Die abgeschiedene Insel Zanzibar ist eine wahre Goldgrube für gewiefte Händler. Die fünf Provinzen des Eilands beherbergen wertvolle Gewürze, mit denen sich bei entsprechender Raffinesse recht schnell ein üppiges Zubrot verdienen lässt. Pfeffer, Nelken, Ingwer, Zimt und Vanille warten quer verstreut darauf, von den Händlern entdeckt und produziert zu werden. Allerdings ist Eile geboten, denn auch die Mitspieler streben nach raschem Reichtum und zeitweiliger Vormachtstellung in den Provinzen. Somit ist jedem selber überlassen, mit welchem Erfolg er seine Aufträge abschließt bzw. wann er seine insgesamt zehn aufeinander folgenden Missionen abstößt. Denn nicht zwangsläufig derjenige gewinnt, der seine Aufgaben komplett bewältigt; stattdessen ist in „Zanzibar“ eine ausgewogene Mischung aus Planung, Schnelligkeit und Pflichtbewusstsein gefragt. Und nur derjenige, der hier die Schwerpunkte adäquat verteilt, wird Chancen haben, zum erfolgreichsten Händler der Insel zu werden.
_Spielmaterial_
• 1 Spielplan
• 30 Spielfiguren (je 6 Figuren in den 5 Spielfarben)
• 5 Zählsteine in den 5 Spielfarben
• 50 Auftragskarten (je 10 Aufträge in den 5 Spielfarben)
• 1 Spielregel
Das Spielmaterial zu „Zanzibar“ ist abgesehen von den schönen Holzfigürchen in seiner Aufmachung etwas dürftig geraten. Der Spielplan sieht auf den ersten Blick ganz nett aus, insbesondere die runde Zählleiste, jedoch stellt sich im Verlauf des Spiels heraus, dass er bei mehreren Mitspielern schnell für Verwirrung sorgt, weil einfach die entsprechende Übersichtlichkeit fehlt. Auch die Karten sind ein wenig lieblos aufgearbeitet, ganz zu schweigen vom lästigen Bekleben der unterschiedlich großen Spielfiguren. Eine authentische Atmosphäre will sich somit vorerst nicht einstellen, da die Spielmittel vorrangig zweckdienlich gestaltet wurden.
_Spielvorbereitung_
Vor der ersten Partie müssen zunächst die einzelnen Figuren beklebt werden. Dabei bekommt die größte Figur jeder Farbe den Wert ‚2‘, die kleinste schließlich den Wert ‚7‘. Diese Ziffern markieren, wie viele Felder die jeweiligen Figuren im Spiel später ziehen dürfen.
Anschließend erhält jeder Spieler die Händlerfiguren und Auftragskarten seiner Farbe. Die Händler werden nun auf die Provinzen des Spielplans verteilt, und zwar im Uhrzeigersinn und Stück für Stück. Dabei gilt es zu beachten, dass zwei Händler nicht einen Ort besetzen können und pro Provinz auch nur eine Figur pro Farbe erlaubt ist. Da man insgesamt sechs Händler besitzt (im Spiel ab vier Personen nur fünf), muss man einen Händler auf die inoffizielle sechste Provinz, den Meerweg, positionieren. Als Letztes mischt man nun seine Auftragskarten, legt sie verdeckt vor sich ab, zieht die obersten beiden auf die Hand und bestreite seine ersten Züge nun nach den Vorgaben dieser beiden Aufträge.
_Spielablauf_
Beginnend mit einem frei wählbaren Startspieler versetzen die Spieler nun ihre Händler zwischen den Provinzen und versuchen, die jeweilige Mission der Auftragskarten erfolgreich abzuschließen. Hier gilt es zum Beispiel, eine bestimmte Provinz mit möglichst vielen eigenen Händlern zu besetzen oder aber in Zanzibar die verteilten Felder bestimmter Gewürze einzunehmen. Je nachdem, wie viele Händler man nun im Rahmen dieser Aufgabe erfolgreich auf ein(e) solche(s) Feld/Provinz schiebt, bekommt man hier gestaffelt Punkte, die auf der Zählleiste festgehalten werden. Manchmal lohnt es sich allerdings nicht, Aufträge komplett auszuführen, da der Zeitaufwand einfach zu groß wäre. Das Spiel endet nämlich, sobald ein Spieler alle Aufträge ausgeführt bzw. abgelegt hat, also sollte man jedes Mal wieder abwägen, ob ein Auftrag tatsächlich so lukrativ ist, dass man auch einen längeren Einsatz dafür in Kauf nimmt. Prekär hierbei: Sollte man die Bedingungen der Aufträge nur teilweise erfüllen, können dabei auch Minuspunkte herausspringen.
Einmal (zweimal im Spiel mit vier oder fünf Spielern) im Spiel muss man indes einen Auftrag ohne Wertung abwerfen. Dies ist gerade günstig, wenn man derzeit eh schlecht positioniert ist und lieber einen neuen Auftrag nachzieht, aber auch als taktisches Mittel kurz vor Schluss nicht übel, um das Spiel noch einmal unerwartet zu beschleunigen.
Ein Spielzug besteht schließlich aus den Bewegungen von bis zu drei Händlerfiguren. Jeder Händler darf so weit gesetzt werden, wie es die Ziffer auf seinem Haupt angibt, muss jedoch nicht den vollen Wert ausnutzen. Allerdings dürfen die Händler niemals über größere (also langsamere) oder eigene Händler springen, das heißt, sie stellen natürlich Hindernisse dar. Anders herum wäre dies hingegen möglich. Dann nämlich verschieben die stärkeren Händler die de facto kleineren auf ein beliebiges Nachbarfeld und können sich so den Weg freiräumen. Sollte sogar kein Nachbarfeld mehr frei sein, darf man einen Händler sogar vertreiben und irgendwo auf dem Spielfeld wieder absetzen. Dies bietet allerdings auch die Möglichkeit des geschickten Bluffs, da man sich in gegebenen Situationen gerne in die Enge drängen lässt, um so schneller an einen entfernten Ort zu navigieren. Einen Sonderfall stellen gleichstarke Händler dar; sie dürfen sich nicht verschieben, können einander allerdings vertreiben, wenn der passive Händler in seinem Zuge auf keinen freien Nachbarort mehr ausweichen könnte.
Am Ende eines Spielzugs findet eventuell eine Wertung statt. Ob und wann dies der Fall ist, bestimmt jeder Spieler selbst. Wer sich für eine solche Wertung entscheidet, deckt nun seine Auftragskarte auf, streicht die erzielten Punkte ein (oder subtrahiert sie) und zieht eine weitere nach. So beginnt schließlich die Jagd nach den Gewürzen und der ständig wechselnde Kampf um den Machtanspruch in den Provinzen, der alsbald zum permanenten Gerangel avanciert.
_Spielende_
Sobald ein Spieler seinen letzten Auftrag ablegt oder wertet, dürfen alle anderen Spieler noch einen Zug durchführen. Danach endet das Spiel sofort. Derjenige, der auf der Zählleiste vorne steht, gewinnt die Hatz nach den Gewürzen und ist schließlich der erfolgreichste Händler auf ganz Zanzibar.
_Persönlicher Eindruck_
„Zanzibar“ ist nicht nur ein Spiel, das dem strategischen Qualitätsanspruch des |Winning Moves|-Verlags in jeglicher Hinsicht gerecht wird, sondern schlichtweg eine hervorragende Taktik-Simulation, deren Verlauf sich wirklich von Spiel zu Spiel radikal ändern kann. Erneut hat man den Schwerpunkt eines Titels ganz klar auf den taktischen Inhalt gesetzt und somit gezielt darauf hingearbeitet, dass die Optionen sowie die Geschicke beinahe gänzlich in den Händen des Spielers bleiben. Die Glücks-Komponente beschränkt sich lediglich darauf, welche Karten man wann nachzieht, was jedoch hinsichtlich des ausgeklügelten, in sich leicht verständlichen Mechanismus nur minimal ausschlaggebend ist. Dementsprechend sind die strategischen Möglichkeiten innerhalb des eigentlich recht simplen Spielverlaufs schier unbegrenzt. Ständig ist man gezwungen, seine Pläne umzuschmeißen, seine Risikobereitschaft zu revidieren oder auch einmal darüber nachzudenken, Karten zu werten, obwohl sie noch nicht optimal ausgereizt sind. Man kann es sich nämlich kaum leisten, jedes Mal auf die vollständige Erfüllung eines Auftrags zu pochen, da währenddessen die Konkurrenz mit höherer Geschwindigkeit vorbeizieht und das Spiel schließlich schneller zu Ende ist, als man es möchte.
Aus diesen Gründen darf man „Zanzibar“ als eines der leider wenigen guten Taktik-Spiele der laufenden Saison und der letzten Essener Messe ansehen und es als dicken Geheimtipp auch munter weiterempfehlen. Erfolgsautor Franz Benno Delonge hat ein leicht verständliches, im Hinblick auf die zunächst kaum vermutete Spieltiefe dennoch geniales Produkt konzipiert, welches trotz erster Befürchtungen bei der Materialbegutachtung voll und ganz überzeugt.
… oder reiten vorzugsweise auch schon mal auf ihren Besen durch die Lande und liefern sich einen erbitterten Wettkampf, der nicht nur über Schnelligkeit, sondern vor allem über die Kunst des Zauberns ausgetragen wird. Zumindest in „Flinke Feger“, der aktuellen Messeneuheit aus dem Hause |Pro Ludo|, in der die Spieler in die Rollen der beliebten Hexen schlüpfen und in sich ein heißes Rennen durch den Waldparcours liefern.
Mitsamt ihres fliegenden Besens raffen sie sich auf, neue Formeln zu erlernen, sie alsbald einzusetzen und somit möglichst weit auf der vorgegebenen Rennstrecke vorzurücken. Doch dort, wo Hexen toben, ist auch schwarze Magie nicht weit. Zu eifrige Besenritter werden verwünscht, andere wiederum werden trotz guten Fortschritts bestraft, weil auch so mancher Tanz auf dem Fortbewegungsgerät Bonuspunkte gibt und somit nicht zwingend die erste Hexe, die einen Zieleinlauf absolviert, das Spiel gewinnen muss. Schließlich siegt nämlich hier tatsächlich, wer den flinkesten Feger bedient …
„Flinke Feger“ bedient sich eines Mechanismus, der in jüngster Zeit scheinbar in Mode gekommen ist, optisch aber auch einiges bietet. Die Spielschachtel wurde nämlich einem Buch nachempfunden und macht sich dementsprechend nobel im heimischen Regal. Davon abgesehen ist auch das eigentliche Material eine Augenweide. Das Design ist prächtig und sorgt für eine sehr ansprechende Atmosphäre, die Grafiken sind darüber hinaus brillant und der flexible Spielplan sowie die grundsätzlich stabile Ausstattung Anlass zum Lob. Dies gilt im Übrigen auch für das sehr schön strukturierte Regelwerk, dessen anschauliche Beschreibungen in diesem Genre absolut vorbildlich sind.
_Spielvorbreitung_
In „Flinke Feger“ wird nicht nur der Inhalt der Schachtel ausgepackt, auch der Karton selber wird in der Tischmitte platziert und verwendet, nämlich in diesem Fall als Würfelfeld. Dies ist übrigens ganz angenehm, wenn man des Lärms der prasselnden Würfel überdrüssig ist, aber das nur nebenbei.
In direkter Nähe zur Schachtel legt man nun das Kartenmaterial bereit. Die Karten der schwarzen Magie werden gemischt und als verdeckter Stapel abgelegt. Die übrigen Karten werden aufgeteilt. Jeder bekommt neun Karten seiner zugehörigen Hexe. Als Letztes baut man das Spielfeld auf, und zwar in der Reihenfolge der Werte der Spielplankarten, welche übrigens mit dem Tiefstwert -2 beginnen. Die Spieler platzieren nun ihre Hexenfiguren auf der 0-Position. Alternativ können jüngere Spieler oder Unerfahrene etwas weiter vorne beginnen, um die Chancen wieder auszugleichen. Sicher keine schlechte Idee.
_Spielablauf_
Es beginnt entweder derjenige Spieler, der im Parcours den letzten Rang belegt (falls dies überhaupt der Fall ist) oder ein beliebig gewählter Starter. Dieser nimmt nun die Würfel an sich und leitet die erste von vier Spielphasen ein, die für alle Teilnehmer gleichsam relevant sind. Das Spiel gliedert sich dabei wie folgt:
|1.) Zauberphase 1: Der Blick ins Buch der großen Magie|
Der Startspieler würfelt nun die neun Würfel in das offene Buch hinein. Alle Beteiligten haben jetzt die Möglichkeit, sich die Symbole auf den Würfeln so lange anzusehen, bis ein Spieler das Buch zuklappt und diese Phase vorzeitig beendet. Dabei sollte er sich aber sicher sein, dass er sich einen genauen Überblick über alle orangefarbenen und schwarzen Symbole verschafft hat, denn dies ist die Voraussetzung, um in den weiteren Runden zu bestehen.
|2.) Zauberphase 2: Eine Formel schreiben|
Die Spieler wählen nun eine der beiden Farben aus, suchen die gesichteten Symbole in ihrer Kartenhand und legen sie verdeckt ab. Allerdings ist darauf zu achten, dass Symbole, die sowohl in orange als auch in schwarz vorhanden waren, in der späteren Wertung herausfallen und daher nicht gefordert werden. Das heißt also, dass man sich zwar bei der Wahl der Zauberformel für eine Farbe entscheiden muss, aber dennoch alle neun gewürfelten Symbole kennen sollte. Alles andere könnte für den weiteren Verlauf verheerende Folgen haben.
|3.) Zauberphase 3: Überprüfen der Formel|
Die ausgelegten Karten werden aufgedeckt, die Spannung steigt. Das Buch wird also aufgeklappt, die Würfel werden daraufhin sortiert. Gleiche Symbole in zwei Farben werden herausgenommen. Anschließend geht es an die Wertung.
|4.) Zauberphase 4: Die Wirkung der Zauberformel umsetzen|
Die letzte Phase gleicht einer Wertung und bestimmt, wie viele Felder bzw. ob man seine Hexe überhaupt weiterbewegen darf. Sollte sich beispielsweise in der Formel ein falsches Element oder eines einer anderen Farbe eingefunden haben, ist die Formel ungültig, und die Hexe muss stehen bleiben. Ist die Formel indes unvollständig, enthält aber ausschließlich richtige Symbole, darf man seine Figur um die Zahl dieser richtigen Übereinstimmungen fortbewegen. Der Optimalfall besteht natürlich in einer vollständigen, lückenlosen Übereinstimmung, also einer perfekten Formel. Auch hier darf man den richtigen Karten entsprechend Felder weiterziehen. Darüber hinaus wird man aber auch noch zünftig belohnt, da sich derlei Luftakrobatik auch im Hexenmetier immer auszahlt. Sollte die perfekte Formel eine rein schwarze gewesen sein, darf man sich so viele schwarze Karten wie Übereinstimmungen vom Kartenstapel nehmen und eine davon behalten. Orange Formeln bringen hingegen den Vorteil, die Hexe um zwei zusätzliche Felder weiterbewegen zu dürfen. Man muss also auch dies berücksichtigen, wenn man die Formeln erlernt, und sich dennoch möglichst schnell dazu entschließen, bestenfalls als Erster das Buch zuzuklappen. Wobei auch hier eine Strafe winkt, wenn man nachher versehentlich eine falsche Formel angibt. Derjenige, der das Buch geschlossen hat, muss dann zwei Felder zurückziehen.
Im Anschluss an die vier Zauberphasen wird der führende Spieler verwünscht. Dies heißt, er wird in der nächsten Runde nicht von einer perfekten Formel profitieren können. Des Weiteren können nun Karten der schwarzen Magie gespielt und Zauber ausgeführt werden. Haben die Spieler ihre Optionen genutzt, beginnt eine neue Runde.
_Spielende_
Sobald ein Spieler das Zielfeld erreicht hat, ist das Spiel zu Ende. Er erhält für diesen Erfolg 25 Punkte für die Wertung im Besenrennen. Alle anderen Spieler, die noch in der gleichen Runde das Spielziel erreichen, erhalten jeweils einen Punkt weniger. Die übrigen Teilnehmer, die ihren Besen nicht über die Ziellinie gebracht haben, zählen indes den Wert, der auf ihrem momentanen Aufenthaltsort abgedruckt ist. Anschließend werden noch Punkte hinzugefügt, die man in den Bonuskarten der schwarzen Magie erhalten hat. Die Endsumme wird nun verglichen und dadurch der Sieger ermittelt – und das ist beileibe nicht immer diejenige Hexe, die als Erste durchs Ziel geflogen ist.
_Persönlicher Eindruck_
„Flinke Feger“ ist eines dieser Spiele, welche schon vor der ersten Partie einen stimmigen Eindruck hinterlassen und alleine schon wegen der außergewöhnlichen, tollen Optik das Interesse des Strategiespiel-Publikums auf sich ziehen. Dabei wirkt das Spielsystem an sich recht anspruchslos und simpel, bisweilen sogar gewöhnlich, entpuppt sich aber im Laufe einer Partie zu einem echt beweglichen, vielschichtigen Element, welches darüber hinaus auch für reichlich Tempo und eine ausgewogene Dynamik sorgt.
Überraschend ist allerdings, dass das Spiel tatsächlich auch strategisch aufgebaut ist, scheinen doch zunächst nur eine gute Kognition sowie eine ausgeprägte Merkfähigkeit gefordert zu sein. Doch in „Flinke Feger“ geht es um mehr als bloß um Schnelligkeit und ein gutes Gedächtnis. Es ist entscheidend, wie man seine Karten einsetzt, ob man sich wirklich dazu entschließt, das Feld anzuführen, oder doch lieber hinten abwartet und überhaupt, ob man nicht mal riskiert, den Deckel auf gut Glück zu schließen, um die Konkurrenz ein wenig zu verwirren. Allerdings sollte man mindestens zu dritt sein, um das Spiel bzw. dessen Potenzial auch gänzlich ausreizen zu können. Ein Duell zu zweit ist zwar grundsätzlich auch möglich, jedoch den Erfahrungen nach nicht die erstrebenswerteste Variante, weil die strategische Komponente doch ein ganzes Stück zurücksteckt. In allen anderen Fassungen entwickelt sich der rasante Kampf der „Flinken Feger“ hingegen zu einem Spaßgaranten mit starkem Konzept, vorbildlichen Ideen und einem genialen Mechanismus.
Nach dem sagenhaften [„Kleopatra und die Baumeister“ 3549 beweist Autor Bruno Cathala einmal mehr, welch Talent in seiner Federführung steckt. „Flinke Feger“ ist rückblickend definitiv eines der Highlights der Essener Messe gewesen und als solches ein echter Geheimtipp für Allround-Spieler.
…, die bislang üppigste, riskanteste, insgesamt aber mit Abstand beste PC-Rollenspiel-Adaption für den Brettspielsektor vorzustellen: Wie es wohl kaum anders sein könnte, ist die Rede von „World of WarCraft“, dem mittlerweile erfolgreichsten Online-Game der Jetztzeit, dessen Vorgänger „WarCraft“ ja bereits vor einiger Zeit von |Fantasy Flight Games| respektive vom |Heidelberger Spieleverlag| in die Brettspielrubrik transferiert werden durfte. Doch dieses Mal galt es, alles oder nichts zu gewinnen, denn die Voraussetzungen waren alles andere als leicht, die möglichen Popularitätseinbußen bei einer mangelhaften Umsetzung wohl ein mittelschweres Risiko. Andererseits ist es aber eigentlich müßig, sich über eventuelle Versäumnisse oder Unzulänglichkeiten den Kopf zu zerbrechen – unzählige vorherige Titel haben bewiesen, dass die Verlage für derartige Herausforderungen bestens gewappnet sind. Und erwartungsgemäß ist daher auch an eine Enttäuschung nicht zu denken. „World of WarCraft“, man darf es bereits vorwegnehmen, ist der stärkste |FFG/HDS|-Titel seit [„Runebound“ 3146 – und mitunter noch eine Steigerung dessen, was man von der monumentalen Adaption erwarten durfte.
_Spielidee_
Anders als in der unendlichen Online-Welt spielt das Brettspiel nur auf einem Kontinent, der jedoch landschaftlich derart viele Facetten zu bieten hat, dass der riesige Spielplan mühelos gefüllt wird. Die Action findet in Lordaeron statt, dem Schauplatz einer epischen Schlacht zwischen der Horde mit ihren Hexenmeistern und Orks auf der einen und der Allianz – bestehend aus Magiern, Kriegern und Priestern – auf der anderen Seite. In insgesamt 30 Spielrunden geht es darum, einen der drei zur Verfügung stehenden Boss-Charaktere aufzuspüren und ihn vernichtend zu schlagen. Dabei ist der zeitliche Rahmen nicht zu unterschätzen, denn mit jedem Rundenwechsel zwischen Horde und Allianz rückt der Rundenzähler ein Feld voran und treibt die Spieler regelrecht an, die nötige Erfahrung für das Duell mit dem Endgegner zu sammeln. Wem dies in der festgeschriebenen Zeit nicht gelingt, der wird nämlich chancenlos in den Tod stürzen, dafür bedarf es keines Propheten.
Die Spieler übernehmen schließlich einen der 16 Charaktere und entscheiden sich für eine der beiden Seiten. Je nach Spielerzahl müssen manche Akteure noch eine zweite Figur übernehmen, da das Spiel für vier oder sechs Charaktere konzipiert ist. Wichtig ist nur, dass ein Gleichgewicht auf beiden Seiten besteht, bevor man schließlich die Charaktere aussucht.
Die einzelnen Teams werden nun mit unterschiedlichen Questen konfrontiert, deren Bewältigung ihnen Erfahrung, Gold und neue Waffen beschert. Fürchterliche Monster und grausame Monster kämpfen an der Seite des Bosses und behindern die Reise ständig, ermöglichen aber natürlich auch, durch Erfahrung im Kampf sein Charakterprofil ständig zu verbessern. So bereist man den Kontinent schließlich auf der Suche nach besserer Ausrüstung, mehr Erfahrung und immer neuen Gegnern und bereitet sich so auf das anstehende Duell mit dem Endgegner vor. Sollte dieser nach 30 Runden nicht besiegt sein, sind die Spieler verpflichtet, den Sieg untereinander im Kampfe auszutragen, jedoch wird damit das Böse nicht aus Lordaeron vertrieben.
_Spielmaterial_
• 1 Spielregel
• 1 Spielbrett
• 8 grüne, 4 rote und 4 blaue Murlocs
• 8 grüne, 4 rote und 4 blaue Gnolle
• 6 grüne, 3 rote und 3 blaue Ghoule
• 8 grüne, 4 rote und 4 blaue scharlachrote Kreuzritter
• 4 grüne, 2 rote und 2 blaue Nagas
• 4 grüne, 2 rote und 2 blaue Riesenspinnen
• 4 grüne, 2 rote und 2 blaue Worgs
• 4 grüne, 1 rotes und 1 blaues Wildekin
• 4 grüne, 1 roter und 1 blauer Oger
• 6 grüne, 3 rote und 3 blaue dunkle Schemen
• 2 grüne, 1 roter und 1 blauer Verdammniswächter
• 2 grüne, 1 roter und 1 blauer Drache
• 2 grüne, 1 rote und 1 blaue Höllenbestie
• 16 Plastikfiguren Charaktere
• 7 doppelseitige Charaktertafeln
• 2 einseitige Charaktertafeln
• 63 Charaktermarker
• 15 Betäubungsmarker
• 15 Fluchtmarker
• 6 Rucksackmarker
• 6 Zauberbuchmarker
• 1 Rundenmarker
• 218 Klassenkarten
• 120 Gegenstandskarten
• 40 Questkarten für die Allianz
• 40 Questkarten für die Horde
• 47 Ereigniskarten
• 5 Kel’Thuzad Ereigniskarten
• 3 Overlordtafeln
• 58 Energiemarker
• 58 Lebensmarker
• 138 Goldmarker
• 40 Treffermarker
• 20 Rüstungsmarker
• 21 8-seitige Würfel (jeweils 7 in grün, blau und rot)
• 2 Übersichtstafeln der Kreaturen
• 5 Overlordmarker Lord Kazzak
• 1 Overlordmarker Kel’Thuzad
• 1 Overlordmarker Nefarian
• 5 Marker Besondere Orte
• 6 Questmarker für die Allianz
• 6 Questmarker für die Horde
• 8 Kriegsmarker
• 12 Aktionsmarker
Bei der Auflistung des regelrechten Material-Overkills fragt man sich bisweilen, welchen Effekt eine solche Übersicht haben wird. Wirkt sie erschreckend und schürt die Befürchtung einer drohenden Überforderung? Oder dokumentiert sie, inwiefern die Detailverliebtheit vom PC-Game aufs Brett übertragen wurde? An dieser Stelle soll sie erst einmal nur dazu dienen, ein umfassendes Bild davon zu vermitteln, wie heftig der quantitative Rahmen dieses Spiels tatsächlich ist und warum die riesige Spielschachtel kaum ein Luftloch freilässt.
Viel erstaunlicher ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass tatsächlich all diese Materialien während einer Partie auch zum Einsatz kommen, sieht man mal von den charakterspezifischen Karten und Markern ab. Dies verdient Beachtung, nicht zuletzt, weil das Grafikdesign erstklassig und die Qualität (abgesehen von manchen kleinen Fehlern bei den zahlreichen Figuren) beispielhaft ist. Von Effekthascherei kann also keinesfalls die Rede sein, da „World of WarCraft“ von jedem einzelnen dieser Puzzlestücke zehrt und man trotz einer knappen Tausendschaft an Spielmitteln niemals die Übersicht verliert. Mit anderen Worten: Alleine der erste Blick auf den Inhalt des großen Päckchens sollte WoW-Maniacs schon in den (positiven) Wahnsinn treiben!
_Vorbereitung_
Vor jeder Partie werden die einzelnen Parteien gebildet und ihre Mitglieder aufgeteilt. Je nach Spielerzahl spielt man mit vier oder sechs Charakteren und ordnet diese gleichmäßig den beiden Fronten zu. Dies bedeutet aber nicht, dass eine ungerade Spielerzahl nicht funktioniert, jedoch müsste in diesem Fall eine Person mehrere Charaktere spielen, vorzugsweise natürlich jemand, der den Mechanismus schon etwas besser beherrscht. Nach der anschließenden Bestimmung des Overlords entscheidet sich jeder Spieler für einen Charakter, den er in die Schlacht gegen den Gegner führen möchte. Den Charakterbogen dieses Helden bestückt er mit der ihm zugehörigen Anzahl von Lebens- und Energiemarkern sowie mit einem Startwert an Goldstücken, Rucksack und Zauberbuch. Seine Figur wiederum setzt man auf das Startfeld in Southshore (Allianz) bzw. Brill (Horde), von wo aus die Reise ab der ersten Runde losgeht.
Die Spielmaterialien werden anschaulich neben dem Spielplan präpariert. Jeder Spieler erhält noch den Kartensatz, der zu seinem Charakter gehört, und aus dem er in späteren Trainingsrunden neue Gegenstände und Fähigkeiten schöpfen kann. Als Letztes bekommen beide Teams fünf Questen ausgehändigt, welche den ersten Weg ihrer Reise bestimmen werden. Die Gegner, die hier abgebildet sind, werden auf den festgelegten Ortschaften des Spielplans verteilt. Man unterscheidet dabei blaue (unabhängige) Kreaturen, die für beide Seiten gelten und immer bekämpft werden müssen, sowie grüne und rote Kreaturen, die im Verbund mit einem Questmarker gesetzt werden und nur für die jeweilige Front entscheidend sind. Spieler der Horde können somit im Normalfall keine Quest der Allianz siegreich bestreiten, anders herum gilt natürlich dasselbe. Sind all diese Vorbereitungen getroffen, kann das Spiel endlich beginnen.
_Spielablauf_
Eine Spielrunde konstituiert sich aus jeweils zwei Aktionen jedes Charakters einer Fraktion. Hierzu stehen insgesamt fünf Optionen zur Auswahl, die man in beliebiger Reihenfolge, und je nach Situation gerne auch doppelt spielen kann. Eingeschränkt ist man lediglich dann, wenn man sich in einem Gebiet befindet, in dem sich auch unabhängige Kreaturen tummeln. Diese müssen in einer der beiden Aktionen zunächst bekämpft und besiegt werden, damit die Reise fortgesetzt werden kann. Ansonsten bleiben den Charakteren folgende Handlungsmöglichkeiten:
|a) Reisen|
Während einer Reiseaktion darf der Spieler seinen Charakter um bis zu zwei benachbarte Gebiete voranschieben, es sei denn, er wird vorher von einer unabhängigen Kreatur geblockt. In diesem Fall endet hier seine Bewegungsaktion und wird von einer Kampfhandlung gefolgt. Weiterhin zu beachten sind spezielle Grenzlinien, bedingt durch Gebirge und dergleichen, die man nur umgehen, nicht aber überqueren kann. Um jedoch größere Strecken schneller bewältigen zu können und nicht unzählige Bewegungsaktionen opfern zu müssen, können markante Städte auch über eine Flugbewegung erreicht werden. Jedoch gelten hier für Horde und Allianz unterschiedliche ‚Linien‘.
Darüber hinaus gewähren besondere Ereigniskarten eine Erweiterung des Bewegungsradius, dies jedoch womöglich erst zu einem späteren Zeitpunkt im Spiel.
|b) Erholung|
Jeder Charakter hat abhängig von seiner derzeitigen Entwicklungsstufe ein individuelles Limit an Energie- und Lebenspunkten. Sollte diese Zahl zum Beispiel durch einen Kampf stark gemindert sein, kann man auch eine kurze Rast einlegen und sich mit neuen Markern auffrischen. Hierzu bekommt man ein Kontingent, das doppelt so groß wie die derzeitige Stufe ist, also eine beliebige Zusammenstellung aus sechs Lebens- und Energiemarkern bei Stufe 3. In einer eigenen Stadt ist diese Aktion noch wertvoller, da man sogar die dreifache Anzahl der jeweiligen Stufe verwenden darf.
|c) Kampf|
Der Kampf ist das zentrale Element zum Bestehen einer Quest und wird mittels Nahkampf-, Fernkampf- und Verteidigungswürfeln ausgetragen. Die Helden sammeln im Laufe des Spiels Waffen, Rüstungen und magische Sprüche, die dazu beitragen, die Anzahl der zur Verfügung stehenden Würfel zu steigern und eventuell auch Wurfwiederholungen nutzen zu können. Auf den Übersichtstafeln der Kreaturen ist nun ersichtlich, welche Werte man im Kampf erwürfeln muss, wie viele Lebenspunkte der Gegner hat und welchen Schaden er möglicherweise zufügt, sofern man ihn nicht sofort besiegt beziehungsweise nicht die entsprechende Verteidigungskraft aufbringen kann.
Ein Kampf kann nun solo oder in der Gruppe ausgetragen werden. Ebenfalls können auch mehrere Gegner gleichzeitig angegriffen werden. Je nachdem, welche Konstellation man auswählt, werden bei bestandener Quest natürlich auch die Gegenstände, Schätze und Erfahrungspunkte aufgeteilt. Solo hingegen staubt man alles ab, muss aber natürlich ohne Schützenhilfe auch eine schwierigere Ausgangssituation bewältigen. Hier greift schließlich also der taktische Aspekt des Spiels, der je nach Spielphase immer anders angegangen wird.
|d) Training|
In einer Trainingsaktion können die Spieler beliebig viele Kraftkarten aus dem Klassenkartenstapel erwerben. Diese Karten ermöglichen beispielsweise besondere Zauber und ganz individuelle Aktionen, die nur auf diesen Charakter zugeschnitten sind. Gerade in Situationen, in denen man nicht so oft die Stadt besucht, um beim Händler neue Rüstungs- und Waffenkarten zu kaufen, scheint diese Aktion sinnig, da mit wachsendem Anspruch in den Questen sowie steigender Erfahrung auch bessere Ausrüstung benötigt wird – und die findet man partiell auch hier.
|e) Stadt|
Die Stadtaktion ist möglicherweise die beste Alternative, löst den Charakter aber meistens wieder rapide aus einer bestehenden Reise heraus. Allerdings kann der Spieler seine Figur wieder rundum auffrischen, alle Lebens- und Energiepunkte zurückgewinnen und dazu auch noch Gegenstandskarten vom Händler und aus dem Repertoire seiner Klassenkarten erwerben – und dies alles gleichzeitig während einer Aktion. Der Umweg über die Stadt ist also oftmals ein notwendiger Schritt.
|f) Rundenabschluss|
Nach dem Ende einer Fraktionsspielrunde überprüft jeder Spieler seine Gegenstände. Möglicherweise bietet sich nun die Gelegenheit, sein Arsenal zu verbessern und Gegenstände gezielt gegen solche aus dem Rucksack auszutauschen. Dort dürfen nämlich immer nur drei Objekte gleichzeitig gelagert werden, und da man oft auch schon einmal vorausschauend Waffen und Rüstungen kauft, die man erst in der nächsten Erfahrungsstufe verwenden kann, muss man hierauf stets ein waches Auge halten.
Eine erfolgreiche Quest wird wiederum mit Erfahrungspunkten auf der zugehörigen Leiste belohnt, auf der die einzelnen Stufen genau definiert sind. Auch Gold und eventuell weitere Ausrüstungsgegenstände werden nun zugeteilt.
Die Runde endet schließlich mit dem Versetzen des Rundenmarkers und meist auch mit einem Ereignis oder Zuwachs bei den Händlerkarten. Ereignisse können recht vielfältig sein. So können beispielsweise neue mächtige Kreaturen auf das Spielfeld gesetzt werden oder aber auch unverhoffte Lebenserfrischer ins Spiel kommen. Diese Karten sind jedes Mal für alle Spieler relevant, das heißt, im Zweifelsfall ist geteiltes Leid auch nur halbes Leid.
_Spielende_
Sobald die 30. Spielrunde zu Ende ist, findet das Spiel einen jähen Abschluss. Sollte der Overlord bis dahin nicht besiegt worden sein, werden die Spieler nun aufgefordert, den Sieg untereinander im Kampf auszutragen. Es kommt also nun zum Duell der beiden Fronten, die sich möglicherweise im Spiel bereits begegnet sind, doch nun ist der bis dato prinzipiell vermiedene Konflikt nicht mehr aufzuhalten. Eine unerbittliche Schlacht zwischen Horde und Allianz entbrennt und wird erst dann enden, wenn eine Partei völlig ausgelöscht ist.
Der günstigere, aber ungleich anspruchsvollere Weg zum Ziel ist das vorzeitige Ausschalten des Overlords. Man wird schnell merken, wie kurz 30 Spielrunden sein können, zumal die eigene Seite ja auch nur fünfzehnmal aktiv involviert war. Wer es aber dennoch schaffen sollte, den Feind frühzeitig auszuschalten, gewinnt das Spiel sofort.
_Persönlicher Eindruck_
36 Seiten Regelwerk, eine kaum mehr zählbare Materialschlacht, ein Detailreichtum, der in diesem Gebiet seinesgleichen sucht, und dazu die Angst, „World of WarCraft“ könne auf dem Brett schlussendlich doch nicht die fabelhafte Atmosphäre der digitalen Variante herbeizaubern. Die ersten Gehversuche waren, wie bei FFG aber mittlerweile auch üblich, ziemlich schwierig, was aber auch daran liegt, dass man sich grundsätzlich gerne davor scheut, ein derart umfassendes Regelwerk zu studieren, geschweige denn die Inhalte später auch an die potenziellen Mitspieler weiterzugeben. Diesbezüglich erweist sich das Heft zu „World of WarCraft“ jedoch als unheimlich konsumentenfreundlich, weil es schlichtweg sehr übersichtlich strukturiert ist und die etlichen Facetten ausführlich, aber dennoch immer mit starkem Praxisbezug nahebringt. Diesbezüglich darf man schon gerne von einem Referenzwerk sprechen, für welches der |Heidelberger Spieleverlag| ein großes Lob verdient, da man dort für die superb umgesetzte Lokalisierung des Materials verantwortlich zeichnet.
Ein weiteres, sehr sympathisches Indiz ist die angemessene Komplexität des Spiels. „World of WarCraft“ offeriert Runde für Runde einen Maximum an divergierenden Optionen, vermittelt aber dennoch von Beginn an den Eindruck, man müsse sich in der eigentlich simplen Spielstruktur problemlos zurechtfinden – was schließlich auch der Fall ist. Unter Berücksichtigung der quantitativ geradezu überproportioniert anmutenden Spielmittel folgt hier direkt das nächste Lob.
Entscheidend für den herausragenden Eindruck, den der Titel wirklich in allen Belangen hinterlässt, ist jedoch der dauerhaft anhaltende Spielspaß, der selbst epische Partien von vier und mehr Stunden in kurzweiliges Fantasy-Entertainment verwandelt. Man verwächst immer mehr mit dem Spielplan und den Herausforderungen in den Questen, fügt sich bedingungslos in die Rolle seines bzw. seiner Charaktere ein und stößt schließlich auf dieses atemberaubende Feeling, welches den populären Online-Modus zum Bestseller hat avancieren lassen. Diesbezüglich ist auch der recht hohe Schwierigkeitsgrad förderlich. Der Enttäuschung über lediglich drei Endgegner-Charaktere folgt alsbald der Dank für den gesteigerten Anspruch, der in erster Linie durch die zeitliche Einschränkung gewährleistet wird. Man entscheidet bereits frühzeitig, in welche Richtung man das Spiel ausrichtet und inwieweit es realistisch sein wird, tatsächlich dem Overlord ins Antlitz zu blicken. Andernfalls rüstet man nämlich lieber für den Kampf gegen das konkurrierende Team auf und spielt vermehrt mit verdeckten Karten.
Freunde des strategischen Spiels werden ebenfalls begeistert sein. Im Austausch mit seinen Fraktionsgefährten entscheidet man immer wieder, ob man sich nun getrennt oder doch besser zusammen in die Abenteuer stürzt. Taktisches Vorgehen und Risikobereitschaft entscheiden über den weiteren Verlauf, jedoch sollte man sich auch hier im Zaum halten, da eine frühzeitige Überforderung womöglich einen uneinholbaren Rückstand nach sich zieht. Auch wenn die ersten Kämpfe noch leicht von der Hand gehen, so passiert es recht schnell, dass ein einziger Fehlschlag in der Kampfsituation den eigenen Charakter tötet. Und ihn wiederzubeleben, kostet wertvolle Zeit, die man in „World of WarCraft“ einfach nicht hat.
Summa summarum fußt das durch und durch überzeugte Resümee also auf einer begeisterten Begutachtung aller Aspekte, die in „World of WarCraft“ zusammentreffen. Die Brettspielvariante übertrifft selbst die kühnsten Erwartungen und schafft es zudem als eines der wenigen Mammutspiele, die Spannungskurve bis zum Schluss auf oberstem Niveau zu halten. Trotz der Beschränkung auf vorerst drei Endgegner bietet die Brettspiel-Adaption eine unheimliche Spieltiefe und dadurch auch einen betörenden Reiz, dem man sich schon nach einer Partie kaum mehr entziehen kann. Die optimale Rechtfertigung, die Online-Variante für eine kurze Zeit zu verlassen, liegt ergo mit diesem Titel vor – auch wenn er auf den gleichen Namen hört. „World of WarCraft – Das Brettspiel“ ist eine Wucht, die jeden begeisterten Fantasy-Spieler ebenso fanatisch ans Brett fesseln wird wie einst [„Runebound 2. Edition“. 3146 Glückwunsch dem Verlag für die bestmögliche Lösung dieser schwierigen Herausforderung!
|Spieleranzahl: 2 bis 6
Spieldauer: 2 bis 4 Stunden
Alter: ab 12 Jahren
Autor: C. T. Petersen
Ebenfalls erschienen: die Erweiterung „Shadow of War“|
http://www.hds-fantasy.de/
http://www.fantasyflightgames.com/worldofwarcraft.html
_|WarCraft| auf |Buchwurm.info|:_
[„Teufelskreis“ 3021 (World of WarCraft, Band 1)
[„Aufstieg der Horde“ 4292 (World of WarCraft, Band 2)
[„World of Warcraft – The Roleplaying Game“ 2003 (Grundregelwerk)
[„Die Quelle der Ewigkeit“ 1258 (WarCraft: Krieg der Ahnen Buch 1)
[„Die Dämonenseele“ 2337 (WarCraft: Krieg der Ahnen, Buch 2)
[„Das Erwachen“ 2370 (WarCraft: Krieg der Ahnen, Buch 3)
_|Fantasy Flight Games| auf |Buchwurm.info|:_
[„Runebound 2. Edition“ 3146
[„Warrior Knights“ 4501
[„Descent: Reise ins Dunkel (Journeys in the Dark)“ 3316
[„Doom – Das Brettspiel“ 3099 (deutsche Version)
[„Fury Of Dracula“ 4397
[„Arkham Horror“ 4085 (Deutsche Version)
[„Marvel Heroes“ 3279
[„Mag-Blast“ 4176 (3. Edition)
[„Condottiere“ 4284 (Dritte Edition)
„Boggle“ ist hinsichtlich des zugrunde liegenden Spielprinzips mitunter eines der ältesten Spielsysteme auf dem Markt. Die turbulente Begriffssuche wird unter anderem auch als pädagogische Lehrstütze genutzt und schult Beobachtungsgabe, Konzentration und vor allem auch den sich weiterbildenden Wortschatz. Das System ist dabei ganz einfach: Alle Spieler bewaffnen sich mit Papier und Stift, anschließend werden die 16 Würfel in eine Schale geworfen, und nun schauen alle Beteiligten, dass sie aus den gewürfelten Buchstaben so viele Begriffe wie möglich kreieren. Wichtig ist lediglich, dass man auf Eigennamen und geografische Begriffe verzichtet, ebenso auf jedwede Form gebeugter Verben und dergleichen. Und auch sollte jedes Wort mindestens drei Buchstaben besitzen, andernfalls wird es für die Wertung nicht anerkannt. Je länger die gebildeten Wörter, desto höher die erzielte Punktzahl, die am Ende über Sieg oder Niederlage entscheidet – und schon ist nach knapp fünf Minuten eines der temporeichsten Spiele der Geschichte beendet. Willkommen im Buchstabensalat von „Boggle“!
_Spielvorbereitung und -ablauf_
Vor jeder Partie sollte gewährleistet sein, dass alle Mitspieler ein größeres Blatt und einen Stift zur Hand haben. Dies ist bereits die einzige Voraussetzung, die erfüllt sein muss, um das Spiel zu beginnen. Anschließend geht es schon ans Eingemachte. Ein Spieler legt die Würfel in das spezielle Boggle-Feld, verschließt dieses mit dem Deckel und rüttelt die Würfel kräftig durch. Ist dies geschehen, nimmt man den Deckel wieder ab, richtet die Sanduhr aus und beginnt (jeder für sich) mit der irrwitzigen Raterunde.
Insgesamt stehen die Minuten zur Verfügung, um so viele Begriffe wie nur möglich aus dem Buchstabenfeld herauszusuchen. Mit dem Ablaufen der Sanduhr ist das Spiel auch schon zu Ende. Im Uhrzeigersinn lesen die Spieler ihre Wörter vor und streichen dabei diejenigen aus, die von mehreren Spielern gefunden wurden. Somit zählen in der Schlusswertung lediglich diejenigen Begriffe, die man als Einziger entdeckt hat. Zuletzt erhält jeder Spieler für ’seine‘ Wörter die entsprechenden Punkte, vergleicht sie mit den Mitspielern und ermittelt zum Schluss den Sieger, dies jedoch meist schon mit dem Hintergedanken, ein weiteres Mal zu boggeln …
_Persönlicher Eindruck_
Es gibt Spiele, deren Aufbau ist so simpel, dass es wiederum genial ist, welchen Suchtfaktor sie auf ihr Publikum ausüben. „Boggle“ gehört zweifelsohne zu dieser Kategorie, obschon es über einen Mechanismus verfügt, der in diesem Sinne eher weniger innovativ ist. Ähnlich gelagerte Spiele keimten nämlich vor allem in den 80ern immer deutlicher auf und gehörten kurzzeitig zur Dominanz auf dem Spielemarkt, bevor schließlich wieder die themengebundenen Titel diese Position an sich rissen. Ich erinnere mich jedoch noch sehr gut, dass meine Kindheit ebenfalls von diesen Wortrate- und erkennungsspielen geprägt war, zu denen man sich gerne auch stundenweise hinter den Spieltischen verschanzte.
Diesen Effekt sollte „Boggle“ nach kürzester Zeitspanne auch entfachen. Selbst im Solospiel packt einen der Ehrgeiz, das Maximum aus der Vorgabe herauszuholen, auch ohne zeitliche Limitierungen, sondern einfach nur aus Lust am Tun. Doch am interessantesten ist es natürlich, sich mit Freunden und Bekannten zu messen, zumal es doch eine gehörige Genugtuung sein kann, sich auf dieser Ebene einmal durchzusetzen. Aber auch die ‚Jetzt-erst-recht‘-Motivation ist nicht zu unterschätzen und führt schließlich zur dauerhaften Wiederholungstat mit unerschöpflichem Suchtpotenzial. Abschreckend ist lediglich der Preis, der aufgrund des wenigen Materials bestenfalls im einstelligen Bereich liegen sollte, darüber aber noch um einiges emporschießt. Sollten hier die Relationen stimmen, sollte man sich „Boggle“ auf jeden Fall ins Haus holen. Hier wird das derzeit so angesagte Gehirnjogging nämlich spielerisch leicht auf die Zielgruppe übertragen!
|Empfohlen ab 8 Jahren
1+ Spieler|
http://www.hasbro.de/mcp.php/de/app/products/overview/102/index.html
… und nun bevölkern sie die Gassen der asiatischen Mega-Metropolen, leben sich in der Rolle von Samurais, Yakuiza und Ninjas aus und lassen ihrer Passion, dem Mönchsdasein, nach jahrelanger Durststrecke endlich freien Lauf. In „Munchkin Fu“, dem Schlitzaugen-Ableger der beliebten Serie, verulken Steve Jackson und Greg Hyland im Wesentlichen die fernöstliche Kultur mit all ihren Eigenheiten und merkwürdigen Herausgaben. Da blüht die Jackie-Chan-Parodie neben dem unglücklichen Bruce-Lee-Plagiat so richtig auf, es winken wertvolle Gegenstände wie das Anime-Amulett, und wenn es ganz dick kommt, begegnen einem in irgendwelchen Hinterwäldlervierteln fragwürdige Gangster-Gruppierungen wie Hong Kong Tong oder der Surferdämon Is Nich. Völlig verrückt? Aber klar doch …
_Von Hong Kong Kong zum Lotusblüten-Ecstasy_
Ein weiteres Mal waren die beiden Spieldesigner bei der Erstellung eines humorigen, teils auch recht albernen Konzepts enorm erfinderisch. Ohne das Spielprinzip in irgendeiner Form grundlegend umzuschmeißen, hat man den Charakter des bewährten, 168-teiligen Kartensatzes lediglich durch neue Grafiken und äußerst witzige Gegenstand-, Personen- und Zustandsbeschreibungen modifiziert, hierbei aber mal wieder einen umwerfenden Wortwitz bewiesen.
Insbesondere die Beschreibung der Gegenstände lockt einem die eine oder andere Zwerchfellfraktur hervor, so zum Beispiel der Stab, der den menschlichen Geist vernebelt, das Kamikaze-Stirnband oder gar fünf Jahre alte Zehennägel, scheinbar eine Spezialität der asiatischen Eigenbrötler. Auch nicht schlecht sind die Beschreibungen der altbekannten, wenn auch leicht veränderten Monster-Charaktere, angefangen bei der Godzilla-Abart Jogira über den Casino-Helden Wet-King bis hin zum Kung-Fu-Kämpfer vom anderen Stern. Sollte bis dahin immer noch niemand breit grinsend seine Kartenhand füllen und das Charakterprofil seines Helden erweitern, ist spätestens die Begutachtung der einzelnen Monster-Entwicklungen das zündende Element. Tatsächlich soll es Monster geben, die auf Lotusblüten-Ecstasy rumhoppeln, im Kampf mit sichtbaren Drähten vor der Kamera arbeiten oder sich sogar ein Stunt-Double aneignen. Keine Frage: Hier werden Tränen gelacht, unter anderem auch wegen der vorzüglichen Illustrationen von Greg Hyland, der seinem unbestrittenen Vorbild John Kovalic in nichts nachsteht.
Die wesentlichen Änderungen des Spiels beruhen also wieder vornehmlich auf der Einführung neuer Charaktere sowie der thematischen Neuanordnung des Kartenmaterials. Lediglich die Mooks lockern den bewährten Ablauf ein wenig auf und ermöglichen einige weitere Optionen im Kampf, so zum Beispiel auch die Opferung des Mooks anstatt des Weglaufwurfs am Ende des Kampfs. Dementsprechend entkommt man allen Gegnern problemlos mit Hilfe des Mooks, muss ihn dazu allerdings abwerfen. Außerdem können Monster-Bonusstufen darauf ausgespielt werden.
Für den Spielverlauf nicht ganz so entscheidend, als witziges Gimmick aber durchaus interessant sind die zwölf verschiedenen Stile, allesamt einzigartige Kampfsporttechniken, die weitere Vorteile bringen. Jeder Spieler (außer Mönchen) darf eine solche Karte offen ausliegen haben und eventuell in Kampfsituationen einsetzen, sie aber auch beliebig gegen weitere derartige Handkarten austauschen. Das erweitert zumindest ein wenig den bestehenden Modus und grenzt „Munchkin Fu“ diesbezüglich ein wenig von den übrigen Fortsetzungen ab – und das natürlich im positiven Sinne!
_Persönlicher Eindruck_
Bei der asiatischen Adaption der populären Rollenspiel-Komödie haben Jackson und Hyland ein weiteres Mal bewiesen, dass es grundsätzlich möglich ist, eine oftmals erprobtes Spielprinzip lediglich durch den Einsatz neuer Kartenmotive interessant zu halten. Die neuen Skizzen sind einfach umwerfend komisch, die Ideen zeugen von großer Fachkenntnis und gehörigem Erfindungsreichtum, und der Humor ist auch im Kung-Fu-Ableger ein Garant für heftigste Lachmuskel-Attacken und höchsten Zwerchfell-Strapazen. Dies scheint vor allem unter dem Aspekt erstaunlich, dass sich John Kovalic eine kleine „Munchkin“-Pause gegönnt und ein gewaltiges Erbe an einen bis dato noch unbekannten Grafiker weitergegeben hat, der dieses aber mit Würden verwaltet und weiterträgt.
Nicht zuletzt durch die dezenten Neuerungen des Spielverlaufs mit Mooks und Stilen ist es so gelungen, einen weiteren Dauerbrenner in der nimmer endenden „Munchkin“-Reihe erfolgreich zu etablieren und ihn selbst als Einstiegdroge in das Referenzprodukt aus dem Hause Jackson lukrativ zu machen. Klar also, dass sich die fast schon standesgemäße Empfehlung fast wie von selbst ausspricht.
Zum klassischen „Abalone“-Spiel muss auf diesen Seiten wohl kaum noch etwas geschrieben werden; das berüchtigte Duell der Kugeln begeistert bereits seit knapp zwei Dekaden, genauer gesagt seit 1989, generationenübergreifend einen weltweit stetig wachsenden Spielerkreis. Doch insgeheim bleib „Abalone“ immer nur das Zwei-Spieler-Spiel, dessen massiver Suchtfaktor so manches Mal dafür sorgte, dass der eine oder andere Begeisterte nachsehend und eine halbe Ewigkeit darauf warten musste, bis er schließlich auch einmal ins Spiel eingreifen und sich selber an einer Partie beteiligen konnte. Persönliche Erfahrungen mit dem Klassiker zeigen beispielsweise, dass das prinzipiell so simple Strategie-Spiel teilweise die Stundenmarke knacken kann, sofern sich zwei gleichwertige Gegner gegenübersitzen.
Diesen Mechanismus haben die Designer des Originals vor geraumer Zeit ausgehebelt. In „Abalone Quattro“ können bis zu vier Spieler gleichzeitig die Kugeln schieben bzw. der Konkurrenz die Kugel geben. Die Regeln wurden für den Mehrspielermodus ein wenig erweitert, der Schwierigkeitsgrad dadurch aber auch stellenweise erhöht. Doch die wohl wichtigste und erfreulichste Neuerung ist wohl die, dass man nun tatsächlich mit mehreren Leuten zur Tat schreiten kann und niemand mehr so schnell ob zu langer Wartezeiten auf ’seine‘ Partie in Frustrationen gerät. Oder?
_Das Spiel_
„Abalone“ in seiner reinen Form ist leicht erklärt; zwei Spieler mit jeweils 14 Kugeln treten gegeneinander an und versuchen, insgesamt sechs Kugeln des Gegners aus dem sechseckigen Feld zu stoßen, bevor ihm oder ihr das gelungen ist. Die Regeln besagen, dass man seine Kugeln in aneinanderhängenden Reihen aus bis zu drei Kugeln fortbewegen kann, ganz gleich, in welche Richtung. Um die Kugeln der Konkurrenz indes wegzustoßen, ist ein Frontalangriff notwendig. Dies bedeutet, man muss eine Überzahl bei den eigenen Kugeln schaffen, diese gegen eine geringere Kugelmenge des Gegners anstoßen und dessen Kugeln schließlich um ein Feld nach hinten bewegen. Im günstigsten Falle fällt dabei eine dieser Kugeln hinter die Begrenzung und wird schließlich ganz aus dem Spiel genommen. Ein solcher Zug würde in dem Fall einen Punkt bedeuten. Sechs Punkte wiederum reichen zum Sieg.
In der Variante zu dritt sieht das Ganze nun schon anders aus. Es wird lediglich mit elf Kugeln gespielt, wobei die Regeln zunächst die gleichen sind. Allerdings kann man Überzahlen auch doppelt nutzen. Sollte Spieler schwarz zum Beispiel mit drei seiner Kugeln auf zwei rote treffen, darf er diese natürlich verschieben. Sollten jedoch auch noch zwei andersfarbige Kugeln in derselben Linie direkt hinter diesen roten Kugeln liegen, können auch diese verschoben werden, da ja auch ihnen gegenüber eine Überzahl besteht. Ein direkter Kontakt zum Gegner ist also nicht immer zwangsläufig erforderlich, um diesen in eine nachteilige Situation zu bringen. Eine Gefahr lauert bei dieser Variante allerdings: Zwei Spieler könnten sich zusammenrotten und einen Gegner gemeinsam bearbeiten, um nachher den Sieg unter sich auszumachen. Allerdings ist auch hier schnell geblufft, so dass sich das Blatt selbst bei sicher geglaubter Souveränität noch rasch wenden kann. Und ein Sieg erfordert ebenfalls sechs herausbeförderte Kugeln beider Gegner, ist also verhältnismäßig schneller gemacht.
Die Quattro-Fassung sieht schließlich vor, dass sich jeweils zwei Spieler zu Teams zusammenschließen und im üppigeren Duell gegeneinander antreten. Die Zugbedingungen bleiben hierbei gleich, wobei die Option, auch Kugeln seines Partners zu verschieben, mitunter ein wichtiges Element sein kann, welches nicht zu unterschätzen ist. Sechs Kugeln des gegnerischen Teams reichen schließlich, um den Kontrahenten den Garaus zu machen und die Teamwertung für sich zu entscheiden.
_Persönlicher Eindruck_
Zunächst einmal war ich ein wenig perplex. Das Spielbrett wurde im Vergleich zum herkömmlichen „Abalone“ nicht verändert, und wenn man es mal grob betrachtet, hätte es auch gereicht, einfach zwei weitere Sätze Kugeln auf den Markt zu bringen, um Erstkäufern gegenüber ein wenig Fairness zu zeigen. Diesbezüglich ist die modifizierte Version des Klassikers also schon ein wenig bedenklich. Andererseits ist „Abalone Quattro“ sicherlich eine Aufwertung des Zweispieler-Mechanismus, besonders in der noch taktischeren Variante zu viert. Durch die neuen Optionen und die manchmal schwieriger zu erkennenden Überzahlsituationen wird der Modus ungleich komplexer und erfordert scharfe Sinne, da schon ein minimaler Fehler für eine etwaige Niederlage verantwortlich sein kann.
Weniger gefallen hat indes das Spiel mit drei Personen. Zwangsläufig wird ein Spieler hier Opfer eines eigentlich unfairen Bündnisses, welchem er sich nur mit Müh und Not, wahrscheinlich aber wohl kaum wird erwehren können. Als Trainingsmodus ist aber gerade dies interessant, da man hier lernt, sich aus vielen aufeinander folgenden Überzahlen herauszuwinden und Taktiken für spätere Revanchespiele zu übernehmen. Grundsätzlich schlecht ist also auch diese Variante nicht, ein dringender Kaufgrund aber ebenso wenig.
Insgesamt hängt die Entscheidung der Verpflichtung ausschließlich davon ab, ob man bereits im Besitz des Ursprungstitels ist. In diesem Fall nämlich stellt der finanzielle Neuaufwand ein beträchtliches Hindernis dar, welches man wohl nur mit lockerer Brieftasche rechtfertigen kann. Allen anderen sei aber als Einstieg in die Welt von „Abalone“ das Nachfolgeprodukt empfohlen. Eine Bereicherung für den gesamten Mechanismus ist „Abalone Quattro“ nämlich zweifelsohne!
Nach den beiden erfolgreichen Ausgaben des Basisspiels „Chez Geek“ haben sich Star-Zeichner John Kovalic und sein Partner in Crime, Steve Jackson in die düsteren Welten hineinbegeben. In „Chez Goth“ werden nun allerhand Klischees des Goth-Lebens durch den Kakao gezogen und auf wunderbare Weise in den Slack-Kosmos des Ursprungstitels einbezogen.
Das Spielprinzip hat sich dabei kaum verändert; nach wie vor müssen die Spieler, in diesem Fall zumeist finstere Nachtschwärmer, mittels verschiedener Aktivitäten Slack-Punkte sammeln und das vorgegebene Slack-Ziel ihres Charakters möglichst schnell erreichen. Also, auf zur Gothic-Party, Fenster dicht, Kerzen an und mit besten Vorsätzen gen Schäferstündchen auf dem Friedhof.
_Was gibt’s Neues?_
Nun, Jackson hat den Gothic-Titel der |Chez|-Reihe fast gänzlich dem Strickmuster der Geek-Vorgänger angepasst. Jeder Spieler arbeitet in einem äußerst seltsamen Business, hat ein dementsprechendes Einkommen, nutzt seine Freizeit für allerhand skurrile Aktivitäten und sammelt im weiteren Verlauf zunehmend mehr Slack-Punkte zur Erfüllung seines Ziels. Das Spiel funktioniert durch das Ausspielen von Handkarten, die zu Beginn der Runde immer wieder auf sechs Exemplare aufgefüllt werden. Anschließend wird das Einkommen ermittelt und eventuell auch wieder verwertet. Den wichtigsten Part in „Chez Goth“, und damit auch die wesentlichste Änderung, nimmt der Anruf bei Freunden ein. Man lädt Bekannte in die WG ein und bemächtigt sich ihrer individuellen Eigenschaften. Des Weiteren erhält man nun auch Herzblut-Punkte für jeden Einzelnen, der sich im Eigenheim des Spielers niederlässt. Jene Zusatz-Punkte, symbolisiert durch Chips, sind gleichzusetzen mit Slack, verfallen jedoch, sobald die jeweilige Person aus welchen Gründen auch immer die WG wieder verlässt.
In den letzten Phasen der Runde nutzt man schließlich seine Freizeitkarten und gönnt seinem Charakter etwas Entspannung. Nach Abwerfen unnützer Handkarten wandert die Regie an den nächsten Spieler, und dies so lange, bis jemand sein Slack-Ziel vorzeitig erreicht hat.
Kurzum: Die Veränderungen sind minimal, der Mechanismus grundsätzlich derselbe. Außer den neuen Kartenmotiven, den teils noch bizarreren Inhalten und dem Herzblut-System ist „Chez Goth“ daher auch mehr eine Ergänzung zu „Chez Geek“, nicht aber eine Erweiterung im klassischen Sinne.
_Persönlicher Eindruck_
Im Grunde genommen funktionieren die Chez-Spiele kaum anders als die zahlreichen Editionen der „Munchkin“-Reihe. Der Charakter des Ursprungsspiels ändert sich in den einzelnen Abwandlungen kaum, und die wenigen Veränderungen dienen ausschließlich dazu, die Titel zumindest ein wenig über den thematischen Hintergrund hinaus abzusetzen. Doch erstaunlicherweise gelingt es den Designern bislang immer sehr schön, das Spaß-Segment auszubauen und die neuen Veröffentlichungen der Serie auch ohne große Neuerungen interessant zu machen. Dadurch, dass man die Spiele miteinander vermischen kann, entsteht zudem eine ganz besonders eigenwillige Atmosphäre, die „Chez Goth“ respektive die Vermengung des Spiels mit [„Chez Geek“ 3261 auch ohne innovative Mittel und trotz des gleich bleibenden Spielprinzips zu einer durchaus lohnenswerten Angelegenheit macht. Nicht zuletzt der skurrile Humor in Form von perfektionierter Klischeereiterei macht diesen Titel zu einer überzeugenden Aufstockung dieser sympathisch-ausgeflippten Serie!
Bereits während der letzten Messe in Essen zeigte der niederländische |Phalanx|-Verlag, dass er sehr große Hoffnungen in die neueste Poker-Modifikation von Bruno Cathala und seinem Namensvetter Faiduti setzt. Ein stimmiges Setting mit dem typischen Flair der 1920er säumte die Messehallen am Stand des seit kurzem von |Pro Ludo| hierzulande vertriebenen Verlags und lud Spieler verschiedener Altersgruppen gleichermaßen ein, das berüchtigte Spiel einmal auf ganz andere Weise kennenzulernen.
In „Chicago Poker“ wird man nämlich in eine Zeit zurückversetzt, in der die berühmtesten Gangster Hochkonjunktur hatten und die Bars und Clubs der amerikanischen Metropole unsicher machten. In stetem Konkurrenzkampf streiten sie um den Einfluss in legalen und illegalen Gewerbezweigen und setzen hierzu ihre leicht abgeänderten Poker-Karten ein. Die Regeln ändern sich dabei nicht; wer das beste Blatt hat, sichert sich die einzelnen Gewerbe und steigert seinen Einfluss in der Unterwelt um weitere Nuancen. Wem es schließlich gelingt, drei Gewerbe der gleichen Sorte, vier unterschiedliche oder generell fünf beliebige Gewerbe zu kontrollieren, ist nicht nur der Poker-König, sondern gewinnt als erfolgreichster Gangsterboss auch das prestigereiche Spiel in Chicagos anrüchigsten Kreisen.
_Spielmaterial_
• 20 sechseckige Gewerbeplättchen (je 5 x Bar, Jazz-Club, Brauerei/Distillerie, Spielhölle)
• 75 Gangsterkarten (jeweils die Werte 1-15 in fünf Farben)
• 6 Sonderkarten
• 6 Kurzanleitungskarten
• 4 Spielsteine ‚Shootout‘
• 1 Spielregel
Das Spielmaterial passt sich der tollen Atmosphäre des Spiels wunderbar an. Die Karten zeigen zwiespältige Figuren im typischen Twentieth-Style, sind darüber hinaus aber auch zweckdienlich weil anschaulich konzipiert. Auch die Gewerbeplättchen bieten eine gute Spielübersicht, lassen sich jedoch nicht genauer bestimmen. Zwar liegt eine farbliche Separierung vor, doch um welches Gewerbe es sich bei Farbe xy nun tatsächlich handelt, kann man nur vermuten – doch für den Spielfluss ist dies eher unerheblich. Ergo hat man in einem recht kompakten Maß nahezu das Maximum an Effizienz erzielt, weil die Materialien einerseits sehr leicht überschaubar sind, das Flair darüber hinaus aber auch erhalten bleibt. Gut gemacht!
_Spielvorbereitung_
Vor jeder Partie entscheiden sich die Spieler für eine der sechs zur Verfügung stehenden Gangsterfiguren und ziehen hierzu deren Profilkarte samt der angegliederten Spielübersicht. Dabei spielt die Verteilung im Grunde genommen keine entscheidende Rolle, sondern dient lediglich der Übersicht im weiteren Spiel. Jeder Gangster hat nämlich eine festgeschriebene Anlagefläche an den sechseckigen Gewerbeplättchen, die mit seinem Namen beschrieben ist und einem Kuddelmuddel im Spielverlauf vorbeugt.
Sobald die Gangsterbosse einen Spieler gefunden haben, werden Gangsterkarten und Gewerbeplättchen gemischt und verdeckt abgelegt. Jeder Spieler erhält nun fünf dieser Karten, wohingegen die Plättchen je nach Spielerzahl aufgedeckt werden. Dabei liegen nie mehr als vier, aber mindestens immer zwei Plättchen aus, um die man anschließend mit seiner Kartenhand pokert. Je nachdem, wie viele Gewerbeplättchen pro Runde offen ausliegen, werden in gleicher Anzahl auch ‚Shootout‘-Figuren bereitgestellt. Anschließend beginnt das Spiel mit dem zufällig bestimmten Startspieler.
_Spielaufbau_
Das Spiel besteht im Grunde genommen lediglich aus einer Aktionsphase mit drei festgesetzten, beliebig ausführbaren Spielzügen. So kann man entweder eine neue Gangsterkarte vom Nachziehstapel nehmen oder eben eine solche Karte aus der Hand an eines der Gewerbe anlegen. Hierbei ist lediglich zu beachten, dass pro Spieler nur fünf Karten je Gewerbe anliegen können und ein Maximum von sieben Karten auf der Hand erlaubt ist.
Wichtig ist indes, wie man die Karten anlegt; die Spieler müssen nämlich versuchen, die Zahlenwerte zwischen eins und fünfzehn so zu positionieren, dass im Sinne des klassischen Poker-Spiels gute Resultate herauskommen. Hierzu zählt zuallererst der so genannte ‚Chicago Poker‘, eine Art Fünfling, der gleichermaßen auch sehr schwer zu erreichen ist. Lediglich beinharte Sammler sollten in dessen Genuss kommen. Darunter gesellen sich alte Bekannte wie der Straight Flush, Full House, Pärchen und Drillinge oder aber die exquisite Regenbogenstraße, die vorsieht, dass eine klassische Straße aus allen fünf Farben zusammengesetzt wird.
Sobald an einem Gewerbe fünf Karten eines Spielers anliegen, meldet dieser per entsprechender Spielfigur einen ‚Shootout‘. Nun ist es jedem Spieler noch erlaubt, in der laufenden Runde Karten an dieses Gewerbe zu platzieren, um die Entscheidung über den Erhalt des Plättchens noch zu beeinflussen. Ist der Spieler, der den Shootout ausgerufen hat, dann wieder an der Reihe, findet die Wertung statt. Alle Spieler, auch diejenigen, die weniger als fünf Karten anlegen konnten oder wollten, messen jetzt ihre Resultate. Derjenige mit dem wertvollsten Ergebnis erhält schließlich das Plättchen. Anschließend wird ein neues Plättchen aufgedeckt und für dieses eine neue Pokerrunde eröffnet.
Um das Spiel nun noch ein wenig taktischer zu gestalten, haben die beiden Spieldesigner noch einige Bluff-Elemente hinzugefügt. So muss man abhängig vom jeweiligen Gewerbe die Karten teilweise verdeckt anordnen, was beim Gegner natürlich für Verwirrung und ggf. auch Leichtsinn sorgen kann. Doch genau diese Komponente ist es, die das Spiel so unberechenbar und seinen Verlauf äußerst abwechslungsreich gestaltet, es letzten Endes schließlich auch als äußerst lebhafte Poker-Variante etabliert. Hierzu tragen im Übrigen auch die Sonderkarten bei, mit deren verbrecherischen Zusatzaktionen man den Gegnern kurzerhand ein fieses Schnippchen schlagen kann.
_Spielende_
Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler die Siegbedingungen erfüllt hat. Sollte es jemandem gelingen, drei Gewerbe einer Sorte, von jeder Art eines oder insgesamt fünf in seinen Besitz gebracht zu haben, kann er „Chicago Poker“ für sich entscheiden und seinen Posten als mächtigster Gangsterboss in ganz Chicago manifestieren.
_Persönlicher Eindruck_
Man hörte auf der Messe zahlreiche Stimmen, die nicht sonderlich vom Spielprinzip von „Chicago Poker“ angetan waren, weshalb ein ortsnahes Eigenurteil aufgrund der zwiespältigen Meinungen zunächst ausblieb. Der spätere Test zeigt jedoch, dass gerade der Gesellschaftsspielbereich immer wieder auf sehr viele, enorm unterschiedliche Geschmäckern trifft und man derlei kritischen Vorurteilen erst dann Glauben schenken sollte, wenn man selber ähnliche Erfahrungen machen konnte.
Dies ist aber bei „Chicago Poker“ nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, das Spiel mausert sich zu einer ziemlich rasanten, überraschend strategischen Angelegenheit, bei der die Kombination aus wagemutigen Bluffs, eingeschliffener Poker-Erfahrung und natürlich auch ein wenig Glück sich von der ersten Partie an als angenehm unterhaltsame Mischung erweist. Dabei sind die Möglichkeiten, die eigenen Geschicke selber zu beeinflussen, gerade für eine Poker-Variante ziemlich vielseitig, was gerade mit Fortschritt des Spiels Strategen auf den Plan rufen sollte. Soll man etwa auf eine bessere Kartenhand sparen, die Gunst des Bluffs nutzen, knallhart auf Tempo und Risiko spielen oder doch besser immer auf die Vorgaben der Gegner reagieren und im entscheidenden Moment zuschlagen? Strategien zum Sieg gibt es einige, dementsprechend steigt die Spannung und gewährleistet zu guter Letzt lang anhaltenden Spielspaß mit vergleichsweise erstaunlicher Spieltiefe.
In diesem Sinne: Wer über „Chicago Poker“ bislang eher kritische Berichte vernommen und noch nicht die Gelegenheit einer Testrunde hatte, sollte sich keinesfalls von den bedächtigeren Meinungen manch skeptischen Spieltesters abschrecken lassen. Die |Phalanx|-Messeneuheit ist nämlich ein rasantes, witziges und dazu potenzstarkes Spiel, das sowohl im Zweispielerduell als auch bei maximaler Auslastung mit sechs Spielern reichlich Freude garantiert. Da hier auch Design und Aufmachung Applaus verdienen, geht an dieser Stelle sogar eine klare Empfehlung für „Chicago Poker“ heraus. Es muss eben nicht immer nur Texas Hold’em sein …
„Activity“ hat sich in den letzten Jahren fortwährend zu einem der beliebtesten, wenn nicht gar zum populärsten aller Party-Spiele entwickelt und aufgrund seines temporeichen Aufbaus selbst starke Konkurrenten wie „Tabu“ leichthin in die Tasche gesteckt. Dennoch ruhen die Entwickler des Titels sich nicht auf diesen Lorbeeren aus und erweitern das zugehörige Programm im regelmäßigen Takt. Dies ist auch den TV-Medien nicht entgangen, welche die Idee zuletzt für eine gleichnamige Gameshow aufgegriffen haben und die Prominenz durch einige recht ausgeflippte Wettbewerbe jagen. „Extreme Activity“ soll aber nicht länger bloß unter der Regie von Entertainer Jürgen von der Lippe ein Quotengarant sein; auch auf dem Brett kämpft die neueste Modifikation der Serie um Anerkennung und sollte sie – den ersten Eindrücken nach – von allen bisherigen Veröffentlichungen der Reihe verdientermaßen am meisten bekommen.
_Spielidee_
Das Spielprinzip von „Extreme Activity“ beruht weitestgehend auf den Vorgaben der direkten Vorgänger. Teams aus zwei bis vier Personen versuchen ihren Mannschaftspartnern mittels Zeichnungen oder Pantomime verschiedene Begriffe zu vermitteln, und dies innerhalb einer vorgegebenen Zeit von einer Minute. So weit, so gut. Die extreme Variante fordert nun jedoch etwas mehr Sportsgeist. Neben den üblichen Karten befinden sich nun auch Aufgaben im extremen Bereich unter dem Nachziehstapel, darunter haufenweise Bewegungsübungen, unkonventionelle Zeichenmethoden und allerlei Hampeleien, die den Spaßfaktor des Spiels enorm steigern, mitunter aber auch zu echten Ermüdungserscheinungen der Lachmuskeln führen. So hüpft, mimt und zeichnet man sich in mehreren Etappen durch die Partie, sammelt auf dem Weg zum Ziel wichtige Punkte und tritt später im alles entscheidenden Finale noch einmal gegeneinander an, zehrt derweil aber schon aus den Ergebnissen der vorherigen Darstellungsrunden. Sieger ist schlussendlich natürlich die Mannschaft, die den besten Punktestand aufweist.
_Spielmaterial_
• 110 Karten mit Begriffen zum Zeichnen
• 110 Karten mit Begriffen zur pantomimischen Darstellung
• 110 Extrem-Aufgaben
• 110 Karten mit blauer Rückseite für das Finale
• 1 Timer
• 1 Spielplan
• 4 Spielfiguren
• 48 Chips
• 1 Spielregel
Bei der Detailfülle des Materials hat man sich leider wieder ein wenig zurückgehalten. Die Karten sind nur spärlich illustriert und im weitesten Sinne ausschließlich zweckdienlich gestaltet. Dies wirkt insgesamt ein wenig lieblos und steht in keinem Verhältnis mehr zum unverschämt hohen Preis, der in manchen Kaufhäusern für diesen Titel verlangt wird.
Jener Eindruck zieht sich auch bei der Gestaltung des Spielbretts durch und endet in der nach wie vor nervigen, ratternden Zeitmessung. Klar, in „Extreme Activity“ wird mit allerhand fremden Hilfsmitteln gespielt und in erster Linie der persönliche Körpereinsatz gefordert, doch bedeutet dies sicherlich nicht, dass man dafür an entsprechender Stelle hätte sparen müssen. So gut das Spiel auch letztendlich gefallen mag, hinsichtlich des Materials besteht ein deutliches Defizit!
_Vorbereitung_
Vor jedem Spiel sollte der Gastgeber zunächst einmal darauf achten, dass ein möglichst großer Raum bereitgestellt wird, in dem zusätzlich keine Gegenstände in Reichweite bleiben, die leicht beschädigt werden können. Im Laufe des Spiels kann es nämlich häufiger zu hektischen Situationen kommen, denen dekorative Elemente versehentlich zum Opfer fallen könnten.
Derweil bilden sich Teams, die bestenfalls aus mindestens drei Personen bestehen. „Extreme Activity“ funktioniert zwar auch in Zweiermannschaften, besitzt in dieser Form jedoch nicht den gleichen Spielreiz. Diese Teams sollten sich nun zusammenfinden und ihre Sitzplätze dementsprechend ausrichten.
Nun wird der Spielplan präpariert. Für jedes Team wandert eine Figur auf die Zählleiste an den Nullpunkt. Die roten Karten werden gut durchgemischt und bilden den Nachziehstapel. Erfahrungsgemäß empfiehlt es sich gerade in den ersten Runden, mehrere Stapel zu bilden, weil die Karten wegen ihrer Masse häufig noch nicht so gut gemischt sind. Als Letztes werden nun die zusätzlich benötigten Materialien herbeigeschafft, wobei vor allem Stift und Papier in ordentlicher Quantität benötigt werden. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, beginnt das Spiel mit einer zufällig gewählten Mannschaft.
_Spielverlauf_
Die erste Mannschaft wählt nun eine Person aus ihren Reihen, die den ersten Darsteller gibt. Im Laufe des Spiels wechselt man sich schließlich ab, so dass jeder einmal in diese Rolle schlüpfen muss. Jener Darsteller zieht nun eine Karte und hält sie vor allen anderen Mitspielern verdeckt. Nun macht er sich mit der Aufgabe vertraut, erklärt seinen Mitspielern kurz, was genau er darstellen wird, stellt die Zeitmessung ein und beginnt mit der Action. Dabei gibt es drei mögliche Aktionsvarianten:
|1.) Zeichnen|
Zeichenaufgaben bestehen immer aus drei Begriffen, die wortlos mit Stift und Papier vermittelt werden müssen. Es ist indes nicht erlaubt, Zahlen oder Buchstaben zu zeichnen. Lediglich die Skizzen des Darstellers müssen zur Lösung führen. Sollte ein Begriff erraten werden, gibt es hierfür einen Punkt. Wenn ein Team sogar alle drei Begriffe löst, wird man mit einem zusätzlichen Punkt belohnt
|2.) Pantomime|
Auch bei der pantomimischen Darstellung sind drei Begriffe zu erraten, die der Darsteller mit Händen und Füßen bzw. mit vollem Körpereinsatz erklären muss. Auch hier sind Sprache, Geräusche oder die Verwendung von Gegenständen verboten. Das Punktesystem funktioniert im Übrigen ebenso wie bei den Zeichenaufgaben.
|3.) Extrem-Aufgaben|
Die Aufgaben aus diesem Feld sind teils sehr unterschiedlich und erfordern Geduld, Geschick und höchste Konzentration. So muss man beispielsweise einen Zungenbrecher ständig herunterbeten und dabei Begriffe zeichnerisch vermitteln. Oder aber man wird von mehreren Gegnern geschaukelt und muss währenddessen zwei Worte verbal erklären. Auch möglich: Zeichnungen mit Zähnen und Füßen, Vermittlungen bei gleichzeitigem Nachäffen der Turnübungen eines Gegners, etc. Allerdings wird der Einsatz hier noch besser belohnt. Ein erratener Begriff bringt zwei Punkte, wer beide schafft, bekommt sogar fünf Punkte.
Ausnahmen bestehen, wenn bestimmte Utensilien nicht vorhanden oder die körperlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Einen 110-kg-Koloss durch die Gegend zu schwingen, ist für ein Team aus schmächtigen Damen zum Beispiel utopisch …
_Finalrunde_
Sobald ein Team die Ziellinie überschritten hat, geht es in die Finalrunde. Nun positionieren sich alle Darsteller eines Teams, die in der nächsten Runde am Zug gewesen wären, in eine Ecke des Raums. Die übrigen Mitspieler erhalten dann eine blaue Karte, auf der sich drei Begriffe befinden. Außerdem bekommt jeder drei Jetons, die er im Folgenden an die Gruppe der Darsteller übergeben muss.
Im Finale gilt es nun, ähnlich wie in der TV-Show, Begriffe an alle beteiligten Darsteller zu vermitteln. Derjenige, der die Lösung als Erster parat hat, bekommt einen Jeton, der in der Schlusswertung gleich zwei Punkte wert ist. Sind alle Begriffe erklärt, wird die Figur auf der Zählleiste entsprechend der zusätzlichen Punkte jedes Teams vorangeschoben. Die Mannschaft, die nun die Nase vorn hat, gewinnt den Wettbewerb.
_Persönlicher Eindruck_
Zugegeben, ich bin nicht gerade ein Verfechter von Party-Spielen und werde deren langfristig monotonen Verläufen mit wachsender Spieldauer meistens überdrüssig. Seltsamerweise will sich jedoch eben jenes Gefühl nie einstellen, sobald „Activity“ auf den Tisch kommt, wobei sich der Modus insgesamt eigentlich kaum von den gängigen Mainstream-Titeln unterscheidet. Dementsprechend gespannt war ich nun auf die aktuelle Modifikation, die in diversen Foren bereits mit großem Lob überschüttet wurde. Zu Recht, wie sich schon nach der ersten Runde herausstellt, denn die neuen Aufgaben bzw. die teils doch etwas schwierigen Anforderungen bei den pantomimischen Darstellungen sorgen für reichlich Bewegung und Spaß und machen den jüngsten „Activity“-Titel mitunter zur lebhaftesten und definitiv auch anspruchsvollsten Fassung seiner Art.
Dem entgegen ist das Spielmaterial einmal mehr enttäuschend und rechtfertigt in keiner Weise den fast schon unverschämten Verkaufspreis. „Extreme Activity“ mag ein Garant für hitzige Party-Abende sein und auch in der größeren Familienrunde zum Dauerbrenner werden, doch findet sich im Design der Spielmittel sowie in der generellen Aufarbeitung kein Aspekt, der dazu veranlasst, den Konsumenten derart zu schröpfen. 40 €uro sind nämlich unter den gegebenen Voraussetzungen deutlich über dem erträglichen Preisniveau.
Letzteres dürfte sich dann leider auch als zu große Hemmschwelle für die angesprochene Zielgruppe herausstellen, und dies wäre auf alle Fälle schade, da man dadurch eventuell ein hervorragend konzipiertes Spiel verpassen würde. „Extreme Activity“ überzeugt nämlich einmal mehr durch einen simplen, aufgrund der neu hinzugekommenen Aufgaben aber dennoch recht vielschichtigen Aufbau und eine lang andauernde Spaßgarantie. Wer das Spiel zum günstigen Preis erblickt, sollte sich nicht lange bitten lassen und damit die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die nächste Party gerettet ist. So viel Stimmung verbreitet in diesem Genre nämlich kein zweiter Titel!
Rangeleien im alten Italien: Baumeister buhlen um die Gunst der altehrwürdigen Patrizierfamilien und unterstützen sie beim Bau ihrer Geschlechtertürme. In den jeweiligen Städten konstruieren sie Bauwerke, streiten um Mehrheiten und versuchen, die Eitelkeiten jener Familien zu ihren Gunsten auszunutzen. Stock für Stock werden die Türme von den unterschiedlichen Auftragnehmern errichtet und mit Ruhm und Ehre belohnt. Doch lediglich derjenige, der sich an den wertvollsten Konstruktionen beteiligt und die meisten Ruhmespunkte gesammelt hat, wird im gleichnamigen Brettspiel „Patrizier“ später in Erinnerung bleiben.
_Vom Zoo ins mittelalterliche Italien_
Mit „Patrizier“ veröffentlicht Michael Schacht bereits seine zweiten Mainstream-Titel im Jahr 2007 und steht mit diesem unter ganz besonderer Beobachtung. Jüngst heimste der Autor nämlich für sein genial-einfaches Familienspiel [„Zooloretto“ 4288 die Auszeichnung für das „Spiel des Jahres“ ein, die ja quasi dem Ritterschlag in diesem Bereich der Unterhaltung gleicht. In Anbetracht dessen scheint der thematische Quantensprung hin zum Turmbau-Mechanismus von „Patrizier“ schon ziemlich krass, endet jedoch erneut in Begeisterung, da die qualitative Handschrift des Designers in jeglichen Belangen erkennbar ist. Vom Tierpark ins Mittelalter? Ein durchaus gelungener Schritt, wie ich finde!
_Spielidee_
„Patrizier“ ist für zwei bis fünf Spieler ausgelegt und wird abhängig von der Teilnehmerzahl auf einer der beiden Spielplanseiten gespielt. Die Spieler schlüpfen hierbei in die Rolle von Baumeistern und versuchen, die lukrativsten Aufträge an Land zu ziehen und in den prestigeträchtigsten Gebieten ihre Beteiligung an der Errichtung der Patriziertürme zu sichern. Dabei ist vor allem die Planungsgabe der Beteiligten gefragt, da man insgeheim schon über mehrere Schritte vorausschauen kann, welche Möglichkeiten sich im Spiel bieten. Die Aufträge sind nämlich an einen festen Ort gebunden, wo wiederum ein bereits feststehender Auftrag wartet, der wiederum später an anderer Stelle eingesetzt werden muss. Mit Hilfe ihrer drei Handkarten können die Spieler nun überlegen, wo sie am besten ihre Turmteile platzieren, um auch schon für einen der nächsten Züge einen wertvollen Auftrag zu ergattern. Andererseits ist es aber auch wichtig, Prioritäten zu setzen und gerade dort zu bauen, wo die größte Ruhmespunktzahl lauert. Wer nämlich an zu vielen Baustellen aktiv ist, wird am Ende wohl kaum eine Mehrheit erzielen können und bei der Verteilung der Punkte womöglich leer ausgehen. Ein trefflicher Balanceakt ist ergo gefragt und kombiniert mit ein wenig Glück das Rezept zum Sieg.
_Spielmaterial_
• 149 Stockwerke in 5 Farben
• 20 Ruhmesplättchen
• 55 Auftragskarten in 10 Farben
Beim Design des Spielmaterials hat man sich bei |Amigo| gewohntermaßen nicht lumpen lassen. Das Thema wurde grafisch sehr stimmig eingefangen und eine entsprechende Spielatmosphäre wird auf Anhieb vermittelt. Darüber hinaus ist die Konstruktion der einzelnen Stockwerke durchaus gelungen; die Holzteile bürgen für einen durchweg überzeugenden Mechanismus und sind gerade für wacklige Aktionen wie einen Turmbau wegen ihrer Stabilität bestens geeignet.
Indes ist man materiellem Überfluss sinnvollerweise aus dem Wege gegangen. Die Anzahl der Mittel ist gestaffelt und für individuelle Spielerzahlen genauestens ausgelegt. Dies verbietet zwar eine Farbwahl beim Spiel zu zweit oder beispielsweise zu dritt, jedoch ist dies ja nun wirklich nicht ausschlaggebend für den letztendlichen Spaß. Folglich steht an dieser Stelle bereits eine sehr positive Teilwertung!
_Spielvorbereitung_
Vor Beginn einer Partie werden die Ruhmesplättchen jeweils auf die zugehörigen Städte verteilt und offen ausgelegt. Sollten fünf Spieler beteiligt sein, wendet man das Spielbrett auf die Seite, auf der auch die Stadt Pistoia abgebildet ist, die nun ebenfalls Teil des Spiels sein wird. Alle Spieler erhalten Stockwerkteile in einer vorgegebenen Stückzahl. Des Weiteren bekommt jeder verdeckt drei Auftragskarten, die er nun in seine Hand aufnimmt. Mit diesen Karten wird er später im Spiel aktiv werden und bauen. Auf die einzelnen Stadtfelder wird indes eine Auftragskarte abgelegt, die übrigen Karten bilden den Nachziehstapel.
_Spielablauf_
Eine Runde in „Patrizier“ verläuft in maximal fünf aufeinander folgenden Phasen, die hier genauer erläutert werden:
|1.) Auftragskarte ausspielen|
Der aktive Spieler wählt eine seiner Handkarten und spielt den darauf abgebildeten Auftrag aus. Diese Karte ermöglicht ihm den Bau eines Stockwerks im dafür vorgesehenen Auftragsort sowie möglicherweise eine Sonderaktion.
|2.) Stockwerk(e) bauen|
Je nach Beschaffenheit des Auftrags setzt der Spieler nun eines oder zwei Stockwerke auf die betroffene Stadt. Er hat dabei die Wahl zwischen zwei Standplätzen für die nachher entstehenden Türme, muss jedoch beachten, dass am Ende des Spiels beide Plätze besetzt sein müssen. Sollte also ein Auftrag vorsehen, dass die letzten Stockwerke aufgesetzt werden (dies ist insofern gewährleistet, als das Baulimit mit der Anzahl der Stockwerke auf den Aufträgen bei jeder Stadt identisch ist), ist man ein wenig eingeschränkt bei seinem Vorhaben. Wichtig ist, dass am Ende nur derjenige Punkte bekommt, der die meisten Teile eines jeden Turms gebaut hat. Bei Unentschieden gewinnt der Spieler, dessen Stockwerk das oberste ist, also kann es sich definitiv lohnen, seine Karten etwas länger aufzuheben. Doch das ist natürlich von Situation zu Situation völlig unterschiedlich …
|3.) Evtl. Sonderaktion durchführen|
Manche Auftragskarten erlauben dem Spieler eine Sonderaktion, mit der er das oberste Stockwerk eines Turms auf den benachbarten Turm der gleichen Stadt versetzen darf. Wichtig: Das versetzte Bauteil darf sich nicht in der Stadt befinden, in der man gerade selbst gebaut hat. Auf diese Weise kann man spielerisch den Verlauf wieder auf den Kopf stellen.
|4.) Auftragskarte nachziehen|
Nach Beendigung einer Bau- und ggf. Sonderaktion zieht man die Karte nach, die sich in der Auslage der Stadt befindet, in der man sein Stockwerk platziert hat.
|5.) Auftragskarte auffüllen|
Im Anschluss an das Nachziehen entsteht eine Lücke in der Auslage der betroffenen Stadt, die mit einer Karte vom Nachziehstapel geschlossen wird. Sollte dieser komplett aufgebraucht sein, neigt sich das Spiel dem Ende zu und die Auslage kann nicht mehr aufgefüllt werden.
Sobald in einer Stadt das Limit an Stockwerken erreicht ist, wird diese sofort gewertet. Der Spieler, der den höchsten Turm besitzt, bekommt die höhere Punktzahl der Stadtauslage, der Sieger beim niedrigeren Turm wird entsprechend mit der kleineren Punktzahl belohnt. Anschließend wird das Spiel wie gehabt fortgesetzt.
_Spielende_
Das Spiel endet sofort, wenn alle Auftragskarten aus dem Spiel bzw. alle Stockwerke in den Türmen untergebracht sind. Im Anschluss addieren die Spieler ihre Ruhmespunkte aus den Turmbauwertungen. Manche Auftragskarten, die im Spiel ausgespielt werden, haben außerdem Patrizierköpfe auf ihrer Unterseite, wobei man hier zwischen drei verschiedenen Figuren unterscheidet. Sollte es jemandem gelungen sein, drei Patrizierköpfe einer Sorte zu sammeln, bekommt er hierfür weitere sechs Ruhmespunkte, die noch in die Endwertung mit aufgenommen werden. Der Spieler mit den meisten Punkten siegt schließlich, bei Gleichstand gewinnt derjenige, der noch die meisten Stockwerke in seinem Vorrat hat.
_Persönlicher Eindruck_
Obwohl „Patrizier“ im Grunde genommen über einen eher weniger komplexen Spielmechanismus verfügt, die grundlegende Idee sehr stark an den Klassiker „Manhattan“ angelehnt ist und das Spiel allgemein gar nicht mal so unwesentlich vom Glück abhängt – schließlich hängt schon einiges davon ab, mit welchen Karten man zu Beginn startet –, überzeugt der neue Titel aus der Feder von Michael Schacht auf Anhieb. Die Regeln sind relativ einfach und überschaubar, das Spieltempo mit einer guten halben Stunde für mehrere Anlässe tauglich und auch die strategische Komponente in Relation mit den glücksabhängigen Elementen des Spiels sehr schön ausgewogen und Garant für einen spannenden, kurzweiligen Schlagabtausch.
Darüber hinaus kann das Spiel aber auch manchmal gemein sein; es gibt Spiele, da scheint es, als seien die Karten extra so positioniert, dass ein Spieler einen ungefährdeten Durchmarsch vollziehen kann. Gerade die heiß begehrten Doppelaufträge, die einem sofort den Bau zweier Stockwerke erlauben, können diesbezüglich für einen Vorentscheid sorgen, den man selbst mit einer ganzen Schar Patrizierköpfe (die man aller Wahrscheinlichkeit eh nicht in allen Sorten komplett bekommen wird) nicht mehr ausbremsen kann. Und dennoch kommen auch Taktiker auf ihre Kosten, sobald die Voraussetzungen in etwa gleich sind und man die Krux des Spiels erfasst hat. Letzteres ist alleine schon durch den wirklich simplen Spielaufbau schnell der Fall, der aber dennoch reichlich Spielraum für unterschiedliche Strategie-Varianten bietet.
Zwar ist „Patrizier“ damit kein wirklich anspruchsvolles Spiel, dank seiner temporeichen Struktur und des garantierten Langzeitspaßes aber immer wieder ein sicherer Rückkehrer für die allabendliche Spielrunde. Meinen Glückwunsch an Herrn Schacht, der innerhalb eines Jahres zwei bemerkenswerte Titel auf den Markt gebracht hat!
Älteren Jahrgängen unter den Fantasy-Brettspielern sollte der Name „Warrior Knights“ bereits vor der jüngsten Auflage von |Fantasy Flight Games| ein Begriff gewesen sein. Bereits im Jahre 1985 publizierte der renommierte Spieldesigner Derek Carver die ursprüngliche Variante des Spiels bei |Games Workshop|, welche nicht nur bei Insidern alsbald Klassiker-Status erreichte. Nach einiger Zeit verschwand das Spiel jedoch wieder vom Markt und entwickelte sich in Windeseile zur gesuchten Rarität, für die man bei eBay Preise im dreistelligen Bereich verlangen konnte.
Pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum von „Warrior Knights“ haben |Fantasy Flight Games| sich des Themas wieder angenommen, es hinsichtlich des grundlegenden Mechanismus‘ generalüberholt und in einer gewohnt edlen Ausarbeitung auf den Markt gebracht. Ein knappes Jahr nach dem Release der englischsprachigen Version ist nun auch die deutsche Fassung erhältlich – endlich wieder!
_Spielidee_
In „Warrior Knights“ schlüpfen die Spieler in die Rolle von Herzogen, die ihre Armeen über eine fiktive Modifikation des europäischen Festlands entsenden, um wertvolle Städte einzunehmen und sich langsam aber sicher die Herrschaft über das gesamte Königreich zu erstreiten. Mit wachsendem Einfluss stehen sich immer stärkere Ritterverbände gegenüber, die jedoch nur so lange ihren Dienst ableisten, wie ihr Herzog die nötigen Löhne aufbringen kann.
Darüber hinaus spielt aber auch die Politik im Reiche des Throns eine große Rolle; das Volk, ebenfalls repräsentiert von den Herzogen, hat ein Mitspracherecht bei den Entwicklungen im Lande und kann Ungleichgewichte frühzeitig wieder ausbalancieren, um eine zu schnelle Machtverschiebung zu verhindern. Sollte es einem Spieler dennoch gelingen, frühzeitig mehr als die Hälfte des Königreichs unterworfen zu haben, wird er mit sofortiger Wirkung zum neuen König erklärt. Andernfalls werden die Gefechte so lange fortgesetzt, bis die Einflussmarken verteilt sind und derjenige mit dem größten Anspruch den Thron einnimmt.
Sobald man die Schachtel des Spiels öffnet, rauscht einem schon die immense Materialschwemme entgegen, die ganz wie üblich mal wieder über ein exzellentes, stimmiges Design verfügt und vorab ein äußerst vielschichtiges, in diesem Fall aber auch besonders komplexes Spiel garantiert. Tonnen an Markern und Karten bilden den Rahmen und müssen erst einmal intensiv betrachtet werden, da sie insgesamt doch ganz unterschiedlichen Kategorien angehören und sich ihre Bedeutung in diesem Fall nicht schon beim ersten Lesen ergibt. Allerdings ist diese Fülle nicht gleich bedeutend mit einer etwaigen Unüberschaubarkeit. Sobald man nämlich die unzähligen Spielmittel erst einmal angeordnet hat und sich ihrer Bedeutung bewusst ist, freut man sich einmal mehr über den diesbezüglichen Detailreichtum, der das Spiel zu einem der umfangreichsten seiner Art, gleichzeitig aber auch zum Paradebeispiel der Verquickung höchster Quantität und Qualität macht. Bei amerikanischen Epic-Verlagen ist eben alles machbar!
_Der Spielplan_
Der quadratische Spielplan erscheint auf den ersten Blick ein wenig unübersichtlich, da sich am Rande eine ganze Reihe recht unterschiedlicher Ablagefelder befinden, die im Laufe des Spiels auch ständig gefüllt sein werden. Doch auch dieser Eindruck täuscht, zumal sich hier bereits nach der ersten Runde das Wesentliche von selbst erklärt.
Im Zentrum des Plans ist eine fiktive Europakarte gelegen, die eine Gebirgslandschaft mit Meeresrand und darin eine ganze Reihe mehr oder minder wichtiger Provinzen zeigt, die es im Spiel zu erobern gilt. Am Rande sieht man außerdem sechs Inseln mit weiteren Provinzen, die zu besetzen jedoch ein wenig schwerer ist als noch auf dem Land.
Die Ablagefelder gelten Aktionskarten, Ereigniskarten und den Tagesordnungskarten, die in der nächsten Ratssitzung durchgenommen werden. Des Weiteren werden hier die ständig gebrauchten Schicksalskarten abgelegt. In der unteren Ecke befindet sich als Letztes noch ein Feld für die drei Spezialphasen des Spiels. Sobald man eine Aktion gespielt hat, wandert die verwendete Aktionskarte auf eines dieser Felder. Sollte die Anzahl der Karten doppelt so groß sein wie die Zahl der Mitspieler, wird eine solche Spezialphase ausgelöst.
_Spielvorbereitung_
Vor dem Spiel wird der Plan mit den entsprechenden Karten bestückt. Schicksals-, Ereignis- und Tagesordnungskarten werden platziert, darüber hinaus wird neben dem Spielplan eine Reihe mit Söldnerkarten ausgelegt, deren Länge der Spielerzahl plus eins entspricht. Je nach Spielerzahl werden vor dem Spiel schon einige Städte geschleift, soll heißen, sie sind bereits zerstört und im Verlauf des Spiels irrelevant.
Nun werden die Spieler bestückt und erhalten vier Berufssoldaten und jeweils zwei Söldner mit festgeschriebenen Werten. Außerdem erhält jeder eine Festungskarte, die Figuren und Karten der Ritter, acht Herzog-Spielmarker und zwölf Herrschafts-Spielmarker. Die Ritter ordnet er nun nebeneinander an und platziert darunter in beliebiger Anordnung seine Söldner. Jede Reihe, über der ein Ritter ausliegt, bildet im Spiel eine Armee.
Zum Schluss werden für jeden Spieler noch zehn Einflussspielmarker in den Vorrat des Plans gelegt. Ratsältester und Erzbischof werden zufällig bestimmt. Anschließend beginnt die Partie mit dem Ratsältesten.
_Spielaufbau_
„Warrior Knights“ wird in drei ausführlichen Phasen gespielt, an deren Ende jedes Mal wieder überprüft werden muss, ob eine der Siegbedingungen erfüllt ist. Das Spiel endet nämlich sofort, sobald ein Herzog mindestens die Hälfte aller ungeschleiften Städte in seinem Besitz hat oder aber alle Einflussmarker verteilt sind. Bis zu diesem Punkt gliedert sich das Spiel wie folgt:
|1.) Planungsphase|
Jeder Herzog wählt maximal sechs seiner Aktionskarten aus, die ihm beispielsweise ermöglichen, sich durchs Land zu bewegen, zu kämpfen, Steuern einzutreiben oder weitere Stimmen im Rat zu gewinnen. Die Auswahl ist hier recht vielfältig und sollte in jeder Runde von neuem überprüft werden – sofern auch immer alle Karten verfügbar sind.
Jeweils zwei Karten werden nun auf die drei unterschiedlichen Aktionsstapel auf dem Spielplan gelegt. Haben dies alle Spieler erledigt, nimmt man für jeden Stapel außerdem zwei neutrale Aktionskarten. Anschließend werden alle Stapel separat gemischt und nacheinander aufgedeckt.
|2.) Aktionsphase|
Beginnend mit dem ersten Stapel werden nun alle Karten der Aktionsstapel nacheinander aufgedeckt und die jeweilige Aktion durchgeführt. Sollte es sich dabei um eine neutrale Karte handeln, wird sie vom Ratsältesten vorgelesen. Anschließend wird die ausgespielte Karten einem der drei Spezialphasen-Felder zugeordnet. Hierbei kann es geschehen, dass eine Spezialphase ausgelöst wird, was der Fall ist, wenn die Anzahl der Karten auf den betreffenden Feldern doppelt so groß wie ist die Mitspielerzahl. Bei den Spezialphasen unterscheidet man zwischen Besteuerung, Rat und Sold, wobei die Auswirkungen sowohl positiv als auch negativ sein können. In der Sold-Phase zum Beispiel müssen alle Herzöge ihre Truppen entlohnen. Je nach Größe der Armee kann dies ein recht schwieriges Unterfangen werden und dazu führen, dass einzelne Söldner ihren Dienst quittieren. Man sollte also tunlichst vermeiden, den zugehörigen Stapel rasch wachsen zu lassen, wenn man gerade selbst knapp bei Kasse ist.
Die Besteuerungsphase ist da schon wesentlich günstiger und bringt den Herzögen die jederzeit dringend benötigten Einkünfte. Für alle Konzessionen und Städte erhält man individuell eine bestimmte Anzahl Kronen, die zum Beispiel dringend für die Soldphase benötigt werden. Aber auch beim späteren Anwerben neuer Söldner ist ein gesunder Kontostand das Maß aller Dinge.
Sobald der Rat einberufen wird, legt der Ratsälteste die drei Tagesordnungspunkte in die Mitte des Plans und entscheidet nun, in welcher Reihenfolge darüber abgestimmt werden soll. Alle Spieler dürfen nun ihre Stimmen einsetzen und Gesetze erlassen oder vorübergehend neue Regeln aufsetzen. Der Ratsälteste hat hierbei das Privileg des Züngleins an der Waage bei Gleichständen. Es besteht indes auch die Möglichkeit, sich gegen den Rat zu stellen und Abstimmungen zu boykottieren. Daraufhin wird man auf unbestimmte Zeit aus dem Rat verbannt und darf an künftigen Sitzungen nicht mehr teilnehmen.
Des Weiteren wird in der Aktionsphase auch über den Verbleib neuer Söldner gerichtet. Sobald die Söldnerleiste mittels Aktionskarten um ein Feld weiter ist als die Zahl der Teilnehmer, dürfen die Spieler neue Söldner aus der bereitliegenden Auswahl anwerben. Der Spieler, der auf der Söldnerleiste sein Symbol am weitesten links positioniert hat, darf zuerst zugreifen und entrichtet dabei den fälligen Betrag für die Verstärkung an die Bank. Sollte er weitere Herzog-Marker ausliegen haben und befinden sich gleichzeitig weitere Söldner der gleichen Staatsangehörigkeit wie der bereits erworbene in der Auslage, darf man auch frühzeitig einen zweiten Söldner anwerben und seinen Vorteil als Erstwähler ein zweites Mal ausspielen. Es ist allerdings keine Pflicht, Söldner anzuwerben, auch wenn ein Herzog-Marker in einer der letzten Runde hier abgelegt wurde. Allerdings ist dies die einzige Möglichkeit, sein Heer zu verstärken und mit größerer Kampfkraft neue Städte anzugreifen.
|3.) Unterhaltsphase|
In der letzten Phase einer Runde werden zunächst die Siegbedingungen überprüft und das Spiel daraufhin möglicherweise sofort beendet. Sollte dies nicht der Fall sein, bekommt jeder Spieler Einflussmarken für jede unbelagerte Stadt in seinem Besitz. Anschließend werden für jede eigene Stadt Schicksalsmarken gezogen und damit entschieden, ob Aufstände losbrechen. Städte, die von einem Aufstand bedroht sind, können nur durch den Einsatz von Glaubensmarkern oder Kronen in doppelter Höhe der Stadteinkünfte gerettet werden. Ansonsten gehen sie wieder verloren. Am Ende der Phase dreht man nun alle in den Aktionen verwendeten Ritter wieder auf die aktive Seite und beendet ihren Erschöpfungszustand. Ritter, die besiegt wurden, dürfen außerdem nun wieder ins Spiel zurückkehren.
_Bewegungen in „Warrior Knights“_
Man unterscheidet in den Aktionsphasen zwischen drei Bewegungen, welche die Ritter bzw. eine Armee mit der entsprechenden Karte vollziehen können. Auf dem Land darf man sich entweder von Provinz zu Provinz, bei vorliegender Straßenverbindung indes sogar bis zu drei Provinzen weit fortbewegen. Eingeschränkt ist man allerdings durch hinderliche Flüsse und Gebirge. Eine Seereise hingegen ist anstrengender. Man reist lediglich von Hafen zu Hafen und ist anschließend erschöpft. In der Unterhaltsphase werden die Armeen dann auf die Städte gesetzt, die den jeweiligen Häfen angehören. Auch Truppentransfers sind während der Bewegungen möglich. Sollten sich zwei eigene Ritter auf ein und demselben Provinzfeld befinden, können sie Ritter austauschen und ihre Truppenstärke modifizieren. Auch in der eigenen Festung, die zu Beginn des Spiels an einem selbst gewählten Ort aufgestellt wird, sind diese Transfers möglich.
_Kämpfen_
Wie es sich für ein solches Spiel traditionsgemäß gehört, ist das Kämpfen auch in „Warrior Knights“ das A und O auf dem Weg zum Sieg. Allerdings finden die Kämpfe nicht nur zwischen den Herzogen selber, sondern auch zwischen unbesetzten Städten und ihren Angreifern statt. Das Kampfgeschehen konstituiert sich jedoch immer aus den gleichen Schemen. Die beiden Parteien ermitteln ihre Angriffsstärke und ziehen dementsprechend Karten vom Schicksalsstapel. Diese werden nun gegeneinander ausgelegt und gewertet. Verluste werden direkt auf die Stadt oder die Ritter übertragen, allerdings mit den defensiven Eigenschaften (‚Verlust verhindern‘) der Karten verrechnet. Anschließend werden Verlust-Marker auf die betroffenen Städte respektive Ritter verteilt. Bei einem Angriff auf eine Stadt fällt diese in den eigenen Besitz, sobald man ihre Verteidigung mit Verlusten durchbrochen hat, Ritter hingegen tragen Schaden davon und sterben möglicherweise im Kampf. Erst am Ende einer Runde können sie wieder ins Geschehen eingreifen. Möglicherweise kommt es auch zu einem Teilsieg auf der einen Seite, der die Armee des Gegners zum Rückzug zwingt. Auch in diesem Fall wird eine Schicksalskarte gezogen, die darüber entscheidet, welche Söldner hierbei ihr Leben lassen müssen. Dies wird über die Spalte ‚Staatsangehörigkeit‘ ermittelt.
Darüber hinaus ist es auch zulässig, Städte und Festungen zu belagern und die Möglichkeiten ihrer Verteidigung stark einzuschränken. Außerdem darf man Städte im Sturm angreifen, um in sie Breschen zu schlagen. Hierdurch wird die Verteidigungskraft der Stadt herabgesetzt, die Stadt selber jedoch auch teilweise zerstört, was zur Folge hat, dass man selber bei der eventuell folgenden Einnahme diesen Schaden übernehmen muss.
_Spielende_
Sobald ein Spieler die Hälfte der ungeschleiften Städte unter seine Herrschaft gebracht hat, gehört ihm das Königreich von „Warrior Knights“. Da es jedoch enorm schwer ist, sich allzu weit von seinen Konkurrenten abzusetzen, wird diese Option eher selten greifen. Wahrscheinlicher ist, dass die Einfluss-Marker zuerst aufgebraucht sind. Für diesen Fall gewinnt der Spieler, der diesbezüglich den meisten Einfluss gesammelt hat.
_Persönlicher Eindruck_
Es hat einige Wochen gedauert, bis sich der Spielfluss in „Warrior Knights“ gefestigt hat, wiederkehrende Regelfragen der Vergangenheit angehören und sich die wahre Tiefe dieses fantastischen, darüber hinaus aber auch sehr komplexen Spiels gänzlich offenbart haben. Hierzu war jedoch auch einiges an Geduld und Standhaftigkeit erforderlich, zumal man nach der Analyse des detailreichen Regelwerks, vielmehr noch bei dessen Weitervermittlung schnell an die Grenzen der persönlichen Frustrationstoleranz stößt. Und dabei ist der Mechanismus im Grunde genommen schnell verständlich. Probleme, soweit man es so nennen darf, bescheren lediglich die vielen kleinen Details wie etwaige Ungereimtheiten bei den Ergebnissen der Ratssitzungen und erste Unstimmigkeiten in den unterschiedlichen Kampfmodi. Hier gilt es Runde für Runde, die Improvisationsspielräume der ersten Regelerkenntnisse einzudämmen und sich langsam aber sicher mit den zunächst schwer durchschaubaren Fakten vertraut zu machen – ein Prozess, der mitunter mehrere Partien andauert.
Dies ist schließlich der hauptsächliche Aspekt, der mich dazu zwingt, Gelegenheitsspielern von „Warrior Knights“ abzuraten, weil man sich wirklich intensiv mit den Mechanismen auseinandersetzen muss, um schließlich ein feines Gespür für die große Anzahl möglicher Strategien zu erlangen. In diesem Bereich bietet das Spiel nämlich eine ungeheure Vielfalt, die sich in jeder kleinen Nuance widerspiegelt und bereits beim Aufbau der eigenen Auslage mit berücksichtigt werden muss. Die Anordnung der Armeen, die Position der Festung, die Fokussierung der Angriffspläne, und, und, und. Es gibt zahlreiche Kleinigkeiten, die am Anfang noch unscheinbar und beliebig scheinen, sich anschließend aber als tragende Elemente des Spiels erweisen und für die Dauer der ganzen Partie entscheidend sein können. Dies überträgt sich fortan auf die Wahl der Aktionskarten, die Gewichtung der Aktionen und schließlich auch auf die Verteilung der Truppen. Man ist insgeheim schon erleichtert, dass zumindest beim Entscheid der Kampfsituationen der Zufall mithilft und nicht auch hier noch Strategie gefordert ist; so gönnt einem „Warrior Knights“ zwischendurch zumindest einmal ein paar gedankenfreie Verschnaufpausen, die beim Kopfzerbrechen in der Planungs- und Aktionsphase auch bitter nötig sind. Kaum zu glauben, welche Finessen der Verlag hier wieder herausgeschlagen hat.
Indes ist auch die deutsche Übersetzung vom |Heidelberger Spieleverlag| eine absolute Wonne, sieht man mal von der grundsätzlich nicht simpel strukturierten Regel ab (wobei man hier froh sein kann, dass man sich nicht noch mit Sprachbarrieren und dergleichen auseinandersetzen muss …), einem der anfänglichen Knackpunkte bezüglich des Spielgenusses. Die Übertragung ist makellos, das Material ausgezeichnet und die generelle Umsetzung des Themas über jegliche Zweifel erhaben.
Insofern darf am Schluss auch nichts anderes als eine klare Empfehlung für all diejenigen stehen, die sich selbst bei epischen Mammutspielen nicht für mehrere Wiederholungstaten zu schade sind und außerdem ein Faible für taktische Eroberungsspiele haben. „Warrior Knights“ leistet in diesem Genre nämlich einen enorm vielschichtigen, durch den Einfluss der Politik sogar noch innovativen Beitrag, der einen stundenlang an den Tisch zwingt, dort aber Partie für Partie mehr Euphorie auslöst. Keine Frage, diese längst überfällige Komplettrestaurierung ist vollkommen überzeugend umgesetzt worden!
Es ist vielleicht das am heißesten umstrittene Spiel in der langen Tradition der „Monopoly“-Serie, möglicherweise richtungsweisend, andererseits aber auch ein rauer Bruch mit dem klassischen, innig geliebten System. In „Monopoly Banking“ wird die klassische Geldverwaltung gänzlich abgeschafft und zugunsten eines leicht zu bedienenden Kreditkartensystems aufgegeben. Die teils lästigen Schiebereien mit den eigenen Finanzen scheinen vorbei, ebenso die Rechnerei und Spekulation. Das Lesegerät bringt nämlich knallharte Fakten auf den Tisch, umgeht dabei auch die oft drohende Endlospartie, scheint aber letzten Endes auch ein großes Wagnis: Zum ersten Mal wurde nämlich ein wesentlicher Mechanismus des Grundspiels ausgetauscht – und ob dies allen Hardlinern recht ist, steht auf einem anderen Blatt …
_Die Unterschiede im Banking-Zeitalter_
Die gesamte „Banking“-Edition ist äußerst nobel aufgemacht und erstrahlt im durchgängigen Hochglanz-Design; die Häuser und Hotels wurden der Moderne angepasst, die angebotenen Straßen und Bereiche orientieren sich ebenfalls am heutigen Zeitgeist, und da man nun auch wirklich klotzen möchte, rechnet man nicht mehr mit Kleinbeträgen, sondern wirbt und spekuliert hier im Millionenbereich. Auch die Spielfiguren zeigen Institutionen des 21. Jahrhunderts; Rollerblades, ein Hamburger, ein rassiger Sportwagen und natürlich das Handy sind zugkräftige Trademarks, die dem Spiel bzw. der allgemeinen Atmosphäre die nötige Authentizität verschaffen. Zu guter Letzt macht auch der Spielplan optisch einiges her und damit zumindest den visuellen Bereich der bargeldlosen Spielvariante zu einem echten Hochgenuss.
Die Veränderungen es Spielsystems hingegen erscheinen ebenfalls revolutionär, entwickeln sich aber immer mehr zur Belastung. Es bedarf einer längeren Anlaufzeit, um sich an die neuen Zahlungsmethoden zu gewöhnen und sie letztendlich auch zu akzeptieren. Die Beträge gestalten sich gänzlich neu, die Bedienung des Kartenlesegeräts will erst einmal erlernt sein und das Gefühl ist schließlich ein gänzlich anderes als im Standardspiel. Daher kann man die scharfen Kritiken an „Monopoly Banking“ mit fortschreitender Spieldauer immer besser verstehen. Das Handling des Lesegeräts ist mit der Zeit doch ziemlich anstrengend, zumal man teilweise nur noch damit beschäftigt ist, die Maschine weiterzureichen und zu warten, bis der Buchungsvorgang abgeschlossen ist. Die Dynamik leidet hierunter sehr, da man sich nicht mehr bloß auf das eigentliche Spiel konzentriert, sondern viel zu sehr mit den Vorgängen am neuen – übrigens vom Kreditkarten-Giganten VISA gesponserten – Hilfsmittel beschäftigt ist. Jenes reißt den Spielfluss gerade für erfahrene Spieler, die ein höheres Tempo pflegen, ein Stück weit auseinander und hemmt die Motivation Runde für Runde mehr – bis schließlich der Zeitpunkt eintritt, an dem man sich die geliebten Scheinchen zurückwünscht. Projekt gescheitert? Mitunter schon …
_Persönlicher Eindruck_
„Monopoly“ kartenlos, dies scheint ein lang ersehntes Szenario zu sein und zudem eine tatsächliche Erleichterung für die spielende Zunft. Daher durfte man „Monopoly Banking“ vorab auch mit großer Spannung entgegensehen, zumal die leidigen Rechnereien auch dazu beitragen sollten, dass die Zielgruppe auf eine noch jüngere Generation ausgebaut werden könnte. Das Resultat bzw. das eigenartige Gefühl, welches die nun vorliegende Edition allerdings vermittelt, widerlegt aber überraschenderweise alle positiven Aspekte dieser Neuerung recht deutlich. Das Handling ist eher umständlich als hilfreich und auf Dauer auch extrem nervig, da man eine halbe Ewigkeit damit beschäftigt ist, eine Buchung vorzunehmen und einen möglichen Tippfehler wieder auszubügeln. Auch die Spielübersicht ist deutlich schlechter, da es schlichtweg an Transparenz und Handfestem mangelt. Dies mag zwar auch im realen Leben nicht anders sein, doch da man in „Monopoly“ standesgemäß wichtige und vor allem schnelle Entscheidungen treffen muss, ist die Spielgeld-Variante im Großen und Ganzen doch deutlich von Vorteil – auch im Bezug auf Felder wie ‚Frei Parken‘.
Positiv hingegen lässt sich vermelden, dass man in Windeseile seinen Kontostand überblicken kann. Die umständliche Scheinchenzählerei entfällt, ebenso die ständigen Wechsel bei unpassenden Zahlungsbeträgen.
Summa summarum sind dies jedoch auch schon die einzigen vorteilhaften Aspekte beim mechanischen Wandel des Grundspiels und sicherlich kein ausreichendes Argument, um eine bereits vorhandene Edition gegen die Banking-Variante auszutauschen. Interessanter wäre vielleicht gewesen, dem Käufer beide Alternativen zu offerieren, also zusätzlich zum Lesegerät auch noch Bargeld in die Schachtel zu packen, um so das ultimative Spiel zu formen. Aber andererseits sollte das Spiel ja auch in der aktuellen Form überzeugen können, was es aufgrund der genannten Gründe jedoch nur sehr bedingt kann. Bei einem Preis von ungefähr 50 € (peinlicherweise übrigens ohne Batterien für das Lesegerät …) braucht man daher auch nicht lange diskutieren; die Idee mag nett und innovativ sein, das Spielmaterial noch so fortschrittlich – aber das echte Spielfeeling will einfach nicht aufkommen!
http://www.hasbro.de/
|Siehe ergänzend dazu:|
[„Monopoly express“ 3330
[„Monopoly Heute 2006“ 4036
In der aktuellen Spielsaison stehen die legendären Nordmänner scheinbar hoch im Kurs. Bereits im |Pro Ludo|-Verlag erschien jüngst ein Spiel um die Helden der ersten Jahrtausendwende; kurz darauf erschien ein gleichnamiger Titel auch beim |Schmidt|-Ableger |Hans im Glück|, welcher jedoch von Beginn an mit den besseren Voraussetzungen ausgestattet war.
In „Wikinger“ von Michael Kiesling schlüpfen zwei bis vier Spieler in die Rolle eines Stammesfürsten und gehen in insgesamt sechs Spielrunden auf Entdeckungsreise durch die angrenzenden Meere. Die Männer siedeln auf nahe liegenden Inseln Handwerker und Adlige an, steigern derweil ihre Kampfkraft, um feindlichen Schiffen zu trotzen, und errichten schließlich auf den unterschiedlichen Eilanden Siedlungen, Dörfer und einzelnen Monumente. Ruhm und ein reicher Goldschatz sind die Folge und helfen dabei, das Siedlungsgebiet Runde für Runde auszudehnen. Doch am Ende siegt nicht zwangsläufig derjenige mit den größten, eroberten Flächen, sondern der Spieler, der die ganz neuen, recht ideenreichen Spielmechanismen des aktuellen Kiesling-Titels am besten beherrscht. Jene nämlich sind der eigentliche Clou an diesem starken Neuling und Vorzeigetitel des |Hans im Glück|-Verlags!
_Spielmaterial_
• 1 Spielplan mit Drehrad
• 8 Spielersteine
• 1 Startspielerfigur
• 4 Festland-Winkel
• 45 Goldstücke
• 1 Stoffsack
• 78 Figuren, je 13 in sechs Farben
• 76 Plättchen
• 25 Sonderplättchen
• 4 Wertungstafeln
• 1 Regelheft
• 1 Beiblatt mit Regeln für Fortgeschrittene
Beim Spielmaterial haben der Autor respektive der Verlag sich einiges einfallen lassen. In der Mitte des Spielplans haftet nämlich ein Drehrad, welches im Spiel die Preislage für einzelne Inselteile und zu verschiffende Bürger bestimmt und letztendlich einen hervorragenden strategischen Mechanismus einführt. Aber auch die zunächst unspektakulären Winkel sind bezogen auf das Spielsystem im weitesten Sinne fortschrittlich und bieten dem Spieler während der Partie eine ganze Reihe ungeahnter Möglichkeiten. Des Weiteren setzt man erneut auf massive Holzfiguren und hat diesbezüglich auch an der Optik gefeilt. Die behörnten Personensteine jedenfalls machen visuell einiges her und sind ganz individuell auf dieses Spiel zugeschnitten.
Lediglich die Grafik ist ein wenig zu bemängeln; Kiesling setzt auf recht spartanische Illustrationen und relativ simple Kost. Die Skizzen auf dem Spielplan passen sich dem Thema zwar noch an, doch irgendwie trägt die zeichnerische Aufarbeitung nicht ganz zu einer dichten Spielatmosphäre bei. Hier wäre eventuell mehr herauszuholen gewesen!
Insgesamt ist das materielle Resümee jedoch positiv, vornehmlich wegen der neuartigen Strukturen und der dadurch initiierten Mechanismen.
_Der Spielplan_
Das Spielfeld gliedert sich allgemein in den Winkel des Spielers, auf dem er seine Inseln vom Festland aus erweitert, und das Brett mit dem Drehrad, auf dem sich das aktive Spielgeschehen abspielt. Letzteres ist noch einmal unterteilt in Ablagestapel für die regulären Plättchen sowie Felder für Sonderplättchen. Außerdem wird es von der Siegpunktleiste umrundet.
Der interessanteste Part des Spiels besteht nun sicherlich in der Manövrierung des Drehrads; in jeder Spielrunde werden angrenzend an dieses Rad Plättchen und Figuren positioniert, die jeweils im Verbund erworben werden können. Man unterscheidet dabei immer in unterschiedliche Farbgruppen bei den Spielfiguren, die systematisch sortiert und um das Rad nach einem gewissen Schema aufgereiht werden, beginnend mit den Fischern bis hin zu den Bootsmännern. Diese Figuren werden nun einzeln von den Wikingerfürsten angeworben und nach Möglichkeit direkt auf das zugehörige Plättchen in der Region des Winkels angebracht. Jedes Mal, wenn nun die preisgünstigste Figurengruppe ‚ausverkauft‘ ist, bewegt sich das Drehrad im Uhrzeigersinn fort, das heißt, die anderen Figuren werden im Laufe einer Runde immer billiger und können am Ende eventuell sogar umsonst erworben werden.
Der Winkel hingegen misst ein Feld von drei mal sechs Plättchen, welches aber entgegen der Marschrichtung weiter ausgebaut, also beliebig erweitert werden kann. An der Längsseite sind nun Adlige und Handwerker jeglicher Couleur abgebildet, was bedeutet, dass man nur parallel zu ihnen auch gleichfarbige Figuren absetzen kann. Wenn man also im Laufe des Spiels Figuren erwirbt, muss man immer darauf achten, dass man seine Plättchen auch so anbauen kann oder angebaut hat, dass auch Platz für die erworbenen Figuren bleibt. Im Laufe des Spiels legt man nun in jeder Runde ein Plättchen an diesen Winkel an, baut somit seine Inseln aus, vergrößert die Siedlungen und sorgt dafür, dass eine ausgewogene Mischung aller Figuren die Inseln bevölkert. Voraussetzung aber: Alle Inselplättchen müssen miteinander harmonieren, ansonsten stockt der Ausbau und wirft den Stammesfürsten mächtig zurück.
_Spielvorbereitung_
Vor jeder Partie erhalten die Spieler einen teilnehmerabhängigen Goldbetrag, einen Winkel, ein Startplättchen sowie eine Übersichtstafel. Des Weiteren werden die beiden Spielersteine der ausgewählten Farbe jeweils auf den eigenen Winkel und die Position 10 auf der Siegpunktleiste gesetzt. Man beginnt also schon mit einer gewissen Punktzahl, die man im Laufe des Spiels aber ständig gegen neues Gold eintauschen kann.
Der Spielplan wird anschließend befestigt und mit Plättchen ausgestattet. Im herkömmlichen Spiel werden lediglich sechs Stapel mit jeweils zwölf Plättchen auf die dafür vorgesehenen Felder gelegt. Fortgeschrittene nutzen zusätzlich die Sonderplättchen und legen pro Runde jeweils vier auf die Sonderfelder. Als Letztes wird der Stoffsack mit allen Figuren gefüllt. Der Startspieler erhält anschließend das Wikingerschiff und legt los.
_Spielablauf_
Die Partie besteht aus insgesamt sechs Durchgängen, die individuell gewertet werden. Nach der ersten, dritten und fünften Runde erfolgt eine kleine Wertung, bei der lediglich die Goldschmiede zum Erfolg kommen, in der zweiten, vierten und sechsten Runde werden hingegen alle Figuren gewertet und entsprechend mit Gold und Siegpunkten belohnt.
Jeder Durchgang setzt sich schließlich aus drei untergeordneten Phasen zusammen, nämlich dem Angebot, dem Erwerb des Angebots und der Wertung. Konkreter sieht dies wie folgt aus:
|a) Angebot|
Der Startspieler nimmt den obersten Plättchenstapel vom ersten Feld und deckt die Plättchen der Reihe nach um das Drehrad aus. Plättchen, auf denen eine Insel abgebildet ist, werden aufsteigend vom Feld mit der 0 ausgelegt, Drachenschiffe hingegen werden absteigend ab der 11 positioniert. Anschließend werden ebenso zwölf Figuren aus dem Stoffbeutel gezogen und nach einem vorgegebenen Muster an jeweils ein Plättchen angelegt. Nun steht das Angebot und zeigt die Preise für die Kombinationen aus Figur und Plättchen, die im folgenden Schritt verkauft werden.
|b) Erwerb des Angebots|
Beginnend mit dem Startspieler dürfen die Spieler nun reihum um die Kombinationen am Drehrad buhlen und diese zu flexiblen Preisen kaufen. Bedingung hierbei ist, dass man niemals beim Feld mit der 0 zugreift, es sei denn, es handelt sich bei der dort stehenden Figur um die letzte ihrer Art im aktuellen Angebot. Sollte dies der Fall sein, wird das Rad nach Erwerb der zugehörigen Kombination bis zur nächsten Figurengruppe vorgeschoben, so dass sich nachhaltig die Preise für alle noch ausliegenden Figuren/Kombinationen verringern. Allerdings sollte man hier immerzu schauen, dass man sich selbst einen Gefallen tut, gleichzeitig aber die Mitspieler nicht in eine allzu vorteilhafte Ausgangssituation bringt.
Sobald man ein Set aus Figur und Plättchen erworben hat, besteht die Möglichkeit, es direkt an seinen Winkel anzulegen. Inselplättchen müssen aber jederzeit passend angelegt werden und dürfen nur an den Winkel bzw. zu einem schon bestehenden Inselplättchen befördert werden. Sollte nun auch noch die Möglichkeit bestehen, die gerade erworbene Figur in der passenden Reihe unterzubringen, also parallel zum Standpunkt auf dem Winkel, darf man dies jetzt tun. Ansonsten wandert die Figur auf das Feld des Bootsmanns, der sie nachher vor jeder großen Wertung auf eigenen Wunsch noch in die entsprechende Region versetzen kann.
Schiffsplättchen indes werden in die oberste Reihe gesetzt und stellen eine Bedrohung für alle darunter befindlichen Figuren und Siedlungen dar. Jedes Schiff ist farblich unterschiedlich markiert und beschreibt somit die eigene Reichweite. Sollte man keinen Kämpfer in dieser Reihe besitzen, sind alle Figuren innerhalb dieser Reichweite bedroht und können in der Wertung nicht berücksichtigt werden. Für jedes Schiff sollte man also definitiv einen Kämpfer haben!
|c) Wertung|
Sobald alle Plättchen und Figuren neben dem Drehrad vergeben sind, kommt es zu einer Wertung. In den kleinen Wertungen werden ausschließlich die vorhandenen Goldschmiede gewertet; jeder von ihnen bringt drei weitere Goldstücke. Die große Wertung indes berücksichtigt alle Figuren und verteilt Siegpunkte für Adlige und Späher, eventuell auch noch für Goldschmiede und Fischer. Darüber hinaus bekommt man den Gegenwert für ein abgewehrtes Schiff in Gold oder Siegpunkten und erhält wiederum drei Dublonen vom Goldschmied.
Nach sechs Runden ist das Spiel vorbei; die letzte große Wertung wird vorgenommen, und ähnlich wie bei den vorherigen großen Wertungen werden nun Figuren auf dem Abstellfeld des Winkels von den Bootsmännern auf die Inseln befördert. Im Gegensatz zu vorher ist dies aber nun verpflichtend, das heißt, man darf keine Figuren, die unterkommen könnten, stehen lassen. Dies ist insofern sinnvoll, als es am Ende noch eine Wertung für die meisten noch vorhandenen Bootsmänner (insgesamt satte zehn Punkte) gibt, die ansonsten nach jedem Transport abgegeben werden müssen. Außerdem wird die größte Insel mit fünf und der Spieler mit den meisten Inseln mit sieben Siegpunkten belohnt. Übrige Goldstücke werden im Kurs fünf zu eins gegen Siegpunkte getauscht. Danach kommt es noch zur Kontrolle der Versorgung durch die Fischer. Jeder von ihnen kann, sich selbst ausgenommen, vier weitere Personen mit Nahrung versorgen. Jede unterversorgte Person kostet einen Siegpunkt; sollte hingegen eine Überversorgung bestehen, bekommt man zwei Zusatzpunkte für jeden potenziell Versorgten, der real nicht existiert.
Wie gehabt werden alle Siegpunkte auf der Leiste festgehalten und miteinander verglichen. Derjenige mit den meisten Siegpunkten führt seinen Wikingerstamm schließlich zum Sieg.
_Die Fortgeschrittenen-Variante_
Eine etwas taktischere Variante offerieren die Zusatzregeln auf dem Beiblatt. Hier werden weitere alternative Spielideen angeboten, so zum Beispiel eine eigenständige Anordnung der Spielfiguren im Angebot sowie die Versteigerung der Startspieler-Figur. Im Gegensatz zum Standardspiel sind zudem die Möglichkeiten des Bootsmanns eingeschränkt. Durfte er zuvor noch eine komplette Farbgruppe oder von jeder Farbe eine Figur fortbewegen, muss nun jeder einzeln verschifft werden. Die größte Bereicherung stellen allerdings die Sonderplättchen dar. Pro Runde werden vier Plättchen offen ausgelegt und erweitern das Angebot. Jedes Mal, wenn nun ein Spieler die teuerste Kombination im Angebot erwirbt, darf er ein Sonderplättchen aus der Auslage an sich nehmen und von den zusätzlichen Möglichkeiten zehren. So gibt es möglicherweise zusätzliche Siegpunkte für verschiedene Gruppen von Handwerkern und Adligen, Unterstützung für den Bootsmann oder neue Bauwerke, die ihr ganzes Umfeld mit Siegpunkten bestücken. Auch ein besserer Wechselkurs des Golds in der Schlusswertung befindet sich im Angebot. Der grundsätzliche Mechanismus ändert sich weiterhin nicht; nach sechs Runden ist ebenfalls Schluss, und auch die Punkte werden nach dem gleichen Schema verteilt.
_Persönlicher Eindruck_
„Wikinger“ ist eines dieser Spiele, welche von der ersten Minute an vollends begeistern und immer wieder dazu animieren, die Schlacht unter den maximal vier Stämmen ein weiteres Mal auszutragen. Der neue Titel von Michael Kiesling bietet ein sehr schönes Spielsystem und sehr individuelle, abwechslungsreiche Aktionsmöglichkeiten, ist aber dennoch recht leicht verständlich und in Sachen Komplexität auf einem eher niedrigen Level anzusiedeln. Bereits der Aufbau ist wohl überlegt und spannend, wobei die Komponente Glück gerade im Standardspiel eine wesentliche Rolle spielt. Je nachdem, welche Position man beim Erwerb der Kombinationen am Drehrad einnimmt, ist man aufgrund ungünstiger Auslagen schon einmal schnell im Nachteil und bekommt eventuell Figuren und Inselteile vor der Nase weggeschnappt, ohne dies in irgendeiner Form beeinflussen zu können. Im Fortgeschrittenen-Spiel wird dies aber wieder durch die Ersteigerungsoption ausgehebelt. Taktik, Planungsvermögen und Intuition sind insgesamt aber die wesentlichen Spielkomponenten und entscheiden schon in den ersten Runden, inwiefern die Besiedlung der Inseln erfolgreich verlaufen wird. Man muss die Auswahl seiner Mitspieler sehr gut im Auge behalten, auch schon einmal einen destruktiven Zug spielen oder übermäßig viel Geld opfern, gleichzeitig aber auch jederzeit dafür sorgen, dass man brauchbare Figuren sammelt. Der unnötige Einsatz des Bootsmannes in den großen Wertungen kann nämlich letztendlich spielentscheidend sein. Jedoch ist unbestritten, dass gerade im Spiel zu viert dem jeweils Letzten im Bunde bei seinem Zug oftmals kaum Optionen bleiben und er ein wenig ins Hintertreffen gerät.
Derartige Defizite gleicht die Profi-Regel jedoch spielerisch aus; die Entscheidungsmöglichkeiten werden noch einmal potenziert, das Spiel in seiner gesamten Ausprägung indes fülliger. Außerdem wird das Glück alleine schon dadurch eingeschränkt, dass man auf jeglichen Verlauf und Aufbau größeren Einfluss hat, hierzu aber auch ein geschicktes Händchen bei der Durchführung riskanter Schritte beweisen muss. Dies wird jedoch dadurch erschwert, dass man irgendwann keinen exakten Überblick mehr über die bereits erzielten bzw. noch möglichen Siegpunkte hat, was letztendlich auch die einzige echte Schwäche von „Wikinger“ ist. Es fehlt ein wenig an Orientierung, so dass die Schlusswertung oftmals ein überraschendes, nicht ganz so genau kalkulierbares Element ist. Es geschieht nicht selten, dass zuvor weniger berücksichtigte Komponenten das Spiel drehen oder entscheiden, so zum Beispiel Anzahl der Inseln oder diverse Sonderplättchen, denen man beim Fokus auf den Aufbau seiner Inseln zunächst nur eine untergeordnete Bedeutung zuspricht. Erst mit ein wenig Übung bekommt man hierfür ein gewisses Gespür, das aber dennoch keine vorausschauende Übersicht gewährleistet. Andererseits scheint eine Eingrenzung der Wertungsaspekte widersinnig, da die Vielschichtigkeit des Spiels summa summarum erst den großen Reiz ausübt – begünstigt durch die mehrfach gelobten Mechanismen, die dem Spiel zugrunde liegen.
Schlussendlich besticht „Wikinger“ vor allem durch Individualität, Abwechslungsreichtum und einen tollen Aufbau, der einen früher oder später zur reizvollen Fortgeschrittenen-Version führen und dort fesseln wird. In diesem Sinne ist es schon höchst merkwürdig, dass der Titel bei der Vergabe der lukrativeren Auszeichnungen selten oben mitmischen durfte. Ein dritter Platz beim Deutschen Spielepreis erscheint in Relation zum anhaltenden Spielspaß ein wenig mager, was aber keinesfalls zu viel über den wahren Inhalt der Schachtel aussagen soll. Dieser ist nämlich bis auf die letzten Endes nahezu unbedeutenden, kleinen Abstriche fantastisch!
|Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten|
Nach dem durchschlagenden Erfolg der nimmer endenden „Munchkin“-Reihe schien es nur eine Frage der Zeit, bis auch das allseits beliebte und gerne durch den Kakao gezogene Superhelden-Genre von Steve Jackson sein Fett wegbekommen würde. Pünktlich zur letztjährigen Messe war es schließlich soweit: Eine der unzähligen neuen Editionen des Spiels befasste sich mit denjenigen Helden, die vor allem durch das jüngste Comic-Hoch auch hierzulande wieder ein breiteres Publikum erhalten haben – oder vielmehr mit dem, was sich hier am bestem humoristisch verarbeiten ließ. „Super Munchkin“ versammelt all die zweifelhaften Helden, ihre beispiellos freakigen Kontrahenten und all das, was garantiert noch kein Starzeichner und –autor je zu Gesicht bekommen hat. Vorhang auf für Jacksons spielerisches Äquivalent zu Marvel, DC und Co.!
_Superhelden gleich Ideallösung_
Ja, ja, die Philosophien über das wohl beste, möglicherweise perfekte „Munchkin“-Spiel haben schon so manchen Freak einige hitzige Diskussionen beschert. Regelmodifikationen sind diesbezüglich sicher kein gültiger Maßstab mehr, da prinzipiell kaum mehr einbezogen, jedoch auch nach ca. 20 Publikationen der Rollenspiel-Persiflage auch nur noch von den wenigsten erwünscht. In „Munchkin“ geht es darum, wie themenbezogene Ideen zeichnerisch gestaltet und inhaltlich umgesetzt werden, und daher liegt der Fokus auch bei „Super Munchkin“ einzig und allein darauf, inwiefern sich der Spielautor in diesem Zusammenhang mit witzigen Ideen und umwerfend komischen Illustrationen profilieren darf. Und er darf …
Alleine die vielen zweifelhaften Helden, die der Mann in dieser Edition zum Leben erweckt hat, rechtfertigen schon einen genaueren Blick ins Schachtelinnere, orientieren sie sich doch zumeist an schon bestehenden Figuren und Persönlichkeiten, die wiederum in der zeichnerischen Nachahmung kaum mehr ernst genommen werden können. Institutionen wie der F.I.S.K.U.S und die Schleimschleuder messen sich mit pflanzlichen Mutanten wie Ent-setzlich (köstlich, Tolkien wird sich im Grabe umdrehen) oder Doktor Todeshauch, während der Held der ehemaligen Sowjetunion den Kommunismus mit aller Macht propagiert. Die Hilfsmittel sind hingegen größtenteils dem klassischen Superhelden-Repertoire entnommen. Ein Allzweckgürtel sowie die schießenden Stiefel kennt man nicht zuletzt aus Batmans Schatzkiste, der Strahlenring und die Lizenz zum Verwüsten kennt man ebenfalls aus den einschlägigen Waffenkammern der Bösewichte. Fast noch witziger ist die Wahl der Handlanger ausgefallen. Voila, hier kommt der Affe im gleichen Kostüm, vielleicht sogar die gelungenste Darstellung im ganzen Spiel, die den langsam nervigen Trend bekämpft, dass auf einen Original-Helden gleich ein Dutzend verwandte Nachahmer kommen. Und wenn diese Figuren dann auch noch Vorgeschichten wie ‚In mysteriösen Energien gebadet‘ oder ‚Von radioaktivem Chihuahua gebissen‘ erzählen können, kann im Grunde genommen nichts mehr anbrennen.
Ansonsten orientiert sich der Designer der „Munchkin“-Serie fast ausschließlich am Alltagsgeschehen der weltweit bekannten und populären Multiversen. Außergewöhnliche Waffen werden teilweise sogar eins-zu-eins aufgegriffen, um die Trivialität noch deutlich herauszustellen, und diesbezüglich noch einmal mit den üblichen, bissigen Kartentexten untermalt. Dies schien indes auch erforderlich, da eine zu krasse Abgrenzung letztendlich wahrscheinlich das Thema verfehlt hätte und zudem auch der Witz mitunter auf der Strecke geblieben wäre. In diesem Sinne hat Jackson ergo den richtigen Weg eingeschlagen, ihn mithilfe seines ständigen Sidekicks John Kovalic erneut farbenfroh inszeniert und mit begeisternd ulkigen Beispielen ausgemalt. Eben so, wie wir es von Dr. Munchkin kennen und lieben.
_Persönlicher Eindruck_
Ist „Super Munchkin“ nun also die ultimative Lösung? Nun, zumindest für diejenigen Interessenten, bei denen Superman und Co. tagtäglich gastieren, scheint dies definitiv der Fall zu sein. Dabei muss noch einmal betont werden, dass der Autor dieses Mal nicht ganz so frei agieren konnte und fast schon gezwungen war, populäre Charaktere in seine Spielinterpretation mit aufzunehmen. Schließlich wäre die Würze sicherlich abgeflaut, würde man diverse alte Bekannte in „Super Munchkin“ nicht wiedertreffen. Von einer befriedigenden Lösung dieses ‚Problems‘ zu reden, wäre letztendlich jedoch noch stark untertrieben, da es dem Spielentwickler vorzüglich gelungen ist, den Balanceakt zwischen themenbezogener Persiflage und seiner persönlichen künstlerischen Freiheit angemessen zu meistern. Zudem steigt der Humor bereits nach wenigen Minuten wieder gen Siedepunkt. Originelle Klassen (u. a. Techno), feine Anti-Helden und erneut einfallsreiche Begleiterscheinungen und Hilfsmittel bereichern das Spielprinzip um einen weiteren, herrlichen Kartenschatz und die Reihe um einen neuen erfrischenden Titel. Eine Fortsetzung ist mittlerweile auch schon auf dem Markt, bei der durchgehenden Klasse aber auch mehr als verständlich. „Super Munchkin“ gehört ganz klar zu den besten Beiträgen in der endlosen Kartenspiel-Reihe!
3..2..1..meins! – na, klingelt’s? Kirsten Becker und Jens-Peter Schliemann haben sich bei der Idee zu ihrem neuen Bluff- und Versteigerungsspiel völlig bewusst am Werbeslogan eines renommierten Internetportals orientiert und auch das Spielprinzip teilweise nach dessen Vorgaben ausgerichtet. Wie die Damen und Herren bei eBay das wohl finden?
Der freche Ideenklau scheint aber auch nur kurzzeitig interessant; das gleichnamige Brettspiel aus dem |Winning Moves|-Verlag verliert nämlich wesentlicher schneller seinen Reiz als die ungebremste Feilscherei im Auktionshaus – und ist mit einem Verbraucherpreis von stolzen 20 € bei eher minderwertigem Material außerdem noch indiskutabel teuer. 3..2..1..meins? Hm, nicht dringend …
_Spielidee_
Ähnlich wie im Internet bieten die Spieler in „3..2..1..meins!“ auf eine ganze Reihe exklusiver Waren und versuchen dabei gezielt, einige Schnäppchen zu machen. Die Waren sind in drei verschiedene Farbkategorien unterteilt und weisen einen unterschiedlichen Zustand und Verwendung auf. Ziel des Spieles ist es nun, als Erster drei Warenkarten einer gleichen Sorte zu erlangen, sei es nun nach Farbe, Zustand oder eben Verwendung sortiert. Allerdings haben alle Spieler nur begrenzte finanzielle Möglichkeiten, so dass man nicht wild an jeder Feilscherei teilnehmen kann. Wer nämlich sein Geld aufbraucht, bevor das Spielziel erreicht ist, scheidet leider vorzeitig aus.
Die Schwierigkeit besteht also darin, intuitiv vorzubeugen, seinen Mitspielern in entscheidenden Spielphasen einen Strich durch die Rechnung zu machen und auch selber dafür zu sorgen, dass man noch genügend Geld übrig behält, um sich mit den benötigten Waren zu versorgen. Und dies will in der Tat gelernt sein!
_Spielmaterial_
• 1 Spielplan
• 10 rote Blockade-Chips
• 5 Sichtschirme
• 90 Warenkarten
• Je 20 Spielgeldscheine und -münzen zu 50 €, 20 €, 10 €, 5 €, 2 € und 1 €
• 1 Spielregel
Die wirklich lieblos gestalteten Spielmittel sind im Prinzip schon der wesentliche Kritikpunkt an „3..2..1..meins!“. Die völlig billigen Spielgeldscheine sind in ihrer Haltbarkeit schon stark eingeschränkt und im Handling außerdem äußerst unpraktisch. Da nämlich jeder Spieler seine Gebote bei den Auktionen in die Faust nimmt, dauert es nicht lange, bis sich die ersten unfreiwilligen Eselsohren einschleichen. Und ohne diesbezüglich penibel zu sein: Das hemmt doch schon mal gewaltig den Spielspaß.
Aber auch die detailarme grafische Gestaltung des Materials trägt nicht gerade zur allgemeinen Heiterkeit bei. Der Spielplan ist zweckdienlich, aber grundsätzlich nur eine Bestätigung für die unambitionierte Arbeit an den Grundvoraussetzungen des Spiels, und die Warenkarten – nun, kurz gesagt: Wirklich toll ist es nicht, was dieses Spiel optisch zu bieten hat. Und dass sich dies früher oder später auf die Atmosphäre des Spiels niederschlägt, erklärt sich eigentlich schon von selbst.
_Vorbereitung_
Vor jedem Spiel wird der Stapel mit den Warenkarten gut durchgemischt und anschließend auf das Startfeld des Spielfelds gelegt. Dort befinden sich nun drei weitere Felder, in denen die einzelnen Gebotsschritte markiert sind, sowie das Feld ‚meins!‘, auf dem die Versteigerungen ausgetragen werden. Auf die Felder 1 und 3 legt man nun die obersten beiden Karten des Nachziehstapels offen aus und komplettiert somit die Startaufstellung. Als Letztes erhält jeder Spieler einen Sichtschirm, ein Startguthaben von 352 € (jeweils vier Exemplare jeder Geldeinheit) und zwei Blockadechips, die allesamt hinter dem Sichtschirm aufbewahrt werden. Anschließend kann das Spiel beginnen.
_Spielablauf_
In jeder Runde wählt der aktive Spieler nun, ob er eine Karte vom Nachziehstapel zieht und sie auf das nächste freie Feld legt, oder ob er eine der bereits ausliegenden Karten um ein Feld weiter schiebt. Dabei ist zu beachten, dass jede bewegte Karte immer auf das nächste freie Feld wandert; bereits belegte Felder werden also übersprungen, so dass eine Karte von der letzten Position auch womöglich sofort auf das Versteigerungsfeld gesetzt werden darf.
Sollte der aktive Spieler schließlich eine Karte auf jene Position gebracht haben, initiiert er eine Auktion; ansonsten ist auch schon der nächste Spieler an der Reihe.
Während einer Auktion wählt nun jeder Spieler geheim einen bestimmten Betrag, den er gerne einsetzen würde, um den angebotenen Gegenstand zu erwerben. Natürlich darf man in dieser Phase auch bluffen. Ganz egal, für welchen Betrag man sich entscheidet, nimmt man diesen nun geschlossen in die Faust und deckt ihn zeitgleich mit allen Mitspielern auf. Der Spieler mit dem höchsten Gebot gewinnt die Auktion, alle anderen Spieler müssen jedoch die Münze oder den Schein mit dem insgesamt größten Geldwert aus ihrem Gebot als Gebühr abgeben und haben somit möglicherweise einen unplanmäßigen Netto-Verlust.
Es besteht allerdings auch die Option, erst einmal abzuwarten, was die anderen Bieter einzusetzen bereit sind. Hierzu legt man einen Blockadechip in die Faust und verhindert somit eine direkte Versteigerung. Nun kann man beim Aufdecken den Einsatz der Mitspieler anschauen und nun entscheiden, welchen Betrag man selber bietet. Das endgültige Höchstgebot wird nun in einer zweiten Auktionsphase erörtert, in der schließlich das erste und das zweite Gebot aller Spieler addiert werden. Wie gehabt bekommt der Höchstbietende die Warenkarte und legt sie für alle sichtbar vor sich ab.
Das Spiel endet schließlich, sobald ein Spieler in einer der drei Kategorien insgesamt drei zusammengehörige Karten besitzt, also beispielsweise drei gelbe Karten, drei Waren in neuem Zustand oder drei Luxusartikel. Derjenige, dem dies als Erstem gelingt, gewinnt das Spiel.
_Persönlicher Eindruck_
Zugegeben, die ersten Eindrücke waren bereits bescheidener Natur, und die freche Abkupferung des Spieltitels sprach nicht gerade dafür, dass sich hier ein Top-Spiel ansagen würde. De facto ist die grundsätzliche Idee, die hinter „3..2..1..meins!“ steckt, allerdings gar nicht mal so schlecht, es fehlt lediglich eine liebevollere Umsetzung der Inhalte. Dies beginnt natürlich schon mit der biederen Gestaltung des Spielmaterials; dass man auf Spielgeld zurückgreift, ist ja prinzipiell in Ordnung, schließlich soll ja auch ein entsprechend authentischer Realitätsbezug gewahrt werden. In diesem Fall wären aber dennoch einige stabilere Plättchen oder dergleichen angebracht gewesen, um zumindest zu gewährleisten, dass die Scheine und Münzen auch langfristig alle Partien schadlos überstehen. Davon kann man aber bereits nach drei bis vier Runden nicht mehr ausgehen …
Doch auch auf anderen Ebenen wurden gute Chancen bzw. die konsequente Ausarbeitung der Ideen versäumt. Warum nicht mehrere Farben wählen oder die einzelnen Kategorien noch etwas aufstocken? Das Ziel ist einfach zu schnell und zu einfach erreicht, auch samt den finanziellen Begrenzungen, die den Spielern auferlegt werden. Aber auch hier wäre man ja flexibel. Fakt ist jedenfalls, dass zumindest eine weitere Auswahl pro Kategorietyp dem Spiel merklich gut getan hätte, ohne dabei das Tempo herauszunehmen.
Positiv ist hingegen besagte Limitation, letztendlich der Grundstein für ein dennoch überraschend strategisches Spiel. Man muss schon gut haushalten und kann nicht beliebig die Preislage bestimmter Artikel in die Höhe treiben. Jedes fehlgeschlagene Gebot ist nämlich an empfindliche Gebühren geknüpft, die einen gerade beim Einsatz höherer Scheine schmerzlich treffen können. Allerdings greift dieser Mechanismus erst ab mindestens vier aktiven Spielern und stellt sich besonders im Spiel zu zweit als ziemlich kontraproduktiv heraus. Letzteres ist indes sowieso nicht zu empfehlen, weil einfach kein Spielfluss entstehen will. Sobald beide Seiten ein höheres Gebot abgeben müssen und dabei schon in den dreistelligen Bereich gehen, ist die Brisanz des Spiels sofort erloschen. Der Höchstbietende ist nämlich ziemlich gekniffen, weil ihm auf diese Weise schon das Geld aus der Tasche gezogen wurde, hat jedoch situationsabhängig keine andere Wahl, um dem Gegenüber nicht den sofortigen Sieg zu gönnen. Sollte ein Spieler zum Beispiel schon zwei Artikel einer Kategorie besitzen, und es kommt der erforderliche dritte unter den Hammer, kann dieser Spieler nun sein gesamtes Hab und Gut setzen. Gewinnt er nicht, hat er nur verhältnismäßig geringen Schaden. Sein Mitspieler jedoch muss nun mindestens überbieten und verliert anschließend möglicherweise sein gesamtes Geld, so dass der Verlierer der Versteigerung indirekt doch profitiert, weil er ja nun anteilmäßig Gebühren zahlen muss – und fürs nächste Gebot schließlich alle finanziellen Trümpfe in der Hand hält.
Es sind so einige Ungereimtheiten, die auf einige undurchdachte Spielszenarien zurückzuführen sind und den Spielspaß immer wieder ausbremsen. Dabei könnte „3..2..1..meins!“ bei entsprechender Detailverliebtheit durchaus ein reizvolles Spiel sein und für Kurzweil sorgen. In der hier dargebrachten Form jedoch ist die Messeneuheit von Schliemann und Becker hingegen eher durchschnittlich, aufgrund des billigen Spielmaterials ist eigentlich sogar vom Kauf abzuraten. Bei einem Endpreis von unverschämten 20 € sollte sich die Diskussion um Pro und Kontra aber sowieso erledigt haben. Hier stehen Inhalt und Preisvorstellung nämlich in keiner vertretbaren Relation mehr zueinander!
Eric Solomon gilt als einer der besten Underground-Spieldesigner der vergangenen Dekaden und hat im Laufe der Jahre einige Titel etablieren können, die auch hierzulande auf reichlich Beachtung stießen. Unter anderem geht auch das zuletzt noch unter dem Titel „Casablanca“ via |Amigo| aufgelegte „Sigma File“ auf die Rechnung des englischen Physikers und Mathematikers. Aber auch beim |Franjos|-Verlag erschienen in den letzten Jahren einige Spiele, die seiner Autorenfeder entstammen, so zum Beispiel „Entropy“ (heute als „Hyle 7“ bekannt) und „Billabong“.
Sein Meisterstück lieferte Solomon indes 1977 mit der „Black Box“ ab, einem Logiktrainer der ganz besonderen Art, der jedoch in den letzten Jahren im Zuge des starken Kommerzialisierung des Spielemarktes kaum mehr thematisiert wurde. Zum 30-jährigen Jubiläum hat sich der |Franjos|-Verlag nun dazu entschlossen, das Spiel ein weiteres Mal aufzulegen und es sogar noch um einen weiteren Spielplan zu erweitern. Das Resultat hört auf den Namen „Black Box +“, ist im Grunde genommen lediglich eine grafisch und materiell verbesserte Variante des Spiels, eröffnet aber durch das hexagonale Spielbrett völlig neue Möglichkeiten, die selbst Besitzer des Originals noch einmal an den Tresen locken sollten. Schön, dass man sich hier ein Herz genommen hat!
_Spielidee_
In „Black Box“ treten ein Molekülbauer und ein Forscher im Duell gegeneinander an, um ein atomares Rätsel zu entziffern bzw. dessen Entschlüsselung zu verhindern. Der Molekülbauer hat, so die Vorgeschichte, ein ganz besonderes Molekül entwickelt, welches aus vier unabhängig positionierten Atomen besteht und innerhalb der Black Box skizzenhaft angelegt wurde. Jene Black Box hingegen besteht aus einem acht mal acht Felder großen Quadrat, dessen äußere Felder jeweils mit einer Ziffer versehen wurden, die wiederum die konkrete Position der Atome bestimmen lässt. Die Aufgabe des Forschers ist es nun, das geheime Projekt des Molekülbauers aufzudecken und die Positionen der Atome genau zu bestimmen. Hierzu schießt er imaginäre Strahlen in die Black Box und beobachtet ganz genau, an welcher Stelle sie die Black Box wieder verlassen. Anhand der Absorptionen, Ablenkungen und Reflexionen dieser Strahlen erkennt er schließlich, wo genau die Atome verborgen sind und wie der Gesamtaufbau des Moleküls beschaffen ist. Ziel ist es letztendlich, dies schneller herauszufinden als das Gegenüber, denn in einer Partie des Spiels nehmen beide Spieler jeweils einmal die Rolle des Molekülbauers und des Forschers ein und messen darin ihr logisches und räumliches Denken im direkten Vergleich.
_Spielmaterial_
• 1 beidseitig bedruckter Spielplan
• 6 große Dreiviertelkugeln
• 42 bunte Markierungssteine aus Holz
• 1 Spielblock mit Black-Box-Diagrammen
• 1 Spielanleitung
• 1 Rätselheft mit Black-Box-Aufgaben
Bei den Spielmitteln setzt der Verlag bekanntermaßen auf Qualität, und das soll sich auch bei der Neuauflage von „Black Box“ nicht grundsätzlich ändern. Ganz im Gegenteil: Sowohl die Markierungssteine als auch die Atome sind aus massivem, bemalten Holz und gewähren ein optimales Handling. Der Spielblock indes limitiert das Spiel ein wenig, bietet aber mit ca. 50 Blatt genügend Potenzial für einige verplante Spielabende. Ergo: Lobenswert!
_Spielaufbau_
Der Spielablauf einer Partie „Black Box“ ist relativ simpel und prinzipiell sofort verständlich. Die Spieler einigen sich darauf, wer zunächst welche Rolle übernimmt, und verteilen entsprechend Markierungssteine und Atome an den Forscher sowie den Spielblock an den Molekülbauer. Letzterer zeichnet nun die genauen Positionen der Atome ein und wählt dabei eine beliebige, selbst bestimmte Anordnung. Sobald diese erstellt ist, darf der Forscher nun mit seiner Analyse beginnen. Hierzu nennt er eines der 32 nummerierten Randfelder des Spielplans und schießt dort beginnend einen imaginären Strahl durch die Black Box. Trifft dieser nun direkt auf ein Atom, wird er absorbiert, kommt er hingegen in den Einflusskreis eines Atoms, wird er rechtwinklig abgelenkt. Es kann dabei auch geschehen, dass ein Strahl mehrfach abgelenkt wird, je nachdem, wie viele Atome er auf seinem Weg antrifft. Eine weitere Möglichkeit ist die Reflexion, die genau dann stattfindet, wenn ein Strahl an zwei Atomen gleichzeitig abgelenkt wird. Trifft ein Strahl auf kein Atom, schießt er geradewegs durch die Black Box und gibt dem Forscher keine Informationen über die Position irgendeines Atoms – außer eben, dass in der betreffenden Reihe und rechts und links davon keines zu finden ist.
Der Molekülbauer teilt dem Forscher nun mit, an welcher Stelle der Strahl wieder austritt bzw. ob er absorbiert wurde. Nun nimmt der Forscher seine Markierungssteine und dokumentiert somit die Ein- und Austrittsstelle des Strahls. Sollten sich diese nicht gleichen, nimmt er zwei gleichfarbige Steine und hält das Resultat fest. Eine Absorption wird mit einem schwarzen, eine Reflexion, also ein Austritt an gleicher Stelle, mit einem weißen Stein markiert.
Dieses Procedere wird nun so lange wiederholt, bis der Forscher sich sicher ist, die genaue Position der Atome zu kennen. Er darf währenddessen die Atomsteine beliebig auf dem Spielfeld versetzen, um sich selber eine optische Hilfestellung zu geben. Glaubt er, die Lösung gefunden zu haben, nennt er sein Ergebnis und vergleicht es mit der Skizze des Molekülbauers auf dem Block. Nun wird gewertet. Jeder Markierungsstein, der eingesetzt wurde, bringt dem Molekülbauer einen Punkt, jedes falsch geratene Atom fünf weitere.
Der Molekülbauer notiert das Resultat und wechselt nun mit dem Forscher-Spieler die Rolle. Das Spiel läuft anschließend nach demselben Muster weiter, bis auch der zweite Forscher die Lösung parat hat. Die Punkte werden als Letztes miteinander verglichen; derjenige mit dem besten Ergebnis gewinnt natürlich.
_Das hexagonale Spiel_
Sobald man die ‚einfache‘ Black Box sicher beherrscht, geht es an die Fortgeschrittenen-Version, die zunächst wie ein Extrem-Puzzle für die totalen Freaks anmutet. Die Ablenkungswinkel wollen erst einmal beherrscht werden, da sie im Sechseck eben nicht ganz so linear verlaufen wie noch im vergleichsweise leicht zu überschauenden Quadrat. Doch auch durch die wachsende Zahl der Felder wird das Ganze noch einmal um ein großes Stück komplizierter und verschachtelter, so dass es definitiv einer längeren Eingewöhnungsarbeit bedarf, bis sich der Überblick in das neue Szenario gefestigt hat. Außerdem spielt man nun wahlweise mit fünf oder – Denksportler aufgepasst – sechs Atomen, was die Sache nicht weniger verzwickt macht. Allerdings ist der Lohn, sprich der Spielspaß, Entschädigung genug für so manch zermartertes Gehirn …
_Persönliches Fazit_
Die neue Variante der „Black Box“ dokumentiert richtig schön, dass sich in den Grundfesten des klassischen Strategiespiels innerhalb der letzten Jahrzehnte elementar nichts verändert hat. Das Spiel ist absolut zeitlos und fesselt regelrecht, gerade im neu hinzugekommenen Hexagonal-Bereich, der nun wirklich für jeden Tüftler das Nonplusultra darstellen sollte. Das Spiel mit sechs Atomen scheint manchmal sogar kaum lösbar, da die Strahlen teilweise drei- oder sogar vierfach abgelenkt werden und man irgendwann gar nicht mehr weiß, wie welche Konstruktion denn nun möglich ist. Das Gefühl der Resignation ist aber dennoch eine große Unbekannte, da man einfach um jeden Preis wissen will, was sich der gegnerische Molekülbauer ausgedacht hat, und man sich schlichtweg nicht aufs Glatteis führen lassen möchte. Der Spielreiz ist letzten Endes sogar so groß, dass man sich immer wieder bei der Wiederholungstat ertappt, die ja bei der konsumentenfreundlichen Kurzspielzeit von ungefähr zehn bis zwanzig Minuten pro Partie auch mehrfach möglich ist.
Aufgrund der erweiterten, nunmehr fast schon vollkommen unbegrenzten Möglichkeiten avanciert „Black Box +“ schließlich zum echten Dauerbrenner, so dass der Spielblock bereits nach einigen Wochen aufgebraucht sein sollte. Es empfiehlt sich also, rechtzeitig für Nachschub zu sorgen, da man einfach nicht von der kniffligen Tüftelei ablassen kann. Aus diesem Grund ist das Resümee auch sehr eindeutig. |Franjos| hat einem bereits existenten Spielklassiker durch eine effiziente Frischzellenkur neues Leben eingehaucht und das Spiel gerade durch das zusätzliche Spielfeld noch einmal enorm verbessert. Dieser Eindruck wird zusätzlich durch die tolle Bonus-Beilage bestärkt, einen Rätsel-Block im „Black Box“-Format, mithilfe dessen man auch solo mit dem System zu arbeiten lernt. Wer Denksport-Klassiker wie „Mastermind“ liebt und auch das Spielprinzip von „Schiffe versenken“ mag, für den wird die „Black Box +“ in jeglicher Hinsicht erfüllend sein. So einfach und doch so kompliziert kann sich dauerhafter Spielspaß gleichsam definieren!
Mit „Exxit“ hat der französische Designer-Spielverlag |Jactalea| jüngst das erfolgreiche Konzept simpler, klassischer Zweimannspiele erfolgreich fortgesetzt und das edle Programm um ein weiteres Highlight angereichert. Autor Vincent Everaert entführt seine Interessenten in die Welt der Gegensätze, festgehalten in den beiden Spielfarben, die in „Exxit“ ins Duell treten. Materie gegen Anti-Materie, Gut gegen Böse, Ordnung gegen Chaos, Kälte gegen Wärme – man kann sicher viele Bezeichnungen für die scharfen Kontraste finden, die hier gegeneinander antreten; hier wird der Kampf indes Schwarz gegen Weiß ausgetragen, dies auf variablen, zweiseitigen Sechsecken, in deren Besitz die Spieler während einer Partie „Exxit“ gelangen müssen. Doch dies ist, so zeigt der Spielverlauf, selbst bei wachsender Erfahrung ein schwieriges Unterfangen und somit auch eine echte Herausforderung.
_Das Spielmaterial_
Der unscheinbare, schlicht aufgemachte Karton im größeren Taschenbuchformat beinhaltet neben einem tollen Ledereinband mehrere Bögen mit doppelseitig bedruckten Hexagonalen, insgesamt 39 an der Zahl. Des Weiteren sind jeweils acht weiße und schwarze runde Spielplättchen enthalten, die das aktive Spielmaterial der Partie darstellen.
Der Clou des Ganzen ist, dass alle Spielmittel aus Schaumstoff sind und gerade im Handling ein sehr angenehmes Feeling vermitteln. Zwar ist deshalb auch Obacht geboten, da vor allem die weißen Seiten der einzelnen Steine recht schnell verschmutzen, jedoch überwiegt letztendlich der positive Eindruck der innovativen Gestaltung. Fraglich ist nur, inwiefern dazu die Ledermatte erforderlich ist, da sie nach dem ersten Ausstanzen der Plättchen keinen adäquaten Aufbewahrungsbehälter mehr darstellt. Diesbezüglich wurde wohl eine Kleinigkeit nicht bedacht, andernfalls wäre das äußere Erscheinungsbild sicherlich noch ein ganzes Stück edler gewesen.
_Der Wettstreit_
In „Exxit“ geht es darum, möglichst viele Hexagonale in seiner Spielfarbe aufzudecken und diese nach Möglichkeit zusammenhängend nebeneinander zu platzieren. In der Endabrechnung gibt es nämlich zwei Punkte für jeden Spielstein des größten zusammengehörigen Sechseck-Feldes, für die übrigen Sechsecke in der eigenen Spielfarbe aber immerhin auch noch einen Punkt. Dies bedeute gleichzeitig, dass nicht zwangsläufig derjenige gewonnen hat, der die meisten Hexagonale aufgedeckt hat.
Zu Beginn des Spiels werden vier Sechsecke gegenüberliegend ausgelegt und bildend das Startfeld. Jeder Spieler erhält in seiner Farbe seine Spielplättchen, wobei Weiß immer den ersten Zug hat. Der Spielaufbau gliedert sich nun wie folgt: Zunächst legt der erste Spieler einen Spielstein auf ein beliebiges Feld. Nun tut es ihm der zweite Spieler gleich. Anschließend verfährt man nach den üblichen vier Schritten des Spiels:
1.) Sofern man nicht imstande ist, einen Sprung über ein anderes Plättchen zu vollführen, legt man erneut einen Stein auf ein freies Sechseck.
2.) Wer indes über ein anderes Plättchen springen kann, ist verpflichtet, diese Aktion auch durchzuführen. Springen kann man, sobald ein Plättchenstapel (im späteren Verlauf liegen oft mehrere Plättchen gleicher und unterschiedlicher Farben aufeinander) mit einem eigenen Plättchen zuoberst in Reichweite zu einem höchstens gleich hohen Stapel mit einem gegnerischen Plättchen an oberster Stelle platziert ist. Dies hört sich komplizierter an, als es letztendlich ist. Eine weitere Bedingung ist, dass der ‚feindliche‘ Stapel auf einer geraden Linie zum eigenen Stapel liegt und vor allem durch einen Sprung erreicht werden kann.
Der Sprung sieht nun folgendermaßen aus: Das oberste (also das eigene) Plättchen wird auf das Nachbarfeld gesetzt, das nächste Plättchen genau ein Feld weiter, etc. Wichtig ist, dass der letzte Stein zumindest auf den anvisierten Stapel des Gegners oder sogar weiter bewegt werden kann. Eine genauere Übersicht über diese Aktion findet sich in den englischen [Spielregeln,]http://www.jactalea.com/rules/exxit__uk.pdf die leider ein wenig kompliziert aufgebaut sind und das Verständnis erst über das Spiel selbst vermitteln. Doch wie gesagt, letztendlich ist der Ablauf des Springens ganz leicht, allerdings mit zunehmender Spieldauer eine strategische Herausforderung sondergleichen.
3.) Sobald man mit einem Sprung irgendein Plättchen über die Begrenzung des Spielfelds hinausbugsiert hat, wird dieses Plättchen in die daran anschließende Lücke gelegt. Sollten in dieser Lücke schon zwei weitere Sechsecken angrenzen, darf man nun seinen Spielstein durch ein Sechseck ergänzen und es auf seine Farbe drehen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass bereits mehrere Plättchen dort ausliegen, bis dato aber noch nicht verbaut werden konnten. Der Spieler, der nun sein Plättchen ‚hinausschießt‘ und dieses folgerichtig auf das schon ausliegende Plättchen legt, kann nun möglicherweise doppelt profitieren und auch noch ein zweites und drittes Sechseck in seiner Farbe hinzufügen. Infolgedessen wächst der Spielplan schließlich immer weiter, bis schließlich das letzte Sechseck ausgelegt wurde.
4.) Für den seltenen Fall, dass nun überhaupt keine Aktion oder Bewegung möglich ist, muss der Spieler passen und übergibt den nächsten Zug wieder an seinen Konkurrenten.
Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn alle Hexagonale an das wachsende Spielfeld angelegt wurden. Den Zeitpunkt kann man vorab durch die Festlegung der verwendeten Spielsteine ein wenig eingrenzen. Gerade in den ersten Partien empfiehlt es sich, weniger Sechsecke zu benutzen, damit sich der Spielmechanismus erst einmal manifestiert. 19 oder später 29 Steine scheint in dem Falle eine angebrachte Interimslösung.
Im Anschluss an das Spielende folgt die Wertung nach dem eben benannten Prinzip. Die Steine der größten eigenen ‚Insel‘ werden mit jeweils zwei Punkten gewertet, alle anderen Steine in der eigenen Farbe mit einem Punkt. Die Summen der beiden Farben werden verglichen und somit der Sieger ermittelt.
_Persönlicher Eindruck_
„Exxit“ gehört zu jenen Spielen, bei denen man schon resignieren möchte, bevor man die erste Partie begonnen hat. Leider Gottes ist die Spielanleitung nämlich ein wenig kompliziert aufgebaut und trotz unzähliger Beispiele nicht schlüssig. Dies erscheint insofern seltsam, als der generelle Mechanismus mit wenigen Worten erklärt ist, man sich aber durch die umständlich formulierten Aktionsmöglichkeiten schnell verunsichert fühlt und irgendwann gar nicht mehr begreifen kann, dass das Spiel eigentlich ziemlich rasch erlernt ist.
Letzteres ist aber nicht damit gleichzusetzen, dass es „Exxit“ an Tiefe mangelt. Wie sich nämlich schon nach den ersten Runde herausstellt, hat Vincent Everaert hier einen echten Taktik-Klassiker konzipiert, der besonders mit wachsender Spieldauer bzw. zum Ende einer jeden Partie zu einem raffinierten Schlagabtausch avanciert, in dem jeder einzelne Schritt gut überlegt werden will. Wer hier Parallelen zu Schach zieht, liegt grundsätzlich gar nicht mal so falsch, denn letzten Endes wird man bei „Exxit“ vornehmlich für seine Leichtsinnsfehler bestraft, während man aufgrund der gleichen Startbedingungen eigentlich alle Geschicke selber in der Hand hat – eben ganz so, wie es sich für einen klassischen Zweimann-Wettstreit gehört.
Etwas abschreckend ist indes der hohe Anschaffungspreis; 35 €uro für ein paar Schaumstoffsteinchen und eine letztendlich eher überflüssige Spielmatte sind gelinde gesagt eine Frechheit und abschreckend genug, sich erst gar nicht mit dem Titel zu beschäftigen. Woher die Berechtigung für derlei Forderungen kommt, ist mir dementsprechend auch schleierhaft; man sollte jedoch bedenken, dass potenziell Interessierte sich bei Kenntnisnahme dessen wieder von „Exxit“ abwenden werden – was wiederum schade für dieses richtig tolle, spannungsreiche Spiel wäre. Ergo: Spiel hui, Preis pfui!
Wir schreiben das Jahr 1898; acht Jahre sind mittlerweile ins Land gezogen, seit der vampirische Graf Dracula London in sein Reich der Finsternis verwandeln wollte, dabei jedoch letztendlich scheiterte. Dracula wurde vertrieben, manche sprachen sogar vom endgültigen Dahinscheiden des transsilvanischen Fürsten, der einst Europa zu unterjochen versuchte. Nun jedoch kehrt Dracula wieder erstarkt zurück. In „Fury of Dracula“ feiert der mächtige Graf ein triumphales Comeback und ist dieses Mal entschlossener denn je, seine düsteren Pläne durchzusetzen. Acht Jahre lang hat er sich entscheidendes Wissen aneignen und ein Heer aus treuen, blutrünstigen Dienern zusammenstellen können – und in diesen acht Jahren ist in ihm der Gedanke gereift, die gesamte Welt unter die Herrschaft seiner Vampire zu bringen.
Nur eine elitäre Auswahl pflichtbewusster Jäger ist nun noch imstande, den Grafen bei seinem Vorhaben zu stoppen. Jener jedoch reist inkognito über das europäische Festland, treibt sein Unwesen auf See und ist seinen Häschern meist einen Schritt voraus. Werden Lord Godalming, Dr. Seward, Van Helsing und Mina Harker dennoch die Welt vor dem drohenden Unheil retten können? Dies gilt es in diesem fulminanten, opulent aufgearbeiteten Brettspiel von Stephen Hand jedes Mal aufs Neue zu ermitteln.
_Spielidee_
„Fury of Dracula“ knüpft an das klassische Hase-und-Igel-Spiel in einer weitaus komplexeren Form wieder an. Eine stete gleich bleibende Anzahl unterschiedlich beschaffener Jäger verfolgt den Grafen durch ganz Europa und erhält immer nur kurze Hinweise über seinen aktuellen Standort. Ähnlich wie beim legendären Klassiker „Scotland Yard“ gibt der Graf sich nämlich nur selten zu erkennen, dies zumeist, nachdem eine Ereigniskarte gezogen wurde. Das Ziel der Spieler ist es also, Dracula auf der Europakarte immer deutlicher einzukreisen und ihn schließlich im Kampf zu stellen. Allerdings ist ihre Zeit begrenzt, denn schon nach sechs abgeschlossenen Tagen ist Draculas Macht so groß, dass der Lord aller Vampire samt seinen Dienern unbesiegbar geworden ist und somit auch das Spiel gewinnt. Sollte es ihm indes gelingen, einen neuen Vampir zu beschwören oder sogar einen Jäger im Kampf zu vernichten, tickt die Uhr für die Jäger noch schneller.
Einen entscheidenden Vorteil haben die Jäger jedoch. Die einzelnen Spielrunden gliedern sich in die unterschiedlichen Tagesphasen. Dementsprechend muss Dracula auch in der ungeliebten Mittagshitze agieren und bietet dabei die beste Angriffsfläche für eine gezielte Attacke. Sollte es ihnen dabei gelingen, Draculas Blutvorrat im Kampf bis zum Nullwert zu dezimieren, bevor Draculas Siegbedingungen eingetreten sind, gewinnen die vier Jäger.
Hinsichtlich des Spielmaterials ist „Fury of Dracula“ bewährte |Fantasy Flight|-Kost. Diese nüchterne Betrachtung soll aber keinesfalls die Qualitäten der vielfältigen Spielmittel unterbuttern, sondern prinzipiell nur darstellen, dass auch bei dieser spielerischen Spätadaption des Bram-Stoker-Klassikers keine Kosten und Mühen gescheut wurden, um dem Spiel ein umfassendes Setting zu ermöglichen bzw. die Vielschichtigkeit auch abseits des opulenten Spielaufbaus zu gewährleisten. Aber auch die grafische Aufarbeitung ist absolut klasse und sorgt für eine authentische, beeindruckende Atmosphäre, die den Spieler geradewegs in das viktorianische England zurückversetzt. Sehr gute Arbeit, die man aber von einem erprobten Horror-Tüftler wie Stephen Hand (u. a. [„The Texas Chainsaw Massacre“) 1380 auch in dieser exquisiten Form erwarten durfte.
_Vorbereitung_
Zur Vorbereitung eines |Fantasy Flight|-Games gehört natürlich auch erst einmal die ausführliche Regelstudie, die auch dieses Mal wieder zumindest eine geschlagene Stunde verschlingt, bis alle Details des Spiels aufgesogen wurden. Da die Spielregel aber wirklich auf alle Nuancen des Spiels eingeht und darüber hinaus auch schon bevorstehende Fragen vorab beantwortet, nimmt man diesen gehörigen Zeitaufwand natürlich gerne in Kauf.
Anschließend geht es an die Präparation des Spielfelds bzw. an die Verteilung der Spielmaterialien. Zunächst jedoch müssen sich die beteiligten Spieler darauf einigen, wer die Person des Draculas und wer einen oder mehrere Jäger spielt. Unabhängig von der Spielerzahl sind nämlich jederzeit alle Jäger im Spiel. Nach dieser Aufteilung positioniert man alle Figuren an den entsprechenden Seiten des Spielbretts; dies heißt gleichzeitig, dass die Jäger in einer festgelegten Reihenfolge auftreten, so dass zuerst Lord Godalming, dann Dr. Seward und Van Helsing und als Letztes Mina Harker ihren Zug vollführen. Eine Abweichung dessen sieht die Spielregel nicht vor, was aber – so stellt sich im Spielverlauf heraus – auch sinnig ist.
Der Dracula-Spieler erhält nun eine Dracula-Referenzkarte, seine Spielfigur, einen schwarzen Würfel sowie alle Orts- und Taktikkarten für die Dracula-Figur. Des Weiteren nimmt er seine Machtkarte mit den 15 Blutstropfen an sich und legt die Begegnungsmarker bereit. Fünf Begenungsmarker zieht er nun aus dieser Auswahl heraus, die restlichen legt er als Nachziehstapel verdeckt ab.
Die Jäger erhalten ihre Charakterkarte(n), einen Gesundheitsmarker, um die aktuelle medizinische Beschaffenheit zu markieren, ihre Spielfigur(en) und jeweils einen Satz mit den drei Anfangs-Taktikkarten. Die Ausrüstungs- und Taktikkarten werden nun separat gemischt, wobei sowohl Draculas als auch die Ereigniskarten der Jäger in einen Stapel gemischt werden. Sobald alle Vorkehrungen getroffen sind, beginnt die erste Spielrunde mit Draculas Zug.
_Spielablauf_
Eine Spielrunde besteht aus insgesamt fünf Phasen, die jeweils die Züge der einzelnen Beteiligten dokumentieren. Zuerst führt immer der Vampir-Spieler seinen Zug aus, anschließend schreiten die Jäger in der vorgeschriebenen Reihenfolge zur Tat. Draculas Zug gliedert sich dabei noch einmal in drei aufeinander folgende Etappen:
|a) Zeitkontrollphase|
Zu Beginn von Draculas Zug schiebt er den Tag-/Nacht-Marker auf dem Spielbrett um ein weiteres Feld vorwärts und verrückt somit die Tageszeit gen Abend. Der Tag in „Fury of Dracula“ besteht aus insgesamt sechs Abschnitten, jeweils drei zur Tages- und drei zur Nachtzeit. Nach sechs Runden, also sechs Bewegungen in diesem Bereich, endet ein Tag und ermöglicht Dracula, seinen Machtbereich um einen weiteren Punkt aufzuwerten. Bei insgesamt sechs Punkten ist das Spiel zu Ende und Dracula der Sieger. In diesem Fall steigt aber auch die Entschlossenheit auf der entsprechenden Leiste der Jäger und ermöglicht diesen eine besondere Aktion.
Im Sonderfall, dass der Vampir sich auf hoher See befindet, bleibt die Tageszeit bestehen; es ist also so oder so nicht ratsam, Dracula aufs Wasser zu bewegen, da somit ein Fortschritt in der Zeitkontrollphase nicht möglich ist und zweitens die Seereisen auch an seinem Blutvorrat zehren.
|b) Bewegungsphase|
Dracula bewegt sich geheim über Europas Landkarte und kann hierzu Straßen und Schiffe nutzen. Im Gegensatz zu den Jägern sind die Zugstrecken für ihn tabu, da ihm seine stolze aristokratische Tradition verbietet, die Bahn zu benutzen. Kult! Damit die übrigen Mitspieler nicht sehen, welche Wege Dracula nimmt, wählt er eine seiner Ortskarten und legt diese verdeckt auf die Leiste ‚Draculas Spur‘ auf dem Spielplan. Diese Karte dokumentiert nun Draculas aktuellen Aufenthaltsort. Da für jeden Ort auf dem Spielplan nur eine Karte verfügbar ist, kann Dracula sich nicht beliebig hin und her bewegen. Jedes Mal nämlich, wenn er einen Ort weiter zieht, werden auch die Ortskarten auf der Leiste um ein Feld weiterbewegt, das heißt, sie verbleiben dort zumindest sechs Runden. Innerhalb dieser sechs Runden muss Dracula also auch sechs verschiedene Standorte aufsuchen.
Um sich ein wenig vor den Angriffen der Jäger zu schützen, stattet der Dracula-Spieler alle Ortskarten mit Begegnungsmarkern aus, die individuell ganz verschiedene Folgen für die Jäger haben können. Landet ein Jäger nun auf einem der Orte, der Draculas Spur folgt, muss er sich dieser Begegnung stellen und eventuell auch die Konsequenzen tragen. Die Ortskarten werden nun Runde für Runde weiter nach rechts geschoben, bis sie quasi wieder an der anderen Seite ‚herausfallen‘. Nun sind sie für den Dracula-Spieler wieder verfügbar, es sei denn, er entschließt sich, die Karten in seinen Katakomben zu platzieren. Dort ist Raum für bis zu drei Ortskarten und einen weiteren Begegnungsmarker; sollten die Jäger nun einen dieser Orte betreten, müssen sie sich gleich doppelt warm anziehen, da diese durch die Begegnungen in den Katakomben gleich doppeltes Leid befürchten müssen.
Schädlich ist indes Draculas Bewegung auf See; sobald Dracula in See sticht, kostet ihn das einen Blutstropfen; jeder zweite Schritt auf der Seereise erfordert weiteres Blut; außerdem unterscheiden sich die Ortskarten der See von denen an Land, was dazu führt, dass Draculas Position mitunter leichter zu bestimmen ist. Da auch die Tageszeitanzeige auf See nicht fortschreitet, sollte Dracula diesen Weg nur in äußerster Bedrängnis oder natürlich als Bluff durchführen.
Bei allen Bewegungen kann Dracula auch eine seiner Machtkarten ausspielen, die ebenfalls dazu dienen, die Kontrahenten zu täuschen.
|c) Aktionsphase|
Falls Dracula sich nicht gerade auf See befindet, kann er eine von zwei möglichen Aktionen durchführen; entweder greift er einen oder mehrere Jäger an, die sich im selben Ort wie er befinden, oder aber er platziert auf seinem momentanen Aufenthaltsort eine Begegnung. Des Weiteren kann er eine Begegnung, die auf einer gerade ‚hinausgestoßenen‘ Ortskarte abgelegt war, reifen lassen und eventuell eine damit verbundene Zusatzaktion durchführen. Dann jedoch darf die Karte nicht mehr in die Katakomben gelegt werden.
Nach der aktiven Aktionsphase zieht Dracula wieder neue Begegnungsmarker, bis er wieder fünf in der Hand hält. Nun ist sein Zug beendet.
Nach Draculas Zug sind die Jäger nacheinander an der Reihe. Beginnend mit Lord Godalming verläuft ihr Spielzug in zwei Phasen:
|a) Bewegungsphase|
Ähnlich wie auch Dracula bewegen sich die Spieler um ein Straßen- oder Seefeld auf der Karte fort. Zusätzlich können sie auch die Bahnstrecken Europas nutzen, wobei die Reichweite ihres Zuges mit einem speziellen Würfel ermittelt wird. Es kann dabei passieren, dass eine Fortbewegung verwehrt wird, möglich ist aber auch, dass man gleich mehrere Felder ziehen kann. Prekär dabei: Das Schienennetz in Osteuropa ist schlechter ausgebaut, daher sind dort längere Bewegungen nicht möglich.
|b) Aktionsphase|
Sollte sich am aktuellen Aufenthaltsort des Jägers eine Begegnung befinden, muss er sich dieser stellen. Wenn sogar Dracula selber dort zugegen ist, kommt es zu Kampf. In diesem Fall spielen die Jäger ihre Taktikkarten plus mögliche Ausrüstungsgegenstände aus und messen sich auf diesem Wege mit Dracula. Dies ist besonders am Tage lukrativ, da Dracula hier nur eine begrenzte Zahl seiner Waffen einsetzen kann und dementsprechend leichter verwundbar ist. Jeder Kampf endet, sobald eine Seite geflohen oder vernichtet ist.
Wenn jedoch keine Begegnungen vorhanden sind, dürfen die Spieler wählen, ob sie sich ausruhen, ausrüsten oder Gegenstände miteinander tauschen wollen. Beim Ausruhen zieht der Spieler zwei Ereigniskarten und legt sie ab. Sollte dabei jedoch eine Dracula-Ereigniskarte gezogen werden, geht sie an den Dracula-Spieler, der nun die entsprechende Aktion ausführen darf. Anschließend erhält der gerade aktive Jäger zwei Gesundheitspunkte.
Inwiefern man sich ausrüsten kann, hängt von der Größe des Aufenthaltsortes ab. Dort kann man individuell verschiedene Ausrüstungs- und Ereigniskarten ziehen. Letztere werden immer unterhalb des Nachziehstapels gezogen, damit niemand vorher einsehen kann, ob es sich dabei um eine Jäger- oder doch um eine unerwünschte Dracula-Karte handelt.
Ein Tausch ist besonders dann wichtig, wenn eine Person merklich geschwächt ist und dringend vor dem Tod geschützt werden muss. Allerdings kann man nur tauschen, wenn man sich in der gleichen Stadt wie der Tauschpartner befindet.
Im weiteren Verlauf jagen und hetzen die Häscher nun den Grafen und führen einen harten Wettstreit mit der Zeit. Beide Seiten haben dabei die Möglichkeit der Rekreation, wobei dies natürlich auch alles eine Frage der Zeit ist. Sobald Dracula sich jedoch regeneriert, muss er sich seinen Kontrahenten zeigen, so dass auch diese Option bedenklich sein kann.
Das Spiel endet schließlich, sobald eine Seite die Siegbedingungen erfüllt hat. Die Jäger müssen Dracula aufstöbern und vernichten, der Vampir hingegen muss auf seiner Machtanzeige sechs Punkte erzielen, die er bei jedem verstreichenden Tag sowie in doppelter Ausführung immer dann erhält, wenn ein neuer Vampir gereift ist oder ein Mitspieler getötet wurde. In der Regel handelt es sich hierbei aber um ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen …
_Persönlicher Eindruck_
Wie generell bei allen Titeln aus dem Hause |Fantasy Flight Games| war die Euphorie vor der ersten Partie zu „Fury of Dracula“ kaum mehr zu bremsen, nicht zuletzt wegen der tollen optischen Aufmachung, die das Spiel unzweifelhaft auszeichnet. Stephen Hand hat sich bei der Gestaltung von Spielplan und Kartenmaterial einiges einfallen lassen, um ein durchweg homogenes, darüber hinaus sehr authentisches Erscheinungsbild zu gewährleisten, das schließlich durch das spürbare Horror-Flair auch blitzschnell die Spieler befällt. Die Grundvoraussetzungen sind also, wie gehabt, bestens.
Das Spielsystem steht dem im Grunde genommen in nichts nach, da es zum einen äußerst vielschichtig aufgebaut ist und zum anderen gerade für den Strategie-Tüftler (speziell in der Rolle des Dracula) unheimlich viele Variationen offenhält. Zwar wird es zum Beispiel dem Gejagten kaum gelingen, sich über die volle Spielzeit komplett vor den Jägern zu verstecken und sie mehrfach in die Irre zu führen, doch dank der verschiedenen Spezialaktionen und Täuschungsmanöver ist für ein durchweg spannendes, individuell stets andersartiges Spiel gesorgt. Dabei lässt sich natürlich nicht leugnen, dass der Spieldesigner wesentliche Elemente von „Scotland Yard“ aufgreift, diese jedoch mitsamt der komplexeren Zusatzmechanismen noch einmal gehörig verschärft. In diesem Zusammenhang gefällte Zitate wie „Scotland Yard für Fortgeschrittene“ sind dementsprechend nicht aus der Luft gegriffen, andererseits aber auch ein gewisses Qualitätssiegel, welches sicherlich den einen oder anderen Interessenten früher oder später zu „Fury of Dracula“ führen wird. Die eben erwähnte Vielschichtigkeit bedingt aber nicht sogleich auch eine übergeordnete Komplexität, soll heißen, dass das Spielprinzip eigentlich leicht verständlich ist, durch die unzähligen Handlungsstrategien aber zu keiner Zeit einen vorab transparenten Spielverlauf verheißt. So zum Beispiel ist ein entscheidender Punkt, inwiefern die Jäger auch tatsächlich zusammenarbeiten bzw. wie viel Risikofreude das verfolgende Team aufbringt, was andererseits wiederum bedeutet, dass der Ablauf einer jeden Partie komplett anders sein kann, obwohl man grundsätzlich gleiche Taktiken verfolgt.
Eine Einschränkung besteht lediglich für das 2-Spieler-Duell, das zwar prinzipiell möglich ist, in Sachen Spielreiz aber sicherlich nicht so überzeugend ist wie die ausgedehnte Variante im vollständig ausgeschöpften Spielerkreis. Wer also in den wahren Genuss dieses überraschend kommunikativen Spiels kommen möchte, der sollte diesbezüglich die entsprechenden Vorkehrungen treffen und den Tisch füllen.
Dies wäre jedoch auch schon der einzige, eigentlich schon fast wieder unwichtige Kritikpunkt eines rundum gelungenen, visuell sogar genialen Strategiespiels, dessen Langzeitpotenzial sich durchaus mit der Konkurrenz des eigenen Verlags messen kann, und das sich folgerichtig auch sehr schön in die Liste der fantastischen deutschsprachigen Adaptionen des |Heidelberger Spieleverlags| einreiht. Beide Daumen hoch für diese erstklassige Umsetzung!
Nach dem durchschlagenden Erfolg sowie den vermehrten Auszeichnungen für den Ystari-Erfolgstitel „Caylus“ stand der französische Kleinverlag auf der letztjährigen Messe gehörig unter Druck. Wahre Geniestreiche wurden erwartet, schließlich stand der Aufstieg in den Strategiespiel-Mainstream unmittelbar bevor. Mit „Yspahan“ legte man schließlich auch genau jenes Schwergewicht nach, das von Publikum und Kritikern gleichermaßen herbeigesehnt wurde, nämlich ein erstklassiger, angehender Klassiker, der ganz in der Tradition seiner Vorgänger „Caylus“ und [„Ys“ 4270 steht. Ergo: Operation gelungen, Patient quicklebendig!
_Hintergrund_
Im Jahre 1598 wuchs Yspahan zur Hauptstadt des persischen Reichs heran. Wirtschaftlich und kulturell erlebte man eine gewaltige Blütezeit und avancierte langsam aber sicher zum Zentrum der hiesigen Welt. Die Dörfer und Städte in der Umgebung wollten davon natürlich auch profitieren und machten sich mit Karawanen voller Edelsteine und angesagter Waren durch die Wüste in Hoffnung auf eine Zukunft in Reichtum und Ruhm. Auch die Spieler des gleichnamigen Brettspiels sind diesbezüglich voller Hoffnung und schlüpfen in die Rolle von Kaufleuten, die mit Yspahan direkten Handel betreiben. Sie bringen ihre Waren in die unterschiedlichsten Läden der vier Stadtviertel, errichten dort Gebäude und komplettieren ihre Basare, um dadurch wichtige Punkte zu ergattern. Jedoch ist Obacht geboten, denn der Aufseher des Schahs wandert durch die Straßen und prüft die Waren und Lizenzen auf Richtigkeit und Originalität – und wer seinen scharfen Augen nicht widerstehen kann, muss wertvolle Gebäude opfern und seinen Basar ruckartig dezimieren.
Über drei Wochen blüht der Handel mit Yspahan, und zum Abschluss jedes einzelnen 7-Tage-Zyklus erfolgt eine Wertung, in der die Spieler ihre bisherigen Resultate präsentieren und Punkte für ihre Bauten erlangen. Wer schließlich nach drei Wertungsrunden die Nase vorn hat, gewinnt das Spiel und darf sich selbst als bester Kaufmann Yspahans krönen.
Beim Spielmaterial sticht zuallererst die blendende Optik des Spielplans sowie der Tableaus und Spielübersichten ins Auge. Wieder einmal haben die Brüder Arnaud und Cyril Demaegd hier ihre Fantasie spielen lassen und ein stimmiges, atmosphärisch perfekt auf das Spielthema zugeschnittenes Szenario geschaffen, das außerdem sehr schön mit den bisherigen Ystari-Spielen harmoniert. Eine gewisse Homogenität ist also auch hier maßgebend, wenngleich die hierdurch ermöglichten Mechanismen mal wieder völlig neuartig und innovativ sind.
Davon abgesehen ist die Gestaltung der aktiven Materialien sehr liebevoll, vor allem demonstriert in den feinen hölzernen Kamelen und dem gewohnt tollen Holzmaterial. Stabilität und angenehmes Handling wurden groß geschrieben und legen zusammen mit der sehr guten Übersichtlichkeit den Nährboden für lang anhaltenden Spielspaß aus. Mit anderen Worten: Hier gibt’s wirklich nichts auszusetzen!
_Der Stadtplan und die Tableaus_
Zum besseren Verständnis sollte sich zunächst jeder einmal genauer mit dem Stadtplan und der Funktion der einzelnen Tableaus auseinandersetzen. Auf dem Spielfeld sind die Stadt Yspahan und ihre vier individuellen Stadtviertel abgebildet, wobei jedes Viertel mit einem bestimmten Symbol markiert ist. Abgegrenzt werden diese vier Abschnitte durch eine Straße, die kreuzartig verläuft und noch einmal in einzelne Felder unterteilt ist, die jeweils die Schritte des Aufsehers markieren. Jedes Stadtviertel ist unterschiedlich groß, was damit zusammenhängt, dass manche Gebiete in Yspahan für den Handel lukrativer sind, es jedoch auch schwieriger ist, dort seinen Basar zu errichten.
Um dies zu ermitteln, bemüht man das Würfeltableau, welches jeweils im ersten Zug jeder Runde verwendet wird. Die Spieler würfeln mit neun bis zwölf Würfeln und sortieren anschließend die einzelnen Würfel nach Augensumme. Das heißt, dass beispielsweise alle 3er, alle 5er, etc. zusammengelegt werden. Das Würfeltableau zeigt nun am untersten Rand ein Kamel, am obersten Rand ein Feld für Gold und dazwischen jeweils Flächen mit den Symbolen der einzelnen Stadtviertel. Nach dem Würfeln wird nun der kleinste Zahlenwert nach unten (also zu den Kamelen), der größte nach oben (zum Gold) und anschließend von unten an aufsteigend die übrigen Werten platziert. Dies bedeutet, dass möglicherweise manche Stadtviertel gar nicht abgedeckt werden, wenn zum Beispiel nicht alle Zahlen von eins bis sechs erwürfelt werden.
Das Würfeltableau offiert den Spielern nun verschiedene Möglichkeit; pro Runde bzw. pro Tag darf beginnend mit dem Startspieler jeder einen Satz Würfel von einem dieser sechs Felder wegnehmen und die dort angebotene Aktion ausführen. Entscheidet er sich für eines der Stadtviertel, kann er nun dort abhängig von der Anzahl der dort entnommenen Würfel Gebäude errichten. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, eine Karte zu ziehen oder den Aufseher zu verrücken. Auf den Kamel- und Goldfeldern darf man indes so viele Kamele/Gold entnehmen, wie Würfel abgelegt wurden. Damit ist also klar, dass die Wahrscheinlichkeit, lukrative Stadtviertel zu besetzen, verhältnismäßig gering ist, und daher auch die dort zu erzielenden Punkte entsprechend viel höher sind.
Das zweite Tableau zeigt eine Kamel-Karawane mit verschiedenen Waren. Diese Karawane ist genau dann relevant, wenn der Aufseher zugeschlagen und seine Pflicht in einem der Stadtviertel abgeleistet hat. Jedes Mal nämlich, wenn der Aufseher an einer Gebäudegruppe anhält, muss der betroffene Spieler einen seiner Gebäudesteine entfernen, es sei denn, er besitzt ein Kamel und kann dieses stattdessen entrichten. Für diesen Fall wird nun das Kamel abgegeben und ein Gebäudestein auf den Anfang der Karawane gesetzt. Hierfür gibt es individuell auch Siegpunkte. Es ist auch möglich, dass eine Kartenaktion diese Alternative anbietet, was insofern vorteilhaft ist, dass man kein Kamel abgeben muss. Siegpunkte in der Karawane sind besonders wertvoll, da sie auch in jeder Wertung noch einmal abgerechnet und teilweise sogar verdoppelt und verdreifacht werden.
Als Letztes wären da noch die Spielertafeln, auf denen verschiedene Extraaktionen abgebildet sind, die man käuflich durch die Entrichtung von Gold und Kamelen erwerben kann. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, sich mit zusätzlichen Kamelen und Extra-Gold zu versorgen, den Aufseher etwas freizügiger zu verschieben, zusätzliche Karten bei einer Karawanen-Aktion zu nehmen, Bonus-Punkte in den Wertungen abzukassieren oder effizienter beim Ausbau des Basars zu agieren. Alles hat jedoch seinen Preis und ist erst nach und nach möglich. Allerdings sollte man hier nicht geizen, da es ab der dritten gekauften Zusatzaktion weitere Siegpunkte gibt.
_Spielvorbereitung_
Vor jeder Partie werden die Tableaus und das Spielbrett auf dem Tisch ausgelegt. Der Aufseher steht an der Mitte der Straßenkreuzung, die Tages- und Wochenmarker werden jeweils auf das Feld mit der 1 gestellt. Würfel, Kamele und Gold werden bereitgelegt, wobei jeder Spieler ein Startkapital von zwei Goldmünzen erhält. Außerdem bekommt jeder die Gebäudesteine und die Spielertafel in der ausgewählten Farbe. Anschließend wird der älteste Spieler zum Startspieler gekürt und darf mit dem ersten Tag beginnen.
_Spielablauf_
Wie bereits angesprochen, verläuft das Spiel über drei Wochen, in denen jener einzelne Tag nach einem vorgegebenen Schema ausgespielt wird.
Zunächst entscheidet der Spieler, mit wie vielen Würfeln er agieren möchte. Neun weiße Basiswürfel werden jedes Mal verwendet; es besteht jedoch die Möglichkeit, sich mit einer Goldmünze einen weiteren gelben Würfel zusätzlich zu beschaffen. Insgesamt stehen hier bis zu drei gelbe Zusatzwürfel zur Verfügung, die auch nur für den Startspieler gelten und nach dessen Aktion aus dem Spiel gehen.
Nun wird gewürfelt bzw. anschließend die einzelnen Werte sortiert auf dem Würfel-Tableau verteilt. Alle Würfel mit dem niedrigsten Wert gehen in das untere Kamel-Feld, die Würfel mit dem höchsten Wert werden auf das Gold-Feld gelegt, die übrigen Werte werden von unten aufsteigend auf die Felder der einzelnen Stadtviertel gelegt.
Jetzt beginnt der aktive Teil des Spiels: Der Startspieler wählt ein Feld auf dem Würfeltableau und führt eine der drei dort aufgeführten Aktionen durch. Man darf entweder den Aufseher verschieben (und zwar um die zahl der Würfelaugen) und so möglicherweise einen Gebäudestein eines oder zweier Gegner entfernen (sofern diese sich nicht mit einem Kamel verteidigen können), eine Karte vom Nachziehstapel ziehen oder aber in dem Stadtviertel, in dem man die Würfel auf dem Tableau entnommen hat, so viele Gebäude errichten, wie Würfel vorhanden sind. Allerdings gibt es hier bestimmte Bauregeln. Die einzelnen Basare sind farblich getrennt, und man muss immer zuerst einen Basar komplett errichten, bevor man mit dem nächsten beginnt. Wer allerdings ein Gebäude erbaut hat, kann aus dem zugehörigen Basar auch nicht mehr verdrängt werden, es sei denn, der Aufseher wird dort vorstellig. Man sollte des weiteren abwägen, welchen der Basare man nun baut und erweitert, da am Ende nur komplette Basare gewertet werden und man nicht immer abschätzen kann, ob man in diesem Stadtviertel innerhalb der laufenden Woche noch einmal bauen kann. Wer sich indes für die Gold- oder Kamel-Felder entscheidet, kann statt der Bauaktion entsprechend Kamele oder Gold an sich nehmen.
Diejenigen Spieler, die nun eine Karte gezogen haben, können diese jederzeit während des Spiels ausspielen und sich hierdurch individuelle Vorteile verschaffen. In bestimmten Fällen muss man sogar eine Karte ziehen, weil keine weiteren Würfelgruppen mehr verfügbar sind.
Unterdessen kann man auch die Gebäude auf der Spielertafel jederzeit erbauen, sobald man die nötigen Materialien, sprich Gold und Kamele, zum Ausbau besitzt. Um den Bau zu markieren, setzt man auf die jeweiligen Gebäude einen Stein und darf nun die Zusatzaktionen immer nutzen, wenn sie gefragt sind.
Sobald jeder Spieler eine Würfelgruppe entnommen hat und die entsprechende Aktion durchgeführt wurde, endet ein Tag; der Marker wird um ein Feld nach vorne geschoben, die Startspieler-Figur an den linken Nachbarn übergeben und das Spiel nach dem gleichen Muster fortgesetzt.
_Die Wertungen_
Nach jeder abgeschlossenen Woche kommt es zu einer Zwischenwertung. Die Spieler erhalten nun für alle komplett errichteten Basare die zugehörige Punktzahl (und eventuell zwei Zusatzpunkte wenn sie den Markt auf ihrer Spielertafel fertiggestellt haben). Außerdem wird die Karawane gewertet. Je nachdem, in welcher Reihe der Karawane man eigene Steine platziert hat, wird die resultierende Punktzahl sogar verdoppelt oder verdreifacht.
Anschließend werden die Gebäudesteine wieder vom Stadtplan entfernt. Eine neue Woche beginnt, und alle Spieler haben nun wieder die Möglichkeit, auf den freigewordenen Basaren von Yspahan ihre Gebäudesteine unterzubringen.
Nach der dritten Woche erfolgt die Schlusswertung. Erneut werden Karawane und Stadtviertel gewertet; hinzu kommt nun aber noch die Wertung auf der Spielertafel. Die Summe aller Siegpunkte wird schließlich auf der Leiste am Rand des Spielplans markiert. Derjenige mit den meisten Punkten hat das Spiel gewonnen.
_Persönlicher Eindruck_
Zum vierten Male wurden |Ystari| nun mit einem neuen Strategiewerk vorstellig, und zum vierten Mal kann man kein anderes Resümee ziehen, als dass der französische Qualitäts-Verlag mal wieder einen echten Kracher auf das Publikum losgelassen hat. In „Yspahan“ ist die strategische Komponente zwar nicht ganz so ausgeprägt wie bei seinen direkten Vorgängern, jedoch lässt sich dies durch die enorme Spielvielfalt locker wieder ausgleichen und lässt dem Faktor Glück nur recht wenige durchschlagende Möglichkeiten.
Der gesamte Spielablauf ist dabei fast schon revolutionär; ein prinzipiell simpler, doch letztendlich innovativer Mechanismus entscheidet bereits vor der eigentlichen Aktion über den weiteren Verlauf des Spiels und markiert das einzige glückliche Element des Spiels. Nun mag jeder denken, dass die Würfelei ausschließlich auf Glück basiert, jedoch lässt sich hierzu sagen, dass nicht automatisch derjenige, der den Wurf ausführt und nun auch als Erster entscheiden darf, dringend einen Vorteil hat. Letztendlich muss er doch nach seinen Möglichkeiten handeln und überlegen, inwiefern er etwas riskiert, wo er am besten ausbaut oder ob er doch lieber auf lukrative Gebäude verzichtet, um lieber eine ganze Reihe Kamele oder Gold einzustreichen. Oft ist die Entscheidungsfindung nämlich ein verzwicktes, weil spielentscheidendes Unterfangen, bei dem man nie so recht sagen kann, ob man nun tatsächlich den richtigen Schritt gewählt hat. Die größte Auswahl bedeutet nämlich nicht zwangsläufig auch die größte Kontrolle – und das wird man im Laufe der 21 Spieltage immer wieder erfahren. Um dem übrigens ein wenig entgegenzuwirken, hat man die einzelnen Aktionskarten teilweise mit unheimlich wertvollen Handlungsalternativen ausgestattet. Zusätzliche Siegpunkte im Tausch gegen Gold und Kamele zum Beispiel können kurz vor Schluss ein wertvolles Überraschungselement sein, um das Blatt urplötzlich und unverhofft für die Kontrahenten zu wenden. Des Weiteren kommt man hier manchmal kostengünstig an wertvolle Materialien, kann beim Ausbau der Gebäude Kosten sparen oder freizügig in einem der Stadtviertel Gebäudesteine einsetzen, obwohl die üblichen Voraussetzungen gar nicht geschaffen sind. Daher sollte man mit dem Begriff ‚Glück‘ im Zusammenhang mit der Würfelaktion immer vorsichtig umgehen.
Davon abgesehen ist die Vielschichtigkeit von „Yspahan“ der wesentliche Garant für den lang anhaltenden Spielspaß. Das Spiel verfügt über eine unheimliche Tiefe, lässt durch den schier unbegrenzten Aktionsradius keine durchschaubaren Spielverlauf zu und ermöglicht selbst den vermeintlich schwächer positionierten Spielern kurz vor Schluss noch die Chance, eine komplette Wende herbeizurufen und den gesamten Verlauf auf den Kopf zustellen. Nicht selten ist es vorgekommen, dass einzelne Aktionskarten eine sichere Führung noch zerstört haben. Damit inbegriffen sind auch die zahlreichen Strategien, die in Pauchons angehendem Klassiker zum Sieg führen können. Dabei setzt das Spiel in jeder Runde auf Individualität und Schlagfertigkeit; Pläne müssen kurzfristig über den Haufen geworfen werden, neue Situationen fordern eine zielgerichtete Reaktion, und während man noch frustriert seinen Mitspielern dabei zusieht, wie sie einem die besten Aktionen vor der Nase wegschnappen, sucht man bereits nach geschickten Auswegen, um demnächst selber den ersten Schritt machen zu können.
Insgesamt ist „Yspahan“ ein durchweg begeisternder Titel und zu Recht auch ein Anwärter auf die „Spiel des Jahres“-Auszeichnung gewesen. In Sachen Langzeitspaß und Abwechslungsreichtum deckt sich das Spiel weitestgehend mit den übrigen ‚Kollegen‘ aus dem Hause |Ystari| und setzt in Sachen Spielmechanismus sogar völlig neue Akzente. Für Tüftler, Taktik- und Strategieliebhaber hat Sébastien Pauchon hier ein echtes Highlight konzipiert, welches in keiner, aber wirklich keiner gut sortierten Strategiespielesammlung fehlen sollte!
‚The Timeless Sport Of Octopus Wrestling‘ – vielleicht ein seltsamer Untertitel für ein Strategiespiel, dessen thematischer Aufhänger nur insofern witzig ist, dass die Rahmengeschichte sich mit dem Ringkampf zweier oder vierer befeindeter Kraken beschäftigt. In „Take Judo“ steigen sie zusammen in einen schachbrettartigen Ring und versuchen jeweils, ihre Kontrahenten zugunfähig zu machen und ihre Arme von der direkten Verbindung zum restlichen Körper zu trennen. Seltsam? Auf jeden Fall …
_Spielidee_
In „Take Judo“ stehen sich zwei konkurrierende Kraken bzw. ein Team aus jeweils zwei Kraken auf einem 8 x 8 bzw. (im 4-Spieler-Modus) 10 x 10 Quadrate großen Feld gegenüber. Jeder Spieler erhält eine 2 x 2 Felder große Krakenfigur und jeweils acht Kraken, deren Basis jeweils auf einem Feld des Spielbrettes Platz findet. Bei der Startaufstellung positioniert man seinen Kraken nun jeweils in die Mitte der Randleiste des verwendeten Spielbretts, also quasi auf den Positionen von König und Dame auf dem Schachbrett. Nun wird diese Figur von ihren acht Armen regelrecht umzingelt, so dass sich von der einen Randseite zur anderen ein Halbkreis um den Kraken bildet. Bei zwei Spielern stehen sich die beiden Krakenaufstellungen gegenüber, bei vier Teilnehmern hingegen sind die Teams in einer gegenüberliegenden Position, nutzen aber alle Randflächen des Spielbretts.
Ziel des Spiels ist es nun, die gegnerische(n) Krake(n) insofern unschädlich zu machen, dass keine direkte Verbindung mehr zwischen allen Armteilen und der Krake bestehen. Hierzu ist es erforderlich, direkte Verbindungslinien zwischen den unterschiedlichen Elementen zu blockieren, indem man zum Beispiel seine eigene Figur zwischen Krake und Arm des Gegners bringt oder aber diesen dazu zwingt, sich quasi selber zu behindern, indem er eine eigene Armfigur zwischen Krake und einen zweiten Arm stellt.
Die Zugmöglichkeiten sind dabei vergleichbar mit den Handlungsalternativen einer Dame im klassischen Schach. Man darf diagonal, vertikal und horizontal unbegrenzt weit ziehen, allerdings natürlich nicht durch gegnerische oder eigene Figuren hindurch. Eine Einschränkung besteht diesbezüglich vor allem für die voluminösere Krakenfigur, die aufgrund ihrer verhältnismäßig großen Basis nicht jede Lücke nutzen kann.
Gezogen wird indes immer abwechselnd, wobei all diejenigen Figuren, die nicht mehr über besagte Verbindung verfügen, stillgelegt sind. Das Spiel ist bei zwei Spielern sofort zu Ende, wenn alle Arme vom Kraken abgetrennt sind und regungslos auf ihren Positionen verharren müssen. Bei vier Spielern ist ein Team erst dann geschlagen, wenn alle Elemente ihrer beiden Spielfarben ausgeschaltet sind.
_Spielmaterial_
Das Spielmaterial zu „Take Judo“ besteht aus vier hölzernen Puzzlestücken, die zu einem quadratischen Spielplan zusammengefügt werden, jeweils neun Spielfiguren (acht Arme und ein Krake) in den vier Spielfarben und natürlich der Spielanleitung. All dies wird in einem kleinen Holzkästchen aufbewahrt und ist dementsprechend schnell verstaut. Allerdings ist die Verarbeitung doch eher mäßig bis schwach, gerade was die Konstellation der Puzzlestücke betrifft, die sich bei kleinsten Bewegungen immer wieder lösen und für unfreiwillige Unterbrechungen sorgen. Auch die Spielfiguren sind ein wenig halbherzig konstruiert worden; die Farben haben schon nach dem Transport einzelne Schäden, das Handling ist auf dem sehr kleinen Spielfeld ebenfalls nicht wirklich angenehm, besonders wenn alle 36 Spielsteine im Einsatz sind. Bei einem fast schon unverschämt hohen Preis von 30 $ bzw. 33 $ (für den europäischen Markt) muss hier einfach echte Qualitätsware geliefert werden – wird sie aber nicht!
_Persönlicher Eindruck des Spiels_
Unter der Vielzahl der Schach-Abarten und –Varianten ist „Take Judo“ derzeit eine der interessantesten, vor allem was die durchweg strategische Konzipierung betrifft. Jeder Spieler ist von Beginn an mit den gleichen Möglichkeiten ausgestattet, so dass der gesamte Ablauf ausschließlich auf dem eigenen taktischen Vorgehen basiert, man für diesbezügliche Fehler dann aber auch sofort die Konsequenzen tragen muss. Schach lässt grüßen! Allerdings muss ich eingestehen, dass ich schon meine Befürchtungen hatte, das Spiel würde etwas langatmig werden, weil es grundlegend den Eindruck macht, die Finalsituation würde so schnell nicht eintreten. Man mag jedoch gar nicht glauben, wie schnell man sich selbst matt setzt bzw. in diese missliche Lage gebracht wurde, nur weil man eine oder zwei Figuren leichtsinnig ein Feld zu weit oder zu kurz geschoben hat. Bedingt dadurch, dass man Fehler nicht unmittelbar ausgleichen kann, indem man einen vorherigen Zug in der nächsten Bewegung wieder rückgängig macht, ist somit eine unerwartete Dynamik im Spiel, die vor allem die ersten Runden zu einem kurzweiligen, spannenden Vergnügen macht. Andererseits ist die Fortgeschrittenen-Variante nicht minder reizvoll, denn sobald man alle Tücken des Spiels kennt und sich vorsichtiger über das Spiel bewegt, steigt die Spannung ein weiteres Mal. Der Gegner ist besser geschult und der Schwierigkeitsgrad unverhältnismäßig größer, wobei dennoch jeder Zug verheerende Auswirkungen haben kann. Ganz zu schweigen vom ungleich komplexeren Spiel zu viert, welches zwar anfangs (und vor allem auch wegen der schwachen farblichen Trennung) etwas unübersichtlich ist, letzten Endes aber richtig viel Spaß macht. Gerade Planer und Strategen kommen hier voll auf ihre Kosten – wie im Übrigen in „Take Judo“ im Allgemeinen.
_Fazit_
„Take Judo“ ist ein feines, interessantes Strategiespiel und trotz des simplen Spielprinzips von enormer Tiefe. Dass das Spiel höchstwahrscheinlich dennoch die hiesigen Tische kaum erreichen wird, ist am indiskutablen Bezugspreis sowie den besonders deswegen qualitativ unterdurchschnittlichen Spielmaterialien festzumachen. Man mag zwar mit den begrenzten Mitteln eines Kleinverlags argumentieren, doch auch diesbezüglich gibt es auf Seiten des Konsumenten eine Toleranzgrenze, die hier deutlich überschritten wird. Schade ist es um die gute Idee, die hier wahrscheinlich untergeht bzw. nie die entsprechende Zielgruppe erreicht. Aber bei einem Endverbraucherpreis von rund 30 €uro für den europäischen Interessenten scheint dieses prinzipiell gute Spiel kaum mehr diskussionswürdig.
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