verborgen und lässt einzig und allein eine Menge Raum für Spekulationen.

Nichtsdestotrotz geht es in „Experiment Alpha 1: Einweihung“ ziemlich rasant und verdammt actionreich vorwärts. Von der ersten Seite an werden das hohe Erzähltempo aufrechterhalten und die Fronten abgeklärt. Der Effekt ist verblüffend: Bevor man überhaupt eine Ahnung hat, worum es in dieser Serie nun geht, befindet man sich schon mittendrin in einem mitreißenden Science-Fiction-Setting bzw. in der Umgebung zahlreicher zwielichtiger Gestalten und einer Welt voller Rivalitäten und übersinnlichen Ereignissen. Teilweise geht es sogar derart flott voran, dass die einzelnen Sprünge zwischen den unterschiedlichen Schauplätzen der aufregenden Showdowns einige Verständnisprobleme mit sich bringen, was auch die einzige, nennenswerte Kritik an der Handlung ist.

Der Anspruch ist gehörig hoch und Schwierigkeiten sind vorprogrammiert, wenn man nicht jedes Detail in Texten und Zeichnungen in sich aufsaugt. Weil Detailverliebtheit und das gewiefte Spiel mit dem Versteckten und Verborgenen aber eine Stärke von Gajics neuer Reihe sind (zumindest gilt dies für Band 1), macht die konzentrierte und in dieser Intensität etwas längere Auseinandersetzung mit dem Comic auch richtig Spaß, nicht zuletzt wegen des immens hohen Spannungslevels, das der Autor hier erzielt. „Experiment Alpha“ ist hart, verzwickt, aber den ersten Eindrücken zufolge wirklich genial und letztendlich ein weiterer brillanter und vielversprechender Vertreter aus dem gut sortierten Katalog des |Splitter|-Verlags.

Schön, dass es in diesem Genre noch Leute gibt, die mit mutigen Ideen neue Wege einschlagen und sich nicht an gerne verwendeten Klischees aufhalten. Stimmungstechnisch, sprich im Hinblick auf die Atmosphäre hat Vukasin Gajic hier etwas sehr Eigenständiges geschaffen, das ich im Anschluss an die hier besungene Lobeshymne ohne jegliche Bedenken empfehlen möchte – wenn auch an ein vielleicht nicht mehr jugendliches Publikum.

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Diverse Autoren – MAD Nr. 103

Happy Tree Friends vs. SpongeBob heißt es auf der Titelseite der 103. Ausgabe des „MAD“-Magazins, und tatsächlich prüft die Redaktion im anschließenden Mini-Comic, welche der beiden trendigen Fraktionen der jeweils anderen nun überlegen ist. Dies ist schließlich auch der Auftakt zu einigen teils recht aggressiven Strips unter der Beteiligung der blutrünstigen Happy Tree Friends, für die unter anderem neue Jobs und ein Splatter-Szenario in den Disney-Studios entworfen werden. Weiterhin wird in einer Spezialrubrik ihre Anatomie näher beleuchtet.

An anderer Stelle wird ordentlich gegen die aktuelle Politik gehetzt. So stellt man zum Beispiel einige zweifelhafte Wahlslogans auf und bedient dabei die altbekannten Klischees über das deutsche Parteisystem. Auch eine weltpolitische Offensive wird gestartet, unter anderem in einem Comic, welcher George Bush als Höllenfürsten entlarvt, oder bei der Werbung um ein ominöses Schachspiel, dessen Spielfläche dem topografischen Aufbau des Irak nachempfunden ist. Und auch das neue PC-Game um den scheinbar gezähmten koreanischen Diktator Kim Jong Il lässt den typischen Biss nicht vermissen.

Alles spitze also mit Nr. 103? Nun gut, über den Humor dieses Magazins lässt sich sicherlich streiten, weil die Redakteure und Comiczeichner nicht selten die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten und die Satire wirklich eher für Hartgesottene geeignet ist. In der neuen Ausgabe ist in dieser Hinsicht aber nur wenig Erfrischendes zu vermelden. Die Gags mit den Titelhelden von den Happy Tree Friends sind nicht wirklich komisch, das Duell mit dem Schwammkopf eher bescheiden aufgearbeitet. Dazu gibt es haufenweise humorlose Mini-Geschichten um Männer, die hilflos versuchen, eine Frau aufzureißen, und die Problematik beim Weihnachtseinkauf.

Gelungen sind indes die Plakate mit den Wahlsprüchen der deutschen Parteien. Das hätte in der „Titanic“ wohl auch kaum besser geschrieben sein können. Ebenfalls ziemlich cool ist der Mittelteil mit zahlreichen Fotos, aus denen man sich die Darsteller für eine „Naruto“-Folge heraussuchen kann. Und natürlich das Schachspiel der demokratischen (hüstel …) Amerikaner gegen die terroristischen Kräfte des Irak mit ihrem Anführer, König Saddam.

Bei einem Preis von immerhin 3,20 € sollte man sich selbst als Fan also gut überlegen, ob man das Geld in vergleichsweise drögen Humor und partiell zu überspitzte und damit auch gescheiterte Versuche, auf Kommando witzig zu sein, investieren möchte. Die Hardcore-Fraktion der „MAD“-Verfechter wird mir dies zwar ganz bestimmt übel nehmen, aber wirklich empfehlenswert ist diese Ausgabe trotz einiger kurzer Lacher nicht gerade.

http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs_gruppe=10012

Nelson, Arvid / Johnson, Eric (EricJ) – Rex Mundi 2 – Der unterirdische Fluss

Band 1: [„Der Wächter des Tempels“ 3657

Wenn man bei |Dark Horse| stöbert, fällt einem schnell auf, dass sich dort vieles um Horror dreht. Hellboy, Buffy und andere geben sich bei dem US-Verlag ein Stelldichein. Seit August 2006 veröffentlicht |Dark Horse| auch die Serie |Rex Mundi|. Das ist zwar weniger Horror und mehr Verschwörungsthriller, aber wer weiß diese Grenze im Angesicht von Dämonen und fanatischen Klerikern schon genau zu bestimmen?

|Rex Mundi| ist in diesem Jahr auch auf Deutsch erschienen, und zwar in der |Ehapa Comic Collection|. Die ersten beiden Bände „Der Wächter des Tempels“ und „Der unterirdische Fluss“ sind nun erhältlich, Band 3 ist für den Winter angekündigt. Es handelt sich dabei um Übersetzungen der ersten beiden US-Paperbacks. Jenseits des Atlantiks gibt es bereits zwei weitere, und zwei sollen noch folgen. Mit insgesamt also sechs Paperbacks soll die Serie in naher Zukunft abgeschlossen werden.

|Rex Mundi| ist ein Verschwörungsthriller mit christlich-religiösem Hintergrund, der in einem alternativen Frankreich des Jahres 1933 spielt. Hauptfiguren sind die zwei jungen Ärzte Dr. Julien Saunière und Dr. Genevieve Tournon. Sowohl Julien als auch Genevieve versuchen, in dem von der katholischen Kirche beherrschten Staat über die Runden zu kommen. So ergeben sich zwei Handlungslinien, die das grobe Erzählgerüst von |Rex Mundi| bilden. Julien und Genevieve kennen sich von früher. Offensichtlich verbindet sie eine einstige Liebesbeziehung, die beide nicht wieder aufflammen lassen möchten. Sie geben sich Mühe, bloß noch Freunde zu sein.

Julien und Genevieve bewegen sich auf unterschiedliche Art und Weise in König Ludwigs Frankreich. Genevieve pflegt ein gutes Verhältnis zu dem ehrgeizigen Herzog von Lorraine, der sich in offenem Streit mit dem König befindet und Herrschaftsansprüche auf das Heilige Land geltend machen will. Ob sie Lorraine wirklich gern hat, ist ungewiss. Sicher jedoch wäre ihr ein gesellschaftlicher Aufstieg, den eine Heirat nach sich zöge. Während Genevieve also eher auf eine Annäherung an die herrschende Klasse baut, setzt Julien auf Konfrontation. Der Auslöser dafür ist der Mord an seinem langjährigen Freund Pater Gérard Marin. Auf der Suche nach seinem Mörder stößt Julien auf allerlei Rätsel und Geheimnisse, die seit Jahrhunderten unter der Oberfläche der Macht schlummern. Anscheinend treiben die Tempelritter seit dem Mittelalter in Europa ein verborgenes Ränkespiel.

Was im ersten Band sehr verheißungsvoll begann, verliert im zweiten Band etwas an Fahrt. Das Gefühl einer unmittelbaren Bedrohung wurde in Band 1 vor allen Dingen vorangetrieben durch einen mysteriösen Killer, der Julien auf den Fersen war. In Band 2 fällt diese Figur weg. Stattdessen dominieren in „Der unterirdische Fluss“ Rätsel, Beziehungen und Machtverhältnisse. Die Geschichte verdichtet sich. Am Ende sind alle Klarheiten beseitigt, zum Glück, denn ein allzu absehbares Ende wäre dem zweiten von sechs Bänden schließlich auch nicht zu wünschen gewesen.

Drei Dinge sollen zum Abschluss hervorgehoben werden, die bei |Rex Mundi| außerordentlich positiv hervorstechen. Zum einen ist da die Handlung. Obwohl man gelegentlich spürt, dass der Autor noch kein Veteran ist und verschiedene Stellen etwas unübersichtlich, inhaltsschwer und trocken ausfallen, steht man doch beeindruckt vor seiner Leistung, was das Universum von |Rex Mundi| betrifft. In welchem anderen Comic findet man solch eine detaillierte und glaubwürdige Alternativ-Wirklichkeit?

Zum anderen sind da die Zeichnungen. Die Bildwelten des EricJ fallen weder besonders glatt noch dynamisch aus. Recht so, schließlich ist Rex Mundi kein Superhelden-Comic. Mit einer deutlichen Vorliebe für Einzelheiten und Schatten trifft er den Grundton der Geschichte außerordentlich gut. Manchmal wirken seine Figuren leider etwas hölzern, aber darüber lässt sich hinweglesen.

Dritter und letzter Punkt ist die hervorragende Aufmachung, die |Ehapa| |Rex Mundi| hat angedeihen lassen. Während herkömmliche Paperbacks gerne schnell aus dem Leim gehen, stimmt hier alles: Hardcover, ordentliche Bindung, dickes Papier. Keine Sorge, dass man bald einzelne Blätter in den Händen hält. So lässt sich |Rex Mundi| getrost mehrmals lesen. Wer Thriller mag, sollte sich diesen Spaß gönnen.

Deutsche Leseprobe Band 1
http://www.ehapa-comic-collection.de/media/RexMundi__LP.pdf

Offizielle US-Website von Rex Mundi
http://www.rexmundi.net/main/index.html

Dark Horse Comics
http://www.darkhorse.com

Ehapa Comic Collection
http://www.ehapa-comic-collection.de

Crisse – Atalante 3: Die Wunder von Samothraki

Band 1: [„Der Pakt“ 3630
Band 2: [„Nautiliaa“ 3631

_Story_

Die Argonauten stranden auf ihrer Weiterreise, nachdem der Schiffsmast gebrochen ist. In Windeseile stellen Jason und Co. einen Notfallplan auf und entsenden ein kleines Team, welches auf der Insel nach Ersatz suchen soll. Gemeinsam mit dem Barden Orpheus, Herakles, Jason und dem kleinen Satyr Pyros bricht Atalante in ein neues Abenteuer auf und landet alsbald im Tempel der Kabiren. Bevor sie sich versehen, sind die Argonauten und ihre Begleiterin auch schon innerhalb der finsteren Gemächer, wo sie nicht nur auf eine Sphinx und einen Minotaurus stoßen, sondern auch mit den Schatten ihres inneren Seelenlebens konfrontiert werden. Außerdem folgt ihnen ein gehörnter Pixitos, der neben seltsamen Ratschlägen und Tipps auch immer wieder lockere Sprüche bereithält und so die Nerven des gesamten Teams gehörig strapaziert.

Während Atalante im Tempel mehr über ihre Vergangenheit erfährt, Orpheus mit seinen Gesängen Respekt erlangt und Herakles mit eiserner Faust durch die Anlage marschiert, hält das quirlige Wesen die plötzlich getrennten Gefährten auf Trab – und ist letztendlich auch der einzig Grund für die ganze Aufregung, die nach der Ankunft bei den Kabiren herrscht.

_Meine Meinung_

Und wieder stranden Atalante und die Argonauten auf einer seltsamen Insel, dieses Mal jedoch eher unfreiwillig, denn ihr Schiff hat erheblichen Schaden erlitten und kann auf offener See nicht mehr lange bestehen. Für Jason und seine Mannschaft keine ungewohnte Situation, jedoch sind sie dieses Mal besser vorbereitet und teilen sich an dem neuen Zufluchtsort günstiger auf. Allerdings wartet schon bald der nächste Hinterhalt, der sie geradewegs in einen merkwürdigen Tempel hineinlockt und mit einem Mal auch in die Fänge einer Sphinx, die sie vor ein Rätsel auf Leben und Tod stellt. Allerdings fackelt Herakles nicht lange und lässt das majestätische Wesen in Stücke krachen. Der Minotaurus wird indes vom Barden Orpheus ausgeschaltet, als dieser ihn mit einem Wiegenlied in den Schlaf singt. Wie ein Orkan fegen die Argonauten gemeinsam durch die Tempelanlage, bis sie schließlich auf sich alleine gestellt sind und einigen magischen Wesen gegenüberstehen. Der Schatten der Vergangenheit schwebt über jedem von ihnen, und das wegen einer eigentlich ganz unwichtigen Sache.

Nachdem der zweite Teil von „Atalante“ es mir phasenweise nicht so sehr angetan hatte und irgendwie erst viel zu spät, und dann auch noch nicht mal richtig in die Gänge gekommen war, entschädigt „Die Wunder von Samothraki“ nun wieder für vieles. Zum ersten Mal seit Beginn der Serie ist in der dritten Episode nun alles rund, soll heißen die Action stimmt, die Geschichte ist ein wenig anspruchsvoller, der Humor sitzt (besonders in der Schlusssequenz) und die überraschend weit reichenden Ideen zünden ebenfalls auf Anhieb – das war gerade in „Nautiliaa“ nicht immer der Fall gewesen.

Bemerkenswert ist, wie Crisse die bekannten Figuren der griechischen Mythologie verwurstet, wobei gerade im Umgang mit dem Minotaurus und der Sphinx leichte Parallelen zu den „Asterix“-Comics nicht von der Hand zu weisen sind. Zumindest die Szenen, in denen Herakles Obelix-like durch den Tempel trampelt oder Orpheus seine Harfe auspackt, um den Minotaurus zu zähmen, sind arg verdächtig, aber dennoch sehr witzig. Dem gegenüber stehen einige Mythen, zum Beispiel bei der Konfrontation mit der Vergangenheit, die der Spannung enorm zuträglich sind und die Handlung auch mal wieder ein Stück vorwärts bringen, nachdem man im vorangegangenen Band partiell den Eindruck hatte, Crisse würde in dieser Beziehung bereits stagnieren.

Im Resümee bedeutet dies, dass nur lobende Worte für „Die Wunder von Samothraki“ übrig bleiben dürfen. Die minimale inhaltliche Dürrephase wurde prima aufgefangen und mit einem sehr lebendigen, spannenden und wiederum sehr sympathischen Werk wieder in die richtige Spur gelenkt. Beide Daumen hoch für Crisse und „Atalante“!

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Ellis, Warren / Williams III., J. H. – Desolation Jones 1: Made in England

_Story_

Michael Jones, ehemaliger Agent des MIG, leidet noch immer unter den Schatten seiner Vergangenheit. Als einziger Überlebender des Desolation-Tests ist er als Privatdetektiv einer geheimen Untergrundorganisation untergetaucht und übernimmt seit einiger Zeit Fälle für Leute, denen ein arg zwielichtiger Ruf anhängt. Sein neuester Auftrag führt ihn zum stark entstellten Colonel a. D. Nigh, der über eine große private Porno-Sammlung verfügt und seit einigen Tagen sein wertvollstes Stück, eine pornografische Dokumentation von Hitlers sexuellen Leidenschaften, vermisst. Jones soll das verlorene Video wiederbeschaffen und begibt sich alsbald in die Erotikszene.

Von Beginn an kämpft der Ex-Agent mit harten Bandagen und macht den Produzenten des anrüchigen Film-Genres ordentlich Druck, gerät dabei aber selber recht schnell in einen Sumpf aus politischen Intrigen und Machenschaften, in die Nighs Töchter involviert zu sein scheinen. Als Jones während seines Einsatzes angeschossen wird, sieht der kaltblütige Detektiv rot und erklärt seine herkömmlichen Ermittlungen vorzeitig für beendet: denn scheinbar verstehen seine Gegner nur die harte Tour …

_Meine Meinung_

Warren Ellis – dieser Name hat mich bereits mit der fulminanten Science-Fiction-Story in [„Ocean“ 3401 begeistert. Und auch in seiner neuesten Reihe leistet der Autor ganze Arbeit und führt mit dem eigenartigen Detektiv Michael ‚Desolation‘ Jones einen Charakter ein, der typischer für einen lupenreinen Antihelden gar nicht sein könnte und aufgrund der makellosen Darstellung und der farbenfrohen, teils aber auch gnadenlos harten Inszenierung sofort den Status einer zukünftigen Comic-Ikone einnehmen dürfte. So viel zum ersten Eindruck …

Die Story im ersten Band „Made in England“ ist dementsprechend fantastisch: Jones schnüffelt mit skrupellosen Methoden im Porno-Business und durchleuchtet sowohl Produzenten als auch Darsteller. Auf der Suche nach einem privaten Video Hitlers eckt der Detektiv sofort an und zieht in Windeseile den Hass vieler bedeutsamer Namen auf sich. Für Jones ist dies jedoch kein Problem, denn spätestens nach dem Desolation-Test ist er allen erdenklichen Kontrahenten gewachsen und erwehrt sich gewaltsamer Attacken mittels einiger schneller, brutaler Handgriffe, was den Hass der Gegenseite weiter schürt.

Als er dann einen Schritt weiter kommt, stößt er auf erste Zweifel bezüglich seines Auftrags. Immer stärker sind die Bedenken gegenüber Nighs Vertrauenswürdigkeit, zumal sich aus den Reihen seiner Familie erste Attacken gegen den mysteriösen Colonel andeuten. Sowohl seine offensichtliche Lieblingstochter, eine pflichtbewusste CIA-Agentin, als auch ihre verschwundene Schwester sind ihrem Vater auf der Spur wegen eines Vorfalls in der Vergangenheit. Während die eine seine Unschuld beweisen will, versucht die andere, ihn mit erdrückenden Beweisen massiv zu belasten.

Der Konflikt ist vorprogrammiert, und mittendrin der verdeckte Ermittler Jones, der erst nach und nach hinter die wahren Hintergründe seines Falls kommt. Als die Situation dann zu eskalieren droht, sieht er rot: Ein Angriff auf seine Person und die ständigen Lügen, denen er ausgesetzt wird, überstrapazieren seine Nerven. Er bringt die betroffenen Personen zusammen und deckt die Sache auf – jedoch auf eine erbarmungslose Art und Weise, die man schon seit jeher an ihm fürchtet.

Die Geschichte, die Ellis im Debütalbum von „Desolation Jones“ erzählt, ist nicht nur unheimlich spannend, sondern aufgrund der zahlreichen Wendungen und des generell total unberechenbaren Verlaufs wahrhaftig überwältigend. Keine der im Mittelpunkt stehenden Personen gibt zu viel von sich preis, und jeder Einzelne scheint noch ein weiteres Geheimnis für sich zu bewahren, welches die Story wieder vollkommen umzukrempeln vermag. Nicht zuletzt die vielen, scheinbar nur zum Statisten degradierten Figuren, die plötzlich entscheidend in die Handlung eingreifen, sorgen hier für beinharte Thriller-Atmosphäre und darauf aufbauend auch für knallharte permanent spürbare Action.

Dies wird weiterhin von den genialen Zeichnungen von J. H. Williams III verstärkt, der hier, einem Frank Miller ähnlich, recht spärlich mit bunten Farben umgeht und wegen der Betonung einzelner Segmente sofort starke Parallelen zu dessen Meisterstück „Sin City“ hervorruft. Letztere könnte man, zumindest was den Umgang der Charaktere miteinander betrifft, ebenso auf den Plot beziehen, wenngleich Ellis ein wenig stringenter vorgeht als sein Pendant Miller, dabei aber mittlerweile schon in derselben Liga spielt bzw. schreibt wie die Legende.

Letztendlich ist „Desolation Jones“, vor allem, was die Atmosphäre und die eingebrachten Ideen angeht, eine Art Tarantino-Werk im Comicformat. Mich würde jedenfalls nicht wundern, wenn cineastische Vorlagen wie „Pulp Fiction“ hier Pate gestanden und dem Autor die Inspiration für diese geniale Inszenierung geliefert hätten. Und alleine diese Tatsache sollte ein relativ großes Publikum aus der Reserve locken und Interesse für das neue Meisterstück des |Panini|-Ablegers |Wildstorm| wecken. „Made in England“ ist ein absolut tadelloser Auftakt dieser neuen Serie!

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Ciencin, Scott / Stakal, Nick – Silent Hill 3: Tot/Lebendig

Band 2: [„Innerlich sterben“ 3161

_Story_

Erinnerungen an seine ehemalige Geliebte sowie ein gewisser Drang zur Wiedergutmachung treiben den Filmstar Kenneth Carter nach Silent Hill. Dort trifft er auf das kleine Mädchen Christabella und nimmt sich ihrer an, zunächst nicht wissend, auf welch finsteres Spiel er sich einlässt. Doch dann nehmen die Dinge ihren Lauf: In Silent Hill vermischen sich für den bekannten Schauspieler auf immer konfusere Art Realität und Fiktion, bis Carter schließlich die komplette Macht über seine Bestimmung verliert und dem grausamen Spiel des abgeschiedenen Ortes unterliegt.

Während er mit einigen Dämonen der eigenen Vergangenheit ringt und feststellt, wie weit sein Leben in der Vergangenheit bereits mit der kleinen Stadt in Verbindung stand, wird er vor mehrere Entscheidungen gestellt, die sowohl das eigene Leben als auch das seiner Liebsten gefährden. Und dabei ist er eigentlich nur zurückgekommen, um Connie wiederzusehen …

_Meine Meinung_

Bereits die vorangegangene Episode „Innerlich sterben“ war eine verdammt harte Nuss, die besonders aufgrund der durchgehend düsteren Atmosphäre rein gar nichts für sanfte Gemüter war. Die grausame Geschichte um die junge Christabella und ihr Schicksal bewegte auf der einen Seite und erschreckte wiederum auf der anderen. Dazu das unheimliche Setting und weitere fürchterliche Charaktere – willkommen in Silent Hill, wo nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Nun, in der aktuellen Ausgabe, trifft man alerdings schon noch auf einige alte Bekannte, darunter zum Beispiel den mutierten Dr. Troy, der nach seinem Tod immer noch in Silent Hill verweilt und auf Rehabilitation hofft. Oder die seltsame Lauryn, die nach außen hin reifer wirkt als ihre Schwester Christabella, aber stets in ihrem Schatten steht. Und natürlich die Achtjährige selber, wie sie sich umgeben von der schaurigen Umgebung gegen alles und jeden behauptet und ihr Umfeld zum Wahnsinn treibt. Sie alle greifen in dem Moment ein, in dem der Schauspieler Kenneth Carter nach Silent Hill kommt und hofft, sein Gewissen in irgendeiner Art zu erleichtern.

Dies gelingt ihm jedoch von Beginn an in keiner Weise. Stattdessen steigt die Zahl seiner potenzieller Gegner von Seite zu Seite; er gerät in das Kreuzfeuer einer Verschwörung, die ihm jeglichen Sinn für die Realität und letztendlich den Verstand raubt. Denn was tatsächlich um ihn herum geschieht, das kann er selbst mit etwas Weitsicht nicht erfassen. Silent Hill hat seine eigenen Gesetze, und dies bekommt er ab der Sekunde seiner Ankunft permanent am eigenen Leib zu spüren.

Zu beschreiben, worum es in Band 3, „Tot/Lebendig“ tatsächlich geht, würde definitiv den Rahmen der Rezension sprengen, denn die neue Story ist derart komplex, dass ein individuelles Charakterprofil jeder einzelnen, halbwegs wichtigen Figur vonnöten wäre, um zumindest in Ansätzen zu verstehen, wie die Charaktere in Verbindung zueinander stehen und was die daraus resultierenden Beziehungen ausmachen. Christabella, Lauryn und auch Leonora bleiben die großen Unbekannten im Spiel, dem sich Carter ausgesetzt fühlt.

Letzterer hingegen übernimmt die Rolle eines Anti-Helden, der eigentlich stets im Mittelpunkt steht, dann aber wieder vollkommen unwichtig erscheint, weil sein Handeln im nächsten Moment wieder als nicht real beschrieben wird. Dies überhaupt zu erfassen, stellt für den Leser wohl auch die größte, mitunter auch die einzige Herausforderung dar. Der Autor wechselt stets von der Realität in den phantastischen Bereich, verharrt dort kurz, schwenkt zurück und wiederholt diesen Vorgang binnen weniger Szenarien derart oft, dass man sich als Leser sehr gut in die Situation des Protagonisten Carter versetzen kann. Mit anderen Worten: Man weiß nicht, wie einem geschieht, und obwohl man der Handlung in groben Zügen folgen kann und irgendwann ungefähr den Kern erfasst hat, bleibt „Tot/Lebendig“ bis zum Schluss ein einziges Rätsel – zwar mit vielen Hinweisen, aber sicherlich nicht mit stringentem, geschweige denn transparentem Verlauf.

Nichtsdestotrotz gelingt es Autor Scott Ciencin problemlos, das Niveau der vorangegangenen Bände zu halten. Er hat nicht nur einen hohen Anspruch an sich und seine Storys, sondern vor allem auch an seine Leserschaft. Dies spiegelt sich zwar nicht flächendeckend in den teils doch recht gewöhnlichen Dialogen wider, wird aber in der sprunghaften, superspannenden und eben nur schwer zu durchschauenden Geschichte immer wieder mit zahlreichen Beispielen unterlegt – und gottlob zum Schluss auch befriedigend aufgedeckt. Zugegeben, nach dem Verwirrspiel, das Ciencin gerade im mittleren Teil des schmucken Sammelbands mit seinen Lesern treibt, hatte ich ernsthafte Bedenken, ob das Ganze nicht eine Spur zu bizarr und abgehoben sein könnte. Aber im Grunde genommen führt der Autor hier nun in einem arg kontrastreichen, unberechenbaren Programm auf, worum es in „Silent Hill“ geht und was für die Kreation dieser einzigartigen Atmosphäre erforderlich ist. Und eine gewisse Komplexität steht da deutlich an erster Stelle!

Vorsicht ist geboten, das sollte man sich bewusst machen, wenn man sich an „Tot/Lebendig“ heranbegibt, es ist nämlich höchste Konzentration gefragt, um einerseits die schockierenden Skizzen auf sich wirken zu lassen und gleichzeitig die einzelnen Handlungsschritte nicht aus den Augen zu verlieren. Der Lohn ist ein ziemlich abgefahrener, bisweilen auch abgehobener Comic, dessen wichtigste Eigenschaft wohl die ist, dass man ihn, einmal gelesen, so schnell nicht wieder vergessen wird. Die Materie geht unter die Haut und hinterlässt einen bleibenden Eindruck, der schlussendlich in Begeisterung umschlägt. Diese Erkenntnis stellt sich allerdings auch zu dem Zeitpunkt ein, an dem die inhaltlichen Verständnisprobleme endgültig geklärt sind und man die Ereignisse verdaut hat. Daher auch noch einmal ein deutlicher Appell an das Durchhaltevermögen. In kaum einer anderen illustrierten Erzählung war dies in vergleichbarem Maße gefragt wie hier. Doch wie gesagt: Es lohnt sich wieder einmal!

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Nelson, Arvid / Johnson, Eric (EricJ) – Rex Mundi 1 – Der Wächter des Tempels

Im März 2007 wurde »Rex Mundi 1 – Der Wächter des Tempels« auf Deutsch in der |Ehapa Comic Collection| veröffentlicht. Es handelt sich dabei um die Übersetzung des ersten US-Paperbacks »The Guardian of the Temple«. In den USA gibt es bereits insgesamt vier Paperbacks. Zwei sollen noch in naher Zukunft folgen. Mit dem sechsten Paperback also wird die Serie in absehbarer Zeit abgeschlossen sein.

Rex Mundi ist ein Verschwörungsthriller in der Tradition von Dan Browns [»The Da Vinci Code«. 1897 Die Geschichte spielt in einer alternativen Welt des Jahres 1933, in der die Reformation nie stattgefunden hat und die Kirche noch immer über große Macht verfügt. Die Hauptfiguren sind die Ärzte Dr. Julien Saunière und Dr. Genevieve Tournon. Der Leser folgt abwechselnd einem der beiden durch die Hinterhöfe und Salons von Paris. So bilden diese Figuren das grundlegende Erzählgerüst von Rex Mundi.

Die Geschichte beginnt mit einem Klopfen in der Nacht. Es ist der Priester Gérard Marin, der an die Tür seines alten Schützlings und Freundes Dr. Julien Saunière pocht. Saunière öffnet verschlafen die Tür und späht hinaus in die Dunkelheit. Was der Pater ihm zu erzählen hat, vertreibt in Windeseile alle Müdigkeit aus seinen Gliedern. Marin behauptet, er sei der Hüter einer geheimen Bibliothek, die sich unter der Kirche La Madeleine befindet. Ein magiebegabter Einbrecher habe von dort letzte Nacht eine wertvolle Schriftrolle gestohlen. Der Pater bittet Saunière, ihm bei der Suche nach dem Dieb zu helfen. Der Erzbischof darf nichts von dem Diebstahl erfahren.

Marin führt Saunière auf dessen Wunsch hin nach La Madeleine. Der Doktor möchte sich den Schauplatz des Verbrechens genauer ansehen. Unter dem Altar der Kirche führt eine geheime Wendeltreppe tief unter die Erde. Es liegt ein starker Geruch von Sandelholz und Schwefel in der Luft, ein untrügliches Zeichen, dass ein dämonisches Wesen vor Ort war. In der unterirdischen Bibliothek gesteht Pater Marin, dass noch jemand von diesem geheimen Ort wusste, und zwar die junge Prostituierte Marie-Christine. Mit süßen Einflüsterungen entlockte sie dem alten Priester sein wertvolles Geheimnis. Die Prostituierte könnte eine erste Spur zu dem Dieb sein. Als der Doktor sie aufsuchen will, findet er das Mädchen tot in seinem Zimmer. Sie wurde in einem Ritual hingerichtet, ihr Blut bedeckt die Wände. Nun schwebt auch Pater Marin in Gefahr, denn der Wächter des Tempels hat die Jagd eröffnet.

Obgleich man hin und wieder merkt, dass Arvid Nelson noch kein eingefleischter Veteran im Erzählen ist, beeindruckt doch seine Arbeit am Universum von |Rex Mundi|. In kaum einem anderen Comic findet man solch eine detaillierte und zugleich glaubwürdige alternative Realität. Die Bildwelten des EricJ fallen weder besonders glatt noch dynamisch aus, recht so, denn schließlich ist Rex Mundi nicht Batman oder Spider-Man. Mit einer Vorliebe für Einzelheiten und Schatten trifft er den Grundton der Geschichte bemerkenswert gut. Manchmal wirken seine Figuren leider etwas hölzern, aber darüber lässt sich hinweglesen. Zu erwähnen ist außerdem die hervorragende Aufmachung, die |Ehapa| der Serie hat zukommen lassen. Hier stimmt alles: Hardcover, ordentliche Bindung, dickes Papier. Man muss keine Sorge haben, dass bald einzelne Blätter aus dem Leim gehen. |Rex Mundi| lässt sich getrost mehrmals lesen. Wer Thriller mag, sollte lieber keinen Bogen um diese Serie machen.

Deutsche Leseprobe Band 1
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Offizielle US-Website von Rex Mundi
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Dark Horse Comics
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Ehapa Comic Collection
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Crisse – Atalante 2: Nautiliaa

Band 1: [„Der Pakt“ 3630

_Story_

Gemeinsam mit den Argonauten reist Atalante unter der Führung Jasons aufs offene Meer hinaus. Unschlüssig über den genauen Seeweg, folgt Jason bei der Erfüllung seines Schicksals einer Gruppe Delphine und reist mit seiner Mannschaft in die absolute Ungewissheit. Kurz bevor die Vorräte zu Ende gehen, entdecken sie eine scheinbar unbewohnte Insel.

Doch die friedliche Idylle trügt; einige Kriegerinnen stellen sich ihnen in den Weg und fordern ihr sofortiges Verschwinden. Laut ihnen ist nur den weiblichen Lebewesen das Leben auf dieser Insel erlaubt. Doch Atalante ist skeptisch, schließlich müssen auch diese Damen von Männern erzeugt worden sein. Schließlich erfahren die Seefahrer vom Schicksal der entschwundenen männlichen Inselbevölkerung, darunter auch das des Gatten von Nautiliaa, die jeden Tag am Ufer auf ihren zum Delphin verwandelten Geliebten Itys wartet. Das magische Wesen Alcyrrhoe kennt jedoch noch einen Ausweg, um die Verwandlung rückgängig zu machen. Doch dazu benötigt Nautiliaa die Unterstützung von Atalante …

_Meine Meinung_

Der zweite Teil von „Atalante“ knüpft nahtlos an die Geschichte aus „Der Pakt“ an. Nach bestandener Prüfung ist die Titelheldin auf dem Schiff von Jason willkommen und wird auch von Beginn an von der herrischen Besatzung respektiert. So kann sie unter anderem den jungen Satyr retten, der sich ein weiteres Mal eingeschlichen und einen Teil der Vorräte gestohlen hat und vom erzürnten Herakles gerne zerquetscht würde. Ausgerechnet diese Vorräte gehen nach und nach zur Neige, so dass es wie eine Fügung des Schicksals scheint, dass die Seeleute doch noch die unbekannte Insel entdecken, wo sie auch schon von frischen Fischwaren, aber später auch von einer Gruppe kriegerischer Weibsbilder erwartet werden, welche die Ankömmlinge wieder in die Flucht schlagen wollen, schließlich aber erkennen, dass sie auf die Männer angewiesen sind, weil man sich ohne Partner nicht fortpflanzen kann.

Für Atalante entwickelt sich ein Zwiespalt, denn einerseits möchte sie schnellstmöglich verschwinden, um ihre Gefährten nicht den verlockenden Möglichkeiten auszusetzen und ihre Triebe in Schach zu halten, andererseits möchte sie auch gerne den verlassenen Damen helfen, speziell als sie von Nautiliaa erfährt, deren Mann zum unschuldigen Opfer der Götter wurde und seitdem als Delphin tagein, tagaus wiederkehrt, in der Hoffnung, eines Tages wieder in realer Gestalt mit seiner Gattin leben zu können. Wieder steht Atalante vor einer folgenschweren Entscheidung. Das nächste Abenteuer kann kommen – und dabei wollte sie eigentlich nur nach Kappadokien, um sich den Amazonen anzuschließen …

Hinsichtlich Aufbau und Inhalt ähnelt „Nautiliaa“ recht deutlich dem ersten Band. Atalante ist zwar mittlerweile schon erwachsen und auch allerorts anerkannt, und dieses Mal ist die Herausforderung (natürlich) eine andere, letztendlich aber nicht ganz so schwere, doch grundlegend sind starke Parallelen zu erkennen, was man sowohl positiv als auch negativ sehen kann. Ersteres gerade deswegen, weil schon „Der Pakt“ ziemlich sympathisch und witzig war und man sich sehr schnell mit der weiblichen Hauptfigur anfreunden konnte. Hierauf baut der Autor auch im zweiten Teil auf, wenngleich man sich nun natürlich direkt in vertrauter Umgebung befindet. Ebenso greift man wieder einige Sagen der griechischen Mythologie auf und nimmt sie stellenweise auch leicht auf die Schippe, was gerade dem Humor recht zuträglich ist, beispielsweise wenn Herakles und der kleine Satyr aneinander geraten.

Was die Entwicklung neuer Ideen betrifft, tritt Crisse hingegen ein wenig auf der Stelle. Ein wesentliches Problem besteht darin, dass der eigentliche Plot erst recht spät so richtig in die Gänge kommt und dies auch ganz schnell wieder vorübergeht. Nautiliaa und das Schicksal ihres Mannes lernt man erst im letzten Drittel intensiver kennen, wohingegen vorab viel (wenn auch lesenswertes) Geplänkel stattfindet, das jetzt aber nur minimal auf die eigentliche Haupthandlung bezogen ist. Klar, die Reise auf die Insel gehört natürlich mit zur Story, aber sie wird im Vergleich zur eigentlichen Titelgeschichte doch recht breit ausgeschmückt. Speziell was das Erzähltempo angeht, ist „Nautiliaa“ sicherlich verbesserungswürdig, so dass man die humorige Detailverliebtheit in diesem Fall besser einigen flotteren inhaltlichen Fortschritten untergeordnet hätte. Aber das mag auch Geschmackssache sein, schließlich pflegt der Autor einen recht eigenwilligen Stil, der auch im zweiten Band dieser Serie sehr stark durchschimmert.

Mich persönlich hat „Atalante 2: Nautillia“ zwar nach wie vor gut unterhalten, jedoch war die Spannung nicht ganz so ausgeprägt wie beim direkten Vorgänger. Einige vermeidbare Längen haben sich eingeschlichen, werden von Crisse aber gekonnt mit witzigen Zeichnungen überbrückt und durch einen versöhnlichen Schlussteil wieder halbwegs ausgemerzt. Im Resümee darf man daher nun nicht von einem begeisternden Highlight, aber immerhin noch von einem netten Comicband reden, dessen Titelfigur dem Leser trotz der kleinen Makel der aktuellen Ausgabe noch weiter ans Herz gewachsen ist.

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Robinson, James / Kramer, D. / Kirk, L. – Batman 2

[Band 1 3281

_Story_

Nach dem Tod einiger bekannter Superschurken wie KGBeast, Magpie und dem Bauchredner stecken Batman und Robin mitten in den Ermittlungen. Bei der Videoanalyse des jüngsten Todesfalls stoßen sie auf die Spur von Orca, in deren Territorium auch die Mordwaffe entdeckt wird. Der dunkle Rächer begibt sich in die Kanalisation, um die Walfrau zur Rede zu stellen, entdeckt jedoch nur noch ihre Leiche. Nach umfangreicher Spurensuche führt Batmans Spur einmal mehr zu Harvey Dent, der in der Zwischenzeit gänzlich von seinem schizophrenen Alter Ego Two-Face befreit scheint.

In der Abwesenheit der Fledermaus hatte Dent dessen Job übernommen und seine ehemaligen Kumpanen reihenweise zur Strecke gebracht. Doch Batmans Rückkehr scheint ihm gar nicht zu behagen, denn sein Status wird mit einem Mal wieder völlig aufgelöst. Dent befindet sich in einem gefährlichen Zwiespalt. Die Abstinenz seines zweiten Ichs macht ihm ebenso zu schaffen wie der Verlust der Rolle als erster Verbrechensbekämpfer Gothams, und just zu dem Zeitpunkt, wo der innerliche Konflikt auszuarten droht, taucht auch Two-Face wieder auf.

_Meine Meinung_

Batmans Rückkehr schlägt im zweiten Band noch größere Wellen als bei seiner direkten Wiederkehr im Auftakt der neuen Comicserie. Besonders Harvey Dent, einst als Two-Face bekannt geworden, leidet darunter sehr, obwohl sein wahres Ich eigentlich froh darüber ist, dass sein einst neu gewonnener Kumpan wieder an seiner Seite steht. Doch sein zwielichtiges Pendant ist damit gar nicht einverstanden. Die Dämonen, die Dent längst besiegt wähnte, tauchen plötzlich wieder auf und machen dem ehemaligen Schurken gehörig zu schaffen. Außerdem belastet der dunkle Rächer ihn auch noch mit schweren Vorwürfen, weil die Spuren der jüngsten Morden alle zu ihm führen. Während Batman und Robin weiter ermitteln, stellt sich Harvey seinem Spiegelbild und trifft eine folgenschwere Entscheidung. Wieder scheint seine Vergangenheit ihn zu übermannen …

Mir will nicht in den Kopf gehen, warum die neue „Batman“-Serie hierzulande solch starker Kritik ausgesetzt ist, denn schließlich zeigt Autor James Robinson zumindest den Mut, die etwas angestaubten Strukturen ein wenig zu lösen und mit dem Superhelden aus dem großen |DC|-Universum neue Wege zu beschreiten. Gerade im Verlaufe der „Infinite Crisis“ war Batman zu einer unberechenbaren Größe herangewachsen. Er stand im ständigen Widerstreit mit sich selbst und geriet daraufhin gleich in mehrere Gewissenskonflikte, die er in der einjährigen Auszeit aufarbeiten musste. Doch genau jene Frischzellenkur, die er sich dabei gönnte, scheint dem ’neuen‘ Batman arg gut bekommen zu haben, denn so munter und zielstrebig wie in Robinsons aktueller Adaption hat man die Fledermaus schon seit längerem nicht mehr erlebt. Zumindest was die Imagepflege betrifft, hat man hier wieder einige Vorzüge der älteren „Batman“-Comics heraufbeschworen und diese in der hier vorliegenden, modernen Interpretation auch sehr schön verarbeitet. Es mag ja sicher Ansichtssache sein, aber meines Erachtens ist im Bezug auf die neue Story jegliche Kritik völlig unangebracht. So viel dazu!

Die Fortsetzung der Mini-Serie „Im Zwiespalt“ ist indes ähnlich actionreich wie der Auftakt. Noch immer beschäftigt eine Mordserie die Vertreter des Gesetzes, wobei vor allem die ungewöhnliche Tatsache, dass gefürchtete Schwerverbrecher die Opfer der Gewaltanschläge sind, Batman und Co. auf Trab hält. Magpie, KGBeast und nicht zuletzt der Bauchredner besitzen im Untergrund von Gotham City einen wohlklingenden Namen und werden seit einiger Zeit auch mit Oswald Cobblepot, besser bekannt als der Pinguin, in Verbindung gebracht, was jedoch auch ein Motiv für die Morde sein könnte. Nachdem die ebenfalls ermordete Orca aus dem Rennen ausscheidet, führt die Spur zum unberechenbaren Harvey Dent, womit sich der Kreis anscheinend schließt. Doch Dents Rolle bleibt bis auf weiteres unschlüssig und die Ursache für die Verbrechen weiterhin ein großes Geheimnis.

Spannend bleibt das neue „Batman“-Abenteuer auf jeden Fall, nicht zuletzt, weil nach wie vor nicht klar ist, wer genau sich hinter den aktuellen Geschehnissen verbirgt. Ist tatsächlich der ehemalige Rechtsanwalt Harvey Dent für die Morde verantwortlich? Oder eher der lange Zeit untergetauchte Pinguin? Oder doch ein bisher unbekannter Verbrecher? Robinson spielt mit den verschiedenen Mysterien, die im Übrigen auch auf die Persönlichkeitsentwicklung einzelner Beteiligten umschlägt. Harvey Bullock zum Beispiel, einst Batmans schärfster Kritiker, scheint plötzlich von ihm angetan. Two-Faces Zwiespalt ist bekannt. Und auch Batman ist noch nicht ganz mit sich und seiner immens hohen Verantwortung im Reinen und hat mit der Vergangenheit zu kämpfen.

So entstehen im zweiten Teil der Serie recht viele Nebenschauplätze, verstärkt durch eine kurz eingeworfene Zwischenstory um die Ermittlungen bei der Suche nach der verschollenen Orca. Batman, Dent, Bullock, Robin – alle werden sie gründlicher beleuchtet, und alle tragen sie mitsamt ihrem untransparenten Erscheinungsbild dazu bei, dass die Spannung hier weiter angetrieben wird. Insofern gilt auch für Part zwo berechtigter Beifall mit kleiner Einschränkung bezüglich der eigenwilligen, nicht ganz so detailreichen Zeichnungen. Wer den Titelhelden also liebt, sollte sich von keiner Kritik einschüchtern lassen und die neue Serie ruhigen Gewissens antesten. Spannend und generell lesenswert ist sie allemal.

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|Siehe ergänzend dazu auch:|
[Batman – Year One / Das erste Jahr 2884 (Rezi 1)
[Batman – Year One / Das erste Jahr 1530 (Rezi 2)
[Batman Begins 1562

Willingham, Bill / Buckingham, Mark – Fables 2 – Farm der Tiere

Band 1: [„Legenden im Exil“ 3175

Comics sind angeblich Geschmackssache. Kein Werk darf als „gut“ oder „schlecht“ bezeichnet werden, höchstens als „anders“. So grenzt man sich ab, bewertet aber nicht. Vielleicht handelt es sich ja bei dem betrachteten Objekt um das Lieblingsstück meines Gegenübers … Was da so resistent durch die Chatrooms und Foren geistert, behauptet gerne, eine Meinung oder ein Standpunkt zu sein. Tatsächlich ist es aber nicht mehr und nicht weniger als ein respektvoller und höflicher Umgangston, der sich verkleidet hat und das Urteilen scheut. Sicher, das ist politisch korrekt und enorm wichtig für die Kommunikation. Schließlich sind viele empfindliche Gemüter unterwegs. Aber es ist nur ein Teil der Wahrheit.

Wenn man einen Augenblick lang nachdenkt, fällt einem sicherlich das eine oder andere Kriterium ein, mit dem man einen Comic bewerten könnte. Zeichnungen, Plot, Cover, Kolorierung – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wenn bald wieder in San Diego die alljährlichen |Eisner Awards| verliehen werden, hat sich die Jury im Vorfeld lange über solche Dinge Gedanken gemacht. Und es hat dann nichts mit einem Mangel an Höflichkeit oder Respekt zu tun, wenn die Frage des persönlichen Geschmacks außen vor bleiben muss.

In diesem Jahr unterhält man sich in San Diego auch wieder über „Fables“. Die Fantasy-Serie des Autors Bill Willingham gehört zu den Senkrechtstartern der letzten Jahre und hat schon in früheren Preisverleihungen den einen oder anderen |Eisner| mit nach Hause nehmen dürfen. In Deutschland erscheint die Serie bei |Panini|. Der zweite Band wurde im März veröffentlicht und trägt den Titel „Farm der Tiere“. Es handelte sich dabei um die US-Hefte 6-10, die erstmals bei |DC/Vertigo| erschienen sind (12/2002 – 04/2003).

Hierzulande wird auf dem Cover damit geworben, dass „Fables“ bereits mit fünf |Eisner Awards| ausgezeichnet wurde. Die Trophäen gab es unter anderem in der Kategorie Best New Series, allerdings hat die sechsteilige Storyline „Animal Farm“ keine davon abbekommen. Das sollte aber nicht davon abhalten, hineinzublättern und sich über die Qualität der Geschichte zu unterhalten.

„Farm der Tiere“ setzt sich im Wesentlichen aus zwei Handlungssträngen zusammen. Eine Linie handelt von der schwierigen Beziehung zwischen den Schwestern Snow White und Rose Red. Beide sind sich im Laufe der Jahrhunderte fremd geworden und können einander nicht besonders gut leiden. Die Unterschiedlichkeit ihrer Wesensarten macht es ihnen dabei nicht gerade leichter. Snow White ist eine kühle, selbstbehrrschte Führungspersönlichkeit, Rose Red hingegen ist ein Punk, sexy und mit frechem Mundwerk.

Eine andere Linie handelt von umstürzlerischen Schweinen und Bären. Die Bewohner der Farm fühlen sich von den Städtern eingesperrt. Sie dürfen nicht in die Welt der Menschen, damit die geheime Märchengemeinde nicht auffliegt und in Gefahr gebracht wird. Beide Erzählstränge sind miteinander verwoben, wechseln einander gleichmäßig ab und beeinflussen sich gegenseitig. Persönliches verschmilzt hier mit Politischem zu einem interessanten Amalgam. Anspielungen auf literarische Vorlagen wie „Animal Farm“ von George Orwell oder „Lord of the Flies“ von William Golding sind absolut beabsichtigt. Dankenswerterweise behält der Leser dabei allzeit den Überblick. Man könnte also sagen, Willingham versteht sein Handwerk als Autor.

Auch Zeichner Mark Buckingham versteht sein Handwerk. Die vielen unterschiedlichen Menschen und Tiere wirken plastisch und haben Substanz. Diffuse Schatten und andere offene Formen gehören nicht zu seinem Repertoire. Buckinghams Strich ist ruhig und klar. Die sehr aufgeräumten, sauberen Panels erinnern ein wenig an „Tim und Struppi“ und andere Werke der französischen |Ligne claire|. Die Figuren allerdings sind amerikanisch und könnten auch jedes beliebige Superhelden-Szenario bevölkern. Ausbaufähig ist sicherlich die Kolorierung. Der Umgang mit Licht und Schatten ist toll, was aber zu kurz kommt, ist die Stofflichkeit der Objekte. Alles ist irgendwie glatt. Ein Türrahmen sieht aus wie eine Motorhaube sieht aus wie das Fell eines Bären…

Als letztes Bewertungskriterium stand das Cover auf unserer Liste. Der von James Jean gestaltete Umschlag ist voll, aber nicht überfüllt. Die Formen fließen ineinader, ohne jedoch an Schärfe zu verlieren oder das gesamte Gleichgewicht zu stören. Ein Mittelpunkt oder eindeutiger Blickfang ist nur schwer zu bestimmen. Der Blick wandert hin und her, geht tief hinein in die Ebenen des Covers und wieder zurück.

Ob nun der zweite Band von „Fables“ an dieser Stelle gut beobachtet wurde, sei dahingestellt. Ebenso ließe sich darüber streiten, ob dieser Text hier klar und deutlich genug formuliert wurde. Lässt man sich jedoch einmal darauf ein und folgt dem eingeschlagenen Pfad, wird erkennbar, dass es sich bei „Farm der Tiere“ um einen extrem gut gemachten Comic handelt – persönlicher Geschmack hin oder her. Der bleibt an dieser Stelle nämlich draußen.

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Crisse – Atalante 1: Der Pakt

_Story_

Griechenland zur Zeit der Antike: Könis Iasos lehnt seine neugeborene Tochter ab, weil ihr aufgrund ihres Geschlechts seine Nachfolge niemals möglich sein wird. Im letzten Augenblick kann ihn die Amazone Imandra vom Gedanken, seinen Nachwuchs zu töten, abbringen, woraufhin Iasos beschließt, die Tochter auf dem Berg Parthenion auszusetzen und sie dort ihrem Schicksal zu überlassen. Bevor sie jedoch dort angelangt, wird der Trupp des Königs von einigen Göttinnen abgefangen, die ihre Wiege schließlich in den Fluss setzen, nachdem sie dem Kind einige elementare Gaben geschenkt haben.

Das Kind landet schließlich bei den Waldfaunen, wird auf den Namen Atalante getauft und wächst mit ganz besonderen Kräften auf. Doch eines Tages wird sie von Jägern aufgespürt und landet bei einem Volk von Seefahrern. Vom Ziel beflügelt, eines Tages einmal bei den Amazonen zu stranden, lässt sie sich auf einen Pakt mit deren Anführern Jason und Orpheus ein: Sie soll den gefangenen König Chiron von den Zentauren befreien und somit die Völker retten, mit denen sie einst im Wald gelebt hat. Wieder beginnt ein neuer Lebensabschnitt für Atalante. Doch dieses Mal bestimmt sie selbst über den weiteren Weg …

_Meine Meinung_

Mit seiner Comic-Serie „Atalante“ begibt sich der renommierte Comic-Autor Crisse auf bewährtes Gebiet und führt seine Leser auf eine Reise durch die griechische Antike. Begleitet von Mythen, Göttinnen, Sagen und Ungerechtigkeiten baut er hier einen unscheinbaren Charakter auf und gewährt ihm neben all den berühmten Gestalten jener Zeit erst nach und nach die erforderlichen Entfaltungsspielräume. Insofern ist „Der Pakt“ vornehmlich auch tatsächlich nur als Auftaktveranstaltung einer bis dato recht interessanten, allerdings auch recht typischen Reihe zu verstehen, in der sich die innovativen Momente zunächst auf die vielen witzigen Zeichnungen beschränken, die Crisse zwischendurch einblendet. Doch dies ist für die Überzeugungskraft von „Atalante“ letzten Endes auch nur zweitrangig.

Bedeutsamer ist indes der tolle Aufbau der Abenteuergeschichte: Direkt von der ersten Seite an erstellt Crisse in der Titelheldin eine Identifikationsfigur, wie sie Buche steht. Von der Familie ausgestoßen und von den Göttern als Spielball benutzt, ist Atalante stets in der Opferrolle. Andere bestimmen über ihr Schicksal; sie hingegen befindet sich in einer nimmer endenden Abhängigkeit, die erst dann zu brechen droht, als sie ein Ziel vor Augen hat.

Eines Tages entdeckt sie im Wasser eine Amazone und ist sofort fasziniert von deren Ausstrahlung. Diese elegante Erscheinung hat sie zutiefst beeindruckt, und von dort an weiß die hübsche junge Dame, was aus ihr werden soll. Doch um das Land der Amazonen zu erreichen, muss sie Kompromisse eingehen und ihre Schuldigkeit ableisten. Als sie nämlich entdeckt, dass ihr ehemaliger Weggefährte Pyros in Gefangenschaft ihrer neuen Wegbegleiter gerät und von ihm dann noch erfährt, dass auch Chiron von den kompromisslosen Zentauren unterworfen wurde, fühlt sie sich in die Pflicht genommen – schließlich waren die Faune auch einst für sie da, als ihre Wiege ziellos durchs Wasser trieb. Und weil auch Jason Interesse daran hat, Chiron zu befreien, beschließt sie, ihre besonderen Fähigkeiten dafür einzusetzen, das Gleichgewicht des Waldes wiederherzustellen und dies zur Bedingung zu machen, um eines Tages auch auf dem Schiff nach Kappadokien mitgenommen zu werden. Allerdings ist nicht alles so leicht, wie Atalante sich dies vorgestellt hat.

Man wird in „Atalante“ sicher reichlich Versatzstücke bereits etablierter Comics entdecken, ebenso wie Charakterzüge, die gerade die Bände französischer Autoren auszeichnen. Gleichermaßen ist auch der Zeichenstil unverkennbar, was in diesem Fall jedoch als Vorteil zu werten ist, denn die Illustrationen sind durchweg toll und darüber hinaus auch sehr detailverliebt. Man könnte Crisse also einen Strick daraus drehen, dass er sich hier auf längst bewährtem Terrain aufhält, sofern man sich nicht sofort mit der Geschichte anfreunden kann. Dies wäre aber eher ungewöhnlich, weil hier einige tolle Charaktere im Rahmen einer sehr sympathischen Handlung entworfen wurden und dank des nötigen Humors auch langfristig für Spaß gesorgt ist.

An Spannung mangelt es „Der Pakt“ im Übrigen auch nicht, denn ganz so berechenbar, wie man zunächst glauben könnte, ist die Story dann auch nicht aufgebaut. Und dies ist schlussendlich der letzte Punkt, der diesen ersten Band so überzeugend und zu einer rundum unterhaltsamen Angelegenheit macht.

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Takei, Hiroyuki – Shaman King 2

[Band 1 3432

_Handlung_

Nachdem in Band eins der grobe Rahmen für die Charaktere gesetzt und der Schamanismus im japanischen Glauben erklärt wurde, fängt der zweite Band an, die Rahmenhandlung für die nächsten Bände festzulegen. Nachdem Yo Asakura, Schamane und Held des Comics, am Ende des ersten Bandes vom chinesischen Schamanen Ren fast besiegt worden wäre, wacht er im Krankenhaus auf und erinnert sich wieder an seinen Lebenstraum: König der Schamane zu werden, um ein Leben in Ruhe und Gelassenheit zu verbringen. Mithilfe seiner Verlobten Anna Kyoyama bereitet er sich auf dieses Ziel vor und bekommt gleich bei seinen ersten Kampf einen schweren Gegner: Rens Schwester, die durch Daoismus, der chinesischen Art der Totenkontrolle, versucht, Yos Geist Amidamaru abzuluchsen.

_Comic_

Auch wenn sich der Comic nun langsam aber sicher der typischen „Jeder gegen jeden“-Kampfmentalität zuwendet, ist von einem Qualitätsverlust noch nichts zu spüren. Zwar gehen über zwei Drittel des Bandes für den Kampf gegen Rens Schwester drauf, trotz allem passiert hier mehr als nur das übliche „Ich probiere jetzt diese Technik gegen diese Technik aus“.

Da wäre zum einen die etwas kitschige Botschaft über Freundschaft, was aber doch recht erfreulich ist, wenn man bedenkt, dass viele Mangas nicht mal im Ansatz versuchen, mehr zu vermitteln als gebrochene Rippen. Zum anderen wären da doch recht interessante Exkurse in den Schamanismus der verschiedenen Kulturen, der sich in diesem Band recht gut abzeichnet. Auch das ganze Drumherum ist wieder sehr gelungen und vor allem humorvoller als noch der erste Band, was in erster Linie an den Zeichnungen und Bildübergängen liegt. Zu guter Letzt wäre der recht gelungene Charakter von Yos Verlobter Anna erwähnenswert, die durch ihren kräftigen Ehrgeiz einen gelungenen Gegenpol zu Yos Faulheit bildet.

_Zeichenstil:_

Der minimalistische und leicht von Disney angehauchte Zeichenstil bleibt weiterhin Geschmackssache, ist aber immer noch eine wohltuende Abwechslung zu den 1001 Clampklonen. Sehr gelungen sind die wunderbar flüssigen Bildwechsel in den humorvollen Szenen, die eine richtige Anime-Stimmung schaffen und mithilfe verschiedener Panelgrößen und Seitenwechsel die Pointe richtig schnell in die Wege leiten.

Auch sonst ist Tempo in diesem Band sehr wichtig, vor allem wegen der Kampfsequenzen. Die bestehen zum Glück nicht ausschließlich aus Kampfansagen. Zwar gibt es keinen flüssigen Schlagabtausch, sondern eher Attacke gefolgt auf Attacke, trotzdem machen diese besonders gegen Ende hin Spaß, da sie doch recht gewaltig ausfallen und ziemlich mächtig aussehen. Besonders wenn viel Detailarbeit dahintersteckt, zeigt sich der Vorteil des recht simplen Zeichenstils von Hiroyuki Takei. Dann bekommen die Bilder einen emotionalen Anstrich, der sie regelrecht aus den einfachen Bildern der restlichen Seiten heraushebt.

_Fazit_

Band 2 mag vielleicht auf die klassischen Mangaklischees zusteuern, aufgrund des neuartigen Themas sowie des interessanten Zeichenstils wird es aber nicht so schnell langweilig. Auch Leser, denen der erste Band aufgrund eines fehlenden roten Fadens nicht zugesagt hat, werden mit dem zweiten Band nun besänftigt. Vor allem Fans von „One Piece“ werden mit „Shaman King“ glücklich werden, da diese Serie genauso wie „One Piece“ mit einem neuartigen Zeichenstil, gelungenen Charakteren und einem etwas anderen Helden aufwarten kann. Auch wenn großartige emotionale Momente, wie „One Piece“ sie sehr gelungen zelebrierte, noch fehlen, zeigt sich „Shaman King“ zumindest auf dem richtigen Weg.

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Carey, Mike / Manco, Leonardo – John Constantine: Hellblazer 1 – Hölle auf Erden

Trenchcoat, schlechte Rasur, Zigarette: John Constantine ist eine Ikone des amerikanischen Horror-Comics. Dabei ist der ironische Einzelgänger eigentlich Engländer durch und durch. Kaum ein anderer kennt sich mit schwarzer Magie besser aus als er. In seinem neuesten |Hellblazer|-Abenteuer „Hölle auf Erden“ erkundet er altbekanntes Terrain zwischen dem Inferno und dem Diesseits.

Autor Mike Carey und Zeichner Leonardo Manco erzählen die Geschichte einer eigentümlichen Seuche, die überall auf der Welt um sich greift. Die Krankheit lässt Menschen ins Koma fallen und ist offensichtlich dämonischer Natur. Wo die Ärzte vor einem unlösbaren Rätsel stehen, fängt die Arbeit von Constantine an. Die Nichte seines alten (und vielleicht einzigen) Freundes Chas ist ebenfalls betroffen. Die Angelegenheit ist also persönlich, und Constantines Motivation entsprechend hoch. Dennoch lässt er sich davon nichts anmerken. Die Nerven zu verlieren – das passt nicht zu einem Kerl wie John. Coolness ist Teil des Geschäfts.

Nach einem kurzen Vorgeplänkel in London begibt sich der Straßenmagier schließlich auf die Suche nach dem Ursprung der Seuche. Die Reise führt ihn nach Los Angeles, in die Stadt der Engel. Chas begleitet ihn, macht den Chauffeur und sorgt für so manchen Fehltritt, wenn Johns Gebahren einmal allzu glatt abläuft. Constantine findet heraus, dass die Hölle expandieren und in L. A. Filialen aufmachen will. Der Dämon Beroul, der es sich in einer verfallenen Villa in den Hügel bequem gemacht hat, benötigt dafür Johns Hilfe. Denn die Hölle ist vielgestaltig, und mehr als ein Seelenknechter möchte in Kalifornien Fuß fassen. Beroul hätte das Revier gerne für sich alleine und die Konkurrenten aus dem Weg. Die Seuche benutzt er als Druckmittel, um John für sich arbeiten zu lassen. Beim Poker um die Hölle von Los Angeles sitzt jedoch noch ein anderer Spieler am Tisch. John bringt den aztekischen Totengott Mictlantecuhtli mit in die Runde. Und der hat nicht vor, Berouls infernalischen Vormarschplänen tatenlos zusehen.

Obwohl es Spaß macht, Constantine dabei zu begleiten, wie er wieder einmal eine Partei gegen die andere ausspielt, bleibt „Hölle auf Erden“ leider nur ein durchschnittliches Horror-Szenario. Irgendwie hat man stets das Gefühl, dass Constantine alles im Griff hat. Dabei gehört er eigentlich auf das zitternde Drahtseil, das die Hölle und die Welt der Menschen überspannt. Frühere Geschichten über den britischen Straßenmagier ließen ihn mehr wanken, das Szenario erschien insgesamt bedrohlicher. Kurz vor dem Abgrund, wo Dämonen sich die Lippen nach seiner Seele lecken, dort sollte Constantines Stammplatz eigentlich sein. In „Hölle auf Erden“ ist er schnippisch, cool und lässig wie immer, aber so richtig nah am Abgrund steht er nicht.

„Hölle auf Erden“ ist im März bei |Panini Comics| erschienen. Zum ersten Mal wurde die Geschichte in englischer Sprache unter dem Titel „All His Engines“ veröffentlicht (Juli 2006, bei |DC/Vertigo|).

[Leseprobe bei DC]http://www.dccomics.com/media/excerpts/5390__x.pdf

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[Verlagsseite zur Reihe]http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10457

diverse Autoren – Simpsons Classics 9

_Inhalt_

|“Rauchzeichen am Himmel“|

Patty und Selma fallen der Stellenkürzung zum Opfer und werden kurzerhand arbeitslos. Da gleichzeitig auch noch ihre Wohnung in Flammen aufgeht, machen sich die beiden Schwestern bei den Simpsons breit und genießen dort alle Vorzüge, die der Familie so viel bedeuten. Doch ziemlich schnell sind die Kinder und Homer vom rotzfrechen Verhalten der beiden Kettenraucherinnen genervt und drängen darauf, sie wieder loszuwerden.

Also bemühen sich Patty und Selma um einen neuen Job und heuern bei Mr. Burns‘ neuer Airline als Flugbegleiterinnen an. Als sie jedoch während eines Flugs feststellen, dass an Bord der Maschine nicht geraucht werden darf, kommt es zum Eklat.

|“Mit den Simpsons sieht man besser“|

Bart entdeckt beim Zappen im heimischen TV, dass im Lokalfernsehen ein Sendeplatz freigeworden ist. Als er erfährt, wie gelangweilt die Bevölkerung vom aktuellen Fernsehprogramm ist, beschließt er, den freien Platz zu mieten und gemeinsam mit Lisa und seinen Freunden das Programm neu zu gestalten. Ganz zum Verdruss von Krusty dem Clown und Kent Brockman wird ‚Simp-TV‘ zum großen Quotenrenner und verdrängt die etablierten Kanäle auf die nachfolgenden Plätze.

In mehreren Krisensitzungen beratschlagen die großen Namen von Springfields Fernsehstationen, wie man die Simpson-Kids in die Schranken weisen kann – doch erfolglos. Allerdings müssen Bart und Lisa bald Tribut für die ständige Arbeit als Produzenten zollen. Schlaf haben beide nämlich schon länger nicht mehr gehabt. Und auch die geliebten TV-Serien, die sie sonst regelmäßig angeschaut hatten, verpassen sie nun tagtäglich. Sieht so ein glückliches Leben aus?

|“Die Dame und der Clown“|

Der gewissenhafte Busfahrer Otto erzählt die Geschichte von der traurigen Marge, die vom Mafioso Big Krusty verfolgt wird, eigentlich aber nichts lieber möchte als schnellstmöglich zu ihrem geliebten Homer zu reisen. In Moes Taverne treffen der bösartige Clown und die hübsche junge Dame aufeinander und streiten heftig. Obwohl Moe eigentlich nichts für Schmonzetten übrighat, hilft er der traurigen Marge – und begibt sich dabei selber in größte Gefahr.

_Meine Meinung_

Laut Cover sind es vier Mega-Storys, die der neunte Teil der „Simpsons Classics“ beinhalten soll, doch grob gesehen sind es neben einigen Mini-Strips nur drei längere Geschichten, genauer betrachtet sogar nur zwei. Und das ist bei der fetten Werbung auf dem Titelbild nun nicht wirklich fair.

Wie auch immer, darunter leidet die Qualität bzw. der Humor der einzelnen Erzählungen natürlich nicht. Im Gegenteil, die Herausgeber haben erneut einige Highlights aus der älteren Geschichte der „Simpsons Comics“ hervorgeholt und sie in diesem schmucken Sammelwerk zusammengetragen. Inhaltlich zeigt man sich dabei recht vielseitig, unter anderem, weil für ein solch knappes Magazin enorm viele Charaktere eine Hauptrolle in den einzelnen Plots übernehmen. So tauchen die ungeliebten Bouvier-Sisters in „Rauchzeichen am Himmel“ auf und zeigen auf allzu fiese Art und Weise mal wieder, warum ihre maskuline, abstoßende Erscheinung nach wie vor für einige Lacher garantieren kann. Allerdings ist auch das Setting wieder brillant: Patty und Selma als Stewardessen mit beharrten Beinen und nichts anderem als der Sorge, endlich ihre Zigaretten rauchen zu können.

Die zweite Episode trifft hingegen eher den Geschmack der Bart-Fans. Der kleine Simpson hat mal wieder eine erstaunlich lukrative Idee entwickelt und mit der Eröffnung eines eigenen TV-Kanals überraschend großen Erolg. Dazu engagiert er Leute wie Nelson als Prügelknaben, Martin als Streber und Melhouse als miesen Comedian. Die Quoten steigen von Tag zu Tag, und die Konkurrenz verzweifelt, aber für Bart verliert das Leben mehr und mehr an Qualität – denn ohne die geliebten Fernsehserien, die er selber verfolgt hat, macht das Dasein als TV-Manager keinen Spaß mehr.

Die übrigen Geschichten sind nette Ergänzungen zu diesen beiden Hauptplots, wobei die theatralische Inszenierung der Mafialiebe zwischen Big Krusty und der todtraurigen Marge eher Füllmaterial ist. Da wirken die Kurzgeschichten um Mr. Hummel und Itchy und Scratchy schon unterhaltsamer.

Weiterhin enthält die Nr. 9 eine Zusatzrubrik um chirurgische Ratschläge von Dr. Nick Riviera, die man natürlich nicht wirklich ernst nehmen sollte – eben ein typisches Anhängsel der Comic-Reihe. Insgesamt halten sich solche Extras jedoch in Grenzen, und das ist ein entscheidender Vorzug dieser Reihe. Hier bekommt man eben in erster Linie nur die Comics ohne jegliches Geplänkel und somit netto mehr Lesespaß. In der neuen Ausgabe wird dieser nun mit einigen netten, teils auch sehr guten Storys garniert und macht diese Ausgabe bei einem Preis, der vergleichbar mit den regulären „Simpsons Comics“ ist, definitiv zu einer Empfehlung.

[Simpsons bei Panini]http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10310