|Frank Miller gilt als Garant für knallharte Action. Daredevil bricht dem Kingpin die Nase, Batman prügelt den Joker durch ein Schaufenster – immer geht es handfest zur Sache. Die Werke aus der Feder des amerikanischen Autoren und Zeichners haben inzwischen Comic-Geschichte geschrieben. Nicht wegen ihrer Brutalität, sondern wegen ihrer Kohärenz und Tiefe. Jetzt legt Cross Cult nach und präsentiert Frank Millers Klassiker Sin City neu, in einer Luxus-Edition.|
Eigentlich ist Dwight McCarthy gerade dabei, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Er hat ein kleines Appartement, arbeitet als Privatdetektiv und ist seit geraumer Zeit trocken. Seine Vermieterin weiß, dass er Probleme mit Alkohol hatte und hofft für ihn das Beste. Dwights Chef Agamemnon kann mehr dazu sagen. Zwei Dinge haben Dwight immer die sichere Bahn verlassen und durchdrehen lassen: Alkohol und Frauen. Und im Augenblick sieht es so aus, als hätte er sein Leben einmal wieder gegen die Wand gefahren. Besoffen war er dabei nicht.
Der Grund für sein Unglück hat die Traummaße 90-60-90 und heißt Ava. Ihr Körper wirkt wie ein Vorgeschmack auf das Paradies und verwandelt Männer in winselnde Hündchen. Obwohl Dwight ihretwegen schwere Zeiten durchgemacht und sich gerade wieder gefangen hat, kommt er nicht von ihr los. Als eines Abends das Telefon läutet und Ava am Apparat ist, klingt ihre Stimme aufgewühlt, hilflos und verzweifelt. Der Grund ihres Anrufs lässt das Blut des Privatdetektivs aufwallen. Avas Mann, ein reicher Snob aus der Nachbarschaft, foltere und martere sie. Die Ehe mit ihm sei die Hölle, Ava fürchtet um ihr Leben. Noch wehrt sich Dwight und versucht, der einfühlsamen Schönheit nicht auf den Leim zu gehen. Nach einer exzessiven Liebesnacht ist es jedoch um seinen Verstand geschehen. Er muss Ava helfen und sie vor ihrem Ehemann beschützen – koste es, was es wolle.
Der Leser ahnt, dass die Sache nicht ganz koscher ist. Aber tragische Geschichten nehmen ihren Lauf, ob das Publikum nun will oder nicht. Vielleicht entwickelt man deswegen von Anfang an Mitleid mit Dwight McCarthy, der eigentlich nichts weiter als ein einfacher Kerl mit einem großen Herzen ist. Bald muss er erkennen, dass sich hinter Avas hilfesuchender Miene finstere Absichten verbergen. Doch da ist es bereits zu spät. Dwight liegt am Boden, blutet wie ein Schwein und ist sich sicher, dass sein letztes Stündlein geschlagen hat …
Frank Millers Geschichte über den liebeskranken Dwight McCarthy und die Femme fatal Ava ist schlicht und gradlinig. Eigentlich handelt es sich um eine gewöhnliche hard-boiled Kriminalgeschichte, ohne große Schnörkel oder Rafinessen. Die Handlung rückt nach mehreren Seiten in den Hintergründ, und der Leser beginnt zu ahnen, dass stattdessen für etwas anderes Platz gemacht wird. Ein Trip durch die dunkle Hölle von Sin City.
Millers schneller, harter, punktgenauer Erzählstil verwebt sich mit den klaren Linien seiner Zeichenkunst. Rasant wechselnde Perspektiven in Schwarzweiß und dynamische, fließende Bilderfolgen leisten genau das, wozu Comics in der Lage sind: zu überzeichnen und zu stilisieren, um das Wesentliche herauszuarbeiten. Heraus kommt ein Werk, das genau auf der Grenze zwischen Comic und Graphic Novel liegt. Millers Geschichte heizt das Adrenalin an und ist spannend bis zur letzten Seite. „Eine Braut, für die man mordet“ ist absehbar, gradlinig und arbeitet mit Stereotypen. Dennoch zieht die Geschichte den Leser in ihren Bann. Man driftet von Detail zu Detail und versinkt in Millers dunklem Traum. Kohärenz und Tiefe beweisen sich auch hier als das Markenzeichen der amerikanischen Comic-Legende.
Zu guter Letzt sei den Herausgebern der deutschen Luxus-Edition von Sin City gedankt. Die Reihe besticht durch eine hohe Qualität. Darüber hinaus wurde die Gelegenheit wahrgenommen, Hintergrundmaterial zu Frank Miller und seiner Stadt der Sünde zu veröffentlichen. Im Anschluss an „Eine Braut, für die man mordet“ findet der Leser ein Interview zur Serie, das Miller im März 1993 gab. So sollten Comics sein. Da kann man nur viel Spaß beim Lesen wünschen.
In „Peace Maker Kurogane“ wird die Geschichte der beiden Brüder Tetsunosuke und Tatsunosuke Ichimura erzählt, die nach dem Mord an ihrem Vater auf sich selbst gestellt sind und auf diese Situation völlig unterschiedlich reagieren. Die Handlung dieses neuen Mangas von Nanae Chrono spielt im Japan der Edo-Periode 1860 und bezieht sich vornehmlich auf die politischen Intrigen sowie den Machtkampf im alten Japan. Mitten in einer brutalen Fehde zwischen den Anhängern des Kaisers und den Gefolgsleuten der Shogun, während der sich die Bevölkerung quasi schutzlos zwischen diesen beiden Lagern ausgeliefert fühlt, bildet sich dort eine Samurai-Schutztruppe namens Shinsengumi, deren Aufgabe es ist, die Straßen von Kyoto vor Unheil zu beschützen und die gefürchteten Rebellen von Choshu zu bekämpfen. Nur die besten Samurai-Kämpfer können bei den Shinsengumi einsteigen und müssen sich hierzu einem strengen Ehrenkodex unterwerfen. Auch die Hauptfigur Tetsunosuke und sein älterer Bruder streben danach, beim Clan der Shinsengumi mitzumischen, jedoch aus unterschiedlichen Motiven heraus.
_Inhalt Band 1:_
Tetsunosuke erhofft sich durch den Beitritt zur Samurai-Schutztruppe ‚Shinsengumi‘ Informationen zum Mord an seinen Vater zu bekommen und schließt sich gemeinsam mit seinem Bruder der Truppe an. Der Hass auf die Choshu-Rebellen, die für den Tod seins Vaters verantwortlich sind, ist so groß, dass Tetsu sich schwört, blutige Rache an ihnen zu nehmen. Sein Bruder hingegen will Tetsu zur Vernunft bringen. Er ist nicht so stark von diesen Rachegelüsten befallen und möchte lieber ein ruhiges Leben als Buchhalter der Samurai-Organisation führen. Dieselbe Ruhe wünscht er sich von Tetsu, aber der lässt sich nicht mehr umstimmen. Als er dann eines Tages den ebenfalls von Rachedurst getriebenen Suzu kennen lernt, ist sich Tetsu seiner Sache noch sicherer. Schnell werden die beiden beste Freunde und kämpfen gemeinsam für ihr individuelles Ziel. Tetsu weiß jedoch nicht, dass Suzus Lehrmeister der von ihm gesuchte Mörder ist.
Derweil macht ein mysteriöser Mann mit Rasta-Zöpfen das Lager der Samurai-Kämpfer unsicher. Beim Anblick von Tetsusonuke bemerkt er sofort, dass dies der Sohn seines ehemaligen Weggefährten „Peacemaker“ sein muss. Daher beschließt er, den angehenden Samurai abzuwerben, was die „Shinsengumi“ natürlich nicht so gerne sehen – zumal der mysteriösen Fremde ein landesweit gesuchter Verbrecher ist.
Während Tetsu in der Zwischenzeit bei den Burschen von „Shinsengumi“-Vize-Kommandeur Toshizo Hijikata heranwächst, startet Suzu gemeinsam mit seinem Meister einen blutigen Rachefeldzug und entblößt sein wahres Ich.
_Bewertung_
Ich bin heilfroh, dass Nanae Chrono zu Beginn des Buches die einzelnen Charaktere und ihre jeweilige Rolle kurz vorstellt. Ansonsten hätte ich beim Lesen von „Peace Maker Kurogane“ wohl sehr schnell den Überblick verloren, weil in kürzester Zeit eine Vielzahl von neuen Personen ins Geschehen eintritt. Aber auch so wird es dem Leser nicht gerade einfach gemacht, einen Einstieg in diesen ersten Band zu bekommen. Es dauert gut die halbe Seitenzahl des Buches, bis man die individuelle Motivation der Hauptcharaktere begriffen hat und ihr Handeln verstehen kann. Das dauert deswegen so lange, weil die einzelnen Subplots teilweise nicht richtig zu Ende geführt werden und zu viele Tatsachen im Raume stehen bleiben. Der Fakt, dass die Zeichnungen darüber hinaus manchmal ziemlich hektisch und überladen wirken, erschwert die Sache schließlich noch zusätzlich.
Hat man sich daran gewöhnt bzw. hat man sich in diesem verwirrenden Strang endlich mal zurechtgefunden, entwickelt sich langsam aber sicher eine weiterhin komplexe, aber sehr spannende Story, die einmal mehr von den verschiedenartigen Charakteren lebt, deren Beziehungen zueinander in diesem Buch nur teilweise angerissen werden. Aber man ahnt bereits, dass hier noch einiges im Busch ist und noch mehrere Intrigen während der Folgebücher gesponnen werden. Alleine die Wandlung des Suzu und die rein spekulativ erfassbare Rolle des stets coolen Rasta-Mannes namens Ryoma Sakamoto sprechen schon für eine solche Vermutung. Aber die meisten Personen sind auch noch nicht richtig zum Zuge gekommen, sondern wie gesagt, nur kurz ins Geschehen eingetreten, weil sich der erste Band vorrangig damit beschäftigt, die Freundschaft von Tetsu und Suzu zu beschreiben und die sich darin befindliche Dramatik ans Licht zu bringen. Und genau dies ist Nanae Chrono auch sehr gut gelungen, sieht man mal von den genannten Kritikpunkten sowie dem manchmal unpassenden zeichnerischen und verbalen Witz ab, der irgendwie nicht mit dem ernsten Hintergrund der Handlung vereinbar scheint.
Aber da sich das Buch nach und nach fortentwickelt und zum Ende hin sogar richtig klasse ist, sieht man von den ganzen kleinen Schönheitsfehlern gerne ab und behält lieber die Faszination, die von den Hauptdarstellern ausgeht, im Gedächtnis fest. Mit Freude erwarte ich jetzt bereits die Fortsetzung im bereits erhältlichen nächsten Band. Samurai-Fans sollten sowieso einmal mit „Peace Maker Kurogane“ beschäftigen, das ist trotz mancher Hektik ziemlich starker Stoff!
Neben den drei Cine-Mangas mit einzelnen Seriennachbildungen zum Thema SpongeBob Schwammkopf haben |Tokyopop| nun auch den Kinofilm um den gelben Schwamm mit einem Comic geehrt. In diesem Comic findet man folgerichtig eine etwas kürzere Fassung des bunten Lachmuskel-Trainers, der aber wegen der wirklich schönen Zeichnungen und aufgrund des glücklicherweise nur selten verloren gegangenen Wortwitzes sehr gut geworden ist.
_Story_
Mr. Krabs eröffnet eine weitere Filiale der „Krossen Krabbe“ und benötigt eigens hierfür einen Manager. Für SpongeBob steht bereits im voraus fest, dass er wegen seiner jahrelangen Treue und diverser betriebsinterner Auszeichnungen diesen Posten verdient hat und auch bekommen wird. Als sich sein Boss jedoch dann für Thaddäus entscheidet, beginnt für den kindlichen Schwamm eine längere Frust-Periode.
Zur gleichen Zeit stiehlt der fiese Plankton die Krone des Meereskönigs Neptun und schiebt die Schuld auf Mr. Krabs. Neptuns Zorn lässt nicht lange auf sich warten, und bevor sich Krabs herausreden kann, verwandelt er den Besitzer der „Krossen Krabbe“ in eine Eisstatue. Nur wenn SpongeBob und Patrick es schaffen, in fünf Tagen die Krone aus dem gefürchteten Shell City zurückzuholen, wird die rote Krabbe begnadigt.
Plankton nutzt diese Zeit, um das geheime Rezept für die berühmten Krabbenburger zu stehlen und selber Karriere als Fast-Food-Verkäufer zu machen. Seine neue Beliebtheit nutzt das kleine grüne Monster jedoch aus, um ganz Bikini Bottom zu unterwerfen. Nur wenn SpongeBob und Patrick auf dem beschwerlichen Weg nach Shell City Erfolg haben, besteht die Chance, dass sich die Lage in der friedlichen Unterwasserwelt wieder entspannt.
_Bewertung_
Anders als bei den Büchern zur Serie hatte ich bei diesem Cine-Manga befürchtet, dass die Geschichte in einem relativ kurzen Comic nicht adäquat nacherzählt werden kann. Und in gewissem Sinne habe ich auch Recht behalten, denn gegen das Kinoereignis kann das Büchlein von |Tokyopop| nunmal nicht ankommen.
Betrachtet man das Werk allerdings als das, was es ist, nämlich einen unterhaltsamen Comic, dann wird man an „SpongeBob Schwammkopf – Der Film“ in Buchform sehr schnell seine Freude haben; immerhin haben sich die Macher alle Mühe gegeben, die Handlung in dem begrenzten Rahmen lustig, kurzweilig und trotzdem vollständig nachzuzeichnen. Dass dabei so manche Szene aus dem Film nur kurz oder auch gar nicht angerissen werden kann, liegt in der Natur der hier vorherrschenden Idee und ist nur allzu verständlich. Schade ist halt nur, dass Gags wie der penetrante „Taube Nüsschen“-Song sich nicht entfalten können oder die peinliche Aktion mit den Seifenblasen in einer Rockerkneipe ganz wegfällt. Das sind meiner Meinung nach Schlüsselszenen, die dem Film erst die notwendige (alberne) Würze geben, und abseits von diesen beiden Beispielen gibt es noch eine ganze Hand voll solcher Momente, die man sich für die Kurzfassung hier geschenkt hat.
Das ist für Fans sicher nicht akzeptabel und verdient auch berechtigte Kritik, zumal man die Sache etwas ungünstig aufgeteilt hat. Die eigentliche Action auf dem Weg nach Shell City bekommt nämlich nur einen geringen Teil des vorhandenen Raumes geschenkt, während zum Beispiel die Stelle, in der Neptun Mr. Krabs verwandelt deutlich zu viel Platz eingeräumt bekommt.
Dies muss man schon alles beachten, weshalb ich auch ganz deutlich sagen muss, dass der Comic nur als Ergänzung empfehlenswert ist, wohingegen der Film definitiv Pflichtstoff ist. Als nette Unterhaltung mit albernen Witzen und sehr schönen und ziemlich bunten Illustrationen ist „SpongeBob Schwammkopf – Der Film“ aber ebenso stark wie die themenbezogenen Begleitbücher zur Serie – er ist eben nur nicht vollständig!
Smells like teen spirit – „Blankets“ ist eine autobiographisch gefärbte Geschichte. Craig Thompson wurde 1975 geboren und erzählt seine Jugendgeschichte in Wisconsin, Anfang der 90er Jahre. Es ist die Zeit von |Nirvana|, die Zeit der ersten Partys, die Zeit des ersten Joints und der ersten Liebe. Doch an Craig zieht vieles davon mehr oder weniger spurlos vorbei. Er scheint ein Mensch ohne rechte Leidenschaft zu sein. Er ist ein Außenseiter, der sich stets zurückzieht und in irgendeiner Ecke auf seinem Notizblock vor sich hinzeichnet, während seine Mitschüler sich mal wieder über seinen Haarschnitt lustig machen.
Craig hat keine Freunde und auch das Leben in seinem Elternhaus ist nicht wirklich die reinste Freude. Die Thompsons sind strenggläubige Christen und spätestens seit der Ära George W. Bush weiß man auch hierzulande, wie man sich strenggläubige Christen im Mittleren Westen der USA vorzustellen hat. Craig und sein Bruder Phil werden christlich-fundamentalistisch erzogen (Gewalt ist okay, aber Sex ist böse!).
Craigs Kindheit ist keine leichte, aber er macht niemandem einen Vorwurf dafür. „Für meine Familie, in Liebe“ steht als Widmung auf der ersten Seite. Eine Widmung, die einen seltsamen Kontrast zu den Szenen aus Craigs Kindheit bildet. Durch die Intensität der Zeichnungen und die bildhafte Art Gefühle darzustellen, wirkt Craigs Kindheit besonders bedrückend und trist. Craig steht schon in jungen Jahren mehr oder weniger am Rand, kann sich weder zu Hause noch in der Schule wirklich heimisch fühlen und flüchtet sich in seine Träume. Gemäß seiner christlichen Erziehung hat Craig schon in jungen Jahren mit seinem Leben mehr oder weniger abgeschlossen und hofft stattdessen darauf, dass im Himmel alles besser wird.
Als ein winterliches (natürlich christliches) Ferienlager ansteht, ist die Situation wieder die Gleiche: Craig bleibt außen vor, steht als Beobachter abseits, während die anderen Snowboarden und Sprüche über ihre Fortschritte beim weiblichen Geschlecht klopfen. Und doch wird in diesem Ferienlager alles anders für Craig. Er, der Außenseiter, trifft andere Außenseiter und ist zum ersten Mal in seinem Leben nicht allein. Und dann wäre da noch Raina aus Michigan. Sie sorgt für einige Turbulenzen in Craigs ansonsten so unspektakulären Leben. Sie verbringen viel Zeit zusammen, funken offensichtlich auf einer Wellenlänge und bleiben auch über das Ferienlager hinaus in Kontakt. Zwischen dem schüchternen Craig und der bezaubernden Raina entstehen die zarten Bande einer tiefen Freundschaft, die auch über die Distanz zwischen Wisconsin und Michigan Bestand hat.
Als dann Craigs Eltern auch noch wundersamerweise erlauben, dass er Raina in Michigan besucht, beginnen die zwei schönsten Wochen seines bisherigen Lebens. Raina weckt ungeahnte Gefühle in Craig und die zwei Wochen im verschneiten Michigan sind wie einer der Träume, die er immer gehegt hat. Doch auch die zwei Wochen sind irgendwann vorbei und Craig muss wieder zurück in das provinzielle Wisconsin …
Die Geschichte einer ersten Liebe, die mehr erahnt, als wirklich ausgelebt wird, vor dem Hintergrund einer christlich-fundamentalistisch geprägten Erziehung in der tiefsten amerikanischen Provinz – das ist der Kern von „Blankets“. Thompsons Zeichnungen stecken so voller Leben, die Geschichte wird so ehrlich und offen erzählt, dass man sie mehr fühlt als liest. „Blankets“ geht einem wirklich nah, und das schon nach wenigen Seiten. Kein Wunder, dass Thompson für sein Werk schon so manchen Kritikerpreis abstauben konnte. Jüngst folgte im Rahmen der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt die Auszeichnung als Comic des Jahres – völlig verdient, denn „Blankets“ dürfte eine der wichtigsten Underground-Comic-Veröffentlichungen des letzten Jahres sein.
Und das obwohl (oder gerade weil?) der Comic dem Äußeren nach recht schlicht gehalten ist. Einfache, skizzenhafte Schwarz/Weiß-Zeichnungen, wenig Text, teilweise großformatige Szenen, mal ganz realistisch, mal emotional und abstrakt. Thompson ist sicherlich einer der wenigen Comiczeichner, die mit ganz wenigen Strichen komplexe Emotionalitäten darstellen können, egal ob er seine Gefühle für Raina zeichnet oder sein Verhältnis zum christlichen Glauben visualisiert.
Thompsons Gespür für Bilder weiß zu fesseln, aber man muss es mit eigenen Augen gelesen/gesehen haben, um es wirklich zu begreifen. Ist man erst einmal eingetaucht in die Atmosphäre, die Geschichte, die Figuren, kommt man so schnell nicht mehr davon los. Und gerade weil Thompsons Zeichnungen so intensiv und ausdrucksstark sind, könnte man gleich vorne wieder anfangen zu lesen, wenn man am Ende angekommen ist. Man kommt von „Blankets“ einfach nicht los, so faszinierend intensiv ist die Welt, die Thompson mit so wenigen Strichen aus dem Hut zaubert.
Allein in der Textur der Striche tauchen bei „Blankets“ so facettenreiche Emotionen auf, eine so erstaunliche Tiefe, dass man nur staunen kann. Mal wirken die Bilder ganz weich und zärtlich, mal wütend und aggressiv und mal tieftraurig und unsicher. Schwarz/Weiß-Zeichnungen sind in der Beziehung wesentlich ausdrucksstärker und emotionsgeladener als die kolorierten Zeichnungen der Hochglanz-Comics vom Kiosk. Die Gesichter, die Thompson zeichnet, sind einfach und mit wenigen Strichen skizziert. Umso erstaunlicher, dass er es schafft, diese Gesichter so intensiv mit Emotionen auszustatten. Die Eigenarten und die Grundstimmung jeder Figur werden schon nach wenigen Szenen deutlich und nach ein paar Seiten sind sie einem richtiggehend vertraut.
Die Geschichte, da sie nun einmal als Comic erzählt wird, wirkt viel direkter und unmittelbarer und dadurch letztendlich auch nachhaltiger. Gerade als Medium für autobiographische Themen scheint sich der Comic außerordentlich gut zu eignen (weitere Beispiele wären „Maus“ oder „Barfuß durch Hiroshima“). Gefühle werden durch die Zeichnungen (besonders auch durch die für Underground-Comics oft typische, etwas skizzenhafte Darstellung) viel plastischer und besser bzw. schneller begreifbar. Der Comic stellt Dinge dar, die sich mit Worten nur schwer beschreiben oder erklären lassen. Er vereinfacht.
Was einem in der zeichnerischen Darstellung bei „Blankets“ einleuchtend und durch und durch nachvollziehbar erscheint, lässt sich, obwohl man genau spürt, was der Autor ausdrücken will, kaum adäquat mit Worten wiedergeben. Der Comic hat mit seiner visuellen Herangehensweise einen ganz anderen Ansatzpunkt beim Leser als ein Roman. Ein Umstand, der besonders auch bei „Blankets“ sehr deutlich wird und wohl der wichtigste Grund dafür ist, dass einem die Geschichte so nah geht. Als Roman erzählt, wäre sie vermutlich nicht halb so fesselnd. Daraus entsteht letztendlich eine scheinbare Widersprüchlichkeit: Der Comic vereinfacht einerseits, übermittelt andererseits aber komplexere Dinge, als man ihm zutraut – einfach, weil er direkter ist.
Die Geschichte selbst hat, abgesehen von Craigs Besuch bei Raina, einen eher episodenhaften Charakter. Thompson skizziert Bruchstücke seiner Kindheit, die zusammengesetzt ein Bild des Menschen zeichnen, der später im Ferienlager Raina kennen lernt. Auch die späteren Ereignisse werden eher episodenhaft dargestellt. Craigs Verhältnis zu seinem jüngeren Bruder wird ebenso beleuchtet wie die Weiterentwicklung im Elternhaus. Auch Craigs Verhältnis zum christlichen Glauben wird immer wieder thematisiert und bildgewaltig dargestellt. Thompson erzählt die Geschichte als eine wirklich runde Sache. Man schlägt am Ende zufrieden, aber auch wehmütig das Buch zu. Anfangs- und Endpunkt, der gesamte Handlungsbogen – alles wirkt geradezu perfekt und bis ins Detail stimmig.
Dass seine Geschichte mit recht wenigen Worten auskommt, ist sicherlich auch seinem zeichnerischen Talent zuzuschreiben, aber dass die wenigen Worte, die er wählt, jedes Mal den Nagel auf den Kopf treffen und für jede Szene wie geschaffen sind, das offenbart auch ein gewisses Erzähltalent. Die Liebesgeschichte von Craig und Raina ist so erfrischend ehrlich und unkitschig erzählt, dass einem bei der Lektüre richtig warm ums Herz wird. Nichts wirkt überzeichnet oder gekünstelt, nichts wirkt aufgesetzt oder unpassend – man muss einfach glauben, dass die Geschichte bis ins kleinste Detail so und nicht anders passiert ist. Sie wirkt so offenherzig, frei von der Leber weg erzählt, dass man wirklich spüren kann, wie die erste Liebe sich anfühlt – mit dem Schmerz, der dazu gehört.
„Blankets“ bewegt nicht nur auf visueller, sondern auch auf erzählerischer Ebene. Die Geschichte geht einem nah, die Figuren wirken unglaublich lebensecht und Craig Thompson erzählt die Geschichte einer bedrückenden Kindheit und der ersten großen Liebe vor dem Hintergrund einer streng christlichen Erziehung offen, ehrlich und mit abgeklärtem Blick. Definitiv der beste Comic, den ich seit langem gelesen habe.
Ich halte nun wirklich nichts von übertriebener Lobhudelei, geize üblicherweise mit einer persönlichen Höchstwertung und hasse Empfehlungen, die Bücher als sogenannte „Pflichtlektüre“ abstempeln, aber in diesem Fall kann ich nur den Imperativ verwenden: UNBEDINGT LESEN!
Und das meine ich sogar ernst. Auch die vermeintlichen Comic-Hasser sind angesprochen! Eigentlich jeder, der Lust auf ein Buch randvoll mit großen, ehrlichen Gefühlen und die Muße, sich darauf einzulassen, hat …
|“Alles, was im Leben schief geht in dieser Geschichte von Familie und erster Liebe funktioniert als Kunstwerk tadellos. Mr. Thompson hält sich angenehm zurück, während er uns langsam mit seinem Können überwältigt. Seine Erzählkunst, sein Gespür für Worte, Bilder und beredtes Schweigen, fesselt beim Lesen und wirkt lange nach. So etwas nenne ich Literatur.“| Jules Feiffer (Pulitzer-Preisträger)
Leseproben unter [www.speedcomics.de]http://www.speedcomics.de
Fast parallel zur letztjährigen Münchener Wiesn-Saison hat das Ehepaar Birgit und Rainer Stock einen Comic gezeichnet, der sich mit der Entstehung des Münchener Hofbräuhauses befasst. Auf knapp 50 Seiten erzählen die beiden die Geschichte von einem Klosterbruder und einem Narren, die im Auftrag des Herzogs auszogen, um für den landeseigenen Hof den besten Braumeister ausfindig zu machen. Entstanden ist ein wirklich witziger Band, bei dem sich die Autoren auch einzelne Seitenhiebe auf die Münchener Promi-Szene nicht verkneifen konnten.
_Handlung:_
München anno 1589: Mal wieder ist die bayerische Staatskasse leer. Um dem Abhilfe zu verschaffen, ordnet der in Saus und Braus lebende und recht verschwenderische Herzog an, dass man sich hofintern Gedanken machen soll, wie die Kassen wieder gefüllt werden können. Dabei treten der Hofnarr Fidelius und Mönchsbruder Benedikt auf den Plan, die dem Hofrat vorschlagen, eine eigene Brauerei aufzubauen, weil auch das Bier in München recht furchtbar schmeckt. Mit Zustimmung des Herzogs zieht das ungleiche Paar durch die Lande. Bruder Benedikt platzt jedoch alsbald der Kragen, denn der unsittliche Hofnarr raubt ihm mit seinen dämlichen Kommentaren den letzten Nerv. Dennoch finden die beiden nach einigem Hin und Her ein zünftiges Bier und machen sich vereint mit dem ehemaligen Hofschneider Rudolf auf den Weg nach Geisenfeld, wo der bekannte Braumeister Heimeran Pongraz lebt. Sie können den Frauenhelden tatsächlich überzeugen, mit ihnen nach München zu kommen, und so baut der beliebte Heimeran das erste Münchener Hofbräuhaus.
Wie das Thema dieses Comics schon vermuten lässt, gibt es auf den rund 50 Seiten von „Der Biercomic“ eine ganze Menge zu lachen. Die Geschichte ist vom Aufbau her ein wenig mit den Asterix-Comics zu vergleichen, und auch der Stil der Zeichnungen scheint von den französischen Ikonen inspiriert zu sein. Dennoch ist der Wortwitz in „Der Biercomic“ um einiges eleganter und der Inhalt zusammen mit den Illustrationen weitaus witziger – und das will schon was heißen!
Einen großen Anteil daran hat die Einbeziehung der bayerischen Promi-Welt. Rudolf Moshammer als Hofschneider sowie Stoiber und TV-Ärztin Kühnemann in Nebenrollen verleihen dem eh schon genialen Comic die finale Würze. Dazu kommen einzelne Anspielungen auf die heutige Politik, zum Beispiel beim Bau eines Turmes, der von ausländischen Gastarbeitern getätigt wird, dabei aber vollkommen die deutsche Kultur außen vor lässt. Oder etwa ein gelb-rotes Wirtshaus, das sehr stark von einem großen gelben ‚M‘ inspiriert zu sein scheint und mit der Mahlzeit-Bewertung „Ich liebe es“ kommentiert wird. Das ist absoluter Kult, prächtig in Szene gesetzt und wirklich toll geschrieben.
Da sich die beiden Ideengeber auch sehr genau an die exakten Daten gehalten haben und so auch noch ein echtes Stück bayerischer Geschichte erzählen (und satirisch aufs Korn nehmen), gibt es hierfür noch ein Zusatzlob von meiner Seite. „Die Geschichte vom Hofbräuhaus in München“ ist ein einmaliger Lesespaß und unbedingt empfehlenswert – gerade jetzt nach dem Ende der Wiesn!
Mittendrin in eine Manga-Serie einzusteigen, ist gar nicht mal so einfach, gerade wenn schon eine recht lange Vorgeschichte vorausgeht. Dementsprechend schwer habe ich mich bei dem mir zugesandten Exemplar damit getan, mich in die aktuelle |Tokyopop|-Reihe „Beck“ hineinzufinden, zumal mir immerhin schon der sechste Band der auf insgesamt 20 Folgen angesetzten Serie vorliegt.
Autor Harold Sakuishi erzählt in diesem Fortsetzungs-Manga die Geschichte des jungen Yukio ‚Koyuki‘ Tanaka, einem 14-jährigen Losertyp, der bis auf das Singen in einer Karaokebar absolut keine Talente vorweisen kann. Das Leben dieses jungen Mannes soll sich jedoch ändern, als er den merkwürdigen Mischlingshund Beck und dessen Besitzer Ryusuke Minami kennen lernt. Dieser ist nämlich der coole Gegenpart zu Yukio, ist in den Vereinigten Staaten aufgewachsen und hat dort auch schon mit einigen bekannten Bands zusammen gespielt. Ryusuke ist Gitarrist und für seinen jungen neuen Freund ein großer Einfluss, was das Musikalische betrifft, und so ist er auch dabei, als der coole Draufgängertyp und Frauenheld eines Tages die Band „Beck“ aus der Taufe hebt. Zusammen mit seinem neuen Kumpel erkämpft sich ‚Koyuki‘ langsam aber sicher Anerkennung und befindet sich auf dem besten Wege, seinem neuen Idol Ryusuke als Musiker nachzueifern.
_Story in Band 6_
In Yukios Schule steht ein Bandcontest an, für den der junge Gitarrist eine Band zusammenstellen möchte. Die verschiedenen Bewerber stellen sich jedoch nicht gerade als das heraus, was Yukio sich erwünscht hat, doch mangels anderer Kandidaten sagt er ihnen schließlich zu und startet mit ihnen die Band „Ciel Bleu“. Schnell muss er jedoch feststellen, dass der Wettbewerb unter keinem guten Stern steht und die Konkurrenten mit allen Mitteln versuchen, den Auftritt von „Ciel Bleu“ zum Desaster verkommen zu lassen. Verursacht durch die Hyodo-Bande, die ebenfalls mit einer Band am Start ist, gibt es so im Vorfeld bereits eine Menge Ärger. Doch Yukio und die Musiker, die nach einem Sabotage-Akt übrig geblieben sind, lassen sich davon nicht abhalten, und können trotz anfänglicher „Buh“-Rufe die Massen überzeugen. Dennoch hat der Erfolg mit der Band für Yukio ein übles Nachspiel; die verlorene Zeit als Musiker hat dazu geführt, dass seine schulischen Leistungen rapide schlechter geworden sind. Die Bewerbung für ein prestigereiches College steht auf dem Spiel. Weil der Junge allerdings Band und Schule unter einen Hut bekommen und sich gleichzeitig auch noch eine neue Gitarre finanzieren möchte, ist er rund um die Uhr wach und muss seinem anstrengenden Tagesablauf bald Tribut zollen.
Unterdessen interessiert sich Ryusuke für den angeblichen Selbstmord der schwarzen Sängerin Erika Blige und malt sich in Gedanken die Hintergründe aus. Ryusuke hat einen sehr guten Überblick über das gesamte Musikbusiness und scheint mehr zu wissen, als er zunächst zugeben will …
Wie schon oben angeführt: Es hat mir einige Schwierigkeiten bereitet, einen sofortigen Einstieg zu finden, denn immer wieder beziehen sich einzelne Passagen auf bereits Geschehenes. Zum Glück gibt es als Einleitung eine kurze Übersicht über die bisherige Geschichte von Yukio und Ryusuke, ohne die man wahrscheinlich aufgeschmissen wäre und so manchen Zusammenhang nicht verstehen würde.
Andererseits ist die Story jetzt aber auch nicht so komplex, dass sich hier noch weitere Probleme ergeben würden. Sobald man sich nämlich einigermaßen zurechtgefunden hat, ist man auch mittendrin in der Welt des jungen Gitarristen und seiner Kontrahenten und Neider.
Was dabei erst noch wie eine recht banale Geschichte typisch asiatischer Machart ausschaut, entpuppt sich nach wenigen Seiten als eine sehr weit reichende Story mit vielen Nebenhandlungen und wirklich toll dargestellten Charakteren. Vor allem der mysteriöse Ryusuke übernimmt einen sehr guten Part und wird von Sakuishi immer wieder passend und gut in Szene gesetzt. Die Illustrationen sind dem Mann hinter diesem Comic allerdings im Gesamten sehr gut gelungen, seien es nun die Hauptfiguren oder die in Yukios Visionen erscheinenden toten Musiker Freddie Mercury, Bob Marley und Kurt Cobain.
Aber noch einmal zur Story: Hier passiert innerhalb der 200 Seiten wirklich eine ganze Menge; Sakuishi wechselt sehr häufig die Szenarien, was stellenweise aber auch dazu führt, dass man kurz den Überblick verliert. Es gilt immer wieder, eine große Anzahl von Informationen zu verarbeiten, was einem, sobald man einzelne Zusammenhänge endlich begriffen hat (hier redet erneut der Neueinsteiger), aber zunehmend leichter fällt. Abes es soll halt nicht verschwiegen werden, dass die Geschichte trotz massiver Rock-Klischees alles andere als ein simpel strukturierter Kinder-Comic ist.
Insgesamt gefällt mir der sechste Band dieser Reihe sehr gut und macht auch direkt Lust auf mehr. Vorerst gilt es aber jetzt noch, die ersten Bücher zu lesen, dann wird vieles sicherlich noch gründlicher zu verstehen sein. Dies ist dann natürlich auch meine Empfehlung an die verehrte Leserschaft; von vorne anfangen und in die Welt des Rock & Roll-Mangas abtauchen – mit „Beck“ gelingt dies wirklich prima!
Einen Tipp habe ich dann auch noch: Greift möglichst schnell zu, denn der sechste Band hat in der limitierten Erstauflage noch eine Bonus-Musik-CD als Extra, auf er man fünf Songs der hier präsentierten Band nachhören kan. Und ehrlich gesagt klingt die Mischung aus Mainstream-Hardrock und alternativem Garagenrock gar nicht mal so übel … Auf geht’s!
Weitere Informationen gibt es [hier.]http://www.tokyopop.de/buecher/manga/beck/index.php
Nach dem Erfolg des [ersten Teils 1817 der Miniserie „Kissing Chaos“ hat Arthur Dela Cruz kurze Zeit später bereits eine vierteilige Nachfolgereihe erschaffen, die jedoch den rätselhaften Inhalt dieser Comics noch mysteriöser erscheinen lässt. Dela Cruz hat nämlich keinen direkten Nachfolger erstellt, sondern lässt den Plot mit völlig neuen Charakteren aufleben, folgt dabei weiterhin den komplexen Strukturen des ersten Parts und schafft es, durch versteckte Hinweise schließlich, den Zusammenhang mit der ersten Serie herzustellen. Folglich ist „Kissing Chaos – Nonstop Beauty“ ebenfalls ganz heftige Kost und daher auch gar nicht so leicht zu erfassen. Das wird man auch beim Überblick über die Handlung feststellen:
_Story_
Ashley ist gerade dabei, die Kontrolle über ihr Leben vollends zu verlieren. Als sie eines Tages eine Mail von ihrer verschollenen Freundin Angela bekommt, deren Anhang sie jedoch nicht versteht, führt sie das über einen Chatroom zu einer Person namens Everett. Dieser Kerl ist ganz wild auf diese Datei und kann Ashley dazu überreden, sich mit ihm zu treffen. Doch dieses Treffen geht über den normalen Smalltalk zweier junger Erwachsener hinaus und endet im Chaos. Zwei Männer in dunklen Anzügen tauchen plötzlich auf und verfolgen Everett. Seine Begleiterin, noch ganz verblüfft und verständnislos wegen der seltsamen Flucht vor den Unbekannten, reagiert entsprechend sauer und will sich von Everett loseisen. Doch dann entdeckt sie, dass ihre gesamte Wohnung durchwühlt und die rätselhafte Datei Angelas‘ mitsamt dem Computer gestohlen wurde. Deshalb sieht sich widerwillig dazu gezwungen, Everett erstmal zu begleiten, obwohl sie den Geschichten über Verschwörungen und Geheimorganisationen nicht ganz folgen kann. Ashley selber gehört nämlich ebenfalls einer anarchistischen Geheimorganisation an, die gerade dabei ist, eine künstlerische Revolution bei einem Rockkonzert anzuzetteln. Schließlich weiß sie nicht mehr, wo ihr der Kopf steht, und die alles dominierende Frage lautet: Kann sie ihr plötzlich so turbulentes Leben in den Griff bekommen, oder wird sie von den Ereignissen überrollt?
Wie auch schon beim ersten Teil, so hat es auch hier eine ganze Weile gedauert, bis ich die Handlung überschauen konnte. Durch die ständigen Szenenwechsel hat Aerthur Dela Cruz nämlich eine noch kompliziertere Struktur festgelegt, und da die Geschehnisse bei der Revolution, das Treffen von Everett und Ashley sowie die Annäherungsversuche von Eric und Kim (ebenfalls Mitglieder der anarchistischen Künstlerbewegung unter der Führung des egozentrischen Jersey) quasi alle parallel erzählt werden, obwohl sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden, verliert man schon einmal schnell den Überblick. Hinzu kommt, dass der Autor fortlaufend mit versteckten Hinweisen zur vorangegangenen Serie arbeitet, die für die weitere Geschichte der „Kissing Chaos“-Comics noch von besonderer Bedeutung sein wird. Den Namen Angela kennt man ja bereits aus dem ersten Teil, ebenfalls den seltsamen Everett, der auch dort schon hinter einem jungen Mädchen her war. Auch über Ashley hat man damals schon kurze Hinweise gefunden, die dort aber noch nicht wichtig erschienen.
Wenn man all diese Fakten ordnet und gleichzeitig hinter den neuen Plot gestiegen ist, verweben sich die Fäden allmählich, auch wenn im Nachhinein noch so vieles unklar bleibt. Doch man begreift so langsam den Zusammenhang zwischen Angela und Ashley, die Rolle von Everett, den „Matrix“-ähnlichen Trenchcoat-Gestalten und der Person des Damien, den Everett in versteckten Beschreibungen ebenfalls ins Spiel bringt.
Um diesen großen Strang herum hat Dela Cruz aber erneut ein sehr großes Augenmerk auf die Emotionen und das Gefühlsleben der einzelnen Charaktere gelegt. Neben der zerstreuten und unsicheren Ashley beschreibt er hier hauptsächlich die Verbindung zwischen dem schüchternen Eric und der selbstbewussten Kim, die zwar mit dem Bandenführer Jersey zusammen ist, aber auch Gefühle für Eric hat. Der Zeichner und Autor konzentriert sich insgesamt sehr stark auf das Zwischenmenschliche in Extremsituationen, ähnlich wie beim ersten Teil. Das macht es für den Leser allerdings nicht einfacher, den gesamten Wert dieses Werkes zu begreifen. Um eine kleine Hilfestellung zu geben, hat Dela Cruz zum Ende hin die Geschichte noch mal kurz zusammengefasst und die einzelnen Verbindungen aufgelistet. Spätestens dort begreift man dann, welche Tragweite, vor allem aber welches Potenzial „Kissing Chaos“ hat. Dela Cruz könnte die Geschichte beliebig weit ausdehnen, ihm stehen in der Tat noch viele Möglichkeiten offen, und dennoch ist es dann wahrscheinlich, dass er nicht alle geöffneten Handlungsebenen wieder vollständig abschließen kann.
Nachdem mich bereits die erste Serie begeistern konnte, bin ich nun bei „Kissing Chaos – Nonstop Beauty“ vollkomen überwältigt. Arthur Dela Cruz hat eine Welt und insbesondere Charaktere erschaffen, deren Leben den Leser so schnell nicht wieder loslässt. Man kann nur sehnlichst hoffen, dass Dela Cruz sich noch viel Raum für die Fertigstellung dieser Gesamtreihe lässt, die er zunächst für 2005 angekündigt hatte. Bis dahin kann man sich aber auch noch den Kopf über die verschiedenen unklaren Nebenstorys zerbrechen. Daher auch mein Tipp: Die ersten beiden Bände sollte man aufmerksam und in Ruhe direkt hintereinander lesen, das erleichtert das Verständnis ungemein. Zum Schluss noch einmal eine ganz deutliche Empfehlung für einen Autor, der bereits wieder an neuen Projekten arbeitet.
Im zweiten Comic-Band, der begleitend zur erfolgreichen Fernsehserie veröffentlicht worden ist, dreht sich alles um die Freundschaft zwischen SpongeBob und seinem besten Kumpel, dem dicken, rosanen und dummen Patrick, der, das soll nicht unerwähnt bleiben, mein Lieblingscharakter in dieser Serie ist. Wiederum haben |Tokyopop| vier Geschichten, die sich ausschließlich mit diesem Thema auseinandersetzen, ausgewählt und in Comic-Form veröffentlicht – und wieder mal haben die Zeichner hierbei ganze Arbeit geleistet!
_Bademeister SpongeBob_
SpongeBob und Patrick liegen am Strand von Bikini Bottom und bewundern den dort tätigen und allseits beliebten Bademeister Larry. Der kleine Schamm träumt zu Patricks Erstaunen ebenfalls von einer solch rasanten Karriere, wie sie die Baywatch-Krabbe gemacht hat, und bekommt zufällig von Larry die Chance, sich als Bademeister zu bewähren. Doch der Job ist weitaus stressiger, als SpongeBob sich dies vorher erträumt hätte, und nach wenigen Minuten in Larrys Abwesenheit herrscht bereits Chaos am Strand.
_Superhelden im Ruhestand_
Patrick und SpongeBob verehren seit jeher die beiden Superhelden Meerjungfraumann und Blaubarschbube und spielen ihre Abenteuer von Zeit zu Zeit nach. Eines Tages machen sie sich auf, herauszufinden, was aus den beiden Männern geworden ist. Dabei treffen sie auf ein paar gealterte Helden, die sich bereits im Ruhestand befinden und auf Abenteuer gar nicht gut zu sprechen sind. Trotzdem gelingt es den beiden Meeresbewohnern, die Superhelden so lange zu provozieren, bis diese wieder ihr Kostüm überstreifen.
_Freunde und Nachbarn_
Als Patrick und SpongeBob eines Tages recht albern mit Seifenblasen spielen, fühlt Thaddäus sich genervt und stachelt einen Streit zwischen den beiden an. Diese jedoch wissen nicht, dass Thaddäus der Verursacher des Zwistes ist und giften sich im Folgenden immer mehr an. Dabei kämpfen sie beide darum, Thaddäus als neuen besten Freund zu gewinnen. Dieser ist sehr schnell von den ehemaligen Kumpels genervt und versucht, die Sache wieder zu bereinigen.
_Anstreicher_
Mr. Krabs beauftragt SpongeBob und Patrick damit, seine Wohnung neu zu streichen, warnt sie jedoch davor, auch nur einen Farbklecks der wasserunlöslichen Farbe an die falsche Stelle zu bringen. Der Job scheint zu gelingen, bis SpongeBob dann auf dem ersten Dollar, den Krabs je verdient hat, einen Farbstreifen entdeckt. Daraufhin versuchen die beiden alles Mögliche, um das Unglück zu vertuschen und hoffen, dass ihr Boss nichts bemerken wird. Doch der ist wie immer ziemlich wachsam …
Von den drei bislang erschienenen Mangas über SpongeBob ist dieser hier mein persönlicher Favorit, weil wirklich jede Geschichte über eine ganze Reihe von Lachern verfügt, die man aber wie immer auch nur dann lustig finden wird, wenn man die Materie an sich liebt. Alleine zu sehen, dass der dumme Patrick plötzlich mit einigen ‚gebildeten‘ Ausdrücken herausrückt, ist jedes Mal wieder eine Wonne, und das machen sich die verantwortlich Zeichnenden dieses Comics daher auch immer wieder zunutze. In diesem Fall sind es aber auch die Szenen, in denen die Kumpels die beiden gealterten Helden triezen oder in denen sie Thaddäus zum wiederholten Male zur Verzweiflung bringen, bei denen die Mundwinkel steil nach oben gehen. Oder aber die Situation, in der SpongeBob und Patrick die Strafe von Mr. Krabs fürchten – das ist einfach total komisch und von den Zeichnern wieder sehr schön und mit dem Blick fürs Wesentliche umgesetzt worden. Diese Mangas, und ganz besonders „Freunde für immer“, bieten kurzweilige Unterhaltung, und man darf sich jetzt schon auf die weiteren bereits angekündigten Bände von |Tokyopop| freuen. Viel Spaß aber erstmal mit diesem schönen Cine-Manga!
„Kissing Chaos“ ist das Comic-Debüt von Arthur Dela Cruz, der 2002 für einen |Eisner Award| nominiert wurde – als Talent, das größere Aufmerksamkeit verdient hat. Die erste Miniserie, die in diesem Band gesammelt vorliegt, wurde außerdem von |Ain’t Cool News/Gray Haven Magazine| als eine der zehn besten Comic-Serien des Jahres ausgezeichnet.
Dela Cruz ist einer dieser aufstrebenden Zeichner, die in ihren Büchern Emotionen, Gewalt, Action und Tiefgang darstellen und somit auch ein gewises Maß an Melancholie kreieren. Bei „Kissing Chaos“ ist es dem Autor und Zeichner dabei gelungen, düstere Schwarzweiß-Ilustrationen mit einer wirklich sehr guten Geschichte zu verknüpfen, die darüber hinaus gar nicht mal so leicht durchschaubar ist – und das, obwohl Dela Cruz sich weitestgehend der Umgangssprache bedient.
_Story:_
Angela, Damien und Raevyn könnten von ihrer Ausstrahlung her kaum verschiedener sein. Erstere strahlt eine fast schon unheimliche innerliche Ruhe aus und spricht nicht ein Wort. Doch der äußere Schein trügt, denn Angela trägt ein schreckliches Geheimnis in sich, von dem nicht mal ihr Engel, der geliebte Damien, weiß. Damien ist ein ziemlich übler Draufgänger-Typ, dem jedes Mittel recht zu sein scheint – egal in welcher Hinsicht. Angela hat er nur zufällig getroffen, doch hat diese kurze Zeit schon gereicht, um ein Zeichen in ihrem Leben zu hinterlassen, das sich nicht mehr entfernen lässt. Raevyn hingegen ist eine ziemlich eigenbrödlerische Zicke mit einem übertriebenen Selbstbewusstsein, die ab und zu durch ihre flotten Sprüche Ärger provoziert. Sie war zudem einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort und gerät mitten in eine recht chaotische Geschichte hinein.
Doch jetzt haben die drei Charaktere eines gemeinsam: Allesamt sitzen sie in einem gestohlenen Auto und fliehen darin vor der jüngeren und älteren Vergangeheit – und vor der Polizei, die den Mörder eines älteren Geschäftmannes sucht und ihn in diesem Wagen vermutet. Doch ihre Flucht verläuft alles andere als problemlos: Alle drei werden wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt, treffen dabei auf skrupellose Killer, Personen, die sie eigentlich nie wieder sehen wollten und geheimnisvolle Männer in Trenchcoats, die scheinbar überall anzutreffen sind. Und alle beherbergen sie nach wie vor ein individuelles, unheimliches Geheimnis …
Arthur Dela Cruz hat mit diesem Werk eine ziemlich komplexe und sehr tief greifende Geschichte entwickelt, bei der ich jetzt schon froh darüber bin, dass ich sie in diesem Sammelband komplett vorfinde. Ansonsten hätte man sicherlich ziemlich schnell den Faden verloren, denn der Autor und Zeichner wechselt fast beständig die Szenarien und schwenkt dabei immer wieder zwischen Vergangenheit, Illusion und Gegenwart hin und her.
Im Mittelpunkt steht dabei ganz klar die verlegene Angela, die unsterblich in ihren Begleiter Damien verliebt ist. Warum das so ist, kann man anfangs nur erraten, jedoch wird man im Laufe der Erzählung immer mehr mit dem gemeinsamen Geheimnis und ihrer seltsamen Verbindung konfrontiert. Angela spricht in diesem Buch nicht einen Satz, bekommt aber durch die verschiedenen illsutrierten Gedankengänge genügend Raum, um ihre Gefühle und Emotionen darzustellen. Die von Dela Cruz charakterisierte hübsche Frau wirkt dabei sehr zerbrechlich; erst blind aus Liebe, dann immer mehr von Selbstzweifeln geplagt und schließlich zu allem bereit, um die Illusion ihres Helden, ihres Engels aufrecht zu erhalten.
Und genau dieses Dilemma ist auch der Kernpunkt der Geschichte und wird durch die einzelnen Zwischenüberschriften beziehungsweise die poetisch vorgetragenen Übergänge zwischen den Kapitel deutlich verstärkt.
Es geht nämlich nicht in erster Linie um die fast schon oberflächlich erscheinende Flucht, sondern eher um die Umstände, die dazu führten. Sehr wohl beschäftigt sich „Kissing Chaos“ aber in gewisser Weise mit der Flucht vor Vergangenem und somit auch vor der Realität, und genau das wird durch die Gegenwartshandlung symbolisch geschildert.
Dela Cruz hat dabei als Autor, vor allem aber auch als Zeichner, der einen sehr guten Blick fürs Wesentliche hat und sich nicht mit unwichtigen Details aufhält, ganze Arbeit geleistet. Dies verraten auch die ganzen Hintergrundinformationen, die diesem Sammelband angehängt wurden. Hier bekommt Dela Cruz Gelegenheit, die einzelnen Charaktere noch einmal aus seiner Sicht vorzustellen und ihre Entstehungsgeschichte darzulegen. Dazu gibt es einzelne entfallene und alternative Sequenzen, welche die Geschichte dann nochmal in ein etwas anderes Licht rücken und Anlass zum Nachdenken geben.
Schlussendlich muss man jedenfalls sagen, dass hier das gesamte Paket ausgezeichnet ist, sowohl die Zeichnungen und die Story als auch die Aufmachung dieses edlen Bandes. Wer über den normalen Comic hinaus eine komplexe Story mag, der findet in „Kissing Chaos“ sicherlich das, wonach er sucht.
Vor einiger Zeit hat es schon einmal die Diskussion gegeben, ob man ein so brisantes Thema wie den Holocaust durch die Darstellung in einem Comic verharmlosen darf. Auslösender Faktor war damals der Band „Auschwitz“ von Pascal Croci, den die Comic-Schmiede |Ehapa| seinerzeit veröffentlichte und damit in Teilen der Fangemeinde – immerhin werden auch die Geschichten von Micky Maus und Donald Duck über diesen Verlag auf den Markt gebracht – für Entrüstung sorgte. Völlig unsinnig, wie ich finde, denn wer die Intention der Geschichte begriffen hat, sollte wissen, dass man erstens mit Comics keine realen Fakten verharmlost, zweitens lediglich seine Fantasie in Bilder fasst und drittens nicht gleich politisch Stellung bezieht, wenn man sich einem schwierigen Thema widmet. Eigentlich spielt meine Meinung diesbezüglich hier nur eine zweitrangige Rolle, aber ich finde ganz und gar nicht, dass schwarze Flecken in der Geschichte auf ewig ein Tabuthema bleiben sollten, und deswegen kann ich gegen eine derartige, in gewisser Hinsicht sicher außergewöhnliche Herangehensweise auch absolut nichts einwenden.
Das hat sich wohl auch Joe Kubel, ein gebürtiger Pole, der bereits 1926 im Alter von gerade mal zwei Monaten in die Vereinigten Staaten auswanderte, gedacht und zum 60. Jahrestag des Aufstands im Wahrschauer Ghetto einen ganz besonderen Comicband erstellt, der teils auf realen Fakten basiert, teilweise aber auch fiktiv inszeniert wurde.
In „Yossel, 19. April 1943“ beschreibt Kubert nämlich die Situation im Wahrschauer Ghetto, in der er selbst damals zwar nicht gewesen ist, er versetzt sich allerdings auch selber in die Lage der dort zusammengepferchten Juden und erzählt die Geschichte aus der Perspektive eines gefangenen Juden. Im Mittelpunkt steht der „Was wäre wenn“-Gedanke, der Kubert wohl sein ganzes Leben begleitet hat. Womöglich befände dieses Buch jetzt gar nicht in meinen Händen, wären Kuberts Eltern nicht damals ausgewandert, und alleine diese Tatsache mutet schon ziemlich seltsam an, verdeutlicht aber auch, welches Glück der Autor und Zeichner einerseits hatte, auf der anderen Seite aber auch, dass die grausame Gefangennahme von zwei Millionen Menschen damals auch den sehr wahrscheinlichen Tod bedeutete. Dies alles sind Themen, die man ja heutzutage gerne von sich schiebt, doch in Person dieses fast 80-jährigen Mannes, dessen glückliches Schicksal ihm damals unwissend das Leben gerettet hat, noch einmal auf eine recht seltsame Weise vor Augen geführt bekommt und die nicht weniger schockieren als vergleichbare Bände der allgemeinen Literatur.
_Geschichte:_
Joe Kobert alias Yossel wird infolge des deutschen Angriffs mitsamt seiner Familie von den Nazis ins Warschauer Ghetto gesperrt und dort unter menschenunwürdigen Bedingungen am Leben gelassen. Tagtäglich beobachtet er, wie Leute in seinem direkten Umfeld in deutsche Arbeitslager gebracht werden, denen man nachsagt, dass sie gleichzeitig auch Todeslager seien. Währenddessen hat sich der Junge, der ein besonderes Talent im Zeichnen hat, auch einer Gruppe von jungen Rebellen angeschlossen, die insgeheim schon Fluchtpläne schmieden.
Bei einer Routinekontrolle entdecken die Gefängniswächter das Talent von Yossel und laden ihn ins Hauptquartier der Polizei ein, wo seine Darstellungen von Heldenfiguren als Symbol für den arischen Übermenschen interpretiert und gut geheißen werden, woraufhin Yossel von nun an Tag für Tag zu diesen Menschen gebeten wird, um sie mit seinen Zeichnungen zu unterhalten. Die übrigen Menschen im Ghetto mögen die plötzliche Sonderstellung des jungen Zeichners gar nicht und beäugen ihn misstrauisch, sehen teilweise sogar einen Verräter in ihm. Doch seine Familie ermutigt ihn, seiner Bestimmung zu erfolgen und so dem kaum vermeidbaren Tod zu entrinnen – diese Option bleibt ihnen nämlich nicht mehr, denn trotz Yossels Bemühungen um einen weiteren Verbleib werden seine Angehörigen allesamt nach Auschwitz gebracht.
Im Folgenden beteiligt sich Yossel mehr und mehr an den Aktivitäten der von einem gewissen Mordacai geführten Rebellengruppe und nutzt seine Kontakte zu den Deutschen, um als Spion tätig zu werden. Gemeinsam und von Angst vor dem Tod getrieben, plant man den Aufstand im Ghetto, auch wenn er für den größten Teil der eingesperrten Juden mit dem Todesurteil gleichzusetzen ist.
Grundsätzlich gefällt mir die Idee, Realität und Fiktion miteinander zu verknüpfen, in diesem Fall sehr gut; was mir aber nicht so gut gefällt, ist die Tatsache, dass Joe Kubert die von ihm verkörperte Hauptfigur Yossel anfangs zum Helden einer Geschichte machen will, die einen solchen Typen gar nicht verlangt, und der dabei die eigentliche Tragik und das unglaubliche Verbrechen der Nationalsozialisten (so unsinnig das im Hinblick auf den grausamen Hintergrund auch klingen mag) auf eigene Faust zu aufzulösen versucht.
Kubert stellt dabei immer wieder sein zeichnerisches Talent in den Mittelpunkt der Handlung und erwähnt auch wiederholt, wie fabelhaft dies alle Menschen in seinem Umfeld fanden, und irgendwann nervt das und führt dazu, dass die notwendige Ernsthaftigkeit hinter diesem Thema verloren geht. Ein fataler Fehler, den ich hier ganz stark krisieren möchte, denn die eigentliche Absicht wird hier teilweise ad absurdum geführt.
Es ist zu begrüßen, dass Kubert bemüht ist, einen Comic zun entwerfen, in dem er Historisches mit fiktiven Einschüben kombiniert, aber er hat sich dort an ein Themengebiet herangewagt, in dem die künstlerischen Freiheiten sehr stark limitiert sind, und mir persönlich sagt die Art und Weise, wie er sich an dieses Thema heranwagt, nicht besonders zu, auch wenn dieses Bild im Verlauf der Geschichte immer besser wird. Ich möchte nicht außen vor lassen, dass mich die von ihm entworfenen Bleistiftzeichnungen zum Aufstand im Warschauer Ghetto zutiefst berührt haben, auch nicht, dass die schrecklichen Bilder den Schrecken von damals ziemlich authentisch widergeben, aber sobald der Wahl-Amerikaner seine eigene Note in die Handlung einbringt, leistet er sich grobe Schnitzer und dreht die Geschichte in seiner Erzählung in eine Richtung, die zumindest in den Texten des Comics nicht einmal ansatzweise den Schrecken des Lebens in dieser Nazieinrichtung originalgetreu reflektiert. Lediglich die Zeichnungen sind voller Tiefgang, aber da der Text hier größtenteils das Geschehen überlagert, geht dieser Aspekt sehr häufig unter.
Vielleicht ist dieser Punkt nun auch eine allzu harte Kritik, denn es ist sicherlich nicht Kuberts Ziel, die eigene Person zu rühmen und die Zustände im Warschauer Ghetto durch den fiktiven Einbezug des jungen Helden Yossel herunterzuspielen (und das tut er besonders in der zweiten Hälfte ganz bestimmt nicht, eher im Gegenteil), aber wir haben es hier nun einmal mit einem Thema zu tun, das nach wie vor nicht einfach ist, und an das man zu Recht mit einer gespannten Erwartungshaltung und gänzlich anderen Kriterien herangeht als an eine ’normale‘ Geschichte. Und wenn man das berücksichtigt, dann hat der Mann hinter diesem Hardcover-Band abgesehen von den Zeichnungen ein wenig das Ziel verfehlt.
Zu erwähnen wäre noch, dass der Text in „Yossel, 19. April 1943“ an zu vielen Stellen eine gewichtigere Rolle spielt als die bewusst grob gehaltenen Zeichnungen, und das ist ein weiterer Punkt, den man kritisieren könnte, vor allem, weil Kubert durchaus in der Lage wäre, seine Bilder ganz für sich sprechen zu lassen. Ich kann einfach nicht oft genug betonen, dass der Mann tatsächlich aus diesem Buch eine bewegende und mit vielem Emotionen geschmückte Erzählung hätte kreieren können, und ich merke, dass ich während dieser Rezension doch noch versuche, die positiven Aspekte dieser Schöpfung irgendwie herauszustellen, aber schlussendlich muss ich mir vielleicht auch eingestehen, dass ich ein wenig davon enttäuscht bin, dass Kubert das Potenzial hinter seiner Idee nur in seinen Zeichnungen, nicht aber im Gesamtwerk ausgelebt hat. Eine zwiegespaltene Angelegenheit also, ich empfehle jedoch Interessenten dieses Themenbereichs, mal einen Blick in das Buch zu werfen, die Texte erstmal außen vor und sich von den Bildern leiten zu lassen. Zumindest das wird einem unter Garantie ein paar atemberaubende Momente bescheren, von denen der Autor locker noch mehr hätte erschaffen können. Wie gesagt, im Endeffekt finde ich es schade um die ungenutzte Chance.
Band 1: [Das Zeichen der Schatten 1625
Band 2: [Der Flug des Drachen 1638
Band 3: [Das Zeichen der Dämonen 1697
Band 4: [Die Stunde der Schlange 1767
Band 5: [Scharlachroter Tanz 1768
Mit dem sechsten Band von „Die Chroniken des schwarzen Mondes“ tat sich in dieser Serie eine gewichtige Änderung auf. Von nun an war Cyril Pontet für die grafische Gestaltung der Comics zuständig und löste den etatmäßigen Olivier Ledroit ab.
Cyril Pontet wurde 1971 in Marseille geboren und begann nach dem Abitur Psychologie zu studieren. Doch mittendrin brach er das Studium ab, um Comics zu zeichnen. Seine Inspiration holte er sich sowohl von amerikanischen Comics als auch aus der Fantasy-Literatur von Tolkien, Fritz Leiber, Michael Moorcock sowie Lovecraft und Ramsey Campbell. „Die Chroniken des schwarzen Mondes“ ist seine erste Serie.
_Story:_
Der Krieg scheint beendet und der Kaiser wähnt sich nach der offensichtlichen Niederlage und dem Tod von Hazeel Thorn und dem Baron von Moork als sicherer Sieger. Doch mit der Eintracht ist es nicht lange her, denn von Neuem werden Intrigen gesponnen, um dem Landesherren die Macht streitig zu machen. Der eigens von Kaiserhand entmachtete Fratus Sinister schwört ebenso Rache wie der sich verraten gefühlte Parifal, und auch Hazeel Thorn und der Baron von Moork, die ihr Leben irgendwie dennoch haben retten können, schmieden bereits neue Pläne, um den schwarzen Mond an die Macht zu bringen.
Wismerhill kann die beiden dazu ermutigen, erst einmal eine Zeit lang von der Bildfläche zu verschwinden und ihn über Moork herrschen zu lassen. So können sie fernab des Kaiserreichs einen neuen Angriff vorbereiten und den Kaiser schließlich gänzlich in die Knie zwingen. Der jedoch weiß nichts von diesen Machenschaften und entsendet Graf Horkher nach Moork, um ihm die Macht über das Gebiet des ehemaligen Barons zu überlassen. Horkher glaubt zu träumen, als er in Moork von einer netten Bevölkerung begrüßt und herzlich aufgenommen wird.
Doch der Schein trügt; Wismerhill hat dem Grafen einen Hinterhalt gelegt und überfällt sein Gefolge in einem blutigen Attentat. Den Grafen verschont er unter der Bedingung, dass er ihm seine Stadt überlässt und als Graf abdankt. Horkher bleibt keine andere Wahl, und in einem weiteren blutigen Anschlag nimmt Wismerhill seine Stadt ein – aus weiter Ferne wird er allerdings von Hazeel Thorn und dem Baron von Moork beobachtet, die seinem Treiben mit Wohlwollen zuschauen. Auch der Kaiser bekommt von Wismerhills Feldzug Wind, und als der Ritter schließlich vor ihn tritt, um dem Kaiser Treue und Gefolgschaft zu schwören, erahnt der alte Herrscher den erneuten Hinterhalt und schwört sich insgesheim, Wismerhill und seine Helfershelfer teuer bezahlen zu lassen.
In „Die Krone des Schattens“ legt François Froideval ein gehöriges Erzähltempo vor, was leider, wie auch schon im vorangegangenen Band, dazu führt, dass es nicht immer leicht ist, dem wilden Treiben im Kaiserreich Lhynn zu folgen. Dieses Mal ist es sogar noch ein ganzes Stück schwerer, weil zum Beispiel die Rolle des Succubus und der plötzliche Sinneswandel Wismerhills, der hier immer mehr zum brutalen Räuber und machtgierigen Herrscher avanciert, nicht eindeutig dargestellt werden. Er allein weiß von der weiteren Existenz Hazeel Thorns, doch erklärt das noch lange nicht den kompromisslosen Machtmissbrauch und seine kaltherzige Herrschaft, der selbst seine eigenen Leute zum Opfer fallen. Es wird also mal wieder komplex, was gleichzeitig bedeutet, dass der Autor erneut weitere Nebenhandlungen aufbaut, die jedoch hier noch nicht mal ansatzweise gelöst werden. Man muss also weiterhin auf seinen langen Atem vertrauen und sich bis zur Fortsetzung im nächsten Buch vertröstet lassen, ist sich andererseits aber auch irgendwie sicher, dass später wieder alles logisch zusammenfällt, man selber sich aber gleichzeitig ärgert, dass man diverse Hintergründe nicht schon früher durchschaut hat. Aber genau das ist ja auch in gewissem Maße die Stärke von „Die Chroniken des schwarzen Mondes“ und ihrem Schöpfer François Marcela Froideval.
Andererseits gehen die Zeichnungen des neuen Grafikers Cyril Pontet genau die umgekehrte Richtung und sind ein wenig runder und simpler dargestelt, als dies bei seinem Vorgänger der Fall war. Andererseits hat er aber ganz klar den Schriftzug von Olivier Ledroit übernommen, nur dass Pontet nicht ganz so viele Details in seinen Zeichnungen unterbringt. Aber ich muss zugeben, dass es auch sehr schwer fällt, die einzelnen Unterschiede, die sich wirklich auf Feinheiten beschränken lassen, festzustellen und der Leser dies wahrscheinlich auch nicht sehen würde, wenn er nicht wüsste, dass hier ein neuer Zeichner am Werk ist. Der Wechsel der Zeichner hat also nur minimale Änderungen hervorgerufen, die aber für die weiterhin geniale, dieses Mal wieder weniger brutale Serie quasi gewichtslos sind. Als Fan kann und muss man die Geschichte mit „Die Krone des Schattens“ in aller Ruhe weiterlesen.
In einer fernen Zukunft. Berlin ist am Boden. DJs heizen der Menge auf den Straßen ein. 24 Stunden täglich Dauerberieselung. Der Rest besteht aus Hinterhöfen, Müll und Hundekacke. Über allem schwebt ein Tyrann, der den Stadtstaat an außerirdische Eroberer verschachern will. Autor Robert Feldhoff will in seinem Comic „Berlin 2323“ richtig loslegen und ausflippen. Leider kommt er nicht einmal vom Start weg.
In Berlin ist die Hölle los. Die Zukunft hat der Hauptstadt übel mitgespielt. Im Jahre 2323 ist die Metropole zu einem überdimensionalen Karnevalsverein verkommen. Die halbe Galaxis feiert hier ein munteres Stelldichein. Nach der Party wird unter der Siegessäule gebumst, wenn sich kein anderes Plätzchen findet. Und der amtierende Bürgermeister – ein fetter Despot namens Quentin – schwebt in einer Sänfte über den Dingen. Er trägt zum allgemeinen Unwohlsein bei, indem er die Invasion der gefürchteten Schwarzen Magier vorbereitet. Von den Feiernden kümmert das allerdings niemanden so richtig.
Zum Glück gibt es Scilla und ihre Freunde. Die Blondine mit der großen Oberweite gehört zu einer Untergrundorganisation, die das fiese Stadtoberhaupt ausschalten will. Mit dabei sind Ratte, ein tätowierter Revolverheld, und Indigo, ein Pavian-Alien, der verflucht große Ähnlichkeit mit Klaus Meine von den |Scorpions| hat. Angeführt wird die Möchtegern-Guerilla-Truppe von dem rechtmäßigen Bürgermeister, der in den Untergrund fliehen musste und sein Amt zurückhaben will.
Die Fronten sind so weit geklärt. Was folgt, ist eine Hetzjagd vorbei an den Touristenmagneten der Stadt. Vom Brandenburger Tor geht es nach Schloss Sanssouci und weiter in den japanischen Garten. Weil wir aber einen Comic und keinen Reiseführer lesen wollen, wurden die Sehenswürdigkeiten für das Jahr 2323 billig aufgepeppt. Der Plenarsaal des Reichstages hat sich in ein Pornokino verwandelt, im Funkturm befindet sich ein Bordell, und das Stadion des Hertha BSC schwebt – getragen von mehreren Ballons – über dem Erdboden.
|Carlsen|s neues Produkt macht optisch einiges her. Wie schon zuvor der französische Comic-Roman „Jenseits der Zeit“ erscheint auch Berlin 2323 in einem neuartigen Format. Hardcover, dickes Papier, einhundert Prozent Farbe und eine handliche Größe (17,5 cm x 24,5 cm) lenken den Blick im Laden auf sich. Der Zeichner Dirk Schulz – Designer, Grafiker und Schöpfer von „Indigo“, „Chiq und Chloe“ und „Parasiten“ – beschert dem Leser abwechslungsreiche Seitenaufteilungen. Volle, runde Bildwelten und eine tolle Kolorierung zeichnen den Band aus.
Die optischen Qualitäten alleine machen Berlin 2323 leider noch zu keinem Lesevergnügen. Autor Robert Feldhoff, hauptberuflich Chef der SF-Romanreihe |Perry Rhodan|, hätte sich ein bisschen mehr ins Zeug legen sollen. Zusammenhanglos stehen die Elemente der Geschichte nebeneinander, nur verbunden durch einen harmlosen Plot, der nicht gerade vor Einfallsreichtum sprüht. Wie der Welt, so fehlt auch den Figuren ein ausgearbeiteter Hintergrund, der ihren Charakter formen und der Geschichte mehr Tiefe verleihen könnte. Stattdessen werden sie zu Stichwortgebern und Handlungstreibern degradiert. Eine Identifizierung seitens des Lesers bleib da selbstverständlich aus.
Offensichtlich sind auch Feldhoff diese Mängel aufgefallen. Statt einer gründlichen Überholung hat er jedoch einen schnellen Anstrich vorgezogen. Damit der Leser nicht ins Grübeln gerät und seiner eigenen Langeweile gewahr wird, wechseln sich die schnöden Themen des Bandes kontinuierlich miteinander ab: Sehenswürdigkeiten, Sex, Gewalt und Party. Herausgekommen ist ein geistloses Hochglanzprodukt von der Stange. Wem das reicht, der kann bei „Berlin 2323“ guten Gewissens zugreifen. Allen anderen sei geraten: Finger weg!
Im ersten Teil der Cinemanga-Reihe zum Thema „SpongeBob Schwammkopf“ beschäftigen sich alle Mini-Comics mit dem Arbeitsplatz des kleinen gelben Schwamms, der so genannten „Krossen Krabbe“. Hier treibt er unter der Leitung des geldgierigen Mr. Krabs von morgens früh bis abends spät sein Unwesen und bringt seinen Kollegen Thaddäus Tentakel dabei jedes Mal wieder zur Verzweiflung.
„Krosse Krabbe-Abenteuer“ enthält wiederum vier Hochglanz-Comics, bei denen erneut alle Freunde und Widersacher von SpongeBob mit von der Partie sind.
Als Milo Garret in den Spiegel blickt, muss er zugeben, dass er schon besser ausgesehen hat: Bandagen verdecken sein Gesicht, er gleicht einem überdimensionalen Pflaster mit Augen, Ohren und Mund. „Solch eine Visage würde nicht einmal eine blinde Mutter lieben“, stöhnt er. Die Hauptfigur in Brian Azzarellos „Der unsichtbare Detektiv“ hat einen schweren Autounfall hinter sich. Als ein mysteriöser Agent ihm offenbart, dass er das Opfer eines Anschlags geworden ist, macht Garret sich auf die Suche nach den Tätern. Bald wird er seine Entscheidung bereuen. Denn er findet mehr heraus, als ihm lieb ist.
Frustriert setzt sich Milo auf den Klodeckel und zündet sich eine Zigarette an. Nebenan auf dem Bürotisch liegt ein Stapel Akten. Bis vor wenigen Tagen war Milos Leben noch in Ordnung. Bis zu dem Unfall. Ein Schlagloch und ein Augenblick der Unaufmerksamkeit entpuppten sich als ein zu starker Cocktail für den Privatdetektiv. Die Motorhaube ging hoch und verdeckte die Sicht. Als Letztes erinnert sich Milo an berstendes Metall und Glassplitter. Dann erwachte er im Krankenhaus.
Autounfälle passieren. Milo hatte Glück im Unglück. Abgesehen von seinem Gesicht ist er in bester Verfassung. Man kann versuchen, die Sache so zu betrachten. Akzeptieren, was geschehen ist. Zurück zum alten Leben, weitermachen wie bisher. Als ein Mann das Krankenzimmer betritt, dessen Antlitz aussieht wie eine Luftaufnahme der Wüste von Nevada, erfährt Milo jedoch, dass die Sache nicht so einfach ist. Agent Graves stellt sich kurz vor und legt einen Aktenkoffer auf den Tisch. In dem Koffer befinden sich Beweise, die belegen, dass der Unfall kein Unfall war, sondern ein abgekartetes Spiel.
Milo war an einem heißen Job dran, heißer, als er ursprünglich angenommen hatte. Der Kunsthändler Karl Reynolds wurde von einem seiner Handlanger gelinkt, der Privatdetektiv sollte ihn suchen. In Graves Koffer liegen nicht nur Beweise dafür, dass Reynolds für Milos Autounfall verantwortlich ist, sondern auch eine nicht registrierte 9mm-Pistole, inklusive einhundert Kugeln Munition. Alles ist clean. Nichts kann zurückverfolgt werden. Das perfekte Werkzeug für einen Mord.
So schnell, wie Agent Graves kam, verschwindet er wieder. Die Sache bleibt nebulös. Milo ist kein Killer, sondern Privatdetektiv, also von Beruf aus neugierig. Bevor er schießt, will er die Wahrheit wissen. Er legt die Pistole beiseite und geht zu Reynolds, um ihm ein paar Fragen zu stellen. Der wird jedoch nicht mehr viel beantworten können. Als Milo ihn findet, ist seine Leiche noch warm. Der Kunsthändler hat ein Loch mitten in der Stirn. Worin auch immer er verwickelt war – es hat ihn zur Strecke gebracht.
Milo Garret wird in ein Katz-und-Maus-Spiel verstrickt, in dem jeder mit verdeckten Karten spielt. Und mit einer Kanone unter dem Tisch. Aber wer spielt mit? Was ist der Einsatz, was der Gewinn? Wer spielt mit wem? Milo selber ist ein gnadenloser Hund, ein Schläger, Säufer und schlauer Kopf. Die Antworten, die er sucht, muss er sich erkämpfen. Oberflächlich betrachtet, geht es in „Der unsichtbare Detektiv“ um eine klassische Detektivgeschichte, sozusagen Humphrey Bogart in den 90ern mit einem Schuss Brutalität. Der Bissen, um den sich die Figuren prügeln, ist ein altes Gemälde aus Frankreich. Mit von der Partie sind der erbarmungslose Schläger Lono, der schmierige Kunstdieb Monroe Tannenbaum und die arrogante Managerin Megan Dietrich.
Obwohl sich der Weg des gestohlenen Gemäldes bis zum Ende des Bandes entschlüsselt und die Motive der Beteiligten größtenteils klar werden, bleiben für den Leser viele Fragen offen. Es lohnt sich, „Der unsichtbare Detektiv“ zweimal zu lesen. Zwischen den Zeilen, hinter der vordergründigen Story, finden sich Hinweise, dass Milo Garret unter einem Trauma leidet. Er hat keine genaue Erinnerung an seine Vergangenheit. In seinem Kopf herrscht ein Tohuwabohu. Ist er der, der er zu sein glaubt?
Die Personen um ihn herum wissen mehr über seine wahre Identität, hüllen sich jedoch in Schweigen. Nicht zuletzt wegen dieser persönlichen Misere begibt sich Milo auf die Suche nach den Hintermännern seines Unfalls. Wie immer ist dabei am interessantesten, was nicht gesagt wird. Anspielungen deuten darauf hin, dass Milo einst zu einem Killerkommando namens »Minuteman« gehörte – was seine beachtliche Kondition und seine Nahkampf-Fähigkeiten erklären würden. Was Agent Graves und das Schlüsselwort »Croatoa« damit zu tun haben, bleibt ein Geheimnis.
Der Zeichner von „100 Bullets“, Eduardo Risso, setzt den Band über Milo Garret und seine Widersacher mit harten Linien und viel Schatten in Szene. Häufige Perspektivwechsel und eine dynamische Anordnung der Panels machen „Der unsichtbare Detektiv“ zu einer Augenfreude. Eigenartig, wie es Risso gelingt, Stimmungen einzufangen, die für das Verstehen der Geschichte essenziell sind. Als Milo und die Diebin Echo Memoria durch ein Fenster gestoßen werden, ist in seinem Gesicht nicht ein Hauch von Misstrauen zu erkennen? Als würde er ihr falsches Spiel ahnen? Bild und Text verschmelzen hier wie nur selten zu einer Einheit.
Brian Azzarello und Eduardo Risso verstehen ihr Handwerk. Der unsichtbare Detektiv macht Lust darauf, mehr von 100 Bullets zu lesen. Nicht grundlos gewannen Autor und Zeichner 2002 den |Harvey and Eisner Award| für die beste fortlaufende Serie. Wer auf eine rundum abgeschlossene Geschichte warten kann und Lust an Handlungen voller Gewalt, Sex und doppelten Böden hat, dem ist „Der unsichtbare Detektiv“ nur zu empfehlen. Wann das Geheimnis um die Minuteman und Agent Graves gelüftet wird, steht noch aus. Ungeduldigen sei die Recherche im Internet empfohlen, denn während man in Deutschland noch bei Ausgabe 36 der Originalserie steht, wartet man in den USA bereits auf Ausgabe 63.
Band 1: [Das Zeichen der Schatten 1625
Band 2: [Der Flug des Drachen 1638
Band 3: [Das Zeichen der Dämonen 1697
Band 4: [Die Stunde der Schlange 1767
Nach der einstimmigen Kriegserklärung sämtlicher Parteien werden nun im fünften Band, leider dem letzten unter der Mitwirkung von Olivier Ledroit, das Zusammentreffen der unterschiedlichen Armeen und der Verlauf der blutigen Schlacht beschrieben. Die Geschichte befindet sich auf ihrem vorläufigen Höhepunkt, doch François Marcela Froideval, der Ideengeber dieser Serie, hat auch hier wieder einige Überraschungen aus dem Ärmel gezaubert, welche die Geschichte zum Ende hin erneut in eine unerwartete Richtung lenken …
_Story:_
Lange hing der Krieg wie ein Diamoklesschwert in der Luft, nun ist das Urteil ausgesprochen und der Ort der Schlacht besiegelt. Wismerhill, der seinem neuen Herren Hazeel Thorn einen Lehnseid geleistet hat, richtet derweil in den Ländereien der kaiserlichen Vasallen weitere Blutbäder an und plündert Stadt für Stadt und Dorf für Dorf. In Tsaroth versammeln sich schließlich die gesamten Streitkräfte zum vereinigten Kräftmessen und zur Entscheidung über die Neuverteilung der Macht im Kaiserreich. Obwohl die Truppen des Kaisers zahlenmäßig überlegen sind, gelingt es Hazeel Thorn in dieser Schlacht durch Einsatz seiner Magie einen entscheidenden Vorteil herauszuschlagen, indem er die Armee der Untoten herbeiruft.
Und dies ist nicht der einzige kluge Schachzug des Meisters, denn schließlich verwandelt er sich selber in einen monströsen Riesen und schickt eine tödliche Feuersbrunst über das Schlachtfeld. Die Armeen des Kaisers können dem Angriff dennoch standhalten und zerstören den Titanen, wähnen sich am Ende sogar als sichere Sieger nach diesem blutigen Massaker. Wismerhill und seine Gesellen haben die Schlacht aber ebenfalls unbeschadet überstanden, da sie sich ebenso wie Fratus Sinisters Armee der weißen Ritter aus dem Geschehen herausgehalten haben.
Ansonsten scheinen die Führer aber allesamt die Kämpfe mit dem Tod bezahlt zu haben, selbst Großmeister Parzival und der von Thorn beauftragte Baron Greldinard von Moork. Wismerhill wähnt sich im Nachhinein als einziger wahrer Eroberer dieser Stadt und wandert nach Moork, um dort den Stuhl des verstorbenen Barons einzunehmen. Doch da macht er erneut eine unglauebliche Begegnung …
Der Höhepunkt ist schließlich erreicht, das gilt für den Inhalt der gesamten Serie als auch für die Kombination aus Wort und Bild, die hier einmal mehr wahrhaft fabelhaft geworden ist. Olivier Ledroit hat in seinem letzten Band für „Die Chroniken des schwarzen Mondes“ noch einmal die ganze Palatte seines zeichnerischen Könnens bereitgestellt und mit einer weiteren Darstellung des Schnitters in Verbindung mit dem Tanz der Toten erneut eine doppelseitige Illustration kreiert, die uns minutenlang völlig verblüfft auf das Bild starren lässt. Gleiches gilt für die verschiedenen Darstellungen der Schlachtsequenzen und der darin wütenden Monster. Selbst wenn Ledroit hier sehr offenherzig und auch ziemlich brutal zeichnet – was er zu Wege bringt, ist einfach beeindruckend. Dieser Mann versteht sein Handwerk, und ich bin jetzt schon sehr gespannt, ob ihm sein Nachfolger bei diesem Projekt das Wasser reichen kann.
Aber auch Froideval ist über sich hinausgewachsen und hat sich auch für den weiteren Verlauf der Geschichte alle Trümpfe zurückbehalten. Die Schlacht scheint entschieden, der schwarze Mond gefallen und Hazeel Thorn besiegt, und auch die Rollenverteilung scheint klarer nie gewesen zu sein. Doch da verblüfft uns der Autor am Ende wieder mit einer vollkommen überraschenden Wendung, und es kommen dem Betrachter tausend mögliche Gedanken in den Kopf, wie es denn nun weitergehen mag. Die Antwort darauf kann nur der sechste Band, „Die Krone des Schattens“, geben, und auch wenn ich das wohl irgendwie in jeder Rezension zur Serie geschrieben habe, so möchte ich meiner vorzeitigen Spannung darauf durch eine erneute Begeisterungsbekundung Luft machen. Diese farbenfrohe und zunehmend verzwicktere Serie ist schlichtweg genial!
Begleitend zur erfolgreichen TV-Serie um den kleinen lustigen Schwamm haben |Tokyopop| in der hauseigenen Reihe „Cine-Manga“ nun auch die Geschichten von SpongeBob, dem Seestern Patrick, ihrem genervten Kumpel Thaddäus, oder besser gesagt die Welt von Bikini Bottom in Comicform herausgebracht und in verschiedenen Bänden jeweils vier Kurzgeschichten über den Schwammkopf hineingepackt, die alle einem bestimmten Thema zugeordnet sind.
In „Geschichten aus Bikini Bottom“ wird dabei jedoch allgemein das Zuhause des gelben Tausendsassas vorgestellt, das heißt das Thema ist die Umwelt von SpongeBob, und dazu gibt es folgende Mini-Comics:
_“Heimat, süße Ananas“_
SpongeBobs Haus ist plötzlich vom Erdboden verschluckt worden, und der kleine Schwamm sieht sich dazu gezwungen, zurück zu seinen Eltern zu gehen. Doch sein Freund Patrick macht ihm Mut und gemeinsam hecken sie einige Pläne aus, wie sie die goldene Ananas wieder neu aufbauen können.
_“F.U.N.“_
Plankton versucht erneut, das Rezept für den Krabbenburger zu stehlen, wird aber wiederum von SpongeBob erwischt und zieht sich enttäuscht zurück, weil er glaubt, ein Verlierer zu sein. SpongeBob nimmt sich seiner an und versucht, das Gute in ihm zu erwecken, doch das grüne Ungeziefer kann trotz des guten Willens des Schwammes von seinen Plänen einfach nicht ablassen.
_“Bis zur Erschöpfung“_
SpongeBobs Freundin, das Eichhörnchen Sandy, hat nur noch eine Woche Zeit, bis ihr Winterschlaf beginnt. Bis dahin will sie noch jede Menge Spaß haben und gemeinsam mit SpongeBob einiges erleben. Doch der Schwamm hält ihrer hyperaktiven Wochengestaltung nicht tagein, tagaus stand.
_“Der Fan“_
Bei einem Besuch auf der Quallen-Fischermesse trifft SpongeBob auf sein Idol, den Quallenjäger Kevin, und bittet ihn, auch in den Club der Quallenjäger aufgenommen zu werden. Kevin hat eigentlich kein Interesse an diesem Engagement, unterzieht SpongeBob aber zur eigenen Belustigung trotzdem einiger Einstellungsprüfungen – die der Schwamm wundersamerweise allesamt besteht …
Auch wenn man irgendwie die tolpatschig-tiefe Stimme von Patrick und das kindliche Organ von SpongeBob vermisst, so sind auch die Comics zur Serie überaus witzig und diesbezüglich ähnlichen Serien wie zum Beispiel dem „Lustigen Taschenbuch“ um einiges voraus. Von der Machart her ist die legendäre |Ehapa|-Serie aber dennoch mit dem fast 100 Seiten dicken Comic zu SpongeBob zu vergleichen, nur dass dieser hier in Hochglanz und mit noch bunteren Farben daherkommt. Rein zeichnerisch hingegen entdeckt man viele Ähnlichkeiten zu den Geschichten um Donald Duck und Co., das lässt sich sicher nicht abstreiten, aber weil man bei den albernen Witzen, dem kindlichen Humor und den coolen Darstellungen von Patrick und SpongeBob immer wieder ein Grinsen auspacken muss, würde ich dem Schwammkopf ganz klar den Vorzug geben. Andererseits sollte sich jeder, der die Serie nicht mag, auch gar nicht erst mit der Materie des Comics beschäftigen, denn dieser baut ausschließlich auf seinem TV-Pendant auf.
In diesem speziellen Fall, also bei „Geschichten aus Bikini Bottom“, gefällt mir besonders die Geschichte mit dem Eichhörnchen Sandy; hier wird SpongeBob mit seinen eigenen Waffen geschlagen. Richtig lachen musste ich hingegen beim letzten Kapitel namens „Der Fan“, in dem Patrick beim Besuch der Ausstellung konsequent die Vorgaben des Wächters ignoriert, wodurch seine offensichtliche Dummheit wieder mal der Auslöser für einen Lachanfall ist – ebenso im ersten Kapitel, als der dumme Seestern sich beim ersten Hammerschlag schon auf den Finger prügelt.
Mit einem Satz: Diese Comics sind verdammt komisch, eben weil der Humor von SpongeBob etwas eigensinnig ist. Ich freue mich jetzt schon auf die anderen beiden Exemplare, die mir derzeit noch vorliegen!
Band 1: [Das Zeichen der Schatten 1625
Band 2: [Der Flug des Drachen 1638
Band 3: [Das Zeichen der Dämonen 1697
Nach zweiwöchiger Pause darf ich endlich weiterschmökern und nach dem ungeheuer spannenden Ende des dritten Bandes „Das Zeichen der Dämonen“ in Erfahrung bringen, wie die Geschichte um das intrigenreiche Kaiserreich Lhynn fortgesetzt wird.
_Story:_
Nach dem erfolgreichen Kampf gegen den Succubus hat dieser sich auf die Seite von Wismerhill geschlagen und ihm einen Treueeid geleistet, doch weiterhin ist die verdammte Seele Wismerhills nicht sicher, wer nun ihr wahrer Meister ist. Währenddessen hat der Kaiser die verräterischen Pläne seines ehemaligen Untertanen Fratus Sinister durchschaut und ist sich der Tatsache bewusst, dass der Krieg nahe bevorsteht. Deshalb sucht er auch Unterstützung bei den anvertrauten Drachen, die jedoch aus Abscheu vor politischen Machenschaften ihre Hilfe verwehren.
Der schwarze Mond mit seinem Anführer Hazeel Thorn stattet dem jungen Ritter Wismerhill zur gleichen Zeit einen Besuch ab und bringt den Succubus erneut in Verführung, sich für den richtigen Meister zu entscheiden. Darauf bedacht, das Kaiserreich Lhynn in Stücke zu reißen, schart er weitere Leute um sich, um gegen den Kaiser in den Krieg zu ziehen. Als eines Tages ein wundersamer Dunkelelf nach Dis in die neue Heimat Wismerhills reist und sich als sein lange gesuchter Vater entpuppt, ist dieser außer sich vor Freude, doch bevor er ihn überhaupt kennen lernen kann, wird er hinterrücks vor den Augen seines Sohnes ermordet. Geblendet vom Hass auf den Kaiser, dem Thorn die Verantwortung für diese Greueltat zuschiebt, startet Wismerhill Seite an Seite mit seinen treuen Gefährten einen Rachefeldzug und verschont dabei kein einziges Dorf, das dem Kaiser untergeben ist. Die dabei hinterlassene Blutspur wird immer größer, und als die Intrigen sich nach und nach aufzudecken scheinen und die Macht des schwarzen Mondes kaum noch zu bremsen ist, beginnt der unvermeidliche Krieg …
Der vierte Teil dieser Reihe ist ein wenig verwirrend gestaltet, weil die Szenerie beständig wechselt und die einzelnen Handlungspunkte nur selten abgeschlossen werden. Immer wieder wechselt das Geschehen zwischen der kaiserlichen Feste, der Heimat Wismerhills, der Verschwörung von Hazeel Thorn und den verräterischen Intrigen von Fratus Sinister, und wenn man sich nicht entsprechend konzentriert, fällt es ziemlich schwer, Verfasser Froideval bei der weiteren Entwicklung seiner Geschichte zu folgen.
Der Spannung tut dies jedoch keinen Abbruch, denn nach wie vor fesselt uns die Story um das erschütterte Kaiserreich Lhynn, und bei den besonders in diesem Buch genialen Zeichnungen Ledroits kann man auch völlig in der Geschichte versinken. Der Zeichner, der nunmehr zum vorletzten Mal bei dieser Serie in Erscheinung getreten ist, verdient speziell bei den mehrseitigen Illustrationen lautstarken Beifall, denn je größer die Bilder werden und je mehr Details Ledroit darin unterbringen kann, desto genialer sind die Zeichnungen auch. Seine bisherige Meisterleistung hat er schließlich mit der doppelseitigen Darstellung des Totentanzes abgeliefert, die wohl nur schwer zu übertreffen sein wird. Ausgerechnet dieses Bild ist dann auch das mit Abstand düsterste im ganzen Band, wohingegen die meisten ansonsten doch recht bunt und hell geraten sind und die in diesem Fall äußerst lebhafte Handlung passend untermalen.
Eine weitere Darstellung, die mir sehr gut gefallen hat, ist die Kriegserklärung sämtlicher Parteien auf der letzten Seite, die wunderbar mit den Texten Froidevals harmoniert und ebenfalls zu den Top-5-Illustrationen dieser Serie zu zählen ist.
Alleine von den Zeichnungen her ist „Die Stunde der Schlange“ mein bisheriger Favorit, doch auch die Handlung, deren einzelne Charaktere in diesem vierten Teil stellenweise eine enorme Entwicklung durchmachen (ganz besonders die Hauptfigur Wismerhill), gewinnt trotz einiger komplexer Wendungen mehr und mehr an Farbe und macht erneut Lust auf mehr. Der Krieg ist angesagt, die Spannung wächst und die Rollen sind anscheind zum ersten Mal klar verteilt: Ich kann es kaum noch abwarten, den nächsten Band zu lesen und werde genau das jetzt auch tun!
In den USA ist „Aleister Arcane“ als dreiteilige Miniserie herausgekommen, was ich bein einer Anzahl von 76 Seiten (in der europäischen Ausführung des Horror-Comics) schon erstaunlich finde, denn dann können die einzelnen Hefte wohl nicht wirklich dick gewesen sein. Wie auch immer, Autor Steve Niles und Zeichner Breehn Burns sind in ihrem Comic um den schrulligen Fernsehansager Aleister Green wirklich sehr darum bemüht, die Horror-Serien und -Filme der 50er und 60er in Ehren zu halten, und daraus machen sie in Form von Mehrfachnennungen gewisser Horror-Klassiker auch keinen Hehl. In der Hoffnung, mit der Geschichte um den verhassten und wiederauferstandenen Moderator Aleister Arcane ebenfalls einen Klassiker des Genres erschaffen zu haben, sind die beiden schließlich ins Rennen gegangen, haben ihr Ziel aber nur zum Teil erreichen können.
_Story:_
Aleister Green ist seit Jahren bei mehreren bekannten Fernsehsendern als Moderator für den Wetterbericht beschäftigt und hat dabei auch des Öfteren seinen Arbeitgeber gewechselt. Aleister weiß also nur zu gut, wie es ist, wenn man gefeuert wird. Außerdem machte Aleister während seiner Zeit bei den verschiedenen Stationen nie einen Hehl aus seiner Liebe für den Horrorfilm, was ihm eines Tages zur Anstellung als Moderator einer berüchtigten Horror-Serie verhilft, in der Aleister Green fortan unter dem Pseudonym Aleister Arcane Klassiker des Genres ansagt, diese Show aber mit immer abgedrehteren Methoden präsentiert. Arcanes Ansagen und Showeinlagen werden immer blutiger, was zwangsweise dazu führt, dass die Zensur innerhalb des Senders ihn dazu bringen möchte, sich lediglich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Doch Aleister lässt sich weder durch seine Kollegen noch durch wütende Elternvereinigungen von seinen seltsamen Einlagen abbringen und erntet dafür noch heftigere Kritik. Aleister ist trotzdem glücklich in seiner Rolle und glaubt, nach langer Zeit endgültig seine Berufung gefunden und ein glückliches Leben entdeckt zu haben – bis seine Frau eines Tages umgebracht wird und Aleister sich infolge dessen komplett zurückzieht.
Doch der Mythos lebt weiter, und so kommt es, dass in einer düsteren Halloween-Nacht Kinder den entmutigten Mann aufsuchen und Aleister neuen Lebensmut einhauchen. Doch der währt nicht lange, denn nach einer langen Krankheit stirbt der ehemalige Moderator. Doch mit seinem Tod fängt der Horror erst richtig an, denn seine Kritiker verwandeln sich plözlich in schreckliche Monster, die in der Umgebung umherwüten und alles töten, was sich ihnen in den Weg stellt – ganz so wie in den Filmen, die Aleister in seinem Programm immer gezeigt hat …
Auch wenn die Story nicht sonderlich spektakulär ist und im Grunde genommen im Eiltempo heruntergerasselt wird, selbst wenn die beiden Männer hinter diesem Comic mit Klischees nicht geizen und ihre Huldigung der alten Horror-Klassiker manchmal schon etwas übertrieben wirkt, so ist dieses 76 Seiten starke Heft doch für Genrefans eine Empfehlung wert, denn die Hochglanz-Zeichnungen, deren blasser Schimmer die düstere Atmosphäre wunderbar überträgt, sind wirklich sehenswert. Auch wenn Zeichner Breehn Burns im Grunde genommen nur aus einer sehr geringen Farbpalette schöpft, erzielt er damit im Endeffekt die maximale Wirkung, die uns bald über die etwas platte und jederzeit vorhersehbare Story hinwegtröstet. Genau hier treten der Tribut und die Ehrerbietung vor den Klassikern dieses Genres am deutlichsten hervor, nur dass „Aleister Arcane“ ganz klar ein moderner Stempel aufgedrückt wurde, der sich in erster Linie an den Gesichtszügen der beteiligten Charaktere ablesen lässt. Auch die Sprechblasen der Kinder, die den zurückgezogenen Aleister Green im zweiten Abschnitt des Comics aufsuchen, sind mit moderner Umgangssprache ausgeschmückt, was die gruselige Grundstimmung ein wenig durchbricht. Aber die Geschichte ist meiner Meinung nach eh nicht sonderlich spannend und daher ganz im Sinne der Hauptfigur Aleister Arcane auch nur B-Movie-Ware. Es sind auschließlich die sehr gelungenen Zeichnungen, die den Comic dennoch empfehlenswert machen, aber wenn man mal bedenkt, dass die Story bei einem solchen Unterfangen selten wirklich im Vordergrund steht, sollte man auf jeden Fall einen Blick in diese Veröffentlichung werfen, denn ich bin davon überzeugt, dass Genrefans hieran ihre Freude haben werden.
Matthias Herkle wurde am 24.11.1966 in Affaltrach geboren. Seine Liebe galt schon immer dem Zeichnen und Malen – Comics waren dabei seine absoluten Favoriten.
Nach einer Ausbildung zum Technischen Zeichner begann er zuerst nebenberuflich und kurze Zeit später hauptberuflich als Grafiker und Illustrator zu arbeiten. Nach mehreren Stationen ist er nun im Atelier einer Werbeagentur angestellt.
Matthias Herkle lebt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Neckarsulm-Dahenfeld. Am heimischen Esstisch entstehen neben vielen anderen Figuren und Motiven auch die Wurmics. Erste Gehversuche unternahmen die Comic-Strips mit den beiden Würmern Bodo und Willi in einem Heilbronner Stadtmagazin. Kurze Zeit später trieben sie in einem Würzburger Wochenblatt ihr Unwesen. Nach einer Ausstellung auf der Schweizer Comic-Messe Fumetto zum Thema Helden wurde ein zweiseitiges Phantomwurm-Abenteuer in einer Comic-Anthologie bei DasNorm veröffentlicht.
„Wurmics – Born to be Worm“ ist seine erste albumfüllende Arbeit.
_Die Charaktere:_
Die beiden skurillen Würmer Bodo und Willi treiben schon seit längerer Zeit in einem Heilbronner Stadtmagazin ihr Unwesen und haben auch in einem Würzburger Wochenblatt schon einige Gastauftritte gehabt. Jetzt hat Matthias Herkle seine bisherigen Wurm-Werke gesammelt und ihnen einen ganzen Band mit kurzen Comic-Strips gewidmet. „Born To Be Worm“, der Untertitel dieses Buches, scheint auch so ungefähr das Lebensmotto des Zeichners zu sein, denn die beiden tolpatschigen Würmer, einer mit einem schicken Zylinder, der andere mit einer tief sitzenden, schlappen Mütze, sind von Herkle sehr schön und mit viel Liebe gezeichnet worden und wirken im Kontrast zu den schlichten Hintergrund-Darstellungen auch sehr gut. Lediglich in manchen kleinen Bildern, in denen viele Details versteckt sind, kommen die schwarz-weißen Illustrationen an ihre Grenzen und werden undeutlich, was jedoch nicht besonders häufig vorkommt.
_Die Texte:_
Im Gegensatz zu den schlichten aber effektvollen Zeichnungen, sind die Texte aber ziemlich plump und bedienen sich in erster Linie bei abgedroschenen Phrasen, kaum mehr lustigen Witzen und oft erfolglosen Versuchen, bekannte Sprichwörter mit (dem hier fehlenden) Wortwitz auf das Leben eines Wurmes zu beziehen. In den meisten Fällen verpuffen die witzigen Zeichnungen daher auch schnell, weil die manchmal recht sinnleeren Dialoge mal wieder die Magie des kurzen Strips nehmen. Vielleicht sind es deswegen auch speziell die über mehrere Episoden verlaufenden Geschichten, die wirklich gelungen sind und auf zwei Drittel der übrigen der insgesamt 112 Mini-Storys einen deutlichen Schatten werfen.
_Das Gesamtbild:_
Was als kurze Aufheiterung in der Tageszeitung noch funktionieren mag, funktioniert in diesem Falle als Ansammlung solcher Miniatur-Comics nicht mehr, und das gerät „Wurmics“ auch zum deutlichen Nachteil, der schnell den Spaß an den coolen Wurm-Darstellungen raubt.
Schade eigentlich, aber die Motivation „ein Buch mit Phantasie“ herauszubringen, ist Matthias Herkle hier nur sehr bedingt gelungen. Wer trotzdem Interesse hat, der findet unter http://www.wurmics.de einen Song zum Download, Shirts und andere Sachen rund um das Wurm-Universum, bei denen dann vielleicht auch mehr Spaß herüberkommt als bei diesem Sammelband.
Die Geschichte geht weiter, und sie geht vor allem noch weiter in die Tiefe, denn nachdem Min-Woo Hyung im vierten Band bereits nähere Auskünfte über die Vergangenheit von Ivan Isaacs gegeben hat, gräbt er nun im Vermächtnis des gefallenen Erzengels Temozarela und erzählt bzw. illustriert, wie er wieder zum Leben erweckt wurde. Interessant ist hierbei, dass der Autor die ganze Geschichte aus der Sicht des Priesters Vater Simon aufzieht, der seinerseits im Tagebuch von Ivan Isaacs herumstöbert und dort dessen Berichte über Temozarela und seine Wiedergeburt aufschnappt. Es handelt sich quasi um eine Geschichte in einer Geschichte, die wiederum Part der eigentlichen Handlung ist. Klingt kompliziert, ist aber im Endeffekt doch sehr simpel.
_Story:_
Einst war der Kreuzritter Vascar de Guillon bereit, sein Leben für den Glauben zu opfern. In unzähligen Schlachten bewies er sich als Verfechter des christlichen Glaubens und kämpfte erfolgreich gegen das durch die Ketzer hervorgerufene Leid. Als eines Tage seine Frau an einer gefährlichen Krankheit laboriert, schlägt de Guillons Mission in puren Hass um. Er glaubt, dass der Teufel durch seine Untertanen, die Ketzer, für die Krankheit von Marianne verantwortlich ist, und von diesem Tag an kämpft er nicht mehr für seinen Glauben, er mordet im Namen Gottes – bis zu dem Tag, als seine Frau im Namen der Kirche bei lebendigem Leib verbrannt wird. Vascar vergisst sämtliche ihm auferlegte Dogmen, und sein Zorn ist so unermesslich, dass er mit dem Erzengel Temozarela einen teuflischen Pakt schließt, der ihn von den Fesseln der christlichen Glaubensgemeinschaft befreien soll …
Die Geschichte von Temozarela bzw. Vascar de Guillon ist faszinierend und nochmals eine Steigerung zu den Erzählungen über Ivan Isaacs. Ganz klar hat die Story von „Priest“ im fünften Band ihren bisherigen Höhepunkt erreicht, und zunehmend versteht man die Motivation der beiden vorläufigen Hauptcharaktere Temozarela und Isaacs, den geschürten Hass dem jeweils anderen gegenüber in einem erbitterten Kampf zu entfesseln.
Besonders überzeugend hat Min-Woo Hyung hierbei die Dramatik im Leben des Vascar de Guillon dargestellt, einem Mann, der für seinen Glauben alles getan hätte, der sich aber letztendlich von seiner Kirche im Stich gelassen und betrogen fühlt. Anders als bei so vielen Mangas hat sich der Autor hier genügend Zeit gelassen (immerhin ein ganzes Buch), um das Herausbilden des Hasses, die sehr emotionale Story und das tragische Schicksal dieses Menschen zu schildern, und das tut der ganzen Handlung wirklich sehr gut.
Andererseits knistert die Spannung im Hintergrund weiter, denn irgendwann – das weiß man nun bereits – wird Hyung die ganzen Fakten zusammenfügen müssen, und auf diesen Moment bin ich jetzt schon sehr gespannt. Leider sind bislang nur die bis dato besprochenen fünf Bände erhältlich (Band sechs kommt in Kürze), was die Wartezeit natürlich nicht gerade einfach macht. Aber der bisherige Verlauf ist schlicht und einfach genial illustriert worden, weshalb ich noch einmal betonen möchte, dass man „Priest“ auf jeden Fall gelesen haben sollte!
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