Archiv der Kategorie: Hörspiele / Hörbücher

Åsa (Asa) Larsson- Weiße Nacht

Åsa Larsson gehört zu den neueren Krimihoffnungen Schwedens. Ihr Debütroman „Sonnensturm“ wurde als bestes Krimidebüt 2003 prämiert. Der Nachfolgeroman „Weiße Nacht“ wurde ein Jahr später als Krimi des Jahres ausgezeichnet. Bevor in diesem Monat mit „Der Schwarze Steg“ Larssons dritter Roman auf Deutsch erscheint, hat |Hörbuch Hamburg| noch die Hörbuchfassung zu „Weiße Nacht“ nachgeschoben.

Larssons Krimis spielen im äußersten Norden Schwedens, unweit von Kiruna. Eine verschlafene Gegend, die nun allmählich vom Tourismus entdeckt wird. Hier wird in der Mittsommernacht die umstrittene Pastorin Mildred Nilsson tot in ihrer Kirche aufgefunden.

Über einen Mangel an Verdächtigen kann die Polizei sich nicht beklagen. Mildred Nilsson hat sich durch ihr Engagement weit aus dem Fenster gelehnt. Frauen haben bei ihr Rat gesucht, bevor sie ihre Männer verlassen haben. Der ortsansässigen Jagdgemeinschaft hat Nilsson Paroli geboten und auch die männlichen Kollegen waren nicht gerade glücklich über die Art, wie Mildred Nilsson ihre Männerdomäne auf den Kopf gestellt hat. Kurzum, der halbe Ort könnte ein Motiv haben. Und so schleppen sich die Ermittlungen schwerfällig dahin, bis die Kriminalbeamtin Anna Maria Mella Order bekommt, den Fall noch einmal aufzurollen.

Zur gleichen Zeit hält sich Rebecka Martinsson zufällig in der Gegend auf. Sie ist Juristin in einer Stockholmer Kanzlei, die derzeit im Auftrag eben jener Kirche arbeitet, in der Mildred Nilsson ermordet aufgefunden wurde. Rebecka stammt aus der Gegend, war nach den Ereignissen in „Sonnensturm“, aber bislang nicht wieder zurückgekehrt. Rebecka hat gewisse Schwierigkeiten, sich wieder mit dem Alltag zu arrangieren. Zu sehr lasten noch die damaligen Ereignisse auf ihrer Seele. Und so nutzt sie die Tage in der ehemaligen Heimat, um ein wenig aus ihrem Stockholmer Alltag herauszukommen und zu sich selbst zu finden.

Unversehens wird sie dabei in den Fall Mildred Nilsson hineingezogen. Im Safe der Pastorin findet sie einen Haufen Drohbriefe, die sie an Anna Maria Mella weiterleitet. Sie spürt das feindselige Klima im Ort und den aufgestauten Hass. Dennoch hat sie keine Vorstellung davon, wie gefährlich die Situation wirklich werden kann, bis sie dem Mörder von Mildred Nilsson zu Nahe kommt …

Åsa Larsson legt ihren Krimi mit viel Feingefühl an. Sie kennt die Gegebenheiten des Ortes, den Charakter der Menschen dort. So vermittelt sie dem Leser ein Gefühl für das Leben in Kiruna, für die Weite der Landschaft und die unerträgliche Helligkeit der Mittsommernächte. Larsson stammt selbst aus Kiruna und hat wie ihre Protagonistin Rebecka Martinsson jahrelang als Juristin gearbeitet. Sie selbst steht also sehr nah an der Handlung ihres Romans. Sie weiß, wovon sie schreibt ,und so hat man als Leser bzw. Hörer auch permanent das Gefühl, den Figuren ganz nah zu sein.

Es ist auch diese Nähe, aus der die Krimihandlung ihre Spannung zieht. Larsson beobachtet still und leise und präsentiert damit dem Betrachter einen Verdächtigen nach dem anderen. Motive gibt es in Hülle und Fülle, und in diesem dichten Geflecht der Figuren und Beziehungen lauert gut versteckt der wahre Täter. Larsson offenbart die Gefühlswelt ihrer Figuren und entblößt damit auch die gesellschaftlichen Strukturen ihrer alten Heimat. Voller Stolz sind die Menschen dort, aber auch sehr verwundbar, wie es scheint und so trägt jeder der Einheimischen sein Paket verletzter Gefühle und gekränkten Stolzes mit sich umher.

Dabei erscheinen viele Denkweisen eher konservativ. Die strikte Verteilung der geschlechterspezifischen Rollen demonstriert Larsson vor allem anhand des Verhaltens der Kirchenmänner, die Mildreds Stelle „um des Gemeindefriedens Willen“ auf keinen Fall wieder mit einer Frau besetzen wollen, und auch anhand der rein männlichen Jagdgemeinschaft, die sich nicht von einer Frau wie Mildred Nilsson Vorschriften machen lassen wollte. Die Rollenverteilung ist eben eher klassisch, und wenn eine Feministin daherkommt, um daran zu rütteln, läuft sie halt ins offene Messer. Und so schwingt in Larssons Roman eben am Rande auch eine unterschwellige Gesellschaftskritik mit.

Die Hauptfigur von Larssons Romanen ist stets Rebecka Martinsson, die gleichermaßen sympathisch wie interessant wirkt. Sie ist eine gebrochene Persönlichkeit, die die Geschehnisse des ersten Larsson-Romans noch immer nicht verdaut hat, die darum kämpfen muss, ihren Alltag zu bewältigen und nicht unter der Last ihrer Emotionen zusammenzubrechen. Sie gerät eher unbeabsichtigt in die Mordermittlungen, ermittelt nicht im eigentlichen Sinne und arbeitet auch nur bei der Übergabe der Drohbriefe aus dem Safe der Pastorin mit Anna Maria Mella zusammen. Sie beobachtet viel mehr im Stillen, und als sie daraus ihre Schlüsse zieht, ist es schon fast zu spät für sie. Auch Anna Maria Mella ist eine Figur, die Sympathien auf sich zieht. Nach der Babypause gerade in den Dienst zurückgekehrt, soll sie sich noch einmal den ins Stocken geratenen Fall Mildred Nilsson vornehmen und kommt dabei der Lösung näher, als es die Kollegen jemals waren.

„Weiße Nacht“ ist ein Krimi mit einer sehr subtilen Spannung. Er ist nicht temporeich inszeniert und verzichtet auf Effekthascherei. Keine wilden Verfolgungsjagden, kein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Polizei und Mörder, keine unappetitlichen Schilderungen des Tathergangs für den letzten Thrill. Dennoch schafft Åsa Larsson eine dichte Atmosphäre, aber es ist eben eher das Figurengeflecht, das Spannungsfeld der aufgeheizten Kleinstadtidylle rund um das Mordopfer, aus dem „Weiße Nacht“ seine Spannung bezieht. Dadurch ist der Roman eine intensive Lese- bzw. Hörerfahrung. Es ist eben auch die Kunst, sich in die Figuren einzufühlen, ihr Seelenleben zu offenbaren, hinter die Fassade des wohlgeordneten, anständigen Alltagslebens zu schauen und den Leser/Hörer so ganz intensiv und nah an das Geschehen zu rücken, was Åsa Larssons Qualitäten ausmacht. Und so darf man sicherlich gespannt sein, was Rebecka Martinsson in Zukunft noch so alles in Kiruna erleben wird.

Die Hörbuchfassung von |Hörbuch Hamburg| ist in jedem Fall als gelungen zu bezeichnen. Schauspielerin Nina Petri liest den Roman vor und macht ihre Sache dabei ausgesprochen gut. Ihr Erzählfluss und ihre Intonation passen gut zur intensiven Figurenbetrachtung Åsa Larssons und transportieren auf diese Weise die Stimmung des Romans zum Zuhörer. Die 384 Minuten des Hörbuchs vergehen wie im Flug und man taucht tief in die Geschichte, die Stimmung und den Ort ein.

Bleibt also unterm Strich ein sehr positiver Eindruck zurück. Wer Krimis mit subtiler Spannung, einer intensiven Atmosphäre und interessant skizzierten und sehr menschlich wirkenden Figuren mag, der sollte sich den Namen Åsa Larsson merken. Ihre Krimis haben in jedem Fall ihre Daseinsberechtigung, und man darf sicherlich gespannt sein, wie es mit Rebecka Martinsson weitergeht. Wer Schweden-Krimis à la Camilla Läckberg [(„Die Eisprinzessin schläft“) 3209 mag, der wird auch an Åsa Larsson seine Freude haben und dem sei „Weiße Nacht“ ausdrücklich ans Herz gelegt.

http://www.HoerbucHHamburg.de
|Die gebundene Ausgabe erschien im Juni 2006 bei C. Bertelsmann.|

Francis, H. G. – Gruselserie 2. 3er-Box

_Inhalt_

|“Frankensteins Sohn im Monster-Labor“|

Besetzung:
Bob Brown – Gerd Martienzen
Maggie Brown – Eva Gelb
Wirt – Andreas von der Meden
Gast – Hans Meinhardt
Horr – F.J. Steffens
Dr. Goralda – Rolf Mamero
Dr. Frank – Hans Paetsch
Senor Alvarez – Joachim Grützner

Regie: Heikedine Körting

Story:

„Daily Mirror“-Reporterin Maggie Brown und ihr Mann Bob, der Fotograf des Magazins, folgen der Einladung des berüchtigten Wissenschaftlers Dr. Giralda in ein abgelegenes Schloss. Im nahe gelegenen Dorf angekommen, machen sich jedoch schon erste Zweifel breit; das Schloss hat einen sehr schlechten Ruf und wird von den Bürgern verabscheut. Nichtsdestotrotz reisen Maggie und Bob weiter und stoßen am Zielort auf den spanischen Reporter Alvarez, der ebenfalls auf Geheiß des Doktors angereist ist.

Maggies Ansinnen, über ein neues Experiment des Wissenschaftlers zu schreiben, muss jedoch erst einmal zurückgestellt werden, weil Giralda zunächst unbeobachtet seinen geheimnisvollen Forschungen nachgehen möchte. Die Reporterin wird immer misstrauischer, weil sie sich nicht erklären kann, was der Doktor in seinen versteckten Gemächern treibt und die daraus hervorgehenden Schreie sie nicht gerade versöhnlich stimmen. Als das Team dann eine allzu grauenvolle Beobachtung macht, ist es um Maggie geschehen. Giralda hat einen Weg gefunden, das Gehirn des gelähmten Dr. Frank zu transplantieren und seinem verstümmelten Körper eine neue Hülle zu geben. Doch nicht nur das: Auch das Gerücht, das Versuchskaninchen sei Frankensteins Sohn, scheint sich nach und nach zu bestätigen …

|Die Nacht der Todesratte|

Besetzung:
Professor Hasquet – Richard Lauffen
Claudine – Donata Höfer
Pascal – Alexander Bischoff
Henri Clement – Christian Mey
Kommissar – Henry Kielmann
Dr. Mireaux – Wolfgang Rossi
Erzähler – Günther Ungeheuer

Regie: Heikedine Körting

Story:

Professor Hasquet ist besessen vom Gedanken, sein Leben auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Seit Jahren treibt er seine Forschungen bereits voran, um Mittel und Wege zu finden, dem drohenden Tod von der Schippe zu springen, und nun scheint endlich Erfolg in Sicht. Gemeinsam mit seiner Assistentin Claudine leitet er gerade ein Experiment, bei dem die Triebe einer Ratte auf einen Affen übertragen werden. Als der Versuch tatsächlich glückt, beschließt Hasquet in der Abwesenheit Claudines, die logischen Schlüsse auf den Menschen zu übertragen. Claudines Bruder Pascal, der sich vor seiner bevorstehenden Dakar-Reise von seiner Schwester verabschieden möchte, kommt ihm da gerade recht. Nachdem dieser kurz entschlossen zugestimmt hat, in ein wissenschaftliches Experiment einbezogen zu werden, scheint der Professor am Ziel seiner Träume. Als jedoch kurze Zeit später ein Amoklauf die französische Stadt Brest erschüttert und Hasquet nichtsdestotrotz tot aufgefunden wird, wird Claudine und ihrem Freund Henry erst so richtig bewusst, was der Wissenschaftler mit seinen Versuchen wirklich beabsichtigte.

|“Im Bann der Monsterspinne“|

Besetzung:
Angie Stevenson – Gabi Libbach
Duke Douglas – Horst Stark
Mr C. Wyman – Gottfried Kramer
Spinne – Renate Pichler
Affe – Gerlach Fiedler
Wyman – Siegfried Wald
Ben – Ernst von Klippstein
Verkäufer – Joachim Richert
Parkwache – Hans Meinhardt
Sheriff – Christian Rode
Erzähler – Günther Ungeheuer

Regie: Heikedine Körting

Story:

Aus Interesse an den jüngsten Forschungsergebnissen von Dr. Wyman reist die junge Angie Stevenson zu seinem Anwesen, um sich aus nächster Nähe einen Eindruck zu verschaffen. Dort jedoch wird sie erst einmal abgewiesen, denn der Diener des Hauses will von ihrer Verabredung mit dem Wissenschaftler nichts wissen und schickt sie stattdessen erst einmal fort. Als Wyman dann jedoch über einen längeren Zeitraum verschollen bleibt, wird Angie skeptisch – hatte der Mann etwa seine Einladung vergessen? Bei ihren eigenen Ermittlungen im Labor des Doktors macht die junge Miss Stevenson dann aber eine furchtbare Entdeckung; unter einer Luke im Fußboden ist eine mutierte Spinne gefangen. Und jetzt, wo Angie sie freigelassen hat, macht die Bestie Jagd auf ihr menschliches Futter …

_Persönliche Eindrücke_

In der zweiten Gruselbox der berüchtigten |Gruselserie| aus dem Hause |Europa| werden dieser Tage drei neue Hörspiele aus der Feder von Hans Gerhard Franciskowsky alias H. G. Francis veröffentlicht, die man allesamt unter einem Motto zusammenfassen kann: potenzialreiche Storys, gute Sprecher, zumeist durchwachsene Umsetzung.

Das eigentliche Dilemma erkennt man schon in der ersten Episode „Frankensteins Sohn im Monster-Labor“: Die Geschichte beginnt spannend, und kann auch auf eine wachsende Dramaturgie zurückblicken, doch insgesamt hat man es einfach verfehlt, mit dieser Kombination auch eine entsprechende Atmosphäre aufzubauen. Stattdessen verstrickt man sich gleich in mehreren entscheidenden Szenen in Widersprüche und Klischee-Dialoge, die dem Ganzen ganz sicher nicht zuträglich sind. So bestreitet Dr. Giralda die ganze Zeit über jedwede Anschuldigung und weist die Verdächtigungen des Reporterteams Maggie und Bob vehement zurück – nur um anschließend doch zuzugeben, dass die Browns Recht hatten.

Generell geschieht in dieser Folge zu viel über die manchmal nicht gerade geistreich aufgebauten Dialoge. Insbesondere in diesem speziellen Grusel-Szenario würde man sich ein wenig mehr Action wünschen, doch diese wird fast schon abweisend außen vor gelassen und durch den recht drögen Austausch zwischen Giralda, Maggie und Bob ersetzt. Negativ-Höhepunkt ist dabei die ständige Verharmlosung von Seiten Bobs, der anscheinend bis zum Schluss nicht wahrhaben möchte, dass im Hause des Doktors Übersinnliches vorgeht, während seine Frau vor Angst ununterbrochen schaudert. Dass derartige Geschichten an den Haaren herbeigezogen sind, mag ja die eine Sache sein, aber dass es definitiv möglich ist, das Ganze in ein glaubwürdiges Setting einzubetten, ist die andere und wesentlich wichtigere und in diesem Fall die nur eher mäßig gelöste Problematik.

Besserung gelobt indes das zweite Hörspiel der Box, „Die Nacht der Todes-Ratte“. Vom Aufbau her dem Vorgänger gar nicht mal so unähnlich, stimmt hier jedoch die Kombination aus Spannung, Action, Dialog und Atmosphäre. Zwar läuft das Ganze zum Schluss hin ein wenig aus dem Ruder, doch bis dahin wurde man auf oberstem Grusel-Niveau unterhalten und mit einem überschaubaren, sympathischen Horror-Plot beschenkt – auch wenn es letztendlich wieder die Sprecher sind, die hier ausschlaggebend für das gute Gelingen sind. Darüber hinaus gibt es einige gelungene Charakterzeichnungen, angefangen bei der manchmal herrlich panischen Claudine bis hin zum souverän agierenden Henry. Damit entwischt „Die Nacht der Todes-Ratte“ dem Raster der Mittelmäßigkeit, auch wenn hier sicher noch einiges verbesserungswürdig wäre.

Dem Höhepunkt folgt leider dann der ganz tiefe Fall, denn in der dritten Erzählung häufen sich nicht nur sämtliche Klischees, nein, hier wird auch noch auf sinnentleerte Mittel wie den sprechenden Affen oder die völlig absurd agierende Monsterspinne – Tarantula lässt grüßen – zurückgegriffen. Was manche eventuell kultig finden werden, ist bei genauer Betrachtung doch eher peinlich. Wie man zum Beispiel versucht, das mutierte Geschöpf zu bekämpfen, grenzt nicht gerade an Erfindungsreichtum, geschweige denn das Auftreten der Charaktere in diesem Hörspiel überhaupt. Angie Stevenson zum Beispiel passt durch ihr Handeln im Labor des Wissenschaftlers haargenau in die Trash-Schablone, der auch ihr Kumpan Duke Douglas hilflos ausgeliefert scheint. Ihr gesamtes Auftreten ist geprägt von ständigen Oberflächlichkeiten und nichtssagenden Dialogen, was sich leider von der ersten bis zur letzten Minute durchzieht und somit den Tiefpunkt der zweiten Gruselbox markiert.

Insgesamt also bleibt das Set mit den offiziellen Episoden 01, 09, und 12 schon ein ganzes Stück hinter den Erwartungen zurück. Den Sprechern darf man dabei noch nicht einmal einen Vorwurf machen, denn sie lösen ihre Aufgaben gut bis sehr gut und bringen die Emotionen und Ängste in den jeweiligen Szenarien auch sehr schön rüber. Es ist halt nur so, dass zum größten Teil das feine Potenzial der Geschichten verschenkt wurde, um stattdessen den auditiven B-Movie-Trash zu adaptieren. Klar wird es Leute geben, die genau das an der Serie mögen. Aber wer schon ein bisschen mehr Anspruch an derartige Handlungen stellt, der wird zumindest „Im Bann der Monsterspinne“ und mit Abstrichen „Frankensteins Sohn im Monster-Labor“ für eher unwürdige Vertreter des Grusel-Genres erklären.

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Wallace, Edgar / Herwald, Hans-Joachim – Edgar Wallace – Der Unheimliche (Folge 3) (Hörspiel)

Folge 01: [„Das Gesicht im Dunkeln“ 2051
Folge 02: [„Bei den drei Eichen“ 2094
Folge 04: [„Der Banknotenfälscher“ 3229

_Besetzung_

Chronist/Erzähler – Eckart Dux
Major Paul Amery – Robert Missler
Elsa Marlowe – Eva Michaelis
Dr. Ralf Hallam – Michael Bideller
Luise Trene Hallam – Traudl Sperber
Inspektor William Bickerson – Mark Bremer
Bankier Tupperwill – Marco Sand
Jessie Tame – Christine Pappert
Papa Tame – Kai Henrik Möller
Maurice Tarn – Wolf Frass

Regie: Jans-Joachim Herwald

_Story_

Elsa Marlowe arbeitet bei „Amery & Amery“ seit Jahren als Sekretärin, ist jedoch in letzter Zeit immer unzufriedener mit ihrem Job. Ihr jüngst aus Indien zurückgekehrter Vorgesetzter, Major Paul Amery, verhält sich seit einiger Zeit sehr seltsam, besonders nachdem die Gattin des anrüchigen Ralf Hallam ihm einen Besuch abgestattet hat. Diesem wird nachgesagt, Mitglied einer Rauschgiftbande zu sein, doch Hallam erwehrt sich beständig der üblen Nachrede und steigert somit auch die Spannungen zwischen sich und dem seltsamen Amery.

Als schließlich Hallams guter Freund und offensichtlicher Kumpan Maurice Tarn tot aufgefunden wird, geraten die Dinge ins Rollen. Wer steckt hinter dem Anschlag auf Tarn? Welche Rolle spielt der bislang verdeckt arbeitende Soyoka? Wie tief stecken Amery und Hallam in den zweifelhaften Machenschaften mit drin? Was ist mit Bankier Tupperville, der mehr zu wissen scheint, als er verrät? Und was soll nun mit Elsa Marlowe geschehen, die unschuldig in ein Kreuzfeuer aus Ungerechtigkeiten und Intrigen hineingeraten ist?

_Persönlicher Eindruck_

|Maritim| bauen ihr Programm mit „Der Unheimliche“ um einen weiteren Titel aus der Feder von Edgar Wallace aus, haben sich dabei jedoch an eine eher unbekanntere Story des britischen Altmeisters herangewagt. Die unter der Regie von Hans-Joachim Herwald entstandene Adaption ist allerdings auch nicht wirklich die beste Erzählung des Kriminal-Asses, selbst wenn die Sprecher gemeinsam mit dem Regisseur das Beste aus der ordentlichen, aber leider nicht herausragenden Vorlage herausgeholt haben.

Allerdings ist „Der Unheimliche“ nichtsdestotrotz ziemlich verwirrend aufgebaut. Gleich zu Beginn macht man Bekanntschaft mit unheimlich vielen verschiedenen Charakteren und ist wegen des rasanten Erzähltempos sogar manchmal überfordert, die Personen ihrer Position und Rolle entsprechend richtig zuzuteilen. Dies wird noch dadurch erschwert, dass sowohl die männlichen Protagonisten Hallam und Amery als auch die weibliche Besetzung (Luise und Elsa) mit sehr ähnlich klingenden Stimmen vertreten sind, was eine genaue Differenzierung erst nach kurzer Eingewöhnung erlaubt. Da beide jedoch von der ersten Szene an in der Story präsent sind, bleiben Startschwierigkeiten vorprogrammiert.

Auch der Aufbau der Handlung ist nicht jederzeit stringent. Herwald begeht recht viele Sprünge und wechselt die Szenarien meist plötzlich. Viele Fragen bleiben ungeklärt, was für eine Kriminalgeschichte ja eigentlich nur förderlich ist, hier jedoch partielle Verständnisprobleme auslöst. So ist der Zuhörer noch damit beschäftigt, die möglichen Drahtzieher des Mordes an Maurice Tarn in eine nähere Auswahl zu nehmen, als auch schon die Rede auf die große Unbekannte namens Soyoka kommt. Wer oder was sich hinter dieser Gestalt verbirgt und was er beabsichtigt, ist der Ermittlungsauftrag an das Publikum des Hörspiels, während die Polizei unter Leitung von Inspektor William Bickerson sich darum bemüht, die untergetauchte Bande, den Rauschgiftdeal und die korrupten Machenschaften, die sich im Hintergrund vollziehen, aufzudecken. Nach und nach begeben sich beide Seiten – Ermittler sowie Amery und Hallam – jedoch in Widersprüche und verzetteln sich an entscheidenden Stellen. Und dennoch lässt sich bis zum Schluss niemand in die Karten schauen, was schließlich die Spannung antreibt und nach entschlüsselter Verwirrung zu einem mehr als akzeptablen Finale führt.

Problematisch bleibt indes die verspätete Hinzunahme elementarer Figuren. So tauchen zum Beispiel Jessie Tame und ihr Vater recht spät in die Handlung ein, wobei Letzterer nach seinem kurzen Gastauftritt sogar wieder das Weite sucht bzw. stirbt. Und auch der gerissene Bankier Tupperill, bei dem sich der Verdacht erhärtet, er sei in diverse illegale Machenschaften verwickelt, kommt im Laufe des Plots nur selten zum Zuge, weil die Handlung sehr stark auf Amery und Elsa Marlowe ausgerichtet ist. Nicht zu vergessen der scheinheilige Inspektor, von dem man bis zum Schluss nicht weiß, was man von ihm halten soll.

Letztendlich führen all diese Aspekte zu unnötigen Ungereimtheiten während des Hauptstrangs, die das Geschehen zwar insgesamt komplex halten, Entscheidendes aber verbergen. Es spricht für die gute Besetzung, dass sie derartige Schwächen mit einer tollen Performance locker ausgleicht, aber auf den Inhalt und phasenweise auch auf die Spannung bezogen, verhindern solche Tatsachen, dass das volle Potenzial der Story genutzt wird.

Egal jedoch, wie man es nun auslegen will: „Der Unheimliche“ kommt inhaltlich sowie in der etwas unvorteilhaft strukturierten Hörspielfassung nicht an die echten Wallace-Klassiker an. Trotz der genannten Schönheitsfehler bleibt es aber dennoch ein gutes Hörspiel, das man sich nicht bloß zur Vervollständigung, sondern sicherlich auch zur Aufwertung seiner auditiven Kriminalsammlung beschaffen sollte.

http://www.maritim-produktionen.de/

Christopher, John – Tripods I – III

Die von der |BBC| produzierte Fernsehserie „Die dreibeinigen Herrscher“ (The Tripods) war bei ihrer ersten und einzigen deutschen Ausstrahlung 1986 wohl für viele der erste Kontakt mit John Christophers Jugendbuchklassiker von 1967. Die leider nur zum Teil verfilmte Trilogie erzählt von der erschreckenden Vision einer zukünftigen Menschheit, die von dreibeinigen Außerirdischen versklavt wurde und damit, bis auf wenige Ausnahmen, offensichtlich zufrieden war. Da die Serie nach der zweiten Staffel aus Kostengründen eingestellt wurde, blieb man als Zuschauer unbefriedigt zurück, denn eine Auflösung der dramatischen Handlung und die Befreiung der Menschheit sollte erst in der dritten Staffel gezeigt werden. Die durch die Fernsehserie ausgelöste Sucht, mehr über die Geschicke der liebgewonnenen Helden zu erfahren, blieb lange Zeit schwer zu stillen. Die Trilogie war in Deutschland jahrelang vergriffen und konnte höchstens als ausgemustertes Büchereiexemplar zu unglaublichen Preisen bei |eBay| ersteigert werden. Doch das Warten hat endlich ein Ende. Nach der Neuauflage der Bücher im |Arena|-Verlag veröffentlichte |Patmos| mit der hier besprochenen Hörbuchfassung „Tripods“ einen echten Hochgenuss, an dem nicht nur Jugendliche und Achtzigerjahre-Nostalgiker ihre Freude haben werden.

„Tripods“ beginnt irgendwann in einer nicht zu fernen Zukunft. Der 13-jährige Will wächst in einem postapokalyptischen England auf. Die Menschen leben wieder wie im Mittelalter als Bauern, Handwerker oder Adlige. Es gibt nur noch wenige Überbleibsel einer einst hochtechnisierten Welt; da alle Erinnerungen an die technischen Wunder der Vergangenheit verschwunden sind, besitzt niemand mehr das Wissen und die Fähigkeiten, selbst so einfache Dinge wie z. B. Armbanduhren herzustellen. Das einzig Technische in dieser Welt sind die Tripoden, dreibeinige Maschinen, denen alle gehorchen und die von allen verehrt werden.

Will und die Menschen seines Dorfes haben nur wenig Kontakt zu den Tripoden. Einmal im Jahr, am Tag der Weihe, erscheint ein Tripode und versieht alle Vierzehnjährigen des Dorfes mit einer Kappe. Diese Kappe aus Metall, die fest mit dem Schädel verbunden ist, markiert den Punkt des Erwachsenwerdens. Obwohl der Tag von den Dorfbewohnern groß gefeiert wird, werden über die Weihe selbst nur wenige Worte verloren. Erst als Will miterleben muss, wie sein Cousin und bester Freund Jack sich nach der Weihe völlig verändert, beginnt er nachzudenken. Warum verändern sich die Menschen nach der Weihe? Weshalb verwandelt sich ein aufgeweckter, wissbegieriger Junge wie Jack von einem Tag auf den anderen in einen lethargischen und gleichgültigen Erwachsenen?

Von Ozymandias, der nur vorgibt, geweiht worden zu sein und als Wanderer durch die Welt zieht, erfährt Will schließlich die entsetzliche Wahrheit. Die Tripoden werden von Außerirdischen gesteuert, die mit Hilfe der Kappen eine direkte Kontrolle über die Menschen ausüben und sie so versklavt haben. Da Will fest entschlossen ist, sich der Weihe zu entziehen, macht er sich zusammen mit seinem Cousin Henry auf den Weg zu den weißen Bergen, wo laut Ozymandias die letzten freien Menschen leben.

Auf ihrer gefährlichen Reise treffen sie den ebenfalls kurz vor der Weihe stehenden Jean-Paul (Bohnenstange), der sich ihnen anschließt. Bei der Durchquerung Europas werden die drei immer wieder vor die Wahl gestellt, ein bequemes Leben als willenlose Sklaven oder ein gefahrvolles Leben in Freiheit zu führen. Ständig auf der Flucht vor den Tripoden, treffen sie schließlich tief in den Alpen auf den letzen Widerstand der Menschheit. Doch damit ist die Reise noch nicht zu Ende. Bereit für die Freiheit zu kämpfen, wird Will ausgewählt, mit einer falschen Kappe versehen den Tripoden in ihrer Stadt zu dienen und sie dabei auszuspionieren. Zwar gelingt es Will, einige Ansatzpunkte für einen Kampf gegen die Tripoden zu finden, dabei erfährt er jedoch, dass dem Widerstand nicht mehr viel Zeit bleibt. Denn ein perfider Plan der Außerirdischen droht die Menschheit auszulöschen.

John Christopher (alias Samuel Youd), Jahrgang 1922, schreibt seit 1949 Romane, die weltweit übersetzt und verfilmt wurden. Für „Die Wächter“ erhielt er 1976 sogar den Deutschen Literaturpreis. Der Anlass, eine Science-Fiction-Geschichte für Jugendliche zu schreiben, war die Anfrage eines Verlegers, der seine Erwachsenenromane gelesen hatte. Christopher war sich zunächst nicht sicher, ob er ein vernünftiges Jugendbuch mit Science-Fiction-Thematik schreiben könne, da er bislang nur Erwachsenenromane geschrieben hatte und seit der Erforschung des Alls viele Geheimnisse der Zukunft bereits als enthüllt ansah. Deshalb hatte er als Schriftsteller eher ein Interesse an der Vergangenheit. Aber warum nicht Zukunftselemente mit einer mittelalterlichen Welt kombinieren? Dieser Ansatz führte ihn zurück in die Zeit – in ein feudales England, das von futuristischen Monstermaschinen regiert wird. Gerade dieser scheinbare Widerspruch wurde von den Lesern geschätzt und machte die Trilogie zu einem Klassiker, der auch nach 40 Jahren nichts von seiner Aktualität verloren hat.

Mit dieser Hörbuchfassung ist es dem |Patmos|-Verlag tatsächlich gelungen, den hohen Ansprüchen der Fans gerecht zu werden. Bestehend aus drei Teilen, die jeweils vier CDs umfassen, bietet die Trilogie insgesamt 828 Minuten Hochspannung. Gelesen wird die beklemmende Geschichte, die aus der Sicht des Protagonisten Will erzählt wird, von Torsten Michaelis, der seit 1991 in mehr als 400 Filmen international bekannten Filmstars wie Wesley Snipes, Sean Bean und Martin Lawrence seine Stimme geliehen hat. Die Geschichte wird perfekt untermalt durch Originalgeräusche aus der |BBC|-Fernsehserie. Außerdem ist jedem der drei Teile ein Bonustrack der Originalmusik von Kevin Freeman beigefügt.

_Tripods_

Teil 1: [„Dreibeinige Monster auf Erdkurs“]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3491241405/powermetalde-21 (The white Mountains)
Bonustrack „Main Theme“

Teil 2: [„Das Geheimnis der dreibeinigen Monster“]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3491241332/powermetalde-21 (The city of lead and gold)
Bonustrack „The City of Gold“

Teil 3: [„Der Untergang der dreibeinigen Monster“]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3491241405/powermetalde-21 (The pool of fire)
Bonustrack „Closing Theme“

http://www.patmos.de

May, Karl – Winnetou III (Europa-Originale 29)

_Besetzung_

Old Shatterhand (Erzähler)- Michael Poelchau
Winnetou – Konrad Halver
Stephan Moody – Curt Timm
Bandit – Hans Meinhardt
Daniels – Rudolf Fenner
Hillmann – Albert Johannes
Farell – Rolf Jahnke
Payne – Horst Stark
Santer – Peter Folken
Pida – Hans König
Tangua- Josef Dahmen
Eine Feder – Konrad Mayerhoff

_Story_

Old Shatterhand wird Zeuge eines Überfalls auf eine Eisenbahn, der von Indianern und Weißen gemeinsam durchgeführt wird. Unbemerkt beobachtet er die Ereignisse und berichtet Winnetou kurze Zeit später vom skrupellosen Vorgehen der Verbrecherbande. Zusammen machen sie sich an die Verfolgung und erfahren dabei, dass die Gauner als nächstes eine Eisenbahnstation berauben wollen.

Die dort arbeitenden Männer sollten zur Tatzeit noch damit beschäftigt sein, den Schaden des jüngsten Überfalls zu begrenzen, so dass die Station leichte Beute wäre. Die beiden Blutsbrüder versuchen den Dieben zuvorzukommen und die Arbeiter zu warnen. Außerdem hinterlassen sie eine Nachricht für die bereits ausgezogenen Männer, die auf dem Weg zur erstürmten Eisenbahn sind, in der Hoffnung, diese mögen in ihre Heimat zurückkehren und bei der Verteidigung Unterstützung bieten. Als die beiden schließlich in der Station eintreffen, merken sie jedoch, wie aussichtslos ihr Vorhaben scheint. Zahlenmäßig komplett unterlegen, müssen sie sich den Gaunern stellen – und enden in einer furchtbaren Tragödie.

_Meine Meinung_

Wie auch schon der zweite Teil der „Winnetou“-Trilogie, so wird auch Folge 3 des ursprünglich zweiteiligen Originals als Doppelepisode neu aufgelegt, so dass Nr. 29 der |Europa|-Originale quasi Überlänge hat. Dies war aber auch dringend erforderlich, um die teils recht emotionalen Ereignisse der Schlussepisode adäquat wiederzugeben und die finale Tragödie gebührend zu umschreiben.

Wie sicherlich allen bekannt ist, bedeutet „WInnetou III“ nicht nur das Ende der Reihe, sondern auch das Aus für den Protagonisten und Namensgeber, der in einem tapferen Kampf sein Leben lässt. So wird das letzte gemeinsame Abenteuer der literarischen Gallionsfiguren Old Shatterhand und Winnetou auch im Hörspiel mit wachsender Dramaturgie und Spannung erzählt, wobei dieses Mal die eigentliche Handlung hinsichtlich ihrer Priorität auf einer Stufe mit der engen Beziehung zwischen den beiden Helden steht.

Hörspiel-Regisseur Konrad Halver hat nicht bloß stringent die Story weiterlaufen lassen, sondern einige bewegende Passagen eingestreut, die aufgrund manch dröger Sprecherleistung zwar nicht immer denselben Effekt entfacht wie meinetwegen die berühmte Verfilmung mit Pierre Brice, aber immer noch sehr ansprechend und berührend gestaltet wurde. Besonders die Stelle, an der Old Shatterhand die letzten Worte seines geliebten Freundes in seinem Abschiedsbrief liest, geht unter die Haut und zeigt (ebenfalls trotz der eher bescheidenen gesprochenen Passagen) ansprechenden Tiefgang, wie man ihn teilweise in den May-Hörspielen vermisst hatte.

Die Geschichte selber ist zudem die bislang spannendste innerhalb des Dreiteilers. Old Shatterhands Jagd auf die Eisenbahndiebe wird im Hörspiel aus der Sicht des Protagonisten, der ja auch gleichzeitig die Rolle des Erzählers übernimmt, sehr schön erzählt, wobei ihm auch die einzige makellose Sprecherleistung attestiert werden kann. Sowohl die Stimmungen der Handlung als auch den gelungenen Spannungsaufbau kann Michael Peolchau auf seine Kappe nehmen, wobei der anschauliche Aufbau des Plots ihm natürlich zugute kommt. Das traurige Finale bildet schließlich den Höhepunkt in der überraschend freien Interpretation von Mays wohl bekanntester Geschichte und bringt das Hörspiel schließlich auf ein Level, das abgesehen von manch eher gelangweilt erscheinender Stimme zweifellos das Publikum des berühmten Schriftstellers zufrieden stellen sollte.

Letztendlich hat Halver es so geschafft, die beiden Legenden Winnetou und Old Shatterhand mit einer gebührenden Produktion zu würdigen. Die Neuauflage aus der dritten Staffel der |Europa|-Originale ist dementsprechend allemal eine Empfehlung wert, und dies nicht nur, wenn man sich bereits zu Karl May bekannt hat.

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Schmidt, Manfred – Nick Knatterton – Folge 1: Der Schuss in den künstlichen Hinterkopf

_Vorgeschichte_

Die Figur Nick Knatterton tauchte zum ersten Mal in der populären Landpostille „Die grüne Post“ auf, die einst im |Ullstein|-Verlag erschien. Dies war im September 1935, als der berüchtigte Meisterdetektiv die Kriminalgeschichte „Der Hilferuf der Maud O’Key“ mit einem Auftritt bereicherte. Fortan wurde der Mann mit dem karierten Sakko und der stets rauchenden Pfeife zu einem Markenzeichen der deutschen Comicszene und wurde schließlich von Manfred Schmidt aufgegriffen, der ihn zunächst in der Konstanzer Landpost und später dann endlich als Comicfigur in der „Quick“ etablierte.

Seither ist Knatterton eine Legende der deutschen Literatur, heutzutage jedoch leider kaum noch gefragt. Möglicherweise kann sich dies jedoch bald wieder ändern, denn mit der CD-Auflage des gleichnamigen Hörspiels beginnt |Der Audio Verlag| ein kleines Revival, welches ggf. auch wieder auf breiterer Ebene auf Interessenten stößt. Zu wünschen wäre eine solche Entwicklung jedenfalls definitiv.

Sein erster richtiger Fall ist nun der Aufhänger für den Start der Reihe und gleichzeitig wohl eine der bizarrsten Storys, die der Detektiv selber je erlebt hat.

_Besetzung_

Nick Knatterton – Bernd Stephan
Erzähler – Rolf Becker
Nackie Nutt – Gerd Hinze
Virginia Peng – Marion von Stengel
Evelyn Nylon – Tanja Dohse
Lucius X. Nylon – Eckart Dux
Gangster – Marco Kröger
Gangster – Thomas Schüler

Regie: Hans-Joachim Herwald

_Story_

Gerade erst hat der Meisterdetektiv seine letzten Fall gelöst, da ertönt am Telefon auch schon wieder ein Hilferuf, gefolgt von einem Ziegel, der durch die Scheibe an seinen künstlichen Hinterkopf fliegt, und einer anschließenden Kugel, die Nick Knatterton endgültig ausschalten soll. Der daraufhin tot Geglaubte startet prompt in die Ermittlungen einer neuen spannenden Aufklärungsgeschichte, die ihn auf die Spur einer fusionierten Verbrecherbande bringt.

Die Mädchenhändlervereinigung ‚Rotes Herz‘ hat die Tochter des Millionärs Lucius X. Nylon entführt, und bevor Knatterton sich versieht, sitzt er bereits mit ihr in einem Kerker als Gefangener des Gangsterbosses Nackie Nutt. Für den Meister der Kombinationen kein Problem: Immer wieder entgeht er den Fallen und Verliesen Nutts, spielt dabei mit den Gefühlen der entzückten Evelyn sowie Nutts Ex-Verlobter Virginia Peng und bringt seine Kontrahenten damit um den Verstand. Seinen gewieften Schachzügen ist letztendlich nicht einmal der erfinderischste Verbrecher gewachsen …

_Meine Meinung_

Wer noch immer nicht verstanden hat, warum der eigentlich ziemlich eigenartige Nick Knatterton im Blitztempo zum Kult avanciert ist, sollte sich nur einmal dieses schräge, aber eben sehr witzige Hörspiel anhören. „Der Schuss in den künstlichen Hinterkopf“ ist eine wunderbare Parodie auf die damals aufflammenden Superheldencomics aus den Vereinigten Staaten, satirisch, humorvoll und dennoch bis zu einem gewissen Punkt hin sehr spannend.

Dabei ist die Storyline eigentlich nur zweitrangig, denn nachdem Knatterton auch dem dritten Hinterhalt seines schmierigen Kollegen Nackie Nutt entkommen ist, geht es nicht mehr um den Kriminalfall als solchen, sondern nur noch darum, was der Titelheld unternimmt, um Nutt mal wieder einen Schritt voraus zu sein. Dabei sind ihm bzw. seinem Schöpfer Manfred Schmidt alle Mittel recht. Scharfsinnig wie Sherlock Holmes kombiniert er während nahezu jedes Atemzugs, hat dabei einige Spezialwaffen dabei, wie etwa den überspitzten Bart, mit dem er Superman-ähnlich einen Faustschlag kontert, und beweist sich dabei immer wieder als Verkleidungskünstler, indem er beispielsweise kurzerhand mit Evelyns Vater die Klamotten tauscht, um bei der Lösegeldübergabe der verschwundenen Tochter schneller eingreifen zu können.

Im Prinzip wird hier eine Comic-Komödie vertont und all ihre herrlichen Wendungen in einzelnen, letztendlich aber zusammengehörigen Abschnitten aufgeführt, doch es funktioniert wahrhaftig prächtig. Besonders Erzähler Rolf Becker, der hier quasi jeden Schritt des Detektivs mit steigender Dramaturgie beschreibt und die schwierige Aufgabe, die witzigen illustrierten Passagen in Worte zu kleiden, wirklich brillant löst, macht einen fabelhaften Job und schafft es dabei spielerisch, den eigentlich nur geringen Teil tatsächlicher Handlung mit lockeren Worten zu füllen. Die übrigen Sprecher kommen dementsprechend eher selten zum Zuge, wobei es dann doch immer eine Wonne ist, wenn Bernd Stephan ein weiteres Mal ‚Kombiniere …‘ sagt.

So wird insgesamt der Charakter eines Hörspiels zwar nur bedingt bestätigt, was aber in diesem Falle auch keinen Sinn ergeben hätte, weil – wie bereits angesprochen – die eigenartigen Aktionen, von denen Becker als Erzähler fortlaufend berichtet, der Knackpunkt sind. Knatterton als unbesiegbarer Superheld mit allerhand merkwürdigen Aktionen – dieses Bild wird hier vermittelt und würde außerhalb der weitestgehend erzählten Handlung durch überflüssige Dialoge wahrscheinlich wieder zerstört. Wobei dies nur eine Einschätzung meinerseits ist.

Doch dies näher zu analysieren, ist an dieser Stelle auch überflüssig. Es zählt lediglich, dass das Phänomen Nick Knaterton mit all seinen Eigenheiten in „Der Schuss in den künstlichen Hinterkopf“ (man lasse sich den Titel nur mal auf der Zunge zergehen) bestens wiederbelebt wurde und der Zuhörer in den knapp 75 Minuten des Plots (das sympathische Titellied mitberechnet) bestens und vor allem humorvoll unterhalten wird. Ergo: Kein konventionelles Hörspiel, aber eines mit Charme und enorm viel Witz!

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Merlau, Günter – Caine – Dunkelheit (Folge 4)

Folge 1: [„Das Amulett von Kyan’Kor“ 2050
Folge 2: [„Todesengel“ 2569
Folge 3: [„Collin Drake und die Bruderschaft“ 3532

_Story_

Steven Caine ist von den jüngsten Vorfällen schwer gezeichnet und am Ende seiner Kräfte. Sein grausames Intermezzo mit Linda Watkins ist jedoch noch nicht ganz verdaut, da wird er auch schon von Setho und dessen Schützling Torrkan beauftragt, sich den finsteren Dämonen auf Kyan’Kor zu stellen und der schrecklichen Bedrohung der Aganoi ein Ende zu bereiten.

Caines Ankunft wird jedoch von weiterem Schrecken begleitet: Meister Setho ist bereits tot, und seinem Gefährten Torrkan und ihm droht das gleiche Schicksal, wenn sie die fürchterlichen Kreaturen nicht umgehend aufhalten können. Als wäre dies nicht genug, muss Caine auch noch lernen, die Mächte Kartaans zu kontrollieren, die im Penbumbra seines Amuletts schmoren.

Währenddessen wird auch die Erde Schauplatz eines schreckenerweckenden Szenarios. Die Aganoi haben den Machtapparat übernommen und auch einige einflussreiche menschliche Verbündete gewinnen können. Sgt. Kilkenny kann sich kaum erklären, wie plötzlich komplette Straßenzüge spurlos von der Bildfläche verschwinden. Erst in einem späteren Aufeinandertreffen mit dem FBI erfährt er mehr über die tragischen Wendungen – und sein bevorstehendes Schicksal.

Und auch die Bruderschaft des Colin Drake ist nicht untätig und verfolgt Caines Spur weiterhin. Doch auch auf Seiten der Jäger stehen einige herbe Rückschläge bevor, als das Hauptquartier plötzlich von Unbekannten angegriffen wird. Mittendrin: Die einst vom Penumbra-versklavten Caine überrumpelte Linda Watkins.

_Meine Meinung_

„Caine“-Hörspiele sind jedes Mal wieder eine schwierige Herausforderung, weil in bislang noch jeder Episode derart viele Informationen verbraten wurden, dass es seine Zeit erfordert, bis man die Geschehnisse adäquat eingeordnet hat. Episode 4 mit dem verheißungsvollen Titel „Dunkelheit“ macht da keine Ausnahme, zumal die komplexe Linie der beiden vorherigen Folgen weitestgehend beibehalten wird.

In rasanten Wechseln springt die Geschichte zwischen den Ereignissen der jüngsten Vergangenheit, Caines Entführung nach Kyan’Kor und den erschreckenden Szenarien auf der Erde, wobei sich nach vielen ungeklärten Nebenhandlungen nun langsam aber sicher der Kreis zu schließen beginnt und man den Durchblick, den man noch in „Collin Drake und die Bruderschaft“ zu verlieren drohte, in steten Schritten wiederzuerlangen scheint. Und zumindest das bewerte ich nach dem recht schwierigen Verlauf des action- und temporeichen letzten Hörspiels mal als sehr angenehm.

Dies bedeutet aber natürlich nicht, dass Günter Merlau die Geschwindigkeit in „Dunkelheit“ in irgendeiner Form gedrosselt hätte. Die Lage spitzt sich gleich auf mehreren Ebenen zu; Caine kämpft nach wie vor gegen das Penumbra und leidet unter den Vergehen, die er Linda Watkins in Folge des Einflusses von Kartaan angetan hat, muss jedoch gleichzeitig um das nackte Überleben auf Kyan’Kor kämpfen. Ausgezehrt und auch nicht mehr ganz so cool wie einst, stößt der Titelheld zum ersten Mal im Verlauf der Serie endgültig an seine Grenzen und tritt auch beileibe nicht mehr so souverän wie gehabt auf. Die lockeren Sprüche wirken immer mehr als Schutzmechanismus gegenüber den Gefahren, denen selbst der von Glück und Pech gleichzeitig verfolgt Ex-Killer kaum noch trotzen kann. Und dennoch bleibt ihm keine andere Wahl, als sich an der Seite Torrkans den dämonischen Kräften auf Kyan’Kor zu stellen.

Ähnlich brisant entwickeln sich die Zustände auf Caines Heimatplaneten. Der verzweifelte Kilkenny ist den extraterrestischen Vorgängen schon länger auf der Spur und bekommt nun noch deutlichere Hinweise, die ihn jedoch in die Fänge des FBI lotsen. Allerdings stehen die Vertreter des Gesetzes scheinbar nicht mehr auf seiner Seite, sondern haben sich mit den feindlichen Wesen zusammengerottet, um die Herrschaft über Kilkennys Heimatplaneten unmittelbar an sich zu reißen. Fernab jeglicher Hoffnung und Vorstellung von dem, was der Erde bevorsteht, scheint der blaue Planet dem Untergang und der Infiltration der Aganoi geweiht – und niemand ist in Sicht, der sich dieser Entwicklung entgegenstellen könnte.

Den beiden parallel verlaufenden Hauptsträngen ist weiterhin ein kurzer Plot um die gezeichnete Linda Watkins untergeordnet, die im Lager der Bruderschaft aufgefangen wird, nachdem sie in Caines Beisein bzw. durch dessen fremdgesteuerte Hand schreckliche Dinge am eigenen Leib erfahren musste. Doch Erholung bleibt auch ihr ein Fremdwort, denn ihr neuer Aufenthaltsort wird angegriffen und erneut befindet sich die Dame in einem schonungslosen Gefecht.

Ein kurzer Blick auf die vorangegangene Zusammenfassung verrät bereits, dass Günter Merlau seinen Hörern keine Verschnaufpausen gönnt. Action, Speed, und vor allem Spannung sind von der ersten bis zur letzten Minute am Siedepunkt und werden nicht einmal durch die lockeren Zungen der Hauptdarsteller aufgelockert. Bereichert durch das gewohnte Effektfeuerwerk und die erneut verwendeten, brachialen Klänge von MNEMIC (das aktuelle Album „Passenger“ erschien im Januar 2007) umschreibt der |Lausch|-Verlag in seiner aktuellen Produktion einmal mehr, wie die Zukunft des Hörspiels auszusehen hat, und legt den vielleicht besten Titel der Serie auf. Da schmerzt es am Ende schon, dass man ein geschlagenes halbes Jahr auf die Fortsetzung warten muss. Auch wenn man dies prinzipiell gerne in Kauf nimmt, um auch wieder in den Genuss des hohen Qualitätsstandards zu kommen. Aber mitunter können sechs Monate doch eine ziemlich lange Zeit sein – speziell nach dem furiosen Schlussszenario!

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John Sinclair – Die Comedy

Story

Sinclair und Suko werden im Cheshunt Forest von einer mordlustigen Truppe Einheimischer gejagt und blicken dem Tod direkt ins Auge. Ausgerechnet in diesem Moment stürzt Suko auch noch in eine Bärenfalle, und schon rollt ein Zug heran und droht, den Geisterjäger und seinen kampfsporterprobten Begleiter zu überrollen. Beide sind sie auf der Suche nach Jane, als tatsächlich ein Grizzlybär auftaucht und den Geisterjäger packt. Als dann auch noch ein Ghoul in die Szenerie eintritt, ist dem Agentenduo klar, dass dies der Auftakt zu einem völlig außergewöhnlichen Fall ist.

Meine Meinung

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Ulrich Kiesow – Dämmerung (Das zerbrochene Rad 1; DSA-Hörbuch)

„Das zerbrochene Rad“ gilt unter Kritikern und Fans des Rollenspiels |Das Schwarze Auge| als einer der besten Romane, welche die Spielwelt bisher hervorgebracht hat. Bei nunmehr knapp 100 Titeln unterschiedlichster Autoren ist die Auswahl da keineswegs an einer Hand abzählbar. Die Spannweite reicht da von kurzweilig und nett bis hin zu literarischen Vergewaltigungen, die zu Recht vergessen worden sind und selbst die eingefleischten Fans nicht überzeugen konnten. Doch es gab seit dem Beginn der 1985 gestarteten Buchreihe immer wieder ein paar wenige Perlen, die zu lesen es sich auch für Liebhaber fantastischer Lektüre lohnte, die mit dem Rollenspiel an sich nicht viel verband.

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Boyd, William – Ruhelos

William Boyd wird vielfach als einer der überragenden Erzähler der europäischen Gegenwartsliteratur betrachtet. Seine Werke wurden mehrfach prämiert, so auch sein aktuelles Werk „Ruhelos“. „Ruhelos“ steht in der Tradition des Spionageromans, geht aber dabei auch ganz klar über die Grenzen des Genres hinaus.

Die Handlung spielt sich auf zwei zeitversetzten Ebenen ab. Ausgangspunkt ist Oxford im Jahr 1976. Im Sommer dieses Jahres erfährt Ruth Gilmartin Details aus dem Leben ihrer Mutter Sally, die alles auf den Kopf stellen. Sally Gilmartin heißt in Wirklichkeit Eva Delektorskaja, ist eine russische Emigrantin und wurde 1939 von Lucas Romer für den britischen Geheimdienst angeworben. Eva soll die Arbeit fortführen, die ihr von den Nazis ermordeter Bruder Kolja angefangen hat.

Eva willigt ein, wird unter Lucas‘ Anleitung zu einer hochkarätigen Spionin ausgebildet und arbeitet fortan für die British Security Coordination. Ziel dieser kleinen Geheimdiensteinheit ist es, durch geschickte Nachrichtenmanipulation den Weg für den Kriegseintritt der Amerikaner zu ebnen. Eva macht ihre Sache gut und arbeitet stets zur vollen Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten, bis es bei einem Einsatz in New Mexico zu einem heiklen Zwischenfall kommt, der für Evas gesamtes weiteres Leben von Bedeutung ist …

Im Jahr 1976 fühlt Eva sich immer noch von den damaligen Ereignissen verfolgt und vertraut sich ihrer Tochter Ruth an, die daraufhin eigene Recherchen beginnt. Ehe Ruth sich versieht, steckt sie auch schon selbst mitten in der Geschichte drin und wird vom Sog der Ereignisse mitgerissen …

William Boyd greift in seinem Roman einen Aspekt der britischen Geheimdienstgeschichte auf, der in der Öffentlichkeit eher wenig bekannt ist: die Geschichte der British Security Coordination. Diese Einheit operierte von New York aus und versuchte dort direkten Einfluss auf die Medien zu nehmen. Man manipulierte die Nachrichten so, dass der in Europa tobende Krieg den Amerikanern als größere Bedrohung der eigenen Sicherheit erscheinen musste, als er es bis zum Angriff auf Pearl Harbour wirklich war. Die Briten wussten, dass die Amerikaner wohl nur dann in das Kriegsgeschehen eingreifen würden, wenn auch Amerika einer unmittelbaren Bedrohung ausgesetzt war, und genau diesen Eindruck versuchte die British Security Coordination mit ihrer Arbeit zu erwecken.

Auch Eva Delektorskaja arbeitet in „Ruhelos“ für diese Einheit, und ihre Geschichte sorgt für einige Spannung. Es ist eine typische Agentengeschichte, die stets dem Leitsatz „Traue niemandem“ folgt. Trauen und Misstrauen spielen eine zentrale Rolle. Eva vertraut wirklich niemandem, denn auch unter den Kollegen durchwühlt man sich gerne mal gegenseitig die Manteltaschen, während der andere gerade auf dem Klo sitzt. Und dennoch ist es gerade das Vertrauen, das Eva am Ende in Gefahr bringt. So gesehen ist der Handlungsverlauf zwar nicht wirklich überraschend, aber dennoch ist es aufregend zu beobachten wie die Agentin Eva mit der Situation umgeht.

Ein wenig erinnert „Ruhelos“ an die Romane, die Ken Follett rund um das Thema zweiter Weltkrieg und Spionage geschrieben hat. Die Spannung ist eine ganz ähnliche, wenngleich sie bei Follett noch wesentlich greifbarer ist. Auch Follett rückt die Protagonisten in den Mittelpunkt der Betrachtung und inszeniert ein spannendes Geflecht aus Spionagethriller und Liebesgeschichte. Boyd arrangiert seine Geschichte in einem ganz ähnlichen Spannungsfeld.

So gesehen ist das, was er mit „Ruhelos“ abliefert, nicht unbedingt neu, aber Boyd geht das Ganze mit einer sehr dichten Erzählweise und einer hohen Intensität an, und das macht dann eben doch den Reiz der Geschichte aus. Die zeitversetzte Erzählweise baut eine gewisse Spannung auf. Der Leser ist gespannt zu erfahren, wie Vergangenheit und Gegenwart miteinander verknüpft sind, welche Auswirkungen die eine Erzählebene auf die andere hat.

In der Gegenwart ist es vor allem das Leben von Ruth, das im Mittelpunkt steht. Boyd erzählt von Ruths Erlebnissen als Englischlehrerin, die Sprachunterricht für ausländische Berufstätige anbietet. Er erzählt von ihrem Privatleben, ihrem Sohn, der aus einem kurzen Verhältnis zu einem deutschen Professor hervorgegangen ist, von Ludger, dessen Bruder, der mit der RAF in Verbindung steht und sich bei Ruth eingenistet hat. Boyd baut einige Nebenstränge auf, die aber allesamt von eher marginaler Bedeutung für die eigentliche Handlung sind.

Teilweise kann man sicherlich den Kritikpunkt äußern, dass die Nebenhandlungen eher wie schmückendes Beiwerk erscheinen. Sie mögen zwar von Bedeutung für Ruth sein, aber für die Handlung spielen sie im Grunde eine so untergeordnete Rolle, dass man auf sie auch hätte verzichten können, zugunsten eines etwas gradlinigeren Plots – zumal sie tendenziell dann auch im Nichts verschwinden.

Dennoch stören diese Randerscheinungen der Handlung zumindest im Hörbuch nicht wesentlich. Martina Gedeck liest die Geschichte so gekonnt, dass die Handlung mit der Zeit zu einem faszinierenden Sog wird. Man verliert sich in der Geschichte, vergisst dabei die Zeit und stört sich daher auch kaum an Teilen der Handlung, die im Grunde keine Bedeutung haben. Ich könnte mir gut vorstellen, dass mich diese Dinge mehr gestört hätten, wenn ich den Roman selbst gelesen hätte und das reicht in meinen Augen auch schon aus, um leise Zweifel daran zu hegen, ob „Ruhelos“ wirklich das große literarische Meisterwerk ist, als das der Verlag es anpreist.

Doch das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Ruhelos“ eine sehr intensive und atmosphärisch dichte Geschichte erzählt, die den Leser in seinen Bann schlägt. Die Figur der Eva Delektorskaja ist faszinierend und ein spannendes Objekt der Beobachtung, ihre Geschichte eine wirklich fesselnde. Auch die Art und Weise, wie ihre Erlebnisse sich in die Gegenwart fortsetzen, ist absolut interessant.

So bleibt unterm Strich trotz kleinerer Schönheitsfehler ein positiver Eindruck zurück, der sicherlich gerade auch in der absolut gelungenen Hörbuchproduktion und der tollen Vortragsweise von Martina Gedeck begründet liegt. „Ruhelos“ ist spannend und dicht erzählt, eine intensive Geschichte, welche die Bandbreite der menschlichen Gefühle auslotet und sehr schön mit den Begriffen Vertrauen und Misstrauen umgeht. Und so ist „Ruhelos“ dann auch mehr als einfach nur ein Spionagethriller. Obendrein beleuchtet Boyd mit der Medienmanipulation der British Security Coordination ein interessantes und wenig bekanntes Kapitel der Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Alles in allem also durchaus empfehlenswerte Kost, die gerade auch als Hörbuch für ein paar kurzweilige Stunden sorgt.

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Merlau, Günter – Caine – Collin Drake und die Bruderschaft (Folge 3)

Folge 1: [„Das Amulett von Kyan’Kor“ 2050
Folge 2: [„Todesengel“ 2569

_Story_

Caine liegt nach den jüngsten Ereignissen erschöpft und benommen in einem Motel und erlebt dort noch einmal die Ereignisse, die ihn in diesen Dämmerzustand befördert haben. Irgendwo zwischen Realität und Vergangenheit erinnert er sich an seine Kindheit und die Ereignisse, die ihn zum Serienkiller haben werden lassen. Schließlich durchlebt er den Tag des Anschlags auf den Senator, den darauf folgenden Prozess und auch den Weg zur Hinrichtung. Doch dann ist der Traum zu Ende: In seiner momentane Umgebung trifft er auf die verwegene und doch zerbrechliche Linda Watkins. Ein kurzes Abtasten, eine außergewöhnliche Erfahrung und eine daraus resultierende Ekstase: Mit einem Mal ist Caine wieder zurück in der Gegenwart – und diese ist gewohnt finster und dreckig.

_Meine Meinung_

Meine Güte, jetzt gehen |Lausch| aber zum Äußersten über. Der junge Hörspielverlag veröffentlicht dieser Tage gleich im Doppelpack neue Folgen der ersten Serie |Caine| und überschreitet damit in vielerlei Hinsicht sämtliche Grenzen des guten Geschmacks. Nicht nur, dass die Geschichte immer komplexer und das Tempo gleichzeitig immer deutlicher angezogen wird; auch was die Dialoge betrifft, widersetzt sich der dritte Teil der Serie jeglicher Moral und Vernunft und offenbart ein regelrechtes Feuerwerk der Vulgärsprache.

Obwohl man natürlich geteilter Meinung sein kann, ob dies jetzt dringend nötig war, sind die modernen sprachlichen Mittel ein wichtiger Aspekt, der diese neue Folge zum bisherigen Höhepunkt der Reihe gestaltet. Regisseur Günter Merlau orientiert sich immer mehr am schmutzigen Hollywood-Slang und macht |Caine| zu einem audiocineastischen Happening sondergleichen, sozusagen das einzig wahre Pendant zum prestigereichen Actionkino aus Amerikas größter Filmschmiede.

Was das mit der Sprache zu tun hat? Nun, hier wird die Zunge der Straße benutzt, ungeschminkt, hart und ehrlich. Klischeehaft? Vielleicht! Überzogen? Ganz bestimmt sogar. Aber unnötig auf keinen Fall, denn |Caine| erschiene nie so authentisch und glaubwürdig, würde man die Geschichte an den entsprechenden Stellen limitieren. Und da die Zielgruppe zum größten Teil nicht jugendlich sein dürfte, geht das auch völlig in Ordnung – auch wenn verbissene Moralhüter da anderer Ansicht sein mögen.

Bei allen moralischen Bedenken könnte man indes der Meinung sein, dass „Collin Drake und die Bruderschaft“ ohne die daraus resultierenden Effekte ziemlich einsilbig wäre. Aber auch hier muss gesagt werden: Klar, die Effekte (vor allem die auditiven) sind ein enorm wichtiger Bestandteil des Hörspiels – man höre nur mal die tollen soundtechnischen Untermalungen in den Übergängen – aber die Handlung selber würde auch ohne die opulente Untermalung absolut brillant erscheinen.

Man mag fast von einem Geniestreich sprechen, wenn man das in „Collin Drake und die Bruderschaft“ dargelegte inhaltliche Puzzle betrachtet. Schlichtweg genial, wie Merlau hier Vergangenheit, Realität, Zukunft und Rahmenhandlung miteinander verschmelzen lässt, dabei aber auch ständig die Hauptgeschichte weiter voranbringt. Jeder Schritt zurück ist auch von großer Bedeutung für die Zukunft Caines, was sich allerdings erst hinterher herausstellen soll. Dann nämlich, wenn Caines derzeitige Lage, die Hintergründe zum Schlächter von Kartaan und die zusätzlichen Plots um Kilkenny, Jeffries und Co. in ihrer Symbiose langsam zusammenwachsen, wird einem erst klar, wie viele offene Feuer der Regisseur gelegt hat und welchen Umfang die gesamte Story tatsächlich haben wird.

Und genau in diesem Moment ist man auch dankbar dafür, dass eine weitere Auflösung der hiesigen Ereignisse nicht lange auf sich warten lässt. Folge 4 erscheint nämlich zeitgleich und für den Herbst sind bereits zwei weitere Fortsetzungen anvisiert. Auch wenn dies jetzt eine gewagte Behauptung sein mag, aber trotz der gewöhnungsbedürftigen Sprache und der teils ungewöhnlichen Inhalte ist diese Serie das derzeit wohl beste Vorzeigeobjekt des modernen Hörspiels: rasant, frech und vielschichtig. Wer in diesem Genre mitreden will, darf auch den neuen Teil auf keinen Fall verpassen!

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Nahrgang, Frauke – Teufelskicker 9 – Talent gesichtet

_Besetzung_

Erzähler – Thomas Karallus
Mehmet – Leif Ascan Weitzel
Serkan – Max von Stengel
Catrina – Hulia Fölster
Moritz – Anton Sprick
Björn – Janek Schächter
Niko – Mohammed Ponten
Mark – Mark Robinson
Olli – Lucas Krauße
Hendrik – Jan Böttner
Herr Lichting – Robert Missler
Kommentator – Ulli Potofski
Opa – Eckard Dux
Vater – Tomas Kröger
Frau Sandmann – Gertje Herrschaft
Rebekka – Laura Martha Ketzer
Trainer Norbert – Oliver Rohrbeck

_Story_

Nach einem haushohen Sieg der Teufelskicker ist die Stimmung in der Kabine bestens; und dennoch können die Jungs ihre Seitenhiebe auf ihre Verteidigerin Catrina nicht außen vor lassen und behaupten sogar, dass ihr nach der C-Jugend keine Zukunft mehr in einer Jugendmannschaft bleibt. Besonders der zuletzt erst zugezogene Moritz ist sich sicher, dass Fußball Männersache ist, obwohl er auch die Qualitäten seiner Mannschaftskameradin schätzt.

Als im nächsten Pokalspiel dann ein Talentsucher am Spielfeldrand steht, gibt sich Moritz besondere Mühe, um seine Aussagen zu rechtfertigen und sich auch für größere Aufgaben zu empfehlen. Doch der Mann hat ein besonderes Auge auf Catrina geworfen und bietet ihr einen Platz in einer Auswahlmannschaft an. Plötzlich bereuen Mehmet, Moritz und Co. ihre anklagenden Worte und wünschen sich nichts sehnlicher, als dass Catrina ihnen auch in Zukunft erhalten bleibt. Das Pokalfinale soll schließlich Aufschluss darüber geben, ob die gekränkte junge Dame auch weiterhin den Teufelskickern treu bleibt.

_Meine Meinung_

In der neuen Episode der „Teufelskicker“ wird ein allseits kritisch beäugtes Thema in den Mittelpunkt gerückt: die Emanzipation des Frauenfußballs, jedoch in diesem Fall natürlich in kleinerem Rahmen. Wie es auch heute noch sehr häufig in Jugendmannschaften vorkommt, wird die weibliche Mitkickerin zwar in der Mannschaft geduldet, aber nicht entsprechend für ihre Leistungen gewürdigt. Jedem ist eigentlich klar, dass Catrina eines Tages eh nicht mehr für die Teufelskicker spielen kann, weil das Reglement die Konstellation gemischter Teams verbietet.

Natürlich entsteht so unmittelbar ein Konflikt, aus dem Catrina gemeinsam mit ihrer Freundin Rebekka beleidigt herausgeht. Als sich die Lage schließlich zuspitzt und den Jungs erst einmal bewusst wird, welchen Wert das andere Geschlecht für die Mannschaft hat, scheint der Zug bereits abgefahren. Die Mannschaft spielt plötzlich schlecht und liefert keine Begründungen mehr dafür, warum die von einem Talentsucher auserkorene Catrina sich für einen Verbleib in ihrer alten Mannschaft aussprechen sollte. Und als es dann zur endgültigen Entscheidung kommt, befürchten natürlich alle auch berechtigterweise Schlimmes …

Die neunte Folge um die „Teufelskicker“ mag zwar wieder mit einigen Klischees aufwarten, die sich allgemein um das Leben junger, ambitionierter Fußballer ranken, trifft damit aber auch genau den Nerv des jungen Zielpublikums – und aufgrund des Grundthemas auch das weibliche Publikum. Im Vergleich zum nach wie vor boomenden Fußball-Hype „Die wilden Kerle“, von dem diese Hörspielserie sicherlich ein wenig inspiriert wurde, ist dabei jedoch das sprachliche Niveau wirklich sehr ansprechend. Keine billigen Floskeln, keine Plattitüden und auch keine allzu typischen Seitenhiebe, wie sie von den Ochsenknecht-Hänflingen nicht selten in die Runde geschmissen werden. Dies liegt abseits des generellen Plots vor allem daran, dass die Sprecher in ihren Rollen sehr souverän auftreten. Sieht man mal vom übereifrigen Ulli Potofski ab, der seinen regulären Job auch auf dieses Hörspiel übertragen hat, gibt sich hier niemand die Blöße, was bei der äußerst lebhaften Interaktion gar nicht mal so selbstverständlich ist.

Die Geschichte selber ist ebenfalls sehr schön aufgebaut und enthält neben dem Hauptplot auch noch einige interessante Nebengeschichten, wie etwa das kurzzeitig betrachtete Verhältnis zwischen Moritz und seinem Vater oder aber die Ansprachen und die Konversation zwischen Trainer und Mannschaft, die nicht bloß auf den Sport an sich bezogen sind. All dies hat zwar auf den Verlauf der eigentlichen Story keinen Einfluss, lockert das Ganze aber noch ein bisschen mehr auf und trägt dazu bei, dass die Erzählung nicht zu einseitig aufgebaut ist.

Alles in allem macht die Dreiviertelstunde, die man mit dem neuesten Abenteuer der Teufelskicker zubringt, eine Menge Spaß und zeigt sich meines Erachtens einmal mehr als die bessere Alternative zum deutlich überbewerteten Megaseller „Die wilden Kerle“; und ich denke, dass man einem Hörspiel gerade in dieser Sparte heuer kaum ein besseres Kompliment machen kann!

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Wallace, Edgar – Edgar Wallace Box 1

_Inhalt_

_“Die toten Augen von London“_

|Besetzung:|

Mr. Stuart – Günther Flesch
Inspector Larry Holt – Günther Ungeheuer
Miss Diana Ward – Pea Werfel
Dr. Judd – Mannfred Steffen
Reverend Dearborn – Wolfgang Völz
Diener Patrick Sunny – Karl Heinz Hess
Sir John Hason – Paul Edwin Roth
Miss Fanny – Rebecca Völz
Flimmer-Fred – Horst Stark
Der ‚blinde‘ Jake – Lothar Ziebell
Sergeant Harvey – Martin Piontek
Mister LEW – Günther Dockerill
Emma – Pamela Punti
Sprecher – Horst Naumann

|Regie:| Heikedine Körting

|Story:|

Als ein wohlhabender Kanadier in London tot aufgefunden wird, vermutet die Polizei zunächst, dass der Mann bloß ertrunken sei. Doch bei der Spurensuche stößt Inspector Holt auf einige Ungereimtheiten und schließlich auch auf ein seltsames Testament, das der Verstorbene anscheinend auf sein Hemd geschrieben hatte.

Langsam reift die Überzeugung, dass der Mann ermordet wurde, und zwar von einer seltsamen Bande namens ‚Die toten Augen von London‘. Holt begibt sich gemeinsam mit seiner neuen Kollegin Diana Ward in eine Einrichtung für blinde Menschen, wo er sich weitere Informationen erhofft. Doch die Leitung zeigt sich wenig kooperativ und ist nicht bereit, sich näher auf die Polizei einzulassen. Holt lässt jedoch nicht locker. Sein Weg führt ihn zum geheimnisvollen ‚blinden‘ Jake – und von dort aus auf direktem Wege zu der gefürchteten Vereinigung.

_“Der Frosch mit der Maske“_

|Besetzung:|

Inspector Dick Gordon – Uwe Friedrichsen
Mr. Johnson – Wolfgang Kieling
John Bennett – Paul Edwin Roth
Miss Ella Bennett – Rebecca Völz
Ray Bennett – Michael Harck
Sergeant Elk – Wolfgang Völz
Mr. Ezra Maitland
Lew Brady – Lothar Ziebell
Gefängnisdirektor – Jürgen Thormann
Mr. Selinski – Günther Flesch
Carlo – Martin Piontek
Inspector Genter – Karl Heinz Hess
Sprecher – Horst Naumann

|Regie:| Heikedine Körting

|Story:|

Ein skrupelloser Verbrecher macht den Londoner Untergrund seit längerer Zeit unsicher und verbreitet mit seinen brutalen Attentaten Angst und Schrecken. Nach jeder weiteren Tat hinterlässt er sein Symbol, einen Frosch, und wird schließlich als der Frosch mit der Maske gefürchtet. Inspector Richard Gordon ahnt bei seinem ersten Aufeinandertreffen mit der hübschen Ella Bennett noch nicht, dass er ebenfalls sehr bald mit dem verruchten Bösewicht in Kontakt kommen wird. Doch der Frosch sehnt sich nach der Zuneigung der jungen Frau und akzeptiert in seinem Werben keine Konkurrenz.

Nachdem er den Firmenbesitzer Maitland aus dem Weg geräumt und Elas Bruder Ray als Druckmittel eingesetzt hat, um Ellas Gunst zu erlangen, wähnt er sich am Ziel seiner Träume. Doch Miss Bennett hat sich inzwischen in den längst ermittelnden Inspector Gordon verliebt, und der kämpft mit aller Macht dagegen, dass der Frosch mit der Maske ein weiteres Mal aktiv werden kann.

_“Der Hexer“_

|Besetzung:|

Inspector Alan Wembury – Wolfgang Kieling
Inspector Bliss – Peter Lakenmacher
Mary Lenley – Susanne Beck
Johnny Lenley – Michael Harck
Mr. Milton – Günther Ungeheuer
Mrs. Cora Milton – Judy Winter
Mr. Maurice Messer – Jürgen Thormann
Sam Hackitt – Horst Stark
Sergeant – Harald Pages
Oberst Chaffris Wisman – Karl Heinz Hess
Sprecher – Horst Naumann

|Regie:| Heikedine Körting

|Story:|

Nach längerer Zeit taucht der Meister der Verkleidung, ein Verbrecher, den viele nur den ‚Hexer‘ nennen, wieder in England auf und begeht alsbald auch schon wieder seinen ersten Mord. Als der merkwürdige Anwalt Maurice Messer vom erneuten Auftauchen seines schlimmsten Feindes erfährt, gerät er in Panik und setzt alles daran, sich vor einem eventuellen Anschlag des Hexers zu schützen.

Auch der gerade aus dem Gefängnis entlassene Johnny Lenley fürchtet sich vor einem weiteren Aufeinandertreffen mit dem erbarmungslosen Killer und gibt der Polizei keine weitere Auskunft über den tot geglaubten Verbrecherkönig. Inspector Wembury und seine Crew stehen gleich vor mehreren Rätseln, denn niemand vermag zu sagen, wie der Hexer in Wirklichkeit aussieht. Doch Scotland Yard ist sicher, dass der brutale Mörder eines Tages bei Maurice Messer erscheinen wird, um eine alte Rechnung zu begleichen. Allerdings reagiert Messers Leibgarde einen Schritt zu spät, als der Hexer dann tatsächlich ein weiteres Mal zuschlägt …

_Meine Meinung_

Mittlerweile wird der Hörspielmarkt in Sachen Edgar Wallace immer schwerer überschaubar. Auch |Europa| schickt nun erneut drei Klassiker aus dem Jahre 1983 erneut ins Rennen und veröffentlichte dieser Tage die erste 3-CD-Box um den berühmten englischen Krimi-Autor.

Mit „Der Hexer“, „Die toten Augen von London“ und „Der Frosch mit der Maske“ hat man sich dabei auch direkt für drei absolute Klassiker der britischen Kriminalliteratur entschieden, die auf jeden Fall zu den bekanntesten Fällen aus der Feder des berühmten Hitchcock-Pendants gehören. Dabei passt die hier getroffene Kombination aber auch sehr gut zusammen, weil es inhaltlich doch sehr viele offenkundige Parallelen gibt. So treten die Attentäter in allen drei Erzählungen verschleiert auf, sei es nun aufgrund der Blindheit in „Die toten Augen von London“ oder aber maskiert und berüchtigt in den anderen beiden Hörspielen. Und auch die Motive gleichen sich streckenweise doch sehr, wobei „Der Hexer“ ein wenig aus der Reihe tanzt und meines Erachtens auch die faszinierendste Figur in dieser 3-CD-Box ist, weil ihr nebulöser Schleier auch über das Ende hinaus erhalten bleibt.

Qualitativ gibt es hingegen leichte Unterschiede. So ist die erste Episode ein wenig verworren aufgebaut und entwickelt erst im Laufe der Handlung eine klare Linie. Die Geschichte um Inspector Holt und die merkwürdige Blindenvereinigung beginnt rasant, wirft dann plötzlich einige schwer durchschaubare Rätsel auf und droht kurzfristig den Halt zu verlieren, weil einem aufgrund der ähnlichen Stimmen sowie der schwerlich erkennbaren Zusammenhänge zwischenzeitlich der Überblick verloren geht. Doch wenn sich dann zum Ende hin die einzelnen Puzzlestücke zusammenfügen lassen, wirkt wieder alles logisch, wobei die Spannung bis zu diesem Punkt durchweg auf höchstem Niveau ist. Trotz kurzer Ungereimtheiten: Ende gut, alles gut und letztendlich auch die Gewissheit, einen weiteren Höhepunkt aus dem umfangreichen Katalog des britischen Krimiautors gehört zu haben.

In der zweiten Story geht es hingegen mehr um zwischenmenschliche Aspekte. Liebe ist dieses Mal das Motiv für die Schreckenstaten des gefürchteten Frosches mit der Maske und wird nach und nach zum Hauptverursacher für ein bösartiges Ränkespiel, das mehrere Unschuldige beinahe bzw. tatsächlich mit dem Leben bezahlen müssen. Doch auf der Suche nach möglichen Missetätern gehen Inspector Gordon und seinen Männern die Verdächtigen aus. Umso größer ist daher auch die Überraschung, als das Geheimnis hinter der Maske gelüftet wird Doch bis dahin muss Gordon noch um das Wohl seiner frisch verliebten neuen Lebensgefährtin Ella Bennett fürchten, um die sich neben Gordon auch noch diverse andere Leute streiten. Fazit: Eine rasante Story mit typischer Wallace-Action und vielen plötzlichen Wendungen. Was die Spannung jedoch betrifft, ist die Geschichte zum Ende hin ziemlich berechenbar und reicht daher auch nicht so ganz an die übrigen beiden Handlungen heran. Dennoch: Ein durchweg hörenswertes Hörspiel.

Zu guter Letzt folgt dann einer der Wallace-Klassiker schlechthin, nämlich die Geschichte um den sagenumwobenen Hexer, einen rastlosen Killer, der in ganz London und im Speziellen von seinen ehemaligen Angehörigen gefürchtet wird, denn wer sich einmal mit dem finsteren Killer eingelassen hat, kann seiner skrupellosen Hand nicht mehr entkommen. Dies müssen auch Johnny Lenley und der merkwürdige Staatsdiener Maurice Messer erkennen, als sie von der plötzlichen Rückkehr des länger verschwundenen Verkleidungskünstlers erfahren. Und von dort an lebt ganz London in Angst und Panik – und der Hörer in steter Aufregung.

Was die schauspielerischen Leistungen betrifft, bietet keines der drei enthaltenen Hörspiele auch nur den Ansatz einer Angriffsfläche. Die oftmals ähnliche Besetzung harmoniert sehr gut und verkörpert ihre Rollen glaubhaft, was für das Gelingen der durchweg überzeugenden Darbietungen auch der ausschlaggebende Punkt ist. Inhaltlich war indes zu erwarten, dass drei spannende Kriminalgeschichten geboten werden, und dank der adäquaten Umsetzung ist der Transfer der Originalvorlagen ins Hörspielformat auch problemlos vonstatten gegangen. Lediglich die Liebeleien zwischen dem Ermittler und seiner jüngsten Bekanntschaft wirken als ständig wiederkehrendes Ereignis ein wenig aufgesetzt und lenken besonders in „Der Frosch mit der Maske“ leicht von der Haupthandlung ab. Dies darf man aber gewiss nicht überbewerten, denn unterm Strich darf man bei der hier getroffene Auswahl sowohl im Hinblick auf die Handlung als auch die Performance von einer erlesenen Zusammenstellung sprechen, die für konsequent spannende Unterhaltung bürgt. Und das ist am Ende alles, was zählt!

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Knister – Hexe Lilli und der Vampir mit dem Wackelzahn

_Besetzung_

Erzähler – Douglas Welbat
Lilli –Thea Frank
Leon – Lukas Sperber
Mama – Micaela Kreißler
Tante Eliane – Heidi Berndt
Victor Vampir – Anton Sprick
Mama Vampir – Marion Elskis
Papa Vampir – Robert Missler

_Story_

Lillis kleiner Bruder leidet unter seinem schmerzenden Wackelzahn, den er sich bei der letzten Mahlzeit zugezogen hat. Nun versucht er mithilfe seiner Schwester, sein kleines Problem zu lösen und sich des wackligen Gebissstücks zu entledigen, doch jeder Versuch ist noch schmerzhafter als der Zahn selber. Lilli hat schließlich einen tollen Einfall, um Leon ein wenig von der Pein abzulenken. Sie entdeckt in ihrem Hexenbuch einen Spruch, der das gesamte Haus in ein düsteres Spukschloss verwandelt, und schafft es tatsächlich, den Schmerz von ihrem Bruder zu nehmen. Kurze Zeit später folgt für Leon aber schon der nächste Schock: In seinem eigenen Zuhause steht plötzlich ein Vampir vor ihm …

_Meine Meinung_

Ein wackliger Zahn ist das neueste Problem der vorlauten Hexe Lilli bzw. ihres Bruders Leon. Der jammert schmerzverzerrt und schwer gebeutelt über dieses Unglück und möchte schnellstmöglich von dieser Qual befreit werden. Außerdem ist Leon auch noch sehr hungrig und ungeduldig und wirkt so von Minute zu Minute genervter von seiner Misere und den uneffektiven Ablenkungsmanövern seiner Schwester. Das Chaos ist vorprogrammiert, zumal der kleine Junge auch sehr weinerlich ist und jede Gelegenheit nutzt, um seinen Unmut und Schmerz kundzutun. Lillis unkonventionelle Idee kommt ihm da gerade recht, denn alle bisherigen Versuche, den Zahn loszuwerden, scheitern an Leons Unbeharrlichkeit. Doch der Spruch der pfiffigen Lilli bringt auch nicht sofort die erhoffte Erlösung. Das Problem verlagert sich lediglich auf die überraschende Zusammenkunft mit der Vampirfamilie, die Leon zunächst etwas unbehaglich erscheint. Als dann aber schließlich doch noch alles gut wird, verschwendet der Bruder der kleinen Hexe keinen Gedanken mehr an die Qualen, die er durchstehen musste.

Das neue Hörspiel der kleinen Hexe Lilli bietet eine weitere nette, zeitgemäße Kindergeschichte, die inhaltlich recht humorvoll gestaltet wurde, streckenweise aber nicht als pädagogisch besonders wertvoll einzustufen ist. Vielleicht mag der Einwand ja ein wenig übertrieben sein, aber die einzelnen Methoden, mit denen Leon sich darum bemüht, den Zahn endlich loszuwerden, sind nicht sonderlich ermutigend für Kinder, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, und ziehen das Ganze ein wenig ins Lächerliche. Im Hinblick auf die klar definierte Zielgruppe wünscht man sich in manchen Szenen der ersten Hälfte ein wenig mehr Sensibilität. Dies wird jedoch in der zweiten Hälfte dank des erfinderischen Plots wieder aufgefangen, wenngleich es manche einigermaßen zweifelhafte Momente im Rahmen der Story gibt.

Leider fehlt auch den Sprechern die Überzeugungskraft. Thea Frank in der Hauptrolle als Lilli zum Beispiel wirkt ein wenig unmotiviert, was auf die teils recht undeutliche Sprache zurückzuführen ist. Und auch der von den Zahnschmerzen betroffene Leon, gesprochen von Lukas Sperber, wirkt teilweise übertrieben kindlich, was in Anbetracht der bevorzugten Hörerschaft jetzt zwar nicht ganz so dramatisch ist, aber doch irgendwie unangenehm auffällt. Letztendlich ist dies auch ein Grund dafür, dass das Hörspiel über den Status ‚ganz nett‘ nicht hinauskommt. Das ganz junge Publikum, die eigentliche Zielgruppe, wird sicherlich den einen oder anderen Auslöser für einen Lacher finden, aber weil die Geschichte ein wenig chaotisch gestaltet wird und die gesprochenen Passagen eher durchschnittlich dargeboten werden, möchte ich von einer uneingeschränkten Empfehlung absehen. Interessant ist „Hexe Lilli und der Vampir mit dem Wackelzahn“ lediglich im spannenden Schlussdrittel, in dem die Story sich zu einem kleinen Abenteuer entwickelt. Bezogen auf Moral und pädagogischen Wert ist die Erzählung indes nur bedingt gelungen.

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Alexander-Burgh, Eberhard – Hui Buh – Schlotterbox (13-15)

_Inhalt_

|“Hui Buh und die geraubte Anhfrau“| (Episode 13)

|Besetzung:|

Erzähler – Hans Paetsch
Hui Buh – Hans Clarin
König Julius der 111. – Claus Wilcke
Königin Konstanzia – Ingrid Andree
Kastellan – Andreas von der Meden
Ahnfrau Rosalinde – Karin Lieneweg

|Story:|

Hui Buh ist bereits voller Vorfreude auf die anstehende Vollmondnacht, entdeckt dann aber voller Entsetzen seine alte vermoderte Holztruhe, die plötzlich gänzlich in Rosa angestrichen ist. Der Schlossgeist hat bereits eine schlimme Befürchtung, wer hinter dieser Schreckenstat steckt, und begibt sich alsbald in die Ahnengalerie.

Dort wird seine Vermutung bestätigt: Ahnfrau Rosalinde ist mitsamt ihrer zähnefletschenden Hunde aus ihrem Gemälderahmen gestiegen und treibt nun auf Schloss Burgeck ihr Unwesen. Spürbar genervt muss Hui Buh vor seinen adligen Freunden rechtfertigen, warum ihm derzeit die Farbe Rosa nacheilt. Doch der hinterlistige Geist hat schon einen Plan, wie er sich der einstigen Freundin entledigen kann. In einem Spiel weist er sie in ihre Schranken und zwingt sie somit zurück in den Rahmen. Doch wie schon damals, als die beiden im Streit auseinander gegangen waren, hat Hui Buh mit gezinkten Karten gespielt …

|“Hui Buh und die unheilvolle Burgfehde“| (Episode 14)

|Besetzung:|

Erzähler – Hans Paetsch
Hui Buh – ans Clarin
König Julius der 111. – Claus Wilcke
Königin Konstanzia – Ingrid Andree
Kastellan – Andreas von der Meden
Knappe – Stephan Chreszinski
Schiedsrichter – F. J. Steffens
Frau von Mausestein – Marianne Kehlau
Herr von Mausestein – Ernst von Klipstein

|Story:|

König Julius wird ganz unerwartet in eine Fehde mit dem Burgherrn von Mausestein hineingezogen, der bei einem Ritterturnier herausfinden möchte, welche Burg die ältere ist. Obwohl Julius bei der Ankunft des Boten, der diese Nachricht überbringt, nicht wirklich darauf erpicht ist, sich im Wettstreit mit dem erfahrenen von Mausestein zu messen, lässt er sich von seinem Schlossgeist dazu drängen, die Herausforderung anzunehmen, schließlich verfügt Hui Buh über Möglichkeiten, den Wettkampf zu manipulieren. Vor Ort gehen jedoch alle Versuche des Geistes, seinem Herrn einen Vorteil zu verschaffen, mächtig in die Hose. Als die Lage bereits aussichtslos und die Fehde so gut wie verloren ist, greift der Schlossgeist von Burgeck zu einigen unerlaubten Mitteln – und rettet schließlich den guten Ruf seines Schlosses.

|“Hui Buh im dunklen Mitternachtswald“| (Episode 15)

|Besetzung:|

Erzähler – Hans Paetsch
Hui Buh – ans Clarin
König Julius der 111. – Claus Wilcke
Königin Konstanzia – Ingrid Andree
Kastellan – Andreas von der Meden
Spukwirt – Christian Rode
Geisterbeschwörer – Hans Hessling

|Story:|

Hui Buh wird inmitten seiner nächtlichen Aktivitäten von lauten Stimmen in der Spukspelunke aufgeschreckt. Getrieben vom Gedanken, es den Lärmbrüdern alsbald heimzuzahlen, steigt der Schlossgeist in den Mitternachtswald ab, um den Verursacher des Krachs für die Durchquerung des Waldes mit einem Wegezoll zu belegen. Der jedoch steckt den Geist in seine eigene Zolltüte und ruft so den Zorn Hui Buhs hervor. Mit allen Mitteln versucht das Gespenst, sich ein für allemal zu rächen. Doch egal was Hui Buh auch ausprobiert, der viel begabtere Kontrahent ist mit allen Wassern gewaschen und ihm stets einen Schritt voraus. Nur mit der Begleichung der Lösegeldforderung des Bösewichts ist es Hui Buh möglich, sich endlich wieder aus dieser misslichen Lage zu lösen. Doch diese Summe war eigentlich für andere Zwecke gedacht …

_Meine Meinung_

In der neuen “Schlotter-Box“ um das jüngst zu [Kinoehren 2881 gekommene Hörspiel-Gespenst werden dem Hörer drei weitere Folgen um den vorlauten Schlossgeist von Burgeck präsentiert. Und es darf mal wieder herzlich gelacht werden, weil die Inhalte teilweise sehr komisch, teils aber auch ein wenig bizarr geraten sind.

Bereits in der ersten Episode basiert die Handlung auf einigen merkwürdig albernen Aspekten. Hui Buh gerät in eine Fehde mit der nachtragenden Rosalinde, die nicht vergessen hat, dass das Gespenst in der Gestalt von Ritter Balduin mit miesen Tricks gegen sie vorgegangen ist. Nun hat sie Hui Buh wieder ausfindig gemacht und spielt ihm einen Streich nach dem anderen, woraufhin das Gespenst von Burgeck Julius und Co. stecken muss, welch fieser Charakter sich einst hinter seiner Erscheinung verborgen hat. Gezeichnet von dieser Blamage, ist Hui Buh redlich darum bemüht, seinen soeben geschädigten Ruf wieder aufzupolieren und sich in einem fairen Spiel mit Rosalinde zu messen. Doch weil ein solches Spiel die einzige Möglichkeit ist, sich der Dame wieder zu entledigen, greift Hui Buh zum wiederholten Male zu unlauteren Mitteln und beweist, dass sich an seiner zweifelhaften Moral über all die Jahre nichts verändert hat. Aber immerhin hat er sein Ziel erreicht.

Nicht ganz so einfach hat es unser geliebtes Schlossgespenst in Episode 14, „Hui Buh und die unheilvolle Burgfehde“. Wieder einmal wird ihm sein flottes Mundwerk zum Verhängnis, als er König Julius in eine ungleiche Auseinandersetzung hineinreißt. Hui Buh ist jedoch davon überzeugt, dass er unerlaubt in den Wettkampf eingreifen und so auch den Sieg herbeiführen kann, doch da seine Mithilfe eher verwirrend als hilfreich ist, geht der Schuss für den Herren vom Schloss Burgeck sehr schnell nach hinten los. Hui Buh fühlt sich erneut in die Pflicht genommen – und macht alles nur noch schlimmer.

In der letzten Folge stößt der Titelheld schließlich an seine Grenzen: Ein multitalentierter Geisterbeschwörer hat sich vorgenommen, dem Schlossgeist den Garaus zu machen, und hat dabei auch großen Erfolg. Hui Buh lässt zwar nichts unversucht, sich seines immer mehr verhassten Gegenspielers zu entledigen, doch je ausgefuchster die Ideen des Burgeck-Geistes, desto besonnener die Reaktionen des geheimnisvollen Mannes. Auf jede Aktion hin folgt die Besinnung auf eine der vielen Lehren, die der Herr genossen hat, so dass er sich als Geisterbeschwörer, Jongleur, etc. aufspielt und Hui Buh den letzten Nerv raubt. Gerade aufgrund der vielen Lacher und des spannenden Hin und Hers ist diese Episode auch das Highlight dieser fünften Schlotter-Box.

Man kann aber auch allgemein wieder von einer sehr positiven Fortführung dieser Dreiteiler-Reihe sprechen, denn in keiner einzelnen Episode kommen Spannung und Humor zu kurz. Wirklich fabelhaft sind auch die Sprecher, vor allem der leider inzwischen verstorbene Hans Clarin in der Hauptrolle, der die Rolle des Geistes spürbar mit Leben erfüllt und noch einmal einen krassen Kontrast zu seiner leblosen Darbietung in der Verfilmung aus dem vergangenen Jahr liefert.

Und was die Geschichten betrifft: Einfach originell! Hui Buh kämpft mit seinem Gewissen und einer rosafarbenen Truhe, verzaubert König Julius und raubt ihm dadurch jegliche Aussicht auf den Sieg bei der Burgfehde und stößt zum Schluss mit einem Gegner zusammen, dem er trotz der Darbietung seines kompletten erfinderischen Repertoires nicht gewachsen scheint. Seltsame Ereignisse treffen auf zahlreiche Missverständnisse und teils recht albernen, kindlich-naiven Humor, doch genau diese Mischung trifft speziell in den Folgen 13 und 15 voll ins Schwarze. Es mag zwar weiterhin ein unbestrittener Fakt sein, dass die Geschichten um das im Hörspiel richtig bekannt gewordene Gespenst polarisieren und daher auch entweder geliebt oder gehasst werden – doch wenn man sich wie ich zur ersten Gruppe zählt, wird man mit diesen drei Episoden mal wieder eine Menge Freude haben.

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Ellis, Bret Easton – Lunar Park

Bret Easton Ellis gehört mit Romanen wie „Unter Null“ und „American Psycho“ zu den bekanntesten Autoren Amerikas.

Mit „Lunar Park“ veröffentlicht er ein Buch, von dem man denken könnte, es wäre eine Autobiografie. Immerhin wird aus der Perspektive von Bret erzählt, aber nach den harten Fakten wie dem Geburtsort und dem Erfolg als Schriftsteller hört es bereits auf. Ellis dichtet sich selbst eine fiktive Frau, einen fiktiven Sohn und eine fiktive Stieftochter an. Sie wohnen in Lunar Park, einem beschaulichen Viertel, in das Bret mit seinem Hang zu Wodka und Kokain nicht wirklich passt.

Alles beginnt aus dem Ruder zu laufen, als das batteriebetriebene Spielzeug von Ellis‘ Stieftochter Sarah, ein Vogel namens Terby, plötzlich beginnt, ein Eigenleben zu entwickeln, und Eichhörnchen und Katzen in der Nachbarschaft niederschlachtet. Außerdem ist Bret der festen Überzeugung, dass sich in dem riesigen Haus, das er mit seiner Familie bewohnt, die Möbel ständig umstellen, und er glaubt, in einem Studenten die Verkörperung seines Romanhelden aus „American Psycho“, Patrick Bateman, wiederzuerkennen.

Sind es die Drogen oder ist Brets Angst real? So genau wissen weder er noch die Leser das, wenn sich sein Haus plötzlich zu seinem Geburtshaus zu verwandeln scheint und um ihn herum Menschen ermordet werden, die die gleichen Namen tragen wie die Opfer aus „American Psycho“.

„Lunar Park“ hört sich an wie harter Stoff und ist auch welcher. Die Handlung spielt mit dem Leser. Man kann sich nie sicher sein, inwiefern die Ereignisse eingebildet oder gerade noch real sind. Und trotz der leicht „übersinnlichen“ Geschehnisse schafft Ellis es, glaubhaft zu klingen, was ihm hoch anzurechnen ist.

Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, dass die Geschichte ein wenig schräg ist, staunt man nur noch über den Erfindungsreichtum des Autors. Es ist wirklich unglaublich, wie er Paranoia in Köpfen in fiktionale Ereignisse verwandelt und dabei nicht nachlässt. Er zieht das die ganzen 893 Minuten der Lesung durch und schafft es, die Spannung, den Wahnsinn und die fiktionale Realität zu halten.

„Lunar Park“ wäre kein echter Ellis, wenn darin nicht auch kritische Stimmen laut werden würden. Die schräge Handlung und die teilweise übertriebenen Ereignisse haben nämlich zum Zweck, das Leben im Vorort oder den Medienhype, der um den Autor gemacht wurde, zu karrikieren. Nebenpersonen verkommen teilweise zu argen Klischees, aber nicht im negativen Sinne, denn sie werden dazu benutzt, die Klischeehaftigkeit im wirklichen Leben aufzuzeigen.

Die Lesung ist ungekürzt, was sicherlich nicht immer die richtige Entscheidung war. An und für sich ist „Lunar Park“ gut als Hörbuch geeignet, denn das Buch ist in der Ich-Perspektive geschrieben, so dass das Anhören des Hörbuchs zur Märchenstunde wird. Allerdings finden sich an einigen Stellen ellenlange Beschreibungen, zum Beispiel vom Haus, in dem Bret wohnt, die unnötig in die Länge ziehen. Hier hätte man vielleicht die Schere ansetzen müssen, um die Spannung erhalten zu können.

Der Erzählstil ist dank der Ich-Perspektive sehr angenehm. Ellis schreibt in leicht verständlicher Alltagssprache, die manchmal ein wenig härter wird. Er tendiert anfangs dazu, die Sätze zu stark zu verschachteln, aber das gibt sich glücklicherweise mit der Zeit. Insgesamt lässt sich „Lunar Park“ prima anhören und ist dank der Leistung von Sprecher Wolfram Koch sehr unterhaltsam.

Koch spricht ruhig und bedächtig, so dass man ihm gut folgen kann. Er verzichtet auf eine übertriebene Betonung, was wie die Faust aufs Auge zu Ellis‘ lässigem Erzählstil passt. Trotzdem spielt er an spannenden Stellen entsprechend mit seiner Stimme oder stellt Dialoge mit verschiedenen Stimmlagen dar, was sehr gut gelungen ist, denn oft wird am Ende eines gesprochenen Satzes nicht erwähnt, wer ihn überhaupt gesagt hat.

In der Summe ist „Lunar Park“ ein Hörbuch, in das man sich erst hineinhören muss und das ab und an ein paar Längen aufweist. Insgesamt hinterlassen aber sowohl die Fabulierkunst Ellis‘ als auch Kochs Erzähltalent einen positiven Eindruck.

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|893 Minuten auf 12 CDs|

|Siehe auch unsere Rezensionen zu:|
[„Lunar Park“ 2304 (Buchausgabe)
[„American Psycho“ 764
[„Unter Null“ 2026
[„Glamorama“ 2749

Francis, H. G. – Die drei ??? – Die 15. ???-Box (43-45)

_Episode 43 – Die drei ??? und der höllische Werwolf_

|Besetzung:|

Erzähler – Peter Pasetti
Justus Jonas – Oliver Rohrbeck
Peter Shaw – Jens Warczeck
Bob Andrews – Andreas Fröhlich
Lucille – Petra Kaminski
Charles – Henry Kielmann
McLain – Rolf Jülich
Verleiher – Hartmut Kollakowsky
Kellnerin – Beate Hasenau
Sears – Manfred Liptow
Evans – Bernd Fallske
Pelzhändler – Eric Vaessen

|Story:|

Als Justus und seine Kollegen am Strand von Rocky Beach eine besitzerlose Tasche entdecken, ahnen sie noch nicht, dass dies der Auftakt für einen neuen Fall ist. Der Beutel gehört nämlich einem jungen Mädchen namens Lucille, das vor einigen Wochen spurlos verschwunden ist und seitdem von seinen besorgten Eltern gesucht wird.

Ungefähr zur gleichen Zeit taucht an anderer Stelle wie aus dem Nichts heraus ein als Werwolf verkleideter Mensch auf und macht in seinen überraschenden Auftritten ganz Hollywood unsicher.

Als die drei Detektive die Vermisste aufgespürt haben, erfahren sie von dieser, dass sie zwischenzeitlich beim Film angeheuert und sich dort bereits eine Hauptrolle in einem zweitklassigen Dracula-Streifen gesichert hat. Geflohen war sie lediglich, weil sie endlich ihre Entscheidungen unabhängig von den Eltern treffen wollte. Doch genau diese Entscheidung könnte ihr zum Verhängnis werden, denn ihr Regisseur scheint mit einigen unlauteren Mitteln zu arbeiten und von Lucille mehr zu wollen als nur ihr schauspielerisches Talent. Im Mittelpunkt steht dabei ein Teddybär, der sich unter den von Justus gefundenen Gegenständen befand. Doch was macht die Stoffpuppe so begehrenswert? Und was hat der Werwolf mit alldem zu tun?

_Episode 44 – Die drei ??? und der gestohlene Preis_

|Besetzung:|

Erzähler – Peter Pasetti
Justus Jonas – Oliver Rohrbeck
Peter Shaw – Jens Warczeck
Bob Andrews – Andreas Fröhlich
Milton – Horst Naumann
Bonehead – Sascha Draeger
Peggy – Veronika Neugebauer
Footsie – Niki Nowotny
Bloodhound – Manou Lubowski
Lionel Comax – Wolf Rathjen
Mathilde Jonas – Karin Lieneweg

|Story:|

Justus wird ohne Vorahnung wieder von seiner Vergangenheit als Schauspieler eingeholt. Die TV-Serie „Die kleinen Strolche“ wird derzeit wieder im Fernsehen ausgestrahlt und erfreut sich vor allem bei Bob und Peter größter Beliebtheit. Doch der erste Detektiv schämt sich für seine Rolle als naives Baby Fatso und reagiert deswegen auch sehr genervt, als eines Tages ein Produzent an der Haustüre steht und ihn zu einem Quiz zu jener Serie einlädt.

Widerwillig sagt Justus zu und trifft bereits wenige Tage später seine mittlerweile erwachsenen, ehemaligen Kollegen bei der Aufzeichnung der ersten von zwei geplanten Shows. Doch das Ganze endet im Debakel: Die Pokale, die jeder Schauspieler erhalten soll, sind plötzlich verschwunden, so dass der vorgesehene Ausstrahlungstermin nicht eingehalten werden kann.

Die drei Spürnasen schalten sich im Hintergrund in den Fall ein und spüren binnen weniger Stunden auch die gesuchten Pokale wieder auf. Doch wer steckt hinter dem Raub? Und welche Motive könnte er gehabt haben, um diese vergleichsweise wertlosen Gegenstände zu stehlen? Die Reihe der Verdächtigen ist ziemlich groß, zumal einige Personen sich im Rahmen der Sendung merkwürdig benehmen. Doch während Justus im Quiz um die Siegprämie von stolzen 20.000 $ spielt, können die Detektive nacheinander einen vermeintlichen Räuber nach dem anderen ausschließen – bis schließlich nur noch einer übrig bleibt.

_Episode 45 – Die drei ??? und das Gold der Wikinger_

|Besetzung:|

Erzähler – Peter Pasetti
Justus Jonas – Oliver Rohrbeck
Peter Shaw – Jens Warczeck
Bob Andrews – Andreas Fröhlich
Ingmar Ragnarson – Rolf E. Schenker
Karl Ragnarson – Lutz Richter
Sam Ragnarson – Marco Kröger
Mr. Manning – Achim Schülke
Mrs. Manning – Julia Mahnkopf
Hauptkommissar Reynolds – Wolfgang Draeger
Mrs. Andrews – Renate Pichler
Mr. Andrews – Manfred Bendixen
Mathilda Jonas – Karin Lieneweg

|Story:|

Im Auftrag von Bobs Vater begeben sich die drei Detektive auf die Insel Ragnarson Rock, um dort ein paar Fotos zu schießen. Jedoch ist dem Trio bis dahin gar nicht bekannt, was überhaupt fotografiert werden soll.

Vor Ort werden sie dann Zeuge eines allzu merkwürdigen Schauspiels: Eine Gruppe von Wikingern liefert auf offenem Meer ein bizarres Kampfschauspiel ab und schmeißt sich auch bereitwillig für die Kamera in Pose. Noch vor ihrer Heimreise meldet der störrische Sam Ragnarson Interesse an den Bildern an. Er ist bereit, einen satten Batzen Geld für die Fotos zu zahlen, fordert aber gleichzeitig die Exklusivrechte, die Bob ihm jedoch nicht gewähren kann. Schimpfend und drohend verschwindet er wieder und verzichtet vorerst auf die Fotos.

Als sich dann später ein weißer Pick-up an die Fersen von Bob heftet und ihm schließlich auch die Bilder geraubt werden, liegt die Vermutung nahe, dass Sam derjenige ist, der den kleinen Truck gefahren hat. Justus und seine Kollegen suchen nach Beweisen und Hintergründen, schließlich können sie sich immer noch keinen Reim daraus machen, was an den Fotos von so immensem Interesse sein könnte. Erst bei einem erneuten Zusammentreffen der Wikingergruppe ergibt sich eine Spur.

_Meine Meinung_

Die drei Episoden in der neusten Box um die drei Detektive aus Rocky Beach überzeugen allesamt mit unterschiedlichen Qualitäten. Während besonders der Fall um den höllischen Werwolf, aber auch die Geschichte mit den merkwürdigen Wikingern eine richtig packende Kriminalgeschichte aufbieten, ist die Retrospektive um die einst kleinen Filmstars in „Die drei ??? und der gestohlene Preis“ eher etwas für Freunde der humorvollen Seite des berüchtigten Trios. Allerdings ist genau jene Folge auch ziemlich leicht durchschaubar und lässt bereits zu einem frühen Zeitpunkt erkennen, wer der bzw. die Übeltäter sein müssen. Doch eins nach dem anderen:

In „Die drei ??? und der höllische Werwolf“ beschäftigen sich Justus, Bon und Peter einmal mehr mit zwielichtigen Personen aus dem Sündenpfuhl Hollywood, einem der scheinbar liebsten Themen der drei Detektive. Dabei kommt ihnen sowohl die Aufgabe zu, Lucille gleich zweimal ausfindig zu machen, als auch herauszufinden, warum es die Übeltäter ausgerechnet auf dieses unscheinbare junge Mädchen abgesehen haben. Dies gestaltet sich gerade deswegen schwierig, weil ihre grundsätzliche Einstellung bis zum Ende nicht eindeutig ist und man sich auch erst am Schluss ausmalen kann, warum die Dinge ihren Verlauf so nehmen, wie sie es hier tun. Knisternde Spannung bis zur letzten Minute ist daher auch auf jeden Fall garantiert.

„Die drei ??? und der höllische Preis“ hingegen ist teilweise auch ein wenig Selbstparodie. Die Vergangenheit des ersten Detektivs wird mit einem gezielten Rückblick auf dessen zweifelhafte Filmkarriere ein wenig durch den Kakao gezogen, und wie es der Zufall so will, ergibt sich aus dem erneuten Aufeinandertreffen der kleinen TV-Strolche ein Fall für die Dreierbande. Die galanten Wortwitze, die sich aus Justus‘ abgeneigter Haltung und den spitzfindigen Kommentaren seiner Mitstreiter ergeben, sowie die kleinen Einblicke in jene TV-Serie, an welcher der junge Jonas einst mitgewirkt hat, sind schließlich auch die wahre Stärke dieser Folge, wohingegen die kriminalistische Seite hier nicht ganz so stark betont wird. Und trotzdem handelt es sich auch hierbei um ein unterhaltsames, alles in allem sehr lohnendes Hörspiel aus der qualitativ hochwertigen Reihe älterer „Die drei ???“-Hörspiele.

Die letzte Episode im Verbund der „15. ???-Box“ ist schließlich ein absolut typisches Hörspiel aus Rocky Beach. Wieder einmal stolpert das junge Trio unverhofft in ein neues Abenteuer hinein und wird sich erst im Nachhinein der wahren Tragweite der gerade beobachteten Ereignisse bewusst. Und wie es sich für eine solche Episode gehört, gibt es auch wieder zahlreiche Verdächtige, die Justus und Co. bei ihren Ermittlungen in Betracht ziehen müssen, bis dann schließlich doch wieder alles über den Haufen geschmissen wird. Definitiv ein Klassiker unter den bis dorthin 45 veröffentlichten Folgen!

Zweimal gut und einmal sehr gut ergibt im Gesamtüberblick einen Notendurchschnitt, bei dem man als Interessent wohl kaum noch widerstehen kann. Und das zu Recht, denn die Nummer 15 ist eine vollkommen lohnenswerte Investition für Freunde der drei Fragezeichen und diejenigen, die es noch werden wollen. Wer nach der vor kurzem entschiedenen Namensänderung der Serie noch immer den guten alten Zeiten hinterhertrauert, der wird in diesen drei Folgen reichlich Material für eine erfolgreiche Argumentation finden. Das ist Hörspielgenuss der feinsten Sorte!

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Hauff, Wilhelm – Gespensterschiff, Das (Europa-Originale 28)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Achmet – Bernd Kreibich
Diener Ibrahim – Helmut Kolar
Kapitän der Fregatte – Joachim Rake
Steuermann der Fregatte – Malte Petzel
Steuermann des Gespensterschiffes – Rüdiger Hess
Capitano – Benno Gellenbeck
Wirt – Siegmar Schneider
Der weise Muley – Horst Beck
Bursche – Hans Meinhardt

Regie: Heikedine Körting

_Story_

Der verwaiste Achmet und der einstige Diener seines Vaters, Ibrahim, heuern auf einer Fregatte an und stechen alsbald mit dem Schiff in See. Doch die Reise ist nur von kurzer Dauer, denn inmitten von Sturm und Nebel kentert das Schiff und die gesamte Mannschaft wird dahingerafft. Nur Ibrahim und Achmet überleben das Unglück und gelangen wie durch ein Wunder an Bord eines führerlosen Schiffes. Was den beiden dort aber begegnet, übersteigt ihre finstersten Vorstellungen: An Bord liegen Dutzende Leichen, getränkt in einer riesigen Blutlache. Achmet und Ibrahim packt das nackte Entsetzen. Was ist hier bloß geschehen?

Allerdings hat dieser Fund für das Zweigespann auch diverse Vorzüge; der junge Mann und sein Diener entdecken an Deck die köstlichsten Speisen und laben sich an den Schätzen, die dieses Schiff mit sich führt. Doch die Freude darüber ist nur von kurzer Dauer. In der ersten Nacht erleben die beiden nämlich den nächsten Schrecken: Die Besatzung des Gespensterschiffes erwacht zum Leben …

_Meine Meinung_

Bei „Das Gespensterschiff“ handelt es sich um eine weitere nicht ganz so bekannte Geschichte im Rahmen der „Europa-Originale“, die jedoch wegen der enorm spannenden Handlung keinen Zweifel an der Berechtigung einer Aufnahme in die erhabene Serie des bekannten Hörspiel-Verlags lässt. Mal wieder ist eine Seefahrergeschichte die Grundlage der Handlung, die in diesem Fall jedoch noch durch weitere gruselige Elemente aufgewertet wird.

Ein mysteriöses, führerloses Schiff treibt durch den Nebel, unscheinbar und doch beunruhigend, und schneller als ihnen lieb ist, machen die beiden Protagonisten Achmet und Ibrahim mit dieser Seltsamkeit Bekanntschaft. Was daraufhin passiert, gleicht einer emotionalen Achterbahnfahrt, begonnen bei der schrecklichen Entdeckung an Bord über den Fund der wertvolle Güter bis hin zu den grässlichen Beobachtungen, die das überraschte Team in der Nacht auf dem Schiff machen muss. Als sie schließlich zügiger als erhofft Land sichten, glauben sie, von den alptraumhaften Szenarien befreit zu sein, doch der Spuk des Gespensterschiffes eilt ihnen auf Schritt und Tritt hinterher.

Das Besondere an dieser Erzählung, die ursprünglich aus der Feder von Wilhelm Hauff stammt, sind die vielen überraschenden Wendepunkte, die den Verlauf des Plots mehr als einmal auf den Kopf stellen. Da beginnt die Seereise in völliger Harmonie und mutiger Aufbruchstimmung, und schon kurze Zeit später packt die Besatzung der Fregatte das Grauen. Ibrahim und Achmet überleben die Katastrophe auf hoher See und warten nur noch auf den sicheren Tod, doch stattdessen ist ihnen ein anderes Schicksal bestimmt. An Bord ihrer neuen ‚Unterkunft‘ erleben sie ein ständiges Auf und Ab, doch hat man schon damit gerechnet, dass sie auf dem Gespensterschiff ihre letzten Minuten verbringen würden, so überleben sie stattdessen auch hier und geraten recht schnell zurück an Land. Und auch dort überleben sie einige unangenehme Überraschungen, deren Effekt aber auch umgehend auf den Zuhörer überspringt.

All dies sind Garanten für Spannung, und diesbezüglich kommt das Publikum bei „Das Gespensterschiff“ auch zu keiner Sekunde zu kurz. Die kompakte und dennoch vielseitige Story bietet zwischen Gruselstimmung und Abenteuererzählung eine ganze Reihe prickelnder Momente, die den geradlinigen (aber deswegen nicht oberflächlichen) Plot zu einem weiteren Highlight dieser Serie avancieren lassen – und aufgrund des vergleichsweise weniger bekannten Inhalts sicherlich auch zu einem der empfehlenswertesten.

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May, Karl – In den Schluchten des Balkan (Europa-Originale 22)

_Besetzung_

Kara Ben Nemsi / Erzähler – Hellmut Lange
Omar Ben Sadek – Christian Rode
Hadschi Halef Omar – Bernd Kreibich
Sir David Lindsay – Malte Petzel
Jafis, ein Rosenzüchter – Rudolf Fenner
Osko, ein Montenegriner – Otto Löwe
Mübarek – Joachim Rake
Deselim, Waffenschmied aus Ismilan – Marcel Winter
Deselims Bruder, Gastwirt in Ismilan – Siegmar Schneider
Dienerin – Erika Bramslöw
Glawa, Fruchthändler aus Melnik – Jürgen Lier
Nebatja – Annette Roland

Regie: Dagmar von Kurmin

_Story_

Eine Verbrecherbande erschüttert den Balkan und ist dem Anschein nach auch für den Tod von Omar Ben Sadeks Vater verantwortlich. Als dieser in Stambul auf seine alten Gefährten Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar trifft und ihnen von der mysteriösen Gruppierung berichtet, beschließen die drei, sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Schut, dem Anführer der Bande zu machen.

Durch mehrere Listen und dank der Hilfe des Rosenzüchters Jafis verfolgen sie schon nach wenigen Tagen eine heiße Spur, die sie zum Waffenschmied Deselim führt, der ebenfalls mit dem Schut im Bunde zu sein scheint. Halef und Omar gelingt es, den zwielichtigen Deselim kurzerhand auszuschalten und sich selbst mit der „Koptscha“, dem Geheimzeichen der Ganoven, auszurüsten. Die Entdeckung des Schuts scheint nur noch eine Frage der Zeit, als plötzlich der Hinterhalt des gerechten Trios auffliegt und sich die Männer unverhofft ins feindliche Getümmel stürzen müssen …

_Meine Meinung_

„In den Schluchten des Balkan“ ist im Rahmen der „Europa-Originale“ die nächste Geschichte aus der Feder von Karl May und neben der „Winnetou“-Trilogie meines Erachtens auch die beste des Bestseller-Autors. Und dies gilt sowohl für den allgemeinen Inhalt als auch für die Hörspiel-Darbietung aus dem Jahre 1972, die man unter anderem aufgrund der vorzüglichen Sprecherleistungen als einen weiteren Höhepunkt der Reihe auszeichnen darf. Andererseits hatte Regisseurin Dagmar von Kurmin bei der Adaption von Mays Roman auch vergleichsweise leichtes Spiel, denn die charismatischen Charaktere sowie der spannende Plot sind ein nahezu perfekter Ausgangspunkt, den man sich als Vorlage für ein derartiges Hörspiel in dieser Form nur wünschen kann.

Von Kurmin und ihr Team sind aber dennoch nicht auf Nummer Sicher gegangen, sondern haben dem Ganzen noch eine eigene Note verpasst. Zwar wurde die Tollpatschigkeit von Hauptdarsteller Hadschi Halef Omar in manchen Szenen übernommen und somit auch die humorvolle Seite der Geschichte betont, doch konträr dazu verfügt das Hörspiel über eine recht ernste Note, mit der auch einige brutalere Übergriffe einhergehen. Die Mentalität der nahöstlichen Bevölkerung wurde dabei ziemlich gut und meines Erachtens sogar noch ein wenig gefühlskälter eingefangen, gerade was die Bösewichte der Handlung betrifft.

Dem gegenüber steht der tolle Spannungsaufbau, unter anderem vom Mysterium um den Mann ausgelöst, den sie den Schut nennen. Bis zum Schluss (und darüber hinaus) wird dem Hörer nicht dessen wahre Identität offenbart; lediglich die Schergen seiner teuflischen Bande werden vorgestellt, doch das Geheimnis um den Anführer bleibt.

Insofern ist es auch kein Wunder, dass „In den Schluchten des Balkan“ vorerst in ein offenes Ende mündet und gegebenenfalls auch schon bald innerhalb dieser Serie fortgesetzt wird. Zu wünschen wäre dies auf jeden Fall, zumal es sich hier um einen echten Klassiker handelt, und das sowohl in der Roman- als auch in der Hörspielfassung. Für das Frühjahr 2007 sind zehn neue Episoden der „Europa-Originale“ angekündigt, und es wäre in der Tat wünschenswert, falls die Story um Halef, Omar und Kara Ben Nemsi dort fortgeführt werden würde. Nach dieser eindrucksvollen Vorstellung wäre dies schließlich auch die einzig logische Vorgehensweise …

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Rhoden, Emmy von – Trotzkopf, Der (Europa-Originale 21)

_Besetzung_

Erzähler – Hans Paetsch
Ilse Macket – Wittmute Malik
Anne Macket – Ingeborg Kallweit
Pfarrer – Walter Petersen
Vater Macket – Edgar Machmann
Fräulein Raimar – Sylvia Anders
Fräulein Güssow – Dagmar von Kurmin
Nellie – Reinhilt Schneider
Orla Sassuwitsch – Manuela Dahm
Flora Hopfstange – Wanda Osten
Annemie von Bosse – Sylvia Anders
Dr. Althoff – Peter von Schultz
Miss Lead – Ingeborg Kallweit
Leo Gontrau – Rudolf H. Herget

Regie: Konrad Halver

_Story_

Die junge Ilse Macket ist ein unverbesserlicher Trotzkopf und bereitet ihrer Familie fortwährend Kummer. Als die Situation daheim zu eskalieren droht, bleibt den Mackets keine andere Wahl: Sie schicken ihre Tochter auf das strenge Internat von Fräulein Raimar, damit sie dort endlich die fehlenden Manieren beigebracht bekommt. Doch ihr Aufenthalt dort entwickelt sich ganz anders, als Vater Macket sich das vorgestellt hatte.

Ilse bleibt ein Problemkind und will sich den Regeln der Schule nicht beugen. Außerdem ist ihr Verhältnis zu den Mitschülerinnen von Beginn an gestört und erschwert die Situation für den Trotzkopf. Doch dann lernt Ilse die Dichterin Flora Hopfstange kennen und erfährt von ihr von einem ganz besonderen Schicksal. Mit einem Mal hat sich Ilses Einstellung zum Leben geändert. Gemeinsam mit ihrer einzigen Freundin Nellie mausert sich das kleine Mädchen und kehrt als stolze, gereifte Jugendliche wieder in den Schoß ihrer Familie zurück.

_Meine Meinung_

„Der Trotzkopf“ ist eine nette Kinder- und Jugendgeschichte und aufgrund der moralischen Inhalte sicherlich auch ein wichtiger Abschnitt dieser Literatur. Die Erzählung vom Mädchen, welches stets den eigenen Kopf durchzusetzen versuchte und von nichts und niemandem in den Griff zu bekommen war, dann aber eines Tages in Erfahrung bringt, worauf es im Leben tatsächlich ankommt, sollte daher prinzipiell auch jedem bekannt sein. Und dementsprechend natürlich auch die Hauptfigur.

Ein pubertierendes Gör ist sie, die junge Ilse Macket, unsympathisch durch und durch und wegen ihres neunmalklugen Auftretens auch eine echte Nervensäge. Kurzum: Eine Person, die man weder gerne zur Spielgefährtin noch zur Tochter hätte, selbst wenn bei ihr auch nicht der letzte Hoffnungsfunke auf Besserung verloren ist. Für die Eltern ist der Weg ihrer Tochter vorbestimmt; sie sind mit der Erziehung überfordert und schicken den verzogenen Nachwuchs umgehend ins Internat. Dort soll sie den Umgang mit anderen Menschen erlernen und sich grundlegend einfach nur zum Positiven entwickeln.

Aber Ilse ist nicht bereit, diesen Schritt zu gehen. Bereits der Abschied von ihrem geliebten Vater fällt ihr unheimlich schwer, und auch die neue Umgebung ist ihr alles andere als lieb. Also setzt sie ihr starrsinniges Verhalten fort, treibt auch abseits der Heimat ihre Umwelt zum Wahnsinn und wird schnell zum Feindbild ihrer Mitschülerinnen. Lediglich ihre Zimmernachbarin Nellie lässt sich auf das kleine Fräulein ein und akzeptiert ihre Defizite – die Basis für eine liebevolle Freundschaft, in der Ilse andere Facetten ihres Lebens sowie ihren Rang in der Gesellschaft kennen lernt und sich mit ihrem Dasein zufrieden gibt. Nicht zuletzt der Vergleich mit einer anderen schicksalsgeplagten Figur prägt ihren Aufenthalt und stimmt sie letztendlich auch um, sich ihren Geliebten gegenüber fair und ebenso herzlich zu zeigen.

Im Hörspiel der „Europa-Originale“ kommt diese überraschende Wende allerdings kaum zur Geltung. Regisseur Konrad Halver hat sich vorwiegend auf das Ausschmücken der Rahmenhandlung beschränkt, den Kernpunkt der Story aber nicht getroffen. Und genau dies reicht schon aus, um dem gesamten Stück seine Glaubwürdigkeit zu nehmen. Mal ganz davon abgesehen, dass die Charaktere in ihrer Darstellung recht oberflächlich wirken, ist jegliche Umschreibung von Moral eher durchschnittlich aufgeführt. Der Moment, der zum Umschwung führt, sticht nur bedingt heraus, stattdessen überwiegt die kindlich anmutende Freundschaft zwischen Nellie und Ilse, die zwar für das angesprochene Zielpublikum ganz nett erscheinen mag, die Geschichte als solche aber nicht so recht voranbringen will. Die daraus entstehende Diskrepanz führt schließlich dazu, dass das Hörspiel eher durchschnittlich und als Adaption nur wenig zufriedenstellend ist. Kaum Tiefe, wenig Spannung und eine eher ermüdende Atmosphäre reichen aus, um „Der Trotzkopf“ als einen der Schwachpunkte dieser Serie zu entlarven. Obwohl das Original eigentlich eine empfehlenswerte Angelegenheit ist …

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