
Duncan wird kurzerhand zusammen mit der gänzlich unattraktiven Jane Dugway zum Bierholen geschickt!

Duncan wird kurzerhand zusammen mit der gänzlich unattraktiven Jane Dugway zum Bierholen geschickt!
Nach etlichen Sagen, zahlreichen Trilogien und etlichen Single-Romanen hat sich Stan Nichols vor nicht allzu langer Zeit ein Herz gefasst und in seinem Buch „Die Orks“ eines der bekanntesten Fantasy-Völker im Rahmen einer spannenden Geschichte näher unter die Lupe genommen. Der Erfolg seines Romans inspirierte schließlich auch andere Schriftsteller zu einer ähnlichen Vorgehensweise; so zum Beispiel auch Markus Heitz, der sich seit 2003 in seinen Zwergen-Romanen eines weiteren viel zitierten Volkes annahm. In seine Fußstapfen ist Ende 2004 mit Bernhard Hennen ein weiterer deutscher Autor getreten, der die Erfolgsspur seiner Vorgänger aufnahm und die Gemeinschaft der Elfen näher beleuchtete. Der erste Band seiner Reihe hört demzufolge auch schlicht und einfach auf den Namen „Die Elfen“ und erzählt die Geschichte eines Menschen, der sich plötzlich in der Welt der Elfen wiederfindet und mit ihnen im Bunde gegen die Auswüchse einer dämonischen Kreatur kämpft.
_Story_
Inmitten eines eiskalten Winters zieht Mandred Torgridson aus dem Land am Fjord aus, um eine grausame Bestie zu jagen. Das Wesen, halb Mensch, halb Eber, treibt schon seit geraumer Zeit sein Unwesen in der Nähe eines kleinen Dorfes, so dass die Bevölkerung sich gezwungen sieht, etwas zu unternehmen. Doch das Untier kann die Jäger überraschen und bringt bis auf Mandrded alle Feinde auf. Schwer verwundet kann er zu einem Steinkreis fliehen, doch die Kälte und sein angeschlagenes Wohlbefinden werfen ihn schließlich in die Bewusstlosigkeit und, so glaubt Mandred, in den sicheren Tod.
Doch der Nordmann wird eines Besseren belehrt, als er unerwartet in einer völlig fremden Umgebung wieder erwacht. Mandred ist im Land der Elfen gelandet und trägt ihrer Königin seine Geschichte vor. Doch dort wird er von dem arg reservierten Volk erst einmal abgewiesen. Erst nach und nach kann er seine neuen Freunde davon überzeugen, die grausame Bestie aufzusuchen und zu erledigen. Schließlich werden ihm der heroische Farodin und der verträumte Nuramon zur Seite gestellt, mit deren Hilfe die Elfenjagd beginnen soll. Die beiden Elfen befinden sich allerdings selber noch in einem Konflikt: Beide sind sie in die wunderschöne Noroelle verliebt, doch die Elfendame will das Schicksal entscheiden lassen, welcher ihrer Verehrer am Ende ihre Liebe erfahren wird.
Doch Farodin und Nuramon beschäftigen schon sehr bald andere Gedanken; das Biest hat sie in eine Falle gelockt, in der sie zusammen mit ihrem menschlichen Freund jahrelang gefangen gehalten werden. Beim entscheidenden Kampf hat sich der übermächtige Gegner schließlich auch als Dämon einer längst vergessenen Zeit entpuppt, dessen besondere Eigenschaft es ist, sich in andere, real existierende Personen zu verwandeln. So nimmt der Dämon die Gestalt des Nuramon an und genießt als dieser die Gunst von Noroelle, die nichts von der erneuten List der Bestie ahnt.
Die Elfenkönigin indes akzeptiert das aus dieser Liaison entstammende Baby nicht und will es töten lassen, was Noroelle ihr jedoch verweigert. Zum eigenen Schutz wird es in der Welt der Menschen versteckt und wächst dort zu einer der bedeutendsten Personen überhaupt heran. Noroelle hingegen wird wegen ihres Protestes gegen die herrschaftlichen Anweisungen in eine gänzlich andere Welt verbannt, aus der es kein Zurück mehr gibt.
Farodin, Nuramon und Mandred jedoch haben den Glauben daran, Noroelle noch zu retten, nicht aufgegeben. Erneut machen sie sich als Gefährten auf, um die liebreizende Dame aus ihrem Exil zu befreien.
Derweil rüsten die Menschen zum Krieg gegen die Elfen. Der Tod ihres Helden, Noroelles Sohn, hat sie angestachelt, und verbündet mit den Trollen, die den Elfen stets unterlegen waren, rufen sie den heiligen Krieg aus …
_Meine Meinung_
Zwischen reichlich ‚regulärer‘ Arbeit hat es in den vorangegangenen vier Tagen bei mir keine andere Beschäftigung gegeben als das Durchwälzen dieses mit 900 Seiten enorm umfangreichen Fantasy-Romans. Viel hatte ich schon von Bernhard Hennen gehört, eigentlich nur überaus Positives, und trotzdem hat mich dieses spannende, gleichzeitig aber auch sehr bewegende Buch überrascht. Dass „Die Elfen“ nämlich derart fesseln würde, hatte ich mir nicht ausgemalt, und vor allem nicht, dass ich die Geschichte in so kurzer Zeit verschlingen würde.
Der Autor setzt im Verbund mit seinem Kollegen James Sullivan in diesem Roman vielfach Glanzpunkte, indem er die immer wieder bemühten Klischees im Hinblick auf die Charaktereigenschaften – starrsinnige Menschen, stolze und edle Elfen, hinterlistige Trolle – durch weitere Facetten wie Trauer, Melancholie und authentische Hoffnungslosigkeit erweitert und diese sehr umfassend beschreibt. Es mag sicher nicht jedermanns Sache sein, Personen über eine Unzahl von Seiten auch nur entfernt kennen zu lernen, geschweige denn die Darstellungen der verschiedenen Handlungsschauplätze über einen ziemlich großen Raum verteilt in sich aufzusaugen, doch genau hierin liegt eine der besonderen Stärken des Autorenteams. Es lässt sich die nötige Zeit, hat aber auch die erforderliche Ruhe weg, was zur Folge hat, dass es trotz hinlänglicher Charakter- und Landschaftsmalereien beständig sehr nahe an der eigentlichen Handlung bleibt. Trotz des offenkundigen Detailreichtums, und vor allem trotz des Umfangs von 900 Seiten ist das Erzähltempo von vornherein recht hoch. Lediglich der Zugang zum Sprachgebrauch ist zu Beginn noch schwierig, weil Hennen gerne mal ellenlange Satzmonster kreiert. Aber dies ist eine Eigenheit, die uns durch die gesamte Geschichte begleitet und nach einmaliger Einarbeitungszeit auch nicht mehr auffällt – weder positiv noch negativ.
Die Erzählung selber ist ein gewaltiges Epos mit unheimlich vielen Stimmungswechseln, was dem Roman bisweilen auch einen sehr düsteren Beigeschmack verleiht, dessen er sich nach einer Weile auch nicht mehr entledigen kann. Der heiteren Aufbruchstimmung der drei Hauptfiguren folgen zahlreiche tragische Ereignisse, weitere niederschlagende Begebenheiten und letztendlich auch ein tränenreiches Ende, bei dem der Leser gern versuchen darf, seine Gefühle gut im Zaum zu halten. Das Einzige, was man den beiden Autoren vorwerfen kann, ist der manchmal fehlende Überraschungseffekt. Es gibt viele Punkte, an denen die Story eine deutliche Wende nimmt, und oft ist es dann so, dass man schon im Vorfeld eine Ahnung davon hat, in welche Richtung das Ganze fortgesetzt wird. Andererseits entspricht diese Richtung dann eigentlich auch immer dem Wunsch des Lesers, soll heißen, es geschehen im Laufe des Buches mehrfach Dinge, die man sich insgeheim auch erhofft hat.
Insgesamt handelt es sich bei den wenigen Kritikpunkten, die man der Handlung anlasten darf, aber ausschließlich um minimale Schönheitsfehler, die schon fast wie Erbsenzählerei anmuten. Hennen und Sullivan haben uns nämlich schon sehr zügig in die Welt der Elfen entführt und ein völlig neues Fantasy-Universum eröffnet, in dem man irgendwann selber keine Kritik von außen mehr vertragen möchte. Alles wirkt so stimmig und erhaben, dass man sich von Anfang an für die Zeitdauer der Lektüre von der Realität abwenden kann und die Umgebung um sich herum komplett vergisst. Für meinen Geschmack ist dies genau der Effekt, den ein guter Fantasy-Roman erreichen sollte, und somit auch das erstrangige Qualitätsmerkmal einer solchen Geschichte. Nun ist „Die Elfen“ aber nicht nur gut, sondern schlichtweg genial und den erfolgsverwöhnten Romanen von Markus Heitz definitiv ebenbürtig. „Die Elfen“ ist jedoch nur der Anfang, denn neben mir liegt schon der nächste Roman um das edle Geblüt, und bevor ich mich jetzt bezüglich dieser faszinierenden Geschichte noch wiederhole, atme ich noch einmal tief durch und stürze mich sofort in das nächste Abenteuer aus dem Land der Elfen mit dem Titel [„Elfenwinter“. 2185 Und während ich Luft hole, suche ich dann auch noch mal nach weiteren Superlativen, die diesem monumentalen Epos gerecht werden …
Roan ist allein. Eine einzige Nacht des Schreckens hat ihm alles genommen, was ihm lieb und vertraut war, und nichts zurückgelassen als Trümmer und Tod. Noch hat er diesen Schock nicht verwunden, da hat er eine seltsame Vision: Eine Ratte warnt ihn, er solle das Dorf sofort verlassen. Aber es ist bereits zu spät. Ein fremder Mann namens Saint hat ihn entdeckt und nimmt ihn mit.
Fortan lebt Roan bei Saints Gruppe, die sich |Die Brüder| nennt. Sie verehren Saint als einen Propheten. Und Saint scheint wiederum einen Narren an Roan gefressen zu haben. Tatsächlich stellt sich heraus, dass Roan äußerst begabt ist in allem, was er bei den Brüdern lernt. Aber er fühlt sich dort nicht wohl. Sein Gefühl sagt ihm, dass irgendetwas an der ganzen Sache stinkt! Und endlich findet er den Haken. Jetzt bleibt ihm nur noch die Flucht in die Wildnis …
Roan ist ein Junge mit wachem Blick und raschem Verstand. Von Anfang an ist er misstrauisch, was die Brüder betrifft, obwohl er zunächst nicht wirklich weiß, warum das so ist. Doch seine Aufmerksamkeit und seine Beobachtungsgabe liefern ihm eine Menge Hinweise, die sich allmählich immer mehr zu einem konkreten Bild verdichten. Damit bringt er sich in größte Gefahr. Und an dieser Stelle macht es sich bezahlt, dass er seinem Instinkt gefolgt ist und sich stets bedeckt gehalten hat.
Mindestens so groß wie die Gefahr für sein Leben ist jene für seinen Charakter: Die Gewalttat an seinem Dorf hat seinen Rachedurst geweckt. Er will nicht nur seine entführte Schwester befreien, er will auch die Mörder seiner Eltern für ihre Tat bezahlen lassen. Diese Gefühle werden von Saint noch geschürt, er ermuntert Roan, ihnen freien Lauf zu lassen. Roan wandelt am Rande eines Abgrunds, gegen den ihm auch sein Instinkt nicht viel nützt.
Saint ist eine äußerst zwiespältige Figur. Er hasst das Regime, das die Menschen unterdrückt, und will es stürzen. Dass er sich dabei derselben Form von Unterdrückung bedient, gegen die er sich auflehnt, scheint er nicht wirklich begriffen zu haben. Sein Hass ist so groß, dass ihm jedes Mittel recht ist. Roan will er unbedingt als Verbündeten gewinnen, denn dieser hat offenbar einige besondere Fähigkeiten, von denen er selbst noch nichts weiß, eine gewisse Macht, derer Saint sich bedienen will. Deshalb lässt er auch nicht zu, dass Bruder Rabe Roans Unterstützung auf seine Weise gewinnt. Saints Methoden sind allerdings auch nicht geeigneter: Man kann keine Verbündeten gewinnen, indem man sie belügt! Saint versucht da einen Spagat, der von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, weil er offensichtlich keinerlei Vorstellung von der Bedeutung der Begriffe Ehrlichkeit und Vertrauen und den damit verbundenen Zusammenhängen hat. Die Umstände, unter denen er von Geburt an leben musste, haben die Entwicklung dieses Verständnisses offenbar verhindert.
Denn die Welt, die Dennis Foon da entwickelt, ist eine zerstörte Welt. Roans Heimat war nur eine kleine Insel innerhalb dieser Zerstörung. Im Laufe der Geschichte erfährt der Leser, dass es vor einigen Jahrzehnten eine Rebellion gegeben hat, die vom Regime so gnadenlos bekämpft wurde, dass in diesem Krieg nahezu das ganze Land zerstört wurde. Alles ist voller Trümmer und Ruinen, und nicht nur das. Wälder sind abgestorben, die meisten Wasserreserven vergiftet. Es gibt kaum noch Tiere, ausgenommen Krähen, Ziegen und einige mehr oder weniger unangenehme Insektenarten, darunter eine Schneegrille, die es – wie auch immer – geschafft hat, sogar im Winter munter zu sein, und Käfer, die Mor-Ticks genannt werden. Die Zerstörung der Umwelt hat Krankheiten und Missbildungen unter den Menschen zur Folge, aber auch Verrohung bis zur Abartigkeit, wie bei den Bluttrinkern. Was genau geschehen ist, hält der Autor vorerst zurück; Informationen gibt es nur häppchenweise, das Gesamtbild bleibt bruchstückhaft. Eines aber ist klar: Die Welt, die er beschreibt, ist unsere Welt. Nicht im Heute, aber vielleicht im Übermorgen. Mit einer ungewissen Zahl an „über“s.
Foons Geschichte ist Science-Fiction und Fantasy, mehrmals gründlich umgerührt. Die erste Erwähnung von Sonnenkollektoren gleich am Anfang des Buches wirkte so befremdlich auf mich, dass ich den Satz nochmals las! Später begegneten mir Worte wie Motorrad, Plastik und Kraftwerk. Andererseits wird von einem Feuerloch in Roans Dorf gesprochen, das offenbar kochendes Wasser enthielt. Was genau damit gemeint war, erfährt der Leser nicht, nicht einmal, ob es natürlichen Ursprungs war oder nicht. Wer allerdings Worte für Dinge wie Plastik und Motorräder hat, hätte doch sicherlich auch ein Wort für Geysir oder heiße Quelle … Hier zeigt sich der Übergang zur Fantasy. Der ungenaue Begriff verschiebt das Objekt von der Ebene des Fassbaren hin zum Unfassbaren. Den letzten Schritt in diese Richtung stellen die Staubesser dar, die in ihren Träumen andere Orte sehen können und, wie manche sagen, auch die Zukunft. Auch Roan besitzt solche Fähigkeiten, denn in seinen Visionen spricht er mit einer Ratte …
Roans Welt ist eine grausame Welt, in der nicht nur die verheerte und entartete Natur sein Feind ist, sondern auch die meisten Menschen. Die Brutalität und Grausamkeit kommen ganz deutlich zum Ausdruck, in der Beschreibung von Beules Narben, von Roans zerstörtem Dorf oder der Glaskuppel, unter der die Kinder aus Fairview liegen. Es geht aber nicht allein um die Darstellung einer gewalttätigen Welt, sondern auch um die Frage von Gewalt und Gegengewalt, darum, wie mit Gewalt umgegangen wird. Roan ist ein Jugendlicher, noch unfertig und unsicher in seinem Denken, Fühlen und Handeln. Aufgewachsen in einer Umgebung, die Gewalt vollständig ablehnte, wird er völlig unvorbereitet mit ihrer brutalsten Form konfrontiert. Bei den Brüdern lernt er das Kämpfen, mit dem Schwert und ohne dieses. Zu der Antwort auf die Frage, was er letztlich mit dem Gelernten tut, muss er erst einmal einen Weg finden.
„Die Stunde des Sehers“ ist ein Jugendbuch. Das zeigt sich deutlich in der linear verlaufenden Handlung, den kurzen Kapiteln und der zügigen Entwicklung. Dem Autor ist es jedoch gelungen, allzu plötzliche Entdeckungen oder Erkenntnisse zu vermeiden, sodass zu keiner Zeit der Eindruck von übertriebenen Zufällen oder Unwahrscheinlichkeiten entsteht. Gemäß dem wachen Verstand seines Helden lässt er ihn durchaus Antworten auf einige seiner Fragen finden, allerdings längst nicht auf alle, wie es sich für den ersten Band eines Zyklus gehört. Der Leser bleibt mit dem zufriedenen Gefühl zurück, ein wenig mehr zu wissen als am Anfang, und mit einer gehörigen Neugier auf weitere Antworten.
Die Altersempfehlung für dieses Buch lautet ab dreizehn Jahren. Dieses Alter würde ich nicht unterschreiten, auch wenn letztlich die jeweilige Entwicklung des Einzelnen den Ausschlag gibt. Der düstere Grundtenor ist doch sehr stark, auch wenn Roan immer wieder Hilfe findet. Ansonsten ist das Buch interessanter Lesestoff. Alle Elemente fügen sich gut zusammen und ergeben ein stimmiges, wenn auch noch lückenhaftes Bild. Der Held verfügt zwar über ungewöhnliche Fähigkeiten, bleibt aber menschlich genug, dass Jugendliche sich mit ihm identifizieren können, und bietet eine geistige Entwicklung im Verlauf der Handlung, die junge Leser nachvollziehen und nachempfinden können.
Das Buch ist in der Zeitform der Gegenwart erzählt. Vielleicht ein Kniff, um hautnaher zu sein, vielleicht auch nur eine Gewohnheit, denn Dennis Foon hat bisher hauptsächlich Drehbücher und Theaterstücke geschrieben. Gelegentlich wechselt die Handlungsebene von der „Realität“ zu Erinnerungen oder Träumen/Visionen. Die jeweiligen Ebenen sind drucktechnisch unterschiedlich gestaltet, sodass der Leser problemlos folgen kann. Sehr wohltuend, da nahezu fehlerfrei, war das Lektorat, und auch die Bindung war erfreulich gut verglichen mit dem, was ich bei gebundenen Jugendbüchern schon vorgefunden habe.
Dennis Foon wurde in Detroit, Michigan, geboren und lebt seit 1973 in Kanada. Er war Mitbegründer eines Jugendtheaters und schrieb zahlreiche Drehbücher für Film und Fernsehen, u. a. für die TV-Serie „Die Fälle der Shirley Holmes“, aber auch Theaterstücke. Seine Drehbücher und Dramen wurden vielfach ausgezeichnet, für das Stück „Invisible Kids“ erhielt er den British Theatre Award. Der zweite Band des Longlight-Zyklus ist bisher nur auf Englisch erschienen unter dem Titel „Freewalker“ und auf Deutsch für das Frühjahr 2007 angekündigt.
http://www.patmos.de
Band 2: [„Die Stadt der vergessenen Kinder“ 3366
Band 1: [Das magische Juwel 2183
Rowan und Bel haben auf ihrem Weg zu den Staubhöhen die Grenze des Saumlandes erreicht. Das Saumland ist eine äußerst gefährliche Gegend, für eine kleine Gruppe von zweien erst recht. Deshalb wollen die beiden Frauen einen Stamm finden, der bereit ist, sie mitzunehmen. Ein schwieriges Unterfangen, Fremde sind bei den Saumländern wenig erwünscht. Als sie jedoch einem fremden Krieger das Leben retten, wird ihnen endlich Gastrecht gewährt.
Beide Frauen freunden sich rasch mit den Menschen an. Besonders gut versteht Rowan sich mit Fletcher, einem Binnenländer, der als Krieger in den Stamm aufgenommen wurde. Noch weiß sie nicht, dass er Geheimnisse hat, und die meisten sind ziemlich dunkel …
Der Schwerpunkt des zweiten Bandes liegt massiv auf dem Saumland und seinen Bewohnern. Das Bild entsteht vor dem Auge des Lesers auf eine Weise, als würde jemand einen roten Teppich ausrollen. Zuerst die Landschaft mit ihren Pflanzen und Tieren, dann die Saumländer und ihre Kultur. Es ist ein äußerst karges, rauhes Land, durch das Rowan da wandert. Eigentlich können Menschen dort gar nicht leben, denn es wächst nichts, das für Menschen genießbar wäre. Die meisten Pflanzen sind giftig, Wild gibt es keines. Deshalb sind die Stämme Nomaden und leben von ihren Ziegen. Die wiederum ernähren sich mühsam vom Rotgras, was auch nicht wirklich gesund für die Tiere ist. Das Leben im Saumland ist ein ewiger Krieg gegen das Land selbst sowie gegen andere Stämme, vor allem um Weideland. Und auch gegen Kobolde und andere Ungeheuer, die hier vermehrt auftauchen und den Fantasy-Charakterzug des Buches etwas stärker hervorheben.
Dass auf einer solchen Basis keine Hochkultur entstehen kann, ist logisch. Trotzdem sind die sogenannten Barbaren durchaus nicht unzivilisiert. Sie haben ein ein starkes soziales Netz, Arbeitsteilung, Dichtung und Kunst. Und natürlich, wie wir von Bel wissen, ein ausgeprägtes Ehrgefühl. Eine stimmige und auch stimmungsvolle Darstellung eines harten Volkes.
Da Rowan diesmal entgegen ihrer Gewohnheit in einer großen Gruppe reist, tauchen wesentlich mehr Personen auf als bisher. Die Ausarbeitung ist äußerst unterschiedlich von bloßer Erwähnung über ein oder zwei kurze Gespräche bis hin zu immer wieder auftauchend und schließlich wichtig. Die tragenden Charaktere sind auch weiterhin Rowan und Bel.
Neben diesen beiden ist Fletcher entscheidend. Ganz gleich, was geschieht, Fletcher scheint stets damit zu tun zu haben. Entweder ist er persönlich dabei, oder er taucht in irgendeinem Zusammenhang in den Gesprächen mit den Stammesmitgliedern auf. Und mit der Zeit schält sich ein seltsames Bild heraus: An sich ist Fletcher ein gutmütiger Kerl. Er scherzt gerne und begleitet seine Worte mit lebhafter Gestik und Mimik. Bei seinem ersten Auftauchen musste ich an einen Schauspieler denken. Die meisten Angehörigen des Stammes halten ihn, gelinde gesagt, für ziemlich schräg, denn Fletcher hat ein paar seltsame Angewohnheiten. Dazu gehört zum Beispiel, dass er zum Beten das Lager verlässt, um unbeobachtet zu sein. Einige allerdings halten ihn auch für einen Versager, und was die Fechtkunst angeht, trifft das auch durchaus zu. Das Seltsamste allerdings ist, dass er in die unmöglichsten Situationen gerät und über die erstaunlichsten Dinge stolpert, ohne dass ihm je etwas passiert. Der Ausdruck „knapp davonkommen“ ist beinahe schon ein Synonym für ihn.
Ich könnte nicht sagen, dass Fletcher mir unsympatisch gewesen wäre. Er war einfach ein komischer Vogel. Ich weiß nicht mehr, an welcher Stelle mir der Gedanke kam, er könnte ein Verbündeter der Magi sein und wann ich den Gedanken wieder verwarf. Tatsache ist, dass ich unterschwellig ständig damit beschäftigt war herauszufinden, was mit ihm nicht stimmte.
Durch die starke Gewichtung dieser beiden Punkte – die Darstellung des Saumlandes und das Rätsel um Fletcher – geriet die eigentliche Angelegenheit, nämlich die Frage nach dem abgestürzten Leitstern, ziemlich ins Abseits. Sie taucht nur auf, wenn Bel anderen Saumländern gegenüber massiv darauf hinweist, dass das Saumland durch die Magi beziehungsweise Slado bedroht ist, also etwa zweimal. Erst gegen Ende, als sich das Rätsel um Fletcher löst, rückt das eigentliche Rätsel des Zyklus wieder mehr in den Vordergrund. Der Lösung kommt man allerdings kaum näher. Die Andeutung, dass die Magie in Kirsteins Welt ziemlich viel mit Technik zu tun hat, wird jetzt eindeutig; was Slado aber genau bezweckt mit dem, was er tut, ist durchaus nicht so eindeutig, oder zumindest ergibt es keinen Sinn. Was an Antworten hierzu in diesem Band zu holen war, ist bereits recht früh klar und auch recht kärglich, sodass am Ende erneut ein gewisses Gefühl der Enttäuschung zurückbleibt.
Alles in allem entspricht das Niveau dieses Bandes ungefähr dem seines Vorgängers. Das Land und die Kultur der Saumländer sind durchdacht und gelungen, die Fortschritte innerhalb von Rowans Vorhaben dagegen eher mager. Das führte irgendwann zu einem leichten Hänger, an dem ich mich fragte, wann die Autorin wohl mit dem Aufbau ihrer Saumlandkultur fertig wäre und die Handlung sich endlich wieder weiterbewegen würde. Viele Geschehnisse hingen nicht mit dem Grund für Rowans Reise zusammen, sondern mit Fletcher, was gewissermaßen zu einer Handlung innerhalb der Handlung geführt hat. Nun war Fletcher für das Endergebnis des Buches nicht unwichtig, ein wenig Straffung allerdings hätte nicht geschadet.
Ich hoffe also, dass Kirstein im dritten Band ein wenig mehr am eigentlichen Thema bleibt und wenigstens ein paar Informationen über die Magie im Allgemeinen und über die Leitsterne im Besonderen herausrückt, damit der Leser zur Abwechslung mal das Gefühl hat voranzukommen. Allzu große Geheimniskrämerei wirkt frustrierend und nimmt die Lust am Weiterlesen, sofern man nicht gerade an krankhafter Neugier leidet.
Rosemary Kirstein ist Amerikanerin und hat schon in den unterschiedlichsten Berufen gearbeitet. Außerdem ist sie in der Folk-Szene aktiv, spielt Gitarre und singt. Die einzelnen Bände ihres Zyklus |Die Expedition der Steuerfrau| sind mit teilweise erstaunlichem zeitlichem Abstand entstanden. Außer „Das magische Juwel“ ist auf Deutsch bisher nur „Das Geheimnis des Saumländers“ erschienen. Das Erscheinen des dritten Bandes „Der verschwiegene Steuermann“ ist für Mai dieses Jahres geplant, für den vierten Band gibt es noch keine Angaben.
Band 3: [„Der verschwiegene Steuermann“ 2492
Das Buch enthält zwei Geschichten aus der Heftromanserie „Macabros“ aus dem Jahre 1977.
_Das Geheimnis der grauen Riesen_
Dr. Henry Herold stößt im Zuge von Privatforschungen auf ein Dimensionstor, welches ihn zu der Welt der grauen Riesen bringt. Diese Wesen leben in Höhlen, die ihnen als Transporter durch sämtliche Dimensionen dienen. Schon vor Urzeiten hatten sie Kontakt mit den Menschen, diesen aber abgebrochen, da die grauen Riesen mit den Menschen schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Henry Herold informiert seinen Bruder Kenneth von seiner Entdeckung und macht sich mit ihm gemeinsam auf den Weg zu den grauen Riesen. Als sie den Rückweg antreten wollen, gelingt aber nur Kenneth die Reise, Henry bleibt auf der Welt der grauen Riesen verschollen.
Dorthin verschlägt es auch Björn Hellmark, der eigentlich mit dem Lichtwesen D’Dyll auf dem Weg zur Erde ist. Auf ihrer Reise vernimmt D’Dyll plötzlich Signale eines weiblichen Wesens seiner Art und lässt Björn auf der Welt der grauen Riesen zurück. Dort macht der Deutsche eine grauenhafte Entdeckung: Seit Urzeiten bewachen die grauen Riesen einen Gegenstand, den die Schwarzen Priester unter allen Umständen in ihre Finger bekommen wollen: Das Blutsiegel des Molochos, welches Pest und Tod über die Menschen bringen kann …
_Blutsiegel des Molochos_
Björn Hellmark ist auf der Welt der grauen Riesen in Molochos Blutsiegel gestürzt. Sein Geist fährt in den Körper von Chester Morgan, einem Inspektor für außerirdische und ungewöhnliche Angelegenheiten aus dem Jahre 2318. Der hat gerade einen Strahlenunfall hinter sich und wird aus dem Krankenhaus als geheilt entlassen. Kurz darauf wird Morgan zu einem ungewöhnlichen Mordfall gerufen. Der Millionär Fred Cassner wurde ermordet. Mit einem Schwert, welches aus dem Jahr 1495 stammt und erst wenige Wochen alt zu sein scheint. Mit seinem Partner Frankie Lane geht Chester Morgan dem Fall auf den Grund, immer verfolgt von seltsamen Erinnerungen und Visionen eines Mannes namens Björn Hellmark …
|Macabros| zeichnet sich durch einen stark zyklenhaften Aufbau aus, was es dem Leser nicht einfach macht, mit einem Buch zu beginnen, welches mitten in der Gesamthandlung anzusiedeln ist. Doch durch Erklärungen und Einführungen gelingt es dem Autor schnell, dem Leser zu vermitteln, was nun für die vorliegende Story von Belang ist und was nicht. In diesem Band erwartet uns wieder eine gekonnte Mischung aus Fantasy-, Science-Fiction- und Horror-Elementen. Letztere kommen aber nur in der ersten Geschichte und dort zum größten Teil in der Nebenhandlung um Kenneth und Liz Herold zum Tragen, die zu Spielbällen des Schwarzen Priesters werden. Die titelgebenden grauen Riesen sind interessante Geschöpfe, deren Leben zu analysieren sich schon lohnt, und das Blutsiegel des Molochos ist im Prinzip eine Art Büchse der Pandora, welche noch spannende Verwicklungen verspricht. So ganz klar wurde allerdings nicht, weshalb D’Dyll gerade in dem Moment die Signale seiner Partnerin vernahm, als er sich in der Nähe der Welt der grauen Riesen befand. War das nun ein Zufall oder eine Falle? Vielleicht wird dieser Umstand in späteren Romanen noch einmal aufgegriffen.
Weshalb nun ausgerechnet die zweite Story den Titel „Blutsiegel des Molochos“ trägt, ist etwas unverständlich, spielt besagtes Blutsiegel doch in der vorliegenden Story so gut wie keine Rolle mehr, außer, dass Björn hineinfällt und in Chester Morgan wiedererwacht. Darüber hinaus scheint der ganze Roman aus dem Zusammenhang gerissen zu sein, denn eigentlich dreht sich alles um den Mordfall Fred Cassner, und Björn Hellmark wird eigentlich nur am Rande erwähnt und kurz zum Schluss wieder verstärkt zur Sprache gebracht.
Was bleibt, ist ein unterhaltsamer Science-Fiction-Roman, der für seinen geringen Umfang eine ungewöhnlich komplexe Handlung aufweist, die aber zuweilen sehr verwirrend aufgebaut ist und durch schnelle Szenenwechsel, bedeckt gehaltene Aussagen der Charaktere und zu viele Fakten einfach überladen wirkt. Weniger wäre an dieser Stelle einfach mehr gewesen und ein wenig mehr Action hätte der Story sicherlich ganz gut getan. So bleibt ein durchschnittlicher Roman übrig, bei dem man trotzdem gespannt die Fortsetzung der Geschehnisse um Björn Hellmark herbeisehnt.
Die Illustrationen von Pat Hachfeld sind wieder von sehr guter Qualität und insbesondere das Titelbild fällt sofort ins Auge, denn es gibt das Blutsiegel genau so wieder, wie es im Roman beschrieben wird, was dem Leser die Vorstellung dieses Artefaktes enorm erleichtert, und auch wenn der Hintergrund dafür in einem eintönigen Schwarz gehalten wurde, gibt es auf dem Siegel selbst so viel zu entdecken, dass man das gar nicht mehr bemerkt. Hervorzuheben ist bei diesem Buch noch das Glossar, welches bei einer Serie wie „Macabros“ ungleich sinnvoller ist als vergleichsweise bei „Larry Brent“, der ersten Serie des Autors.
Leider wurde auf allgemeine Informationen über die Serie verzichtet; so haben es Neuleser, die noch nie mit Macabros Kontakt hatten, ungleich schwerer, sich zu orientieren und zurecht zu finden als jene, welche die Serie noch aus Zeiten der Heftromane kennen oder durch die Hörspiele des Tonstudios |Europa| bereits Berührung mit Macabros hatten.
Im Ganzen betrachtet, ein abwechslungsreiches und vielschichtiges Buch mit einem faszinierenden Kosmos voller bizarrer Welten und Geschöpfe, welches leider in der zweiten Hälfte erhebliche Mängel in Punkto Serienkontinuität und Storyaufbau aufweist.
http://www.blitz-verlag.de/
_Florian Hilleberg_
|Die Yautja jagen wieder. Doch diesmal müssen die galaktischen Großwildjäger – man nennt sie auch Predatoren – überrascht feststellen, dass die Aliens nicht mehr ganz so einfach zu besiegen sind wie früher. Auf dem „Planet der Jäger“ verhilft ein geldgieriger Geschäftsmann den Hartfleischern zu einem unfairen Wettbewerbsvorteil …|
_von Bernd Perplies
mit freundlicher Unterstützung unseres Partnermagazins http://www.ringbote.de/ _
Machiko Noguchi, die ehemalige Konzernaufseherin des Kolonieplaneten Ryushi, auf dem es nach dem Crash eines Predator-Ritualjagd-Schiffes zu einem Ausbruch von Aliens kam, der die friedliche Farmerkommune in einen Hexenkessel verwandelt hatte, hockt auf dem öden Bergbauplaneten Alistar Drei und langweilt sich zu Tode. Noch vor Monaten war sie eine gefürchtete Kriegerin gewesen, die mit den wildesten Killern der Galaxis, den Yautja, Jagd auf Aliens machte, doch nach ihrer Rückkehr in die menschliche Zivilisation – ein Schritt, der irgendwann unvermeidlich wurde – scheint der Konzern sie einfach nur abgeschoben zu haben.
Da kommt ihr das Angebot von Livermore Evanston wie gerufen. Der gewiefte Geschäftsmann hat fernab der Einflussphäre des Konzerns sein eigenes Paradies verwirklicht: eine perfekte Welt für jagdbegeisterte Touristen mit genmanipulierten Kreaturen für Abenteuerausflüge am Tage und allem Hotelkomfort für die After-Hunt-Party am Abend. Doch seit kurzem treiben sich Fremde auf seiner Welt herum – Predatoren – und Noguchi als Spezialistin auf diesem Gebiet soll sich ihrer annehmen. Gemeinsam mit ihrem treuen Androiden Attila fliegt die „Kleine Klinge“ zum Planet der Jäger.
Dort wird ihr eine rauhe Söldnertruppe unterstellt, darunter der großspurige Daniels und der geheimnisvolle Ned Sanchez, und es wird ein Plan ausgearbeitet, der Bedrohung zu begegnen. Je länger Machiko jedoch auf Livermores Freizeitwelt weilt, desto mehr hat sie das Gefühl, das noch etwas anderes überhaupt nicht stimmt. Warum zum Beispiel existieren diese gesperrten Bereiche der Genlabore, wenn doch Geschöpfe wie ein Tyrannosaurus im offenen Teil der Anlage gezüchtet werden? Was weiß ihr Auftraggeber wirklich über Aliens und Predatoren? Und warum besitzt er eine ganze verborgene Bibliothek über Militärfeldzüge? Als schließlich die ganze Wahrheit ans Licht kommt, muss Noguchi entscheiden, auf wessen Seite sie sich zum Wohl der ganzen Menschheit stellen will.
David Bischoff ist genau der Mann, den man in einer „AvP“-Romanreihe als Autor erwarten würde. Genau wie die Perrys ist er ein Genre-Schreiber durch und durch, hat für „Star Trek“ geschrieben, für „Farscape“, für „Sea Quest“ und auch ein „Alien“-Einzelwerk verfasst. Hier schließt er auf 279 Seiten recht nahtlos an [„Beute“ 2131 von Steve und S. D. Perry an, überspringt dabei nur die Zeit, die Noguchi zwischen Ryushi und Alistar Drei bei den Yautja verbracht hat – sicher zum Unwillen manch eingefleischter Predator-Fans. Die Geschichte ist an sich nicht schlecht und baut weniger auf bekannte Standardsituationen auf als der vorangegangene Roman, auch wenn einen natürlich die ruppigen Söldner, der hilfreiche Androide und der windige Konzernmann alle ein bisschen an „Aliens“ von James Cameron erinnern – ist aber ein völlig anderes Setting.
Gerade Attila der Androide bringt ein bisschen Farbe in den Charakterreigen und entwickelt sich zum heimlichen Star der Story, auch wenn seine Vorgehensweise gegen Ende ein bisschen „kopflastig“ ist. 😉 Noguchi ist derweil zur harten Kriegerin gereift (Ripley-Style, nur exotischer), die vor kaum noch etwas Angst hat und den Weichbrötchen um sie herum erstmal zeigt, wie es in der Welt der Yautja so zugeht. Ein bisschen irritierend mag manchem der Wandel von der eher spröden, von Schuld geplagten Konzerndame hin zur gefühlsbetonten, wilden Kriegerin erscheinen, doch ich denke, angesichts des ebenso gewandelten Weltbildes und Selbstverständnisses von Noguchi ist dies durchaus erklärbar. Ganz nett sind die Rückblicke in ihre Zeit mit den Predatoren, die weitere Details über die Gesellschaft und Denkweise der Yautja verraten. Stilistische Experimente, wie die Ich-Perspektive eines Jägers, gibt es diesmal allerdings nicht.
Ein bisschen ärgerlich ist allgemein die Kräfteverteilung der Aliens und Predatoren: die insektoiden Bestien werden fast durch die Bank als zwar gefährliches, aber letztlich doch völlig unterlegenes Wild beschrieben. Selbst in Paul W. S. Andersons Kinofilm kommen die Aliens besser weg. Diese bei aller Betonung der Exotik und der tumben Brutalität doch deutliche Bewunderung der Autoren für die Predatoren stößt mir als altem Alien-Fan ein bisschen auf. Aber gut: Die Gretchenfrage, ob die Aliens oder die Predatoren die cooleren Monster sind, muss jeder Leser für sich selbst entscheiden.
_Fazit:_ Mit „AvP 2: Planet der Jäger“ ist David Bischoff eine ordentliche und durchaus lesbare Fortsetzung von „Beute“ gelungen. Am Anfang zieht sich die Story zwar noch ein wenig, doch im Laufe der Handlung kommt durchaus Schwung auf. Alien-Fans werden ein bisschen enttäuscht sein von der vergleichsweise kleinen Rolle der Xenomorphen in der Geschichte, Predator-Fans hätten sich vielleicht ein paar mehr Details in Bezug auf Vokabular und Ausrüstung der Jäger gewünscht und das Ende ist irgendwie etwas befremdlich. Für Freunde des Franchises ist der Roman trotzdem zu empfehlen. (Es gibt wenig genug davon …)
Nach drei erfolgreichen sechsbändigen Taschenbuchzyklen aus dem sogenannten „Perryversum“ bringt der Heyne-Verlag momentan einen dreibändigen Zyklus heraus, der inhaltlich ähnlich umfangreich sein soll wie seine Vorgänger. Als Autoren konnte die Perry-Rhodan-Redaktion den PR-Autor und –Redakteur Frank Borsch, den Autor und Übersetzer Andreas Brandhorst sowie den Autor Marc Hillefeld gewinnen; für Letzteren ist es der erste Ausflug in den Rhodan-Kosmos.
Die Geschichte beschäftigt sich mit dem „Sporenschiff“ PAN-THAU-RA, das erstmals in den 1000er-Bänden der Serie auftauchte. Es handelt sich um ein gigantisches Raumschiff, das von höheren Mächten benutzt wurde, um Lebenssporen im Universum zu „sähen“. Die damals beruhigten außerirdischen Loower sind ebenfalls wieder mit von der Partie.
Wem die „größte Science-Fiction-Serie der Welt“ (gemeint ist die Perry-Rhodan-Serie) kein Begriff ist, der findet im Anhang des vorliegenden Romans einen kurzen einführenden Abriss, allerdings sind die Romane auch gut eigenständig lesbar.
Die Handlungszeit ist dicht an der aktuellen angesiedelt, spielt quasi zwischen dem „Sternenozean“- und dem aktuellen „Terranova“-Zyklus. Borsch spult seine Erzählung dreigeteilt ab: Da ist die Loowerin An-Keyt, einfache Soldatin und Zweidenkerin, mit vielen Millionen Artgenossen und Robotern als „Krieger für das Leben“ dabei, das Sporenschiff zu erobern. Dann der terranische Botschafter auf der Hochschwerkraftwelt Oxtorne, durch den man mehr über die Mentalität der Oxtorner allgemein erfährt (so scheinen Gestalten wie Omar Hawk Ausnahmen zu sein) und dessen Missgeschick ihn auf die Fährte der „Trümmerflotte“ bringt. Seine Geschichte geht in die Erzählung um Perry Rhodan über, als die Trümmerflotte den Schiffen der Oxtornischen Heimatflotte nahe kommt und Rhodan als Terranischer Resident versucht, ihre Identität und Absichten herauszufinden und Übergriffe auf Milchstraßenvölker zu verhindern – was angesichts der anscheinend überlegenen Waffensysteme der Fremden eine große Gefahr darstellt.
Die dritte Ebene ist das Vernehmungsprotokoll eines Eisweltbewohners durch einen terranischen Agenten. Im Verlauf dieser Vernehmung erzählt der Junge Yun von der Welt Snowflake über die Geschehnisse, die sich unmittelbar vor der Vernichtung des Planeten durch die Trümmerflotte ereigneten und möglicherweise eine Beziehung zu den Fremden herstellen.
Es ist klar, dass noch einiges an Erzählung nötig ist, um die Geschichte befriedigend zu entwickeln. Borsch spinnt aus den verschiedenen Ebenen nach und nach ein spannendes, zusammenhängendes Netz, in dem die Geschichte über die hervorragenden Charaktere vermittelt wird. Vor allem die Vernehmung Yuns scheint anfangs völlig zusammenhangslos, wie um eine Lücke zu füllen, und uninteressant abgewickelt zu werden, gewinnt aber mit der Zeit an Charme und Inhalt und weckt das größte Interesse. Schließlich avanciert sie sogar zum faszinierendsten Teil des Romans, was sowohl der Person Yun als auch dem rätselhaften Volk der Tring (so der Kunstname der Ureinwohner Snowflakes) zugeschrieben werden kann. Bleibt zu hoffen, dass einige der Rätsel um die Tring noch gelöst werden und das Volk nicht nur nach seiner Einführung durch Borsch im Nirwana des Perryversums verschwindet, wie so viele interessante Völker vor ihm.
Ob Yun selbst weiterhin eine Rolle zugeteilt bekommt, bleibt fraglich, da er zwar in Verbindung mit den Oxtornern steht, allerdings ist es sein Begleiter und Partner Shon Leehan, der mit dem Verschwinden Perry Rhodans zu tun zu haben scheint.
Den Oxtornern verleiht Borsch ein neues Gesicht, das erstmal verdaut werden muss. Nach seiner Version halten sie sich für derart überlegen, dass sie auf ihren Raumschiffen sogar auf Schutzmechanismen wie Medoroboter und Prallfelder (und natürlich Raumanzüge) verzichten. Mit diesem wichtigen Element der Geschichte schafft Borsch Platz für seine Protagonisten – es sei dahingestellt, ob es dem Charakter der Oxtorner entspricht: Sicherlich zwar nicht den bisher Bekannten (zumeist Einzelgänger, Agenten der USO etc.), aber Borsch stellt diese Persönlichkeiten auch als Ausnahme dar. Bleibt abzuwarten, ob sich die oxtornischen Protagonisten dieser Geschichte nicht auch als Ausnahmen erweisen.
Warum führen die Loower in der PAN-THAU-RA ihren „Kampf für das Leben“ mit größter Brutalität, nach dem Motto „erst schießen, nicht fragen“? Borsch zeigt aus der Sicht der einfachen Soldatin An-Keyt, wie sich allmählich Zweifel an ihrem Tun einnisten, erst recht, als man bemerkt, dass sich der Gegner wenig bis gar nicht zu verteidigen in der Lage ist. Hervorragend erzählt Borsch ihre Tragik und ihre Beweggründe und bringt dem Leser neue Fragen, um deren Lösung es in dem Zyklus gehen wird. Trotzdem bleibt die Ebene mit Yun die weitaus faszinierendste, die hoffentlich nicht auf diesen ersten Roman beschränkt bleibt.
Fazit
Was die Rhodan-Serie zum großen Teil ausmacht, nämlich faszinierende Charaktere in kosmischen Geschichten, findet in Borschs Roman eine sehr gute Umsetzung. Der etwas schwache Anfang ist nicht ausschlaggebend für den Lesegenuss. Ein sehr schöner Auftakt für den Zyklus, der im zweiten Band von Andreas Brandhorst mit Sicherheit noch an Qualität gewinnen wird.
Weitere Informationen zu Perry Rhodan gibt es unter http://www.perry-rhodan.net/ oder http://www.perrypedia.de.
Band 2: »Die Trümmersphäre«
Band 3: »Die Quantenfestung«
Rowan ist eine Steuerfrau. Der Orden der Steuerfrauen hat sich dem Wissen verschrieben, und so ist Rowan seit Beendigung ihrer Ausbildung auf Reisen. Die Entdeckung eines eigenartigen blauen Juwels hat ihre Neugierde geweckt, nun versucht sie, der Herkunft der Steine auf die Spur zu kommen, indem sie andere befragt, die ebenfalls welche gefunden haben. Denn das ist das Besondere an den Steuerfrauen: Jeder steht ihnen Rede und Antwort. Im Austausch beantworten die Steuerfrauen jede Frage, die ihnen gestellt wird, so gut sie können. Und sie sagen immer die Wahrheit.
Diesmal allerdings hat Rowan mit ihren Fragen offenbar in ein Wespennest gestochen! Nicht nur, dass sie mitten in der Nacht von einen Mann mit einem Schwert angegriffen wird, in der Hafenstadt Donner wird ihre Herberge kurz vor Sonnenaufgang von einer Horde Drachenschlüpflinge überfallen und restlos niedergebrannt! In Rowan keimt der Verdacht, dass jemand ihre Nachforschungen unterbinden will. Umso entschlossener ist sie, das Rätsel zu lösen. Dafür verlässt sie sogar den Orden der Steuerfrauen. Denn um sich vor ihren Verfolgern zu verbergen, ist sie gezwungen zu lügen …
Rowan ist eine sehr selbständige und unabhängige Person. Am liebsten reist sie allein. Zu ihrer Ausbildung gehörte auch der Schwertkampf, sodass sie durchaus in der Lage ist, sich gegen die wenigen Personen, die einer Steuerfrau das Gegenteil der üblichen Achtung entgegenbringen, ihrer Haut zu erwehren. Die junge Saumländerin allerdings, die sie im Gasthof nach ihrem Juwelengürtel befragte, hat es ihr irgendwie angetan. Also erlaubt sie ihr, sie zu begleiten. Bald sind die beiden gute Feundinnen. Denn im Grunde ist Rowan eine weichherzige, freundliche Frau. Ihre herausragendsten Eigenschaften jedoch sind ihr rascher Verstand und ihre Wissbegierde.
Bel, die junge Barbarin, die Rowan neuerdings begleitet, ist in erster Linie Kriegerin. Rowans Einstellung zu vielen Dingen kann sie des Öfteren nicht ganz folgen, und gelegentlich nimmt sie sich die Freiheit, ihr den Kopf ein wenig zurechtzurücken. Abgesehen davon ist sie äußerst anpassungsfähig, gleichzeitig klug und fast so neugierig wie Rowan selbst.
Die beiden ergänzen sich wirklich gut. Willam wirkt da ein wenig wie ein Anhängsel. Die beiden Frauen haben den Vierzehnjährigen auf ihrem Weg nach Osten aufgegabelt. Er ist auf der Suche nach einem Magus, der bereit ist, ihn als Lehrling anzunehmen. Bauern- oder Handwerksburschen nehmen die Magi allerdings normalerweise nicht als Lehrlinge an, ganz im Gegensatz zu den Steuerfrauen, die ihr Wissen mit jedem teilen, der sich dafür interessiert. Immerhin hat Willam es bereits geschafft, sich ein wenig Magie selbst beizubringen, dumm ist er also nicht. Er sagt aber auch nicht immer die Wahrheit, wie Rowan und Bel ziemlich schnell bemerken. Im Gegenzug merkt auch Willam, dass mit seinen neuen Reisebegleiterinnen etwas nicht stimmt. Vor allem Rowan kann er nicht ausstehen. Es dauert eine ganze Weile, bis die drei sich zusammenraufen.
Abgesehen von diesen drei Hauptpersonen sind die Magi interessant. Die Magi sind ein recht eigenbrödlerischer Haufen, sie grenzen sich von allen ab, auch untereinander. Ihr Wissen geben sie nur an ihre Lehrlinge weiter. Nach welchen Kriterien genau diese ausgewählt werden, worin das Wissen der Magi genau besteht und was sie damit tun, weiß niemand. Auch nicht die Steuerfrauen! Denn die Magi weigern sich, den Steuerfrauen zu antworten, was zu einer recht gespannten Situation geführt hat. Die Steuerfrauen ihrerseits beantworten nur die Fragen von Leuten, die auch die Fragen der Steuerfrauen beantworten. Das schert die Magi wiederum wenig.
Beim Volk sind sie ebenfalls nicht sehr beliebt. Sie sind in zwei Gruppen gespalten, Rote und Blaue, und überziehen das Land regelmäßig mit Krieg. Damit nicht genug, wechseln einige von ihnen offenbar ständig die Fronten. Einer von ihnen scheint besonders unangenehm zu sein, Abremio, der seine Domäne in Willams Heimat hat. Corvus dagegen scheint zumindest vernünftigen Argumenten zugänglich zu sein. Denn befehlen lassen die Magi sich nicht. Eigentlich …
Kirsteins Helden sind wohltuend durchschnittlich. Keiner von ihnen ist umwerfend schön, außerordentlich begabt oder auf sonst eine Weise hervorragend. Es gibt auch keine Prophezeiung, welche die Handlung oder Charaktere in irgendeine Richtung zwingt. Zur Abwechslung ist es mal ganz angenehm, von Leuten zu lesen, die nicht vom Schicksal in ihre Rolle gepresst wurden, sondern ihre Entscheidungen aus freiem Willen treffen. Bisher geht es auch noch nicht darum, die Welt zu retten; wobei sich die Angelegenheit durchaus noch in diese Richtung entwickeln könnte.
Vorerst will Rowan lediglich etwas herausfinden. Das verleiht dem Ganzen einen Hauch von Detektivgeschichte. Die Fantasyelemente beschränken sich auf die Magie und den kurzen Auftritt der Drachen. Eine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten Genre fällt daher schwer, was mich persönlich aber nicht störte.
Die Handlung an sich verläuft eher ruhig. Dass jemand Rowan an ihrem Tun hindern will, auch durch Gewaltanwendung, sorgt zwar für ein wenig Action, insgesamt trägt sich das Geschehen aber mehr durch Neugierde als durch Spannung. Der Hauptansatz liegt dabei in dem blauen Juwel, an dem wohl irgendetwas Besonderes sein muss, wenn jemand sich solche Mühe gibt, Rowan auszuschalten. Abgesehen davon will der Leser natürlich auch noch wissen, was mit Janus geschehen ist, wer Slado ist und was die Magi eigentlich die ganze Zeit so treiben … Im Laufe der Geschichte werden allerdings wesentlich mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Das mag manch einer als ziemlich unbefriedigend empfinden, zumal das Buch mit seinen gerade mal vierhundert Seiten recht kurz ausgefallen ist. Andererseits ist es nicht in sich abgeschlossen, sondern nur der erste Band eines Zyklus, und in dem Gespräch zwischen Rowan und dem Magus Corvus werden einige Dinge erwähnt, die ziemlich deutlich auf die zunehmende Ausweitung des Geschehens hinweisen.
Im Grunde ist dieser Band nicht mehr als die Einleitung. Entgegen meiner Befürchtung lag das diesmal aber nicht am Verlag. Am Ende des Buches sieht der Leser sich durchaus interessanten Aussichten gegenüber. Kirsteins Ideen haben noch eine Menge Potenzial für weiteren Ausbau, ihre Charaktere sind sympatisch. Die Mischung aus Fantasy und „Schnüffelei“ war so ausgewogen, dass ich das Ganze als angenehme Abwechslung empfand. Als mitreißend oder fesselnd kann man die Geschichte nicht bezeichnen, gerade im Vergleich beispielsweise zu Clemens‘ Hexenzyklus, den ich unmittelbar davor zu Ende gelesen hatte. Interessant fand ich sie trotzdem; bisher mag der Zyklus nicht zu den absoluten Rennern gehören, aber man kann ihn durchaus mit Gewinn lesen.
Rosemary Kirstein ist Amerikanerin und hat schon in den unterschiedlichsten Berufen gearbeitet. Außerdem ist sie in der Folk-Szene aktiv, spielt Gitarre und singt. Die einzelnen Bände ihres Zyklus |Die Expedition der Steuerfrau| sind mit teilweise erstaunlichem zeitlichem Abstand entstanden. Außer „Das magische Juwel“ ist auf Deutsch bisher nur „Das Geheimnis des Saumländers“ erschienen. Das Erscheinen des dritten Bandes „Der verschwiegene Steuermann“ ist für Mai dieses Jahres geplant, für den vierten Band gibt es noch keine Angaben.
Band 2: [„Das Geheimnis des Saumländers“ 2200
Bernhard Hennen hat sich mit der Fortsetzung zu seinem Erfolgsroman „Die Elfen“ nicht viel Zeit gelassen. Gerade einmal ein Jahr und zwei Monate hat es gedauert, bis er die Geschichte aus dem Elfenland nun mit einem weiteren Abenteuer weiterführt, und dieses Mal hat der Autor, der seit Beginn der Neunzigerjahre aktiv ist und auch schon vereinzelte Erzählungen und Abenteuer zu „Das schwarze Auge“ sowie Romane in „Magus Magellans Gezeitenwelt“ verfasste, die gesamte Arbeit im Alleingang erledigt. Ohne die Schützenhilfe seines vorherigen Schriftsteller-Partners James Sullivan hat Hennen mit „Elfenwinter“ eine recht düstere Fortsetzung kreiert, die jedoch nur an gewissen Eckpunkten etwas mit dem Vorgängerband gemeinsam hat. Die drei Hauptcharaktere aus „Die Elfen“ sind in diesem Buch nur noch Randgestalten, von denen der Mensch Mandred noch die wichtigste Rolle übernimmt; schließlich ist sein Sohn nun eine der Heldenfiguren. Ansonsten kann die Erzählung aber komplett für sich alleine stehen, weil die Handlungsebenen teilweise völlig verschieden sind und auch die Konflikte von einem ganz anderen Ausmaß sind bzw. in ganz anderer Form ausgetragen werden. „Elfenwinter“ erzählt nämlich in erster Linie von einem ziemlich brutalen Krieg gegen die Armee der Trolle und ist nur noch zweitrangig ein Abenteuer. Doch Fans des ersten Bandes brauchen sich deswegen noch lange keine Sorgen zu machen, denn „Elfenwinter“ ist sogar noch spannender als die erste Geschichte dieser Reihe und trotz der erneut umfangreichen Darstellungen auch ein ganzes Stück gradliniger als „Die Elfen“.
_Story_
Als Herrscherin der unsterblichen Lande ist die Elfenkönigin Emerelle nicht überall sonderlich beliebt. Die Anführerin des Volkes der Elfen ist in Vergangenheit vor allem deswegen in Ungnade gefallen, weil sie die mächtigen Vertreter ihrer Zunft übervorteilt hat, um so auch ihren eigenen Rang nicht zu gefährden. Damit einher sind schließlich aber auch einige Anschläge gegangen, denen die Königin jedes Mal nur knapp entrinnen konnte.
Aus diesem Grund versucht Ollowain, der Befehlshaber der königlichen Leibwache, seine Vorgesetzte auch von ihrem Vorhaben abzuhalten, persönlich das Fest der Lichter zu besuchen. Ollowain ist sich sicher, dass einer der Elfenfürsten die Mordanschläge geplant hatte und nun eine weitere Chance sieht, sich der Königin endgültig zu entledigen. Doch ihre Starrsinnigkeit siegt, und Emerelle besucht als Ehrengast des große Volksfest, jedoch nicht ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen seitens ihres Beschützerstabs. Ollowain hat nämlich in der jungen Bogenschützin Silwyna eine weitere Verbündete gefunden, die für den Schutz Emerelles sorgen soll. Trotzdem aber fällt die Königin einem weiteren Attentat zum Opfer und erliegt ihren Wunden.
Für die Trolle, die seit geraumer Zeit auf den Sturz der Königin und eine erneute Gelegenheit zum Angriff warten, scheint nun der Zeitpunkt der Rache gekommen zu sein, um an den Elfen, die ihnen ihr Land geraubt haben, Vergeltung zu üben. Und auch die rebellischen Elfenfürsten fühlen sich stärker als je zuvor und bejubeln die Machtergreifung. Doch ihr Jubel ist nur von kurzer Dauer, denn nach genauerer Untersuchung stellen sich die Toten als Doppelgänger der anvisierten Opfer heraus, und noch in der gleichen Nacht begibt man sich auf die Jagd auf die verschwundene Elfenkönigin und ihren Stab.
Diese hingegen sind ins Land der Menschen geflüchtet und erhoffen sich Zuflucht bei Mandreds Sohn Alfadas, der seine gesamte Jugend im Reich der Elfen verbracht hat. Alfadas ist zwar nicht begeistert von der Ankunft seiner ‚Gäste‘, nimmt diese jedoch trotzdem bei sich auf. Besonders das Erscheinen seiner ehemaligen Geliebten Silwyna ist ihm ein Dorn im Auge, zumal Alfadas mittlerweile eine Familie gegründet und die Liebschaften der Vergangenheit vollkommen verdrängt hat. Silwynas Rückkehr bringt ihn aber erneut in einen Herzenskonflikt, der im Laufe der Zeit immer schwerwiegender wird.
Auf Geheiß seines Königs Horsa wird Alfadas schließlich komplett von seiner Vergangenheit eingeholt: Er soll gemeinsam mit den Elfen in deren Welt zurückkehren, um dort die aufständigen Trolle zu bekämpfen und den Frieden zu sichern. Doch mit der Abreise seines Herres bringt er auch die Welt der Menschen in Gefahr, denn diese sieht sich plötzlich mittendrin in einem Machtkampf, der selbst vor unschuldigen Leben keinen Halt macht und den Krieg über die Grenzen hinaus bis in das einst friedliche Land Alfadas‘ bringt.
_Meine Meinung_
Bevor ich mit diesem Buch begonnen hatte, dachte ich eigentlich, dass hier die Geschichte von Mandred und seinen beiden Freunden aus dem Land der Elfen fortgesetzt wird, und irgendwie habe ich auf das Auftreten der bereits bekannten Helden auch im Laufe des ersten Viertels der Handlung noch irgendwie gehofft. Andererseits ist die Erzählung in diesem Fall auch um einiges härter und definitiv grausamer als der Plot von „Die Elfen“, und somit waren auch gänzlich andere Charaktere vonnöten. Nuramon und Farodin, die Elfen aus dem ersten Buch, waren dann doch etwas zu melancholisch, als dass sie die geeigneten Personen für den Kampf gegen die Trolle gewesen wären, und daher eignen sich neue Charaktere wie Ollowain und Alfadas sicherlich besser. Und dennoch hat man irgendwie den Eindruck, als wäre die Geschichte um die beiden ‚alten‘ Elfen noch nicht zu Ende erzählt, aber dies kann ja eventuell im geplanten dritten Band „Elfenlicht“ noch geschehen.
Losgelöst von diesen Gedanken war es aber dieses Mal trotzdem nicht ganz so leicht, einen sofortigen Zugang zur Handlung zu bekommen. Das mag einerseits sicherlich an der eigenen Erwartungshaltung gelegen haben, andererseits aber auch daran, dass Hennen bei „Elfenwinter“ auch unumgänglich mehr Zeit benötigte, um die passende Rahmenhandlung auzubauen und die Situation in ihrer Gesamtheit vorzustelllen. Wenn man nun also nach einhundert Seiten immer noch glaubt, man ist nicht richtig ‚drin‘, dann ist das keinesfalls ungewöhnlich, sondern einfach nur ein Nebeneffekt von Hennens detailreichen Schilderungen, die auch dieses Mal trotz ihrer zwischenzeitlichen Langwierigkeit ganz klar zu den Stärken des Krefelder Autors zu zählen sind. In diesem Fall erweitert Hennen den Facettenreichtum jedoch noch um weitere Nuancen. Es sind nicht nur die Charakterzeichnungen und Landschaftsmalereien, die hier sehr umfangreich zelebriert werden, sondern vor allem auch die Schilderungen der Kriegsszenarien mit all ihrer Grausamkeit – angefangen bei der grundlegenden Schlachtthematik bis hin zu den abscheulichen Riten der Trolle. Hier sind dann auch einige Parallelen zu seinen Frühwerken im Bereich des Rollenspiel-Epos [„Das Schwarze Auge“ 2110 zu erkennen, bei denen die Kampfszenen ja ebenfalls eine wesentliche Rolle übernahmen.
Auf der anderen Seite hat „Elfenwinter“ ein wenig von der Eigenwilligkeit seines Vorgängers eingebüßt. Bemühte sich Hennen zusammen mit seinem Co-Autor James Sullivan in „Die Elfen“ noch darum, dem Genre durch vollkommen neue Elemente eine Frischzellenkur zu verpassen, ist das neue Buch im Grunde genommen ein recht gewöhnlicher Fantasy-Roman, der sich allerdings durch eine fabelhafte Handlung von der breiten Konkurrenz abhebt. Was halt nur fehlt, sind weitere neue Elemente, wie sie im Vorgänger zum Beispiel durch die Zeitsprünge gegeben waren. Stattdessen setzt der Autor so manches Mal auf Klischees wie etwa bei der seltsamen Beziehung zwischen Alfadas und der mysteriösen Silwyna, die aber wegen ihrer stets gelungenen Umsetzung trotz allem prima zur Erzählung passen. Lediglich die Einbeziehung einer Schamanin darf als neuer, frischer Aspekt gewertet werden, den Hennen ebenfalls sehr gut umsetzt.
Zum Schluss habe ich dann aber doch noch einen Kritikpunkt anzubringen, der sich vornehmlich auf den Titel des Buches bezieht. Natürlich war bereits der Name des ersten Buches aufgrund von Erfolgsepen wie „Die Orks“ und „Die Zwerge“ kalkuliert, passte aber auch zur Handlung, weil es eben ausschließlich um das Volk der Elfen ging. Dieses Mal stehen die Elfen aber nicht mehr einzig und alleine im Mittelpunkt; vielmehr geht es hier um den Kampf zwischen Gut und Böse, bei dem die Elfen zwar auch keine unwichtige Rolle spielen, andererseits aber auch keine höhere Position einnehmen als die Trolle oder die Menschen. Würde man also den Namen eines dieser Völker auf dem Cover finden, wäre das ebenfalls gerecht. Aber gut, es sei dem Verlag gegönnt, dass er auf dem bewährten Erfolgsrezept aufbaut, auch wenn die Handlung kein direkter Nachfolger zur Story von „Die Elfen“ ist.
Es bleibt nun abzuwarten, ob Hennen wie geplant seine Elfenromane zur Trilogie ausweitet. Angesichts des erneut superben neuen Buches wäre dies jedenfalls äußerst wünschenswert, denn es gibt nur wenige Romane von dieser Länge, bei denen man das Buch niemals aus der Hand legen möchte. Es ist jedenfalls nicht gewöhnlich, dass man plötzlich aufsieht, 400 Seiten am Stück gelesen und die Zeit dabei völlig außer Acht gelassen hat. Solche Begebenheiten zeichnen echte Klassiker dieses Genres erst aus, und diesbezüglich erfüllt der zweite Elfenroman wirklich alle Kriterien. Zudem ist es nicht dringend erforderlich, den ersten Roman bereits zu kennen – es ist höchstens hilfreich -, gerade weil sich die grundlegende Thematik in eine andere Richtung bewegt.
Bessere Voraussetzungen könnte ich mir persönlich dann auch gar nicht mehr vorstellen, um einen solchen Roman zu empfehlen. Bernhard Hennen weiß erneut zu begeistern und hat das Genre mit einem weiteren Meisterwerk beglückt. Kaum ein Autor vermag es, eine spannende Handlung so umfassend darzustellen, ohne die Geschichte dabei zu bremsen, wie es der Schöpfer von „Elfenwinter“ schafft. Und aus diesem Grunde sollten sich Fans jeglicher Fantasy-Sub-Genres auch mit diesem Buch beschäftigen, denn hier trifft man alle Facetten in gebündelter Form an.
http://www.bernhard-hennen.de/
[Das Buch des Feuers 969
[Das Buch des Sturms 996
[Das Buch der Rache 1007
[Das Buch der Prophezeiung 1775
Die Expeditionen, die im vierten Band ausgezogen waren, um die Wehrtore des Greifen, des Basilisken und des Mantikor zu zerstören, haben ihre Aufträge erfüllt. Allerdings nicht, ohne einen hohen Preis zu bezahlen! Die El’ven haben ihre Königin und ihre Heimat in den Wolken verloren. Das Volk ist versprengt, und Merik kann nur einen Teil der Windschiffe wieder um sich versammeln. Der Kampf gegen den Greifen hat Mikelas und Krals Leben gefordert. Ferndals und Mogwieds Körper wurden zu einem gemeinsamen zusammengeschmolzen, den sie sich nun teilen müssen. Am schlimmsten jedoch hat es Elenas Bruder Joach getroffen. Er wurde nicht nur von Greschym seiner Jugend beraubt, er hat auch Kesla verloren, in die er sich verliebt hatte.
Nun bereiten sich die Verbündeten auf den Endkampf mit dem „schwarzen Herzen“ vor. Im nächsten Frühjahr wollen sie angreifen. Da platzt ein kleiner, blasser Mann im Narrenkostüm in eine Beratung und erklärt, dass sie nur noch einen Monat Zeit haben!
Dazu kommt eine Hiobsbotschaft von Merik: Ein Windschiff ist abgestürzt, und Kast und Saag’wan haben im Rumpf Eier aus Schwarzstein entdeckt! Daraufhin setzt geschäftiges Treiben ein. Die Strategen planen den Angriff auf Schwarzhall, Saag’wan und die Gelehrten A’loatals versuchen, das Geheimnis des Eis zu lösen. Sie beschließen, es zu öffnen. Ein folgenschwerer Fehler …
Währenddessen sind Elena, Er’ril, Joach, Merrik und Ni’lahn im Hof versammelt und beobachten, wie Ni’lahns Sohn Rodricko für seinen Baum das Erweckunslied singt. Gleichzeitig ist Greschym am Mondsee, einem magischen Ort, damit beschäftigt, seinen Knochenstab mit Elementarmagie aufzuladen.
Zwischen beiden Ereignissen entsteht eine Energiebrücke, die sämtliche Anwesenden außer Rodricko aus dem Garten zum Mondsee katapultiert, mit verheerender Wirkung für den See und seine Umgebung. Die Si’lura, die in diesem Teil der Wälder leben, sind darüber äußerst aufgebracht und nehmen die Gefährten gefangen …
Tol’chuk ist derweil mit Ferndal, Mogwied, Mama Freda und El’ven Kapitän Jerrick auf dem Weg in seine Heimat, um den geheilten Herzstein zurückzubringen. Bei ihrer Ankunft müssen sie feststellen, dass einer der Oger-Stämme unter einem unheilvollen Einfluss zu stehen scheint …
Und zu allem Übel ist die Zwergenarmee, die eigentlich auf dem Landweg nach Schwarzhall marschieren sollte, aus irgendeinem Grund nicht mehr aufzufinden. Als Tyrus sie endlich entdeckt, trifft ihn fast der Schlag!
Im letzten Band seines „Hexenzyklus“ kommt Clemens noch einmal richtig auf Touren. Schon den gesamten Zyklus über standen seine Protagonisten unter Druck. Den hat der Autor im letzten Band nochmal um eine Stufe erhöht, indem er der Gruppe kaum noch Zeit lässt und sie so zu überstürztem Handeln zwingt. Abgesehen davon müssen die Verbündeten sich jeden Fußbreit hart erkämpfen. Immer wieder zwingen unvorhergesehene Ereignisse dazu, in eine andere Richtung auszuweichen. Kaum ist eine Schwierigkeit überwunden, kommt schon die nächste daher!
Das zähe Ringen um jeden Zentimeter Boden wird in diesem Band für den Leser besonders hautnah. Clemens erlaubt seinen Charakteren so viele Gefühlsäußerungen wie nie zuvor. Besonders Elena bricht unter ihrer Angst und der Last der Verantwortung fast zusammen. Zudem hat er im Laufe der Ereignisse eine Menge Pärchen zueinander finden lassen: allen voran natürlich Elena und Er’ril sowie Cassa Dar und Jaston, Saag’wan und Kast, Merrik und Ni’lahn, Mama Freda und Jerrick …
Jetzt, wo es ums Ganze geht, konfrontiert der Autor seine Leser gnadenlos mit der Sorge dieser Personen um den/die jeweiligen Geliebten, mit Angst, Verlust und Schmerz. Auch die ständigen Hinweise auf Verwüstung und Zerstörung, die Ausführungen, die mit Schwarzhall und dem Krater in Wintershorst zusammenhängen, Svesa’kofas Mitteilung an Elena, das alles dient dazu, die Stimmung immer düsterer und unheilschwangerer zu gestalten. Außerdem droht noch immer Verrat aus den eigenen Reihen!
Trotz der vielen Stolpersteine und Umwege bleibt der vage Eindruck eines Hindernisrennens, der dem Vorgängerband anhaftete, aus. Das mag daran liegen, dass der Aufbau bei diesem letzten Bandes wesentlich komplexer geraten ist als beim vierten. Die verschiedenen Handlungsstänge laufen nicht einfach parallel zueinander, sondern es teilen sich Fasern ab, um sich mit anderen Strängen zu verbinden, oder es treffen sich Stränge, um fortan gemeinsam zu verlaufen, wobei die Bündelung zum Ende hin natürlich stetig zunimmt. Zudem ist Clemens wieder zu seiner Gewohnheit zurückgekehrt, Handlungsstränge immer gerade an den heikelsten Stellen zu unterbrechen.
Zusätzlich zu dem Aufwand, den die Zusammenführung aller Fäden bedeutet, hat Clemens auch noch einige neue Ideen in seine Erzählung einfließen lassen, darunter der Nexus und der Stein-Magus. Das Auftauchen des Letzteren wirkte ein wenig aufgesetzt, so als käme er überhaupt nur deshalb vor, weil er für die weitere Entwicklung unabdingbar ist. Eine oder zwei Erwähnungen am Rand zu einem früheren Zeitpunkt hätten die Begegnung etwas natürlicher wirken lassen.
Was mich überrascht hat, war, dass das „schwarze Herz“ die Information, die es von Mogwied erhalten hat, offenbar nicht einmal versucht hat zu nutzen. Hier ist ein Fadenende einfach verschütt gegangen.
Die Kurve, die die Diskrepanz zwischen Geschichte und Rahmen überbrückt, hat Clemens recht elegant genommen. Nur verstehe ich nicht: Warum ist die Geheimhaltung von Elenas Geschichte noch wichtig, wenn der Hexenstern am verlöschen ist und damit die Gleichheit der Menschen ohnehin aufgehoben wird?
Ein paar kleine Wermutstropfen, die im Hinblick auf die Gesamtheit des Zyklus aber nicht allzu schwer ins Gewicht fallen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass |Banned and the Bannished| zum Spannendsten gehörte, was ich in den letzten zwölf Monaten gelesen habe. Manches war für meinen Geschmack dann doch etwas zu abstoßend oder blutig, abgesehen davon jedoch ist es eine gute und fantasievolle Geschichte, die von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Für jeden, der weniger zart besaitet ist als ich und viel für Action übrig hat, nur zu empfehlen!
James Clemens ist gebürtiger Amerikaner, wuchs aber in Canada auf. Er studierte Veterinärmedizin und eröffnete schließlich eine Praxis in Kalifornien. 1998 erschien der erste Band des Zyklus |Banned and the Banished| unter dem Titel „Wit’ch fire“. In der deutschen Übersetzung wurde daraus „Das Buch des Feuers“. Die übrigen Bände folgten, jedes Jahr einer. Nach einer längeren Pause kam im Juli 2005 der erste Band des neuen Zyklus |Godslayer Chronicles| unter dem Titel „Shadowfall“ heraus. Die deutsche Übersetzung erschien im September unter dem Titel [„Schattenritter“. 1794 Derzeit schreibt der Autor am zweiten Band dieses Zyklus, dessen Veröffentlichung unter dem Titel „Hinterland“ für dieses Jahr geplant ist.
Bon Agornin liegt im Sterben. Aus diesem Grund hat sich die gesamte Familie in seinem Haus versammelt. Die beiden unverheirateten Töchter Selendra und Haner, die dem alten Bon den Haushalt führten, sein Sohn Avan, der in der Hauptstadt einen Posten im Planungsministerium innehat, sein Sohn Penn, der Pfarrer, und seine verheiratete Tochter Berend mit Mann und Kindern.
Obwohl Penn seinem Vater versichert, dass das Erbe nach seinem Willen aufgeteilt werden wird, kann er nicht verhindern, dass sein arroganter Schwager Daverak sich einen Großteil davon unter den Nagel reißt. Der jüngere Bruder Avan ist darüber so wütend, dass er – trotz der Warnungen seiner Freundin Sebeth – deswegen vor Gericht zieht. Eine prekäre Situation für seine Schwester Haner, die seit dem Tod ihres Vaters bei ihrem Schwager leben muss, aber auch für Selendra, die sich in Sher, den Freund und Gönner ihres Bruders Penn, verliebt hat. Shers Mutter wäre über eine solche Verbindung ohnehin schon entsetzt, noch entsetzter aber wäre sie, wäre Selendra in einen Skandal verwickelt! Am stärksten allerdings ist Penn betroffen. Denn er hat am Sterbebett seines Vaters etwas getan, was die Kirche so sehr missbilligt, dass es ihn, sollte es bekannt werden, mit Sicherheit seine Pfarrstelle kosten wird.
Allerdings fühlt Daverak sich allein durch die Einreichung der Klage schon so sehr in seiner Ehre gekränkt, dass er gar nicht daran denkt, einen Rückzieher zu machen. Er will diesen Prozess, und er will ihn gewinnen! Mit allen, wirklich allen Mitteln!
Als es jedoch so weit ist, verselbständigt sich das Geschehen, und letztlich wird der Streit durch ein Duell entschieden. Ein ziemliches Ereignis … wenn es sich bei den Duellanten um Drachen handelt!
Laut Verlagstext wird dieser Roman „von Lesern und Kritikern als originellstes Fantasy-Werk der letzten Jahre“ gefeiert. Ich persönlich wage das zu bezweifeln, zumindest, was die Leserschaft angeht. Auf mich jedenfalls trifft es nicht zu.
Jo Walton selbst bezeichnet das Produkt ihres Schaffens als viktorianischen Roman. Keine Ahnung, woher die Bezeichnung stammt, als feststehenden literarischen Begriff habe ich sie jedenfalls nicht gefunden. Aber sie ist durchaus zutreffend; besonders, was die Personen angeht. Hier treffen wir auf eine Mischung aus „Stolz und Vorurteil“ und „Verstand und Gefühl“.
Der Ortspfarrer Frelt hat ein Pendant in „Stolz und Vorurteil“, mit dem einzigen Unterschied, dass der dortige Pfarrer Mr. Collins bei seinen Heiratsanträgen nicht zudringlich wird. Shers Mutter ist ein Abbild von Darcys Tante Lady Catherine de Bourgh aus demselben Buch. Haner und Selendra haben dagegen große Ähnlichkeit mit Elinor und Marianne aus „Verstand und Gefühl“. Die Entsprechungen machen nicht bei den Personen Halt, sondern erstrecken sich auch auf die Handlung. Der Versuch, Sher mit Gelener zu verkuppeln, ist nahezu identisch mit Lady Catherines Versuch, ihren Neffen Darcy mit ihrer Tochter zu verheiraten, ihre Reaktion auf Selendra quasi austauschbar mit Lady Catherines Reaktion auf Elizabeth.
Der Handlungsstrang um das „gefallene“ Mädchen Sebeth könnte dagegen genauso gut aus „Oliver Twist“ stammen, nur dass Sebeth im Gegensatz zu Oliver ihren Vater kennt. Auch die Sozialkritik und das fast ein wenig an den Haaren herbeigezogene Happyend könnte von Dickens stammen. Ich frage mich, was genau daran so originell sein soll.
Allein Avan und sein Rechtsstreit gegen Daverak weisen eine gewisse Eigenständigkeit auf. Der Gerechtigkeit halber muss zugestanden werden, dass dieser Teil der Geschichte gut ausgearbeitet ist und sich inhaltlich und sprachlich ohne Kanten in den Rest der Geschehnisse einfügt. Auch die Charakterzeichnung der damit verbundenen Charaktere ist einigermaßen ordentlich geraten, wenn auch ein wenig flacher als bei denjenigen, zu denen es literarische Vorlagen gibt. Sie machen aber leider nur einen Bruchteil des Buches aus. Für das vollmundige Prädikat des Verlagstextes reicht das bei weitem nicht!
Originell war höchstens der Versuch, einen Roman nach viktorianischem Vorbild in eine Fantasy-Welt zu verlegen. Die Übertragung der historischen Realität in die Fantasy hat zu einigen recht netten Ideen geführt: So spielt die Autorin mit Farben. Jungfräuliche Drachen sind golden. Wenn ihnen ein Drache, den sie lieben, einen Heiratsantrag macht, erröten sie im wahrsten Sinne des Wortes! Sie sind rosa bis zu ihrem ersten Gelege, dann werden sie rot. Ein Drache, dem es gesundheitlich schlecht geht, ist grün.
Auch die zusammengebundenen Flügel von untergebenen Drachen, vor allem Dienern und Pächtern, sowie Huren und einfachen Arbeitern, finde ich eine gelungene Umsetzung. Allerdings war das ein schwacher Trost dafür, dass ich ständig das Gefühl hatte, fast alles, was ich las, bereits zu kennen.
Hier stellt sich deshalb die Frage, ob es überhaupt nötig ist, heutzutage Romane nach viktorianischem Vorbild zu schreiben. Es gibt schließlich genug Romane aus jener Zeit und von Leuten, die näher dran waren an dem, worüber sie schrieben, als ein moderner Autor. Vielleicht hat die Autorin sich das auch gedacht und ihren Roman deshalb in eine Fantasy-Welt verlegt und ihre Charaktere zu Drachen gemacht.
Nicht, dass das Buch wirklich schlecht wäre. Insgesamt ist der Roman durchaus in sich stimmig und sprachlich gut gestaltet. Das genügt aber nicht, um seine Mängel auszugleichen! Vielleicht gibt es ja den einen oder anderen Leser, der es amüsant findet, die Parallelen zwischen diesem Roman und den historischen Vorlagen herauszufinden. Ich für mein Teil allerdings konnte dem nicht viel abgewinnen. Dass ich einen so großen Teil der Handlung bereits kannte, machte die Lektüre vorhersehbar und damit stellenweise ziemlich langatmig.
Und ich bin mir nicht sicher, ob es mir besser gefallen hätte, hätte ich Jane Austen nicht gelesen. Aus der Perspektive des Fantasy-Lesers muss ich gestehen, dass ich von einer Geschichte über Drachen doch etwas anderes erwarten würde. Möglicherweise ist es das, was hier mit „Originalität“ gemeint war. Meiner Meinung nach wäre die Bezeichnung „gefährlicher Spagat“ weitaus treffender! Wenn ich einen Roman über die viktorianische Gesellschaft lesen möchte, lese ich eben gleich Dickens oder Austen, oder auch die Schwestern Bronte. Wenn ich Fantasy lesen will, will ich echte Fantasy lesen, keinen verkleideten Realismus. Dem mystischen Wesen „Drache“ ging durch die Vermenschlichung sein ganzer Zauber verloren, den die paar netten Ideen nicht ersetzen konnten. Aus der Vermischung zweier so unterschiedlicher Genres ist „nichts Halbes und nichts Ganzes“ entstanden, wie der Volksmund sagt; wobei daraus unter Umständen ja sogar etwas geworden wäre, hätte Jo Walton sich mehr von ihren etablierten Vorbildern gelöst und eigene Figuren und eine eigene Handlung kreiert. Dann hätte ich mich womöglich sogar der „Originalität“ zuliebe mit dem Paradoxon zivilisierter Drachen abgefunden.
Jo Walton ist gebürtige Waliserin und lebt heute in Montréal. Aus ihrer Feder stammen unter anderem „The King’s Peace“, „The King’s Name“ und „The Prize in the Game“. „Der Clan der Klauen“ ist der einzige ihrer Romane, der bisher auf Deutsch erschienen ist. Wahrscheinlich fiel die Wahl auf dieses Buch, weil sie dafür den |World Fantasy Award| erhalten hat. Aber Literatur-Preise sind eben auch nicht alles …
„Originell“ ist ein Wort, das man heutzutage nicht mehr so leicht in den Mund nehmen kann, wenn es um phantastische Literatur geht. Wenn wir ganz ehrlich sind, sind die meisten neuen Bücher, die wir lesen, in irgendeiner Weise irgendwo abgekupfert. Wie soll man allerdings bei den Zillionen Romanen auf dem Markt noch etwas Eigenes kreieren? Es ist schwierig geworden, aber es geht durchaus, auch wenn man sich dabei zugleich reichhaltig am Fundus großer Klassiker bedient. Das mag widersprüchlich klingen, doch Christoph Marzi hat es geschafft. In meinem Leseuniversum hat sein London-Dualsystem jedenfalls noch keine Entsprechung gefunden, die große Ideen der Weltliteratur und der vertrauten Mythenwelt in zugleich solch individueller Weise neu erschafft.
London-Dualsystem? Jawohl. Klingt komisch, ist aber so. Schauplatz der Geschichte ist also die englische Hauptstadt der Jetztzeit, in der das Waisenmädchen Emily Laing mit den roten Haaren und dem Glasauge lebt und viel Schmach und Schande sowohl von der Heimleitung als auch den anderen Heimkindern ertragen muss. Nur die ebenfalls zwölfjährige, dunkelhäutige Aurora Fitzrovia hält zu Emily, und mit der Zeit werden die beiden die besten Freundinnen, was das Leben in dem Heim etwas erträglicher macht. Eines Tages geschieht etwas sehr Eigenartiges, als Emily ihrer täglichen Arbeit in der Heimküche nachgeht. Plötzlich sitzt eine Ratte auf den Vorratssäcken – und sie kann reden!
Emily ist natürlich erschrocken und verwundert, als ihr die Ratte, die sich als Lord Brewster vorstellt, dann auch noch aufträgt, ein besonderes Auge auf einen der Neuzugänge im Heim zu werfen (der Kalauer sei an dieser Stelle gestattet). Dabei handelt es sich um die kleine Mara, doch bevor die beiden sich überhaupt haben kennen lernen können, wird Mara von einem Werwolf entführt. Emily nutzt den enstandenen Tumult, um zu türmen, und wird schließlich von dem Alchemisten Wittgenstein aufgegabelt. Der alte Herr, der Kinder nicht besonders gerne mag, nimmt sich des jungen Mädchens an, denn er merkt, dass sie nicht gewöhnlich ist. Sie ist ein Wechselbalg, in ihr fließt elfisches Blut, und sie ist eine Trickster, was bedeutet, dass sie die Fähigkeit besitzt, in anderer Leute Bewusstsein einzudringen.
Außerdem ist sie die Nachfahrin einer der beiden angesehenen Elfenfamilien in London, Manderley Manor, die mit Mushroom Manor in einem ewigen Wettstreit liegt. Diesen tragen sie aber nicht nur an der Oberfläche Londons aus, sondern auch darunter. Darunter? Allerdings, denn unter der „Stadt der Schornsteine“ erstreckt sich die so genannte Uralte Metropole, die Stadt unter der Stadt, die durch abgelegene und zumeist unbenutzte U-Bahn-Schächte erreichbar ist. Dort unten tickt die Uhr etwas anders, weshalb die subterrane Metropole von einem altertümlichen Zauber umgeben ist. Viele Kulturen aus verschiedenen Ländern fließen dort unten zusammen. Es gibt Grafschaften, Engelswesen, nicht ganz gewöhnliche Spinnentiere und einige gefährliche Spezies wie die Rattlinge, Ratten-Echsen-Hybriden, die sicherlich keine guten Absichten verfolgen.
Und es gibt dort unten etwas, das Kinder entführt. Jedenfalls wird London schon seit längerem von mysteriösen Kindsentführungen heimgesucht, und nun obliegt es Wittgenstein, Emily, Aurora und dem Elfen Maurice Micklewhite, diese Geschichte aufzuklären. Auffällig ist vor allem, dass diese Kindsentführungen in der Historie der Menschheit immer wieder auftauchten, und sie erkennen schnell, dass es dort eine Verbindung geben muss. Weitere Recherchen führen sie immer tiefer in ein Labyrinth von Legenden und Geschichten, die bis ins alte Ägypten zurückgehen und in denen gewisse Personen immer wieder auftauchen. Kann es sein, dass der gefallene Engel Lucifer etwas damit zu tun hat? Oder Madame Snowhitepink, die Emily und Aurora aus dem Waisenhaus kennen, wo sie immer wieder Kinder hat „entleihen“ dürfen? Oder sind die beiden vielleicht doch nur Handlanger in einer viel größeren, schrecklichen Machenschaft, die das Fortleben der Stadt zu bedrohen scheint? Und was haben Mara und Emily mit diesen Ereignissen zu tun?
Aus der Inhaltsbeschreibung wird hoffentlich schon ersichtlich, dass wir es hier mit einer sehr eigenständigen und originellen Welt zu tun haben, die gekonnt Realität und Fantasy verbindet, ohne dabei übertriebene Komik zu verwenden, die aus den Missverständnissen und Konflikten dieser beiden Pole erwächst. Allein das ist schon viel wert, denn es lässt die Geschichte sofort deutlich seriöser erscheinen. Auch der Rückgriff auf Stoff aus der Geschichte, wie zum Beispiel die Legende von Jack the Ripper, die Marzi anhand der Uralten Metropole zu erklären weiß, oder die Vielzahl der morgenländischen Einflüsse sowie weitere Rückgriffe auf das alte Rom oder die englische Geschichte zeugen nicht nur von einem großen Wissen, sondern auch von einer großen Kreativität des Autors. Es spricht für ihn, dass er es zudem noch schafft, diese verschiedenen Elemente konsequent zu einer in sich schlüssigen und gut durchdachten Welt zu verbinden.
Die Handlung, die sich über 860 Seiten erstreckt, kann von Marzis Hang zur Komplexität nur profitieren, auch wenn es dem einen oder anderen vielleicht an einigen Stellen etwas zu viel des Guten werden könnte. Bei „Lycidas“ haben wir es auf jeden Fall nicht mit Kinderliteratur zu tun, denn dazu ist der Aufbau des Buchs viel zu komplex. Die Arbeit mit Vor- und Rückgriffen lässt das Erzählte zwar sehr lebendig werden, schafft aber ab und an Verwirrung, besonders wenn man sich noch nicht intensiv eingelesen hat. Allerdings wird dadurch natürlich auch ein zusätzliches Maß an Spannung aufgebaut, was einer der Gründe dafür ist, diesem Buch das Attribut „Pageturner“ zu verleihen. Ich habe jedenfalls schon lange keinen Roman mehr gelesen, der mich so gefangen hat! In diesem Punkt können selbst die letzten beiden Harry-Potter-Bände nicht mithalten.
Allerdings will ich des Lobes auch nicht gar zu voll sein, denn bei solch einer Schwarte wäre es beinahe unnatürlich, wenn es nicht ab und zu ein paar Längen gäbe. Das hängt hauptsächlich damit zusammen, dass der Autor nicht nur auf die Schilderung von Erlebnissen setzt, sondern auch auf Recherchearbeit der Hauptpersonen in Büchern. Irgendwie müssen die jungen Mädchen ja an das Wissen über die alten Geschichten herankommen. Das ist zwar interessant, aber dadurch, dass in diesen Passagen fast nur geredet wird und in einem fort Hintergrundgeschichten und Theorien konstruiert werden, die später wieder verworfen werden, hängt der werte Leser immer wieder in der Warteschleife.
Ein weiterer deutlicher Pluspunkt für diesen Roman sind die gut ausgearbeiteten Hauptpersonen, bei denen der Ich-Erzähler dem Leser natürlich am nächsten steht. Und wer ist dieser Ich-Erzähler? Emily, die ja wohl eindeutig die Hauptperson ist? Nein, meine Freunde, ihr irrt. Es ist der Alchemist Mortimer Wittgenstein. Wie kann das gehen? Ganz einfach. Der Autor erteilt ihm göttliche Vollmachten, so dass er stellvertretend für Emily erzählt, was sie sieht, erlebt und fühlt. Auch anstelle anderer Personen erzählt er deren Erlebnisse, was ungewohnt, bei genauerem Hinschauen aber ein wirklich geschickter Schachzug ist. Dadurch bekommt das Buch einen gewissen Märchenonkelcharakter, der immer unterbrochen wird, wenn Wittgenstein selbst in die Ereignisse verwickelt ist, was nicht zu selten geschieht.
Hand in Hand damit geht der herausragende Schreibstil einher, der sehr persönlich gefärbt ist und sich dem Charakter des Alchemisten anpasst. Seine Art von trockenem Humor wird immer wieder aufgegriffen und bestimmte Sätze werden ständig wiederholt (wie zum Beispiel der Ausruf „Dieses Kind!“, wenn Emily mal wieder eine Frage stellt, was sie in Wittgensteins Augen viel zu oft tut), was nicht störend wirkt, sondern Persönlichkeit verleiht. Hinzu kommt eine an den Alltag angelehnte Sprache, es werden also viele Stilmittel wie Auslassungen, rhetorische Fragen, abgehackte, sehr kurze Sätze eingesetzt, die ihre Wirkung nicht verfehlen und das Buch ungemein beleben.
Das Buch des im Übrigen deutschen Autors wurde mit dem Deutschen Phantastikpreis ausgezeichnet und dazu kann ich nur sagen: Mit Recht! „Lycidas“ ist ein Pageturner erster Güte, bei dem fast alles stimmt. Dichte Handlung, eine wunderbar entworfene Fantasywelt, ein herrlicher Schreibstil und sympathische Hauptfiguren. Ich habe in den letzten Monaten nur selten Bücher in der Hand gehabt, die mich so fesselten, auch wenn es die eine oder andere Länge gibt, die für einen Punktabzug in der B-Note verantwortlich ist. Trotzdem kann ich das Buch mehr als empfehlen, und besonders denjenigen, die im Phantastiksektor vorerst genug haben von pubertierenden Helden, die für Kinder geschaffen wurden und in einem kunterbunten Land der Frohsinn-Magie verweilen, sei dieser Roman ans Herz und in die Pfötchen gelegt.
_Der Autor_ wurde 1970 geboren und verbrachte seine Kindheit in der Eifel. Er studierte in Mainz und wohnt jetzt zusammen mit seiner kleinen Familie im Saarland.
Die Geschichte um Emily und die uralte Metropole ist im Übrigen noch nicht zu Ende. Der Folgeband [„Lilith“ 2070 ist bereits erschienen und wird derzeit von mir verschlungen.
Weitere Informationen gibt es unter http://www.christophmarzi.de.
Der größte Traum der Gottesanbeterin Saha ist es, die fünf Ebenen der Regenbogen-Welt, die sich über die verwaiste Erde wölbt, zu erkunden. Doch ihre Freunde, ebenfalls Angehörige des Insektenvolkes und anderer Tiergemeinschaften, stehen dieser Idee eher skeptisch gegenüber, sehr zum Verdruss der abenteuerlustigen Saha. Schließlich gelingt es der jungen Gottesanbeterin mit Hilfe der weisen Eule Uhura, ihre Gefährten zu überzeugen. Von der alten Heuschrecke Iman erhält Saha einige Artefakte, die ihr auf dem langen beschwerlichen Weg helfen sollen, und so machen sich Saha, ihr Gefährte, die Libelle Ishtar, die Eule Uhura, die Schlange Kasur, der Käfer Tuc, das Eichhörnchen Hazee, die Fledermaus Jabani, die Riesenameise Shirkan und Sahas beste Freundin, der Schmetterling Barb, auf den Weg in unbekannte Welten.
Auf ihren gefahrvollen Reisen schließen sich der Gemeinschaft eine Menge neuer Freunde an und in mörderischen Gefahren muss sich die Freundschaft und der Zusammenhalt der unterschiedlichen Charaktere mehr als einmal beweisen. Dabei stoßen Saha und ihre Kameraden auf Relikte der ersten Menschen, die sich selbst und die Erde zerstört haben. Und bald wird Saha die gesamte Wahrheit offenbar, denn langsam beginnt sich die Gottesanbeterin zu verwandeln. Sie bekommt Hände mit fünf Fingern und wird zu einem Menschen, der zur zweiten Rasse gehört. Doch bevor sie mit ihren Gefährten die Erde neu bevölkern kann, muss sie die fünfte Ebene der Regenbogen-Welt erreichen. Und bis dahin ist es ein beschwerlicher Weg, auf dem weitere tödliche Gefahren lauern …
Mit „Regenbogen-Welt“ erwartet den Leser ein Fantasy-Roman der etwas anderen Art und der faszinierendste Beitrag zur |Magic Edition|. Ein sehr philosophisch ausgelegter Roman, denn so wie man sich selbst im Laufe des Lebens entwickelt und geistig wächst, so entwickelt sich auch die Protagonistin Saha und wird vom naiven Mädchen zu einer erfahrenen Frau. Die äußerliche Wandlung ist dabei sekundär.
Ein besonderer Appell geht dabei an die Freundschaft, und genau wie im richtigen Leben treffen Saha und ihre Freunde auf neue Weggefährten, während andere zurückbleiben oder sogar den Tod finden. Die Charaktere, so unterschiedlich sie von Gestalt und Gesinnung auch sein mögen, wurden allesamt liebevoll dargestellt und es ist kaum jemand dabei, den man nicht in sein Herz schließt. Die Interaktion zwischen den unterschiedlichen Freunden ist oft sehr witzig, manchmal auch traurig oder dramatisch aber nie langweilig, und besonders auffällig ist die gut recherchierte Hintergrundgeschichte, welche sich auf einen Mythos der Navajo-Indianer bezieht, in deren Sagen und Geschichten die Regenbogen-Welt eine nicht unbeträchtliche Rolle spielt.
Insekten-Liebhaber sollten bei der Beschreibung von Saha und ihren Gefährten das eine oder andere Mal die Augen zudrücken, so z. B. wenn Saha ihre bewimperten Augenlider niederschlägt oder eine Libelle ins Schwitzen gerät. Die meisten anatomischen Besonderheiten und Verhaltensweisen werden aber vollkommen naturgetreu wiedergegeben und man sollte nicht außer Acht lassen, dass mit diesem Buch ein Fantasy-Roman vorliegt und keine wissenschaftliche Abhandlung.
Der Roman ist keineswegs ein Kinderbuch, sondern betrachtet das Leben an sich aus einer sehr realistischen Sichtweise, wo auch schon mal der eine oder andere Freund stirbt. In einer Vision erleben die Kameraden zudem, wie die Spanier Amerika entdecken und dabei das Volk der Indianer niedermetzeln, um an Gold und Reichtümer zu gelangen. In jeder Welt erwarten den Leser, genau wie die Reisenden, neue gefährliche Abenteuer. Selbst mit feuerspeienden Drachen bekommen es die Gefährten zu tun, so dass auch die Freunde der „altmodischen“ Fantasy auf ihre Kosten kommen.
Abgerundet wird der Band durch die stimmungsvollen Illustrationen von Barbara Emek, welche teils kindlich verspielt anmuten oder melancholisch verträumt den Beginn eines Kapitels zieren. Selten haben Schrift und Zeichnung eine so vollkommene Einheit gebildet. Das Titelbild fügt sich mit seiner schlangenhaften Spirale gut in das Gesamtbild ein und bietet für das Auge einen ersten Blickfang, ohne überfrachtet zu wirken. Die indianischen Symbole und die Farbgebung, welche an den hoffnungsvollen Schimmer des Sonnenaufgangs erinnert, vermitteln einen ersten Eindruck von der Atmosphäre des Buches.
Es hat sehr viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen, und wer Lust hat, sich auf eine wundervolle und fantastische Reise zu begeben, der sollte sich diese Geschichte nicht entgehen lassen. Es ist eine wunderschöne Hommage an Freundschaft und Toleranz sowie ein Wegweiser in eine bessere Welt und ein harmonisches Miteinander.
http://www.blitz-verlag.de/
_Florian Hilleberg_
In den letzten Jahren – vorangetrieben durch „Harry Potter“ und die Verfilmung des Buches „Der Herr der Ring“ – gab es einen regelrechten Aufschwung im Bereich der Fantasyliteratur. Dabei werden nicht nur alte Romane neu aufgelegt, denn glücklicherweise sind im literarischen Raum die Praktiken noch nicht so weit gediehen wie im Bereich der Filmwirtschaft; so gibt also noch Innovationen und gelegentliche Neuerungen im Genre.
Wobei sich der wahre Freund der Fantasy gewiss nicht dagegen wehren sollte, einer Reprise altbekannter Themen gegenüber zu treten, denn Elfen und Zwerge, Magier und Trolle kennen wir alle bereits aus dem „Herrn der Ringe“ und natürlich den altertümlichen Sagen, aus welchen diese Gestalten entliehen wurde. Wir werden auch in Zukunft immer wieder auf Romane treffen, die derartige Figuren zum Leben erwecken, so sollte man zumindest hoffen. Denn auch wenn die behandelten und verwendeten Elemente nicht neu sind, so bieten sie schließlich eine wundervolle Kurzweil.
Steven Erikson – Das Spiel der Götter (Gesamtzyklus) weiterlesen
„Heiliger Zorn“ ist ein sehr treffender Titel für Richard Morgans dritten Roman rund um den Ex-Envoy Takeshi Kovacs. Nach den Ereignissen in „Gefallene Engel“ kehrt Kovacs an den Ort seiner Geburt zurück, Harlans Welt. Dort wird er mit seiner Vergangenheit konfrontiert: einem jüngeren Doppelgänger seiner Person sowie der in den Vorgängern oft zitierten Quellcrist Falconer und seiner Envoy-Ausbilderin Virginia Vidaura.
Magira. Als ich den Namen zum ersten Mal las und die Inhaltsangabe des ersten Bandes überflog, wusste ich noch nicht, was für einen Koloss ich da vor mir hatte! Nach dem, was ich inzwischen darüber gefunden habe, muss ich sagen, das Buch ist nur ein Schnipsel!
Allen, denen es jetzt geht wie mir gestern, sei hiermit erklärt, dass Magira ein Brettspiel ist. Zumindest war es das ursprünglich mal. Ursprünglich heißt: vor fast vierzig Jahren! Damals taten sich zwei Männer zusammen und versuchten, unter dem Namen „Armageddon“ ein Strategiespiel zu entwickeln. Der Name war sozusagen Programm. Dazu kam die Idee, den Spielverlauf zu protokollieren. Heute ist aus dem Spiel „Armageddon“ das „ewige Spiel“ geworden, aus den gesammelten Protokollen die Chronik einer Welt, die immer noch wächst. Der Stamm hat Seitentriebe entwickelt: Rollenspiel, Simulation, Lyrik und Prosa, Gesang, Tanz und Kostüme …
Inzwischen wird Magira als Kult bezeichnet.
_Zum Buch:_
Manchmal hat selbst der vernünftigste Mann einen Aussetzer! Wie sonst ließe sich erklären, dass ausgerechnet Thuon, der bisher aller Magie samt den dazugehörigen Göttern erfolgreich aus dem Weg gegangen ist, für einen Beutel voller Edelsteine Ilara, die Opferpriesterin der Äope, entführt hat? Jetzt hat er nicht nur die Tempelsoldaten und die Garde des ishitischen Königs auf den Fersen, sondern auch noch einen Kerl namens Frankari an der Backe, der von sich behauptet, Thuons Welt erdacht und damit ins Leben gerufen zu haben. Eine Aussage, für die die Priester Frankari nur zu gerne auf dem Opferaltar sähen! Trotz dieser und anderer Widrigkeiten gelingt es den Dreien, auf einigen Umwegen den Dschungel von Ish zu verlassen und nach Chara in Tanilorn zu segeln. Thuon ist schon erleichtert, die Sache erfolgreich erledigt zu haben. Doch ehe er sich von den beiden anderen abseilen kann, holt ihn der Auftrag in Gestalt ishitischer Verfolger wieder ein. Die Sache scheint doch langwieriger zu werden als erwartet. Viel, viel langwieriger …
Thuon ist ein recht einfach gestrickter Bursche. Mit Wein, Weib und ein paar gelegentlichen, handfesten Abenteuern ist er vollauf zufrieden. Was nicht heißen soll, dass er dumm wäre, keineswegs. Er hält es nur für Zeitverschwendung, stundenlang über philosophischen Fragen zu grübeln. Die Welt ist, wie sie ist, ganz gleich, wer sie erschaffen hat und wann, und Thuon ist entschlossen, das Beste daraus zu machen. Auch die Erkenntnisse, die seine Bekanntschaft mit Frankari ihm offenbart, ändern nichts an dieser Einstellung.
Ilara dagegen hat noch nie ihren Tempel verlassen, geschweige denn den Urwald. Im Grunde lässt sie sich recht gern entführen, denn erstens will sie frei sein, und zweitens widerstrebt es ihr zu töten. Wenn sie nur nicht solche Angst vor ihrer Göttin hätte! Die lässt erst nach, als der Dschungel hinter ihnen liegt, aber frei ist Ilara damit noch nicht. Sie ist Frankari verfallen. Thuons Verdacht, dass da mit Magie nachgeholfen wurde, ist nicht ganz unbegründet, und doch scheint mehr dahinter zu stecken als ein einfacher Bann …
Viel mehr ist bei diesen beiden – zumindest bisher – nicht zu holen. Der Blickwinkel, von dem aus die Geschehnisse betrachtet werden, liegt großteils bei Thuon, dessen praktische Veranlagung dazu neigt, Fragen mit einem Achselzucken abzutun. Von Ilaras Wünschen oder Gedanken erfährt man so gut wie gar nichts, außerdem vermisste ich die geheimnisvolle Aura und den Blick für das Verborgene, der ihr im Prolog nachgesagt wird. Vielleicht wird das ja noch … So wäre die Personenzeichnung vorerst reichlich fad geraten. Wäre da nicht Frankari!
Frankari ist kein Magiraner, sondern stammt aus der Realität. Etwas Manisches haftet ihm an, nicht nur seinen Gedanken, auch seinem Verhalten. Sein Versuch, den Ereignissen und Abläufen seinen Willen aufzuzwingen, wirkt fast verbissen, als müsste ihn sein Leben in Magira für das in der Realität entschädigen! Doch obwohl er für magiranische Verhältnisse ein Gott ist, sind seine Fähigkeiten noch höchst unvollkommen. Zudem hat er in der Realität einen Gegenspieler, einen Rivalen, der ihm das Recht auf Mitbestimmung der Handlung verweigert: den Autor!
Und damit sind wir bei dem, was das Buch eigentlich interessant macht: die verschiedenen Ebenen. Die grundlegendste Ebene, auf der sich auch das meiste abspielt, ist die Ebene der Welt Magira: der Dschungel von Ish, Tanilorn am Meer, die Steppen von Wolsan. Andere Teile Magiras kommen nur namentlich vor. Auf dieser Ebene sind Thuon und Ilara zu Hause, hier haben die Menschen Namen, hier sind Magiras Leben und Wirklichkeit.
Die mittlere Ebene ist die, die der Feldherr des Lebens als Waage der Welt bezeichnet: Ein einziges riesiges Schlachtfeld! Hier wird der Kampf ausgefochten zwischen der Finsternis und dem Leben, das aus ihr entstand. Das Leben selbst existiert dort nur als Erinnerung. Diese Erinnerung und die Hoffnung auf Wiedergeburt halten die Krieger des Lebens bei der Stange. Krieger, deren Seelen die Reiter der Finsternis von den Schlachtfeldern holten, um auf der Waage der Welt weiterzukämpfen … Das zumindest erzählt die Mythologie der Magiraner.
Die oberste Ebene wird gestellt von unserer Realität. Hier ist Magira ein nicht ausgereiftes Strategie-Spiel, ein riesiges Brett aus lauter sechseckigen Feldern, auf dem die verschiedensten Arten von Plastikfiguren noch unbenutzt herumliegen und -stehen: wilde Krieger, Bogenschützen, gepanzerte Ritter … für eine riesige Schlacht! Hier versucht ein gewisser Laudmann alias Frankari, den Autor von Thuons und Ilaras Geschichte dazu zu bringen, die Handlung seinen Wünschen anzupassen, für ein paar zündende Ideen. Dem Autor scheint das nicht zu gefallen, denn kaum ist dieser Laudmann nach Magira verschwunden, spielt der Autor ihm ein paar üble Streiche.
Die Verbindungstüren zwischen den Ebenen bilden Sechsecke aus Finsternis, was in diesem Fall gleichzusetzen ist mit Magie. Sie finden sich in den Göttertempeln Ishs, aber auch an anderen magischen Orten wie dem Turm des Magiers Daran d’Sorc. Ein Magier muss diese Tore beschwören, in den Tempeln sind sie offenbar einfach da. Sie zu benutzen, ist nicht ungefährlich, denn obwohl das Leben aus der Finsternis entsprungen ist, ist Letztere dem Leben nicht wohlgesonnen. Und jede offene Tür bietet nicht nur einen Weg aus Magira hinaus, sondern auch einen Weg für die Finsternis nach Magira hinein!
Beim ersten Mal hat Frankari noch einen blinden Passagier dabei, als er das Tor durchschreitet. Thuon kann allerdings mit dem Erlebten nichts anfangen, zu befremdlich ist das, was ihm in diesem „Jenseits“ begegnet. Die übrigen Gänge unternimmt Frankari allein. Was genau er dann tut, darüber schweigt er sich aus, die Art und Weise, wie er dem Autor immer wieder seinen Willen aufzwingt, bleibt ein Geheimnis.
Auch sonst werden viele Fragen nicht beantwortet. Nirgendwo steht, was genau ein Mythane ist, und was mit Gisha gemeint ist, muss der Leser sich selbst zusammenreimen. Kennern Magiras fällt das wahrscheinlich gar nicht auf, Neueinsteiger brauchen ein wenig, bis sie sich eingelesen haben.
Ganz allgemein ist Hugh Walker offenbar nicht der Mann des Details. Seine Charaktere sind knapp und treffend skizziert, bleiben aber mit Ausnahme Frankaris, der zumindest mit einem gewissen Geheimnis umgeben ist, ohne echte Tiefe und bisher auch ohne Persönlichkeitsentwicklung. Landschaftsbeschreibungen fehlen fast völlig und die einzelnen Abenteuer sind alle recht kurz gehalten und schnell aufgelöst. Als die Ishiti die Verfolgung Ilaras schließlich aufgeben, fällt damit der einzige rote Faden weg, der die verschiedenen Ereignisse zusammengehalten hat.
Spätestens hier wird deutlich, dass es im Grunde nicht um Thuon und Ilara geht. Es geht um Magira als Ganzes, mitsamt seinem „Jenseits“, es geht um Magira und seine Verbindung zur Realität, es geht um die Rivalität zwischen Laudmann und dem Autor der Geschichte. Dieser Bezug gibt dem Buch seine Vielschichtigkeit, er ist der eigentliche rote Faden. Magira ist mehr als ein Fantasy-Abenteuer, man könnte es als eine Studie über das Verhältnis zwischen Phantasie und Wirklichkeit bezeichnen.
Bisher hat Walker nur einen Bruchteil von Magira angekratzt. Das ist einerseits schade, ich schätze, ein Kenner Magiras dürfte mehr Spaß an dem Buch haben. Andererseits wäre es ziemlich sinnlos, die Neulinge unter den Lesern gleich im ersten Band mit der Fülle dessen zu erschlagen, wozu diese Fantasy-Welt inzwischen angewachsen ist. Immerhin, jetzt steht das Gerüst. Um daraus ein Gebäude zu errichten, fehlen noch eine Menge Zusammenhänge und Antworten. Nun, es fehlen ja auch noch einige Bände. Mag sein, dass in diesem ersten Band durchaus noch Platz für einiges gewesen wäre, was noch verborgen geblieben ist. Ich fand es aber zur Abwechslung mal ganz angenehm, anstelle eines kiloschweren Wälzers ein schlankeres und leichtes Exemplar in der Hand zu halten.
Bleibt nur zu hoffen, dass es diesmal alle Bände bis zur Veröffentlichung schaffen. Lübbes Ausgabe ist nicht der erste Versuch, den Zyklus herauszubringen, nur blieb die Sache immer irgendwo stecken. Die Welt bietet aber noch so viele Möglichkeiten, dass es wirklich schade wäre, wenn der Zyklus erneut unterwegs verhungern würde. Als Outsider hätte ich mir zwar gelegentlich ein paar Informationen mehr gewünscht, oder auch ein paar genauere Beschreibungen, die dem Ganzen ein wenig mehr Stimmung verliehen hätten, trotzdem fand ich das Buch interessant und gut gemacht. Und dem trägen Hirn schadet es wohl nicht, wenn die eigene Vorstellungskraft mal wieder etwas stärker gefordert wurde als üblich.
http://www.mythor.de/walker.html
http://www.follow.de/
_Die Autorin_
Osanna Vaughn wurde auf der Insel Jersey geboren, spricht Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch und lebt seit 19 Jahren mit ihrer Familie in Deutschland.
Die Lyrikerin, Übersetzerin und Texterin arbeitete davor bereits in Spanien, Frankreich, Australien und in den U.S.A. Mit ihrem außergewöhnlichen Sprachtalent und ihrer schriftstellerischen Begabung sammelte sie über viele Jahre Erfahrungen in verschiedensten literarischen Disziplinen: Übersetzungen, eigene Artikel, Poesie, Kurzgeschichten, Drehbücher und Songtexte.
_Neue Abenteuer in bekannten Welten_
Osanna Vaughns neuer Roman spielt in der bereits etablierten Welt Nymath, die Monika Felten schon in den beiden Büchern „Die Nebelsängerin“ und „Die Feuerpriesterin“ im Rahmen der Saga „Das Erbe der Runen“ erschaffen hat. Zu einem wesentlichen Teil dazu kreiert, um der jungen Sängerin Anna Kristina einen Unterbau für ihre Musik zu verschaffen, hat sich die Geschichte fortan weiterentwickelt und liefert nun auch die Basis für eine weitere Erzählung aus der Welt Nymath. Allerdings bezieht sich Osanna Vaughn nur auf das Gerüst, das Monika Felten geschaffen hat; die Handlung an sich indes muss völlig losgelöst betrachtet werden und steht komplett für sich alleine – was allerdings nicht heißt, dass ‚erfahrene Leser‘ keinen Vorteil hätten, schließlich tauchen später Figuren wie die Nebelsängerin auf, die man ja bereits aus den vorherigen Romanen kennt.
_Das neue Abenteuer_
Alduin ist der Sohn einer Amazone und eines Raiden und gilt daher als Halbblut. Der Junge lebt gemeinsam mit seiner Mutter in einer einsamen Hütte mitten im Wald und ist dort auch glücklich – bis er eines Tages das Küken eines Falken entdeckt, das sein Leben schlagartig verändern soll. Schnell entwickelt er eine innere Bindung zu dem Vogel, was darauf schließen lässt, dass sich das Erbe seines Vaters immer stärker durchsetzt. Nachdem dieser Bund immer stärker geworden ist, erfährt Alduin von seiner Mutter dann auch, dass sein Vater über die Fähigkeiten eines Raidens verfügte und nicht nur mit den Falken kommunizieren, sondern auch durch deren Augen sehen konnte. Trotzdem ist die Beziehung zwischen Alduin und dem Falken Rihscha äußerst merkwürdig. Alduin ist eigentlich noch viel zu jung, um seine neu entdeckten Eigenschaften zu besitzen, und das bereitet seiner Mutter zunehmend Sorgen. Trotzdem unterstützt sie ihren Jungen und begleitet ihn ein wenig missmutig in die Stadt Sanforan, in der er eine richtige Ausbildung zum Falkner machen soll. Unterwegs dorthin treffen sie auf einen alten Freund von Alduins Vater: Bardelph.
Zu dritt setzt die Gemeinschaft ihre Reise nach Sanforan fort und kommt nach dem kurzen Verschwinden des Falken endlich in der Stadt an.
Vor Ort fühlt Alduin sich allerdings nicht sonderlich wohl: Skepsis wird dem jungen Falknerschüler entgegengebracht, und auch wenn er große Fortschritte im Umgang mit seinem Tier macht, brandet ihm von überall her Neid wegen seines tollen Falken entgegen. Doch das Halbblut setzt sich durch und gewinnt schließlich doch noch neue Freunde. Als dann alles perfekt zu sein scheint, beginnen nächtliche Visionen den Jungen zu quälen. Immer schlimmer werden seine Albträume und alsbald realisiert er, dass ihm auch die Fähigkeiten seiner Mutter vererbt wurden. Alduin hat das zweite Gesicht, mit dem er sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft sehen kann. Und mit dieser Gabe liegt es nun in seiner Hand, Nymath vor der nächsten großen Bedrohung zu retten …
_Meine Meinung_
Nun, erst einmal muss ich sagen, dass ich ausgesprochen erleichtert bin, denn nach den beiden durchschnittlichen Vorstellungen, die im Rahmen dieser Reihe bislang erschienen sind, ist „Der Schrei des Falken“ ein vorzüglicher Fantasy-Roman, der neben durchgängiger Spannung vor allem mit einer sehr abenteuerlichen Atmosphäre auftrumpft, die man in den Büchern von Monika Felten meist vergeblich suchte. Dazu ist es aber auch wichtig zu wissen, dass Osanna Vaughn hier primär auf ein ganz anderes Lesepublikum abzielt. „Der Schrei des Falken“ ist nämlich schon eher ein Jugendroman, dessen junger Hauptcharakter sehr schnell zu einer Identifikationsfigur für die angesprochene Leserschaft werden soll und es schlussendlich auch wird – was aber natürlich nicht heißen soll, dass das Buch daher für Erwachsene weniger empfehlenswert wäre. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Osanna Vaughn bewahrt sich durch ihren jugendlich-frischen Schreibstil eine ganz wichtige Eigenschaft, nämlich die Motivation, seine eigene Vorstellungskraft immer wieder aufs Neue zu bemühen und so auch Aspekte eines modernen Märchens in die Geschichte mit einfließen zu lassen.
Besonders gelungen sind der Autorin dabei die Beschreibungen der Beziehung Alduins zum Falken sowie die Charakterisierung der beiden vererbten Fähigkeiten. Der weise Falkner und der mysteriöse Seher – Alduin verinnerlicht zwei Eigenschaften, die in diesem Roman eine sehr schöne Entwicklung durchleben, bei der man erst gar nicht auf die Idee kommt, sie irgendwie in Frage zu stellen. Und ist dies nicht gerade die besondere Kunst in einem Buch für das etwas jüngere Publikum?
Apropos Jugendroman: Das bekannte Szenario eines ’normalen‘ Fantasyromans, also groß angelegte Schlachten, wirlklich finstere Mächte und üble Beschwörungen, findet man in „Der Schrei des Falken“ nicht. Stattdessen wendet sich das Buch eher an die Träumer unter den Lesern; diejenigen, die einfach ein spannendes Abenteuer erleben wollen und in ihrer Fantasywelt auch nur Elemente dulden, die einem solchen Abenteuersinn zuträglich sind.
Osanna Vaughn hat hier eine nahezu perfekte Balance gefunden; sie nutzt die bereits vorhandenen Eckpunkte der Welt Nymath, indem sie die zauberhaften Eigenschaften hervorhebt, kreiert in den jüngeren Figuren echte Identifikationsfiguren und erzählt so eine Geschichte, die frei von Gewalt, Krieg und Bösartigkeit zu fesseln vermag. Und genau damit gelingt ihr das, was Monika Felten in „Die Feuerpriesterin“ und „Die Nebelsängerin“ nicht erreicht hat, nämlich den Leser zu keiner Sekunde zu langweilen und das Buch nicht zu vorhersehbar zu gestalten.
Wer also von den ersten beiden Teilen von „Das Erbe der Runen“ enttäuscht war, sollte hier trotzdem mal reinschauen, denn in „Der Schrei des Falken“ wird der Ruf der Serie wieder erheblich aufgebessert.
Dem Buch liegt auch wieder eine CD mit drei mystischen Kompositionen bei, die als Soundtrack zur Erzählung fungieren. Wiederum hat Anna Kristine hier den Part der Sängerin übernommen, deren Texte übrigens aus der Feder der Autorin stammen. Ebenso wie beim Buch, dem bald eine zwingend erforderliche Fortsetzung folgen soll, wünscht man sich hier sehr schnell mehr.
Fazit: Ein rundum gelungenes, jugendlich frisches Fantasy-Buch mit tollen Charakteren, einer herrlichen Atmosphäre und einer durch und durch spannenden Handlung.
|Ergänzende Rezensionen:|
[Die Nebelsängerin 635
[Die Feuerpriesterin 2017
http://www.daserbederrunen.de/
Bereits während seiner Studentenzeit hat Michael R. Baier die Idee zu „Coruum“ gehabt und diese nach und nach weiterentwickelt, bis er dann schließlich eine komplette Trilogie hat reifen lassen, die auch den Beinamen YLIS (Your Life In Space) trägt. Weil ihm die Herausgabe seines Romans (natürlich) ein sehr großes Anliegen war, sich aber erst einmal kein Vertrieb gefunden hat, hat sich der Autor ein Herz gefasst und „Coruum“ in Eigenreigie – allerdings auf tausend Exemplare limitiert – selber auf den Markt gebracht. Daher ist bei Interessenten, von denen es bei diesem vorzüglichen Science-Fiction-Trip sicherlich genügend geben sollte, Eile angesagt; zum einen, weil die Bücher sonst vergriffen sind, bevor man sich auf die Suche macht, und andererseits, damit sich schon bald jemand findet, der die Trilogie großflächig vertreibt und so auch einem breiteren Publikum zugänglich macht. Potenzial ist nämlich definitiv geboten.
_Story_
Ein Forscherteam entdeckt bei einer Serie von Ausgrabungen eine seltsame Maya-Stele, auf der die Archäologen neben bekannten Hieroglyphen auch fremde Symbole finden. Bevor man diese jedoch näher erforschen kann, kommt es zu einem tragischen Zwischenfall, bei dem Dr. Pete Williams, der Entdecker der Stele, ums Leben kommt.
Karen Whitewood, die Leiterin des Projekts, bindet aufgrund der prekären Situation ihren alten Freund Donavon MacAllon in die Untersuchungen ein. MacAllon, ein alter Studienkollege von Kareen, gilt nämlich als einer der weltweit fähigsten Experten auf dem Gebiet altertümlicher Schriften und Kalendersysteme und ist sofort Feuer und Flamme für diesen Einsatz, zumal er auch auf persönlicher Ebene eine ganz besondere Verbindung zu Karen hat.
Das Team entdeckt schließlich eine uralte, geheime Kammer und stöbert dort eine hochmoderne Bibliothek auf, die Donovan und Karen vor ein kolossales Rätsel stellt. Außerdem wissen sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass durch ihren Eingriff in diesen Raum eine Hologrammbotschaft losgeschickt wird, die in einer anderen Welt für Aufruhr sorgen soll. Doch weil auch das CIA an den seltsamen Funden interessiert ist, schöpfen die beiden bereits Verdacht, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht …
Währenddessen herrscht in der Region des Roten Nebels Alarmbereitschaft. Dort ist nämlich eine Botschaft von einem bis dato unbekannten Planeten eingetroffen. In diesem Gebiet leben drei mächtige Verbände nebeneinander, die allerdings vollständig unterschiedliche Interessen verfolgen. Im Mittelpunkt stehen dabei die konträren Ansichten des Zentrums, einer Handelsorganisation, der zudem die Kampfeinheit Z-Zemtohy angeschlossen ist, und der Sieben Königshäuser, die sich auf die Forschung und das Bilden einer Militätmacht spezialisiert haben. Quasi als neutraler Vermittler steht zwischen ihnen die Kirche, die zwar in Form eines Ritterordens auch eine Art Heer etabliert hat, im Grunde genommen aber eher die Rolle der intellektuellen Schicht einnimmt.
Als nun diese mysteriöse Botschaft eintrifft, droht der Frieden zwischen den drei Mächten endgültig zu zerbrechen. Sowohl die Fraktion der Königreiche als auch Entsandte des Zentrums erpressen aus Vertretern der Kirche das Wissen um die unbekannte Erde und machen sich auf den Weg zu dem plötzlich ins Bewusstsein gerückten Planeten. Beide haben ähnliche Ziele, wobei besonders das Zentrum die Hinterlassenschaften der eigenen Vergangenheit auf der Erde beseitigen möchte. Vor Ort eskaliert schließlich der Konflikt zwischen den außerirdischen Parteien, und mitten in der Auseinandersetzung zwischen Zentrum und den Sieben Königshäuser drohen Donavon, Karen und ihr Forschungsteam zu hilflosen Spielbällen der verfeindeten Mächte zu werden …
_Meine Meinung_
Wie so oft, wenn ein Autor auf einen eher einfachen Schreibstil zurückgreift, setzten sich auch zu Beginn dieses ziemlich langen ersten Teils der „Coruum“-Saga erste Bedenken in Gang, denn schließlich ist die Schreibtechnik ja zur Erschaffung eines spannenden Plots von einer nicht zu unterschätzenden Bedeutung. Hinzu kommt, dass sich Michael R. Baier mächtig viel Zeit lässt, um den Hauptcharakter Donavon vorzustellen und dessen Beschreibung als ‚echten, traditionellen Schotten‘ bisweilen etwas langatmig wirkt, gerade wenn man bedenkt, dass das Erzähltempo auf den ersten Seiten schlichtweg rasant ist und die hier kreierte Spannung sofort wieder ihren Effekt einbüßen muss.
Richtig in Fahrt kommt die Geschichte daher erst nach circa hundert Seiten und somit auch erst ab dem Moment, an dem die fremden Mächte in die Handlung eingreifen. Spätestens hier wird dann aber auch klar, welches komplexe Konstrukt sich Baier für seine Erzählung ausgedacht hat und wie tiefgreifend die vielfältigen Konflikte zwischen den einzelnen Völkern tatsächlich sind. Schon fühlt man sich wieder besänftigt und versteht, warum es mitunter etwas länger dauert, bis man dann mit allen Charakteren und Gruppierungen vertraut gemacht wurde, und warum auch schon mal die Hälfte des Buches verschlungen werden muss, um die komplexe Vorgeschichte halbwegs zu begreifen.
Und dennoch fällt es auch im weiteren Verlauf des Buches nicht gerade leicht, die einzelnen Verstrickungen auf Anhieb zu verstehen und einzuordnen, was der Spannung von „Coruum“ aber in diesem Falle erheblich zugute kommt. Der Autor lässt sich sehr viele Freiräume, durch die wiederum eine Vielzahl von Optionen für die Fortsetzung der Handlung entsteht, und trotzdem wird das Ganze nie zu verworren, weil Baier die nötige Ruhe mitbringt und die einzelnen Puzzlestücke nach und nach miteinander verbindet. Sollte also beim Leser irgendwie Hektik entstehen bzw. das Verständnis verloren gehen, liegt das sicherlich nicht an der Art und Weise, wie der Autor die Geschichte voranfließen lässt.
Das Entscheidende an „Coruum“ ist aber die Vielzahl von neuen Elementen, die Baier in die bekannten Elemente seiner Science-Fiction-Story einbettet. Gerade die Darstellung der menschenähnlichen Weltraumwesen ist ihm hierbei vorzüglich gelungen. Zwar findet man auch hier eine arg kriegerische Rasse Außerirdischer vor, doch ihre überaus humanen Züge und die sehr eigenwillige Kultur sind Neuland, ebenso wie die Einbeziehung einer Kirche als gebildete, höhere Macht, der aber in dieser Geschichte weitestgehend die Hände gebunden sind. Zudem hat „Coruum“ auch Thrillercharakter, was sich durch die Vorgeschichte der einzelnen Völker ergibt. Michael R. Baier vermischt hier verschiedene Versatzstücke aus Science-Fiction, Fantasy, historischem Roman und Mystery-Thriller zu einer fortschrittlichen Einheit, die in ihrer Verbindung überraschend gut funktioniert – wahrscheinlich, weil die ausschweifenden Darstellungen nie in irgendeiner Weise abgehoben oder unnatürlich erscheinen.
Trotz der zahlreichen Verbindungen ist die Geschichte nämlich sehr bodenständig und lässt sich nie als reine Science-Fiction identifizieren; der Bezug zur Realität ist dafür einfach zu oft gegeben, und das ist ein zusätzlicher Reiz, deren Wirkung erstaunlich groß ist.
Auch wenn der erste Roman noch sehr viele Fragen aufwirft, kann man sich bereits gewiss sein, dass hier noch etwas Großes auf den Leser wartet. Nach fast 600 Seiten hat der Plot gerade erst so richtig begonnen, und durch das recht abrupte und gemeine Ende ist der Wunsch, sehr bald mehr über „Coruum“ in Erfahrung zu bringen, recht groß. Bis dahin bleiben erst einmal nur ein Blick auf die [Homepage]http://www.coruum.com des Projekts und ein sehr überzeugender Eindruck als ‚Trost‘. Eine Information dazu am Rande: Diese erste Auflage ist fast ausverkauft und wird ab März neu lektoriert und neu gedruckt sowie mit leicht verändertem Cover auf den Markt kommen.
Michael Baier hat es jedenfalls geschafft, den Leser mit einfachen erzählerischen Mitteln und einer klug verflochtenen Erzählung aus der Reserve zu locken. Nach der Pflicht folgt jetzt hoffentlich schon bald die Kür!
Das |ALIEN CONTACT Jahrbuch| versammelt auf über 300 Seiten alle längeren Beiträge der Internet-Ausgaben 58 bis 63; Erzählungen, Interviews, Essays und Kolumnen. Damit wird es zum unverzichtbaren Jahresüberblick für alle, die sich für Science-Fiction und Fantasy interessieren!
_Inhalt:_
|STORYS|
_Arkadi und Boris Strugazki:_ »Sandfieber«
_Ian Watson:_ »Invasion der Uranier«
_George R. R. Martin:_ »Manna vom Himmel«
_Kelly Link:_ »Nelke, Lilie, Lilie, Rose«
_Helmuth W. Mommers:_ »Personal Android«
_Boris Babura:_ »Der Rosenzüchter«
_Bodo Kroll:_ »Fremdkontakt 1: Bewohner des französischen Weins«
_Bodo Kroll:_ »Fremdkontakt 2: Ein Absturz mit Folgen«
_Bodo Kroll:_ »Fremdkontakt 3: Bericht eines Farmers aus New Jersey«
_Marc-Ivo Schubert:_ »Symbiose«
_Sabine Wedemeyer-Schwiersch:_ »Laq’lir«
_Sabine Wedemeyer-Schwiersch:_ »Ein geeignetes Forschungsobjekt«
_Simon Weinert:_ »die ballade des ritters kriegbart«
_Alexander Weis:_ »Die Zukunft des Menschen«
_Till Westermayer:_ »Blind Date/Maximum«
|ESSAYS|
_Science Fiction und Satire_
Christian Hoffmann über die Ursprüngen und die Entwicklung im 20. Jahrhundert
_Zufälligerweise notwendig wahr_
Dietmar Dath über Nanotechnologie, die neue/alte Armut in den Industriezentren und über den Zusammenhang von Hightech, Zukunftsspinnerei und gesellschaftlichen Konflikten
_Laudatio auf Prof. Dr. Dieter B. Herrmann_
Eckehard Rothenberg zum 65. Geburtstag von Prof. Dr. Dieter B. Herrmann
_Nur Du kannst den Golfstrom retten!_
Arno Behrend über den ernsten Hintergrund von Roland Emmerichs Film |The Day After Tomorrow|
_Pragmatismus als Programm oder Ein besseres Leben für alle_
Ralf Lorenz über die Utopie |Walden Two| von B. F. Skinner
|INTERVIEWS|
_Ein Gespräch mit Andreas Bull-Hansen_
»Ich denke mir nichts aus …«
_Interview mit Tobias O. Meißner_
»Aber dafür bin ich wahrscheinlich noch nicht gut genug …«
_Interview mit Herbert W. Franke_
Herausgeber – Autor – Wissenschaftler
_Interview mit Helmuth W. Mommers_
Die Rückkehr des Zeitreisenden
_Ein Interview mit Clive Barker_
»Hier wird mit zweierlei Maß gemessen …«
_Ein Interview mit Susanne Thomann_
_AC-Sonntags-Chat mit Barbara Slawig_
_AC-Sonntags-Chat mit Michael Marrak_
|ESSAYS|
_Gefährlich Ehrlich • Die Kolumne von John Clute_
Die Welt unter der Lupe – William Gibsons Mustererkennung
_Interpretationen klassischer Science Fiction von Adam Roberts_
Philip K. Dicks |Ubik|
H. G. Wells‘ |Die Zeitmaschine|
Isaac Asimovs |Die Stahlhöhlen|
»Freiheit« in Heinleins |Der Mond ist eine herbe Geliebte|
_Die Tore zum Paradies_
Fantasyliteratur und ihre unterschiedlichen Formen
Fantasy und Mythologie
Heroische Fantasy
|PORTRAITS|
Das Werk von Alban Nikolai Herbst
Die unbekannten Strugazkis
_Rezension:_
Das |AC Jahrbuch 2004| ist das erste, das mir vorgelegt wurde und besticht durch seine Vielfältigkeit. Das Jahrbuch für Science-Fiction und Fantasy befasst sich jedoch vorrangig mit dem SF-Genre, wenngleich die Grenzen zur Fantasy ja häufig fließend sind. Inhalt dieses Bandes sind die Highlights der Ausgaben 58 bis 63 des Online-Magazines ALIEN CONTACT – seit seiner Gründung im Jahr 1990 ein Magazin für SF und Fantasy, das Erzählungen und Sachbeiträge überwiegend zur SF bietet. Der Herausgeber Hardy Kettlitz, der sich im Vorwort fragt, ob 2004 ein gutes Jahr für die SF war, hat hier bei der Auswahl ein sehr glückliches Händchen bewiesen. Neben den Storys, von denen für mich „Laq’lir“ und „Ein geeignetes Forschungsobjekt“ (köstlich!: kurz und humorvoll) von Sabine Wedemeyer-Schwiersch, „Invasion der Uranier“ von Ian Watson und „Symbiose“ von Marco-Ivo Schubert zu den besten zählen, wird Infotainment vom Feinsten geboten.
Zum Beispiel über Prof. Dr. Dieter Herrmann, einen Förderer der SF in Berlin, der bis Herbst 2004 Direktor der Archenhold-Sternwarte und des Zeiss-Großplantetariums in Berlin war und dessen größter Verdienst die Popularisierung der Astronomie in allen Medien ist. Aber auch die Essays lassen sich gut lesen, u. a. „‚Freiheit‘ in Heinleins Werk ‚Der Mond ist eine herbe Geliebte'“, das aus drei Teilen besteht: Die getreue Denkmaschine, Pöbel in Waffen und TANSTAALF. Dann dokumentiert ALIEN CONTACT einen Vortrag mit dem Titel „Zufällig wahr – Beweisen und Erzählungen“ (über Nanotechnologie, die neue/alte Armut in den Industriezentren und über den Zusammenhang von Hightech, Zukunftsspinnerei und gesellschaftlichen Konflikten – Themen, die auch für SF-Leser relevant sind) von Dietmar Dath, den dieser im Rahmen der Transmediale 04 und der Diskursreihe „Don’t Panic“ verfasste. Besonders interessant: „Die Tore zum Paradies“, in denen sich Jeff Gardiner in drei Teilen mit Fantasyliteratur und ihren unterschiedlichen Formen, Fantasy & Mythologie und Heroischer Fantasy beschäftigt. Christian Hoffmann hingegen bietet eine Betrachtung über Science-Fiction und Satire und darüber hinaus eine Topliste satirischer SF.
Das Autorenportrait von Alban Nikolai Herbst sei noch zu erwähnen, aber auch die Interviews sind hochinteressant. So erfährt man über den norwegischen Fantasy-Autor Andreas Bull-Hansen, dass er von Haus aus Gewichtheber ist, ihm das Schreiben gleichbedeutend mit Hingabe ist, er begonnen hatte, Wirtschaftswissenschaft zu studieren, das Studium aber aufgrund eines schweren Autounfalls abbrechen musste … und vieles mehr.
Tobias O. Meißner, der mit seinem Fantaysroman „Das Paradies der Schwerter“ Schlagzeilen machte, verrät, dass er Publizistik und Theaterwissenschaften studiert, 1990 mit drei Freunden den Literaturclub „Deadline Project“ gründete und sein erster Roman „Starfish Rules“ war. Meißner verrät, dass Wolfgang Ferchl (inzwischen Verlagsleiter bei |Piper|) und Wolfgang Hörner (|Eichborn|) wichtig für ihn waren.
Besonders interessant ist das von Hardy Kettlitz & Thomas Harbach geführte Interview mit Herbert W. Franke, der früher Herausgeber der SF-Reihe des |Goldmann|-Verlages war, auf einem Umweg über den |Kindler|-Verlag zum |Heyne|-Verlag kam und später durch Dr. Franz Rottensteiner (Herausgeber der |Phantastischen Bibliothek|) zu Suhrkamp. Von Franke sind ebenso Bücher in der DDR wie auch in der Sowjetunion erschienen. Darüber hinaus erfährt man, dass er zahlreiche Ausstellungen mit eigenen Computergrafiken gemacht hat und einen Teil seiner Freizeit mit wissenschaftlichen Arbeiten verbrachte.
Es gäbe noch erheblich mehr über das sehr informative Jahrbuch zu sagen, doch das nähme zu viel vorweg. Kommen wir also noch zu der Aufmachung, und die kann sich wirklich sehen lassen. Das Papier ist bestens, der Satz zweispaltig, mit Innenillustrationen wurde nicht gespart – da stimmt wirklich alles.
Unterm Strich: Ein sehr empfehlenswerter Sammelband! Nicht nur für Sammler und SF-Fans, sondern auch für Neulinge des Genres hochinteressant, weil allein schon das Infotainment vorbildlich ist, aber auch der Unterhaltungswert kommt durch die Storys nicht zu kurz. Eine höchst ausgewogene Mischung!
Das Jahrbuch 4 (2005) erscheint im März 2006, wie ich auf der |Shayol|-Verlagsseite sehen konnte: http://www.shayol.de.
_Info:_
Im Oktober 2004 fand der erste ALIEN CONTACT SONNTAGS-CHAT in Zusammenarbeit mit dem SF-NETZWERK.de statt. Termine und Infos über die geplantgen Chats findet man hier: http://www.alien-contact.de & http://www.sf-netzwerk.de.
|Auf der einen Seite: ein alptraumhaftes Geschöpf mit schwarz glänzendem Panzerkörper, messerscharfen Zähnen, Säure statt Blut und einem tödlichen Zungenkuss. Der perfekte Organismus. Das Alien! Auf der anderen Seite: ein gnadenloser Killer mit perfekter Tarnung, unfehlbarem Instinkt und einem Arsenal an High-Tech-Waffen. Der perfekte Jäger. Der Predator! In Computerspiel, Comic und Kinofilm stießen die beiden Ikonen des Science-Fiction-Horrors hier in Deutschland bereits aufeinander. Jetzt ist bei Dino der erste Roman zum Clash der Weltraummonster erschienen.|
_von Bernd Perplies
mit freundlicher Unterstützung unseres Partnermagazins http://www.ringbote.de/ _
1979 kam Ridley Scotts Tiefraumschocker „Alien“ in die Kinos, ein klaustrophobisch-düsterer Streifen über eine Frachtercrew, die sich fernab jedweder Zivilisation einen feindseligen Organismus an Bord holt und diesem Mann für Frau zum Opfer fällt. Der Film brachte eine neue Dimension des Horrors in das Science-Fiction-Genre und sein Erfolg zog drei Sequels und zahlreiche Nachahmer nach sich. Acht Jahre später trat in John McTiernans darwinistischem Dschungelbuch „Predator“ mit einem unsichtbaren galaktischen Trophäenjäger ein weiterer extraterrestrischer Schrecken auf die große Leinwand. In der Fortsetzung „Predator 2“ (1990) kam jemandem dann der Gedanke, das perfekte Raubtier mit dem perfekten Jäger zu verknüpfen, was in der augenzwinkernden Schlusspointe eines Alien-Schädels in der Trophäensammlung des Predators resultierte. Dieser Moment, so will es der Mythos, war die Geburtsstunde des Franchises „Alien vs. Predator“.
Besonders groß oder öffentlichkeitswirksam war es nie – vielleicht schon deshalb, weil es auf zwei Filmreihen basierte, die sich mit Einstufungen „FSK 16 aufwärts“ und den Genres Sci-Fi/Horror kaum an ein wirkliches Massenpublikum wandten. Trotzdem erschienen, neben den zwei recht bekannten Ego-Shooter-Games aus den Jahren 1999 und 2001, zwischen 1989 und 2000 eine ganze Reihe Comics, in denen sich der außerirdische Safari-Tourist und der säureblütige Xenomorph graphisch gewalttätig gegenseitig und ihrer Umgebung die Rübe einschlugen. Der Klassiker unter diesen Konfrontationen trägt den simplen Titel „Alien vs. Predator“ (1989/1990).
Die Geschichte handelt von einer Gruppe Kolonisten auf dem Planeten Ryushi, deren einfaches Leben als Rancher auf nachhaltige Weise gestört wird, als sie in einen Initiationsritus für eine Rasse tödlicher Jäger – Predatoren! – geraten, die es allerdings nicht auf die Menschen abgesehen haben, sondern auf etwas weit gefährlicheres: Aliens! (Die zu diesem Zwecke auf der Planetenoberfläche „gesäht“ wurden.) Durch die ungeplante Anwesenheit der Menschen geraten die Aliens allerdings außer Kontrolle und um zu überleben, sehen sich Predator und Mensch letztendlich gezwungen, zusammenzuarbeiten, namentlich die Kolonie-Aufseherin Machiko Noguchi und der Jäger-Veteran Dachande, die den fiesen ‚Hartfleischern‘ am Ende mit großem Feuerzauber den Garaus machen.
Exakt dies ist auch der Inhalt des 1994 erschienen Romans von Steve Perry und S. D. Perry, der mit zehn Jahren ‚Verspätung‘ im Rahmen des Hypes um Paul W. S. Andersons Kino-Monsterhatz „Alien vs. Predator“ über den |Dino|-Verlag den Weg in deutsche Buchhandlungen fand. Die Handlung ist dabei konsequent zweigeteilt und folgt einerseits der Perspektive Noguchis, die sich als neue Aufseherin der Rancher-Community auf Ryushi mit abweisenden Rynth-Züchtern herumschlagen muss, und andererseits jener Dachandes, der als Ausbilder eine Gruppe junger Yautja (so nennen sich die Predatoren selbst; die Bezeichnung „Predator“ fällt im ganzen Roman kein einziges Mal) auf die abgelegene Welt begleitet, auf der sie ihre Mannbarkeitsprüfung bei der Jagd auf die „Kainde amedha“, die Hartfleischer, ablegen sollen.
Dadurch, dass diese doppelte Perspektive auch dann noch durchgehalten wird, wenn sich Noguchi und Dachande als letzte Krieger gegen die Alienhorden zusammengeschlossen haben, erhält die Geschichte zwischenzeitlich sogar eine unterschwellig humoristische Note, denn es wird klar, wie unterschiedlich die Mentalitäten der beiden ungleichen Partner sind, deren gemeinsamer Erfolg gerade aus grenzwertigen Missverständnissen resultiert. Will Noguchi beispielsweise eher kameradschaftlich erscheinen, hält Dachande sie für aggressiv und gerade diese Dreistigkeit der kleinen Menschin imponiert ihm, womit der beabsichtigte Schulterschluss erreicht wäre, wenn auch unter völlig unterschiedlichen Grundvoraussetzungen.
Die Handlung an sich ist relativ gradlinig und folgt bekannten Mustern. Eine Gruppe Menschen an einem Ort fern jedweder Zivilisation führt ein beschauliches Leben, dann häufen sich seltsame Vorzeichen – Leute verschwinden, Schleim an den Wänden, Unsichtbare vor den Toren usw. – und schließlich kommt es zum rasenden Showdown mit horrender Todesrate. Trotzdem macht es Spaß, die Konfrontation zu verfolgen, gerade weil sie eine gekonnte Mischung aus Bekanntem und neuen Elementen ist. Vermutlich kann man den Autoren vorwerfen, dass sich die kreative Eigenleistung in Grenzen hält, denn ich nehme an, dass sich Comicvorlage und Roman tatsächlich sehr ähnlich sind (umso mehr fragt man sich, warum die Bücher seinerzeit überhaupt in Auftrag gegeben wurden). Kennt man die Comics indes nicht, wird dieser Kritikpunkt hinfällig.
Für Fans auf jeden Fall spannend sind die zahlreichen Einblicke, die uns die Autoren in die Gesellschaft der Predatoren gewähren, vor allem die Motivationen und Rituale rund um die Jagd. Wer den Kinofilm von Anderson gesehen, der wird einiges davon bereits kennen, aber hier muss für die Autoren (bzw. die ursprünglichen Comicautoren Randy Stradley und Phill Norwood von Dark Horse) eine Lanze gebrochen werden: Sie waren zehn Jahre vor dem britischen Regisseur dran.
_Fazit:_ Für Fans der zwei berühmten Weltraummonster bietet „Aliens vs. Predator: Beute“ ohne Zweifel gute Unterhaltung. Gekonnt vermischen die Autoren bekannte (und beliebte) Elemente beider Universen mit neuen Ideen und gewähren dabei interessante Einblicke in die Gesellschaft und Denkweise der Predatoren. Das einzige wirklich Manko ist der hohe Preis: Knapp 10 Euro für 267 Seiten Lesestoff sind ziemlich viel Holz, selbst für einen Fan der Materie. (Aber relativ hohe Buchpreise sind leider ein generelles Problem des |Dino|-Verlags.)